BT-Drucksache 16/5272

zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung -16/4635 Nr. 2.20- Grünbuch Die Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Verbraucherschutz KOM (2006)744 endg.; Rats-Dok. 6307/07

Vom 9. Mai 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5272
16. Wahlperiode 09. 05. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
(10. Ausschuss)

zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
– Drucksache 16/4635 Nr. 2.20 –

Grünbuch
Die Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands
im Verbraucherschutz
KOM (2006) 744 endg.; Ratsdok. 6307/07

A. Problem

Mit dem Grünbuch zielt die Europäische Kommission darauf ab, durch Verein-
fachung und Vervollständigung des vorhandenen rechtlichen Regelungsrah-
mens zu einer besseren Rechtsetzung im gemeinschaftlichen Besitzstand im
Verbraucherschutz zu gelangen. Das Vorhaben der Überprüfung des gemein-
schaftlichen Besitzstands im Bereich des Verbraucherschutzes wurde 2004 be-
gonnen. Insgesamt sind davon acht Richtlinien zum Verbraucherschutz betrof-
fen. Dabei wird die Verwirklichung eines echten Binnenmarktes für Verbraucher
mit einem möglichst ausgewogenen Verhältnis zwischen einem hohen Verbrau-
cherschutzniveau und wettbewerbsfähigen Unternehmen unter gleichzeitiger
strenger Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips angestrebt. Die Überprüfung des
gemeinschaftlichen Besitzstands im Verbraucherschutz bietet die Gelegenheit,
die bisherigen Richtlinien in diesem Bereich zu modernisieren und die Regeln
für den Handel wie für den Verbraucher zu vereinfachen und zu verbessern so-
wie ggf. zu erweitern.

B. Lösung

Kenntnisnahme des Entwurfs des Grünbuchs – Die Überprüfung des gemein-
schaftlichen Besitzstands im Verbraucherschutz – und Annahme eines Ent-
schließungsantrags, in dem die Zielsetzung des Grünbuchs begrüßt wird, ein

möglichst ausgewogenes Verhältnis zwischen einem hohen Verbraucherschutz-
niveau und wettbewerbsfähigen Unternehmen unter gleichzeitiger strenger Ein-
haltung des Subsidiaritätsprinzips zu gewährleisten. Gleichzeitig wird die Bun-
desregierung bei ihrer Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission
unterstützt, um Schwachstellen und Unzulänglichkeiten des aktuellen europäi-
schen Gemeinschaftsrechts im Verbraucherschutz zu beseitigen.

Drucksache 16/5272 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Einvernehmliche Kenntnisnahme der Vorlage und Annahme einer Ent-
schließung mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP
gegen die Stimmen der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

C. Alternativen

Kenntnisnahme der Vorlage ohne Annahme einer Entschließung bzw. Kenntnis-
nahme der Vorlage und Annahme einer alternativen Entschließung.

D. Kosten

Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/5272
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) die Unterrichtung auf Drucksache 16/4635 Nr. 2.20 zur Kenntnis zu nehmen,

b) folgende Entschließung anzunehmen:

Der Bundestag wolle beschließen:

Wir begrüßen das Ziel der Europäischen Kommission, mit ihrem Grün-
buch – Die Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstandes im Ver-
braucherschutz – ein möglichst ausgewogenes Verhältnis zwischen einem
hohen Verbraucherschutzniveau und wettbewerbsfähigen Unternehmen
unter gleichzeitiger strenger Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips zu ge-
währleisten.

Wir unterstützen die Bundesregierung bei ihrer Zusammenarbeit mit der
Kommission, um Schwachstellen und Unzulänglichkeiten des aktuellen eu-
ropäischen Gemeinschaftsrechts im Verbraucherschutz zu beseitigen. Dabei
sollte im Interesse des Verbraucherschutzes grundsätzlich am Prinzip der
Mindestharmonisierung festgehalten werden. Die Mindestharmonisierung
sichert die notwendige Flexibilität für den nationalen Gesetzgeber, um
möglichst kurzfristig auf neue Entwicklungen reagieren zu können. Eine
umfassende Vollharmonisierung wird abgelehnt; es ist zu befürchten, dass es
andernfalls zu einer Absenkung des hohen nationalen Verbraucherschutz-
niveaus kommen könnte. Lediglich bei verfahrensrechtlichen Detailfragen,
wie etwa im Zusammenhang mit der Ausübung von Widerrufsrechten und
entsprechenden Fristen, kommt eine abschließende Harmonisierung in Teil-
bereichen in Betracht.

Wir sind der Auffassung, dass weder das Herkunftslandprinzip noch das Prin-
zip der gegenseitigen Anerkennung zur Anwendung kommen sollen, wenn es
um Verbraucher schützende Vorschriften geht. Für Verbraucherverträge gilt
generell, dass nach dem Übereinkommen von Rom aus dem Jahr 1980 über
das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht Verbraucher
bei grenzüberschreitenden Verträgen in den Genuss ihres jeweiligen Heimat-
rechtes kommen. Hieran sollte festgehalten werden. Auch der derzeit im
Gesetzgebungsverfahren befindliche Vorschlag für eine Verordnung über das
auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom I“) [KOM
(2005) 650 endg.], mit dem das Übereinkommen von Rom in eine Verord-
nung umgewandelt und modernisiert werden soll, sollte diese Regelung auf-
rechterhalten.

Wir unterstützen die Bundesregierung darin, bei der Ausgestaltung des von
der Kommission angestrebten horizontalen Elements strikt auf die Wahrung
des Subsidiaritätsprinzips zu achten. Für ein einheitliches europäisches Ver-
tragsrecht besteht kein Bedarf; auch fehlt es hierfür an der erforderlichen
Rechtsgrundlage.

Wir begrüßen es ausdrücklich, dass die Kommission die Überprüfung des ge-
meinschaftlichen Besitzstands auch mit Blick auf rasch fortschreitende Ent-
wicklung in der digitalen Welt für dringend erforderlich hält. Dies ist auch bei
der Weiterentwicklung des Verbraucherrechts in Deutschland zu berück-
sichtigen. Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-

Drucksache 16/5272 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

braucherschutz hat mit der Charta „Verbrauchersouveränität in der digitalen
Welt“ vom 15. März 2007 insoweit einen wichtigen Beitrag für die Diskus-
sion geleistet.

Berlin, den 9. Mai 2007

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Ulrike Höfken
Vorsitzende und
Berichterstatterin

Julia Klöckner
Berichterstatterin

Marianne Schieder
Berichterstatterin

Hans-Michael Goldmann
Berichterstatter

Karin Binder
Berichterstatterin

anderen nicht der Fall ist. Insgesamt wird eine Rechts-
zersplitterung festgestellt, die auf zwei Wegen erfolgen Der Bundestag stellt fest:
kann. Zum einen können einzelne Länder bei der Umsetzung
von Richtlinien strengere Bestimmungen erlassen, zum
anderen werden viele Aspekte der Richtlinien uneinheitlich
geregelt. Als mögliche Option für die Zukunft sieht die EU-

Das von der Europäischen Kommission am 8. Februar 2007
veröffentlichte Grünbuch zum derzeitigen Verbraucher-
schutzrechtsrahmen in der Union ist Teil der verbraucher-
politischen Strategie von EU-Kommissarin Kuneva und soll
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/5272

Bericht der Abgeordneten Julia Klöckner, Marianne Schieder,
Hans-Michael Goldmann, Karin Binder und Ulrike Höfken

I. Überweisung
Das Grünbuch – Die Überprüfung des gemeinschaftlichen
Besitzstands im Verbraucherschutz –, KOM (2006) 744
endg.; Ratsdok. 6307/07, wurde mit Drucksache 16/4635
Nr. 2.20 vom 9. März 2007 gemäß § 93 Abs. 1 GO-BT dem
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher-
schutz zur federführenden Beratung sowie dem Rechtsaus-
schuss, dem Ausschuss für Wirtschaft und Technologie, dem
Ausschuss für Tourismus und dem Ausschuss für die Ange-
legenheiten der Europäischen Union zur Mitberatung über-
wiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
Mit dem Grünbuch – Die Überprüfung des gemeinschaft-
lichen Besitzstands im Verbraucherschutz – appelliert die
Europäische Kommission an alle Interessenten, ihre Mei-
nung zu Fragen der Überprüfung des gemeinschaftlichen
Besitzstands im Verbraucherschutz zu äußern. Von der Über-
prüfung sind insgesamt acht Richtlinien betroffen. Bei der
Überprüfung wird die Verwirklichung eines echten Binnen-
marktes für Verbraucher mit einem ausgewogenen Verhält-
nis zwischen einem hohen Verbraucherschutzniveau und
wettbewerbsfähigen Unternehmen angestrebt, wobei gleich-
zeitig das Subsidiaritätsprinzip streng eingehalten werden
soll. Das optimale Ziel könnte es sein, dass die Verbraucher
in der gesamten EU „gleich was sie, gleich wo sie in der EU
kaufen, die gleichen grundlegenden Rechte besitzen“. Durch
die Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands im
Verbraucherschutz können die bisherigen Richtlinien im
Verbraucherschutz modernisiert und damit der Regelungsbe-
darf sowohl für den Handel als auch für den Endverbraucher
verbessert und der Schutz, der den Verbrauchern gewährt
wird, erweitert werden. Dies bedeutet eine Modernisierung
des Binnenmarktes.

Die EU-Kommission hatte bereits im Jahr 2004 die Überprü-
fung begonnen, um vorhandene rechtliche Regelungsrahmen
zu vereinfachen und zu vervollständigen. Dieser Prozess
wurde unter dem Titel „Europäisches Vertragsrecht und
Überarbeitung des gemeinschaftlichen Besitzstands – weite-
res Vorgehen“ als Mitteilung der Kommission veröffentlicht.

Zu den zentralen Sachfragen, mit denen sich die Überprü-
fung befasst, gehören die neuen Entwicklungen am Markt.
Es hat sich herausgestellt, dass die meisten Richtlinien im
Bereich des Verbraucherschutzes den Anforderungen von
sich weiterentwickelnden Märkten nicht mehr gerecht wer-
den, weil sie eher präskriptiver als grundsatzorientierter Art
waren. So wird die Fernabsatzrichtlinie in einigen Ländern
auch auf sog. Onlineauktionen angewendet, während dies in

arbeitet würden oder einen horizontalen Ansatz, der auf
einem oder mehreren Rahmeninstrumenten beruht, um
gemeinsame Merkmale des Besitzstands zu regeln, wenn
nötig ergänzt durch bereichsspezifische Regelungen. Diese
Optionen stellt die Kommission in ihrem Grünbuch u. a. zur
Diskussion.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Rechtsausschuss hat die Vorlage in seiner 57. Sitzung
am 25. April 2007 beraten und die Kenntnisnahme der Vor-
lage empfohlen.

In seiner 33. Sitzung am 28. März 2007 hat der Ausschuss
für Wirtschaft und Technologie die Vorlage beraten und
deren Kenntnisnahme empfohlen.

Der Ausschuss für Tourismus hat in seiner 30. Sitzung am
28. März 2007 die Vorlage ohne Aussprache einstimmig zur
Kenntnis genommen.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat die Vorlage in seiner 33. Sitzung am 9. Mai 2007
beraten. Im Ergebnis empfiehlt er einvernehmlich die Kennt-
nisnahme des Grünbuchs sowie mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der
Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP die Annahme der
in der Beschlussempfehlung wiedergegebenen und von den
Fraktionen der CDU/CSU und SPD vorgelegten Entschlie-
ßung.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz hat die Vorlage in seiner 44. Sitzung am
9. Mai 2007 abschließend beraten. Im Ergebnis empfiehlt er
einvernehmlich, die Kenntnisnahme der Unterrichtung auf
Drucksache 16/4635 Nr. 2.20 sowie mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stim-
men der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion DIE LINKE., die in der Beschluss-
empfehlung wiedergegebene und von den Fraktionen der
CDU/CSU und SPD vorgelegte Entschließung anzunehmen.

Abgelehnt hat der Ausschuss mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Frak-
tionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. den
folgenden von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
eingebrachten Entschließungsantrag:

Der Bundestag wolle beschließen:
Kommission im Wesentlichen zwei Ansätze. Einen vertika-
len Ansatz, bei dem die geltenden Richtlinien einzeln über-

die zentralen Richtlinien in diesem Politikfeld an neue tech-
nologische Entwicklungen anpassen. Ein zentrales Anliegen

cher und Unternehmen auswirken und nicht unnötige Büro-
kratie ohne realen Gewinn schaffen. Die internationale Wett-
bewerbsfähigkeit mittelständischer Unternehmen wird durch
hohe Qualitätsanforderungen und gute Schutzregeln auf den
europäischen Absatzmärkten gestärkt. Die Konsultationen
der EU-Kommission sollen Kohärenz schaffen und auch
weiterhin konsequent den Zielen eines hohen Verbraucher-
schutzniveaus und einer effektiven Rechtsdurchsetzung
folgen. Die Einführung sog. Sammelklagen für Verbrauche-
rinnen und Verbraucher ist dabei ein Schritt in die richtige
Richtung.

Die insgesamt acht zur Prüfung vorliegenden Verbraucher-
schutzrichtlinien umfassen die Bereiche Fernabsatz, Ab-
schluss von Haustürgeschäften, missbräuchliche Klauseln,
Pauschalreisen, Verbrauchsgüterkauf und Garantien, den
Erwerb von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien, Unter-
lassungsklagen und Preisangaben. Nicht aufgeführt ist die
e- commerce-Richtlinie, die Regelungen zum elektronischen
Geschäftsverkehr im Binnenmarkt vorgibt und ebenfalls dem
Paket der Verbraucherrechtsvorschriften zugehört.

Alle diese Richtlinien basieren auf dem bewährten Konzept
der Mindestharmonisierung, d.h. den Mitgliedstaaten steht
es frei, den Verbrauchern durch den Erlass oder die Auf-
rechterhaltung von strengeren innerstaatlichen Bestimmun-
gen ein höheres Schutzniveau als im Gemeinschaftsrecht
vorgesehen zuzusichern.

Die verbraucherrechtlichen Schutzvorschriften der EU
haben den deutschen Verbraucherschutz der letzten Jahr-
zehnte maßgeblich befördert und befruchtet. Der gleich-
wertigen Einbeziehung von Verbraucherinteressen in die ge-
meinsame Binnenmarktstrategie ist in Zukunft noch mehr
Bedeutung beizumessen, um den Bürgerinnen und Bürgern
der Europäischen Union die Vorteile eines gemeinsamen
Binnenmarktes auch im alltäglichen Wirtschaftshandeln zu
verschaffen. Im Mittelpunkt sollen dabei mehr Informations-
rechte für Verbraucher, insbesondere gegenüber Unterneh-
men stehen.

Der Bundestag fordert die Bundesregierung auf:

Die Bundesregierung soll bei den Beratungen des Grün-
buchs darauf hinwirken, dass

1. das hohe Verbraucherschutzniveau beibehalten wird und
seine Vorteile für die mittelständische Wirtschaft heraus-
gestellt werden,

2. auch in Zukunft das Konzept der Mindestharmonisierung
eingehalten wird, damit nationale Spielräume zugunsten

braucherinnen und Verbraucher zur wirksamen Durch-
setzung z.B. von Bagatellschäden für Verbraucherinnen
und Verbraucher praktikabel und ohne bürokratische
Hürden gestaltet werden,

4. Verbraucherrechte umfassend und einheitlich in Europa
gelten, z.B. Widerrufsrechte, Informationspflichten oder
Preisobergrenzen,

5. auch die e-commerce-Richtlinie als Regelungswerk, das
am stärksten von den technologischen Entwicklungen be-
troffen ist, in die Konsultationen einbezogen wird und

6. die Konsultationen um die Einführung einer Richtlinie
für mehr Verbraucherinformationsrechte gegenüber Un-
ternehmen ergänzt werden.

Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und SPD spra-
chen sich, entsprechend der Position der Bundesregierung,
für eine Mindestharmonisierung aus und gegen eine Voll-
harmonisierung, weil diese zum Teil bessere verbraucher-
rechtliche Regelungen in der Bundesrepublik Deutschland
aushebeln würden. Aus dem gleichen Grunde wurde eine
Kombination aus Mindestharmonisierung und gegenseitiger
Anerkennung abgelehnt, weil dies zu einer Regelung nach
dem Herkunftslandprinzip führen würde. Durch den Antrag
der Koalitionsfraktionen werde die Politik der Bundesregie-
rung unterstützt, besonders die Mindestharmonisierung wür-
de auch Raum für nationale Flexibilisierung lassen. In Bezug
auf den Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN wurde darauf hingewiesen, dass Verbrau-
chersammelklagen z. B. kaum stattfänden. Von daher würde
der Antrag am Ziel vorbeigehen und abgelehnt.

