BT-Drucksache 16/4765

Forschungsprämie auch für gemeinnützige Industrieforschungseinrichtungen und Forschungseinrichtungen der Hochschulen nutzen

Vom 21. März 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4765
16. Wahlperiode 21. 03. 2007

Antrag
der Abgeordneten Cornelia Pieper, Uwe Barth, Patrick Meinhardt, Christian
Ahrendt, Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst
Burgbacher, Patrick Döring, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Horst Friedrich
(Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß,
Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein,
Elke Hoff, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Hellmut Königshaus, Gudrun Kopp,
Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Michael
Link (Heilbronn), Horst Meierhofer, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-
Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Dr. Konrad
Schily, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig
Thiele, Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff
(Rems-Murr), Martin Zeil, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Forschungsprämie auch für gemeinnützige Industrieforschungseinrichtungen
und Forschungseinrichtungen der Hochschulen nutzen

Der Bundestag möge beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Wirtschaftlicher Erfolg, Wohlstand und Wachstum Deutschlands hängen
wesentlich von seiner Innovationsfähigkeit, also in welchem Maße es gelingt,
Wissen zu schaffen, moderne Technologien zu entwickeln und in neue markt-
fähige Produkte und Dienstleistungen umzusetzen, ab.

Hierfür kann eine immer enger werdende Forschungs- und Entwicklungsko-
operation zwischen der Wirtschaft, Hochschulen und außeruniversitären For-
schungseinrichtungen eine gute Grundlage schaffen.

Sie soll durch die Einführung einer „Forschungsprämie“ für Hochschulen und
öffentliche außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, die Auftragsforschung
für Unternehmen durchführen, verbessert werden. Dabei werden Forschungs-
und Entwicklungsarbeiten, die durch Unternehmen mit bis zu 1 000 Mitarbei-
tern in Auftrag gegeben werden, in einem Pilotprojekt bis zum Jahr 2009 mit
öffentlichen Mitteln gefördert.

Die mit der Forschungsprämie verfolgten Ziele

● stärkere Ausrichtung der öffentlichen Forschung am Bedarf der Wirtschaft,
● konsequentere Umsetzung wissenschaftlicher Forschungsergebnisse in neue
Produkte,

● Erleichterung der Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, insbesondere mit mit-
telständischen Unternehmen, durch Abbau strukturbedingter Hürden und
Aufbau zusätzlicher Kompetenzen

sind zu begrüßen.

Drucksache 16/4765 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Leider wurden von vornherein gemeinnützige Industrieforschungseinrichtungen
und aus Hochschulen ausgegliederte Forschungseinrichtungen (z. B. die Hum-
boldt-Innovation GmbH, eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Hum-
boldt-Universität zu Berlin) nicht in das Konzept mit einbezogen. In diesen Ein-
richtungen wurden bereits die mit der Forschungsprämie verbundenen Ziele aus
Eigenantrieb angegangen. Insbesondere wurden strukturbedingte Hürden kon-
sequent abgebaut. Es bleibt unverständlich, warum bereits aktive Einrichtungen
strukturbedingt benachteiligt werden sollen.

Sowohl die Förderrichtlinie des Bundes, als auch die von ihr erlassenen „beson-
deren Nebenbestimmungen“ sind gekennzeichnet von einem tiefen Misstrauen
gegenüber den Akteuren und schaffen in gewisser Weise neue Unsicherheiten.

Mit der Einführung des Förderinstruments „Forschungsprämie“ möchte die Bun-
desregierung ihrem selbst gesetzten Ziel, nach dem im Jahr 2010 in Deutschland
3 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) für Forschung und Entwicklung (FuE)
aufgewendet werden sollen, näher kommen.

Bund, Länder, Kommunen und Wirtschaft wendeten im vergangenen Jahr für
FuE gemeinsam rund 57,6 Mrd. Euro auf. Nach ersten Schätzungen konnte
Deutschland seine Ausgaben für FuE im Jahr 2006, nach Jahren des Rückgangs,
zwar auf 2,5 Prozent des BIP steigern. Der schon einmal im Jahr 2003 erreichte
Stand von 2,52 Prozent wurde aber nicht wieder erreicht. Hierfür hätten bereits
im Jahr 2005 statt der 55,18 Mrd. Euro bereits 67,2 Mrd. Euro aufgewendet
werden müssen.

