BT-Drucksache 16/3600

zu 44 gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag eingegangenen Wahleinsprüchen

Vom 30. November 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/3600
16. Wahlperiode 30. 11. 2006

Deutscher Bundestag Drucksache 16/3600
16. Wahlperiode 30. 11. 2006

Dritte Beschlussempfehlung
des Wahlprüfungsausschusses

zu 44 gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
eingegangenen Wahleinsprüchen

A. Problem

Gemäß Artikel 41 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) ist die Wahlprüfung
Sache des Deutschen Bundestages. Dieser hat nach den Bestimmungen des
Wahlprüfungsgesetzes (WPrüfG) auf der Grundlage von Beschlussempfeh-
lungen des Wahlprüfungsausschusses über die Einsprüche zur Gültigkeit der
Wahl zum 16. Deutschen Bundestag zu entscheiden. Insgesamt sind 195 Wahl-
einsprüche eingegangen. Über 113 hat der Deutsche Bundestag bereits ent-
sprechend den Beschlussempfehlungen des Wahlprüfungsausschusses (vgl.
Bundestagsdrucksachen 16/900 und 16/1800) entschieden. Die jetzt zur Be-
schlussfassung vorgelegten Entscheidungen behandeln weitere 44 Einsprüche.
Beschlussempfehlungen zu den übrigen Einsprüchen werden jeweils nach
Abschluss der Beratungen im Wahlprüfungsausschuss vorgelegt.

B. Lösung

– Zurückweisung von 43 Wahleinsprüchen ohne mündliche Verhandlung
wegen offensichtlicher Unbegründetheit (§ 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG) oder
wegen Unzulässigkeit (§ 6 Abs. 1a Nr. 1 und 2 WPrüfG) – vgl. Nummer 1
der Beschlussempfehlung;

– Verfahrenseinstellung bei einem Wahleinspruch wegen Rücknahme des Ein-
spruchs (§ 2 Abs. 6 WPrüfG) – vgl. Nummer 2 der Beschlussempfehlung.

Offensichtlich unbegründet sind Einsprüche,

a) die einen Sachverhalt vortragen, der einen Fehler bei der Vorbereitung und
Durchführung der Wahl nicht erkennen lässt;

b) die sich auf die Behauptung der Verfassungswidrigkeit von Rechtsvorschrif-
ten stützen (nach ständiger Praxis des Deutschen Bundestages in Wahlprü-
fungsangelegenheiten bleibt die Feststellung einer Verfassungswidrigkeit
dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten);
c) die mangels ausreichender Angabe von Tatsachen nicht erkennen lassen, auf
welchen Tatbestand der Einspruch gestützt wird;

d) die sich auf nachprüfbare Mängel bei der Vorbereitung oder Durchführung
der Wahl stützen, ohne dass diese Mängel aber einen Einfluss auf die Man-
datsverteilung haben können.

Drucksache 16/3600 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

C. Alternativen

Keine hinsichtlich der Ergebnisse der Entscheidungen.

Der Wahlprüfungsausschuss ist entsprechend seinem Selbstverständnis und
seiner ständigen Praxis allen behaupteten Wahlmängeln nachgegangen, auch
wenn sie keinen Einfluss auf die Mandatsverteilung im 16. Deutschen Bundes-
tag hatten. Diese Art der Behandlung soll dafür Sorge tragen, dass sich fest-
gestellte Wahlmängel bei künftigen Wahlen möglichst nicht wiederholen.

D. Kosten

Keine

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/3600

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

1. die aus den Anlagen 1 bis 43 ersichtlichen Beschlussempfehlungen zu Wahl-
einsprüchen anzunehmen,

2. das Verfahren zum Wahleinspruch WP 161/05 einzustellen.

Berlin, den 30. November 2006

Der Wahlprüfungsausschuss

Thomas Strobl (Heilbronn)
Vorsitzender

Bernhard Kaster
Berichterstatter

Dr. Wolfgang Götzer
Berichterstatter

Dr. Carl-Christian Dressel
Berichterstatter

Petra Merkel (Berlin)
Berichterstatterin

Ernst Burgbacher
Berichterstatter

Ulrich Maurer
Berichterstatter

Silke Stokar von Neuforn
Berichterstatterin

Drucksache 16/3600 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Inhaltsverzeichnis zum Anlagenteil

Beschlussempfehlungen zu den einzelnen Wahleinsprüchen

Akten-
zeichen Betreff Berichterstatter/in Anlage Seite

WP 145/05 Elektronische Stimmabgabe Abg. Dr. Dressel 1 7

WP 108/05 Elektronische Stimmabgabe Abg. Dr. Dressel 2 25

WP 76/05 Elektronische Stimmabgabe Abg. Dr. Dressel 3 43

WP 182/05 Elektronische Stimmabgabe Abg. Dr. Dressel 4 53

WP 155/05 Kandidatenaufstellung Abg. Dr. Dressel 5 65

WP 160/05 Kandidatenaufstellung Abg. Dr. Dressel 6 71

WP 178/05 Zulassung Partei Abg. Dr. Dressel 7 73

WP 02/05 Zulassung Partei Abg. Dr. Dressel 8 77

WP 156/05 Vermerk der Stimmabgabe Abg. Dr. Dressel 9 83

WP 45/05 Wahlkampf Abg. Burgbacher 10 85

WP 162/05 Negatives Stimmgewicht Abg. Burgbacher 11 87

WP 179/05 Negatives Stimmgewicht Abg. Burgbacher 12 89

WP 181/05 Negatives Stimmgewicht Abg. Burgbacher 13 93

WP 141/05 Verwechslung Stimmzettel Abg. Dr. Götzer 14 95

WP 82/05 Wahlstatistik Abg. Dr. Götzer 15 97

WP 96/05 Wahlstatistik Abg. Dr. Götzer 16 101

WP 13/05 Nichtzugang von Briefwahlunterlagen Abg. Kaster 17 105

WP 25/05 Nichtzugang von Briefwahlunterlagen Abg. Kaster 18 107

WP 49/05 Nichtzugang von Briefwahlunterlagen Abg. Kaster 19 109

WP 79/05 Nichtzugang von Briefwahlunterlagen Abg. Kaster 20 111

WP 101/05 Nichtzugang von Briefwahlunterlagen Abg. Kaster 21 113

WP 65/05 Nichtzugang von Briefwahlunterlagen Abg. Kaster 22 115

WP 66/05 Nichtzugang von Briefwahlunterlagen Abg. Kaster 23 117

WP 129/05 Nichtzugang von Briefwahlunterlagen Abg. Kaster 24 119

WP 133/05 Nichtzugang von Briefwahlunterlagen Abg. Kaster 25 123

WP 163/05 Nichtzugang von Briefwahlunterlagen Abg. Kaster 26 125

WP 43/05 Wahlvorenthaltung Abg. Kaster 27 127

WP 121/05 Wahlvorenthaltung Abg. Kaster 28 129

WP 87/05 Aktives Wahlrecht/Geschäftsunfähigkeit Abg. Maurer 29 131

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/3600

Akten-
zeichen Betreff Berichterstatter/in Anlage Seite

WP 104/05 Information durch Wahlorgane Abg. Maurer 30 133

WP 184/05 Unterschriftenquoren Abg. Maurer 31 135

WP 30/05 Identitätskontrolle im Wahllokal Abg. Merkel (Berlin) 32 137

WP 38/05 Identitätskontrolle im Wahllokal Abg. Merkel (Berlin) 33 139

WP 117/05 Gestaltung des Stimmzettels Abg. Merkel (Berlin) 34 141

WP 154/05 Gestaltung der Wahlbenachrichtigung Abg. Merkel (Berlin) 35 143

WP 171/05 Gestaltung der Wahlbenachrichtigung Abg. Merkel (Berlin) 36 145

WP 44/05 Auslandsdeutsche Abg. Stokar von Neuforn

WP 56/05 Wählen in JVA Abg. Stokar von Neuforn 38 149

WP 150/05 Wählen in JVA Abg. Stokar von Neuforn 39 151

WP 138/05 Ermittlung des Wahlergebnisses Abg. Stokar von Neuforn

WP 54/05 Allgemeine Gründe Abg. Dr. Dressel 41 157

WP 97/05 Allgemeine Gründe Abg. Dr. Dressel 42 159

WP 176/05 Allgemeine Gründe Abg. Maurer 43 161

40

37

155

147

setzten Geräte fehlerfrei programmiert gewesen seien. Er be-
antragt ferner, die durch die Physikalisch-Technische Bun-

Die bei der Bundestagswahl 2005 eingesetzten Wahlgeräte
lichkeit zugänglich sind, die Authentizität der eingesetzten
Software im Wahllokal bei jedem einzelnen Gerät unmit-
telbar vor dem Wahlgang öffentlich verifiziert wird und

Kassette) sowie die Elektronikeinheit. In der Elektronikein-
heit befinden sich zwei Speicherchips (auch als Speicher-
bausteine bzw. Speichermodule bezeichnet), die gemeinsam
desanstalt (PTB) erstellten Prüfberichte zu veröffentlichen
oder ihm zu überlassen sowie das Bundesamt für Sicherheit
in der Informationstechnik als Gutachter für die Bewertung
der Sicherheit der eingesetzten Software und einen Staats-
rechtler als Gutachter für die Bewertung der wahlrechtlichen
Problematik beizuziehen.

Den Bundestag fordert der Einspruchsführer auf, durch Kon-
kretisierung von § 35 des Bundeswahlgesetzes (BWG) die
Sicherstellung der verfassungs- und wahlrechtlichen Grund-
sätze auch bei Wahlen mit Wahlgeräten zu gewährleisten.
Der Deutsche Bundestag soll zudem sicherstellen, dass bei
zukünftigen Wahlen mit softwaregesteuerten Wahlgeräten
die zum Einsatz kommenden Geräte einschließlich ihrer
Software in einem öffentlichen Zulassungsverfahren begut-
achtet werden, die gutachterlichen Prüfberichte der Öffent-

der niederländischen Firma NEDAP (Nederlandsche Appa-
ratenfabriek) bestehen aus dem eigentlichen Wahlgerät, an
dem der Wähler seine Wahl vollzieht, und einer per Kabel
fest mit dem Wahlgerät verbundenen Bedieneinheit, die sich
in der Obhut des Wahlvorstandes befindet. Diese Bedien-
einheit enthält u. a. zwei Schlösser mit Schlüsseln, über die
die Betriebszustände „Wählen“ und „Wahlauswertung“ ein-
gestellt werden, sowie Tasten, über die das Wahlgerät für
jeden einzelnen Wähler freigegeben wird. Das eigentliche
Wahlgerät besteht aus einem großen Tastentableau mit ei-
nem oder mehreren Stimmzetteln, einem kleinen Display zur
Kontrolle für den Wähler und einem Funktionstastenfeld,
das nur vom Wahlvorstand während der Wahlauswertung be-
nutzt wird und sonst durch eine Klappe abgedeckt ist. Des
Weiteren befinden sich auf der Rückseite des Wahlgeräts ein
Drucker und ein Steckplatz für ein Speichermodul (eine Art
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/3600

Anlage 1

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn Dr. U. W., 63263 Neu-Isenburg
– Az.: WP 145/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 6. November 2005 hat der Einspruchs-
führer gegen die Bundestagswahl am 18. September 2005
Einspruch eingelegt. Der Einspruch betrifft die Durchfüh-
rung der Wahl mittels elektronischer Wahlgeräte.

