BT-Drucksache 16/4422

zu dem Antrag der Abgeordneten Michael Kauch, Gudrun Kopp, Angelika Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -16/3051- Klimapolitischen Zertifikatehandel in Deutschland nachhaltig und verantwortungsvoll gestalten - Nationalen Allokationsplan grundlegend überarbeiten

Vom 28. Februar 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4422
16. Wahlperiode 28. 02. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
(16. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Michael Kauch, Gudrun Kopp,
Angelika Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 16/3051 –

Klimapolitischen Zertifikatehandel in Deutschland nachhaltig und
verantwortungsvoll gestalten – Nationalen Allokationsplan grundlegend
überarbeiten

A. Problem

Die Bundesregierung hat am 28. Juni 2006 den Entwurf des Nationalen Alloka-
tionsplans 2008 bis 2012 verabschiedet und der EU-Kommission zur Prüfung
vorgelegt; er beinhaltet gesamtwirtschaftliche Emissionsobergrenzen für den
Ausstoß von Treibhausgasen in der Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 und legt
die Regeln fest, nach denen die Emissionszertifikate den am Emissionshandel
teilnehmenden Unternehmen zugeteilt werden sollen, weist jedoch aus Sicht der
Antragsteller schwerwiegende Mängel in ökologischer und ökonomischer Hin-
sicht auf. Daher soll die Bundesregierung aufgefordert werden, den Entwurf
grundlegend zu überarbeiten und die konstatierten Mängel durch die Berück-
sichtigung spezifischer Vorgaben u. a. zur Reservehaltung, zur Versteigerung
von Emissionsrechten und zum Verzicht auf die Privilegierung von Neuanlagen
zu beseitigen.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags.

Ablehnung mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen
die Stimmen der Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen
Keine

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Drucksache 16/4422 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/3051 abzulehnen.

Berlin, den 17. Januar 2007

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Petra Bierwirth
Vorsitzende

Andreas Jung (Konstanz)
Berichterstatter

Frank Schwabe
Berichterstatter

Michael Kauch
Berichterstatter

Eva Bulling-Schröter
Berichterstatterin

Hans-Josef Fell
Berichterstatter

Insofern sei eine Herabsetzung der bisherigen Obergrenze
für den CO -Ausstoß derzeit nicht nachvollziehbar. Das Pro-

gen, selbst wenn dies von Seiten der Bundesregierung nicht

2

blem bedürfe dringend der Klärung, wobei eine gerichtliche
Auseinandersetzung vor dem Europäischen Gerichtshof
nicht ausgeschlossen werden könne, eine Haltung, die auch
auf Seiten der Bundesregierung vertreten werde. Der Antrag

ausgeschlossen werde. Der Antrag werde abgelehnt.

Die Fraktion der FDP erläuterte die Grundzüge der Vor-
lage. Im Mittelpunkt ihrer Ausführungen stand zum einen
die Aufforderung an die Bundesregierung, im Rahmen der
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/4422

Bericht der Abgeordneten Andreas Jung (Konstanz), Frank Schwabe,
Michael Kauch, Eva Bulling-Schröter und Hans-Josef Fell

I. Überweisung

Der Antrag auf Drucksache 16/3051 wurde in der 63. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 9. November 2006 zur
federführenden Beratung an den Ausschuss für Umwelt, Na-
turschutz und Reaktorsicherheit und zur Mitberatung an den
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Bundesregierung hat am 28. Juni 2006 den Entwurf des
Nationalen Allokationsplans 2008 bis 2012 verabschiedet
und der EU-Kommission zur Prüfung vorgelegt; er beinhal-
tet gesamtwirtschaftliche Emissionsobergrenzen für den
Ausstoß von Treibhausgasen in der Zuteilungsperiode 2008
bis 2012 und legt die Regeln fest, nach denen die Emissions-
zertifikate den am Emissionshandel teilnehmenden Unter-
nehmen zugeteilt werden sollen, weist jedoch aus Sicht der
Antragsteller schwerwiegende Mängel in ökologischer und
ökonomischer Hinsicht auf.

