BT-Drucksache 16/4541

zu dem Antrag der Abgeordneten Heike Hänsel, Dr. Diether Dehm, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -16/2602- Nach dem Wiener Gipfel - die Beziehungen zwischen der EU und Lateinamerika solidarisch gestalten

Vom 6. März 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4541
16. Wahlperiode 06. 03. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(19. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Heike Hänsel, Dr. Diether Dehm,
Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 16/2602 –

Nach dem Wiener Gipfel – die Beziehungen zwischen der EU und Lateinamerika
solidarisch gestalten

A. Problem

Die Entwicklungszusammenarbeit der Europäischen Union mit Lateinamerika.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion
DIE LINKE.

C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Drucksache 16/4541 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/2602 abzulehnen.

Berlin, den 28. Februar 2007

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Thilo Hoppe
Vorsitzender

Anette Hübinger
Berichterstatterin

Dr. Sascha Raabe
Berichterstatter

Dr. Karl Addicks
Berichterstatter

Heike Hänsel
Berichterstatterin

Ute Koczy
Berichterstatterin

wichtig wäre, zu Assoziierungsabkommen mit Freihandels-
komponenten zu kommen. Die Fraktion DIE LINKE. sei wollen.
davon überzeugt, dass es wichtig sei, andersgeartete Bezie-
hungen aufzunehmen. Es gebe in Lateinamerika einen ande-
ren politischen Trend in Richtung der Entwicklung solidari-
scher Wirtschaftssysteme und der Entwicklung einer ande-

Die Fraktion der FDP machte darauf aufmerksam, der von
der Fraktion DIE LINKE. als Vorbild gepriesene venezola-
nische Präsident habe ein Bevollmächtigungsgesetz erlas-
sen, das ihn ermächtige, Gesetze am Parlament vorbei zu
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/4541

Bericht der Abgeordneten Anette Hübinger, Dr. Sascha Raabe, Dr. Karl Addicks,
Heike Hänsel, Ute Koczy

I. Zum Beratungsverfahren

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
16/2602 in seiner 70. Sitzung am 30. November 2006 zur
federführenden Beratung an den Ausschuss für wirtschaftli-
che Zusammenarbeit und Entwicklung und zur Mitberatung
an den Auswärtigen Ausschuss, den Ausschuss für Men-
schenrechte und humanitäre Hilfe sowie den Ausschuss für
die Angelegenheiten der Europäischen Union überwiesen.

Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag in seiner 35. Sit-
zung am 28. Februar 2007 beraten. Er empfiehlt mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP
gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimm-
enthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die
Ablehnung des Antrags.

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre
Hilfe hat den Antrag in seiner 26. Sitzung am 31. Januar
2007 beraten. Er empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU, SPD und FDP bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Abwesenheit
der Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung des Antrags.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat den Antrag in seiner 27. Sitzung am 31. Januar
2007 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ge-
gen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE., die Ablehnung
des Antrags.

Der federführende Ausschuss für wirtschaftliche Zusam-
menarbeit und Entwicklung hat den Antrag in seiner
30. Sitzung am 31. Januar 2007 beraten und mit den
Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion DIE LINKE. beschlossen, dem Deutschen Bundestag
die Ablehnung des Antrags zu empfehlen.

II. Zum Inhalt der Beratungen

Die Fraktion DIE LINKE. führte aus, die Verhandlungen
des EU-Lateinamerikagipfels im vergangenen Jahr in Wien
seien auch auf Grund des Widerstandes einzelner Länder
wie Venezuela und Bolivien gescheitert. Dennoch habe die
EU weiterhin großes Interesse daran, Assoziierungsab-
kommen mit Ländern Lateinamerikas abzuschließen; unter
anderem seien Verhandlungen mit den Andenländern und
Zentralamerika aufgenommen worden. Zudem habe die
Bundeskanzlerin angekündigt, dass im Rahmen der EU-
Ratspräsidentschaft Lateinamerika weiterhin im Fokus
stehen werde. Auch der Bundesverband der Deutschen In-
dustrie (BDI) habe sich dahingehend geäußert, dass es

setzten. Davon könne auch Europa lernen. Es sei völlig
falsch, wie in den Verhandlungen zum EU-AKP-Wirt-
schaftspartnerschaftsabkommen auf freie Märkte zu setzen,
ohne im Blick zu haben, was die Bevölkerung wirklich
brauche.