Der Einspruch ist nach Darstellung des Einspruchsführers in
seiner Begründung sowie der Schilderung des Sachverhalts
im Wesentlichen inhaltsgleich mit einem Wahleinspruch in
derselben Sache (WP 108/05). Abweichungen gebe es in der
Antragsstellung sowie im Abschnitt Mandatsrelevanz.

Der Einspruchsführer beantragt, die Stimmbezirke und die
genaue Anzahl der mit NEDAP-Geräten abgegebenen Stim-
men zu ermitteln und die Wahl in den betroffenen Wahl-
bezirken zu wiederholen. Er beantragt festzustellen, dass die
eingesetzten Geräte nicht den Anforderungen des BWG hin-
sichtlich der öffentlichen Kontrolle von Wahlen sowie den
Richtlinien für die Bauart von Wahlgeräten (Anlage 1 zu § 2
der Bundeswahlgeräteverordnung [BWahlGV]) entsprochen
hätten und dass nicht mehr festzustellen sei, ob die einge-

Zulassungsverfahren einschließlich der Konstruktionsunter-
lagen, des Quellcodes der zum Einsatz kommenden Soft-
ware der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Zur Begründung seines Einspruchs trägt er im Wesentlichen
vor, dass die verwendeten Wahlgeräte des Typs NEDAP
ESD 1 und ESD 2 „in ihrer derzeitigen Hardware-Architek-
tur, der Software und in ihren Funktionen nicht denjenigen
Erfordernissen (genügen), die erfüllt sein müssen, um das
verfassungsrechtlich und wahlrechtlich gebotene Öffentlich-
keitsprinzip technisch, apparativ und funktional zu verwirk-
lichen“. Der Vorgang der Ergebnisfeststellung mit diesen
Geräten stelle eine geheime Auszählung dar, der von Anfang
an gesetzeswidrig sei. Zudem entsprächen die Geräte, insbe-
sondere hinsichtlich der Manipulationssicherheit, nicht dem
Stand der Technik. Schließlich lasse sich aufgrund der Bau-
art der Geräte nachträglich nicht mehr feststellen, ob das
Wahlergebnis rechtmäßig zustande gekommen ist.

I.
entweder die geräteunabhängige Verifizierbarkeit des Wahl-
ergebnisses möglich ist oder alle Prüfunterlagen aus dem

das Softwareprogramm enthalten. Diese zwei Speicherchips
werden Eproms genannt.

Drucksache 16/3600 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Das Softwareprogramm auf den Eproms bestimmt den gene-
rellen Ablauf der Wahl, also die Schritte Freigabe, Auswahl
der Erststimme und der Zweitstimme, ggf. Korrektur der
Stimmen, endgültige Stimmabgabe, Stimmspeicherung und
Sperrung des Geräts sowie die Auswertung der Wahl. Das
Speichermodul enthält hingegen die Daten der Stimmzettel,
die Zuordnung der einzelnen Tasten zu Listen, Parteien oder
Bewerbern sowie einige konkrete Angaben zur Wahl wie
Wahldatum und Wahllokal und dient damit vor allem, weil es
die Daten über die abgegebenen Stimmen enthält, als
„Urne“. Das Wahlgerät kann nur mit einem eingesteckten
und gefüllten Speichermodul für eine Wahl verwendet wer-
den. Die Eproms mit dem Softwareprogramm sind integraler
Bestandteil des Wahlgeräts, während die Speichermodule
ein Zubehör sind.

Die Firma NEDAP baut das Gerät und liefert es an den Kun-
den aus. Durch eine auf der Rückseite des Geräts aufgeklebte
Baugleichheitserklärung versichert der Hersteller, dass das
Gerät baugleich zu dem angegebenen zugelassenen Baumus-
ter ist. Das Wahlgerät enthält im Auslieferungszustand kein
Speichermodul und ist damit nicht für eine Wahl verwend-
bar. Leere Speichermodule werden dem Kunden als Zubehör
mitgeliefert.

Für die Wähler stellt sich der Ablauf wie folgt dar: Der
Wahlvorstand kontrolliert die Wahlberechtigung wie üblich
und gibt dann, statt dem Wähler einen Stimmzettel aus-
zuhändigen, das Wahlgerät über eine Taste auf der Bedien-
einheit frei. Der Wähler kann nun an das Wahlgerät herantre-
ten und seine Stimmen durch Tastendruck (anstelle durch
Ankreuzen) auf einer Folientastatur auswählen, die dem
Erscheinungsbild eines Stimmzettels nachgebildet ist. Das
digitale Textdisplay bestätigt die getroffene Auswahl und
fordert zum nächsten Schritt auf. Der Wähler kann also seine
Auswahl auf dem Display kontrollieren, ggf. über die Kor-
rekturtaste berichtigen und dann seine Stimmen endgültig
abgeben, indem er die dafür vorgesehene Stimmabgabetaste
drückt. Dieser letzte Schritt (Abgabe einer gültigen bzw.
ungültigen Stimme) entspricht dem Einwurf des Stimmzet-
tels in die Urne. Der Schriftführer vermerkt im Wählerver-
zeichnis die Stimmabgabe. Die Stimmen werden redundant
und mit Sicherheitsmaßnahmen versehen an einer zufällig
ausgewählten Stelle des Speichermoduls gespeichert. Nach
der Speicherung der Stimmen ist das Wahlgerät für weitere
Stimmabgaben gesperrt. Der Wähler verlässt das Wahlgerät.
Die Anzeige auf der Bedieneinheit des Wahlvorstandes über
die Zahl der Wähler erhöht sich um eins. Diese Anzeige
dient dem Wahlvorstand für die Entscheidung, ob der Wäh-
ler seine Wahl ordnungsgemäß abgeschlossen hat. Das
Wahlgerät bleibt gesperrt, bis es für den nächsten Wähler
wieder freigegeben wird.

II.

Im Einzelnen bemängelt der Einspruchsführer folgende As-
pekte des Einsatzes von Wahlgeräten:

Das verfassungsrechtliche Fundament des Wahlsystems
bilde das Demokratie-Prinzip. Ihm entsprächen die Grund-
sätze unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahlen
(Artikel 38 Abs. 1 Satz 1 GG). In diesem Zusammenhang
verfassungsrechtlicher Grundentscheidungen stellten par-

des Demokratie-Prinzips und aller daraus resultierender
Wahlrechtsnormen und -vorschriften stelle deshalb unmittel-
bar eine Verletzung der grundgesetzlich garantierten Rechte
des einzelnen Wahlbürgers dar. Somit seien Verletzungen der
einfachgesetzlichen Normen auch Verletzungen der Verfas-
sung und damit des Rechtsstaatsprinzips.

Aus dem Demokratie-Prinzip werde das Öffentlichkeitsprin-
zip abgeleitet: „‚Die Öffentlichkeit übt gegenüber den Wahl-
organen eine Kontrollfunktion aus‘“. ‚Geheime … Auszäh-
lungen sind danach gesetzwidrig‘ (Schreiber, Handbuch des
Wahlrechts, 7. Auflage, 2002, S. 249 f., Rn. 1 mit Verweis
auf BVerfGE 89, 291, 302 f.)“. So habe jedermann auch
Zutritt zu den Sitzungen der Wahlausschüsse und Wahl-
vorstände (ebenda), d. h., jeder könne Wahlhandlungen so-
wie die Ermittlung und Feststellung von Wahlergebnissen
beobachten. Diese höchstrichterliche Rechtsprechung und
Rechtsmeinung sei grundlegend für seine Beschwerde, dass
beim Einsatz von Wahlgeräten der Vorgang eines Teiles der
Wahlhandlung (nämlich keine Kontrolle der Dokumentation
der abgegebenen Stimmen im Gerät, vergleichbar der Ab-
lage der Stimmen beim Urneneinwurf) sowie die Ermittlung
und Feststellung der Ergebnisse im Inneren des Gerätes statt-
fänden und deswegen nicht beobachtet werden könnten.

Die Kontrollfunktion der Öffentlichkeit solle gewährleisten,
dass die Wahlen rechtmäßig durchgeführt würden und somit
das Parlament richtig zusammengesetzt sei.

Die Stimmabgabe mit Wahlgeräten erlaube und regele § 35
BWG. Dort werde zwar die Beachtung des Grundsatzes
der Geheimhaltung gefordert (Absatz 2), nicht jedoch der
Grundsatz freier Wahlen, aus dem das Öffentlichkeitsprin-
zip zwingend hervorgehe – und auch nicht der Grundsatz
der Wahlgleichheit. § 35 BWG sei somit in der Wieder-
holung grundgesetzlicher Prinzipien defizitär.

§ 34 BWG organisiere das individuelle Wahlgeheimnis mit
Stimmzetteln, mache zugleich aber den äußeren Ablauf
transparent: „Der Wähler faltet daraufhin den Stimmzettel in
der Weise, dass seine Stimmabgabe nicht erkennbar ist und
wirft ihn in die Wahlurne.“ Der Stimmzettel-Einwurf in die
Urne sei also ein öffentlich zu beobachtender Teil der
Wahlhandlung, dessen Öffentlichkeit nicht das Erfordernis
des Wahlgeheimnisses beeinträchtige. Die eingesetzten
NEDAP-Geräte aber organisierten dieses Erfordernis der
Öffentlichkeit, nämlich der beobachtbaren Stimmen-Ablage
– vergleichbar mit dem Einwurf in die Urne – eben nicht
und entsprächen deshalb nicht dem Öffentlichkeitsgebot.
§ 37 BWG impliziere die unbestrittene Öffentlichkeit der
Stimmenauszählung. Die in den §§ 67 bis 70 der Bundes-
wahlordnung (BWO) geregelten öffentlichen Ermittlungs-
handlungen fehlten bei Wahlgeräten, bzw. es werde bei die-
sen nicht erkennbar, dass die Dokumentation und Feststel-
lung innerhalb der Geräte manipulationsfrei vor sich gehe.