Die Fraktion der FDP sprach sich für den Antrag der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD aus; denn auch die FDP-
Fraktion sei für eine Mindestharmonisierung und ebenso für
die im Grünbuch angedachte Vereinfachung der verbrau-
cherschutzrechtlichen Regelungen.

Die Fraktion DIE LINKE. sieht im Grünbuch einen posi-
tiven Ansatz. Man unterstütze die Forderung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und betonte vor allem die da-
mit intendierte Stärkung der Verbraucherrechte.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN führte aus,
man werde den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD ablehnen, weil er keine konkreten Forderungen enthiel-
te. Man wolle mehr als eine Mindestharmonisierung und
umfassende Verbraucherrechte mit Informationspflichten
und Einbeziehung des E-Commerce. Das Grünbuch wurde
insgesamt begrüßt.

Berlin, den 9. Mai 2007

Julia Klöckner
Berichterstatterin

Marianne Schieder
Berichterstatterin

Hans-Michael Goldmann
Berichterstatter
Drucksache 16/5272 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

dabei ist, den Online-Handel und andere sich verändernde
Märkte einzubeziehen sowie generell eine Harmonisierung
des Verbraucherschutzrechts in den EU-Mitgliedstaaten vor-
zunehmen.

Rechtsänderungen sollen sich dabei zum Vorteil für Verbrau-

der Verbraucherinnen und Verbraucher weiterhin genutzt
werden können. Ansätze zur Vollharmonisierung und zur
Einführung des Herkunftslandprinzips sollen für Ver-
braucherschutzvorschriften nicht verfolgt werden,

3. die vorgesehene Einführung von Sammelklagen für Ver-
Karin Binder
Berichterstatterin

Ulrike Höfken
Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/5272

RAT DER
EUROPÄISCHEN UNION

Brüssel, den 13. Februar 2007 (14.02)
(OR. fr)

6307/07

CONSOM 8
JUSTCIV 29

ÜBERMITTLUNGSVERMERK
Absender: Herr Jordi AYET PUIGARNAU, Direktor, im Auftrag des

Generalsekretärs der Europäischen Kommission
Eingangsdatum: 8. Februar 2007
Empfänger: der Generalsekretär/Hohe Vertreter, Herr Javier SOLANA
Betr.: Grünbuch – Die Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands im

Verbraucherschutz

Die Delegationen erhalten in der Anlage das Kommissionsdokument - KOM(2006) 744 endgültig

Anl.: KOM(2006) 744 endgültig

Drucksache 16/5272 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

Brüssel, den 8.2.2007
KOM(2006) 744 endgültig

GRÜNBUCH

Die Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Verbraucherschutz

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/5272

GRÜNBUCH

Die Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Verbraucherschutz

Inhalt

1. Einleitung ....................................................................................................................10

2. Hintergrund .................................................................................................................10

2.1. Zielsetzung und Stand der Überprüfung .....................................................................10

2.2. Zusammenhänge zwischen der Überprüfung und anderen Rechtsvorschriften der
Gemeinschaft...............................................................................................................12

3. Zentrale Sachfragen ....................................................................................................13

3.1. Neue Entwicklungen am Markt ..................................................................................13

3.2. Rechtszersplitterung....................................................................................................14

3.3. Mangel an Vertrauen...................................................................................................15

4. Mögliche Optionen für die Zukunft ............................................................................15

4.1. Option I: Vertikaler Ansatz.........................................................................................16

4.2. Option II: Kombinierter Ansatz (Horizontales Instrument in Kombination mit
vertikalem Vorgehen, wo dies erforderlich erscheint)................................................16

4.3. Option III: „Nichts auf legislativem Gebiet unternehmen“ ....................................... 17

4.4. Möglicher Geltungsbereich eines horizontalen Instruments...................................... 17

4.5. Harmonisierungsgrad ................................................................................................. 18

4.6. Die Konsultation gemäß Anhang I............................................................................. 20

ANHANG I: THEMEN FÜR DIE ANHÖRUNG

ANHANG II: ÜBERPRÜFTE VERBRAUCHERSCHUTZRICHTLINIEN

Drucksache 16/5272 – 10 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

1. EINLEITUNG

Mit diesem Grünbuch richtet die Europäische Kommission einen Appell an alle
Interessenten, ihre Meinungen zu Sachfragen kundzutun, die im Rahmen der
Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstandes im Verbraucherschutz
ausgemacht wurden. Die Anmerkungen sind bis zum 15. Mai 2007 (Stichwort:
„Green Paper Consumer Acquis“) an folgende Anschrift zu senden:

Europäische Kommission
Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz
Rue de la Loi 200
B-1049 Brüssel

Die Anmerkungen können auch per E-Mail unter folgender Adresse eingereicht
werden: [email protected]

Die Anmerkungen und Stellungnahmen werden auf der Website der Generaldirektion
Gesundheit und Verbraucherschutz der Europäischen Kommission veröffentlicht
werden, es sei denn, die Urheber der Antworten geben unmissverständlich zu
erkennen, dass sie einer Veröffentlichung nicht zustimmen. Die Kommission wird
alle Eingaben prüfen und im ersten Halbjahr 2007 eine zusammenfassende
Darstellung der eingegangenen Kommentare veröffentlichen. Je nach den
Ergebnissen der Konsultation wird die Kommission entscheiden, ob
Handlungsbedarf für eine Gesetzesinitiative besteht. Mit jeder Art von
Legislativvorschlag wird eine entsprechende Folgenabschätzung verbunden sein.

2. HINTERGRUND

2.1. Zielsetzung und Stand der Überprüfung

Die Kommission hat das Vorhaben zur Überprüfung des gemeinschaftlichen
Besitzstandes im Verbraucherschutz im Jahr 20041 mit dem Ziel in Angriff
genommen, durch Vereinfachung und Vervöllständigung des vorhandenen
rechtlichen Regelungsrahmens zu einer besseren Rechtsetzung zu gelangen. Der
Prozess der Überprüfung ist in der Mitteilung der Kommission aus dem Jahr 2004,
„Europäisches Vertragsrecht und Überarbeitung des gemeinschaftlichen Besitzstands
- Weiteres Vorgehen“ 2skizziert.

Insgesamt acht Richtlinien zum Verbraucherschutz3 sind von der Überprüfung
betroffen. Übergeordnetes Ziel der Überprüfung ist die Verwirklichung eines echten

1 KOM(2004) 651 endg., ABl. C 14 vom 20.1.2005, S.6.
2 KOM(2004) 651 endg., Abl. C 14 vom 20.1.2005, S. 6.
3 Siehe Auflistung in Anhang II. Was gemeinhin als „gemeinschaftlicher Besitzstand im

Verbraucherschutz“ bezeichnet wird, betrifft allerdings nicht die Gesamtheit der
Verbraucherrechtsbestimmungen der EU. Ausgeklammert ist zum Beispiel die unlängst erlassene
Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken. Im Übrigen finden sich eine Vielzahl von Bestimmungen
zum Verbraucherschutz, etwa für die Bereiche E-Commerce und Finanzdienstleistungen, im sog.

sektorspezifischen EU-Recht.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 11 – Drucksache 16/5272

Binnenmarktes für Verbraucher mit einem möglichst ausgewogenen Verhältnis
zwischen einem hohem Verbraucherschutzniveau und wettbewerbsfähigen
Unternehmen unter gleichzeitiger strenger Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips.
Endergebnis dieses Vorhabens sollte idealerweise sein, den Verbrauchern in der
gesamten EU die Botschaft vermitteln zu können, dass sie „gleich was sie, gleich wo
in der EU kaufen, die gleichen grundlegenden Rechte besitzen“. Dies entspricht dem
Ansatz, den die Kommission in ihrer Mitteilung „Eine bürgernahe Agenda -
Konkrete Ergebnisse für Europa“4 verfolgt. Anders ausgerückt: Es gilt, die
Zuversicht der Verbraucher in den Binnenmarkt zu stärken, indem ihnen EU-weit ein
gleich hoher Schutz zugesichert werden kann. Die Verbraucher sollten sich auf
gleichwertige Rechte berufen und gleichwertige Möglichkeiten nutzen können, um
im Problemfall zu ihrem Recht zu kommen.

Weiter müssen wir sicherstellen, dass die Wirtschaft – nicht zuletzt die kleinen und
mittleren Unternehmen – von einem stärker vorausschaubaren Regelungsumfeld und
unkomplizierteren EU-Vorschriften profitieren können, damit sie ihren Aufwand für
die Einhaltung der EU-Vorgaben reduzieren können und generell in die Lage versetzt
werden, leichter als bisher EU-weit Handel zu betreiben, und zwar unabhängig
davon, wo sie ihren Sitz haben.

Die Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstandes im Verbraucherschutz kann
eine einmalige Gelegenheit bieten, die bisherigen Richtlinien zum Verbraucherschutz
zu modernisieren und somit das Regelungsumfeld sowohl für den Handel als auch
für den Endverbraucher zu vereinfachen und zu verbessern und ggf. den Schutz, der
Verbrauchern gewährt wird, zu erweitern. Dies entspricht der Modernisierung des
Binnenmarkts. Zu diesem Zweck werden deshalb die Richtlinien gegenwärtig als
Ganzes wie auch einzeln einer Überprüfung unterzogen, um herauszufinden, ob sie
etwaige Lücken oder Unzulänglichkeiten enthalten, die generell auf alle Richtlinien
zutreffen, bzw. Schwierigkeiten, die spezifisch für die eine oder andere Richtlinie
sind. Wie bereits im ersten jährlichen Fortschrittsbericht5 angekündigt, soll das
vorliegende Grünbuch den Abschluss der Diagnosephase im Rahmen der
durchgeführten Überprüfung markieren, die ersten von der Kommission gewonnenen
Erkenntnisse zusammenfassend darstellen und Meinungen zu einzelnen Optionen der
Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstandes im Verbraucherschutz einholen.
Die bisherigen Erkenntnisse der Kommission sind das Ergebnis der folgenden
Aktivitäten:

– einer vergleichenden Analyse über die Art und Weise der Anwendung der
Richtlinien in den Mitgliedstaaten; einschließlich Rechtssprechung und
Verwaltungspraxis6;

– im Dezember 2005 setzte die Kommission eine Ständige Arbeitsgruppe von
Sachverständigen der Mitgliedstaaten ein; drei Sitzungen im Jahr 2006 waren
der Überprüfung bestimmter Richtlinien gewidment;

4 KOM(2006) 211 endg.
5 Bericht der Kommission: Erster jährlicher Fortschrittsbericht zum europäischen Vertragrecht und zur
Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands, KOM(2005) 456endg..
6 Die Veröffentlichung der Vergleichenden Analyse des gemeinschaftlichen Verbraucherrechts ist

abrufbar unter http://ec.europa.eu/consumers/cons_int/safe_shop/acquis/index_de.htm.

Drucksache 16/5272 – 12 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

– im ersten Halbjahr 2006 fanden einige Arbeitsgruppen von Interessengruppen
im Zusammenhang mit der Arbeit am Gemeinsamen Referenzrahmen für das
Vertragsrecht7 statt; diese Arbeitsgruppen konzentrierten sich auf das
Vertragsrecht, das für die Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstandes
im Verbraucherschutz unmittelbar relevant ist8;

– Analyse der Haltung von Verbrauchern und von Wirtschaft und Handel zum
bestehenden Verbraucherschutzrecht und seinen Folgen für den
grenzüberschreitenden Handel9.

Außerdem hat die Kommission bewertet, wie die verschiedenen zu überprüfenden
Richtlinien in den Mitgliedstaaten umgesetzt wurden. Umsetzungsberichte wurden
veröffentlicht für die Richtlinie über Preisangaben je Maßeinheit10 und die
Fernabsatz-Richtlinie11; die Umsetzungsberichte für die Richtlinie über den
Verbrauchsgüterkauf und Garantien für Verbrauchsgüter
(„Verbrauchsgüterkaufrichtlinie“) und der Richtlinie über Unterlassungsklagen
werden demnächst veröffentlicht.

Zusätzlich zu den bereits durchgeführten Arbeiten sollen die interessierten Kreise zu
den spezifischen Problemen konsultiert werden, die die Kommission im Laufe der
Überprüfung der Richtlinie über Pauschalreisen und der Richtlinie über
Haustürgeschäfte festgestellt hat. Diese Probleme sollen in verschiedenen
Arbeitsdokumenten dargestellt werden, die dann auf der Website der
Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz veröffentlicht werden sollen.
Die Kommission hat einige Probleme bei langfristigen Tourismusprodukten
festgestellt, die eine rasche Lösung erfordern. Die Kommission hat deshalb
begonnen, einen Vorschlag für die Überarbeitung der Timesharing-Richtlinie zu
erarbeiten.12.

2.2. Zusammenhänge zwischen der Überprüfung und anderen Rechtsvorschriften
der Gemeinschaft

Da der Bereich, den der gemeinschaftliche Besitzstand im Verbraucherschutz
abdeckt, recht weit gefasst ist und Überschneidungen mit anderen Binnenmarkt-
Richtlinien festzustellen sind, bedürfen die Wirkungen jedweder Folgemaßnahmen
zum Grünbuch, etwa für Bereiche wie den Online-Handel oder die Rechte an

7 Siehe Mitteilung der Kommission: Europäisches Vertragsrecht und Überarbeitung des
gemeinschaftlichen Besitzstands – Weiteres Vorgehen, KOM(2004) 651 endg., und Erster jährlicher
Fortschrittsbericht zum europäischen Vertragrecht und zur Überprüfung des gemeinschaftlichen
Besitzstands, KOM(2005) 456endg..

8 Erörtert wurden u. a. folgende Themen: Verkauf von Gütern (einschl. Produzentenhaftung), unlautere
Vertragsbedingungen, Verpflichtungen zur vorvertraglichen Unterrichtung bei Verbraucherverträgen
und gesetzliche Entschädigungsansprüche der Verbraucher. Siehe dazu: Zweiter jährlicher
Fortschrittsbericht zum Gemeinsamen Referenzrahmen[…]; Veröffentlichung auf der Website der GD
Gesundheit und Verbraucher im Jahr 2007 geplant.

9 Eurobarometer-Umfrage über Verbraucherschutz im Binnenmarkt; Erhebung Februar/März 2006,
veröffentlicht im September 2006 (http://ec.europa.eu/consumers/topics/eurobarometer_09-
2006_en.pdf)

10 Abrufbar unter http://ec.europa.eu/consumers/cons_int/safe_shop/price_ind/index_en.htm
11
Abrufbar unter http://ec.europa.eu/consumers/cons_int/safe_shop/dist_sell/index_en.htm
12 Siehe Konsultationspapier der Kommission zur Timesharing-Richtlinie unter

http://ec.europa.eu/consumers/cons_int/safe_shop/timeshare/consultation_paper010606_en.doc

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 13 – Drucksache 16/5272

geistigem Eigentum, einer Bewertung. Insbesondere sollten die Folgemaßnahmen
zum Grünbuch das Funktionieren der auf dem Herkunftsland-Prinzip basierenden
Binnenmarktbestimmungen in der E-Commerce-Richtlinie nicht beeinträchtigen.

Von der Überprüfung nicht berührt werden die Gemeinschaftsbestimmungen über
kollidierende Rechtsnormen. Auf diesem Gebiet hat die Kommission zwei
Verordnungsvorschläge vorgelegt: einen Vorschlag für eine Verordnung über das
anzuwendende Recht auf nichtvertragliche Schuldverhältnisse (Rom II) und einen
Vorschlag für eine Verordnung über das anzuwendende Recht auf vertragliche
Verpflichtungen (Rom I). Dieser zuletzt genannte Vorschlag enthält einen Passus mit
einem Vorschlag für eine Konfliktregelung bei Verbraucherverträgen, die darin
besteht, nur das Recht des Landes, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen
Wohnsitz hat, unter bestimmten Bedingungen anzuwenden.

In Übereinstimmung mit den Ankündigungen im Weißbuch zur
Finanzdienstleistungspolitik für die Jahre 2005 bis 2010, ergreift die Kommission
derzeit eine Reihe von Initiativen im Bereich der Finanzdienstleistungen,
insbesondere im Bereich der Finanzdienstleistungen für Privatkunden. Im Lichte der
Ergebnisse der Konsultation wird die Kommission untersuchen, in welchem Umfang
mögliche legislative Folgemaßnahmen auf Finanzdienstleistungen Anwendung
finden. Unter Umständen könnte es sich als geboten erweisen, für den Finanzbereich
die Anwendung aller oder eines Teiles der legislativen Folgemaßnahmen
auszuschließen.

Sinn und Zweck des vorliegenden Grünbuchs ist es, die Meinungen der interessierten
Kreise zu den möglichen politischen Optionen für die Überprüfung des
gemeinschaftlichen Besitzstands im Verbraucherschutz und einzelnen spezifischen
Fragestellungen einzuholen.

