BT-Drucksache 16/4897

Gemeinsamer Standpunkt der Europäischen Union zu Burma/Myanmar

Vom 28. März 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4897
16. Wahlperiode 28. 03. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Harald Leibrecht, Florian Toncar, Dr. Werner Hoyer, Jens
Ackermann, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, Daniel Bahr (Münster), Uwe
Barth, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Jörg van Essen, Horst
Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam
Gruß, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter
Haustein, Elke Hoff, Hellmut Königshaus, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz
Lanfermann, Sibylle Laurischk, Michael Link (Heilbronn), Markus Löning, Horst
Meierhofer, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim
Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Frank Schäffler, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner,
Carl-Ludwig Thiele, Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing,
Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Martin Zeil, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion
der FDP

Gemeinsamer Standpunkt der Europäischen Union zu Burma/Myanmar

Im Mai 1990 fanden in Burma/Myanmar Parlamentswahlen statt, die laut un-
abhängigen Beobachtern weitgehend frei und unbehindert verliefen. Sie führten
jedoch nicht zu dem von der Regierung erwarteten Triumph für die Regierungs-
partei NUP (National Unity Party), sondern zu einem erdrutschartigen Sieg der
oppositionellen NLD (National League for Democracy) unter Führung von Daw
Aung San Suu Kyi, die sich selbst nicht um einen Sitz im Parlament bewerben
konnte, da sie seit 1989 unter Hausarrest stand. Die von diesem deutlichen
Votum des Volkes überraschte militärische Führung beschloss daraufhin, die
Wahlen in ein Referendum über die Ausarbeitung einer neuen Verfassung um-
zuwidmen. Die NLD reagierte mit der Bildung eines zehnköpfigen „Komitees
zur Vertretung des 1990 gewählten Parlaments“, woraufhin ein Großteil der füh-
renden NLD-Mitglieder, einschließlich vieler im Jahre 1990 frei gewählter Ab-
geordneter, inhaftiert wurden. Die burmesische Regierung geriet wegen dieser
Repressionen und der ihr vorgeworfenen zahlreichen Menschenrechtsverletzun-
gen international immer stärker in die Kritik und Isolation. Zahlreiche Staaten
sowie die EU sahen sich veranlasst, Sanktionen gegen das Regime zu erwirken,
die seither regelmäßig erneuert wurden.

Die EU verabschiedete 1996 erstmals einen Gemeinsamen Standpunkt zu
Burma/Myanmar, der die bereits bestehenden Sanktionen bestätigte. Im April

2004 wurde der Gemeinsame Standpunkt mit weitergehenden Sanktionen ver-
schärft. Diese Sanktionen, die von der Aussetzung von Projekten der bilateralen
Entwicklungszusammenarbeit und des bereits im Grundsatz beschlossenen
Schuldenerlasses, dem Einfrieren der Auslandskonten burmesischer Entschei-
dungsträger, Finanzsanktionen gegen bestimmte militäreigene Firmen, der Un-
terbindung hochrangiger politischer Kontakte und dem Verbot der Ausfuhr von
militärischen Gütern bis hin zu Reisebeschränkungen gegen die führenden Ver-

Drucksache 16/4897 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

treter der Militärregierung reichen, laufen am 25. April 2007 aus. Im April wird
der Gemeinsame Standpunkt der Europäischen Union erneut verabschiedet.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. In welchen konkreten Punkten möchte die Bundesregierung den im April zu
erneuernden Gemeinsamen Standpunkt der EU zu Burma/Myanmar ver-
schärfen oder lockern?

2. Wo liegen die Unterschiede der von der EU gegen Burma/Myanmar erlas-
senen Sanktionen und der von den USA erlassenen Sanktionen, und soll
eine Harmonisierung dieser Maßnahmen durchgeführt werden?

Falls ja, was unternimmt die Bundesregierung um eine solche Harmonisie-
rung zu gewährleisten?

3. Ist die Bundesregierung bereit, den burmesischen Staatsbetrieb für Holz
(Myanmar Timber Enterprise, MTE) auf die Liste der burmesischen Staats-
unternehmen zu setzen, die keine Finanzhilfen oder Kredite erhalten sollen?

Wenn nein, warum nicht?

4. Ist die Bundesregierung bereit, im Rahmen des Gemeinsamen Standpunktes
vom Import von burmesischem Nutzholz aus Konfliktgebieten abzuraten?

Falls nein, warum nicht?

5. Plant die Bundesregierung in den Gemeinsamen Standpunkt einen Para-
graphen einzufügen, der eine neue Initiative zu Burma/Myanmar im Welt-
sicherheitsrat unterstützt?

Falls nein, warum nicht?

6. Ist die Bundesregierung bereit, in den Gemeinsamen Standpunkt einen
Paragraphen aufzunehmen, in dem die EU erklärt, mehr Unterstützung für
Programme für Menschenrechte und Demokratisierung in Burma/Myanmar
bereitzustellen?

Falls nein, warum nicht?

7. Wie beurteilt die Bundesregierung die Menschenrechtslage in Burma/
Myanmar und wie hat sich diese Situation in den letzten Jahren, vor allem
nach der Verschärfung der Sanktionen im Jahr 2004, entwickelt?

8. Welche Informationen hat die Bundesregierung über die Existenz systema-
tisch von der Regierung organisierter Zwangs- und Sklavenarbeit, insbeson-
dere in den sieben Unionsstaaten mit ethnischen Minderheiten?

9. Gibt es nach Wissen der Bundesregierung Anhaltspunkte dafür, dass deut-
sche oder europäische Unternehmen von Zwangs- und Sklavenarbeit in
Burma/Myanmar profitiert haben?

10. Ist die Bundesregierung bereit, sich dafür einzusetzen, in Zusammenarbeit
mit der EU und den ASEAN-Staaten einen Dreiparteien-Dialog (Regime,
Opposition, ethnische Minderheiten) zu initiieren?

Falls nein, warum nicht?

11. Steht die Bundesregierung in Kontakt zu Oppositionellen in Burma/
Myanmar?

Wenn ja, zu welchen und wie unterstützt sie deren Arbeit?

12. Wie sollen die Sanktionen der EU Wirkung zeigen, obwohl andere wichtige
internationale Akteure wie China, Indien und ASEAN sich nicht daran be-

teiligen?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/4897

13. Mit welchen konkreten Mitteln versucht die Bundesregierung auf Indien
und China einzuwirken, damit diese ebenfalls Druck auf die burmesische
Militärregierung ausüben?

14. Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass Indien, China und
Thailand ihre inländische Waldnutzung verboten haben, jedoch massiv Holz
aus Burma/Myanmar in diese Länder importiert wird, was kurz- und mittel-
fristig zu akuten Wasser- und Nahrungsversorgungsproblemen in Burma/
Myanmar führen wird?

15. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die jüngste Entwicklung in
der burmesischen Drogenproduktion (Opium/Heroin) und hält sie eine
Zusammenarbeit mit der burmesischen Regierung in diesem Bereich für
notwendig?

16. Wie bewertet die Bundesregierung die Flüchtlingsproblematik an der
burmesisch-thailändischen Grenze, insbesondere angesichts der innenpoli-
tischen Lage in Thailand?

17. Wie verliefen die Beratungen während des EU-ASEAN-Ministertreffens in
Nürnberg über die Zusammenarbeit zwischen EU und ASEAN hinsichtlich
Burmas/Myanmars und welche Initiativen plant die Bundesregierung hin-
sichtlich der geschilderten Problematik für das diesjährige ASEM-Außen-
ministertreffen?

Berlin, den 27. März 2007

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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