BT-Drucksache 16/4160

Die deutsche G8- und EU-Präsidentschaft - Neue Impulse für die Entwicklungspolitik

Vom 31. Januar 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4160
16. Wahlperiode 31. 01. 2007

Antrag
der Abgeordneten Dr. Christian Ruck, Anette Hübinger, Dr. Wolf Bauer,
Marie-Luise Dött, Hartwig Fischer (Göttingen), Jürgen Klimke, Hartmut Koschyk,
Bernward Müller (Gera), Dr. Georg Nüßlein, Sibylle Pfeiffer, Dr. Norbert Röttgen,
Volker Kauder, Dr. Peter Ramsauer und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Dr. Sascha Raabe, Gabriele Groneberg, Dr. Bärbel Kofler,
Christel Riemann-Hanewinckel, Walter Riester, Dr. Ditmar Staffelt, Andreas Weigel,
Dr. Wolfgang Wodarg, Elvira Drobinski-Weiß, Detlef Dzembritzki, Iris Hoffmann
(Wismar), Walter Kolbow, Ute Kumpf, Lothar Mark, Olaf Scholz, Frank Schwabe,
Hans-Jürgen Uhl, Jörg Vogelsänger, Hedi Wegener, Dr. Peter Struck und der
Fraktion der SPD

Die deutsche G8- und EU-Präsidentschaft – Neue Impulse für die
Entwicklungspolitik

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die gemeinsame G8- und EU-Präsidentschaft im Jahr 2007 bedeutet für
Deutschland eine hohe Verantwortung und gleichzeitig die große Chance, wich-
tige Weichen für die Entwicklungspolitik zu stellen und den internationalen
Bemühungen zur Erreichung der Millenniumsentwicklungsziele (MDG) neuen
und kraftvollen Schwung zu verleihen. Um das zu erreichen, müssen die beiden
Präsidentschaften in ihrer Zielrichtung als Einheit gesehen werden; EU und G8
können komplementär wirken und sich gegenseitig beflügeln. G8 und die EU,
aber auch wesentliche globale und regionale Mächte müssen an einem Strang
ziehen. Kurzfristiges, einseitig an nationalen Interessen orientiertes Handeln ist
kontraproduktiv und gereicht längerfristig zum Nachteil des so Handelnden.

Die G8 haben sich seit dem Beginn der 90er Jahre zu einer wichtigen Institution
des internationalen Entwicklungsdialogs entwickelt. Seit dem Ende des Ost-
West-Konflikts haben sich die G8 immer mehr globalen Themen zugewandt und
Untersuchungen der VN und der Weltbank aufgegriffen, wonach Seitens der in-
ternationalen Gebergemeinschaft zusätzliche Anstrengungen erforderlich sind,
um eine auf Nachhaltigkeit gründende weltweite Entwicklung voranzubringen.
Die G8 haben seit der Konferenz von Rio eine Reihe von Maßnahmen ergriffen
bzw. angestoßen, um Umweltzerstörung und die weltweite Armut zu bekämp-

fen, sowie zur Erreichung der Millenniumsentwicklungsziele beizutragen. Zu
diesen herausragenden Meilensteinen gehören der Gipfel von Houston mit der
Tropenwaldinitiative und der Kölner Gipfel, auf dem unter deutscher Präsident-
schaft die erweiterte Schuldeninitiative beschlossen wurde. Der Erfolg dieser
Initiativen lässt sich bereits ablesen: Die Tropenwaldinitiative hat zur deutlichen
Verminderung der Regenwaldzerstörung und damit zur Konservierung der Bio-
diversität beigetragen. Durch die Kölner Entschuldungsinitiative gehen heute

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15 Millionen Kinder mehr in die Schule. Im Jahr 2001 verständigten sich die G8
auf die Einsetzung des Globalen Fonds zur Bekämpfung von HIV/Aids, Malaria
und Tuberkulose, seit 2002, als der G8-Afrika-Aktionsplan beschlossen wurde,
steht die Entwicklung in Afrika im Vordergrund. Ein Schwerpunkt dabei ist die
Unterstützung der NEPAD-Initiative (Neue Partnerschaft für Afrikas Entwick-
lung).