3. ZENTRALE SACHFRAGEN

3.1. Neue Entwicklungen am Markt

Die meisten Richtlinien, die Teil des gemeinschaftlichen Besitzstandes im
Verbraucherschutz sind, sind eher präskriptiver Art als grundsatzorientiert. Den
heutigen Anforderungen der sich rasch weiterentwickelnden Märkte werden sie
größtenteils nicht mehr gerecht. Von besonderer Bedeutung ist dies in Anbetracht
des immer höheren Stellenwerts der Digitaltechnik und der digitalen
Dienstleistungen (z.B. Musik-Download), die strittige Fragen im Hinblick auf die
Rechte der Nutzer hervorrufen, anders als im Vergleich zum Kauf von materiellen
Gütern.

Im Zuge der technologischen Entwicklung entstehen ständig neue, im bisherigen
Verbraucherrecht allerdings noch nicht erfasste Wege für Geschäfte zwischen
Gewerbetreibenden und Verbrauchern. Ein passendes Beispiel hierfür sind die
Online-Auktionen. Nach der Fernabsatz-Richtlinie etwa, die aus einer Zeit stammt,
als der elektronische Handel noch nicht derart stark verbreitet war, steht es im
Ermessen der Mitgliedstaaten, Auktionen vom Anwendungsbereich der Richtlinie

auszunehmen. Wie aber die Evaluierung der entsprechenden nationalen
Rechtsvorschriften bestätigt hat, hat die unterschiedliche Art und Weise der

Drucksache 16/5272 – 14 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Inanspruchnahme dieser Regelungsmöglichkeit durch die einzelnen Mitgliedstaaten
eine Rechtszersplitterung zur Folge, so dass die Zahl diesbezüglicher
Verbraucherbeschwerden für den Bereich Online-Auktionen entsprechend zu
genommen hat13. Da Computersoftware und elektronische Daten nicht unter die
Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf fallen, könnten Unternehmer versucht sein,
jegliche Haftung für Mängel und/oder Vertragswidrigkeit von sich zu weisen, indem
sie sich auf Nutzungs- und Lizenzbestimmungen14 berufen, die so formuliert sind,
dass es geschädigten Verbrauchern nicht möglich ist, ihre Rechte geltend zu machen.

3.2. Rechtszersplitterung

Die Zersplitterung der bestehenden EU-Regeln zum Verbraucherschutz erfolgt im
Wesentlichen auf zwei Wegen: Einerseits räumen die derzeit geltenden Richtlinien
den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, bei der Umsetzung in nationales Recht
strengere Bestimmungen zu erlassen (Mindestharmonisierung). Von dieser
Möglichkeit haben bislang viele Mitgliedstaaten zwecks Sicherstellung eines
höheren Verbraucherschutzniveaus Gebrauch gemacht. Andererseits werden viele
Aspekte in den Richtlinien uneinheitlich geregelt oder wurden offen gelassen. Im
Vorfeld der Besitzstandsüberprüfung haben Handel und Verbraucher auf einige
Beispiele der Rechtszersplitterung hingewiesen, die Probleme verursachen. Diese
Beispiele sind in Anhang I dargestellt. Die Unterschiede lösen normalerweise
zusätzlichen Aufwand für die Unternehmen aus, um Informations- und
Werbematerial oder Verträge zu ändern, einschließlich der Kosten für juristische
Beratung, oder im Fall eines Verstoßes gegen bestehende Bestimmungen auch
möglicherweise Prozesskosten. Genau mit solchen Argumenten begründen
Unternehmen vielfach ihren Verzicht auf grenzüberschreitende Verkaufsaktivitäten.
Während 19 % der Einzelhandelsunternehmen in der EU15 mit zumindest einem
anderen Mitgliedstaat Handel betreiben und dort werben, sind 48 % darauf
eingestellt, ihre Erzeugnisse außerhalb des eigenen Landes zu verkaufen. Nicht
weniger als 55 % der Einzelhandelsunternehmen, die Interesse an
grenzüberschreitendem Verkauf haben, messen dem Sonderaufwand für die
Einhaltung unterschiedlicher nationaler Rechtsvorschriften über den Abschluss von
Geschäften mit Verbrauchern eine sehr große oder ziemlich große Bedeutung bei.
43 % aller Einzelhandelsunternehmen in der EU sind der Meinung, dass eine
Harmonierung der Verbraucherschutzvorschriften sich positiv auf ihren Umsatz
außerhalb des eigenen Landes und auf ihren Etat für Maßnahmen zur
Absatzförderung im Ausland auswirken dürfte.

Mitunter weigern sich aber auch Unternehmen, potenzielle Käufer im Ausland zu
bedienen: In einer kürzlich durchgeführten Eurobarometer-Umfrage16 erklärten 33 %

13 Siehe Mitteilung der Kommission zur Umsetzung der Richtlinie 1997/7/EG über den
Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz.

14 Näheres über Verbraucherprobleme bei Nutzungs- und Lizenzvereinbarungen ist der Studie der
deutschen Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) unter folgender Webadresse zu entnehmen:
http://www.vzbv.de/mediapics/anlage_pm_digitale_medien_06_2006_copy.pdf.

15 Flash-Eurobarometer-Umfrage Nr. 186 über Einstellungen von Wirtschaft und Handel zu
grenzüberschreitendem Handel und Verbraucherschutz, Oktober 2006. Die ausführliche Erhebung wird

die GD Gesundheit und Verbraucherschutz auf ihrer Website veröffentlichen.

16 Erhebung durchgeführt im Februar/März 2006; wird in voller Länge auf der Website der GD
Gesundheit und Verbraucherschutz erscheinen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 15 – Drucksache 16/5272

der befragten Verbraucher, vom Handel nicht beliefert worden zu sein oder
Dienstleistungen nicht in Anspruch genommen haben zu können, weil sie nicht im
selben Land wie der Händler ansässig sind.

3.3. Mangel an Vertrauen

Gemäß der im vorigen Abschnitt erwähnten Eurobarometer-Umfrage kauften 26 %
der Verbraucher in der EU Waren bzw. nahmen Dienstleistungen von Firmen aus
einem anderen EU-Mitgliedstaat als ihrem Wohnland in Anspruch17. Während der
sog. Fernabsatz gemeinhin weiter an Beliebtheit gewinnt, gaben nur 6 % der
Befragten an, online im Internet etwas von einem Anbieter außerhalb ihres
Wohnlandes gekauft zu haben18. Ein Grund dafür ist, dass nicht weniger als 45 % der
befragten Verbraucher nach eigenem Bekunden vergleichsweise wenig Vertrauen in
den Online-Handel mit Unternehmen aus einem anderen Land setzen (für einen
bestimmten Mitgliedstaat betrug dieser Wert sogar 73 %). Dies wird auch durch die
Tatsache demonstriert, dass 44% derer, die einen Internet-Anschluss zu Hause haben,
angaben schon einmal etwas online bei einem Anbieter aus ihrem eigenen Land
gekauft zu haben, während nur 12% erklärten, bei einem Anbieter im Ausland
bestellt zu haben. Ganz allgemein waren 56 % der Verbraucher der Meinung, dass,
wenn sie Waren oder Dienstleistungen in anderen Mitgliedstaaten kaufen bzw. in
Anspruch nehmen, Unternehmer weniger Verbraucherschutzvorschriften einhalten
müssen. 71 % glaubten, dass es schwieriger sei, Probleme wie Beschwerden,
Rückgaben, Preisnachlässe, Garantieansprüche u. a. m. zu lösen, wenn der Verkäufer
in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist. 65 % der Verbraucher hielten es für
vergleichsweise schwierig, Artikel, die sie via Fernabsatz-Handel außerhalb ihres
Wohnlandes gekauft haben, innerhalb der ihnen zustehenden Bedenkzeit
zurückgeben zu können.

Die durch die Mindestharmonisierung bedingten unterschiedlichen Regelungen
können sich u. U. negativ auf dem Binnenmarkt auswirken. Mit zu den Gründen, die
Verbraucher davon abhalten, außerhalb ihres Wohnlandes einzukaufen, gehört die
Befürchtung, nicht im gleichen Maße wie beim Kauf zu Hause geschützt zu sein. So
ist beispielsweise die Widerrufsfrist für grenzüberschreitende Geschäfte im
Fernabsatz von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich lang bemessen, was
die Verbraucher verunsichert. Gleiches gilt für die praktischen Modalitäten zur
Wahrnehmung des Rücktrittsrechts von einem Kaufvertrag und in Bezug auf die
Kosten für die Rücksendung von Waren.

4. MÖGLICHE OPTIONEN FÜR DIE ZUKUNFT

In ihrem „Ersten jährlichen Fortschrittsbericht zum europäischen Vertragsrecht und
zur Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstandes – 2005“19 hat die
Kommission zwei wesentliche Strategien für eine Überarbeitung des

17 Der angegebene Wert bezieht sich auf grenzüberschreitende Einkäufe in der Zeit von Februar/März
2005 bis Februar/März 2006.

18 Die Zahl der Verbraucher, die über Internet in einem anderen EU-Mitgliedstaat kaufen, variiert

zwischen spärlichen 1 % in Griechenland, Ungarn und der Slowakei und stattlichen 28 % in Luxemburg
bzw. 19 % in Dänemark.

19 KOM(2005) 456 endg.

Drucksache 16/5272 – 16 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

gemeinschaftlichen Besitzstands im Verbraucherschutz festgestellt: einen vertikalen
Ansatz, bei dem die gelten Richtlinien einzeln überarbeitet würden, oder einen eher
horizontalen Ansatz, basierend auf einem oder mehreren Rahmeninstrumenten, um
gemeinsame Merkmale des Besitzstandes zu regeln, untermauert, wo nötig, durch
bereichsspezifische Regelungen.

Bei der Umsetzung der Überprüfung in konkrete Vorschläge für politische
Maßnahmen wird die Kommission die Wirkungensolcher Vorschläge, auch auf
Wirtschaft und Handel, sorgfältig prüfen.

4.1. Option I: Vertikaler Ansatz

Im Rahmen des vertikalen Ansatzes könnten die bestehenden Richtlinien gesondert
abgeändert werden, um sie an die Entwicklungen am Markt und den technologischen
Fortschritt anzupassen. Dabei könnten die jeweiligen besonderen Regelungslücken in
den einzelnen Richtlinien geschlossen und theoretisch auch etwaige Widersprüche
zwischen einzelnen Richtlinien beseitigt werden. Letzteres wäre allerdings
wesentlich zeitaufwändiger und würde den Grundsätzen einer besseren Rechtsetzung
insoweit widersprechen, als damit nicht die Vereinfachung erzielt würde, die sich mit
dem horizontalen Ansatz bewerkstelligen lässt. Die EU müsste im Verlaufe der
einzelnen Legislativverfahren immer wieder die gleichen Sachfragen aufgreifen. Die
Kommission ihrerseits hätte dann dafür Sorge zu tragen, dass die gleiche Sachfrage
in jeder einzelnen Richtlinie konsequent von jedem Mitgliedstaat umgesetzt würde.
Die Menge an Rechtsakten würde dadurch nicht reduziert und die gleichen
gemeinsamen Konzepte würden weiterhin in verschiedenen Richtlinien enthalten
sein und geregelt werden. Allerdings würden damit die Voraussetzungen geschaffen,
um den Besonderheiten jedes einzelnen Bereichs insoweit Rechnung zu tragen, als
die bestehenden Rechtsvorschriften verbessert und bei Bedarf überprüft werden
könnten.

4.2. Option II: Kombinierter Ansatz (Horizontales Instrument in Kombination mit
vertikalem Vorgehen, wo dies erforderlich erscheint)

Bis zur Verabschiedung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken20 im Jahr
2005 basierte das Verbraucherschutzrecht in den meisten Fällen auf einem vertikalen
Ansatz, der darauf ausgerichtet war, zu speziellen Problemen besondere Lösungen zu
erarbeiten. Diese Vorgehensweise hat allerdings zu einer Rechtszersplitterung
geführt. Die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Instrumenten sind mitunter
nicht klar erkennbar, weil die Rechtsbegriffe, genau wie die einschlägigen
Bestimmungen, nicht ausreichend aufeinander abgestimmt sind. Kommt
beispielsweise ein Timesharing-Vertrag im Wege eines Haustürgeschäfts zustande,
stellt sich die Frage, welche Bestimmungen in Bezug auf Informationserteilung und
Widerrufsrecht denn nun maßgebend sind: die Bestimmungen aus der Timesharing-
Richtlinie oder die aus der Richtlinie über Haustürgeschäfte21.

Mit der Richtlinie über unlautere Geschäftpraktiken wurde erstmals ein stärker
integrierter, „horizontaler” Ansatz verfolgt.
20 Richtlinie 2005/29/EG.
21 Dieser strittige Fall war Gegenstand eines Urteils des EuGH: Urteil Travel Vac, Rechtssache C-423/97.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 17 – Drucksache 16/5272

Eine Vielzahl von Aspekten ist allen Richtlinien, die zum gemeinschaftlichen
Besitzstand im Verbraucherschutz gehören, gemeinsam. Definitionen für
Grundbegriffe wie Verbraucher oder Unternehmer, die Dauer der Widerrufsfrist
oder die Modalitäten für die Ausübung des Rücktrittsrechts können als Beispiele für
jene Themen zitiert werden, die gleichsam für mehrere Richtlinien von Belang sind.
Derartige Gemeinsamkeiten könnten aus den bisherigen Richtlinien „extrahiert“ und
in Form eines horizontalen Rechtsinstruments nach einer bestimmten Systematik
geregelt werden. Gemeinsam mit den Bestimmungen aus der Richtlinie über
missbräuchliche Vertragbedingungen könnten sie angesichts ihrer
Querschnittsfunktion den allgemeinen Teil des Instruments bilden, da sie für
Verbraucherverträge jeder Art gelten würden. In einem zweiten Teil dieses
„horizontalen Instruments“ könnte der Kaufvertrag als geläufigste und am weitesten
verbreitete Art von Verbrauchervertrag geregelt werden. Folglich würde die
Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf in dieses horizontale Instrument einfließen.
Mit einem solchen Ansatz ließe sich der gemeinschaftliche Besitzstand im
Verbraucherschutz im Einklang mit den Grundsätzen der besseren Rechtsetzung
vereinfachen und rationeller gestalten22. Damit könnten im Wege einer Neufassung
die bestehenden Verbraucherschutzrichtlinien ganz oder teilweise aufgehoben und
der gemeinschaftliche Besitzstand vom Umfang her reduziert werden.

Begleitend zu dem horizontalen Instrument müssten bestimmte vertikale
Maßnahmen ergriffen werden (z.B. Überarbeitung der Timesharing-Richtlinie
zwecks Klärung spezifischer Probleme wie z.B. die Definition des Begriffs
Timesharing), soweit dafür Bedarf besteht („kombinierter Ansatz”).

4.3. Option III: „Nichts auf legislativem Gebiet unternehmen“

Sowohl der horizontale als auch der vertikale Ansatz erfordern ein Tätigwerden auf
legislativer Ebene. Nichts auf legislativer Ebene zu unternehmen, würde bedeuten,
dass die bisherige Rechtszersplitterung weiter bestehen oder sogar noch verstärkt
werden würde durch den Gebrauch von Mindestharmonisierungsklauseln durch die
Mitgliedstaaten. Die Widersprüche zwischen einzelnen Richtlinien würden weiterhin
bestehen bleiben.

4.4. Möglicher Geltungsbereich eines horizontalen Instruments

Für den Fall, dass Option II gewählt wird, stellt sich die wichtige Frage nach dem
sachlichen Geltungsbereich des horizontalen Instruments. Im Rahmen des
kombinierten Ansatzes wäre eine Lösungsmöglichkeit, sich auf ein
Rahmeninstrument mit einem umfassenden Anwendungsbereich festzulegen, das
sowohl auf Geschäfte, die auf rein nationaler Ebene getätigt werden, als auch auf
grenzüberschreitende Geschäfte anwendbar wäre. Die Schaffung eines einzigen
Instruments für sämtliche Arten von Verbraucherverträgen würde eine erhebliche
Vereinfachung des Regelungsumfelds für den Verbraucher wie auch für Wirtschaft
und Handel bedeuten. Wo allerdings sektorenspezifische Regeln bestehen (z.B. für
Finanzdienstleistungen und Versicherungen), sollten diese weiterhin vorrangig

22 Aufgeführt ist die Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Verbraucherschutz im Teil

„Fortlaufendes Vereinfachungsprogramm“ im Anhang zu der Mitteilung der Kommission vom
25. Oktober 2005 – „Umsetzung des Lissabon-Programms der Gemeinschaft: Eine Strategie zur
Vereinfachung des ordnungspolitischen Umfelds“, KOM(2005) 535.