Daher soll die Bundesregierung aufgefordert werden, den
Entwurf grundlegend zu überarbeiten und die konstatierten
Mängel durch die Berücksichtigung spezifischer Vorgaben
u. a. zur Reservehaltung, zur Versteigerung von Emissions-
rechten und zum Verzicht auf die Privilegierung von Neuan-
lagen zu beseitigen.

III. Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen
die Stimmen der Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der
Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
empfohlen, den Antrag auf Drucksache 16/3051 abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-
cherheit hat den Gesetzentwurf auf Drucksache 16/3051 in
seiner Sitzung am 17. Januar 2007 beraten.

Die Fraktion der CDU/CSU hob hervor, dass der Antrag
nicht mehr dem aktuellen Entwicklungsstand entspreche; be-
vor man sich mit Detailfragen auf nationaler Ebene befasse,
müssten zunächst die Hintergründe und Berechnungsgrund-
lagen der neuen Vorgaben der EU-Kommission zur Begren-
zung des CO2-Ausstoßes geklärt werden. Im Grundsatz kön-
ne aus den der EU-Kommission vorgelegten Daten keine
Verfehlung der Reduktionsverpflichtung der Bundesrepu-
blik Deutschland in Höhe von 21 Prozent abgeleitet werden.

kussion bedürften. So müsse beispielsweise vertieft darüber
nachgedacht werden, wie man Planungssicherheit und An-
reize für Investitionen in Neuanlagen schaffen könne, wenn
die ursprünglich vorgesehene Allokationsregelung für Neu-
anlagen nicht weiter aufrechterhalten werden könne. Aller-
dings liefere der Antrag auf diese Fragestellung keine hinrei-
chende Antwort, weil er sich nicht vertieft genug mit der
Materie befasse. Darüber hinaus sei die im Antrag formulier-
te Vorstellung unrealistisch, mit den aus der Versteigerung
von 10 Prozent der Emissionsrechte gewonnenen Erlösen
eine Abschaffung der Stromsteuer finanzieren zu können, da
die zu erwartenden Versteigerungserlöse für eine entspre-
chende finanzielle Entlastung des privaten Sektors bei Wei-
tem nicht ausreichten. Zurückhaltend werde auch die Forde-
rung beurteilt, neben der Stromerzeugung eine effiziente
Stromverwendung und die Nutzung erneuerbarer Energien,
etwa zur Wärmegewinnung, in das Emissionshandelssystem
einzubeziehen. Zwar bedürfe es durchaus einer vertieften
Diskussion darüber, wie das Emissionshandelssystem für
künftige Zuteilungsperioden weiterentwickelt werden kön-
ne, etwa im Hinblick auf eine Einbeziehung des Flugver-
kehrs, doch bestehe die Gefahr, das Emissionshandelssystem
zu überfrachten, wenn den Überlegungen der Antragsteller
Folge geleistet würde. Im Übrigen stehe mit dem Erneuer-
bare-Energien-Gesetz bereits ein geeignetes Instrumenta-
rium zur weiteren Verbreitung und wirksamen Förderung der
erneuerbaren Energien zur Verfügung. Der Antrag werde
abgelehnt.

