BT-Drucksache 16/4596

zu dem Antrag der Abgeordneten Daniel Bahr (Münster), Heinz Lanfermann, Dr. Konrad Schily, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -16/670- Ausgleich für neue Arbeitszeitmodelle in Krankenhäusern vorziehen

Vom 7. März 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4596
16. Wahlperiode 07. 03. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Daniel Bahr (Münster), Heinz Lanfermann,
Dr. Konrad Schily, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 16/670 –

Ausgleich für neue Arbeitszeitmodelle in Krankenhäusern vorziehen

A. Problem

Zur Verbesserung der Arbeitszeitbedingungen in Krankenhäusern stellen Bun-
despflegesatzverordnung und Krankenhausentgeltgesetz den Krankenhäusern
seit 2003 zusätzliche finanzielle Mittel, kumulierend pro Jahr 100 Mio. Euro,
bereit. Ab dem Jahr 2009 stehen für neue Arbeitszeitmodelle etwa 700 Mio.
Euro jährlich zusätzlich zur Verfügung.

Mit Blick auf das Auslaufen der im Arbeitszeitgesetz vorgesehenen Übergangs-
frist für die gänzliche Anerkennung des Bereitschaftsdienstes in Krankenhäu-
sern als Arbeitszeit unter gleichzeitiger Berücksichtigung der gesetzlichen
Höchstarbeitszeit von 48 Stunden zum 31. Dezember 2006, sollte nach Auffas-
sung der Fraktion der FDP die Umstellung auf das neue Arbeitszeitrecht be-
schleunigt werden, indem der vollständige Abruf dieser Mittel vorzeitig ermög-
licht werden sollte.

B. Lösung

Änderung des § 6 Abs. 5 der Bundespflegesatzverordnung sowie des § 4 Abs. 13
des Krankenhausentgeltgesetzes dahingehend, dass die im Endeffekt für die
Verbesserung der Arbeitszeitbedingungen vorgesehenen Mittel bereits ab dem
Jahr 2006 vollständig abgerufen werden können.

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen FDP, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

Kosten wurden im Antrag nicht beziffert.

Drucksache 16/4596 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/670 abzulehnen.

Berlin, den 7. März 2007

Der Ausschuss für Gesundheit

Dr. Martina Bunge
Vorsitzende

Frank Spieth
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/4596

Bericht des Abgeordneten Frank Spieth

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
16/670 in seiner 36. Sitzung am 19. Mai 2006 in erster
Lesung beraten und zur federführenden Beratung an den
Ausschuss für Gesundheit überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Mit dem Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt ist das
Arbeitszeitgesetz (ArbZG) zum 1. Januar 2004 dahin ge-
hend angepasst worden, dass Bereitschaftsdienst in Gänze
als Arbeitszeit zu bewerten und auf die gesetzliche Höchst-
arbeitzeit von 48 Stunden die Woche anzurechnen ist. Als
Übergangsregelung für am 1. Januar 2004 bestehende oder
nachwirkende Tarifverträge, die den festgelegten Arbeits-
zeithöchstrahmen überschreiten, wurde eine Übergangsfrist
bis zum 31. Dezember 2006 vorgesehen. Nach Auffassung
der Antragsteller hat sich der Handlungsbedarf zur Anpas-
sung der Arbeitszeitbedingungen in den Krankenhäusern
durch das Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 24. Januar
2006 (1 ABR 6/05) zeitlich verschärft. Danach darf die
Arbeitszeit einschließlich Arbeitsbereitschaft und Bereit-
schaftsdienst auch bei Alt-Tarifverträgen im Durchschnitt
von zwölf Monaten 48 Wochenstunden nicht überschreiten.
Zwar blieben nach § 25 Satz 1 ArbZG Tarifverträge, die am
1. Januar 2004 bereits galten, von der Einhaltung bestimm-
ter gesetzlicher Höchstgrenzen bis zum 31. Dezember 2006
unberührt. Entgegen einem weit verbreiteten Verständnis
werde von dieser Übergangsregelung die 48-Stunden-
Grenze jedoch nicht erfasst. Das ergebe die gebotene euro-
pakonforme Auslegung der Vorschrift.

