BT-Drucksache 16/3734

Geplante Fahrrinnenanpassungen von Elbe und Weser für die Containerschifffahrt

Vom 1. Dezember 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/3734
16. Wahlperiode 01. 12. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Rainder Steenblock, Peter Hettlich, Winfried Hermann,
Dr. Anton Hofreiter, Cornelia Behm, Hans-Josef Fell, Ulrike Höfken, Bärbel Höhn,
Sylvia Kotting-Uhl, Undine Kurth (Quedlinburg), Dr. Reinhard Loske und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Geplante Fahrrinnenanpassungen von Elbe und Weser für die
Containerschifffahrt

Gemäß Kabinettsbeschluss der Bundesregierung vom 15. September 2004 wur-
den die von Hamburg und Bremen beantragten Maßnahmen „Fahrrinnenan-
passungen von Unter- und Außenelbe sowie Außenweser“ unter anderem unter
folgenden Maßgaben noch nachträglich in den Bundesverkehrswegeplan
(BVWP) 2003 aufgenommen:

„Zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Nord-
seehäfen wird der Bund seine Bemühungen um eine leistungsfähige und anfor-
derungsgerechte Infrastruktur der Seehafenstandorte verstärken. Dazu wird die
Bundesregierung die Strategie für die see- und landseitige Anbindung der
Häfen fortentwickeln und auf der Grundlage der ,Gemeinsamen Plattform des
Bundes und der Küstenländer zur deutschen Seehafenpolitik‘ mit den Ländern
abstimmen (Seehafenkonzeption).

Die beiden Vorhaben Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe und
Fahrrinnenanpassung der Außenweser werden für das weitere Planungsverfah-
ren mit einem besonderen naturschutzfachlichen Planungsauftrag versehen und
bei mit dem BMU festgestellten positiven Ergebnis den im BVWP 2003 enthal-
tenen Bundeswasserstraßenvorhaben gleichgestellt. Die von den Ländern vor-
gebrachten Anforderungen, insbesondere die ökologischen Belange und die
Deichsicherheit, werden im weiteren Verfahren besonders berücksichtigt. (…)
Die Festlegung dieser Vorhaben als prioritär kann erst erfolgen, wenn die mit
Kabinettsbeschluss vom 2. Juli 2003 geforderte Priorisierung aller Maßnahmen
im Bereich der Bundeswasserstraßen erfolgt ist und wenn die Länder die FFH-
Nachmeldungen von Flussästuaren vorgenommen haben.“ Weitere Einzelhei-
ten wurden in den „Eckpunkten Hafenkonzept 2010“ am 30. August 2004 ver-
öffentlicht.

Im Investitionsrahmenplan vom 24. Oktober 2006 ist die Fahrrinnenanpassung
der Unter- und Außenelbe und der Außenweser für 14,50 m tiefgehende

Containerschiffe mit einem Finanzvolumen von 248,2 Mio. Euro (Unter- und
Außenelbe) bzw. 28,3 Mio. Euro (Außenweser) eingestellt.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Hält die Bundesregierung an den genannten Beschlüssen der letzten Bundes-
regierung zur Erarbeitung einer Seehafenkonzeption fest?

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2. Wenn ja, wann ist voraussichtlich mit einem ersten Entwurf einer See-
hafenkonzeption zu rechnen?

3. Ist die vorgesehene Abstimmung mit den Bundesländern zu einer See-
hafenkonzeption erfolgt oder geplant?

4. Wie ist der aktuelle Planungsstand der erneuten Fahrrinnenanpassungen
von Unter- und Außenelbe sowie der Außenweser?

5. Wann wird mit einem rechtskräftigen Planfeststellungsbeschluss gerech-
net?

6. Welche Finanzmittel sollen im Zeitraum des Investitionsrahmenplans bis
2010 zur Verfügung gestellt werden?

7. Wann ist mit einer Fertigstellung der jeweiligen Fahrrinnenanpassungen zu
rechnen?

8. Wurden die geplanten Fahrrinnenanpassungen von Unter- und Außenelbe
bzw. Außenweser nach Ansicht der Bundesregierung jeweils einer aus-
reichend sachgemäßen Nutzen-Kosten-Untersuchung (NKU) unterzogen,
und wenn ja, mit welchem Ergebnis?

9. Welcher Bewertungsansatz wurde dabei gewählt?

10. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass alternative Entwicklungen,
Möglichkeiten und Potenziale beim Containerverkehr wie z. B. durch den
Ausbau des Jade-Weser-Ports zum Tiefwasserhafen und mögliche Verlage-
rungen von Containeraufkommen mit dem Ziel Südosteuropa in den Mit-
telmeerraum mit zu einer sachgemäßen NKU zum geplanten Fahrrinnen-
ausbau Unter-/Außenelbe gehören, und wenn nein, warum nicht?

11. Stimmt die Bundesregierung der Einschätzung zu, dass es nach Fertigstel-
lung der Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe keine weitere
Anpassung mehr geben kann, weil dann die Elbtunnelröhren erreicht
würden?

12. Welche Prognosen liegen der Bundesregierung über die Entwicklung des
Tiefgangs der weltweiten Containerflotten in den kommenden Jahren und
Jahrzehnten vor?

13. Plant die Bundesregierung während der EU-Ratspräsidentschaft eine Ini-
tiative für eine Harmonisierung der Beihilfenvorschriften in europäischen
Häfen mit dem Ziel, gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Häfen zu
schaffen, wenn ja, was ist geplant, wenn nein, warum nicht?

14. (Wie) lässt sich im Falle des Ausbaus der Außenweser eine Doppelinvesti-
tion aus Steuergeldern in den gleichzeitig wenige Kilometer westlich ge-
planten Jade-Weser-Port rechtfertigen?