In der „Disparatheit“ der Bundeswahlgeräteverordnung zwi-
schen detaillierten apparatetechnischen Anweisungen einer-
seits und ihrer nur allgemeinen Forderung nach Geltung der
Bundeswahlordnung andererseits – und damit sinngemäß
des BWG – liege wohl der Grund für die Tatsache, dass die
Prüf- und Zulassungsverfahren sich vornehmlich oder sogar
lamentarische Wahlen Staatsakte des Volkes dar, verkörpert
in allen seinen wahlberechtigten Individuen. Die Verletzung

ausschließlich auf die technischen Vorschriften konzentrier-
ten.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/3600

Gegenstand seines Einspruches sei es, die Verfassungs- und
Wahlrechtswidrigkeiten derartiger Zusammenhänge im Ein-
zelnen herauszuarbeiten und – jenseits des eigentlichen Ein-
spruchs – auch eine Korrektur de lege ferenda einzufordern.
Dazu trägt er folgende Mängel vor, die aus seiner Sicht be-
stehen:

Fehlende Kontrollmöglichkeit

Die durch das BWG für Wahlgang und Wahlgeschäft vor-
geschriebene „Öffentlichkeit“ sei ein Kontrollmechanismus,
der die ordnungsgemäße Durchführung der Wahlen gewähr-
leiste. Werde der Kontrollmechanismus „Öffentlichkeit“ im
Wahlgeschäft oder Wahlgang teilweise eingeschränkt, so
müsse er durch andere entsprechend wirksame Kontroll-
mechanismen ersetzt werden. Diese äquivalenten Kontroll-
mechanismen müssten transparent und öffentlich verifizier-
bar sein, wenn sie wirksam die Manipulation von Wahlen
verhindern sollen. Bei den NEDAP-Wahlgeräten handele es
sich um Wahlcomputer, auf denen ein komplexes Software-
programm installiert sei. Da die Stimmabgabe geheim er-
folge und die Funktionsweise der Software nicht transparent
– also vom Wähler nicht unmittelbar einsehbar – sei, sei es
prinzipiell nicht möglich, die ordnungsgemäße Speicherung
und Zählung der Stimmen zu kontrollieren. Vorstellbar sei
z. B., dass eine fehlerhafte Software einen bestimmten An-
teil der abgegebenen Stimmen unabhängig von der Wahl des
jeweiligen Wählers einer bestimmten Partei zuweise, oder
dass eine manipulierte Software lediglich die abgegebenen
Stimmen zähle und nach einem vorgegebenen Verhältnis auf
die zur Wahl stehenden Parteien verteile. Daher sei es für die
NEDAP-Geräte erforderlich, die ordnungsgemäße Wahl-
durchführung durch einen alternativen Kontrollmechanis-
mus sicherzustellen.

Gefährdungspotential durch Manipulation

Bei Wahlen mit softwaregesteuerten Wahlgeräten gehe eine
besondere Gefahr von dem Umstand aus, dass der Geräte-
hersteller einen zentralen Angriffspunkt darstelle und dass
sich Wahlen über eine Manipulation der Software noch vor
der Auslieferung der Geräte (also noch beim Geräteherstel-
ler) wesentlich wirkungsvoller als bei Urnenwahlen manipu-
lieren ließen. Eine solche Manipulation könne etwa von ei-
nem – durch Drohungen oder politisch oder finanziell
motivierten – Insider beim Hersteller praktiziert werden. Ein
Angriff auf den Hersteller sei auch von außen denkbar, etwa
über Viren oder Trojaner, die Dritten (z. B. einer politischen
Gruppierung oder einem ausländischen Geheimdienst) einen
Zugang auf die Rechner des Herstellers ermöglichten. We-
gen der Komplexität der eingesetzten Software mit über
zweihunderttausend Zeilen Quellcode könne eine solche
Manipulation auch bei sorgfaltiger Qualitätskontrolle seitens
des Herstellers unentdeckt bleiben. Der Wähler als Souverän
habe einen Anspruch darauf, dass von den mit der Durchfüh-
rung der Wahl beauftragten Organen wirksame Mittel ergrif-
fen werden, um solche Manipulationen auszuschließen. Sol-
che Kontrollmöglichkeiten habe die Öffentlichkeit derzeit
aber nicht; sie sei im Gegenteil von der Kontrolle der einge-
setzten Software derzeit völlig ausgeschlossen. Die jetzige
Praxis stelle nicht nur keine Manipulationssicherheit her.
sondern sie mache es sogar unmöglich, Manipulationen

Fehlendes verifizierbares Protokoll

Einen wirksamen Kontrollmechanismus könne z. B. ein ve-
rifizierbares, vom Wähler einsehbares Papierprotokoll der
abgegebenen Stimmen darstellen, das die Möglichkeit einer
Überprüfung des Wahlergebnisses bietet (engl. Voter-Verifi-
able Audit-Trail [VVPAT]). Damit sei ein System gemeint,
bei dem ein in das Wahlgerät integrierter Drucker die Wahl-
entscheidung des Wählers protokolliere. Dieses Protokoll sei
vom Wähler hinter Glas einsehbar. Um das Wahlgeheimnis
sicherzustellen, fielen diese Quittungen einzeln in eine
Wahlurne und stünden gegebenenfalls nach Ende der Wahl
für eine manuelle Kontrollzählung zur Verfugung. Die
NEDAP-Geräte verfügten hingegen über keinerlei Kont-
rollmöglichkeit und seien deshalb per se anfällig für Mani-
pulationen. Die Bedeutung der fehlenden Kontrollmöglich-
keit sei analog verständlich an einem Beispiel aus dem Geld-
geschäft: Einer Bank, die ihren Kontoinhabern zwar monat-
lich die Zahl der Umsätze auf deren Girokonten und die
neuen Kontosalden mitteile, ihren Kunden aber Konto-
auszüge mit verifizierbaren Umsatzinformationen vorent-
hielte, würde man zu Recht nicht vertrauen wollen. Eben
dieses Vertrauen werde aber vom Wähler beim Einsatz der
NEDAP-Geräte verlangt.

Vertrauenswürdigkeit/Verifizierbarkeit der Software

Aus dem Verzicht auf eine alternative Kontrollmöglichkeit
der Stimmenspeicherung folge unmittelbar, dass an die Ver-
trauenswürdigkeit der Software besonders hohe Maßstäbe
anzulegen seien. Dabei könne es – verfassungsrechtlich und
wahlrechtlich – keinesfalls ausreichend sein, dass die einge-
setzte Software dem Bundesministerium des Innern (BMI)
als oberster Wahlbehörde vertrauenswürdig erscheine. Das
Öffentlichkeitsprinzip und die implizierte Kontrollfunktion
durch die Öffentlichkeit erforderten vielmehr, dass die Ver-
trauenswürdigkeit der Software allgemein verifizierbar sei.
Eine solche Verifizierbarkeit sei derzeit jedoch nicht gege-
ben, da das Zulassungsverfahren für die Geräte einschließ-
lich der Prüfung durch die Physikalisch-Technische Bundes-
anstalt nichtöffentlich und schon deshalb nicht verifizierbar
sei, die NEDAP-Geräte einschließlich der eingesetzten Soft-
ware der interessierten Öffentlichkeit nicht für eine unabhän-
gige Überprüfung zur Verfügung stünden und die Software
der Geräte nicht quelloffen („Open Source“) sei, obwohl die
Verfügbarkeil des Ouellcodes für eine Einschätzung der Ver-
trauenswürdigkeit unabdingbar sei. Diese Forderung finde
sich auch in der Anlage 1 zu § 2 der BWahlGV wieder, die
eine Vorlage des Quellcodes im Rahmen des Zulassungs-
verfahrens erfordere.

Authentizität der Software

Ein prinzipielles Problem bei der Vertrauenswürdigkeit von
Software sei die Frage, ob die vom Anwender eingesetzte
Kopie der Software mit einer ursprünglich geprüften Soft-
ware identisch und damit frei von Manipulationen sei. Zur
Authentifizierung von Software gebe es verschiedene etab-
lierte Verfahren. Wesentlich bei solchen Prüfverfahren sei,
dass der Prüfalgorithmus und die zu prüfende Kopie der
Software nicht aus derselben Quelle stammten, da sonst die
Vertrauenswürdigkeit des Prüfalgorithmus mitgeprüft wer-
den müsse. Genau diese Anforderung erfüllten die NEDAP-
überhaupt seitens deutscher Behörden verhindern zu kön-
nen.

Geräte nicht, da die beim Gerätestart angezeigten und auch
ausgedruckten Prüfsummen von der eingesetzten Software

Drucksache 16/3600 – 10 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 10 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

selbst berechnet würden und deshalb nicht geeignet seien,
eine Manipulation der Software zu verhindern. Sie könnten
allenfalls dazu dienen, den versehentlichen Einsatz einer fal-
schen oder unvollständigen Software-Version zu verhindern.

Authentizität des vorgelegten Quellcodes

Für die Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit einer kom-
plexen Software sei in der Regel ein Einblick in den Quell-
code der Software erforderlich. Diese Hinschätzung finde
sich in Abschnitt B.l der „Richtlinien für die Bauart von
Wahlgeräten“ (Anlage 1 zu § 2 BWahlGV) wieder, der neben
der Vorlage des lauffähigen Programms (Objektcode) auch
die Vorlage des kommentierten Quellcodes verlange. Um die
Vertrauenswürdigkeit des lauffähigen Programms zu ge-
währleisten, sei aber die gleichzeitige Vorlage von Objekt-
und Quellcode nicht ausreichend. Es müsse auch geprüft
werden, ob sich das lauffähige Programm tatsächlich aus
dem vorgelegten Quellcode erzeugen lasse. Soweit sich der
Prüfansatz der PTB aus der BWahlGV erschließen lasse, er-
folge eine solche Überprüfung jedoch nicht. Daher sei nicht
sichergestellt, dass der PTB nicht bereits ein manipulierter
Objektcode vorgelegt werden könne, in dem sich etwa
irgendeine „Hintertür“ oder ein „Trojaner“ befänden.