Drucksache 16/5272 – 18 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

gelten, soweit nicht etwas anders vorgesehen ist. Beispiele dieser Regeln sind die
Bestimmungen betreffend die Widerrufsfrist und die Definition des Verbrauchers bei
Finanzdienstleistungen23.

Eine Alternative könnte die Einführung eines horizontalen Instruments sein, das
ausschließlich für grenzüberschreitende Verträge gelten würde. In diesem Fall
müsste der Begriff des grenzüberschreitenden Vertrags definiert werden (z.B. jede
Art eines Distanz-Vertrages, der zwischen einem Verbraucher und einem
Unternehmer aus verschiedenen Mitgliedstaaten abgeschlossen wird). Dies würde
dazu führen, dass die Verbraucher, die es mit einem ausländischen Unternehmen als
Vertragspartner zu tun haben, in den Genuss eines einheitlichen Schutzes in der
gesamten EU kämen. Mit dieser Alternative könnte einerseits das Vertrauen der
Verbraucher in den grenzübergreifenden Handel gestärkt werden, andererseits aber
auch die Rechtszersplitterung erhöht werden, da in dem Fall die Verbraucher wie die
Unternehmer unterschiedlichen Regelungen unterworfen wären, je nachdem, ob es
sich um eine rein nationale oder eine grenzüberschreitende Transaktion handeln
würde. Dies würde auch im Hinblick auf die bessere Rechtsetzung den Wert des
horizontalen Instruments schmälern.

Eine andere Alternative könnte es sein, ein horizontales Instrument zu entwickeln,
das nur für im Fernabsatz geschlossene Verträge – unabhängig davon, ob auf rein
nationaler oder auf grenzüberschreitender Ebene – gelten und an die Stelle der
bisherigen Fernabsatz-Richtlinie treten würde. Damit könnten einheitliche Regeln für
Fernabsatz- Verträge geschaffen werden. Auch hier wiederum würde der wesentliche
Nachteil darin bestehen, dass für Fernabsatzverträge einerseits und andererseits für
Verträge, die in physischer Anwesenheit der Vertragsparteien geschlossen werden,
unterschiedliche Bedingungen gelten würden, womit die Rechtszersplitterung
verstärkt und der Wert einer besseren Rechtsetzung reduziert würde.

4.5. Harmonisierungsgrad

Unabhängig von der für die Überarbeitung des gemeinschaftlichen Besitzstands
gewählten Option müsste auch über den Grad der Harmonisierung entschieden
werden.

Die heutigen Verbraucherschutzrichtlinien, die Gegenstand der Überprüfung sind,
beruhen auf dem Grundsatz der Mindestharmonisierung, d. h. sie enthalten
Bestimmungen, die es den Mitgliedstaaten gestatten, ein höheres
Verbraucherschutzniveau festzulegen oder beizubehalten als das in der jeweiligen
Richtlinie vorgesehene. Von dieser Möglichkeit haben viele Mitgliedstaaten
Gebrauch gemacht, z.B. bei der Bemessung der Widerrufsfristen, die im nationalen
Recht vielfach länger sind als die in der Fernabsatz-Richtlinie, der Richtlinie über
Haustürgeschäfte oder in der Timesharing-Richtlinie festgelegten Mindestfristen.

Dies hat zur Folge, dass Verbraucher sich nicht sicher sein können, ob sie wie in
gewohnter Weise bei Einkäufen im Inland denn nun auch in gleicher Weise beim
Einkaufen außerhalb ihresWohnlandes geschützt sind, während Unternehmen
23 Z.B. Artikel 35 und Anhang III der Neufassung der Richtlinie 2002/83/EG über Lebensversicherungen,
Artikel 31 der Dritten Richtlinie Schadenversicherung, Richtlinie 92/49/EWG.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 19 – Drucksache 16/5272

möglicherweise durch die Tatsache davon abgehalten werden, ihre Produkte oder
Dienstleistungen in ganz Europa anzubieten, dass sie in jedem Mitgliedstaat
unterschiedliche Bestimmungen einhalten müssen.

Zur Lösung dieses Problems würde sich als Option anbieten, den gemeinschaftlichen
Besitzstand im Verbraucherschutz mit dem erklärten Ziel einer vollständigen
Harmonisierung zu überarbeiten. Dies würde bedeuten, dass die Mitgliedstaaten
keine strengeren Bestimmungen als die auf Gemeinschaftsebene festgelegten
anwenden dürften. Eine vollständige Harmonisierung hätte nicht nur zur Folge, dass
die Mindestharmonisierungsbestimmungen außer Kraft gesetzt würden; sie würde
auch die Aufhebung von Regelungsmöglichkeiten der Mitgliedsstaaten für
spezifische Aspekten in einigen Richtlinienbestimmungen implimzieren, was zur
Folge haben könnte, dass sich das Verbraucherschutzniveau in einigen
Mitgliedstaaten verändern könnte.

Beispielsweise erlaubt die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie den Mitgliedstaaten in
Artikel 5, im Rahmen der Regelung der Fristen für die Gewährleistung des
Verkäufers, vorzusehen, dass der Verbraucher den Verkäufer zur Inanspruchnahme
seiner Rechte über die Vertragswidrigkeit binnen zwei Monaten nach dem Zeitpunkt,
zu dem er die Vertragswidrigkeit festgestellt hat, unterrichten muss. Den
Mitgliedstaaten würden derartige Optionen nicht mehr offen stehen. Die wiederholte
Überprüfung des Umsetzungsstandes hat bestätigt, dass sehr viele Mitgliedstaaten
bislang von derartigen Regelungsoptionen Gebrauch gemacht haben. Auf der Basis
eines Vollharmonisierungsansatzes wird unter mehreren Lösungsmöglichkeiten eine
Wahl zu treffen sein, z.B. durch Abschaffung oder Generalisierung der Pflicht zur
Unterrichtung des Verkäufers über eine Vertragswidrigkeit innerhalb einer
bestimmten Frist.

Nichstdestoweniger, da es eventuell schwierig sein könnte, eine vollständige
Harmonisierung aller Aspekte zu erreichen, und auch um die Entstehung von neuen
Binnenmarkthemmnissen zu vermeiden, dürfte ein auf Harmonisierung
ausgerichteter Ansatz im Einzelfall jeweils komplementär einer Bestimmung
bedürfen, die die gegenseitige Anerkennung für bestimmte Aspekte gewährleistet,
die zwar von dem vorgeschlagenen Rechtssetzungsakt erfasst, aber nicht vollständig
harmonisiert wären.

Eine weitere Option könnte daher eine Kombination aus Mindestharmonisierung und
einer Bestimmung über die gegenseitige Anerkennung sein. In dem Fall würden die
Mitgliedstaaten weiterhin die Möglichkeit haben, strengere
Verbraucherschutzbestimmungen in ihr nationales Recht aufzunehmen, jedoch wären
sie nicht dazu befugt, Unternehmen eines anderen Mitgliedstaates ihre eigenen
strengeren Bestimmungen in einer Weise aufzuerlegen, die nicht zu vertretende
Beschränkungen im freien Waren- und Dienstleistungsverkehr zur Folge hätte.

Letztlich könnte eine weitere Option in einer Mindestharmonisierung, ggf. in
Kombination mit dem Herkunftsland-Ansatz, bestehen. Eine solche Option würde
bedeuten, dass ein Mitgliedstaat weiterhin die Möglichkeit hätte, in das nationale
Recht strengere Verbraucherschutzbestimmungen aufzunehmen, während
Unternehmen aus einem anderen Mitgliedstaat lediglich die Regeln einhalten

müssten, die in ihrem Herkunftsland gelten.

Drucksache 16/5272 – 20 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Allerdings würde diese Optionen das Regelungsumfeld nicht vereinfachen und
rationalisieren. Die Rechtszersplitterung würde weiter bestehen bleiben und ihre
negativen Auswirkungen auf das Vertrauen, das die Verbraucher in den Binnenmarkt
setzen, dadurch nicht beseitigt werden. Falls es keine Regel gibt, die das Recht des
Gewerbetreibenden als das anzuwendende Recht bestimmt, müsste das für eine
grenzüberschreitende Rechtssache zuständige Gericht (in der Regel das Gericht im
Bestimmungsland) das auf den Verbraucher anzuwendende Recht systematisch mit
dem Recht des Herkunftslands vergleichen. Anschließend müsste es beurteilen, in
welchem Umfang das Recht im Bestimmungsland über das im Land des
Gewerbetreibenden gebotene gesetzliche Schutzniveau hinausgeht und, wenn der
Unterschied eine unzulässige Behinderung darstellt, von einer Anwendung der
strengeren Bestimmungen absehen. Ein derart umständliches Verfahren wäre der
Rechtssicherheit nicht förderlich.

Diese beiden Optionen brächten auch keine Lösung, die das vom Vertrag geforderte
hohe gemeinschaftliche Niveau an Verbraucherschutz sicher stellt.

4.6. Die Konsultation gemäß Anhang I

Anhang I enthält eine Auflistung der Themen und Fragen, die Gegenstand der
Konsultation sind. Die Fragen beziehen sich überwiegend auf
Querschnittsangelegenheiten oder horizontale Anliegen, die im Rahmen des
kombinierten Ansatzes relevantwerden könnten. Für den vertikalen Ansatz, der
spezifische Richtlinien betrifft, erübrigt sich eine umfassende Liste von Themen und
Fragen, da diese bereits mit den verschiedenen von der Kommission durchgeführten
Konsultationen, wie unter Punkt 2.1 beschrieben, behandelt wurden.

Aus der Überprüfung haben sich eine Reihe bereichsübergreifender Fragen ergeben.
Diese Fragen geben wieder, welche Unzulänglichkeiten und Regelungslücken der
gemeinschaftliche Besitzstand im Verbraucherschutz aufweist. In den meisten
Fällen, von denen die Kommission von einzelnen Verbrauchern und
Interessengruppen aus Wirtschaft und Handel Kenntnis erhielt, sind die Fragen auf
die Anwendung der Mindestklauseln und Regelungsoptionen auf Seiten der
Mitgliedstaaten zurückzuführen.

Die Fragestellungen sind zwei Kategorien zugeordnet: die, die den gesamten
gemeinschaftlichen Besitzstand (z.B. Definition des Verbrauchers) oder mehr als
eine Richtlinie betreffen (z.B. die Frage des Widerrufsrechts), und zum anderen die,
die für den Kaufvertrag als dem mit Abstand wichtigsten Verbrauchervertrag
spezifisch sind.

Hinsichtlich der ersten Kategorie ist die Kommission der Auffassung, dass eine
schlüssige Definition der Begriffe des Verbrauchers bzw. des Unternehmers wichtig
ist, da dies Voraussetzung dafür ist, den Anwendungsbereichs des
gemeinschaftlichen Besitzstands präziser abzugrenzen.

Eine weiterreichende Option wäre die etwaige Festlegung eines allgemein
verbindlichen Grundsatzes des guten Glaubens und der Redlichkeit in
Vertragsangelegenheiten. Ein solches Prinzip, mit dem ein Sicherheitsnetz

geschaffen würde, könnte alle künftigen Regelungslücken schließen und
sicherstellen, dass der gemeinschaftliche Besitzstand für die Zukunft gerüstet ist.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 21 – Drucksache 16/5272

Eine Vielzahl von Fragestellungen betrifft die Richtlinie über missbräuchliche
Vertragsbedingungen, die als einzige Richtlinie für alle Arten von
Verbraucherverträgen gilt – unabhängig davon, ob diese nun Waren oder
Dienstleistungen betreffen. Welche Bedeutung diese Aspekte in der Praxis haben,
verdeutlicht der hohe Anteil damit zusammenhängender Beschwerden, die bei den
Europäischen Verbraucherzentralen eingehen24. In diesem Zusammenhang möchte
die Kommission u. a. auch zur Diskussion stellen, ob der mit dieser Richtlinie
verbriefte Schutz ggf. dahingehend ausgeweitet werden sollte, dass auch einzeln
ausgehandelte Vertragsbedingungen erfasst werden.

Fragen wie das Widerrufsrecht, das zu den typischen Rechten gehört, die dem
Verbraucher in verschiedenen Richtlinien eingeräumt werden, und die Modalitäten
der Wahrnehmung dieses Rechts sind ebenfalls thematisiert.

Gegenstand ist ferner die Festlegung allgemeiner vertraglicher Rechtsbehelfe
einschließlich eines allgemeinenAnspruchs auf Schadenersatz. Das Fehlen von
allgemeinen Rechtsbehelfen im gemeinschaftlichen Besitzstand könnte
gegebenenfalls ein Verbraucherschutzdefizit begründen, das in diesem
Zusammenhang benannt werden könnte.

Was den Verbrauchsgüterkauf betrifft, so wird in mehreren wichtigen Fragen auf die
Klarstellung und eine etwaige Ausweitung des Geltungsbereichs hingewiesen, um
auch immaterielle Güter wie Computersoftware und elektronische Daten zu erfassen.
Weitere Fragen betreffen zentrale Aspekte wie die Lieferung, den Gefahrenübergang
und die Rangordnung von Rechtsbehelfen. Angesprochen werden abschließend die
etwaige Einführung einer unmittelbaren Produzentenhaftung und der Inhalt von sog.
Händlergarantien.

In Anhang I werden im Einzelnen folgende Themen behandelt:

1 Allgemeine gesetzliche Regelung
2 Geltungsbereich eines horizontalen Instruments
3 Grad der Harmonisierung
4.1 Definition für „Verbraucher“ und „Unternehmer“
4.2 Über einen Vermittler handelnde Verbraucher
4.3 Einführung einer Generalklausel über Gutgläubigkeit und Fairness
4.4.1 Ausweitung des Geltungsbereichs der Missbräuchlichkeits-Prüfung auf

einzeln ausgehandelte Klauseln
4.5 Rechtsfolgen aus der Liste missbräuchlicher Klauseln
4.6 Geltungsbereich der Missbräuchlichkeits-Prüfung: Preis und

Vertragsgegenstand
4.7 Einfügung von Bestimmungen über vertragliche Folgen bei

Nichterfüllung der Informationspflicht
4.8.1 Harmonisierung der Dauer von Widerrufsfristen
24 Den Angaben der Europäischen Verbraucherzentren zufolge betrafen 10 % aller für das Jahr 2005
entgegen genommenen Beschwerden missbräuchliche Vertragsbedingungen.

Drucksache 16/5272 – 22 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

4.8.2 Harmonisierung der Modalitäten zur Wahrnehmung des Widerrufsrechts
4.8.3 Harmonisierung der Kosten zu Lasten des Verbrauchers bei Widerruf

eines Vertrags
4.9 Einführung allgemeiner vertraglicher Rechtsbehelfe
4.10 Einführung eines Rechts auf Schadenersatz
5.1 Ausweitung des Geltungsbereichs auf Verträge über die Lieferung von

Waren
5.2 Auf öffentlichen Auktionen verkaufte Gebrauchtwaren
5.3 Definition des Begriffs „Lieferung“
5.4 Gefahrübergang
5.5.2 Fristen in Sachen Vertragswidrigkeit
5.5.3 Spezifische Regeln für wiederkehrende Mängel
5.5.4 Spezifische Regeln für Gebrauchtwaren
5.6 Beweislast
5.7 Änderung der Rangordnung bei der Einlegung von Rechtsmitteln
5.8 Notifizierung der Vertragswidrigkeit
5.9 Unmittelbare Produzentenhaftung wegen Vertragswidrigkeit
5.10.1 Einführung von Versäumnisregeln betreffend den Inhalt der sog.

kommerziellen Garantien
5.10.2 Die Übertragbarkeit der sog. kommerziellen Garantie
5.10.3 Kommerzielle Garantien für spezifische Teile
6 Sonstiges

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 23 – Drucksache 16/5272

ANHANG I

THEMEN FÜR DIE ANHÖRUNG

Die Antworten zu den folgenden Fragen sollten möglichst auch erläutert werden. Zu
beachten ist, dass die genannten Optionen nicht ausschließlich sind; andere Lösungen
können ebenfalls in Betracht gezogen werden.

1. Ansatz für eine allgemeine gesetzliche Regelung

Wie in Abschnitt 4 weiter oben erläutert, bieten sich für die Überprüfung der
Verbraucherschutzvorschriften verschiedene Alternativen an.

Frage A1: Was ist nach Ihrer Ansicht der beste Ansatz für die Überprüfung der
Verbraucherschutzvorschriften?

Option 1: Vertikaler Ansatz mit Überprüfung der Einzelrichtlinien.

Option 2: Gemischter Ansatz durch Kombination eines Rahmeninstruments für alle
Verbraucherverträge betreffenden Querschnittsthemen mit einer Überprüfung der
Richtlinien für einzelne Bereiche, wo dies erforderlich ist.

