BT-Drucksache 16/4080

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung -16/3078, 16/3135, 16/4078- Entwurf eines Gesetzes zur Vereinheitlichung von Vorschriften über bestimmte elektronische Informations- und Kommunikationsdienste (Elektronischer-Geschäftsverkehr-Vereinheitlichungsgesetz - ElGVG)

Vom 17. Januar 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4080
16. Wahlperiode 17. 01. 2007

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Gudrun Kopp, Rainer Brüderle,
Christoph Waitz, Jens Ackermann, Christian Ahrendt, Daniel Bahr (Münster),
Uwe Barth, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Patrick Döring,
Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth),
Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß,
Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Dr. Werner Hoyer,
Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk,
Harald Leibrecht, Michael Link (Heilbronn), Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt,
Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Detlef Parr, Cornelia Pieper,
Gisela Piltz, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Dr. Hermann Otto Solms,
Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar,
Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Martin Zeil,
Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 16/3078, 16/3135, 16/4078 –

Entwurf eines Gesetzes zur Vereinheitlichung von Vorschriften
über bestimmte elektronische Informations- und Kommunikationsdienste
(Elektronischer-Geschäftsverkehr-Vereinheitlichungsgesetz – ElGVG)

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Das Gesetz zur Vereinheitlichung von Vorschriften über bestimmte elek-
tronische Informations- und Kommunikationsdienste (ElGVG) stellt einen
wesentlichen Teil der Neuregelung des wirtschaftsbezogenen Tele- und Medien-
diensterechts und der damit einhergehenden Neuordnung der grundlegenden
Kompetenzverteilung in diesem Sektor zwischen Bund und Ländern dar.

Kern sind die Vereinheitlichung und Übertragung der unterschiedlichen Vor-

schriften aus dem Teledienstegesetz (TDG), dem Teledienstedatenschutzgesetz
(TDDSG) und dem Mediendienste-Staatsvertrag (MDStV) in ein Telemedien-
gesetz (TMG) auf Bundesebene und die Zuweisung landesspezifischer Angele-
genheiten in den am 1. März 2007 durch den 9. Rundfunkänderungsstaatsvertrag
angepassten Rundfunkstaatsvertrag (RStV).

Drucksache 16/4080 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Die Zusammenführung der Rechtsrahmen für Tele- und Mediendienste, der da-
mit verbundene Abbau von künstlichen Unterscheidungsmerkmalen und von
durch die fortschreitende Konvergenz der Medien obsolet gewordenen recht-
lichen Vorschriften sind überfällig und mit Nachdruck zu begrüßen. Die Wieder-
herstellung der durch rasante technologische Entwicklung einerseits und ver-
krustete gesetzliche Rahmenbedingungen verloren gegangenen Rechtssicher-
heit beim elektronischen Geschäftsverkehr ist von elementarer Bedeutung für
die hiesige Informations- und (Tele-)kommunikationsbranche, die einen wesent-
lichen Anteil an der Innovations- und Wirtschaftskraft des Standortes Deutsch-
land hat.

Die Bundesregierung hat mit dem ElGVG einen wichtigen und im Kern guten
Schritt in diese Richtung gemacht. Allerdings hat sie dabei einige wesentliche
Hemmnisse, die insbesondere durch das neue TMG hätten abgebaut werden
müssen, nicht berücksichtigt. Durch den Plan des gemeinsamen Inkrafttretens
des ElGVG und des RFStV am 1. März 2007 hat sich die Bundesregierung
einem Zeitdruck ausgesetzt, den sie jetzt als Begründung dafür anführt, offen-
kundige und allen wesentlichen Akteuren spätestens seit der Öffentlichen An-
hörung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie des Deutschen Bundes-
tages zum ElGVG am 11. Dezember 2006 bekannte Probleme im Gesetzeswerk
nicht ausräumen zu können.

Vor allem in den Bereichen der Begrifflichkeiten, der Haftungs- bzw. Verant-
wortlichkeitsbestimmungen in § 7 ff. des TMG-Entwurfs und des Daten- und
Kundenschutzes in § 11 ff. des TMG-Entwurfs wurde den Anforderungen eines
modernen und sicheren elektronischen Geschäftsverkehrs nicht Rechnung ge-
tragen. Eine umfassende Rechtssicherheit wird somit weder für die Branche
noch für die Verbraucher gewährleistet.

Der Deutsche Bundestag hält das Vorhaben, das ElGVG und den geänderten
RStV zeitgleich in Kraft treten zu lassen, für richtig und dringend erforderlich,
um keine Lücken im Rechtsrahmen für elektronischen Geschäftsverkehr entste-
hen zu lassen. Er hält es jedoch für ebenso angebracht, in der Kürze der Zeit
durchführbare Anpassungen am ElGVG vor dessen Verabschiedung vorzuneh-
men. Unangebracht hält der Deutsche Bundestag das Vorhaben, bereits während
des laufenden Gesetzgebungsverfahrens eine Novelle für das noch nicht verab-
schiedete Gesetz zu planen, obwohl der Änderungsbedarf bereits hinlänglich
bekannt ist.