Authentizität der eingesetzten Software

Die BWahlGV verlange vom Hersteller der Wahlgeräte die
Abgabe einer Baugleichheitserklärung (§ 2 Abs. 6) für jedes
in den Verkehr gebrachte Gerät. Eine über das Vorliegen die-
ser Baugleichheitserklärung hinausgehende Prüfung der aus-
gelieferten Wahlgeräte erfolge nicht. Insbesondere erfolge
keine Authentifizierung der eingesetzten Software, so dass
sich die mit der Durchführung der Wahl befassten Organe
auf eine wirksame Qualitätssicherung beim Hersteller ver-
trauensvoll verlassen müssten sowie darauf, dass die Soft-
ware nach der Herstellerüberprüfung nicht mehr manipuliert
worden sei. Die Authentifizierung der eingesetzten Software
ausschließlich dem Hersteller zu überlassen, sei aber ebenso
grotesk wie es allein schon der Gedanke wäre, die Auszäh-
lung der Stimmen bei einer Urnenwahl nichtöffentlich durch
einen privaten Dienstleister ausführen zu lassen.

Technische und konstruktive Mängel

Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit des Systems

Die eingesetzten Geräte entsprächen hinsichtlich ihrer Mani-
pulations-Sicherheit nicht dem „Stand der Technik“, wie
dieses durch die Richtlinien zur BWahlGV (Buchstabe B,
Ziffer 2.1.) rechtlich geboten sei. Eine von der Regierung der
Republik Irland am 1. März 2004 eingesetzte Kommission
zu elektronischen Wahlen (Commission on Electronic Vo-
ting [CEV]) habe in ihrem Bericht vom Dezember 2004 er-
hebliche Sicherheitsbedenken gegen die irische Variante der
Geräte geäußert und sich gegen eine Verwendung der Geräte
in Irland ausgesprochen. Die CEV habe sich nicht in der
Lage gesehen, den Gebrauch des auch bei der Bundestags-
wahl verwendeten Systems zu empfehlen, weil das System
bisher nicht habe nachweisen können, dass es (trotz mannig-
facher apparativer und funktionaler Vorzüge) den von der
Kommission gesetzten Standards (Terms of Reference) zu
genügen vermöge.

unabhängige Verifizierbarkeit des Wahlergebnisses ver-
zichte, in seinem Sicherheitsansatz nicht den allgemein an-
erkannten Konzepten und Standards folge und entgegen der
BWahlGV nicht „unter Beachtung der für Systeme mit
schwerwiegenden Schadensfolgen bei Fehlverhalten (hohe
Kritikalität) anerkannten Regeln der Technik aufgebaut“ sei.
Der Einsatz der NEDAP-Geräte und die dabei zustande ge-
kommenen Wahlergebnisse seien schon deshalb rechtswid-
rig.

Mangelhafte Gerätesicherheit

Nach der Auslieferung der Geräte hänge die Vertrauens-
würdigkeit der Geräte wesentlich davon ab, ob unbefugter
Zugang zu den Geräten wirksam verhindert werde und ob
Manipulationen an den Geräten erkennbar seien. Nach Ein-
schätzung von Experten lasse sich der Speicherbaustein, auf
dem die Wahlsoftware gespeichert ist, innerhalb von zwei
Minuten auswechseln. Deshalb sei es unerlässlich, dass die
Geräteelektronik vor Manipulation gesichert sei. Die Elek-
tronik befinde sich auf der Rückseite des Gerätes unter einer
verschraubten Abdeckung und sei durch zwei vom Herstel-
ler angebrachte – also durch nichtamtliche – Siegel ge-
sichert. Diese Siegel könnten offenbar ohne große Schwie-
rigkeit entfernt werden. Somit bestehe kein ausreichender
Schutz gegen eine Manipulation des Wahlgerätes. Wie in-
konsistent und lückenhaft das Sicherheitskonzept des Her-
stellers sei, zeige sich daran, dass vor und nach dem Wahl-
gang die Geräte über zwei farbig markierte Schlüssel in
einen anderen Betriebszustand versetzt würden, der die
Konfiguration und das Auslesen der Stimmenspeicher er-
mögliche. Diese Schlüssel seien, zumindest in Irland, bei
allen Geräten identisch, wodurch der unautorisierte Zugang
zu solchen Schlüsseln erheblich erleichtert werde.

Mangelhaft gesicherter Stimmenspeicher

Die Stimmen würden in den Stimmenspeichern unverschlüs-
selt abgelegt. Bei den Stimmenspeichern handele es sich um
einfachste Bauelemente aus Standardkomponenten, deren
Spezifikation öffentlich verfügbar sei. Die Bausteine seien
ohne weitere Beschädigung zu öffnen und wieder zu schlie-
ßen. Da die Stimmen in den Stimmenspeichern unverschlüs-
selt abgelegt würden, bestehe die einzige Sicherungsmaß-
nahme der Speicher gegen ein bösartiges Manipulieren der
Speicher allein in allen NEDAP-spezifischen Steckverbin-
dungen, über die die Speicher mit den Wahlgeräten bzw.
Lesegeräten verbunden würden.

Sicherheitsmängel der Auswertecomputer

Die Wahlgeräte würden über besonders gesicherte Personal-
computer für die Wahlen konfiguriert. Diese gesicherten PCs
würden auch für die Auswertung der Stimmenspeicher im
Wahlamt eingesetzt. Die irische CEV habe bei diesen ge-
sicherten Computern erhebliche Sicherheitsmängel festge-
stellt, die das Aushebeln der Sicherheitsmaßnahmen ermög-
lichten.

Organisatorische Mängel

Fachliche Zuständigkeit:
BMI – PTB – Bundesamt für Sicherheit
Es sei für Deutschlands wahlrechtliche Verhältnisse völlig
unakzeptabel, dass ein Wahlsystem, das auf eine system-

Es sei offensichtlich, dass die BWahlGV und die Richtlinien
für die Bauart von Wahlgeräten unter Mitwirkung der PTB

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 11 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 11 – Drucksache 16/3600

entstanden seien. Das lasse sich aus der Reduktion der wahl-
rechtlichen Anforderungen auf den apparatetechnischen
Bereich (Belastbarkeit, Haltbarkeit, Rückwirkungsfreiheit,
Energieversorgung) sowie aus den lediglich funktionalen
Anforderungen erschließen, die sich im Kompetenzbereich
der PTB befänden. Bei den NEDAP-Geräten handele es sich
aber um Computer mit einer komplexen Software, die auf
über zweihunderttausend Zeilen Quellcode beruhe. Eine Be-
schränkung der Zulassungsprüfung auf apparattechnische
Kriterien sei daher völlig unangemessen. Das für Software-
Sicherheit zuständige Bundesamt für Sicherheit in der In-
formationstechnik hätte in die Gestaltung der BWahlGV und
in das Zulassungsverfahren von Wahlgeräten einbezogen
werden müssen.

Sicherheitsmängel in der Organisation des Wahlgeschäfts

Aufgrund der erheblichen Probleme, die durch unautorisier-
ten Zugang zu den Geräten, zu Zubehör und Software entste-
hen könnten, sehe die irische Kommission für elektronisches
Wählen die dringende Notwendigkeit, unautorisierten Zu-
gang zu den Geräten auch zwischen verschiedenen Wahlen
durch geeignete Sicherheitsmaßnahmen zu verhindern. Eine
solche Kontrolle finde aber in Deutschland nicht statt, und es
seien auch keine angemessenen Regelungen in Kraft, die
eine solche Zugangskontrolle sicherstellen könnten. Es sei
deshalb davon auszugehen, dass die Geräte in der Regel aus-
schließlich am Wahltag versiegelt würden. Dies sei aber
nicht ausreichend.

Mandatsrelevanz

In 13 Wahlkreisen, die der Einspruchsführer auflistet, sei
ausschließlich oder überwiegend mit den NEDAP-Geräten
gewählt worden. Die beanstandeten Mängel bei der Wahl-
durchführung seien hier offensichtlich mandatsrelevant, weil
nicht überprüft werden könne, ob das Erstimmenergebnis in
diesen Wahlkreisen rechtmäßig zustande gekommen sei.

Angesichts von etwa 2 000 eingesetzten NEDAP-Wahlgerä-
ten dürfe die Zahl der betroffenen Stimmen deutlich über
2 Millionen betragen. Dies entspreche etwa 5 Prozent der ab-
gegebenen Stimmen und damit etwa 15 der 300 Listenman-
date. Somit seien die beanstandeten Mängel offensichtlich
mandatsrelevant hinsichtlich des Zweitstimmenergebnisses.
Soweit der Einspruchsführer insoweit die betreffenden
Wahlkreise aufzählt, wird auf die Akten verwiesen.

III.

Zu dem Vortrag des Einspruchsführers hat das Bundesminis-
terium des Innern (BMI) unter Einbeziehung der Physika-
lisch-Technischen Bundesanstalt und des Bundeswahlleiters
– ebenso wie zu weiteren Einsprüchen, die sich auf das
Thema der elektronischen Wahlgeräte beziehen – mit Schrei-
ben vom 3. Mai 2006 Stellung genommen.

Danach sei der vorliegende Einspruch zurückzuweisen. Die
Wahlgeräte seien insbesondere hinreichend manipulations-
sicher und auch ein Papierprotokoll erhöhe die Manipula-
tionssicherheit nicht. Auch eine Verletzung des Öffentlich-
keitsgrundsatzes habe nicht vorgelegen. Selbst wenn man
Wahlfehler annehmen würde, seien sie nicht mandatsrele-
vant.

der weitere Ablauf der Wahl mit Wahlgeräten (Nummer 1)
sowie die Prüfung durch die PTB beschrieben (Nummer 2).
Sodann folgt die Stellungnahme zu den vom Einspruchsfüh-
rer gerügten Aspekten der Wahl mit Wahlgeräten (Nummer 3
bis 5).

1. Ablauf der Wahl mit Wahlgeräten

Einige Wochen vor der Wahl, wenn aufgrund der Entschei-
dung der Wahlausschüsse die Kreiswahlvorschläge und Lan-
deslisten der Parteien und damit der Inhalt der Stimmzettel
feststehen würden, programmiere die Gemeindebehörde für
jedes Wahlgerät ein Speichermodul mit den Daten der
Stimmzettel und den anderen konkreten Angaben der Wahl.
Mit den gleichen Daten werde ein Geräte-Stimmzettel be-
druckt. Der Geräte-Stimmzettel werde von der Gemeinde-
behörde auf dem Tastentableau des Wahlgeräts angebracht.
Das programmierte Speichermodul werde auf der Rückseite
des Wahlgeräts eingesteckt. Erst mit dem Speichermodul sei
das Wahlgerät prinzipiell für eine Wahl einsetzbar. Nach dem
Einstecken des programmierten Speichermoduls erfolge ein
Funktionstest des Wahlgeräts durch die Gemeindebehörde.
Dabei werde unter anderem kontrolliert, ob das Wahlgerät
und sein Softwareprogramm sich korrekt identifizierten, ob
alle Tasten richtig programmiert seien und ob sich keine
Stimmen im Speichermodul befänden. Bei neueren Bauarten
werde außerdem die Unversehrtheit der Versiegelung, die
vom Hersteller an der Elektronikeinheit angebracht worden
sei, kontrolliert. Sei der Funktionstest erfolgreich, werde das
Gerät verschlossen und im verschlossenen Zustand amtlich
versiegelt.

