BT-Drucksache 16/5070

Ausweitung des Universaldienstes im Bereich der Telekommunikation

Vom 20. April 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5070
16. Wahlperiode 20. 04. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sabine Zimmermann, Dr. Barbara Höll, Dr. Martina Bunge,
Ulla Lötzer und der Fraktion DIE LINKE.

Ausweitung des Universaldienstes im Bereich der Telekommunikation

Breitband-Internetanschlüsse eröffnen Unternehmen und Privatleuten neue
Möglichkeiten zur Information und Kommunikation. Insbesondere Menschen in
ländlichen Räumen erleichtert DSL die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben.
Immer wieder beklagen Menschen in diesen Gebieten allerdings, dass in ihrem
Ort keine Breitbandverbindung erhältlich ist. So bemühen sich zum Beispiel die
Stadt und die Region Plau am See seit langem erfolglos, in das DSL-Netz ein-
gebunden zu werden. Örtliche Hotels, die Kliniken, der Handel und das Hand-
werk haben erhebliche Wettbewerbsnachteile durch fehlende Breitbandan-
schlüsse.

Laut Bericht zum Breitbandatlas des Bundesministeriums für Wirtschaft und
Technologie vom April 2007 haben immer noch mehr als eine Million Haushalte
in Deutschland keinen Zugang zu einem bezahlbaren, vollwertigen Breitband-
Anschluss. Die geringste Flächenversorgung besteht in Mecklenburg-Vorpom-
mern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt.

Unternehmen konzentrieren sich auf den profitablen Ausbau in Ballungsgebie-
ten. Deshalb sorgt keine der derzeit vorhandenen Breitband-Technologien für
eine Versorgung in ländlichen Räumen: Ein Vertreter der Deutschen Telekom
AG bestätigte bei einer Anhörung im Ausschuss für Wirtschaft und Technolo-
gie, dass man beim flächendeckenden Ausbau des DSL-Netzes an die „Grenze
des ökonomisch Machbaren“ stoße. Beim alternativen Internetzugang über
Fernseh-Kabelanschlüsse besteht das gleiche Problem. Laut einer Studie des
Wissenschaftlichen Instituts für Infrastruktur und Kommunikationsdienste
(WIK) ist der Beitrag dieser Technologie zur Erschließung ländlicher Räume
„vernachlässigbar“. Da die Bundesnetzagentur darauf verzichtet hat, die für die
Funktechnologie WiMAX notwendigen Funkfrequenzen an eine Versorgung in
der Fläche zu koppeln, ist es ebenfalls unwahrscheinlich, dass es zu einem
flächendeckenden WiMAX-Ausbau kommt. Das WIK schreibt, die Nutzer in
ländlichen Regionen müssten sich darauf einstellen, geringere Bandbreiten zu
höheren Preisen akzeptieren zu müssen.

Eine Möglichkeit, die Breitbandversorgung auch in nicht profitablen länd-
lichen Räumen flächendeckend und bezahlbar sicherzustellen wäre, die Rege-

lungen zum Universaldienst, die heute beispielsweise den Anschluss an das
Telefonnetz für jeden garantieren, auf Breitband-Internetanschlüsse auszudeh-
nen. Die EU-Kommission stellte allerdings in einer Mitteilung von April 2006
(KOM(2006)163) fest, dass der Universaldienst ihrer Ansicht nach nicht ent-
sprechend auszudehnen ist. Die Begründung: Weil bislang nur eine Minderheit
der Europäerinnen und Europäer über einen Breitbandanschluss verfüge, sei
das notwendige Kriterium der Nutzung durch die „Mehrheit der Verbraucher“

Drucksache 16/5070 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

nicht erfüllt. Voraussichtlich im Sommer 2007 will die Kommission mit einem
Grünbuch eine breitere öffentliche Debatte zur Zukunft des Universaldienstes
im Telekommunikationsbereich anstoßen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Bedeutung misst die Bundesregierung Breitband-Internetverbin-
dungen

a) für Bürgerinnen und Bürger zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben,

b) für Unternehmen zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit bei, und wie
begründet die Bundesregierung ihre Haltung?

2. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass gerade wirtschaftlich
schwächere Regionen auf eine Verfügbarkeit von Breitband-Anschlüssen
angewiesen sind, um die Wettbewerbsfähigkeit der dort angesiedelten Un-
ternehmen zu erhalten bzw. um die Ansiedlung neuer Unternehmen zu
erreichen, und wie begründet die Bundesregierung ihre Position?

3. Wie verhält sich der Versorgungsgrad mit Breitbandanschlüssen in Ost-
deutschland im Vergleich zum Versorgungsgrad in den alten Bundesländern?

4. Hält die Bundesregierung an ihrem Ziel fest, dass ab 2008 98 Prozent aller
deutschen Haushalte der Zugang zu breitbandigen Internetanschlüssen
möglich sein soll (vgl. z. B. Pressemitteilung des BMWI vom 14. März
2006), wenn ja, mit welchen Technologien soll dieses Ziel erreicht werden,
und wie begründet die Bundesregierung ihre Position?

5. Wie bewertet die Bundesregierung die im Vorspann angesprochenen Pro-
bleme mit den Alternativtechnologien zu DSL, wie sollen die Unternehmen
dazu gebracht werden, auch in den Netzausbau in ländlichen Gebieten zu
investieren, und wie begründet die Bundesregierung ihre Position?

6. Welchen Nutzen haben Bürgerinnen und Bürger, in deren Wohngegend kein
Breitband-Internetanschluss verfügbar ist, vom Breitbandatlas und vom
Breitbandportal der Bundesregierung, und wie begründet die Bundesregie-
rung ihre Position?

7. Unternimmt die Bundesregierung Maßnahmen, um eine flächendeckende
Versorgung mit Breitband-Internetanschlüssen in Deutschland zu erreichen,
erwägt sie öffentliche Infrastrukturinvestitionen oder eine Subventionie-
rung, und wie begründet sie ihre Position?

8. Welche Unternehmen erbringen in Deutschland gegenwärtig den Universal-
dienst im Telekommunikationsbereich, und auf welche Weise und durch
wen wird er derzeit in Deutschland finanziert?

9. In welcher Weise hat sich die Bundesregierung im Vorfeld der im Einlei-
tungstext genannten Mitteilung der Kommission an den Diskussionen über
eine Ausweitung des Universaldienstes auf europäischer Ebene beteiligt,
und wie beurteilt sie diese Mitteilung der Kommission?

10. Teilt die Bundesregierung insbesondere die Begründung der Kommission,
eine Ausweitung des Universaldienstes auf Breitband-Internetanschlüsse
sei abzulehnen, weil wegen der derzeitigen geringen Verbreitung das Krite-
rium der Nutzung durch die „Mehrheit der Verbraucher“ nicht erfüllt sei,
und wie begründet die Bundesregierung ihre Position?

11. Mit welchen Positionen wird die Bundesregierung in die öffentliche Debatte
um die Rolle und Bedeutung des Universaldienstes gehen, die die EU-Kom-
mission durch die Veröffentlichung eines Grünbuches zu diesem Thema im

Sommer 2007 anstoßen will?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/5070

12. Wie beurteilt die Bundesregierung die vom Bundesverband der Deutschen
Industrie vertretene Meinung, es gebe kein allgemeines Recht, am tech-
nischen Fortschritt teilzuhaben und das Universaldienstregime dürfe vor
diesem Hintergrund nicht als Sozial- oder Verbraucherschutzpolitik miss-
verstanden werden?
(http://ec.europa.eu/information_society/policy/ecomm/doc/info_centre/
public_consult/universal_service/comments/bdi_de.pdf)

Berlin, den 20. April 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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