Option 3: Status quo: keine Überprüfung.

2. Geltungsbereich eines horizontalen Instruments

In Abschnitt 4.4 werden verschiedene Optionen für den Geltungsbereich eines
horizontalen Instruments erläutert. Eine Option wäre die Annahme eines
Rahmeninstruments, das ein breites Spektrum abdeckt und sowohl inländische als
auch grenzübergreifende Geschäftsvorgänge betrifft. Eine weitere Alternative wäre
ein horizontales Instrument, das nur für grenzübergreifende Verträge gilt. Eine dritte
Alternative bestünde schließlich darin, den Anwendungsbereich des Instruments auf
im In- oder Ausland abgeschlossene Fernabsatzverträge zu beschränken.

Frage A2: Für welche Bereiche sollte ein horizontales Instrument gelten?

Option 1: Es würde für alle Verbraucherverträge gelten, unabhängig davon, ob sie
Geschäftsvorgänge im In- oder Ausland betreffen.

Option 2: Das Instrument würde nur für grenzübergreifende Verträge gelten.

Option 3: Es würde nur für Fernabsatzverträge gelten, unabhängig davon, ob diese im
In- oder Ausland abgeschlossen werden.

3. Grad der Harmonisierung

In Abschnitt 4.5 wird erörtert, bis zu welchem Grad künftige Vorschriften im
Verbraucherschutzbereich harmonisiert werden sollten. Nach den geltenden
Rechtsvorschriften können Mitgliedstaaten durch die Nutzung von Mindestklauseln
ihre nationalen Gesetze strenger fassen. Dadurch werden die Bestimmungen

unübersichtlich, was den Binnenmarkt behindern und die Verbraucher von Einkäufen

Drucksache 16/5272 – 24 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

im Ausland abhalten könnte. Volle Harmonisierung könnte eine Option zur
Befassung mit diesem Problem sein. Eine zweite Option könnte darin bestehen, den
Mindestharmonisierungsansatz beizubehalten. Die Mindestharmonisierung könnte,
wie weiter oben erwähnt, mit der Klausel der gegenseitigen Anerkennung oder mit
dem Herkunftslandprinzip kombiniert werden. Mit dieser Möglichkeit würde das
Regelungsumfeld allerdings nicht vereinfacht und nicht rationeller werden. Die
Rechtszersplitterungwürde weiter bestehen und ihre negativen Auswirkungen auf das
Vertrauen, das die Verbraucher in den Binnenmarkt setzen, dadurch nicht beseitigt
werden.

Frage A3: Wie stark sollten die überprüften Richtlinien/das neue Instrument
harmonisiert sein?

Option 1: Ausgangspunkt für die überprüften Rechtsvorschriften wäre eine volle
Harmonisierung, ergänzt durch eine Klausel über gegenseitige Anerkennung für alle
Angelegenheiten, die nicht voll harmonisiert sind.

Option 2: Grundlage für die überprüften Rechtsvorschriften wäre ein Mindestmaß an
Harmonisierung, kombiniert mit einer Klausel über gegenseitige Anerkennung oder
dem Herkunftslandprinzip.

4. Querschnittsthemen

4.1 Definition der Begriffe „Verbraucher” und „Unternehmer”

In den Richtlinien sind die Begriffe „Verbraucher” und „Unternehmer” bisher nicht
einheitlich definiert, obwohl diese Begriffe für die Anwendung des Regelwerks im
Verbraucherschutz grundlegend sind. Was den eigentlichen Zweck der einschlägigen
Richtlinien betrifft, so fehlt dafür eine fundierte Begründung. Die entstehende
Unsicherheit wird noch dadurch verstärkt, dass die Mitgliedstaaten die
Mindestklausel anwenden, um die nicht eindeutigen Definitionen nach ihren eigenen
Vorstellungen zu erweitern. Mehrere Interessenvertreter treten entschieden für eine
einheitliche Definition der Begriffe Verbraucher und Unternehmerein, um
Verwirrung und Rechtsunsicherheit zu vermeiden. In diesem Zusammenhang wäre
auch möglichst für eine Kohärenz mit Definitionen in Rechtsvorschriften in anderen
Bereichen zu sorgen.

Im Sinne der Richtlinie über Haustürgeschäfte bedeutet Verbraucher beispielsweise
eine natürliche Person, die zu einem Zweck tätig wird, „der nicht ihrer beruflichen
oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann”. In der Richtlinie über
Preisangaben gilt als Verbraucher jede natürliche Person, „die ein Erzeugnis für
Zwecke kauft, die nicht im Zusammenhang mit ihrer kommerziellen oder beruflichen
Tätigkeit stehen” und in der Richtlinie über missbräuchliche Vertragsklauseln ist
schließlich von einem Zweck die Rede, „der nicht ihrer gewerblichen oder
beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann”.

Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten lassen sich beispielsweise dann
feststellen, wenn Privatpersonen ein Produkt kaufen, das sie sowohl für private als
auch für berufliche Zwecke nutzen, etwa wenn ein Arzt ein Auto kauft und dies

gelegentlich auch für Patientenbesuche nutzt. Mehrere Mitgliedstaaten gewähren
natürlichen Personen, die zu einem Zweck handeln, der deutlich von ihrer

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25 – Drucksache 16/5272

gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit abweicht, denselben Schutz wie
Verbrauchern. Zudem können beispielsweise Ein-Personen-Unternehmen oder kleine
Betriebe in einer ähnlichen Lage sein wie Verbraucher, etwa wenn sie Waren oder
Dienstleistungen einkaufen, weshalb sich die Frage stellt, ob sie nicht bis zu einem
gewissen Grad auch einen Verbraucherschutz genießen sollten. Bei der Überprüfung
sollte auch in Erwägung gezogen werden, die Definitionen so zu erweitern, dass
Geschäftsvorgänge mit gemischten Zweckbestimmungen abgedeckt sind.

Der Unternehmer wird je nach Richtlinie als „Händler”, „Gewerbetreibender“,
„Anbieter“ usw. bezeichnet. Auch die Definitionen weichen voneinander ab: in der
Fernabsatz-Richtlinie beispielsweise ist der „Anbieter” definiert als „jede natürliche
Person, die … im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt”,
während in der Richtlinie über missbräuchliche Vertragsklauseln ein
„Gewerbetreibender” definiert ist als eine natürliche oder juristische Person, die „im
Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt, auch wenn diese dem
öffentlich-rechtlichen Bereich zuzurechen ist”. Hier könnte vereinheitlicht werden,
indem „Unternehmer” die verschiedenen Begriffe in den geltenden Richtlinien
ersetzt und Anwendung auf alle Personen findet, die nicht als Verbraucher angesehen
werden.

Frage B1: Wie sollten die Begriffe „Verbraucher” und „Unternehmer”
definiert werden?

Option 1: Die im gemeinschaftlichen Verbraucherrecht verwendeten Definitionen
werden angeglichen, ohne deren Geltungsbereich zu ändern. Verbraucher würden
definiert als natürliche Personen, die zu einem Zweck handeln, der nicht ihrer
gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.
Unternehmerwürden als natürliche oder juristische Personen definiert, die im
Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handeln.

Option 2: Die Begriffe Verbraucher und Unternehmerwerden erweitert und
umfassen natürliche Personen, die hauptsächlich außerhalb des Rahmens
(Verbraucher) oder hauptsächlich im Rahmen (Unternehmer) ihrer gewerblichen
oder beruflichen Tätigkeit handeln.

4.2 Über einen Vermittler handelnde Verbraucher

Verbraucher sind bisher nicht geschützt, wenn ihr Vertragspartner eine andere
natürliche Person ist. Dies gilt auch, wenn Privatpersonen durch einen
Handelsvertreter, einen Makler oder einen anderen Vermittler vertreten sind. Ein
praktisches Beispiel dafür ist der Verkauf eines Gebrauchtwagens zwischen
Privatpersonen, der über einen Autohändler abgewickelt wird. Es spricht einiges
dafür, dass in solchen Fällen Verbraucher ähnlich geschützt werden müssen wie bei
einem herkömmlichen Vertrag zwischen Handel und Verbrauchern, da die andere
Vertragspartei in den Genuss der Fachkenntnisse des Vermittlers kommt; einige
Mitgliedstaaten haben den Verbraucherschutz auf solche Verhältnisse ausgedehnt.

Es könnte jedoch sehr schwierig werden, klare Kriterien dafür aufzustellen, wann die
Rolle des Vermittlers so stark ist, dass ein Verbraucherschutz gerechtfertigt ist. Es

könnte unvorhergesehene und nachteilige Folgen für Märkte geben, auf denen
Privatpersonen miteinander handeln.

Drucksache 16/5272 – 26 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Gegen eine Anwendung der Verbraucherschutzvorschriften auf private Verkäufer
könnte auch sprechen, dass einer Privatperson unter Umständen nicht klar ist, dass
die Einschaltung einer Geschäftsperson als Vermittler sie auf eine Stufe mit einer
Geschäftsperson stellt. Andererseits könnte ein Verbraucher, der einen Vertrag mit
einer Geschäftsperson abschließt, die als Vermittler für eine Privatperson auftritt,
mehr Schutz benötigen als ihr Vertragspartner.

Zu beachten ist, dass Handelsplattformen für Verkäufer und Verbraucher,
beispielsweise im Internet, wo der Anbieter der Plattform nicht am Abschluss des
Vertrags beteiligt ist, nicht als Vermittlung gelten würden. Die Rolle von Vermittlern
im elektronischen Geschäftsverkehr, auch über Suchmaschinen und
Auktionsplattformen, wird derzeit in einem anderen Zusammenhang untersucht, und
ist daher nicht Bestandteil der Überprüfungen25.

Frage B2: Sind Verträge zwischen Privatpersonen als Verbraucherverträge zu
betrachten, wenn eine der Parteien durch einen Vermittler vertreten wird?

Option 1: Status quo: Der Verbraucherschutz findet keine Anwendung auf Verträge
zwischen Verbrauchern, wenn eine Partei beim Abschluss des Vertrages durch eine
vermittelnde Geschäftsperson vertreten ist.

Option 2: Als Verbraucherverträge würden auch Verträge gelten, wenn eine Partei
durch eine vermittelnde Geschäftsperson vertreten ist.

4.3 Die Gebote von Treu und Glauben sowie Fairness im gemeinschaftlichen
Verbraucherrecht

Das gemeinschaftliche Verbraucherschutzrecht enthält keine allgemeine
Verpflichtung, nach dem Gebot der Fairness bzw. Treu und Glauben zu handeln.
Artikel 5 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken, welche für
Geschäftspraktiken, nicht aber für Verträge gilt, enthält eine allgemeine Klausel über
unlautere Praktiken (unfair commercial practices)26. Artikel 3 Absatz 1 der
Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Vertragsklauseln in
Verbraucherverträgen dient als Generalklausel für den Begriff „missbräuchliche
Klauseln“ (unfair terms) und definiert diesen für die Zwecke der Richtlinie.

Der größte Vorteil einer übergreifenden allgemeinen Klausel für
Verbraucherverträge in dem horizontalen Instrument wäre eine Handhabe dafür, wie
spezifischere Bestimmungen auszulegen sind, mit der die Gerichte auch
Gesetzeslücken durch die Entwicklung zusätzlicher Rechte und Pflichten schließen
könnten. Mit der Schließung von Gesetzeslücken würde der Verbraucherschutz
verbessert und Rechtsunsicherheit bei den Herstellern vermieden. Zudem könnte eine
generelle Bestimmung nützlich sein bei der Auslegung von Klauseln in Angeboten
oder Verträgen und könnte außerdem der Kritik entgegen treten, dass bestimmte
Richtlinien oder Bestimmungen nicht zeitlos seien. Eine generelle Bestimmung

25 Die Schlussfolgerungen werden im zweiten Bericht über die Anwendung der Richtlinie 2000/31/EG
veröffentlicht, der 2008 angenommen wird.

26
Nach Artikel 5 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken sind Geschäftspraktiken verboten,
wenn sie den Erfordernissen der beruflichen Sorgfaltspflicht widersprechen und das wirtschaftliche
Verhalten der Verbraucher nachteilig beeinflussen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 27 – Drucksache 16/5272

könnte zu der Formulierung „Treu und Glauben und Fairness“ entstehen. Damit wäre
auch die Vorstellung abgedeckt, dass die Interessen der anderen Partei unter
Berücksichtigung der speziellen Lage einiger Verbraucher gebührend beachtet
werden.

Der Nachteil einer solchen Generalklausel wäre, dass darin nicht präzise die Rechte
und Pflichten der einzelnen Parteien genannt sind. Die Auslegung könnte zwischen
Mitgliedstaaten abweichen.

Ein entsprechender genereller Grundsatz sollte gegebenenfalls von der Aushandlung
bis zur Ausführung eines Vertrags, mit den entsprechenden Rechtsbehelfen, gelten.
Damit würde auch vermieden, dass es zu den Schwierigkeiten kommt, wie sie mit
den geltenden Verbraucherschutzrichtlinien auftreten, weil die Rechtsvorschriften
durch die Entwicklung von Technologie und Märkten überholt sind.

Frage C: Sollte in einem horizontalen Instrument eine übergreifende
Verpflichtung der Unternehmerfestgeschrieben werden, im Einklang mit den
Geboten von Treu und Glauben und Fairness zu handeln?

Option 1: In dem horizontalen Instrument könnte festgelegt werden, dass von
Unternehmern nach dem für Verbraucherverträge geltenden EU-Recht ein Handeln
in Treu und Glauben erwartet wird.

Option 2: Der Status quo wird beibehalten: Es gibt keine Generalklausel.

Option 3: Es wird eine Generalklausel eingefügt, die für Unternehmer und
Verbraucher gleichermaßen gilt.

4.4 Der Geltungsbereich der EU-Vorschriften über missbräuchliche Vertragsklauseln

4.4.1 Ausweitung des Geltungsbereichs auf im Einzelnen ausgehandelte Klauseln

Die Richtlinie über missbräuchliche Vertragsklauseln gilt derzeit nur für nicht
verhandelte Klauseln, d. h. Vertragsklauseln, auf die der Verbraucher bei der
Aushandlung keinen Einfluss nehmen konnte. In der Praxis ist die Richtlinie in den
meisten Fällen auf vorformulierte vertragliche Bestimmungen bei Massenvorgängen
anwendbar. Die Verbraucher haben tatsächlich oft nur sehr wenige Möglichkeiten,
den Inhalt einer Klausel zu bestimmen, selbst, wenn diese verhandelbar ist. In
mehreren Mitgliedstaaten gibt es spezifische Bestimmungen über den möglichen
Missbrauch von im Einzelnen ausgehandelten Bestimmungen.

Bei im Einzelnen ausgehandelten Klauseln könnte die
Verbraucherbenachteiligungsprüfung neu formuliert werden, damit gewährleistet ist,
dass die zuständigen Behörden berücksichtigen, inwieweit einzelne Verbraucher
tatsächlich in der Lage sind, die Vertragsbedingungen zu beeinflussen. Alternativ
dazu könnte diese Prüfung auf die Liste der Klauseln im Anhang der Richtlinie
beschränkt werden.

Solang spezifische Vorschriften fehlen, könnte die Missbräuchlichkeit
ausgehandelter Klauseln nach dem Grundsatz von Treu und Glauben bewertet

werden (vgl. 4.3).

Drucksache 16/5272 – 28 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Frage D1: Inwieweit sollten bei missbräuchlichen Vertragsklauseln auch im
Einzelnen ausgehandelte Klauseln einbezogen sein?

Option 1: Der Geltungsbereich der Richtlinie über missbräuchliche
Vertragsklauseln würde auch auf im Einzelnen ausgehandelte Klauseln
ausgeweitet.

Option 2: Nur die Liste der Klauseln im Anhang der Richtlinie wäre auf im
Einzelnen ausgehandelte Klauseln anwendbar.

Option 3: Status quo – Die Gemeinschaftsvorschriften gelten weiterhin nur für
nicht ausgehandelte oder vorformulierte Klauseln.

4.5 Liste missbräuchlicher Klauseln

Hinter der Liste im Anhang der geltenden Richtlinie über missbräuchliche
Vertragsklauseln steht die Überlegung, den Mitgliedstaaten eine Anleitung dafür zu
geben, welche Vertragsbedingungen bei der Verbraucherbenachteiligungsprüfung
angefochten werden können. Da die Liste aber nur rein indikativ ist, kann es in den
Mitgliedstaaten bei der Anwendung zu Abweichungen kommen.