Am Wahltag kontrolliere der Wahlvorstand die Unversehrt-
heit der amtlichen Siegel, erbreche sie, baue das Wahlgerät
auf und schalte es ein. Der Wahlvorstand kontrolliere die
Identifikation des Wahlgeräts und seines Softwarepro-
gramms, das Wahldatum und den Wahlbezirk bzw. -kreis
und die Anzeige „0“ für die Zahl der abgegebenen Wähler-
stimmen. Die durchzuführenden Kontrollen seien detailliert
im Handbuch sowie überblicksartig in der Kurzanleitung für
die Wahlvorstände beschrieben. Der Wahlvorstand stelle das
Wahlgerät mit Hilfe eines Schlüssels auf den Betriebs-
zustand „Wählen“ ein und verriegele diesen Betriebszustand
durch einen zweiten Schlüssel. Die beiden Schlüssel würden
während des Wahltages bei zwei verschiedenen Mitgliedern
des Wahlvorstands aufbewahrt. Der Wahlvorstand gebe das
Wahlgerät frei und die einzelnen Wähler gäben ihre Stimmen
ab. Am Ende des Wahltages entriegele der Wahlvorstand mit
Hilfe der beiden Schlüssel den Betriebszustand „Wählen“
und stelle den Betriebszustand „Wahlauswertung“ ein.

Zur Feststellung der Zahl der Wähler würden die Zahl der
Stimmabgabevermerke und der eingenommenen Wahl-
scheine mit den vom Wahlgerät angezeigten Zahlen der
Stimmabgaben verglichen und in der Wahlniederschrift ver-
merkt. Der Wahlvorstand wähle nun am Wahlgerät die Funk-
tion „Wahlauswertung per Drucker“ und gewinne so das
vom Wahlgerät errechnete Ergebnis. In dem Moment, in dem
dieses Ergebnis ausgedruckt werde, könnten keine weiteren
Stimmen mehr hinzugefügt werden.

Der Ausdruck des Wahlergebnisses werde in die Wahlnie-
derschrift aufgenommen. Der Wahlvorsteher stelle die Zahl
Zum besseren Verständnis der technischen Seite der Ein-
sprüche werden in der Stellungnahme zunächst allgemein

der insgesamt abgegebenen Erst- und Zweitstimmen und der
für jeden Bewerber und jede Liste abgegebenen Stimmen

Drucksache 16/3600 – 12 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 12 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

fest und kontrolliere, ob die Summe der einzelnen Ergeb-
nisse mit der Zahl der insgesamt abgegebenen Stimmen
übereinstimme. Sollte der Drucker defekt sein, könne entwe-
der das Wahlergebnis am Display angezeigt und von dort in
die Wahlunterlagen übertragen werden oder das Speicher-
modul mit den Stimmen werde in ein anderes Wahlgerät ein-
gesteckt und mit diesem werde der Ergebnisausdruck ange-
fertigt. Der Wahlvorstand entferne das Speichermodul mit
den Stimmen und übergebe es verpackt und versiegelt der
Gemeindebehörde. Das Wahlgerät werde ebenfalls ver-
schlossen und zurücktransportiert.

Die Speichermodule könnten jederzeit nach Ablauf des
Wahltages erneut in ein Wahlgerät eingesteckt werden, um
das Ergebnis noch einmal (bzw. beliebig oft) zu gewinnen.
Darüber hinaus könnten die Speichermodule im Rahmen
einer Wahlprüfung ausgelesen werden. Dabei könne fest-
gestellt werden, ob die Stimmen, die vierfach redundant ge-
speichert würden, Defekte aufwiesen. Das Speichermodul
enthalte, ebenso wie ein Stimmzettel, auch Informationen
über Stimmenkoppelungen (Erst- und zugehörige Zweit-
stimme). Über die Anwendungssoftware könnten alle ge-
speicherten Stimmen als Stimmzettel mit den entsprechen-
den Kreuzen ausgedruckt und von Hand nachgezählt wer-
den. Seien alle Einspruchsfristen verstrichen, würden die
Speichermodule nach Freigabe durch den Bundeswahlleiter
komplett gelöscht und könnten mit den Daten der nächsten
Wahl programmiert werden.

Schließlich enthalte auch das Wahlgerät selbst umfangreiche
Diagnosefunktionen und führe mit Hilfe dieser Funktionen
beim Gerätestart, während des laufenden Betriebs sowie vor
und nach der Speicherung von Stimmen Selbsttests durch.

2. Ablauf der Prüfung bei der PTB

Bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt werde ein
Mustergerät geprüft. Die Prüfung orientiere sich an der
Bundeswahlgeräteverordnung und der Anlage 1 zu § 2
BWahlGV, den Richtlinien für die Bauart von Wahlgeräten.
Diese schrieben die zu prüfenden Anforderungen vor.

Die Anforderungen gliederten sich in konstruktionstechni-
sche, funktionale und einige ergonomische Anforderungen.
Anforderungen bezüglich der Sicherheit seien implizit eben-
falls enthalten.

Bei der Prüfung würden verschiedene Prüfmethoden ver-
wendet. Anforderungen wie z. B. die, dass das Wahlgerät in
seiner Konstruktion dem Stand der Technik entsprechen
müsse, würden durch Inspektionen der technischen Unter-
lagen und durch Sichtprüfungen am Gerät geprüft. Anforde-
rungen wie z. B. die nach bestimmten Funktionen oder Ab-
läufen würden durch Funktionstests am Wahlgerät geprüft.
Dabei würden generell auch Fehlersituationen, Defekte,
falsche Handhabung, Stromausfälle usw. berücksichtigt. An-
forderungen an die Verträglichkeit gegenüber bestimmten
Umwelteinflüssen würden durch Klimakammertests, Vibra-
tions- und Falltests, Messungen der Empfindlichkeit gegen-
über elektromagnetischen Feldern, Stromschwankungen
u. Ä. geprüft. Auch die elektromagnetische Abstrahlung der
Wahlgeräte werde kontrolliert. Parallel zu diesen Prüfungen
erfolgten die gründliche Inspektion des Quellcodes des in
den Wahlgeräten verwendeten Softwareprogramms, dyna-

tion und der Bedienungsanleitung. Die Softwareprüfung
nehme in der Regel 90 Prozent des zeitlichen Aufwands der
Baumusterprüfung in der PTB in Anspruch.

Die Baumusterprüfung werde durch eine Arbeitsgruppe der
PTB durchgeführt, die langjährige Erfahrungen mit Wahl-
geräteprüfungen habe und als Softwareprüfstelle akkreditiert
sei. Die Arbeitsgruppe stütze sich bei der Baumusterprüfung
auch auf externe, akkreditierte Prüflaboratorien, z. B. bei
den mechanischen Tests.

An bestimmten Stellen lege die Bundeswahlgeräteverord-
nung ein spezielles Sicherheitsniveau fest, wie z. B. beim
allgemeinen Zuverlässigkeits- und Sicherheitsniveau, bei
der Rückwirkungsfreiheit usw. Wo die BWahlGV keine be-
sonderen Festlegungen treffe, werde bei der Prüfung der
Wahlgeräte ein Maßstab angelegt, mit dem mindestens ein
vergleichbares Sicherheitsniveau gewährleistet werde wie
bei der konventionellen Wahl.

Bei der Prüfung und Bewertung werde als Voraussetzung an-
genommen, dass sich das Wahlgerät am Wahltag permanent
unter der Kontrolle des Wahlvorstandes befinde und dass die
Speichermodule, die die Stimmen enthielten, mit der glei-
chen Sorgfalt behandelt würden wie Stimmzettel und Urnen
bei der konventionellen Wahl.

Die konventionelle Wahl mit den gesetzlich festgelegten Zu-
ständigkeiten und Verantwortlichkeiten der Wahlvorstände
habe sich über eine lange Zeit bewährt. Genau diese Rolle
der Wahlvorstände bleibe beim Einsatz von Wahlgeräten er-
halten.

3. Technische Aspekte des Einspruchs

3.1 Identifikation der Hardware und des Software-
programms

Die Hardware der Wahlgeräte werde über einen Namen und
eine Versionsnummer identifiziert. Der Name befinde sich
auf dem Typenschild an der Vorderseite der Geräte. Name
und Versionsnummer könnten darüber hinaus vom Gerät auf
Anforderung angezeigt und ausgedruckt werden. Sie könn-
ten somit jederzeit mit den Angaben auf der Baugleichheits-
erklärung verglichen werden.

Soweit der Einspruchsführer kritisiert, dass das Software-
programm nicht ausreichend identifizierbar sei und dass die
Identifikation des Softwareprogramms nicht ausreichend ge-
prüft werde, stellt das BMI fest:

Das Softwareprogramm identifiziere sich über eine Ver-
sionsnummer und zwei Prüfsummen. Die Prüfsummen wür-
den durch das Gerät selbst gebildet, indem ein im Software-
programm enthaltener Prüfsummenalgorithmus verwendet
werde. Der Prüfsummenalgorithmus werde im Rahmen der
Baumusterprüfung geprüft. Dabei werde festgestellt, ob der
Algorithmus korrekt arbeite, ob er das gesamte Software-
programm einbeziehe, ob er nicht ausgeschaltet oder umgan-
gen werden könne und ob seine Ergebnisse unverändert an
den Drucker und das Display übergeben würden.

Die Versionsnummer und die beiden Prüfsummen der Soft-
ware könnten jederzeit, auch während des Wahltags und im
Beisein von Wählern, am Gerät angezeigt und ausgedruckt
werden und mit der Baugleichheitserklärung verglichen wer-
mische Funktionstests des Softwareprogramms sowie Re-
views der Entwicklungsdokumentation, der Testdokumenta-

den. Das Softwareprogramm sei damit jederzeit identifizier-
bar.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 13 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 13 – Drucksache 16/3600

Vor der Verwendung der Geräte fänden zwei Kontrollen der
Softwareidentifikation statt, und zwar durch die Gemeinde-
behörde einige Wochen vor der Wahl und durch die Wahl-
vorstände am Tag der Wahl.

