BT-Drucksache 16/4291

Etatvergabe des Bundespresseamtes

Vom 5. Februar 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4291
16. Wahlperiode 05. 02. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Lothar Bisky, Dr. Lukrezia Jochimsen, Dr. Petra Sitte,
Cornelia Hirsch, Volker Schneider (Saarbrücken) und der Fraktion DIE LINKE.

Etatvergabe des Bundespresseamtes

Das Bundeskartellamt hat im Streitfall um das Auswahlverfahren zur Vergabe
eines Dienstleistungs-Rahmenvertrags über die Konzeption und Entwicklung
von Kommunikationsstrategien, die Planung und Entwicklung von Gestaltungs-
konzeptionen, die Umsetzung dieser Strategien und Konzeptionen sowie Bera-
tungsleistungen im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
durch das Bundespresseamt (BPA) einen Schiedsspruch gefällt. Drei Mitbewer-
ber hatten zuvor den Zuschlag an das ursprünglich im Wettbewerb siegreiche
Unternehmen Pergamon angefochten. Die Zweite Kammer des Kartellamtes
wies deren Anliegen zwar zurück, bescheinigte dem BPA jedoch in drei, jeweils
über 40 Seiten umfassenden Beschlüssen, eklatante Mängel im Vergabeverfah-
ren.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Unternehmen reichten eine Bewerbung ein, und welche Bewerber
wurden vom Bundespresseamt (BPA) zur Angebotsabgabe aufgefordert?

2. Welche Faktoren waren im Einzelnen maßgebend dafür, dass das BPA acht
Unternehmen zur Angebotspräsentation einlud?

3. Wann wurde die Bewertungskommission des BPA ursprünglich gebildet, und
wer gehörte ihr ursprünglich an?

4. Wer wurde wann und aus welchem Grund bei der endgültigen Auswahl der
Mitglieder der Bewertungskommission und im Unterschied zur ursprüng-
lichen Zusammensetzung nicht berücksichtigt?

5. In welcher Form erfolgte die Eignungsprüfung der vom BPA zur Angebots-
abgabe aufgeforderten Unternehmen?

6. Wie erklärt sich die Bundesregierung den Sachverhalt, dass in den Nach-
prüfungsverfahren des Bundeskartellamtes (VK 2 – 125/06, VK 2 – 128/06,
VK 2 –131/06) sechs von acht der zur Angebotsabgabe aufgeforderten
Unternehmen den originären Eignungskriterien des BPA nicht entsprachen?

7. Weshalb wurde das erst im Juni 2006 gegründete Unternehmen Pergamon,

das zum Zeitpunkt der Bewerbung noch keine Referenzen vorweisen konnte,
noch keine Umätze erzielt hatte und mit dem Geschäftsführer lediglich über
einen Mitarbeiter kraft Anstellungsvertrag verfügte, vom BPA überhaupt zur
Angebotsabgabe aufgefordert?

Drucksache 16/4291 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
8. Wie wurden die zur Angebotsabgabe aufgeforderten Unternehmen nach der
Präsentation ihrer Arbeitsproben am 5. und 6. September 2006 in den fünf
vorgegebenen qualitativen Kategorien von der Bewertungskommission des
BPA jeweils konkret nach vergebenen Punkten bewertet?

9. Wie wurde das qualitative Angebot des Unternehmens Pergamon von den
einzelnen Mitgliedern der Bewertungskommission nach dessen Präsen-
tation jeweils konkret nach vergebenen Punkten bewertet?

10. Welche Reihenfolge nach konkret vergebenen Punkten wurde von den Mit-
gliedern der Bewertungskommission für die einzelnen zur Angebotsabgabe
aufgeforderten Unternehmen nach deren Präsentation unter Berücksich-
tigung der Kategorie Preis festgelegt?

11. Wie erklärt die Bundesregierung den von der Zweiten Kammer des Bundes-
kartellamtes festgestellten Sachverhalt, dass der von dem Unternehmen Per-
gamon in seiner Präsentation Anfang September 2006 vorgestellte Claim
„Es geht voran“ mit dem vom BPA zuvor intern entwickelten, geheimen,
erst am 3. Oktober 2006 öffentlich vorgestellten Slogan „Es geht voran in
Deutschland“ nahezu deckungsgleich war?

12. Wie erklärt die Bundesregierung den Umstand, dass – trotz der Ähnlichkeit
des von dem Unternehmen Pergamon vorgeschlagenen Claims „Es geht
voran“ mit dem intern vom BPA entwickelten Slogan – dieser Sachverhalt
selbst von jenen Mitgliedern der Bewertungskommission, die ihn kannten,
nicht zum Gegenstand einer offiziellen Besprechung in der Kommission
gemacht wurde?

13. Warum wurde das Unternehmen Pergamon nicht vom weiteren Verfahren
ausgeschlossen, als es entgegen dem erkennbaren Anliegen der Ausschrei-
bung nicht nur Muster, sondern eine komplette Kampagne vorlegte und sich
– wie von der Zweiten Kammer des Bundeskartellamts festgestellt – gegen-
über den Mitbewerbern, die sich an die Beschränkungen des Ausschrei-
bungstextes hielten, einen Vorteil verschaffte?

14. Ist es richtig, dass das BPA gegenüber einem der vor der Zweiten Kammer
des Bundeskartellamtes einen Nachprüfungsantrag führenden Unternehmen,
wie von diesem in einer Pressemeldung dargelegt („Johanssen + Kretschmer
erklärt zur Entscheidung des Bundeskartellamtes zur Vergabe des Presse-
und Informationsamtes der Bundesregierung“. Quelle: http://www.jk-
kom.de/jk-kom/ Download: 26. Januar 2007), „durch die wiederholte An-
drohung von Strafanzeigen“ entgegengetreten ist, und wenn ja, wie lauteten
die vorgebrachten Anschuldigungen konkret?

15. Wurden auch die beiden anderen, vor dem Bundeskartellamt einen Nach-
prüfungsantrag führenden Unternehmen von Seiten des BPA mit ähnlichen
oder anderslauten Anschuldigungen konfrontiert, und wenn ja, wie lauteten
diese?

16. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den Entscheidungen
der Zweiten Kammer des Bundeskartellamtes?

17. Mit welcher Begründung hat das Unternehmen Pergamon als ursprünglicher
Gewinner der Ausschreibung sein Angebot zurückgezogen?

Berlin, den 1. Februar 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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