15. Wie erklärt die Bundesregierung die wesentliche Diskrepanz der natur-
schutzfachlichen Risikobewertung der beiden eingeschalteten Bundesfach-
behörden, der Bundesanstalt für Gewässerkunde einerseits und des Bun-
desamtes für Naturschutz andererseits?

16. Welche Konsequenzen zieht sie daraus?

17. Wie wurde bzw. wird der „besondere naturschutzfachliche Planungsauf-
trag“ für die geplante Vertiefung der Unter- und Außenelbe umgesetzt?

18. Wie wurde bzw. wird der „besondere naturschutzfachliche Planungsauf-
trag“ für die geplante Außenweservertiefung umgesetzt?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/3734

19. Zu welchem Ergebnis ist das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (BMU) hinsichtlich des „besonderen naturschutz-
fachlichen Planungsauftrags“ für die geplante Vertiefung der Unter- und
Außenelbe gekommen, und wie ist dieses begründet?

20. Zu welchem Ergebnis ist das BMU hinsichtlich des „besonderen natur-
schutzfachlichen Planungsauftrags“ für die geplante Außenweservertie-
fung gekommen, und wie ist dieses begründet?

21. Wie werden die ökologischen Belange in diesen beiden Verfahren jeweils
besonders berücksichtigt?

22. Wurde oder wird eine strategische Umweltverträglichkeitsprüfung jeweils
durchgeführt, wenn nein, warum nicht?

23. Wie ist der Stand der Umsetzung der planfestgestellten Kompensations-
maßnahmen für die letzte „Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außen-
elbe an die Containerschifffahrt“ von 1999?

24. Welche Möglichkeiten bestehen aus Sicht der Bundesregierung noch für
Kompensationsmaßnahmen an der Tideelbe für die nächste Elbvertiefung?

25. Wie schätzt das BMU die Vorgehensweise ein, die nächste Elbvertiefung
vor allem im aquatischen System auszugleichen, und welche praktischen
Erfahrungen liegen mit vergleichbaren Maßnahmen bereits vor?

26. Was hat der Vergleich der Entwicklung des Sauerstoffhaushaltes mit den
Prognosen aus der Umweltverträglichkeitsuntersuchung für die Elbevertie-
fung von 1999 ergeben (vgl. Planfeststellungsbeschluss II. 3.2.1.5.b)?

27. Ist das für die Untersuchung der Auswirkungen einer weiteren Elbvertie-
fung eingesetzte dreidimensionale hydronumerische Modell in der Lage,
die Veränderungen der Strömungsgeschwindigkeiten in den Seitenräumen
und Nebenelben zu berechnen?

28. Wenn ja, wie groß werden diese Veränderungen im Falle einer erneuten
Elbvertiefung sein?

29. Wenn nein, auf welcher Grundlage wird dann eine Prognose hinsichtlich
einer weiteren Verschlickung der Nebenelben getroffen?

30. Ist im Rahmen der Modellrechnungen der Nachweis zu führen, wo die aus
der Elbe gebaggerten und umgelagerten Sedimente verbleiben?

31. Mit welchen Schlickmengen ist bei der nächsten Elbvertiefung zu rechnen,
und wohin sollen diese verbracht werden?

32. Welche Prognose gibt es für die Unterhaltsbaggerungen angesichts der
steigenden Schlickmengen für die Zeit nach der nächsten Elbvertiefung?

33. Gibt es ein Gesamtkonzept zur Lösung der Frage, wie mit den im Falle
einer erneuten Elbvertiefung weiter steigenden Schlickmengen umzugehen
ist, das über die ständigen Unterhaltsbaggerungen hinausweist?

34. Inwieweit wird das Ziel der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL),
den Schutz und die nachhaltige Bewirtschaftung von Gewässern stärker in
andere politische Maßnahmen der Gemeinschaft zu integrieren, wie z. B.
in die Energie- und Verkehrspolitik (Absatz 16), bei dem geplanten Vorha-
ben berücksichtigt?

35. Stimmt die Bundesregierung der Aussage zu, dass die geplante Elbevertie-
fung mit Artikel 1 (a) WRRL nicht vereinbar ist, der zum Ziel hat, den
Schutz und die Verbesserung des Zustands der aquatischen Ökosysteme zu
garantieren und eine weitere Verschlechterung zu vermeiden, und wenn

nein, warum nicht?

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36. Wie und mit welchen Maßnahmen will die Bundesregierung gemäß ihrer
Verpflichtung nach Artikel 4 (iii) WRRL einen entsprechend guten ökolo-
gischen Zustand in der Tideelbe erreichen?

37. Welche Schritte hat die Bundesregierung unternommen, „andere geeignete
Maßnahmen“ nach § 25d Abs. 3 des Wasserhaushaltsgesetzes als Alterna-
tive zu einer weiteren Fahrrinnenanpassung zu prüfen?

38. Liegen nach Ansicht der Bundesregierung für den Fall einer weiteren Elb-
vertiefung ausreichende Planungsdaten und Gutachten zu Fragen der
Deichsicherheit vor, die eine abschließende Beurteilung erlauben?

39. Sind im Planfeststellungsverfahren weitere Untersuchungen vorgesehen,
um eine mögliche Beeinträchtigung der Deichsicherheit auszuschließen?

40. Wenn ja, welche Fragestellungen werden geklärt, welche Untersuchungs-
methoden angewendet?

41. Mit welchen Methoden wurden die Auswirkungen der letzten Elbvertie-
fung auf die Deichsicherheit untersucht?

42. Lassen diese Untersuchungen schon eine abschließende Bewertung zu?

43. Falls ja, wie sieht diese Bewertung aus?

44. Falls nein, was muss aus Sicht der Bundesregierung noch geklärt werden?

Berlin, den 1. Dezember 2006

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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