Die Fraktion der SPD stimmte der Beurteilung zu, dass der
Antrag nicht mehr dem aktuellen Stand der Entwicklung ent-
spreche. So werde u. a. die ursprünglich vorgesehene und
von den Antragstellern kritisierte Allokationsregelung für
Neuanlagen von der EU-Kommission nicht akzeptiert. Auch
die Überlegungen zur Versteigerung von Emissionsrechten
und zur Ausgestaltung der Reservehaltung seien noch im
Fluss. Darüber hinaus gebe es Klärungsbedarf im Hinblick
auf die von der EU-Kommission geforderte Absenkung der
Obergrenze für den CO2-Ausstoß auf 453 Mio. t. Auf der ei-
nen Seite wäre es nicht akzeptabel, wenn Deutschland für die
Verfehlungen anderer EU-Mitgliedstaaten bei der Erfüllung
ihrer Minderungsverpflichtungen zusätzlich belastet würde,
andererseits beurteile man jedoch die Option eines gericht-
lichen Vorgehens gegen die Vorgaben der EU-Kommission
sehr zurückhaltend, da es angesichts der zentralen Bedeu-
tung der Klimaschutzpolitik für die deutsche EU-Ratspräsi-
dentschaft und der zu erwartenden negativen Rückwirkun-
gen auf die EU-weiten und internationalen Bemühungen zur
Reduktion der Treibhausgasemissionen kaum vertretbar sei,
die Angelegenheit vor den Europäischen Gerichtshof zu tra-
spreche eine Reihe von Fragen an, die nicht zuletzt im Lichte
der neuen Vorgaben der EU-Kommission einer weiteren Dis-

geforderten grundlegenden Überarbeitung des Nationalen
Allokationsplans 2008 bis 2012 vorzusehen, insgesamt

nen Zeitraum von 14 Jahren den Erfüllungsfaktor nicht an-
zuwenden, zur Anwendung gelangen, sei zu erwarten, dass
es nach dem Jahr 2012 zu einem Stillstand der Investitionen
in emissionsmindernde Kraftwerkstechnologien und damit
zu einer volkswirtschaftlichen Fehlsteuerung kommen wer-
de.

Die Fraktion DIE LINKE. erklärte, sie könne wesentlichen
Teilen des Antrags zustimmen. Ausdrücklich begrüßt werde
die Forderung nach einer Aufstockung der Reserve zur Aus-
stattung von Neuanlagen mit Emissionszertifikaten; eine
größere Reservehaltung werde für mehr Planungssicherheit
sorgen und einer möglichen ausstattungsbedingten Blockade
von Investitionen in Neuanlagen entgegenwirken. Auch mit
der Forderung, insgesamt 10 Prozent der Emissionsrechte im
Wege der Versteigerung zuzuteilen, stimme man überein,
vertrete allerdings in Bezug auf die Verwendung der Verstei-
gerungserlöse eine andere Auffassung als die Antragsteller.
Ein Schwachpunkt der Vorlage sei, dass zur Notwendigkeit
einer weiteren Herabsetzung des von der Bundesregierung
vorgeschlagenen CO2-Minderungsziels nicht deutlich Stel-
lung bezogen werde. Sowohl das ursprünglich ins Auge
gefasste CO2-Emissionsvolumen von 482 Mio. t als auch die
später von der Bundesregierung vorgeschlagene Zielgröße
von 465 Mio. t CO2-Ausstoß führten lediglich zu einer ver-
gleichsweise geringfügigen Minderung der CO2-Emissio-
nen, entsprächen nicht der Selbstverpflichtung der deutschen
Wirtschaft und würden den klimapolitischen Anforderungen
nicht gerecht. Daher plädiere man nachdrücklich dafür, die
von der EU-Kommission herabgesetzte Obergrenze für den
CO2-Ausstoß in Höhe von 453 Mio. t zu akzeptieren und den
Nationalen Allokationsplan 2008 bis 2012 entsprechend
abzuändern. Von einer Anfechtung dieser Vorgabe vor dem
Europäischen Gerichtshof werde dringend abgeraten; ein
derartiges Vorgehen würde die klimapolitische Vorreiterrolle
Deutschlands erheblich beeinträchtigen und hätte zumal in
der Zeit der deutschen EU-Ratspräsidentschaft weitreichen-
de negative Auswirkungen auf die Bemühungen anderer