Die Schnelllebigkeit der Branche, die dringend benötigte Rechtssicherheit im
elektronischen Geschäftsverkehr und nicht zuletzt das Vertrauen in die Gesetz-
gebungskompetenz der Legislative gebieten, bereits im vorliegenden Entwurf
einige wichtige Anpassungen bzw. Verbesserungen vorzunehmen.

II. Deshalb fordert der Deutsche Bundestag die Bundesregierung auf,

● die Begrifflichkeiten und Abgrenzungen von Telemediendiensten, Telekom-
munikationsdiensten und Rundfunk eindeutiger und zukunftsgerichteter zu
gestalten. Die sich bereits abzeichnenden Abgrenzungs- und Definitionspro-
bleme zwischen deutschen Normen und geltenden oder sich bereits ankündi-
genden EU-Richtlinien können im Hinblick auf die deutsche Ratspräsident-
schaft zeitnah und problemlos ausgeräumt werden. Doppelregulierungen via
TMG, Telekommunikationsgesetz (TKG) und bzw. oder RStV sollen ausge-
schlossen werden.

● Anbieter von Telemediendiensten nicht mit unerfüllbaren Haftungs- und Ver-
antwortlichkeitsregeln oder Überwachungspflichten zu konfrontieren und so
einen Inhalteanbieter oder Plattformbetreiber in eine Zwickmühle zwischen

eventuellen Haftungsansprüchen von Dritten sowie Vertragsbindungen und
die Gefahr von Schadensersatzforderungen seitens der Kunden zu bringen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/4080

Deshalb ist § 7 Abs. 2 Satz 2 des TMG-Entwurfs dahingehend zu ergänzen,
dass explizit lediglich Informationen, die zum Zeitpunkt der Beanstandung
durch den in seinen Rechten Verletzten bereits dem Zugriff des Anbieters
unterliegen, der Pflicht zur Entfernung oder Sperrung durch den Anbieter
unterliegen.

● grundsätzlich die Haftung und Verantwortung soweit wie möglich dem Ver-
ursacher selbst zuzuordnen.

● in die Zukunft gerichtete Prüfungspflichten von in den Schutzbereich von
Artikel 5 des Grundgesetzes fallenden Plattformen – insbesondere also so
genannten Meinungsforen – grundsätzlich auszuschließen.

● die besondere Situation von Suchmaschinen im TMG abzubilden. Der TMG-
Entwurf ist insoweit zu ergänzen, dass § 8 Abs. 1 auch auf Anbieter abstellt,
die Nutzern eine automatisierte Suchmaschine oder vergleichbare Hilfsmittel
zur Suche nach fremden Informationen bereitstellen.

● eine Verschärfung des so genannten Koppelungsverbotes nach § 12 Abs. 3
grundsätzlich auszuschließen und im Hinblick auf die bestehende Wettbe-
werbssituation im Bereich der Telemedien die Streichung des Verbotes in
Erwägung zu ziehen.

● Die Bestandsdatennutzung nach § 14 des TMG-Entwurfs so zu regeln, dass
die Sphäre des elektronischen Geschäftsverkehrs nicht stärker als die des
„klassischen“ Geschäftsverkehrs reglementiert wird. Danach wird § 14
TMG-Entwurf so umformuliert, dass bei bestehenden Kundenbeziehungen
grundsätzlich Opt-out-Regelungen greifen, so wie es im Gesetz gegen unlau-
teren Wettbewerb (UWG) schon jetzt Rechtsrealität ist.

● der Bekämpfung von SPAM weiterhin eine hohe Priorität zuzumessen. Dazu
müssen von verschiedenen Seiten geforderte symbolische Gesetzesverschär-
fungen, denen nach herrschender Meinung keine Effektivität zukommt, aus-
geschlossen werden und stattdessen die wegweisenden kooperativen Maß-
nahmen von Industrie, Verbraucherzentralen und Verbänden bestmöglich
unterstützt werden.

● die Bundesländer auf die bestehenden Wettbewerbsnachteile hinzuweisen,
die durch die zersplitterte und der konvergenten Medienrealität nicht gerecht
werdende Aufsichts- und Regulierungslandschaft auftreten. Gemeinsam mit
den Bundesländern ist von der Bundesregierung ein Konzept auszuarbeiten,
wie Aufsicht und Regulierung für (öffentlich-rechtlichen und privaten)
Rundfunk, Medien und Telekommunikation einheitlich und transparent ge-
staltet werden kann, damit die Innovations- und Wirtschaftskraft, die dem
elektronischen Geschäftsverkehr nachweislich innewohnen, nicht weiterhin
durch überholte Strukturen gehemmt werden.

Berlin, den 17. Januar 2007

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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