BT-Drucksache 16/3911

Rechte für Journalistinnen und Journalisten sichern und ausbauen

Vom 18. Dezember 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/3911
16. Wahlperiode 18. 12. 2006

Antrag
der Abgeordneten Jan Korte, Ulla Jelpke, Dr. Lothar Bisky, Dr. Lukrezia Jochimsen
und der Fraktion DIE LINKE.

Rechte für Journalistinnen und Journalisten sichern und ausbauen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Pressefreiheit in der Bundesrepublik Deutschland ist in den vergangenen
Jahren mehr und mehr eingeschränkt worden. Im aktuellen Bericht der Reporter
ohne Grenzen, ist die Bundesrepublik Deutschland bei dem weltweiten Ranking
von Platz 18 auf Platz 23 zurückgefallen. Das hohe Gut der Pressefreiheit nach
Grundgesetzartikel 5 (Artikel 5 des Grundgesetzes) muss im politischen und
juristischen Rahmen weiter verteidigt und gewährleistet werden. Die Pressefrei-
heit wird aber nicht nur durch die Überwachung von Journalistinnen und Jour-
nalisten durch Geheimdienste und die Durchsuchung von Redaktionsräumen
und Privatwohnungen von Journalistinnen und Journalisten geschmälert und be-
droht. Auch materielle Existenznöte und Kündigungen als Folge des Verkaufs
von Verlagen, Zeitschriften und Zeitungen bedrohen die Pressefreiheit.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:

– dafür Sorge zu tragen, dass Journalistinnen und Journalisten ungehindert und
ohne Überwachung ihrem öffentlichen Auftrag der Berichterstattung nachge-
hen können,

– dafür Sorge zu tragen, dass eine finanzielle Abfindung gemessen an der
geleisteten Arbeitszeit bei Kündigungen durch Journalistinnen und Journalis-
ten gezahlt wird, wenn diese aufgrund eines Verkaufs eines Verlages, einer
Zeitung oder Zeitschrift an einen neuen Investor oder einer Änderung der po-
litischen Orientierung des Verlages, der Zeitung oder der Zeitschrift erfolgt,

– dafür Sorge zu tragen, dass eine finanzielle Abfindung gemessen an der
geleisteten Arbeitszeit bei Kündigungen durch Journalistinnen und Journalis-
ten gezahlt wird, wenn diese aufgrund einer Einstellung des Betriebes eines
Verlages, einer Zeitung oder Zeitschrift durch Verkauf an einen neuen Eigen-
tümer oder eine neue Eigentümerin erfolgt.
Berlin, den 15. Dezember 2006

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

Drucksache 16/3911 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Begründung

2005 verkaufte der Holtzbrinck-Verlag den Berliner Verlag an eine Gruppe um
den britischen Investor Montgomery. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der
Berliner Zeitung, des Stadtmagazins TIP und des Berliner Kuriers wehrten sich
intern und öffentlich gegen den Verkauf mit der Begründung, dass Montgomery
den Verlag aus Gewinnmaximierungsgründen und nicht aus journalistischen
Beweggründen erwerben wolle. Die Einschätzung der Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter hat sich bewahrheitet, Kritiker des Briten, wie der ehemalige Chef-
redakteur Uwe Vorkötter, verließen die Berliner Zeitung.

Verlage, Zeitungen wie Zeitschriften werden in der globalisierten Wirtschafts-
welt immer mehr zum Ziel Gewinn maximierender Interessen und Investoren.
Die Heuschreckendebatte im politischen Raum der Gesellschaft war Ausdruck
dieser Analyse.

Den Medien kommt als so genannte vierte Gewalt eine hervorgehobene Stellung
bei der Meinungs- und Willensbildung zu. Artikel 5 des Grundgesetzes aber
stellt die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten und die Pressefreiheit im
Besonderen unter Schutz. Diesen geschützten Raum gilt es zu verteidigen.

Der EU-Mitgliedstaat Frankreich hat diesen Schutz ausgeweitet und im franzö-
sischen Arbeitsgesetzbuch für Kündigungen von Journalistinnen und Journa-
listen nach dem Verkauf von Zeitungen und Zeitschriften vorgesehen, dass Ab-
findungen gemessen der geleisteten Arbeitszeit gezahlt werden.

In Artikel L 761-5 und L 761-7 Arbeitsgesetzbuch heißt es:

„Die Abfindung wird auch im Falle der Kündigung einer Journalistin und eines
Journalisten gezahlt, wenn die Kündigung begründet ist mit dem Verkauf der
Zeitung oder Zeitschrift, der Einstellung der Zeitung oder Zeitschrift oder eine
erhebliche Veränderung des Charakters oder der Orientierung der Zeitung oder
Zeitschrift derart, dass dies die Ehre, den Ruf oder die moralischen Belange der
Journalistin und des Journalisten beschädigt“.

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