BT-Drucksache 16/4411

Schutz des Welterbes im Konflikt um die Waldschlösschenbrücke in den Vordergrund stellen

Vom 28. Februar 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4411
16. Wahlperiode 28. 02. 2007

Antrag
der Abgeordneten Dr. Lukrezia Jochimsen, Katja Kipping, Dr. Petra Sitte,
Dr. Lothar Bisky, Cornelia Hirsch, Volker Schneider (Saarbrücken),
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und der Fraktion DIE LINKE.

Schutz des Welterbes im Konflikt um die Waldschlösschenbrücke
in den Vordergrund stellen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Das UNESCO-Welterbekomitee hatte das Dresdner Elbtal wegen der Pläne zur
Waldschlösschenbrücke auf die Rote Liste gesetzt. Dabei machte das Komitee
deutlich, dass der verliehene Titel bei einem Bau der geplanten Elbbrücke ab-
erkannt werde. Dies wäre weltweit der erste derartige Fall.

Bis zum 1. Februar 2007 hatte die UNESCO der Stadt Dresden Zeit gegeben,
alternative Vorschläge zum vorliegenden Entwurf der rund 160 Mio. Euro teuren
Waldschlösschenbrücke vorzulegen. 28 Mio. Euro sind bereits in die Planung
des 770 Meter langen Bauwerkes geflossen.

Der Deutsche Bundestag hatte sich ebenfalls in den Konflikt eingeschaltet, um
zwischen der UNESCO, dem Freistaat Sachsen und der Stadt Dresden zu ver-
mitteln. So fanden sowohl in Berlin als auch in Dresden Gespräche mit allen Be-
teiligten statt.

Das Oberverwaltungsgericht Bautzen hatte im November vergangenen Jahres in
einem Rechtsstreit zwischen dem Regierungspräsidium und der Stadt Dresden
angeregt, im Rahmen einer Mediation nach einer einvernehmlichen Lösung zu
suchen, weil keiner der Beteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung zwi-
schen Bürgerentscheid einerseits und völkerrechtlichem Abkommen anderer-
seits letztlich gewinnen würde. Dazu war eine aus fünf Experten bestehende Me-
diatorengruppe unter dem Vorsitz von Brigitta Ringbeck eingerichtet worden.

Mit Bedauern wird nun zur Kenntnis genommen, dass das Mediationsverfahren
im Streit um die Waldschlösschenbrücke in Dresden erfolglos geblieben ist.

Nach Ansicht der Vorsitzenden der Expertenkommission ist eine Elbquerung
mit geringerer Leistungsfähigkeit als die geplante Brücke unter den Bedingun-
gen des Welterbestatus möglich. Problematisch bleibe weiterhin der Standort
Waldschlösschen.
Die neue Lösung soll durch eine „moderierte Perspektivenwerkstatt“ vorbereitet
werden, in der neben den Konfliktparteien auch Vertreter von Politik, Verwal-
tung, UNESCO und Wissenschaftler beteiligt werden sollen. So wäre eine klei-
nere Brücke mit weniger Verkehr bei der UNESCO verhandelbar.

Nach den aktuellen Entwicklungen ist nun darauf zu achten, dass die Glaubwür-
digkeit Deutschlands nicht beschädigt wird: Diese steht nicht nur im Hinblick

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auf die Bewahrung des Natur- und Kulturerbes der Welt auf dem Spiel, sondern
auch im Hinblick auf die Achtung und Einhaltung völkerrechtlicher Verpflich-
tungen.

Aus diesem Grund müssen jetzt Bundesregierung und Bundestag Position bezie-
hen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

– in den Konflikt um die Waldschlösschenbrücke vermittelnd einzugreifen und
sich für die Einrichtung einer „moderierten Perspektivenwerkstatt“ einzuset-
zen;

– darauf hinzuwirken, dass der Freistaat Sachsen und die Stadt Dresden ihrer
Verantwortung für den Welterbeerhalt gerecht werden und den Schutz des
Welterbes im Konflikt um die Waldschlösschenbrücke in den Vordergrund
stellen;

– vom Freistaat Sachsen und der Stadt Dresden die Aussetzung des Baubeginns
zu fordern, bis Verfahrensvorschläge der „moderierten Perspektivenwerk-
statt“ vorliegen.

Berlin, den 27. Februar 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

Begründung

Dem 1972 von der UNESCO verabschiedeten „Übereinkommen zum Schutz
des Kultur- und Naturerbes der Welt“ sind bisher über 180 Staaten beigetreten.
Über 800 Stätten aus mehr als 130 Ländern sind auf der Welterbeliste verzeich-
net und genießen den Schutz der internationalen Staatengemeinschaft sowie die
besondere Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit.

Mit der Unterzeichnung der Welterbe-Konvention hat sich die Bundesrepublik
Deutschland dazu verpflichtet, die innerhalb seiner Landesgrenzen gelegenen
Denkmäler von außergewöhnlicher, weltweiter Bedeutung zu schützen und zu
erhalten.

Eine Aberkennung des Welterbestatus für Dresden wäre daher ein verheerender
Verlust des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland und würde sich negativ
auf weitere deutsche Bewerber auswirken.

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