BT-Drucksache 16/407

Konsequenzen der russisch-ukrainischen Gaskontroverse für Deutschland

Vom 18. Januar 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/407
16. Wahlperiode 18. 01. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Gudrun Kopp, Jens Ackermann, Daniel Bahr (Münster),
Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Mechthild
Dyckmans, Jörg van Essen, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund
Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen),
Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Birgit Homburger, Dr. Heinrich
L. Kolb, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht,
Ina Lenke, Markus Löning, Patrick Meinhardt, Burkhardt Müller-Sönksen, Hans-
Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Jörg Rohde, Frank Schäffler,
Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig Thiele, Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein,
Martin Zeil, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Konsequenzen der russisch-ukrainischen Gaskontroverse für Deutschland

Die Lösung in der russisch-ukrainischen Gaskontroverse hat nicht nur Auswir-
kungen für die direkt betroffenen Länder. Vielmehr hat die Auseinandersetzung
um den Gaspreis auch in Deutschland eine Diskussion um die Sicherheit der
Energieversorgung, um die Gestaltung eines nachhaltigen Energiemixes und
um die Höhe der Energiekosten ausgelöst. Denn Deutschland ist wichtiger poli-
tischer Partner Russlands und der Ukraine und bezieht 1/3 seines Erdgasbedarfs
aus Russland.

Die deutsche Bundesregierung hat den Gasstreit vor allen Dingen als wirt-
schaftspolitisches Thema begriffen. Außenpolitische Aspekte wie die Frage
nach der Zuverlässigkeit und Solidität russischer Politik und seines staatlich
dominierten Gaskonzerns Gasprom haben bis heute nur eine untergeordnete
Rolle gespielt.

Dabei zeigen die jüngsten Geschehnisse in Russland und der Ukraine die hohe
Interdependenz zwischen nationaler und internationaler Politik. Dabei kommt
der Energiepolitik eine Schlüsselfunktion zu. Ihre Aufgabe ist die Sicherung
einer nachhaltigen Energieversorgung. Denn sie ist die Lebensader der deut-
schen Volkswirtschaft. Deutsche Unternehmen sowie Verbraucher und Verbrau-
cherinnen sind auf sie angewiesen. Sie muss langfristig angelegt sowie ökolo-
gisch und ökonomisch effizient sein. Sie muss auf einem breit diversifizierten
Energiemix beruhen, der keine Diskriminierungen einzelner Energieträger und
-formen kennt und aus heimischen und Importenergien besteht. Ist dies nicht

gewährleistet, muss mit hohen Risiken zu Lasten aller gerechnet werden.

Deshalb bedarf der Preisstreit zwischen Russland und der Ukraine, der maß-
geblich auch die Interessen Deutschlands als wichtigen Handelspartner und
Gasimporteur betrifft, einer grundsätzlichen Auseinandersetzung und politi-
schen Diskussion. Sie muss Ausgangspunkt werden, die langfristig angelegten
energiepolitischen Rahmenbedingungen auf den Prüfstand zu stellen, um ein

Drucksache 16/407 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

zukunftsorientiertes energiepolitisches Gesamtkonzept für Deutschland zu ent-
werfen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie beurteilt die Bundesregierung die Gaskontroverse zwischen Russland
und der Ukraine aus volkswirtschaftlicher Sicht?

2. Inwieweit sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit, die Rolle Russ-
lands als „strategischer Partner“ vor dem Hintergrund der russisch-ukraini-
schen Gaskontroverse zu hinterfragen?

3. Welche Initiativen hat die Bundesregierung seit Beginn der Gaskontro-
verse unternommen, um die internationale, insbesondere europäische, so-
wie die nationale Gasversorgung aus Russland sicherzustellen?

4. Welche Schritte hat die Bundesregierung auf internationaler und nationaler
Ebene unternommen, um die Themen „Gaskontroverse zwischen Russland
und der Ukraine“ sowie „Sicherung der Gasversorgung“ zu thematisieren?