Es wäre zu erwägen, ob eine in der Liste der missbräuchlichen Klauseln enthaltene
Klausel bei einem horizontalen Instrument als ausnahmslos missbräuchlich zu
betrachten ist (schwarze Liste) oder nur solange, wie die Untersuchung der
spezifischen Umstände des Vertrags (auch der im Einzelnen ausgehandelten
Klauseln) das Gegenteil erweist (d. h. eine widerlegbare Vermutung der
Missbräuchlichkeit – graue Liste). Diese beiden Optionen könnten auch
kombinierbar sein, d. h. einige Klauseln würden in jedem Fall als missbräuchlich
betrachtet, während bei anderen die Missbräuchlichkeit nur vermutet wird. Diese
Option wurde von den im CFR-Net zusammengefassten Experten erwogen.

In das horizontale Instrument könnte ein Komitologie-Mechanismus für die
Aktualisierung der Liste der Klauseln eingebaut werden.

Frage D2: Welchen Stellenwert sollte eine Liste missbräuchlicher
Vertragsklauseln in einem horizontalen Instrument haben?

Option 1: Beibehaltung der geltenden indikativen Liste.

Option 2: Für einige Vertragsklauseln würde eine Liste mit widerlegbaren
Vermutungen der Missbräuchlichkeit (graue Liste) aufgestellt. Bei der Bewertung
der Missbräuchlichkeit würden hier Anleitung und Flexibilität kombiniert.

Option 3: Eine Liste von Klauseln, die unter allen Umständen als missbräuchlich
gelten (schwarze Liste), würde aufgestellt; diese Liste wäre vermutlich wesentlich
kürzer als die geltende Liste.

Option 4: Kombination der Optionen 2 und 3: Einige Klauseln würden
grundsätzlich verboten, während für die übrigen eine widerlegbare Vermutung der

Missbräuchlichkeit bestünde.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 29 – Drucksache 16/5272

4.6 Anwendung der Missbräuchlichkeitsprüfung

Nach der Richtlinie über missbräuchliche Vertragsklauseln ist eine nicht
ausgehandelte Vertragsklausel dann missbräuchlich, wenn sie entgegen dem Gebot
von Treu und Glauben für ein deutliches Ungleichgewicht der vertraglichen Rechte
und Pflichten der Vertragsparteien sorgt (Missbräuchlichkeitsprüfung). Die
Bewertung der Missbräuchlichkeit der Klauseln bezieht sich weder auf die Definition
des Vertragsgegenstands noch auf die Angemessenheit des Preises (sofern diese
Klauseln in einfacher und verständlicher Sprache abgefasst sind).

Nach nationalem Recht können Geschädigte in der Regel den Vertrag nur kündigen,
wenn ihnen der Vertragsabschluss aufgezwungen wurde und die andere
Vertragspartei die Situation durch die Festsetzung eines übertrieben hohen Preises
ausgenutzt hat. Dies könnte zum Beispiel dann der Fall sein, wenn ein Auto mitten in
der Nacht auf einer Landstraße eine Panne hat und für die Pannenhilfe ein
unverhältnismäßig hoher Preis verlangt wird.

Insbesondere dann, wenn der Geltungsbereich der Richtlinie auf ausgehandelte
Klauseln erweitert wird, stellt sich die Frage, ob die Missbräuchlichkeitsprüfung auf
alle zentralen Elemente eines Vertrags ausgedehnt wird, auch auf den
Vertragsgegenstand und die Angemessenheit des Preises.

Frage D3: Sollte der Umfang der Missbräuchlichkeitsprüfung der Richtlinie
über missbräuchliche Vertragsklauseln erweitert werden?

Option 1: Die Missbräuchlichkeitsprüfung wird auf den Vertragsgegenstand und
die Angemessenheit des Preises ausgedehnt.

Option 2: Status quo – Die Missbräuchlichkeitsprüfung bleibt unverändert.

4.7 Informationsanforderungen

In mehreren Richtlinien sind die Unternehmerverpflichtet, Verbraucher vor, bei oder
nach Abschluss des Vertrags mit Informationen zu versorgen. Allerdings ist nicht
klar geregelt, wie zu verfahren ist, wenn dieser Verpflichtung nicht entsprochen
wird. In mehreren Fällen sind keine Rechtbehelfe dafür vorgesehen, dass
Unternehmer diese Informationspflicht ignorieren. Selbst eine Verlängerung der
Bedenkzeit bei Nichtvorlage von Informationen, wie sie in den Richtlinien über
Fernabsatz bzw. Timesharing vorgesehen ist, könnte nicht ausreichend sein, da die
Verbraucher ihr Recht verlieren, innerhalb von drei Monaten vom Vertrag
zurückzutreten. Die Verbraucherorganisationen nennen den Informationsmangel als
eines der größten Probleme im Fernabsatz, während die betroffenen Geschäftskreise
die derzeitige komplizierte Lage bedauern.

Nach Auffassung der Kommission sollte das horizontale Instrument sich nicht mit
der Forderung nach Informationen und deren Inhalt befassen, da es für die
Verbraucherinformationen in den einzelnen vertikalen Richtlinien zu viele
verschiedene Verwendungszwecke gibt, aber es sollte geregelt werden, wie die
Verletzung der Informationspflicht geahndet wird. Eine Möglichkeit wäre, in dem

horizontalen Instrument die Bedenkzeit bei Verletzung der Informationspflicht zu
verlängern. Eine weitere bestünde darin, eine solche Verlängerung der Bedenkzeit

Drucksache 16/5272 – 30 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

mit allgemeinen Rechtsbehelfen für die schwerwiegendsten Verletzungen der
Informationspflicht (z. B. keine Angaben über Preis und Anschrift der
Geschäftsperson) zu kombinieren.

Frage E: Welche vertraglichen Folgen sollten im Verbraucherrecht für die
Verletzung der Informationspflicht vorgesehen sein?

Option 1: Die Bedenkzeit würde als einheitlicher Rechtsbehelf bei der Verletzung
der Informationspflicht ausgeweitet werden, beispielsweise auf bis zu drei Monate.

Option 2: Bei Verletzungen der Informationspflicht könnte es je nach Art der
Information unterschiedliche Rechtsbehelfe geben: bei einigen Verstößen vor
Abschluss eines Vertrags könnten Rechtsbehelfe zum Zuge kommen (z. B. könnte
der Verbraucher das Recht haben, bei falschen Preisangaben für ein Produkt vom
Vertrag zurückzutreten), während andere Informationsversäumnisse anders
behandelt würden (z. B. durch eine Ausweitung der Bedenkzeit oder auch ohne
vertragliche Sanktionen).

Option 3: Status quo: Die Rechtsfolgen bei Verletzung der Informationspflicht
würden weiterhin für unterschiedliche Vertragsarten unterschiedlich geregelt.

4.8 Widerrufsrecht

4.8.1 Widerrufsfristen

Nach den Richtlinien über Timesharing, Haustürgeschäfte und Fernabsatz haben
Verbraucher das Recht, innerhalb einer Frist vom Vertrag zurückzutreten.
Beträchtliche Unterschiede gibt es in der Länge dieser Fristen sowie bei
Gültigkeitsbeginn und Berechnung dieser Zeiträume (Kalender- oder Arbeitstage).
Solche Unterschiede können für die Verbraucher verwirrend sein und bei
Überschneidungen von Richtlinien für Rechtsunsicherheit sorgen27.

Das horizontale Instrument könnte gemeinsame Regeln für die Zeiträume bei allen
Vertragsarten festlegen, für die ein Widerrufsrecht besteht, und somit für größere
Rechtssicherheit sorgen.

Alternativ dazu ließen sich die Richtlinien in zwei Kategorien mit unterschiedlichen
Widerrufsfristen einteilen. Dies wäre damit begründet, dass es für das Recht auf
Rücktritt je nach Richtlinie unterschiedliche Motive geben kann, beispielsweise, um
Verbrauchern zu erlauben, Preis und Qualität eines bei einem Haustürgeschäft
bestellten Produkts mit anderen Angeboten zu vergleichen oder, um Verbrauchern
die Möglichkeit zu geben, das im Fernabsatz bestellte Produkt zu sehen.

Unabhängig von der Wahl der Alternativen ist die Kommission der Auffassung, dass
alle Fristen einheitlich in Kalendertagen und nicht in Arbeitstagen berechnet werden
sollten, um die Rechtssicherheit zu erhöhen. Die Arbeitstage sind in den
27 Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache C-423/97 Travel Vac war die
Richtlinie über Haustürgeschäfte auf einen Timesharing-Vertrag anwendbar.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 31 – Drucksache 16/5272

Mitgliedstaaten unterschiedlich definiert, und nur in einem Land gültige nationale
Feiertage können bei Verbrauchern und Geschäften für Unsicherheit sorgen.

Frage F1: Sollte die Länge der Bedenkzeiten im gesamten gemeinschaftlichen
Verbraucherrecht harmonisiert werden?

Option 1: Es würde eine Bedenkzeit in allen Fällen geben, in denen Verbraucher
nach den Verbraucherrichtlinien zum Rücktritt von einem Vertrag berechtigt sind,
z. B. 14 Kalendertage.

Option 2: Die Richtlinien würden in zwei Kategorien mit einer eigenen Bedenkzeit
eingeteilt (z. B. 10 Kalendertage für Haustürgeschäfte und Fernabsatzverträge und
14 Kalendertage bei Timesharing-Verträgen).

Option 3: Status quo: Die Bedenkzeiten würden im gemeinschaftlichen
Verbraucherrecht nicht harmonisiert; dies würde in den bereichspezifischen
Rechtsvorschriften geschehen.

4.8.2 Modalitäten für die Wahrnehmung des Widerufsrechts

Die Modalitäten für die Wahrnehmung des Widerrufsrechts unterscheiden sich
derzeit im gemeinschaftlichen Verbraucherrecht. Unterschiede gibt es auch zwischen
den Mitgliedstaaten bei der Unsetzung der Richtlinien. In einigen Ländern ist es den
Verbrauchern überlassen, wie sie den Verkäufer verständigen (z. B. per E-Mail oder
durch Rücksendung der Ware), in anderen müssen sie ein bestimmtes Verfahren
einhalten, beispielsweise per Einschreiben. Eine Klärung der Regeln für die
Rückgabe der Ware könnte das Verbrauchervertrauen in grenzübergreifende
Geschäftsvorgänge erhöhen. Nach einer aktuellen Eurobarometer-Umfrage sind
65 % der Befragten beim Fernabsatz der Ansicht, dass es mehr Probleme mit der
Rückgabe einer Ware während der Bedenkzeit gibt, wenn sie in einem anderen Land
gekauft wurde.

Zur Klärung und Vereinfachung könnten die Bestimmungen über die Modalitäten
zur Wahrnehmung des Widerrufsrechts in dem horizontalen Instrument harmonisiert
werden.

Frage F2: Wie sollte das Widerrufsrecht ausgeübt werden?

Option 1: Status quo: Die Mitgliedstaaten bestimmen die Form der
Widerrufsankündigung.

Option 2: Es wird ein einheitliches Verfahren der Widerrufsankündigung
eingeführt, das für das gesamte gemeinschaftliche Verbraucherrecht gilt.

Option 3: Für die Ankündigung des Widerrufs gibt es keinerlei formale
Anforderungen. Verbraucher könnten dann in beliebiger Weise von Verträgen
zurücktreten (beispielsweise durch Rückgabe der Ware).

Drucksache 16/5272 – 32 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

4.8.3 Die Rechtsfolgen des Widerrufs

Wie sich ein Widerruf durch die Verbraucher auf Verträge auswirkt, ist im
gemeinschaftlichen Verbraucherschutzrecht je nach Vertragsart geregelt. In der
Richtlinie über Haustürgeschäfte heißt es lediglich, dass die Verbraucher durch die
Anzeige aus allen aus dem widerrufenen Vertrag erwachsenden Verpflichtungen
entlassen sind. Weitere Rechtsfolgen sind im nationalen Recht zu bestimmen. Nach
der Fernabsatz-Richtlinie hat der Lieferer die vom Verbraucher geleisteten
Zahlungen kostenlos zu erstatten, wenn dieser das Recht auf Widerruf ausübt, und
war so bald wie möglich und in jedem Fall jedoch binnen 30 Tagen. Die einzigen
Kosten, die dem Verbraucher auferlegt werden können, sind die unmittelbaren
Kosten der Rücksendung der Waren.

Das horizontale Instrument könnte die Bestimmungen über die Rechtsfolgen des
Widerrufs harmonisieren. Die Regel, dass Verbrauchern keinerlei Kosten entstehen
sollten, wenn sie von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch machen, könnte deutlicher
gefasst und verallgemeinert werden; gleichzeitig könnte den Mitgliedstaaten die
Option entzogen werden, von den Verbrauchern Gebühren im Falle eines Widerrufs
zu verlangen. Zudem könnte im horizontalen Instrument eine allgemeine Frist
festgelegt werden, in der die Geschäftsperson dem Verbraucher, der von seinem
Widerrufsrecht Gebrauch macht, geleistete Zahlungen erstattet, wie dies derzeit bei
Fernabsatzverträgen der Fall ist.

Frage F3: Welche Kosten sollten den Verbrauchern bei einem Rücktritt
auferlegt werden?

Option 1: Die in den geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Optionen werden
gestrichen – Verbrauchern würden dann bei Wahrnehmung ihres Widerrufsrechts
keinerlei Kosten entstehen.

Option 2: Die bestehenden Optionen würden verallgemeinert – den Verbrauchern
würden dann unabhängig von der Vertragsart dieselben Kosten bei der
Wahrnehmung des Widerrufsrechts entstehen.

Option 3: Status quo: Die Optionen in den geltenden Rechtsvorschriften würden
beibehalten.

4.9 Allgemeine vertragliche Rechtsbehelfe

Im gemeinschaftlichen Verbraucherrecht fehlen allgemeine Rechtsbehelfe für
Verbraucher, die für alle Verbraucherverträge gelten. Die bestehenden Rechtsbehelfe
sind auf bestimmte Vertragsarten beschränkt. In der Richtlinie über
Verbrauchsgüterkauf beispielsweise sind einige Rechtsbehelfe vorgesehen, aber
diese gelten nicht für alle Verbraucherverträge. Das Fehlen allgemeiner
Rechtsbehelfe auf EU-Ebene sorgt für eine Lücke im Verbraucherschutz.

Nach einer aktuellen Eurobarometer-Umfrage finden es 71 % der Verbraucher
schwieriger, im Falle von beispielsweise Beschwerden, Rückgaben, Preisnachlässen
und Garantien Unstimmigkeiten zu klären, wenn die Ware in einem anderen Land

eingekauft wurde. Gemeinsame, EU-weit gültige Rechtsbehelfe in einem
horizontalen Instrument könnten dazu beitragen, dieses Problem anzugehen. Dies

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 33 – Drucksache 16/5272

würde Verbrauchern allerdings nicht helfen, die ihre Rechte gegen eine im Ausland
lebende Person durchsetzen wollen. Preisnachlässe und Vertragsauflösungen könnten
als allgemein anwendbare Rechtsbehelfe ausgelegt werden. Denkbar wäre auch eine
Klausel über ein allgemeines Recht, Leistungen im Fall eines Vertragsbruchs
auszusetzen. Falls der Verbraucher seinen Verpflichtungen (üblicherweise Zahlung
des Preises) noch nicht nachgekommen ist, könnte die vertragsbrüchige
Geschäftsperson seine Ansprüche beim Verbraucher erst wieder dann durchsetzen,
wenn ihrerseits der Vertrag eingehalten wird.

Frage G1: Sollte das horizontale Instrument allgemeine vertragliche
Rechtsbehelfe für die Verbraucher enthalten?

Option 1: Status quo: Nach den geltenden Vorschriften sind Rechtsbehelfe auf
bestimmte Vertragsarten (z. B. Verkaufsverträge) beschränkt. Die allgemeinen
vertraglichen Rechtsbehelfe würden im nationalen Recht geregelt.

Option 2: Es würden allgemeine vertragliche Rechtsbehelfe für Verbraucher bei
Bruch jeder Art von Verbrauchervertrag zur Verfügung stehen. Zu diesen
Rechtsbehelfen würde beispielsweise das Recht eines Verbrauchers zählen, den
Vertrag zu beenden, einen Preisnachlass zu fordern oder eine Leistung auszusetzen.

4.10 Allgemeines Recht auf Schadenersatz

Zusätzlich zu dem Recht auf Aussetzung einer Leistung und dem Recht auf
Preisnachlass und Vertragskündigung könnte in dem horizontalen Instrument ein
allgemeines Recht auf Schadenersatz bei Vertragsbruch vorgesehen werden. Derzeit
ist die Schadensfrage im gemeinschaftlichen Verbraucherrecht nicht geregelt, mit
Ausnahme der Richtlinie über Pauschalreisen. Der Zusammenhang zwischen
nationalen Entschädigungsbestimmungen und den in den einzelnen Richtlinien
vorgesehenen Rechtsbehelfen ist unklar. Verschiedene Lösungen sind möglich.
Denkbar wäre die Einführung eines einfachen, allgemeinen Rechts auf
Entschädigung der Verbraucher, oder aber einer ausführlicheren Formulierung,
wonach nur rein wirtschaftliche Schäden oder sowohl wirtschaftliche als auch
moralische Verluste wie in der Pauschalreisen-Richtlinie abgedeckt sind.