Auch die EU ist ein wichtiger Akteur in der internationalen Entwicklungspoli-
tik; gemeinsam tragen die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten 60 Prozent
der weltweiten ODA. Eine kohärente und wirkungsvolle europäische Entwick-
lungspolitik bildet deshalb eine zentrale Grundlage für eine weltweit kohärente
und wirkungsvolle Politik aller Geber. Dies ist auch entscheidend für die Ab-
stimmung ihrer Fähigkeiten zur zivilen wie militärischen Krisenprävention und
des Krisenmanagements. Die EU legt daher einen besonderen Schwerpunkt auf
die Zusammenarbeit mit Afrika, auf die Umsetzung der Afrika-Strategie, auf ge-
eignete Unterstützungsmechanismen für die afrikanische Friedensfazilität und
die handelsbezogene Entwicklungszusammenarbeit. Ein Instrument dazu ist die
,Everything But Arms‘-Initiative zur angepassten Handelsintegration.

Ausgelöst durch die Finanzierungsdebatte zur Umsetzung der Millenniumsziele
hat sich in den letzten Jahren eine lebhafte Diskussion über die Wirksamkeit der
Entwicklungszusammenarbeit entwickelt.

Durch die Globalisierung haben sich die Kernherausforderungen der Entwick-
lungspolitik (Armutsbekämpfung und Förderung der nachhaltigen Entwicklung
zur Verhinderung von menschlichem Elend, Hunger, Umweltzerstörung, Krie-
gen und Bürgerkriegen, Vernichtung der Biodiversität und Klimawandel) in
ihrer Bedeutung und Brisanz verschärft. Diese Herausforderungen sind nicht
lokal begrenzt, sondern wirken global und betreffen uns alle. Die zunehmende
Kluft zwischen erfolgreichen und nicht erfolgreichen Entwicklungsländern
sowie die Disparitäten innerhalb dieser Länder bergen erheblichen sozialen
Sprengstoff. Zur Jahrtausendwende hat sich die Weltgemeinschaft mit den
Millenniumsentwicklungszielen eine Agenda bis zum Jahre 2015 gegeben, um
diesen Herausforderungen wirkungsvoll zu begegnen.

Mangelhafte Infrastruktur, ungleiche Handels- und Marktzugangsbedingungen,
autoritäre Herrschaft und schlechte Regierungsführung, weltweite Umwelt- und
Klimaveränderungen, die wachsende Konkurrenz um Rohstoffe und Arbeits-
plätze in Verbindung mit hohem Bevölkerungswachstum, der Benachteiligung
von Frauen und indigenen Bevölkerungsgruppen haben zu gestiegener Un-
sicherheit und Entwicklungsblockaden, zu interkulturellen und interreligiösen
Spannungen, sowie wachsenden Migrations- und Flüchtlingsbewegungen ge-
führt. Diese Faktoren bewirken zunehmende Krisen und Konflikte, bis zum
Staatszerfall. Der Wegfall staatlicher Strukturen begünstigt wiederum (poli-
tischen und religiösen) Extremismus und Terrorismus.

Entwicklungszusammenarbeit kann Entwicklungsländer nicht selbsttätig entwi-
ckeln. Entwicklung kann nur eigenverantwortlich durch die Betroffenen selbst
geschehen. Die Entwicklungszusammenarbeit kann diesen Prozess nur flan-
kieren, zu Teilfragen der Entwicklung Anstöße geben und diesen Prozess mo-
derieren.

Wir können heute feststellen, dass sich in den letzten vier Dekaden die Weltbe-
völkerung mehr als verdoppeln konnte, ohne dass wir einen entsprechenden Zu-
wachs an hungernden Menschen zu verzeichnen haben. Wir können feststellen,
dass viele Länder Asiens und Lateinamerikas durch die Transfers der Entwick-
lungszusammenarbeit in Verbindung mit erheblicher Beratungsleistung wirt-
schaftliche Eigenständigkeit und positive Veränderungen der Regierungsfüh-
rung erreichen konnten. Sie lockten damit lokale wie internationale Investitio-

nen an und haben so die Globalisierung als Chance für den wirtschaftlichen Auf-

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stieg und zur Bekämpfung der Armut genutzt. Innerhalb dieser erfolgreichen
Länder öffnet sich jedoch häufig die Schere zwischen Gewinnern und Verlie-
rern, so dass sozial orientierte Korrekturen des Entwicklungsmodells erforder-
lich sind, um sozialen Sprengstoff zu entschärfen.