men werden, dass sich eine immer größere Lücke zwischen
den wohlformulierten Absichtserklärungen und dem tatsäch-
lichen klimapolitischen Handeln der Bundesregierung auf-
tue. Bezeichnend sei, dass man seitens der Bundesregierung
offensichtlich darum bemüht sei, Einfluss auf die EU-Kom-
mission im Sinne einer Minderung der klimapolitischen Vor-
gaben für Deutschland zu nehmen; dies führe die prokla-
mierte klimapolitische Vorreiterrolle Deutschlands ebenso
ad absurdum wie die Absicht der Bundesregierung, eine Kla-
ge gegen die verschärften klimapolitischen Vorgaben der
EU-Kommission ins Auge zu fassen.

Was den vorliegenden Antrag anbelange, so teile man dessen
Kritik an dem Entwurf der Bundesregierung für einen Na-
tionalen Allokationsplan 2008 bis 2012. Weder der geplante
Verzicht auf eine Versteigerung von CO2- Emissionsrechten
noch die vorgesehene Privilegierung von Neuanlagen seien
nachvollziehbar, vor allem aber sei es nicht akzeptabel, neue
Kohlekraftwerke über einen Zeitraum von 14 Jahren von der
Anwendung des Erfüllungsfaktors freizustellen. Nicht mit-
tragen könne man dagegen die Forderung der Antragsteller,
die Erlöse aus der Versteigerung von Emissionsrechten pau-
schal zur Senkung bzw. Abschaffung der Strombesteuerung
einzusetzen. Stattdessen gebe man hier einer differenzier-
teren Betrachtungsweise den Vorzug; demnach sollte aus er-
neuerbaren Energien gewonnener Strom von der Belastung
durch die Ökosteuer freigestellt werden, die steuerliche Be-
lastung von Strom aus ökologisch problematischen Energie-
quellen wie Kohle und Atomkraft mit der Ökosteuer jedoch
beibehalten werden. Vor diesem Hintergrund werde man sich
bei der Abstimmung über den vorliegenden Antrag der Stim-
me enthalten.

Der Ausschuss beschloss mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion der
FDP bei Stimmenthaltung der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Deutschen Bundestag zu
empfehlen, den Antrag auf Drucksache 16/3051 abzulehnen.

Berlin, den 17. Januar 2007

Andreas Jung (Konstanz)
Berichterstatter

Frank Schwabe
Berichterstatter

Michael Kauch
Berichterstatter

Eva Bulling-Schröter
Berichterstatterin

Hans-Josef Fell
Berichterstatter
Drucksache 16/4422 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

10 Prozent der zuzuweisenden Emissionsrechte im Verstei-
gerungsverfahren zu vergeben, die Versteigerung der Emis-
sionsrechte auf den Stromsektor zu beschränken und die
hieraus resultierenden Erlöse durch eine entsprechende Sen-
kung bzw. Abschaffung der Stromsteuer vollständig zur
steuerlichen Entlastung des privaten Sektors zu verwenden.
Des Weiteren verwies die Fraktion der FDP auf die Notwen-
digkeit, auf die im Nationalen Allokationsplan 2008 bis
2012 vorgesehene Privilegierung von Neuanlagen im Kraft-
werksbereich zu verzichten; sollte die geplante Regelung,
auf Neuanlagen ab dem Datum der Inbetriebnahme über ei-

Staaten innerhalb und außerhalb der EU, die Treibhausgas-
emissionen einzudämmen. Bei der Abstimmung über den
Antrag werde sich die Fraktion DIE LINKE. der Stimme
enthalten.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzte sich
kritisch mit der Klimaschutzpolitik der Bundesregierung
auseinander. Der immer offensichtlicher werdende Klima-
wandel erfordere ein wesentlich ambitionierteres und ent-
schlosseneres Vorgehen, als es die Bundesregierung bisher
an den Tag gelegt habe. Jedenfalls könne nicht hingenom-

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