Die Gemeindebehörde komplettiere die Wahlgeräte, indem
die Speichermodule mit den konkreten Angaben zur Wahl
programmiert und in die Wahlgeräte eingesteckt würden.
Die Gemeindebehörde führe anschließend einige Kontrollen
aus. Dabei werde u. a. geprüft, ob die Softwareidentifikation
des Seriengerätes mit der des zugelassenen Baumusters
übereinstimme. Die Softwareidentifikation des Baumusters
werde in der Verwendungsgenehmigung veröffentlicht und
mittels eines Aufklebers auf dem Gerät angebracht.

Nach der Kontrolle der Softwareidentifikation (und weiteren
Prüfungen) würden die Wahlgeräte verschlossen und amtlich
gesiegelt. In diesem Zustand verblieben sie bis zum Aufbau
durch den Wahlvorstand am Morgen des Wahltags. Der
Wahlvorstand sei angewiesen, vor dem Aufbau die Unver-
letztheit der Siegel zu überprüfen.

Nach dem Aufbau der Geräte führe der Wahlvorstand eben-
falls eine Kontrolle der Softwareidentifikation durch.

Bei allen Schritten würden nicht nur die Anzeigen kontrol-
liert, sondern auch Ausdrucke angefertigt, die für nachträg-
liche Überprüfungen zur Verfügung stünden.

Die Prüfungen der Softwareidentifikation durch die Gemein-
debehörde und durch den Wahlvorstand seien in der Bedie-
nungsanleitung der Wahlgeräte vorgeschrieben. Die Bedie-
nungsanleitung sei Bestandteil der Bauart, sie sei ebenfalls
durch die PTB geprüft worden und stelle eine verbindliche
Vorschrift für die Handhabung der Wahlgeräte dar.

3.2 Authentifizierung des Softwareprogramms

Zur Vermutung des Einspruchsführers, dass es möglich sei,
die Eproms mit dem Softwareprogramm zu ändern oder aus-
zutauschen, ohne dass dies bemerkt werde, wird wie folgt
Stellung genommen:

Die Frage sei, ob die in den Seriengeräten befindlichen
Eproms tatsächlich Kopien der bei der Baumusterprüfung
geprüften Eproms seien, ob also das Softwareprogramm auf
den Eproms der Seriengeräte authentisch (echt) sei.

3.2.1 Prüfsummen und andere informationstechnische
Mittel

Die durch das Wahlgerät angezeigten oder ausgedruckten
Prüfsummen seien nicht dazu geeignet und deshalb auch
nicht dafür vorgesehen, die Authentizität des Softwarepro-
gramms zu sichern. Es sei theoretisch möglich, Eproms zu
schaffen, die ein verändertes Softwareprogramm enthielten
und trotzdem auf Nachfrage die ursprünglichen, erwarteten
Prüfsummen lieferten, indem neben dem Softwareprogramm
auch der Prüfsummenalgorithmus manipuliert werde. Die
Prüfsummen dienten deshalb allein der Identifikation, nicht
der Authentifizierung. Sie schützten vor unabsichtlichen
Veränderungen, aber nur beschränkt vor beabsichtigten Ma-
nipulationen.

Würden die bisher verwendeten Prüfsummen durch andere
informationstechnische Verfahren ersetzt, dann ändere sich

det werde, der Bestandteil des Wahlgerätes ist, könne zusam-
men mit dem Softwareprogramm auch der Algorithmus ma-
nipuliert werden. Er könne so verändert werden, dass der ur-
sprüngliche Wert vorgespiegelt werde. Alle Werte, die durch
Bauteile oder Softwareprogramme des (eventuell manipu-
lierten) Wahlgerätes bereitgestellt werden, seien für eine
Authentifizierung nur beschränkt geeignet bzw. sogar unge-
eignet.

Eine Authentifizierung über solche Verfahren könne nur
vollständig sein, wenn die Eproms bei jedem einzelnen
Seriengerät entnommen und außerhalb des Wahlgeräts mit
unabhängigen Hilfsmitteln geprüft würden. Seien die Werte
unabhängig ermittelt worden, könnten sie mit den Werten
des Baumusters verglichen werden.

Auch bei einer Stückprüfung aller ausgelieferten Eproms
könne es weitere Manipulationsmöglichkeiten geben. So
könne z. B. die Elektronikeinheit so geändert werden, dass
nicht mehr die kontrollierten und als korrekt befundenen
Eproms benutzt werden, sondern neu hinzugefügte, verän-
dert programmierte Eproms.

Bestünden also berechtigte Zweifel daran, dass die vom Her-
steller produzierten Seriengeräte mit dem Baumuster über-
einstimmen, dann müsse eine Stückprüfung aller ausgelie-
ferten Geräte erfolgen, bei denen nicht nur die Baugleichheit
der Eproms, sondern auch die Baugleichheit der Elektronik-
einheit und aller anderen wichtigen Bestandteile der Wahl-
geräte überprüft werden müsse.

Dies wäre grundsätzlich machbar, aber mit erheblichem zu-
sätzlichem Aufwand verbunden.

3.2.2 Zugriffsmöglichkeiten auf das Softwareprogramm

Falls das Softwareprogramm des Wahlgeräts durch ein ma-
nipuliertes ersetzt werden solle, dann müsse dieses manipu-
lierte Softwareprogramm die Funktionstests vor der Wahl
bestehen. Es müsse sich also größtenteils wie das korrekte
Softwareprogramm verhalten. Außerdem müsse es mit der
Hardware der Wahlgeräte zusammenarbeiten, da sonst Tas-
ten, Displays usw. nicht funktionieren würden. Es erscheine
deshalb unrealistisch, das Softwareprogramm komplett neu
zu schreiben; eher sei eine Modifikation des bestehenden
Softwareprogramms denkbar.

Um das bestehende Softwareprogramm modifizieren zu
können, müsste der Quellcode verfügbar sein. Dieser liege
nur beim Hersteller NEDAP sowie beim Prüflaboratorium in
der PTB vor. Beide Stellen seien durch standardmäßige
Sicherheitsmaßnahmen wie Firewalls, Virenschutz, Rechte-
vergabe und Zugangskontrollen vor dem Eindringen unbe-
fugter Dritter geschützt.

3.2.3 Auswirkungen geänderter oder ausgetauschter
Eproms

Das Wahlgerät einschließlich seines auf den Eproms befind-
lichen Softwareprogramms funktioniere nur als Wahlgerät,
wenn ein korrekt programmiertes Speichermodul einge-
steckt werde. Während das Softwareprogramm den generel-
len Ablauf des Wählens und des Auswertens der Wahl be-
stimme, enthalte das Speichermodul die Daten der Stimm-
zettel und die anderen konkreten Daten der Wahl.
an dieser Situation grundsätzlich nichts. Solange für die Er-
zeugung und Anzeige dieser Werte ein Algorithmus verwen-

Die Eproms mit dem Softwareprogramm seien durch den
Hersteller produziert, in das Wahlgerät eingebaut und dieses

Drucksache 16/3600 – 14 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 14 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

dann ausgeliefert worden. Die Daten der Stimmzettel und die
anderen konkreten Wahldaten stünden erst einige Wochen
vor dem Wahltermin fest und werden erst dann unabhängig
vom Hersteller von der Gemeindebehörde in die Speicher-
module einprogrammiert.

Würden nun die Eproms beim Hersteller oder nach der Aus-
lieferung manipuliert, dann seien nur Manipulationen ohne
genaue Kenntnis der Tastenbelegung und der Nummerierung
von Bewerbern möglich. Es sei zum Beispiel nur möglich,
das Softwareprogramm so zu ändern, dass der Bewerber 3
einen Teil der Stimmen des Bewerbers 4 bekommt oder dass
Stimmen mit einem festen Verhältnis auf die Listen der Par-
teien 7 und 8 aufgeteilt werden. Welche Bewerber sich am
Wahltag unter den Nummern 3 und 4 verbergen oder welche
Listen am Wahltag die Nummern 7 und 8 haben werden, sei
bis einige Wochen vor der Wahl in der Regel nicht bekannt.
Die Belegung der Tasten ändere sich außerdem von Wahl zu
Wahl. Manipulationen müssten also in der Regel „blind“ er-
folgen und würden sich dann auf alle Wahlen in gleicher Art
und Weise auswirken.

Gezielte Manipulationsversuche seien damit in der Regel
schwierig, solange sie sich auf die Manipulation der Eproms
beschränken. Sie seien nur sinnvoll, wenn die Manipulation
auch die gefüllten Speichermodule mit den Daten für eine
bestimmte Wahl umfasse. Sobald diese aber vorliegen, ein-
gesteckt und überprüft worden seien, seien die Wahlgeräte
verschlossen, amtlich versiegelt und besonders geschützt
aufbewahrt.

Zusammenfassend sei zu sagen, dass die Authentizität des
Softwareprogramms bei den Wahlgeräten durch eine Ge-
samtheit von Gegebenheiten und flankierenden Maßnahmen
gewährleistet werde. Hierzu zähle vor allem die Tatsache,
dass für eine Manipulation der Zugriff auf den Quellcode des
Softwareprogramms und der Zugriff auf die gefüllten Spei-
chermodule nötig seien. Der Zugriff auf den Quellcode
würde strafbare Handlungen, wie ein unbefugtes Eindringen
beim Hersteller oder der PTB voraussetzen. Ein Zugriff auf
die Speichermodule sei erst dann sinnvoll, wenn die Wahl-
geräte bereits auf die Wahlämter verteilt, dort komplettiert
und versiegelt worden seien. Zu diesem Zeitpunkt seien sie
aber besonders geschützt aufbewahrt, so dass ein Zugriff
ebenso unwahrscheinlich erscheine wie ein Zugriff auf die
von der Gemeindebehörde aufbewahrten Stimmzettel.

3.3 Übereinstimmung von Quellcode und Software-
programm

Die Einspruchsführer hätten vermutet, dass der bei der PTB
geprüfte Quellcode nicht mit dem Softwareprogramm über-
einstimmen könne, das in den Wahllokalen zum Einsatz
komme.

Dieses Problem bestehe aus zwei Teilen: a) Gehören der in
der PTB geprüfte Quellcode und das in der PTB als Bestand-
teil des Baumusters geprüfte Softwareprogramm zusam-
men? b) Entsprechen die in den Wahllokalen eingesetzten
Seriengeräte mit ihren Softwareprogrammen dem Baumus-
ter? Problem a) werde im folgenden Ablauf dargestellt, wäh-
rend Problem b) die in Punkt 3.2 bereits behandelte Authen-
tifizierung des eingesetzten Softwareprogramms betreffe.