5. Mit welchen Institutionen, Unternehmen und Experten hat die Bundes-
regierung dazu Gespräche geführt, und zu welchen Ergebnissen ist sie
gekommen?

6. Beabsichtigt die Bundesregierung vor dem Hintergrund des aktuellen
russischen Verhaltens, das deutsch-russische Ostsee-Pipeline-Projekt zu
überdenken?

Falls nein, wie beabsichtigt die Bundesregierung, auf die wachsende deut-
sche Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen zu reagieren?

7. Inwieweit teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass angesichts knap-
perer Ressourcen eine Veränderung der energiepolitischen Rahmenbedin-
gungen notwendig ist, um eine zukunftsorientierte, sichere, ökologisch und
ökonomisch effiziente Energieversorgung für Deutschland zu sichern?

8. Wird die Bundesregierung ein energiepolitisches Gesamtkonzept vorlegen?

Wenn ja, wann?

Wenn nein, warum nicht?

9. Inwieweit beabsichtigt die Bundesregierung bei eventueller Erstellung eines
energiepolitischen Gesamtkonzeptes die Beteiligung gesellschaftsrelevanter
Gruppen bzw. der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien?

10. Wie ist der von der Bundesregierung für April 2006 terminierte Energie-
gipfel strukturiert – auch und insbesondere vor dem Hintergrund der jüngs-
ten Gaskontroverse?

Welche Themen und welcher Personenkreis sind bei dem Energiegipfel be-
rücksichtigt?

11. Welche Auswirkungen hat die jüngste Gaskontroverse auf den deutschen
Energiemix?

12. Besteht nach Auffassung der Bundesregierung die Notwendigkeit, den
breit gefächerten Energiemix nach der Gaskontroverse zu modifizieren?

Falls ja, wie?

Falls nein, warum nicht?

13. Wie beurteilt die Bundesregierung insbesondere die Rolle des heimischen
Energieträgers, der deutschen Steinkohle, vor diesem Hintergrund?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/407

14. Beabsichtigt sie, an ihrer Haltung zum Auslaufen der Subventionen festzu-
halten und dieses im Rahmen einer im Koalitionsvertrag angekündigten
„Kohlevereinbarung“ Anfang 2006 festzuschreiben?

Falls ja, welche Auswirkungen hat dies auf die mittelfristige Finanzpla-
nung des Bundes?

Falls nein, warum nicht?

15. Wie beurteilt die Bundesregierung – auch vor dem Hintergrund der Fest-
schreibung des nationalen Ausstiegs aus der Kernenergienutzung – die
Chancen für eine internationale Renaissance der Kernenergie, insbeson-
dere welche Indikatoren lassen auf solch eine schließen?

16. Wie beurteilt die Bundesregierung die Notwendigkeit der größeren Unab-
hängigkeit vom leitungsgebundenen Gas?

17. Welche Schritte hat die Bundesregierung eingeleitet bzw. welche Schritte
plant sie, die nationale Versorgung mit Flüssiggas zu fördern und damit
eine größere regionale Unabhängigkeit vom Gaslieferanten zu erhalten?

Berlin, den 18. Januar 2006

Gudrun Kopp
Jens Ackermann
Daniel Bahr (Münster)
Uwe Barth
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Mechthild Dyckmans
Jörg van Essen
Otto Fricke
Horst Friedrich (Bayreuth)
Dr. Edmund Peter Geisen
Hans-Michael Goldmann
Miriam Gruß
Joachim Günther (Plauen)
Dr. Christel Happach-Kasan
Heinz-Peter Haustein
Birgit Homburger
Dr. Heinrich L. Kolb

Jürgen Koppelin
Heinz Lanfermann
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Markus Löning
Patrick Meinhardt
Burkhardt Müller-Sönksen
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Jörg Rohde
Frank Schäffler
Dr. Max Stadler
Carl-Ludwig Thiele
Christoph Waitz
Dr. Claudia Winterstein
Martin Zeil
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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