Entsprechende Regelungen in der Bundespflegesatzverord-
nung bzw. im Krankenhausentgeltgesetz stellen für die Ver-
besserung der Arbeitszeitbedingungen in den Krankenhäu-
sern zusätzliche finanzielle Mittel bereit. Für die Jahre 2003
bis 2009 kann jährlich neu ein zusätzlicher Betrag im
Rahmen des Krankenhausbudgets bzw. ein Zuschlag von
0,2 Prozent zu den DRG-Fallpauschalen einschließlich der
Entgelte vereinbart werden; das entspricht etwa 100 Mio.
Euro. Da dieser jährlich zusätzlich vereinbarte Betrag die
bereits in den Vorjahren für diesen Zweck vereinbarten Be-
träge erhöht, könnten somit den Krankenhäusern ab dem
Jahr 2009 insgesamt jährlich 700 Mio. Euro zur Verfügung
stehen.

Die Umsetzung der neuen Arbeitszeitmodelle duldet nach
Auffassung der Antragsteller keinen Aufschub, so dass die
im Endeffekt vorgesehenen finanziellen Mittel für die Ver-
besserung der Arbeitszeitbedingungen in den Krankenhäu-
sern entsprechend vorgezogen werden sollten.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Gesundheit hat seine Beratungen in der
19. Sitzung am 28. Juni 2006 aufgenommen. In seiner 20. Sit-
zung am 7. September 2006 hat er die Beratung des Antrags
fortgesetzt und beschlossen, eine öffentliche Anhörung von
Sachverständigen hierzu durchzuführen.

Die Anhörung fand in der 22. Sitzung am 20. September
2006 statt. Als Sachverständige waren eingeladen:

Arbeitszeitberatung Dr. Hoff-Weidinger-Herrmann, Bun-
desärztekammer (BÄK), Bundesarbeitsgemeinschaft der
Freien Wohlfahrtspflege e. V. (BAGFW), Bundesverband
Deutscher Privatkliniken e.V. (BDPK), Deutsche Krankenh-
ausgesellschaft e. V. (DKG), Deutsches Krankenhausinstitut
e. V. (DKI), GEBERA – Gesellschaft für betriebswirtschaft-
liche Beratung mbH, Interessenverband kommunaler Kran-
kenhäuser e. V. (IVKK), Marburger Bund Verband der an-
gestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte Deutschlands
e. V., Verband der Angestellten-Krankenkassen e. V./AEV-
Arbeiter-Ersatzkassen Verband e. V. (VdAK/AEV), Ver-
band der Universitätsklinika Deutschlands e. V. (VUD),
Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft e. V. (ver.di).

Auf das Wortprotokoll und die als Ausschussdrucksachen
verteilten Stellungnahmen der Sachverständigen wird Be-
zug genommen.

In seiner 43. Sitzung am 7. März 2007 hat er seine Beratun-
gen fortgesetzt und abgeschlossen. Als Ergebnis empfiehlt
er mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
gegen die Stimmen der Fraktionen FDP, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags.

In der Beratung hoben die Mitglieder der Fraktion der
CDU/CSU hervor, der Ausschuss habe sich mehrfach mit
der Umsetzung der neuen Arbeitszeitregelungen im Kran-
kenhausbereich befasst und den Prozess damit gut begleitet.
Den Krankenhäusern werde nicht dadurch geholfen, dass
tatsächliche und vermeintliche Belastungen miteinander
vermischt würden: Mit der Umsetzung der Arbeitszeitrege-
lungen seien die Krankenhäuser nicht überfordert. Die zur
Unterstützung der Umsetzung zur Verfügung stehenden
Mittel seien im Jahr 2005 nur zu 77 Prozent ausgeschöpft
worden, so dass das Vorziehen zusätzlicher Mittel nicht er-
forderlich sei, auch wenn das Bild der von nach Fallpau-
schalen abrechnenden Krankenhäuser abgerufenen Mittel in
den verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich sei. Inzwi-
schen hätten nach den der Koalition der CDU, CSU und
SPD vorliegenden Zahlen mehr als 80 Prozent der Kranken-
häuser die Regelungen umgesetzt. Die aufwachsenden
Mittel gäben allen Krankenhäusern die Möglichkeit der
Umsetzung. Die besten Garanten für eine adäquate Umset-
zung der neuen Regelungen seien aber ohnehin Tarifver-
träge, wie sie Mitte 2006 ausgehandelt worden seien.