Übersetzungsvorgang das Softwareprogramm hervor, das
sich auf den Eproms im Inneren des Wahlgeräts befinde. Der
Hersteller sende ein Wahlgerät einschließlich der Eproms
mit dem Softwareprogramm für die Baumusterprüfung bei
der PTB ein. Gleichzeitig reiche er auch den Quellcode ein,
aus dem das Softwareprogramm hervorgegangen sei. Der
Hersteller versichere verbindlich, dass das Softwarepro-
gramm aus genau dem Quellcode hervorgegangen sei, der
zur Prüfung vorgelegt wird. Da die Funktionalität des Wahl-
gerätes sowohl am Baumuster mit dem darin enthaltenen
Softwareprogramm als auch durch eine Inspektion des
Quellcodes geprüft werde, würden Abweichungen zwischen
beiden mit großer Wahrscheinlichkeit während der Prüfung
entdeckt werden. Zu solchen Abweichungen sei es bisher
nicht gekommen.

Als zusätzliche vertrauensbildende Maßnahme würde außer-
dem im Rahmen der ersten Baumusterprüfungen durch die
PTB ein Audit der Softwareentwicklung beim Hersteller
durchgeführt.

3.4 Sicherung der Stimmen im Speichermodul

Der Einspruchsführer habe angeführt, dass die Stimmen im
Speichermodul nicht verschlüsselt abgelegt sind, und ver-
mute, dass diese einfach geändert oder gelöscht werden kön-
nen.

Die Stimmen seien im Speichermodul nur insoweit unver-
schlüsselt abgelegt, als man unter Verschlüsselung die An-
wendung eines kryptografischen Algorithmus verstehe. Sie
seien keineswegs einfach ablesbar im Speichermodul abge-
legt. Um sie zu ändern, sei neben dem Zugriff auf das (ge-
schützt bei den Gemeindebehörden aufbewahrte) Speicher-
modul und ein passendes Programmiergerät auch die Infor-
mation erforderlich, wie die Stimmen im Speichermodul ab-
gelegt werden müssen, damit das Wahlgerät sie beim Zählen
berücksichtigt. Die Stimmen würden außerdem redundant
und mit einigen Sicherungsmaßnahmen abgelegt, so dass sie
bei der Auswertung hinsichtlich ihrer Integrität geprüft wer-
den könnten. Verletzten die manipulierten Stimmen eine der
Integritätsregeln, würden sie nicht gezählt und eine Fehler-
meldung erscheine.

Eine Offenlegung des Quellcodes würde die Integritätsbe-
dingungen allgemein bekannt machen und damit Ansatz-
punkte für Manipulationsversuche bieten.

Einfacher als die gezielte Manipulation einzelner oder aller
Stimmen sei die Löschung von Stimmen, sofern Zugriff auf
die Speichermodule und ein passendes Programmiergerät
bestehe. Um dies zu verhindern, würden die Speichermodule
während der Wahl beaufsichtigt und nach der Wahl genauso
sicher aufbewahrt wie ausgefüllte Stimmzettel.

3.5 Sicherheitsmängel der Auswertecomputer

Der Einspruchsführer habe auf die zahlreichen Probleme, die
in Irland mit den PCs und der speziellen Software aufgetre-
ten seien, die für die Wahlauswertung verwendet worden
seien, verwiesen.

Das irische Wahlsystem lege fest, dass die Inhalte mehrerer
Wahlurnen vor der Auszählung gemischt werden müssten.
Damit sei es in Irland erforderlich, die Speichermodule meh-
Der Quellcode werde beim Hersteller der Wahlgeräte durch
die Programmierer geschrieben. Aus ihm gehe durch einen

rerer Wahlgeräte an einer zentralen Stelle zusammenzufüh-
ren und (in einer Datenbank auf einem PC) zu mischen, be-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 15 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 15 – Drucksache 16/3600

vor die Wahlauswertung stattfinden darf. Das Ergebnis
werde also mit Hilfe eines PCs und darauf befindlicher spe-
zieller Software gewonnen.

Diese Situation bestehe in Deutschland nicht. In jedem
Wahllokal stelle der Wahlvorstand mit Hilfe des Wahlgeräts
am Ende des Wahltages das Wahlergebnis des Wahlbezirkes
fest.

Die Wiederholung der Wahlauswertung in der Gemeinde-
behörde sei demgegenüber keine Feststellung des amtlichen
Endergebnisses.

Im Wahlamt würden in der Regel die Speichermodule aus
den einzelnen Wahllokalen noch einmal gelesen, die Ergeb-
nisse auf einem PC gesammelt und dann addiert. Stattdessen
oder parallel dazu könnten jedoch auch die von den Wahl-
vorständen ermittelten Ergebnisse aus den Wahllokalen ver-
wendet und diese manuell oder mit einem Taschenrechner
addiert werden.

Die in Irland für die Umrechnung der Stimmen in Sitze ver-
wendete und ebenfalls von der irischen Kommission kriti-
sierte spezielle Software sei nur für so genannte STV-Wah-
len (Single Transferable Vote Elections) geeignet, die in
Deutschland keine Verwendung fänden.

Da das in den Wahlämtern zum Addieren verwendete Ver-
fahren und demzufolge auch die dafür verwendeten PCs und
ihre spezielle Software für die Gewinnung des amtlichen
Endergebnisses nicht relevant seien, unterlägen sie keinen
speziellen Anforderungen. Sie seien nicht Bestandteil der
Bauart und würden nicht geprüft.

3.6 Fehlen eines verifizierbaren Protokolls

Zur Kritik des Einspruchsführers, dass die Verwendung von
Wahlgeräten ohne (Papier-)Protokollfunktion dazu führe,
dass eine Auszählung nicht überprüfbar sei, wird wie folgt
Stellung genommen:

Ein denkbares, bei Geräten der Firma NEDAP aber nicht er-
stelltes, Papierprotokoll (auch engl. Voter Verifiable Paper
Audit Trail [VVPAT] genannt) werde durch das Wahlgerät
vor der endgültigen Stimmabgabe ausgedruckt, dem Wähler
hinter Glas präsentiert und nach der Bestätigung durch den
Wähler und damit endgültiger Stimmabgabe in eine ange-
schlossene Urne geworfen.

Die Verwendung von VVPATs habe Vor- und Nachteile und
sei in der Fachwelt nicht unumstritten. Insbesondere sei
durch die Verwendung eines VVPAT keine unabhängige Ve-
rifikation möglich. So könne der VVPAT, wie jedes Papier-
produkt, manipuliert werden. Es gebe ungezählte Möglich-
keiten, professionell aussehende Drucksachen herzustellen.
Für das zusätzlich erforderliche Zerstören oder Austauschen
von Stimmzetteln seien keinerlei besondere Fähigkeiten nö-
tig. Im Gegensatz dazu erfordere das Manipulieren elektro-
nischer Daten spezielle Kenntnisse. Aus diesen Gründen sei
der VVPAT grundsätzlich unzuverlässiger als die elektro-
nischen Daten. Der VVPAT sei auch nicht unabhängig. Er
könne nicht das mangelnde Vertrauen in die Funktionsfähig-
keit des Wahlgeräts ersetzen, da er vom Wahlgerät erzeugt
werde. Nachdem der Wähler die Wahlkabine verlassen habe,
könne das Wahlgerät z. B. den gerade erzeugten VVPAT als
ungültig markieren und einen neuen drucken. Dies könne

geräts kein Vertrauen entgegengebracht werde. Werde der
VVPAT um verschlüsselte Merkmale ergänzt, um das Einfü-
gen zusätzlicher Papierquittungen oder das Ersetzen von Pa-
pierquittungen zu verhindern, dann könne er wiederum nicht
mehr durch den Wähler überprüft werden. Der Wähler sei
dann nicht mehr in der Lage zu entscheiden, ob der ihm prä-
sentierte VVPAT korrekt markiert worden sei und später mit-
gezählt werde. Weiter sei für die Realisierung ein Drucker
nötig, der nicht nur ausfallen könne, sondern während des
Wahltages auch kleinere Probleme wie Papierstau, auslau-
fende Tinte usw. verursachen könne. Zudem sei es bei Wah-
len mit vielen Stimmen möglich, dass der Wähler seine Aus-
wahl teilweise vergesse und fälschlicherweise annehme,
dass der VVPAT nicht korrekt sei. Dies erhöhe unberechtig-
terweise die Zweifel gegenüber dem Wahlgerät und könne zu
einer überflüssigen Nachzählung führen. Schließlich sei es
sehr schwierig, VVPATs so zu gestalten, dass auch behin-
derte Wähler mit ihnen zurecht kämen. So könnten z. B.
Sehschwache wieder auf Hilfe angewiesen sein, um ihren
VVPAT zu kontrollieren. Abschließend verweist das BMI
auf eine kleine Studie des Massachusetts Institute of Tech-
nology, eines der renommiertesten Technologie-Forschungs-
institute der USA, die ergeben habe, dass der größte Teil der
Testwähler den VVPAT ungelesen bestätige oder, wenn er
ihn gelesen und als fehlerhaft empfunden habe, trotzdem be-
stätige (in der Annahme, dass das Papier nicht lügen könne).

Das VVPAT könne allerdings u. U. auch Vorteile haben. Bis-
her fehlten jedoch praktische Erfahrungen mit diesem Hilfs-
mittel. In den nächsten Jahren stünden mehrere Wahlen im
Ausland mit VVPAT bevor, die wissenschaftlich untersucht
werden sollten. Die PTB werde die weitere Entwicklung auf
diesem Gebiet beobachten. Derzeit spreche nichts dafür,
dass ein VVPAT die ohnehin schon hohe Sicherheit der
Wahlgeräte noch erhöhen würde. Ein generelles Misstrauen
der Bevölkerung in die Sicherheit der Wahlgeräte sei eben-
falls nicht ersichtlich, so dass auch dieser Aspekt nicht die
Einführung des VVPAT angeraten erscheinen lasse.

4. Rechtliche Aspekte des Einspruchs

4.1 Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes

Eine Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes liege nicht
vor.

Das Öffentlichkeitsprinzip werde nach herrschender Auffas-
sung aus dem Demokratieprinzip im Sinne von Artikel 20
Abs. 1 GG abgeleitet (Schreiber, Kommentar zum BWG,
7. Auflage, 2002, § 10 Rn. 1; Karpen, Elektronische Wah-
len? Einige verfassungsrechtliche Fragen, 2005, S. 31). Die
Öffentlichkeit der Wahl sei eine Grundvoraussetzung für eine
demokratische politische Willensbildung. Die Öffentlichkeit
übe gegenüber den Wahlorganen eine Kontrollfunktion aus;
geheime Auszählungen oder Beratungen seien daher unzu-
lässig. Das Öffentlichkeitsprinzip diene damit dem Schutz
vor Wahlfälschungen und dem Vertrauen der Bürger in
manipulationsfreie Wahlen (Verfassungsgerichtshof Nord-
rhein-Westfalen, NVwZ 1991, S. 1175, 1179; Oberverwal-
tungsgericht Koblenz, NVwZ 1991, 598, 600).