Die Fraktion der CDU/CSU entgegnete, Lateinamerika
solle in ein freies Handelssystem eingebunden werden, da-
mit eine Entwicklung mit sozialer Verantwortung vonstatten
gehen könne. Wer wie der venezolanische Präsident Hugo
Chavez auf das kubanische Erfolgsmodell rekurriere,
nehme nicht zur Kenntnis, dass es in Kuba nach 48 Jahren
keinen Fortschritt für die Bevölkerung gebe, weder im me-
dizinischen noch im Bildungsbereich. Kuba exportiere seine
Mediziner und Lehrer, um Einfluss zu nehmen, ohne die
Bedürfnisse der eigenen Bevölkerung zu achten. Auch der
Demokratisierungsprozess in den von der Fraktion DIE
LINKE. genannten Ländern müsse mit einem Fragezeichen
versehen werden. Die Legitimation der Regierung durch
eine demokratische Wahl bedeute noch nicht, dass auch eine
demokratische Regierungsführung erfolge.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bemängelte,
der vorliegende Antrag beschreibe die Situation auf dem
lateinamerikanischen Kontinent einseitig und werde der Re-
alität nicht gerecht. Er enthalte kaum konstruktive Elemente
und spreche sich etwa nicht dafür aus, mit den Menschen in
Lateinamerika, die für soziale Reformen eintreten, Kontakte
aufzubauen oder die Lage der rechtlosen indigenen Bevöl-
kerung anzusprechen. Dem werde der von der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgeschlagene Ansatz einer
strategischen Partnerschaft, in deren Rahmen auch die deut-
sche Entwicklungszusammenarbeit gefragt sei, weit besser
gerecht.

Die Fraktion der SPD stellte fest, der vorliegende Antrag
sei unsinnig, völlig verfehlt und ein Schlag ins Gesicht der
Menschen in Lateinamerika. Er sei völlig unkritisch gegen-
über den Ereignissen in Venezuela und schlage vor, in der
Entwicklungszusammenarbeit auf die Einforderung von
Partizipation, guter Regierungsführung und Demokratie zu
verzichten und stattdessen den Kurs des venezolanischen
Präsidenten Hugo Chavez zum Vorbild zu nehmen. Andere
Formulierungen erweckten den Eindruck, als hätten die Ver-
einten Nationen eine Besatzungsmacht nach Haiti entsandt;
in der Tat leisteten die VN-Truppen jedoch unter Einsatz ih-
res Lebens einen Beitrag zum Schutz der Ärmsten vor Ver-
treibung, Mord und Folter. Zu den Beziehungen zu Kuba sei
festzustellen, dass kürzlich eine interfraktionell zusammen-
gesetzte Gruppe von Mitgliedern des Deutschen Bundes-
tages ausgeladen worden sei, weil sie neben anderen Ge-
sprächspartnern auch mit Oppositionellen habe sprechen
ren Form von Wirtschaftsabkommen, die auf regionale Inte-
gration und auf Komplementarität statt auf Reziprozität

verabschieden; er habe Fernsehlizenzen von Privatsendern
eingezogen, die Parteien gleichgeschaltet und wolle Präsi-

Drucksache 16/4541 destag – 16. Wahlperiode

Berlin, den 28. Februar 200

Anette Hübinger
Berichterstatterin

Heike Hänsel
Berichterstatterin

– 4 – Deutscher Bun

dent auf Lebenszeit werden. Dieser Weg werde in die Kata-
strophe führen. Der vorliegende Antrag enthalte nichts als
linke neosozialistische Ideologie.

Die Fraktion DIE LINKE. entgegnete, nicht DIE LINKE.
verhalte sich ideologisch, es seien die anderen Fraktionen,
die aus ideologischen Gründen eine Zusammenarbeit mit
der Fraktion DIE LINKE. verweigerten. Es sei wichtig, ein
differenzierteres Bild zu haben. In vielen Ländern hätten
freie Märkte nicht zu mehr Wohlstand geführt. Kürzlich
habe sie eines der weltweit größten Slums in Nairobi be-
sucht; dies sei ein Ergebnis der Marktwirtschaft. Auf Kuba
gebe es keine großen Slums, im Rest Lateinamerikas aber
doch. Die anderen Fraktionen argumentierten an der Sache
vorbei. Auch DIE LINKE. übe vor Ort in den Gesprächen
Kritik an Hugo Chavez; diese Kritik sei punktueller Natur.
Wenn sich die Länder Lateinamerikas immer mehr vom
Westen abwendeten, dann sei dies im Wesentlichen eine
Folge westlicher Politik.

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Dr. Sascha Raabe
Berichterstatter

Dr. Karl Addicks
Berichterstatter

Ute Koczy
Berichterstatterin

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