Frage G2: Sollten die Verbraucher in dem horizontalen Instrument ein
allgemeines Recht auf Schadenersatz bei Vertragsbruch erhalten?

Option 1: Status quo – Die Frage vertraglicher Schäden würden durch
einzelstaatliche Gesetze geregelt, wenn dies im gemeinschaftlichen
Verbraucherrecht nicht berücksichtigt ist (z. B. bei Pauschalreisen).

Option 2: Es würde ein allgemeines Recht der Verbraucher auf Schadenersatz
vorgesehen – sie könnten damit unabhängig von der Art des Vertragsbruchs und
des Vertrags selbst Schadenersatz für alle Vertragsbrüche fordern. Es bliebe den
Mitgliedstaaten überlassen, welche Art von Schäden ersetzt werden könnten.

Option 3: Es würde ein allgemeines Recht der Verbraucher auf Schadenersatz
vorgesehen und es würde klargestellt, dass solche Schäden mindestens die rein

wirtschaftlichen (materiellen) Schäden des Verbrauchers aus dem Vertragsbruch
abdecken. Es bliebe dann den Mitgliedstaaten überlassen, ob sie auch eine

Drucksache 16/5272 – 34 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Regelung für nichtwirtschaftliche Schäden (z. B. moralische Schäden) treffen
wollen.

Option 4: Es würde ein allgemeines Recht der Verbraucher auf Schadenersatz
eingeführt und es würde klargestellt, dass diese Schäden sowohl rein
wirtschaftliche (materielle) Schäden als auch moralische Verluste abdecken.

5. Besondere Regeln für den Verbrauchsgüterkauf

5.1 Betroffene Vertragsarten

Die Richtlinie über Verbrauchsgüterkauf gilt für Verkaufsverträge. Sie gilt nicht für
andere Vertragsarten über die Lieferung von Waren, mit Ausnahme von für eine
spätere Herstellung benötigten Waren. Verbraucher, die ein Auto mieten, sind von
den Bestimmungen nicht abgedeckt. Dies gilt auch für Verbraucher, die Musik aus
dem Internet herunterladen, da digitale Inhalte nicht Gegenstand der Richtlinie sind.
Hier ist eine mögliche Verbraucherschutzlücke. Wenn das horizontale Instrument
diese Vertragsarten abdeckt, würden die Verbraucher denselben Schutz bei fehlender
Vertragsmäßigkeit genießen, unabhängig von der Rechtsnatur des Vertrags.

Das die Bereitstellung von Software und Daten nicht erfasst sind, ist ein besonders
großes Problem. Mit zunehmendem Verbrauch digitaler Inhalte werden Fragen der
Haftung (z. B. wenn Software Hardware beschädigt) und Garantie bei Schäden an
Bedeutung zunehmen. Mehrere Verbraucherbeschwerden deuten beispielsweise
darauf hin, dass es Probleme gibt mit Musik, die aus dem Internet heruntergeladen
oder in MP3-Spielern abgespielt wird, sowie mit Software und digitalen Inhalten, die
für Handys gekauft werden (z. B. Klingeltöne). Eine Ausweitung der
Verbraucherschutzbestimmungen auf solche Situationen würde den Verbrauchern die
Möglichkeit bieten, Rechtsbehelfe wegen fehlender Vertragsmäßigkeit in Anspruch
zu nehmen und Schadenersatz zu erhalten. Eine Ausweitung des Geltungsbereichs
der Richtlinie in diesem Sinne verlangt jedoch spezifische Regeln, da der
Verbraucher gewöhnlich nicht die Software, sondern nur eine Lizenz kauft.

Frage H1: Sollten die Bestimmungen über den Verbrauchsgüterkauf auch für
andere Vertragsarten gelten, unter denen Verbraucher Waren erhalten oder
digitale Inhalte beziehen?

Option 1: Status quo: Der Geltungsbereich wäre auf den Verkauf von
Verbrauchsgütern beschränkt, mit der einzigen Ausnahme von Waren, die noch
produziert werden müssen.

Option 2: Der Geltungsbereich würde auf andere Vertragsarten ausgeweitet, unter
denen Güter an Verbraucher abgegeben werden (z. B. Autovermietung).

Option 3: Der Geltungsbereich würde auf andere Vertragsarten ausgeweitet, unter
denen Verbraucher digitale Inhalte beziehen (z. B. Musik aus dem Internet).

Option 4: Kombination von Option 2 und 3.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 35 – Drucksache 16/5272

5.2 Gebrauchte Güter, die in einer öffentlichen Versteigerung verkauft werden

Nach Artikel 1 Absatz 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie können die
Mitgliedstaaten festlegen, dass unter Verbrauchsgütern „keine gebrauchten Güter zu
verstehen sind, die in einer öffentlichen Versteigerung verkauft werden, bei der die
Verbraucher die Möglichkeit haben, dem Verkauf persönlich beizuwohnen“. Diese
Ausnahme ist für Unternehmen wie für Verbraucher eine Quelle der
Rechtsunsicherheit. In einem horizontalen Rechtsinstrument könnte der Begriff
„öffentliche Versteigerung“ definiert und damit diese Rechtsunsicherheit beseitigt
werden; für Online-Auktionen könnte sich jedoch ein anderer, speziell auf diese
Versteigerungen zugeschnittener Ansatz als notwendig erweisen.

Frage H2: Sollte das Verbraucherkaufrecht für gebrauchte Güter gelten, die
in einer öffentlichen Versteigerung verkauft werden?

Option 1: Ja.

Option 2: Nein, sie sollen nicht in den Geltungsbereich des Gemeinschaftsrechts
fallen.

5.3 Allgemeine Pflichten des Verkäufers – Lieferung und Vertragsmäßigkeit der Güter

Eine Eurobarometer-Umfrage hat kürzlich ergeben, dass 66 % der Verbraucher die
Lieferung bei Käufen im EU-Ausland für problematischer halten als im Inland. Die
Einführung von Rechtsvorschriften für die Lieferung dürfte für mehr
Rechtssicherheit sorgen und auf diese Weise das Vertrauen der Verbraucher stärken.

Nach der Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf müssen die vom Verkäufer
gelieferten Güter vertragsgemäß sein. Der Begriff der Lieferung wird jedoch nicht
definiert. Dies stellt ein Problem dar, da ab dem Zeitpunkt der Lieferung die Fristen
für die Ausübung der wesentlichen Verbraucherrechte – z. B. für die Beanstandung
der Vertragsmäßigkeit – laufen. Der Lieferungsbegriff ist auch für den
Gefahrübergang von Bedeutung28.

Die Richtlinie sieht keine Abhilfe für den Fall vor, dass die Ware überhaupt nicht, zu
spät oder nur zum Teil geliefert wird. Die Regelung solcher Fälle würde eine
Definition der Lieferung voraussetzen.

In dem horizontalen Rechtsinstrument könnte klargestellt werden, ob „Lieferung“
bedeutet, dass der Verbraucher die Güter tatsächlich erhalten hat (d. h. dass der
Verbraucher in den Besitz der Sache gelangt ist, z. B. durch Abholung des bestellten
Wagens beim Händler) oder ob es ausreicht, dass die Güter dem Verbraucher zur
Verfügung gestellt werden (d. h. der Händler teilt dem Verbraucher mit, dass der
bestellte Wagen bei ihm angekommen ist und abgeholt werden kann). Im
horizontalen Rechtsinstrument könnte auch vorgesehen werden, dass im Regelfall
von einer Lieferung dann auszugehen ist, wenn der Verbraucher tatsächlich in den
Besitz der Sache gelangt. Den Vertragsparteien bliebe es dann freigestellt, etwas
anderes zu vereinbaren.
28 Siehe Punkt 5.5 dieses Anhangs.

Drucksache 16/5272 – 36 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Frage I1: Wie sollte der Begriff „Lieferung“ definiert werden?

Option 1: Der Begriff sollte in dem Sinne definiert werden, dass der Verbraucher
die Güter tatsächlich erhält (d. h. dass die Güter ihm übergeben werden).

Option 2: Der Begriff sollte in dem Sinne definiert werden, dass die Güter dem
Verbraucher zu einem vertraglich bestimmten Zeitpunkt an einem vertraglich
festgelegten Ort zur Verfügung gestellt werden.

Option 3: Der Begriff sollte in dem Sinne definiert werden, dass der Verbraucher in
der Regel tatsächlich in den Besitz der Güter gelangt, sofern die Vertragsparteien
nichts anderes vereinbaren.

Option 4: Status Quo: keine Definition des Begriffes.

5.4 Gefahrübergang beim Kauf von Verbrauchsgütern

Mit dem Problem der Definition des Lieferungsbegriffes verknüpft ist die Frage, ob
in dem horizontalen Rechtsinstrument der Gefahrübergang geregelt werden sollte,
also die Frage, ab wann die Gefahr einer Verschlechterung oder des Untergangs
eines Verbrauchsgutes vom Verkäufer auf den Verbraucher übergeht und der
Verbraucher die entsprechenden Kosten zu tragen hat, z. B. wenn die Sache auf dem
Weg vom Verkäufer zum Verbraucher beschädigt oder zerstört wird. Derzeit gibt es
in den Mitgliedstaaten unterschiedliche Regelungen. In einigen Mitgliedstaaten geht
die Gefahr beim Abschluss des Vertrages auf den Käufer über, während in anderen
das Eigentum nicht beim Abschluss des Kaufvertrages, sondern erst bei der
Lieferung übergeht.

Der Gefahrübergang könnte mit dem Zeitpunkt der Lieferung verknüpft werden. Je
nachdem, wie man die Lieferung definiert, könnte dies der Zeitpunkt sein, an dem
der Käufer physisch in den Besitz der Sache gelangt; möglich wäre aber auch ein
früherer Zeitpunkt.

Frage I2: Wie sollte der Gefahrübergang bei Verbrauchsgüterkäufen geregelt
werden?

Option 1: Der Gefahrübergang sollte auf Gemeinschaftsebene geregelt und mit dem
Zeitpunkt der Lieferung verknüpft werden.

Option 2: Status Quo: Der Gefahrübergang sollte von den Mitgliedstaaten geregelt
werden mit der Folge, dass Unterschiede bestehen bleiben.

5.5 Vertragsmäßigkeit der Güter

5.5.1 Einleitung

Die Verpflichtung des Verkäufers zur vertragsgemäßen Lieferung bildet das
Fundament der Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf. Die Richtlinie beruht auf
der Vermutung, dass Verbrauchsgüter vertragsgemäß sind, wenn sie eine Reihe von

Voraussetzungen erfüllen, die ein Kaufvertrag implizit beinhaltet (z. B. dass sich die

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 37 – Drucksache 16/5272

Güter für den Verwendungszweck eignen, für den Güter dieser Art normalerweise
gedacht sind).

5.5.2 Ausdehnung der Fristen

Nach der Richtlinie haftet der Verkäufer für jeden Mangel, der zur Zeit der Lieferung
bereits bestand und innerhalb von zwei Jahren nach diesem Zeitpunkt offenbar wird
(Gewährleistung). Die Richtlinie sieht keine Aussetzung oder Unterbrechung der
zweijährigen Frist im Falle einer Reparatur oder Ersatzlieferung oder von
Verhandlungen zwischen Verkäufer und Verbraucher vor. Einige Mitgliedstaaten
haben spezielle Vorschriften eingeführt, wonach der Verkäufer in der Zeit haftet, in
der er sich um die Beseitigung des Mangels bemüht; in anderen Mitgliedstaaten gibt
es keine derartigen Vorschriften. So haben sich erhebliche Unterschiede zwischen
den nationalen Regelungen ergeben, die den grenzüberschreitenden Handel
behindern. Ein horizontales Rechtsinstrument könnte vorsehen, dass die
Gewährleistung in der Zeit fortbesteht, in der der Verbraucher die Ware nicht nutzen
konnte, weil versucht wurde, einen Mangel zu beseitigen.

Frage J1: Sollte das horizontale Rechtsinstrument im Fall einer
Vertragswidrigkeit eine Ausdehnung der betreffenden Fristen um die
Zeitspanne vorsehen, in der versucht wurde, einen Mangel zu beseitigen?

Option 1: Status Quo: keine Änderung.

Option 2: Ja. Das horizontale Rechtsinstrument sollte vorsehen, dass die
Gewährleistungspflicht um die Zeitspanne verlängert wird, in der der Verbraucher
die Güter wegen des Versuchs einer Mängelbeseitigung nicht nutzen konnte.

5.5.3 Wiederkehrende Mängel

Es kommt vor, dass Mängel, die bereits innerhalb der Zweijahresfrist ab Lieferung
offenbar geworden sind, nach Ablauf der Gewährleistung trotz erfolgter Reparatur
erneut auftreten. In diesen Fällen muss der Verbraucher eine Ware behalten, die
bereits im Zeitpunkt der Lieferung mangelhaft war, und jede weitere Reparatur selbst
bezahlen. Einige Mitgliedstaaten haben spezielle Vorschriften für solche
wiederkehrenden Mängel eingeführt.

Ein horizontales Rechtsinstrument könnte vorsehen, dass sich die Frist jedes Mal,
wenn der Verkäufer die Ware während der Gewährleistungsfrist repariert, im
Hinblick auf diesen Mangel automatisch um eine noch festzulegende Frist verlängert,
in denen er die Gewährleistung für eine erneute Reparatur übernehmen muss.
Wiederkehrende Mängel könnten auch für andere Abhilfemöglichkeiten relevant
sein; so könnten sie unter Umständen den Anspruch des Verbrauchers auf
Ersatzlieferung (statt einer weiteren Reparatur) begründen.

Frage J2: Sollte die Gewährleistungsfrist bei einer Reparatur der Ware
automatisch ausgedehnt werden, so dass wiederholte Reparaturen wegen
desselben Mangels abgedeckt sind?
Option 1: Status Quo: Die Gewährleistungsfrist sollte nicht ausgedehnt werden.

Drucksache 16/5272 – 38 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Option 2: Die Gewährleistungsfrist sollte nach der Reparatur um eine noch
festzulegende Frist verlängert werden, damit etwaige weitere Reparaturen wegen
desselben Mangels abgedeckt sind.

5.5.4 Gebrauchte Güter

Die Mitgliedstaaten können im Fall gebrauchter Güter derzeit vorsehen, dass der
Verkäufer und der Verbraucher sich auf eine kürzere Gewährleistungsfrist einigen
können, die jedoch nicht kürzer als ein Jahr sein darf. Unterschiedliche Bedingungen
in den einzelnen Mitgliedstaaten führen zu Rechtsunsicherheit.

Diese könnte durch Abschaffung der Möglichkeit einer Einigung zwischen
Verkäufer und Verbraucher auf eine kürzere Gewährleistungsfrist beseitigt werden.
Für die Gewerbetreibenden wäre dies keine unverhältnismäßige Belastung, da sie nur
für diejenigen Mängel haften würden, die bereits im Zeitpunkt der Lieferung
bestanden29.

Eine andere Option würde darin bestehen, in ganz Europa die Vereinbarung einer
kürzeren Frist für die Gewährleistung des Verkäufers bei Vertragswidrigkeit zu
erlauben.

Frage J3: Sollte es spezielle Vorschriften für gebrauchte Güter geben?

Option 1: Ein horizontales Rechtsinstrument sollte für gebrauchte Güter keine
Ausnahme vorsehen: Verkäufer und Verbraucher könnten dann für Mängel bei
gebrauchten Gütern keine kürzere Gewährleistungsfrist vereinbaren.

Option 2: Ein horizontales Rechtsinstrument sollte spezielle Vorschriften für
gebrauchte Güter enthalten: Verkäufer und Verbraucher sollten für Mängel bei
gebrauchten Gütern eine kürzere Gewährleistungsfrist vereinbaren können (die aber
ein Jahr nicht unterschreiten darf).

5.6 Beweislast

Die Richtlinie stellt eine widerlegbare Vermutung des Inhalts auf, dass jeder Mangel,
der innerhalb von sechs Monaten nach der Lieferung offenbar wird, bereits zur Zeit
der Lieferung bestand. Diese Vermutung greift nur dann nicht, wenn sie mit der Art
des Gutes oder der Art der Vertragswidrigkeit unvereinbar ist.