Die Mitglieder der Fraktion der SPD schlossen sich diesen
Ausführungen an und ergänzten, würden jetzt zusätzliche
Mittel zur Förderung einer schnelleren Umsetzung der
neuen Arbeitszeitmodelle zur Verfügung gestellt, fehlten
diese den Krankenkassen für den Schuldenabbau. Wenn die
bereits jetzt zur Verfügung stehenden Mittel nicht abgerufen
würden, deute dies eher auf strukturelle Probleme bei klei-
neren und mittelgroßen Krankenhäusern hin. Die Gründe
hierfür könnten nicht durch das Vorziehen zusätzlicher Mit-
tel behoben werden. Zudem habe die öffentliche Anhörung
des Ausschusses gezeigt, dass die Mittel zum Teil nicht so
eingesetzt worden seien, wie dies wünschenswert gewesen
wäre. Die nötige Kontrolle durch die Krankenkassen sei an

Drucksache 16/4596 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

dieser Stelle noch ausbaufähig. Deshalb sei es besser, lang-
sam, aber dafür sicher und nachprüfbar vorzugehen.

Die Mitglieder der Fraktion der FDP widersprachen der
Darstellung der Koalition und erklärten, nach den ihnen
vorliegenden Zahlen hätten nur etwas mehr als 50 Prozent
der Krankenhäuser die neuen Arbeitszeitregelungen umge-
setzt. Um die Regelungen umzusetzen, müssten jetzt neue
Ärzte eingestellt werden. Deshalb müssten auch die zur För-
derung der Umsetzung vorgesehenen Mittel bereits jetzt
vollständig verfügbar gemacht werden. Dies gelte umso
mehr mit Blick auf die zusätzlichen Belastungen für die
Krankenhäuser, die sich aus den Tarifverträgen, der Mehr-
wertsteuererhöhung, der Konvergenzphase zur Einführung
der vollständigen Abrechnung nach Fallpauschalen und
durch den in der jüngsten Gesundheitsreform vorgesehenen
Sparbeitrag ergäben.

Die Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. forderten die
Koalition auf, ein politisches Signal in die Krankenhaus-
landschaft zu senden, dass das Anliegen der Verbesserung
der Arbeitsbedingungen in Krankenhäusern durch die neuen
Arbeitszeitregelungen durch die Bereitstellung der vollen
Summe zum jetzigen Zeitpunkt unterstützt werde. Mit den
von der Koalition zitierten Zahlen sei vorsichtig umzuge-
hen, da unklar sei, auf welche Stichtage in den vergangenen
Abrechnungszeiträumen sich diese bezögen. Sollten die
verfügbaren Mittel nicht abgerufen werden, entstehe im Üb-
rigen kein Schaden.

Die Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
betonten, die öffentliche Anhörung im Ausschuss hätte in
Bezug auf die Quote der Inanspruchnahme der Mittel zur
Förderung der Umsetzung der Regelungen ein unklares Bild
ergeben. Viele Krankenhäuser versuchten, die neuen Rege-
lungen mit dem vorhandenen Personal umzusetzen. Dies
gehe zu Lasten der Patienten, da den Ärzten weniger Zeit
für den Patientenkontakt bleibe. Schon deshalb müssten die
vorgesehenen Mittel vorgezogen werden.
Berlin, den 7. März 2007

Frank Spieth
Berichterstatter

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