Wir müssen allerdings auch feststellen, dass es weiterhin etwa 48 Länder gibt,
deren Entwicklung sich trotz Finanztransfers und Beratungsleistungen mit er-
heblichen Verzögerungen vollzieht oder die sich in einem Stadium blockierter
Transformation, in einem mehr oder minder stark ausgeprägten Desintegrations-
prozess befinden. In manchen dieser Länder haben die Regierenden in früheren
Jahren nicht den Weg der Eigenverantwortung, sondern den Weg der Hyper-
verschuldung und der Abhängigkeit von Transferleistungen gewählt.

Verschuldung und Abhängigkeit reichen oft zurück in die Zeit der entwicklungs-
politisch unreflektierten Zahlungen auf Kreditbasis an Entwicklungsländer für
unangepasste Wirtschafts- und Infrastrukturprojekte, als „Stimmenkauf“ im
Rahmen der Blockkonfrontation und für Rohstoffbeschaffung unter Inkauf-
nahme von Korruption und Diktaturen. Seit dem Ende des Ost-West-Konflikts
sind Partizipation und „gute Regierungsführung“ als Voraussetzung für partner-
schaftliche Entwicklungszusammenarbeit vor allem europäischer Staaten mit
ihren Partnern gestärkt worden. NEPAD, ‚Aid for Trade‘ oder ‚Everything But
Arms‘ sind Beispiele dafür. Partizipatorische Entwicklung, Eigenverantwortung
und Armutsbekämpfung, somit auch der verantwortungsvolle Umgang mit Res-
sourcen und mit den Einnahmen aus Rohstoffverkauf, sind jedoch zurzeit ge-
fährdet. Der Rohstoff- und Energiebedarf in den Industrieländern, insbesondere
aber die gestiegene Nachfrage in den schnell wachsenden Schwellenländern,
wie China und Indien, verleitet letztere, für ihre Rohstoffbeschaffung die auf
breiter Ebene vereinbarten Entwicklungsstrategien auszuhebeln durch lang-
fristig bindende Handelsverträge und die Lieferung von Infrastruktur, was zu
neuer Verschuldung, Korruption und Abhängigkeit führen kann und Strukturen
schlechter Regierungsführung stabilisiert.

Wenn die internationale Gemeinschaft die entwicklungs- und gesellschaftspo-
litischen Herausforderungen bewältigen und berechtigte Kritik abstellen will,
muss eine Stärkung der Eigenverantwortung der Entwicklungsländer in Verbin-
dung mit Eckpunkten guter Regierungsführung und der Stärkung privatwirt-
schaftlicher Investitionen einhergehen. Nur so wird eine nachhaltige Entwick-
lung und damit das Erreichen der Millenniumsziele in vielen Ländern zu
verwirklichen sein.

Die Kapazitäten und Selbsthilfekräfte unserer Partner dürfen nicht durch techni-
zistische, aufgesetzte Konzeptionen und undifferenzierte Finanzierung gefähr-
det werden. Dies, so die Erfahrung, wirkt kontraproduktiv. Eine gemeinsam mit
der Gebergemeinschaft und unseren Partnern entwickelte Konzeption ist daher
unverzichtbar.

Auch die internationale Gemeinschaft ist in eigenem Interesse gefordert, wich-
tige Veränderungen am bisherigen Handeln vorzunehmen. Die Entwicklungszu-
sammenarbeit Deutschlands und die der G8- und EU-Staaten sowie die nationa-
ler und internationaler Institutionen müssen besser koordiniert, effizienter und
partnerschaftlicher werden. Notwendige Finanzierungen müssen verlässlich und
zielgerichtet bereitgestellt werden. Dazu müssen alle Möglichkeiten für eine
internationale Arbeitsteilung ausgelotet werden. Mangelnde Koordination und
institutionelles Durcheinander müssen abgestellt, Transaktionskosten vermin-
dert und die institutionellen Kapazitäten der Partner entlastet werden.

Unter die Verantwortung Deutschlands und anderer Industrieländer fällt auch
die Etablierung eines Handelsregimes, das den Entwicklungsländern eine faire
Teilnahme an der globalisierten Weltwirtschaft erlaubt und die Generierung

eigener Ressourcen für deren Entwicklung ermöglicht. Deshalb ist es wichtig,

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sich weiterhin für die Umsetzung der in Doha vereinbarten und in Honkong
bekräftigten WTO-Entwicklungsrunde einzusetzen. Den jetzt in Verhandlung
stehenden Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der EU und den AKP-
Staaten kommt dabei eine richtungweisende Bedeutung zu. Es besteht die
Chance, auf neuartige Weise handels- und entwicklungspolitische Ansätze mit-
einander zu verknüpfen. Den AKP-Staaten wird damit die Möglichkeit gegeben,
nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum, Handelsliberalisierung entsprechend
dem eigenen Entwicklungsstand und die Bekämpfung der Armut mit demokra-
tischen Reformprozessen zu verbinden.