Der Kommission wurde von Schwierigkeiten bei der Anwendung dieser
widerlegbaren Vermutung berichtet, die nur gilt, wenn sie mit der Art des Gutes oder
der Art des Mangels vereinbar ist. Nach Ablauf dieser sechs Monate hat der
Verbraucher eine Tatsache (das Vorhandensein eines Mangels zum Zeitpunkt der
Lieferung) zu beweisen, die sich ohne Zugang zu den relevanten technischen Daten
und/oder die Unterstützung von Fachleuten äußerst schwer nachweisen lässt. Selbst

29 Außerdem gilt – wie im Folgenden erläutert wird – die Vermutung, dass Mängel, die innerhalb von
sechs Monaten nach der Lieferung offenbar werden, bereits bei der Lieferung bestanden, nur dann,

wenn sie nicht unvereinbar ist mit der Art des Gutes oder der Art der Vertragswidrigkeit. Diese
Regelung stellt sicher, dass in angemessener Weise zwischen gebrauchten Gütern und neuen Gütern
unterschieden wird.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 39 – Drucksache 16/5272

in den ersten sechs Monaten ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob der Verbraucher
sich tatsächlich auf die Vermutung berufen und von der Beweislastumkehr
profitieren kann. Auf diese Weise wirkt die Beweisleistumkehr de facto als
Einschränkung der Gewährleistung30.

Die Kommission fragt sich, ob diese Regelung nicht geändert werden sollte. Ein
horizontales Rechtsinstrument könnte vorsehen, dass der Verkäufer – sofern der
Verbraucher in gutem Glauben ist – beweisen muss, dass der Mangel zum Zeitpunkt
der Lieferung nicht vorhanden war, denn er kann sich die relevanten Informationen
leichter beschaffen (indem er sich beispielsweise beim Hersteller erkundigt). Die
Beweislastumkehr ist aber in jedem Fall nur dann anwendbar, wenn sie mit der Art
des Gutes oder der Art des Mangels vereinbar ist. Der Verkäufer könnte daher in
Fällen normaler Abnutzung der Beweislastumkehr nach wie vor entgehen.

Frage J4: Wer sollte die Beweislast dafür tragen, dass ein Mangel bereits zum
Zeitpunkt der Lieferung vorhanden war?

Option 1: Status Quo: In den ersten sechs Monaten hat der Verkäufer
nachzuweisen, dass der Mangel zum Zeitpunkt der Lieferung noch nicht vorhanden
war.

Option 2: Der Verkäufer sollte während der gesamten Dauer der
Gewährleistungsfrist nachweisen, dass der Mangel zum Zeitpunkt der Lieferung
noch nicht vorhanden war, sofern dies mit der Art des Gutes und des Mangels
vereinbar ist.

5.7 Abhilfemöglichkeiten

5.7.1 Einleitung

Bei Verbrauchsgüterkäufen sollen die Abhilfemöglichkeiten dafür sorgen, dass die
sich aus dem Vertrag ergebenden berechtigten Erwartungen der Verbraucher erfüllt
werden. Die Richtlinie sieht allerdings Abhilfemöglichkeiten nur bei
Vertragswidrigkeit und nicht bei anderen Leistungsstörungen vor, z. B. wenn die
Güter überhaupt nicht geliefert werden. Die Verbraucher halten die derzeitige
Regelung für unbefriedigend. Circa 70 % der Verbraucher sagen, bei
grenzüberschreitenden Käufen gestalte sich die Problemlösung (z. B. durch
Umtausch oder Minderung des Preises) schwieriger als im Inland.

Wie in Punkt 4.9 dieses Anhangs ausgeführt, könnte das horizontale Instrument
einige allgemeine Abhilfemöglichkeiten vorsehen, die bei allen Leistungsstörungen
im Zusammenhang mit Verbraucherverträgen greifen würden. Die übrigen, speziell
auf den Kauf zugeschnittenen Abhilfemöglichkeiten (Nachbesserung und
Ersatzlieferung) könnten dann fortbestehen, wären allerdings auf den Fall der
Vertragswidrigkeit der Güter beschränkt.

5.7.2 Reihenfolge der Geltendmachung von Abhilfeansprüchen

30
So werden die Verbraucher in einigen Mitgliedstaaten nach Ablauf der Sechsmonatsfrist von den
Verkäufern gezwungen, das Vorhandensein des Mangels zur Zeit der Lieferung durch Vorlage teurer
Gutachten nachzuweisen.

Drucksache 16/5272 – 40 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Derzeit sieht die Richtlinie vor, dass Abhilfeansprüche in einer bestimmten
Reihenfolge geltend gemacht werden müssen. Eine Minderung des Kaufpreises oder
eine Vertragsauflösung kann der Verbraucher nur verlangen, wenn eine
Nachbesserung oder Ersatzlieferung unmöglich oder unverhältnismäßig ist. Nach
Erkenntnissen der Kommission ist es für die Verbraucher schwer zu beurteilen, ob
die Behauptung des Verkäufers, eine bestimmte Art der Abhilfe sei
unverhältnismäßig, zutrifft oder nicht.

Ein horizontales Rechtsinstrument könnte es den Verbrauchern erlauben, bei
Schlechterfüllung frei zwischen den vorhandenen Abhilfemöglichkeiten zu wählen.
Um die Verkäufer jedoch wirtschaftlich nicht zu stark zu belasten, sollte die
Vertragsauflösung nur bei Nichterfüllung oder sonstigen Leistungsstörungen möglich
sein, die so schwerwiegend sind, dass sie den Verbraucher zur Ablehnung der
ordnungsgemäßen Vertragserfüllung berechtigen.

Im horizontalen Rechtsinstrument könnte jedoch auch die derzeitige Abfolge der
Abhilfeansprüche mit einigen Änderungen beibehalten werden. So könnte der
Verbraucher beispielsweise nach der neuen Regelung eine Preisminderung
unmittelbar als Alternative zu Nachbesserung oder Ersatzlieferung verlangen;
gleichzeitig könnten die Bedingungen geändert werden, unter denen er anstelle dieser
vorrangigen Ansprüche die Vertragsauflösung geltend machen kann (z. B. bei
wiederkehrenden Mängeln).

Frage K1: Sollte der Verbraucher zwischen den verfügbaren
Abhilfemöglichkeiten frei wählen können?

Option 1: Status Quo: Die Verbraucher sollten zunächst eine
Nachbesserung/Ersatzlieferung verlangen müssen; nur wenn dies nicht möglich ist,
können sie eine Preisminderung oder Vertragsauflösung verlangen.

Option 2: Die Verbraucher könnten von Anfang an jede Art der Abhilfe verlangen.
Die Vertragsauflösung wäre allerdings nur unter bestimmten Bedingungen
möglich.

Option 3: Die Verbraucher müssten zunächst eine
Nachbesserung/Ersatzlieferung/Preisminderung verlangen; eine Vertragsauflösung
käme jedoch nur in Frage, wenn keine andere Abhilfe möglich ist.

5.8 Mitteilung der Vertragswidrigkeit

Nach der Richtlinie können die Mitgliedstaaten bestimmen, dass der Verbraucher
den Verkäufer zur Inanspruchnahme seiner Rechte über die Vertragswidrigkeit
binnen zwei Monaten nach dem Zeitpunkt, zu dem er die Vertragswidrigkeit
festgestellt hat, unterrichten muss. Die meisten Mitgliedstaaten haben von dieser
Möglichkeit Gebrauch gemacht; in einigen Mitgliedstaaten entfällt diese Pflicht nur
unter bestimmten Umständen. Im horizontalen Rechtsinstrument sollten die
derzeitigen Unterschiede beseitigt werden, die für Verbraucher und Unternehmen
verwirrend sind.
Frage K2: Sollten die Verbraucher den Verkäufer über die Vertragswidrigkeit
unterrichten müssen?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41 – Drucksache 16/5272

Option 1: Einführung einer Pflicht zur Unterrichtung des Verkäufers über jede
Vertragswidrigkeit.

Option 2: Einführung einer Pflicht zur Unterrichtung des Verkäufers unter
bestimmten Umständen (z. B. wenn der Verkäufer gegen das Gebot von Treu und
Glauben verstoßen oder grob fahrlässig gehandelt hat).

Option 3: Abschaffung der Pflicht zur Unterrichtung innerhalb einer bestimmten
Frist.

5.9 Unmittelbare Produzentenhaftung bei Vertragswidrigkeit

Eine Reihe von Mitgliedstaaten haben verschiedene Formen der unmittelbaren
Haftung des Herstellers eingeführt. Diese Haftungsregelungen unterscheiden sich
hinsichtlich der Bedingungen und Modalitäten erheblich. Das horizontale
Rechtsinstrument könnte diese Unterschiede durch Einführung von Bestimmungen
über die unmittelbare Haftung des Herstellers beseitigen (z. B. durch Einführung
einer EU-weiten Produzentenhaftung), so dass die Verbraucher bestimmte
Ansprüche innerhalb der gesamten EU unmittelbar gegen den Hersteller (und
möglicherweise gegen den Importeur) geltend machen könnten. Dadurch würden
etwaige Binnenmarkthemmnisse beseitigt und insbesondere diejenigen Verbraucher
besser gestellt, die grenzüberschreitend einkaufen. Eine detailliertere Analyse dieser
Problematik enthält der Bericht über die Durchführung der Richtlinie über den
Verbrauchsgüterkauf.

Die Frage der Produzentenhaftung beschränkt sich im Rahmen der Überprüfung des
Besitzstands auf Fälle, in denen eine Ware nicht dem Verbrauchervertrag entspricht,
z. B. wenn das Produkt nicht die Qualität oder die Merkmale aufweist, die der
Verbraucher erwarten darf. Die Haftung für Schäden, die durch Mängel eines
Produkts verursacht werden (z. B. Tod, Verletzungen oder Beschädigung einer
anderen Sache als des betreffenden Produkts selbst) ist in der Richtlinie über die
Produkthaftung geregelt und ist daher nicht Gegenstand dieser Überprüfung31.

Frage L: Sollte das horizontale Rechtsinstrument eine unmittelbare Haftung
des Herstellers bei Vertragswidrigkeit vorsehen?

Option 1: Status Quo: keine Einführung einer unmittelbaren Produzentenhaftung
auf EU-Ebene.

Option 2: Einführung einer unmittelbaren Produzentenhaftung unter den oben
beschriebenen Bedingungen.

5.10 Verbrauchsgütergarantien (kommerzielle Garantien)

Mitunter gewähren Verkäufer oder Hersteller den Verbrauchern über die ihnen
gesetzlich zustehenden Rechte hinaus freiwillig weitere Rechte (und übernehmen
somit eine sogenannte kommerzielle Garantie). So können sie beispielsweise den
31 Richtlinie 85/374/EWG des Rates vom 25. Juli 1985 zur Angleichung der Rechts- und
Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte.

Drucksache 16/5272 – 42 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Verbrauchern gewisse Rechte für den Fall zuerkennen, dass die Güter die in der
Garantie oder in der Werbung zugesicherten Eigenschaften nicht aufweisen.

5.10.1 Inhalt der kommerziellen Garantie

In der Richtlinie ist nicht geregelt, was geschieht, wenn der Verbraucher in der
Garantieerklärung nicht über den Inhalt der Garantie informiert wird. Es wurde
festgestellt, dass Verbraucher mitunter dadurch getäuscht werden, dass sie sich auf
vage Angaben verlassen, ohne genauer nachzuprüfen, ob die Garantie ihnen wirklich
zusätzliche Rechte gewährt.

Ein horizontales Rechtsinstrument könnte die Situation dadurch verbessern, dass ein
bestimmter Inhalt einer Garantie mit gewissen grundlegenden Rechten
vorgeschrieben wird, die dem Kunden auch dann zustehen müssen, wenn sie im
Garantieschein nicht angegeben sind. Dazu könnte ein Anspruch auf Ersatz oder
Nachbesserung für den Fall gehören, dass die Güter nicht dem Vertrag entsprechen.
Ist die Dauer der kommerziellen Garantie nicht angegeben, so könnte von der
voraussichtlichen Lebensdauer der Güter ausgegangen werden. Die Garantie müsste
EU-weit gelten. Schließlich müsste der Garantiegeber die Kosten für die
Geltendmachung der Garantie und die Erbringung der Garantieleistungen
übernehmen.

Frage M1: Sollte ein horizontales Rechtsinstrument regeln, welchen Inhalt
eine kommerzielle Garantie haben sollte, falls dieser nicht festgelegt ist?

Option 1: Status Quo: Das horizontale Rechtsinstrument sollte keine
Auffangregelung enthalten.

Option 2: Einführung einer Auffangregelung für kommerzielle Garantien.

5.10.2 Übertragbarkeit einer kommerziellen Garantie

In der Richtlinie ist nicht geregelt, ob eine kommerzielle Garantie beim
Weiterverkauf auf andere Käufer übertragen werden kann. Diese Frage ist sowohl für
Verbraucher wichtig, die ein Produkt weiterverkaufen wollen, als auch für spätere
Käufer, die insbesondere bei grenzüberschreitenden Käufen Wert auf die Fortgeltung
der kommerziellen Garantie legen.

Das horizontale Rechtsinstrument könnte für diesen Fall vorsehen, dass eine Garantie
auch späteren Käufern des Produkts zugute kommen muss. Eine solche Regelung
könnte zwingend oder abdingbar sein (d. h. der Verkäufer könnte die Übertragbarkeit
der Garantie unter bestimmten Umständen einschränken).

Frage M2: Sollte ein horizontales Rechtsinstrument die Übertragbarkeit einer
kommerziellen Garantie regeln?

Option 1: Status Quo: keine gemeinschaftsrechtliche Regelung der Frage, ob eine
kommerzielle Garantie übertragen werden kann.

Option 2: Einführung einer zwingenden Bestimmung, wonach die Garantie

automatisch auf spätere Käufer übergeht.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 43 – Drucksache 16/5272

Option 3: Das horizontale Rechtsinstrument könnte die Übertragbarkeit der
Garantie im Regelfall vorsehen, d. h. der Garantiegeber könnte die Übertragbarkeit
einer kommerziellen Garantie ausschließen oder einschränken.

5.10.3 Kommerzielle Garantien, die sich auf bestimmte Teile beziehen

Bei komplexen Produkten (z. B. Kraftfahrzeugen) übernehmen die Hersteller
mitunter kommerzielle Garantien, die auf bestimmte Teile beschränkt sind. Das
horizontale Rechtsinstrument könnte sicherstellen, dass die Verbraucher
unmissverständlich darüber informiert werden, auf welche Teile sich eine bestimmte
Garantie bezieht. Anderenfalls wäre die Einschränkung unwirksam.

Frage M3: Sollte das horizontale Rechtsinstrument eine Regelung für
kommerzielle Garantien enthalten, die auf bestimmte Teile beschränkt sind?

Option 1: Status Quo: Kommerzielle Garantien, die sich auf bestimmte Teile
beziehen, sollten im horizontalen Rechtsinstrument nicht geregelt werden.

Option 2: Das horizontale Rechtsinstrument sollte lediglich eine
Informationspflicht vorsehen.

Option 3: Das horizontale Rechtsinstrument sollte eine Informationspflicht
vorsehen und bestimmen, dass sich die Garantie auf das gesamte Produkt bezieht,
sofern nichts anderes angegeben ist.

6. Sonstige Fragen

Dieses Papier soll interessierten Kreisen Gelegenheit geben, sich zu einer Reihe von
Fragen zu äußern, die im Rahmen der Überprüfung des gemeinschaftlichen
Besitzstands im Bereich des Verbraucherschutzes als wichtig erkannt worden sind.
Weitere Informationen und Anregungen zu anderen Fragen, die sich thematisch in
dieser Überprüfung einfügen, nimmt die Kommission gerne entgegen.

Frage N: Gibt es andere Fragen(komplexe), die im Rahmen der Überprüfung
des Verbraucherrechts auf EU-Ebene untersucht oder gelöst werden sollten?

Drucksache 16/5272 – 44 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

ANHANG II

ÜBERPRÜFTE VERBRAUCHERSCHUTZRICHTLINIEN

Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz
im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, ABl. L 372 vom
31.12.1985, S. 31.

Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen, ABl. L 158 vom
23.6.1990, S. 59.

Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in
Verbraucherverträgen, ABl. L 95 vom 21.4.1993, S. 29.

Richtlinie 94/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 1994 zum
Schutz der Erwerber im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Verträgen über den Erwerb von
Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien, ABl. L 280 vom 29.10.1994, S. 83.

Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den
Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz, ABl. L 144 vom 4.6.1997, S. 19.

Richtlinie 98/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über
den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse,
ABl. L 80 vom 18.3.1998, S. 27.

Richtlinie 98/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 1998 über
Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen, ABl. L 166 vom 11.6.1998, S.
51.

Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu
bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter, ABl.
L 171 vom 7.7.1999, S. 12.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 45 – Drucksache 16/5272

Drucksache 16/5272 – 46 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 47 – Drucksache 16/5272

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