Das ist ein Alarmsignal für die Innovationsfähigkeit des Standorts Deutschland!

Sollte das 3-Prozent-Ziel dennoch erreicht werden, müssten im Jahr 2010, bei
einem heute geschätzten BIP von rund 2 550 Mrd. Euro, rund 76 Mrd. Euro für
FuE aufgebracht werden.

Das erfordert eine außerordentlich hohe Kraftanstrengung von Bund, Ländern
und Wirtschaft und eine Erhöhung der gemeinsamen FuE-Ausgaben um jährlich
6 Mrd. Euro in den nächsten drei Haushaltsjahren.

Die Wirtschaft in Deutschland wendet derzeit für FuE 48,83 Mrd. Euro auf,
wovon sie 8,8 Mrd. Euro für externe Forschungsaufgaben verwendet.

Davon partizipiert die Drittmittelforschung an Hochschulen mit ca. 7 Prozent,
also 616 Mio. Euro, und die an Instituten der außeruniversitären Forschung mit
ca. 4 Prozent, also 352 Mio. Euro. Würde die gesamte externe FuE in diesem
Bereich gefördert werden, würden hierfür rund 242 Mio. Euro pro Jahr auf-
gebracht werden müssen.

Gerade für die deutschen Hochschulen und öffentlichen außeruniversitären For-
schungseinrichtungen und gemeinnützigen Industrieforschungseinrichtungen
gewinnen Einnahmen aus Drittmitteln immer mehr an Bedeutung. Da hierzu-
lande nur Teile der tatsächlichen Forschungskosten der Hochschulen durch
Drittmittel gefördert werden, die Infrastrukturkosten aber allein die Forschungs-
einrichtungen tragen, drohen auf Dauer gerade forschungsstarken Hochschulen
schwere Belastungen ihrer Grundfinanzierung.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. gemeinnützige Industrieforschungseinrichtungen und wirtschaftlich selb-
ständige Forschungseinrichtungen der Hochschulen in das Förderinstrument
Forschungsprämie mit einzubeziehen,

2. durch das Instrument Forschungsprämie die Wechselmöglichkeiten von FuE-
Personal zwischen der Wirtschaft, den Hochschulen und den außeruniversi-

tären Forschungseinrichtungen zu stärken,

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/4765

3. mit der Forschungsprämie den Anteil von KMU an den forschenden Unter-
nehmen von heute 18 Prozent auf über 20 Prozent zu steigern,

4. auch Forschungsaufträge jener Unternehmen in die Vergabe mit aufzuneh-
men, die in nationalen und internationalen Programmen mitarbeiten,

5. auf die starren Festlegungen einer Untergrenze für den gesamten Forschungs-
auftrag (10 000 Euro gleich 2 500 Euro Forschungsprämie) und einer Ober-
grenze (400 000 Euro gleich 100 000 Euro Forschungsprämie) zu verzichten,

6. die Laufzeitbegrenzung des FuE-Auftrages nicht auf zwei Jahre zu be-
grenzen,

7. die Bewilligung der Forschungsprämie verbindlich zum Beginn des For-
schungsprojekts auszusprechen und sie auf Antrag nach Beendigung des
Projekts auszuzahlen,

8. auf Vorschriften zur Verwendung der Forschungsprämie durch die jeweilige
Forschungseinrichtung im Sinne einer Finanzautonomie zu verzichten
(„wirtschaftliche und sparsame Verwendung“, „Verwendungszeitraum von
zwei Jahren“, „Personalauswahl nach Tarifrecht für Bundesbedienstete“
usw.),

9. eine Beschränkung der Zuwendungsfähigkeit auf die notwendigen Aus-
gaben/Kosten für Gegenstände, die ausschließlich dem Vorhaben dienen
nicht zuzulassen.

Berlin, den 20. März 2007

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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