Die Bundesregierung steht somit während ihrer Doppelpräsidentschaft bei G8
und EU vor einer gewaltigen Aufgabe.

II. Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass

1. die Bundesregierung die Entwicklungspolitik zu einem Schwerpunkt ihrer
G8- und EU-Präsidentschaft erklärt hat;

2. die Bundesregierung als überwölbenden Fokus im Bereich der Entwick-
lungspolitik für beide Präsidentschaften das Thema „Afrika“ gewählt hat und
sich zudem auf die Bereiche „Gute Regierungsführung“, „nachhaltige
Investitionen“,„Energie und Klima“ „Bekämpfung von HIV/Aids und Stär-
kung der Gesundheits- und sozialen Sicherungssysteme“, sowie Transparenz
konzentriert;

3. die Bundesregierung während ihrer Doppelpräsidentschaft dem engeren
Austausch und der engeren Kooperation mit den Schwellenländern eine
herausgehobene Bedeutung beimessen wird;

4. die Bundesregierung insbesondere folgende zentrale Themenfelder der Ent-
wicklungspolitik in den Fokus rückt, um diese mit den G8- und EU-Partnern
sowie mit Vertretern und Vertreterinnen von Schwellenländern und afrika-
nischen Staaten voranzubringen:

– Klimaschutz und Energie mit den Zielen Steigerung der Energieeffizienz,
Ausbau erneuerbarer Energien und verbesserter Zugang zu Energie,

– die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen über die För-
derung guter Regierungsführung als Beitrag zur Erreichung der Millen-
niumsziele,

– die Einhaltung von Mindeststandards im Umgang mit Beschäftigten so-
wie mit der Umwelt und den natürlichen Ressourcen bei Investitionen,

– die Stärkung der EITI Initiative (Extractive Industries Transparency Initi-
ative) zum transparenten Umgang mit Rohstoffen gerade auch in Entwick-
lungsländern,

– den Dialog mit den Schwellenländern über Fragen von global governance;

5. die Bundesregierung einen besonderen Schwerpunkt auf nachhaltiges
Wachstum und entwicklungsorientierte Verantwortung in Afrika legt und
dabei folgende zentrale Elemente ihrer Präsidentschaften benannt hat:

– Gute Regierungsführung und Eigenverantwortung als Grundlage für Ent-
wicklung,

– verantwortungsvolle Nutzung des Ressourcenreichtums und Schutz der
natürlichen Lebensgrundlagen,

– die Stärkung nachhaltiger Investitionen,

– die Stärkung afrikanischer Kapazitäten für Frieden und Sicherheit,
– die Bekämpfung von HIV/Aids sowie die Gesundheitssystementwicklung,

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/4160

– die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit den AKP-Staaten,

– Umsetzung der EU-Afrika-Strategie,

– Energie und Entwicklung.

III. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:

Im Rahmen des entwicklungspolitischen Schwerpunkts ihrer G8- und EU-Prä-
sidentschaft müssen in den genannten Themenfeldern nachhaltige Ergebnisse
erzielt, die bisherigen Initiativen der G8 und der EU nachhaltig umgesetzt und
in die Zukunft gerichtete Initiativen verabredet werden. Dabei soll sie sich ins-
besondere dafür einsetzen, dass

1. Deutschland sich als ein Partner für ein starkes Afrika präsentiert und damit
deutlich macht, dass Afrika ein Kontinent im Aufbruch und mit positiven
Entwicklungen ist, in dem unsere nachhaltige und andauernde Unterstützung
auf fruchtbaren Boden fällt;

2. die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPA) zu einem entwicklungspoli-
tisch wirkungsvollen Abschluss gebracht und den Entwicklungsländern ge-
rechte Handelschancen eingeräumt werden, die Fortsetzung der WTO-Ent-
wicklungsrunde im Sinne des Bundestagsbeschlusses „Anstrengungen für
einen erfolgreichen Abschluss der Doha-Welthandelsrunde mit höchster
Priorität fortsetzen“ (Bundestagsdrucksache 16/3810) angestrebt wird und
gleichzeitig vermehrt Maßnahmen für Aid for Trade unterstützt werden;

3. sie den im Rahmen der EU und der G8 in Gleneagles eingegangenen Ver-
pflichtungen zur Steigerung der ODA gerecht wird;

4. Standards und gemeinsame Vorgehensweisen guter Regierungsführung in
Verbindung mit privilegierter Partnerschaft sowie Mechanismen zur arbeits-
teiligen Umsetzung, wie sie im Peer Review Mechanism der NEPAD-Initia-
tive der afrikanischen Staaten und in den Weltbankanalysen vereinbart sind,
von allen G8- und EU-Staaten aktiv, kohärent und kooperativ unterstützt
werden;

5. diese Vereinbarungen guter Regierungsführung mit unabhängigen gegensei-
tigen Überprüfungen (Peer Reviews) und bevorzugten längerfristigen wirt-
schaftspolitischen Kooperationsperspektiven auch anderen Regionalorgani-
sationen der Entwicklungsländer angeboten werden;

6. wirkungsvolle Initiativen zum Klimaschutz durch Verbesserung der Energie-
effizienz und den nachhaltigen Einsatz erneuerbarer Energien vereinbart wer-
den. Die Bundesregierung soll sich dafür einsetzen, dass der Clean Develop-
ment Mechanism des Kyoto-Protokolls, der in Schwellenländern wie China
und Indien als Instrument genutzt wird, auch in den Ländern Subsahara-
Afrikas ausgebaut wird, und dass der Fonds zur Investitionsförderung für
effiziente und erneuerbare Energietechnologien (GEREF) auch in Afrika aus-
reichend umgesetzt wird. Sie soll außerdem verstärkt Maßnahmen zur Ver-
besserung des Zugangs zur Energie, zur Anpassung an den Klimawandel und
zur Vermeidung der Entwaldung sowie zur Aufforstung ergreifen;

7. durch Aufbau von Infrastruktur und durch Investitionen der Privatwirtschaft
ein angepasstes wirtschaftliches und soziales Wachstum zu Armutsbekämp-
fung und zur Umsetzung der Millenniumsentwicklungsziele beitragen kann;

8. die an den Prinzipien des UN Global Compact und der OECD-Leitsätze für
multinationale Unternehmen ausgerichteten Mindeststandards – im Umgang
mit den Beschäftigten und den natürlichen Ressourcen sowie in Bezug auf
die Rechte indigener Völker in Entwicklungsländern – eingehalten werden;

Drucksache 16/4160 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

9. ein fairer Interessenausgleich zwischen dem Schutz geistigen Eigentums
und dem fairen Zugang zu neuen Technologien und Produkten – gegensei-
tige Akzeptanz der international gültigen Regeln vorausgesetzt – und zu
Präparaten gegen Massenepedemien ermöglicht wird;

10. gemeinsam zum international vereinbarten Ziel des universellen Zugangs
zu Gesundheitsdienstleistungen mit den Schwerpunkten Prävention, Be-
kämfpung der Feminisierung von HIV/Aids, Medikamentenzugang und
Entwicklung von Gesundheitssystemen beigetragen wird;

11. durch einen Schwerpunkt auf die Situation von Frauen und Mädchen, auf
präventive Maßnahmen und die Gesundheitssystementwicklung die HIV/
Aids-Katastrophe in Afrika wirkungsvoll eingedämmt wird;

12. Frauen an allen Kooperations- und Entscheidungsprozessen aktiv beteiligt
werden, dass Entscheidungen auf Regierungsebene der G8- und EU-Staaten
auf geschlechtergerechte Kohärenz geprüft werden, dass Frauen und Mäd-
chen in Entwicklungsländern rechtliche Gleichstellung und der Zugang zu
Bildung und Eigentum ermöglicht wird;

13. durch die EITI Initiative (Extractive Industries Transparency Initiative) der
transparente Umgang mit Rohstoffen in Entwicklungsländern aber auch in
Industrieländern gestärkt wird mit dem Ziel, die Erlöse aus Rohstoffverkäu-
fen endlich zum Segen für die arme Bevölkerung in Entwicklungsländern
für Armutsbekämpfung und wirtschaftliche und soziale Entwicklung einzu-
setzen;

14. ein Schwerpunkt auf das Thema Energie und Entwicklung gelegt wird und
dabei sowohl die entwicklungsorientierte Nutzung der fossilen Energieres-
sourcen für eine nachhaltige Entwicklung unter Zugrundelegung der EITI-
Initiative, als auch die Reduzierung der Abhängigkeit Afrikas von fossilen
Brennstoffen durch die Förderung von erneuerbaren Energien und von En-
ergieeffizienz gestärkt werden;

15. Vereinbarungen angestrebt werden, die eine verantwortungsvolle, entwick-
lungsorientierte und nachhaltige Nutzung des Ressourcenreichtums ge-
währleisten;

16. Deutschlands Interesse am Nachbarkontinent Afrika durch intensive Kon-
takte auf hoher politischer Ebene unterstrichen wird;

17. der Dialog mit reformorientierten afrikanischen Staaten intensiv fortgeführt
und zu einem Afrika-Outreach im Kontext des G8-Gipfels in Heiligendamm
eingeladen wird;

18. durch verantwortungsvolle und transparente Geberpolitik die Eigenverant-
wortung der afrikanischen Partner für ihre Entwicklung und die Kernele-
mente guter Regierungsführung gestärkt wird;

19. die entwicklungspolitische Umsetzung der Afrika-Strategie vorangetrieben
wird;

20. die handelsbezogene Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika wirkungs-
voll ausgebaut wird, um zum Ausbau nachhaltiger Investitionen durch aus-
ländische und einheimische Unternehmen für armuts- und entwicklungs-
orientiertes Wachstum und Beschäftigung in Afrika beizutragen und um
ausländische Unternehmen zu ermuntern, geeignete Investitionsfelder für
ein verantwortungsvolles Engagement in Afrika zu erschließen;

21. Mechanismen gestärkt werden, welche die Herstellung von Sicherheit für
die Afrikaner und ihre Nachbarn durch Unterstützung der afrikanischen
Kapazitäten für Frieden und Sicherheit ermöglichen und geeignete Finan-

zierungsmechanismen innerhalb der finanziellen Vorrausschau der EU für

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/4160

die afrikanische Friedensfazilität geprüft werden, im Sinne der Erklärung
des Rates für Allgemeine Angelegenheit und Außenbeziehungen vom April
2006;

22. im Rahmen der partnerschaftlichen Beziehungen vor allem zwischen der
EU und afrikanischen Staaten zu deren ländlicher Entwicklung und eigen-
ständiger Ernährungssicherung beigetragen wird;

23. ein besonderer Schwerpunkt auf die Zusammenarbeit der EU mit Afrika
gelegt wird;

24. die gemeinsame Initiative der Gebergemeinschaft zur Steigerung der Wirk-
samkeit der Hilfe auf Grundlage der Erklärung von Paris in der EU mit
Leben erfüllt wird und dabei insbesondere

– eine Strategie für höhere Komplementarität und Arbeitsteilung zwischen
der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten zu vereinbaren,

– dafür Sorge zu tragen, dass der Europäische Entwicklungsfonds trans-
parent und effizient gemanagt wird,

– einen Mechanismus für mehr Kohärenz der Politikfelder im Hinblick auf
entwicklungspolitische Erfordernisse zu verabreden,

– die Umsetzung der Beschlüsse von Monterrey und die Ausrichtung der
Entwicklungszusammenarbeit der EU an den MDG voranzutreiben,

– eine bessere Strategie zur Kommunikation der Entwicklungszusammen-
arbeit der EU zu vereinbaren;

25. neue Initiativen für die Thematik Beschäftigung und Entwicklung voran-
gebracht werden;

26. bei der Neuverhandlung der internationalen Nahrungsmittelhilfekonvention
sichergestellt wird, dass sie entwicklungspolitisch optimiert wird und ins-
besondere keine Marktverzerrungen zu Lasten der Entwicklungsländer ein-
treten;

27. eine an entwicklungspolitischen Eckpunkten und Bedürfnissen orientierte
Vorbereitung entwicklungspolitisch wichtiger Umweltkonferenzen (Ver-
tragsstaatenkonferenz der Wüstenkonvention, Kommission für nachhaltige
Entwicklung, Klimarahmenkonferenz) innerhalb der EU sichergestellt wird.

Berlin, den 31. Januar 2007

Volker Kauder, Dr. Peter Ramsauer und Fraktion
Dr. Peter Struck und Fraktion

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