Einfachrechtlich sei das Öffentlichkeitsprinzip in den §§ 10,
31 des Bundeswahlgesetzes und § 54 BWO geregelt. Gemäß
§ 10 BWG finde die Verhandlung, Beratung und Entschei-
zwar mit Tests entdeckt werden. Der VVPAT solle aber ge-
rade deswegen verwendet werden, weil den Tests des Wahl-

dung der Wahlausschüsse und Wahlvorstände in öffentlicher
Sitzung statt. Der gesamte Willensbildungs- und Entschei-

Drucksache 16/3600 – 16 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 16 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

dungsprozess, der zu der Feststellung des Ergebnisses für
den Wahlbezirk führt, müsse im Lichte der Öffentlichkeit ge-
schehen. § 54 BWO konkretisiere dies dahingehend, dass
während der Wahlhandlung und der Ergebnisermittlung je-
dermann Zutritt zu den Wahlräumen habe, soweit dies ohne
Störung des Wahlgeschäfts möglich sei.

Allerdings sei das Öffentlichkeitsprinzip nicht grenzenlos
gewährleistet. Ebenso wenig wie die in Artikel 38 Abs. 1 GG
ausdrücklich geregelten Wahlrechtsgrundsätze könne es in
voller Reinheit verwirklicht werden. Das Ziel der Wahl, in
kurzer Zeit eine handlungsfähige Volksvertretung zu bilden,
stehe mit dem Öffentlichkeitsgrundsatz in Konflikt. Insofern
gelte für die herkömmliche Urnen- und Briefwahl dasselbe
wie für die Wahl an elektronischen Wahlgeräten. Auch dort
werde das Öffentlichkeitsprinzip nicht in letzter Konsequenz
verwirklicht.

4.2 Öffentlichkeit der Stimmabgabe

Der Einspruchsführer habe bemängelt, dass bei der Wahl mit
Wahlgeräten die Stimmabgabe nicht öffentlich sei.

§ 31 Satz 1 BWG bestimme, dass die Wahlhandlung öffent-
lich sei. Die Wahlhandlung umfasse den gesamten Wahlvor-
gang vom Zusammentritt des Wahlvorstandes, dem Betreten
des Wahllokals durch die Wähler, die Überprüfung der Wäh-
ler durch den Wahlvorstand, dem Einwurf des Stimmzettels
in die Urne bis zur Erklärung des Wahlvorstehers, dass die
Wahlhandlung beendet sei. Ausnahmen seien gemäß § 31
Satz 2 BWG lediglich für Personen gestattet, die die Ord-
nung und Ruhe stören. Gemäß § 54 BWO sei der Zutritt der
Wahlräume insoweit gestattet, wie dies ohne Störung des
Wahlgeschäfts möglich sei.

Die Öffentlichkeit der Wahlhandlung diene mehreren Zwe-
cken. Zum einen werde vertreten, dass die öffentliche Wahl
ein wichtiger Integrationsfaktor sei (OVG NW, NVwZ 1991,
S. 1175, 1179). Die Wahl stelle einen symbolisch-rituellen
Akt dar, durch den der Bürger sich öffentlich als Souverän
erfahre (Karpen, a. a. O., S. 31). Zum anderen diene die
öffentliche Wahlhandlung der Kontrollierbarkeit der Wahl-
handlung. Die Öffentlichkeit soll überwachen können, dass
nur Wähler, die vom Wahlvorstand daraufhin kontrolliert
worden seien, ob sie tatsächlich im Wählerverzeichnis ein-
getragen gewesen seien, einen (einzigen) Stimmzettel ein-
werfen. Der öffentliche Einwurf des Stimmzettels in die
Wahlurne – im Gegensatz zum geheimen eigentlichen Wahl-
akt – diene aber auch der Kontrolle durch die Wahlvorstände,
dass der Wähler tatsächlich den – und nur diesen einen –
Stimmzettel einwerfe.

Unter Berücksichtigung dieser Ziele sei der Öffentlichkeits-
grundsatz bei der Wahl mit Wahlgeräten nicht verletzt.

Bei der Wahl mit Wahlgeräten erfolge das Betreten des
Wahlraumes durch die Wähler und die Überprüfung der
Wähler durch den Wahlvorstand in gleicher Weise wie bei
der Urnenwahl. Lediglich der Einwurf der Stimme in die
Wahlurne (= Drücken der Taste „Stimmabgabe“) erfolge je-
denfalls bei der Wahl mit NEDAP-Wahlgeräten noch in der
Wahlkabine, da die Kennzeichnung des Stimmzettels und
die Stimmabgabe an einem einzigen Gerät erfolgten. Die

mal – gewählt habe, kontrolliere der Wahlvorstand durch
Ablesen der Bedieneinheit.

Der Integrationsfaktor der Wahl sei demnach bei der Wahl
mit Wahlgeräten in gleicher Weise gegeben wie bei der Ur-
nenwahl.

Das Ziel der Kontrollierbarkeit der Wahlteilnahme werde bei
der Wahl mit elektronischen Wahlgeräten ebenfalls erreicht:
dass nur berechtigten Wählern der Zugang zur Wahlkabine
gewährt werde, könne die Öffentlichkeit ebenso kontrollie-
ren wie bei der Urnenwahl.

Im Übrigen sei der Öffentlichkeitsgrundsatz auch bei der Ur-
nenwahl und der Briefwahl nicht in voller Reinheit verwirk-
licht. Zum einen regelten § 31 BWG und § 54 BWO, das
durch die Verwirklichung des Öffentlichkeitsgrundsatzes der
ordnungsgemäße Ablauf der Wahl nicht gestört werden
dürfe. Das Ziel der Wahl, in kurzer Zeit ein handlungsfähiges
Parlament zu bilden, dürfe durch die Gewährung der Öffent-
lichkeit nicht beeinträchtigt werden. Das Bundeswahlgesetz
messe damit dem Ziel, die Wahl zeitgerecht ablaufen zu las-
sen und das Wahlergebnis in angemessener Zeit zu ermitteln,
eine größere Bedeutung bei als der minutiösen Kontrolle
durch die Öffentlichkeit.

Der Öffentlichkeitsgrundsatz unterliege noch weiteren Ein-
schränkungen: zur Wahrung des informationellen Selbst-
bestimmungsrechts dürften andere Wahlberechtigte oder
Beobachter der Wahl Angaben zur Person anderer Wähler
grundsätzlich nicht zur Kenntnis nehmen. Der Einblick in
das Wählerverzeichnis zu anderen Personen sei daher nur
ausnahmsweise gestattet (§ 17 BWG), und der Wahlvorstand
dürfe grundsätzlich Angaben zur Person des Wählers nur so
verlautbaren, dass sie von anderen im Wahlraum anwesen-
den Personen nicht vernommen werden können (§ 54 Abs. 4
Satz 2 BWO). Damit entfalle weitgehend die Möglichkeit
einer Kontrolle der Wahlberechtigung eines Wählers durch
die Öffentlichkeit. Eine hierauf gerichtete Kontrolle müsse
sich auf die Überprüfung beschränken, ob der Wahlvorstand
die Wahlberechtigung der Wähler überprüft.

Die Öffentlichkeit der Stimmabgabe sei z. B. auch bei der
Briefwahl stark eingeschränkt. Bei dieser Form der Wahl
fehle es gänzlich an dem integrierenden Faktor der Wahl, da
die eigentliche Wahlhandlung in der Privatsphäre und nicht
im öffentlichen Raum stattfinde. Damit entfalle bei der
Briefwahl auch die Kontrollierbarkeit der Wahlhandlung
durch die Öffentlichkeit. Denn die Öffentlichkeit habe natur-
gemäß keinen Einblick, ob z. B. bestimmte Personen von
ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht hätten oder nicht.

4.3 Öffentlichkeit der Stimmenauszählung

Hinsichtlich der Öffentlichkeit der Stimmenauszählung
weist das BMI darauf hin, dass der Ausdruck des vom Wahl-
gerät errechneten Ergebnisses des Wahlbezirks durch den
Wahlvorstand nach Abschluss der Wahlhandlung und die
Übernahme des Ergebnisses in die Wahlniederschrift ohne
weiteres durch die Öffentlichkeit kontrollierbar sei.

Der Wahlvorstand und jeder Wahlbeobachter könnten durch
Kontrolle und Gegenüberstellung der Stimmabgabever-
merke in dem Wählerverzeichnis mit den vom Gerät regist-
rierten gültigen und ungültigen Erst- und Zweitstimmen fest-
Kontrolle, dass jeder Wähler, der seine Wahlbenachrich-
tigungskarte abgegeben hat, auch tatsächlich – und nur ein-

stellen, ob das Gerät alle Stimmabgaben erfasst und korrekt
addiert habe. Denn die Zahl der Stimmabgabevermerke im

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 17 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 17 – Drucksache 16/3600

Wählerverzeichnis müsse identisch sein mit der jeweiligen
Summe von gültigen und ungültigen Erst- bzw. Zweitstim-
men. Beim Wahlgerät könne der Wähler seine Erst- und
Zweitstimme nur korrekt abgeben oder bewusst die Taste un-
gültig drücken. Wenn er – was kaum vorkommen dürfe –
sich zwar zum Wahlgerät begibt, aber dort nicht beide Stim-
men gültig oder ungültig abgebe, sehe der Wahlvorstand an
der Bedieneinheit, dass keine Stimme abgegeben worden
sei, so dass kein Stimmabgabevermerk im Wählerverzeich-
nis eingetragen werden dürfe.

Darüber hinaus werde jede Stimme einzeln im Speichermo-
dul – mehrfach gesichert – gespeichert und könne jederzeit
reproduziert werden. Im Falle eines Speicherfehlers enthalte
das Speichermodul auch hierzu Informationen. Das Spei-
chermodul enthalte, ebenso wie ein Stimmzettel, auch Infor-
mationen über Stimmenkoppelungen (Erst- und zugehörige
Zweitstimme). Über die Anwendungssoftware seien alle ge-
speicherten Stimmen als Stimmzettel mit den entsprechen-
den Kreuzen ausdruckbar und von Hand nachzählbar.

Es fehle allerdings an der körperlichen Erfassbarkeit der ein-
zelnen Stimmen, so dass es an einer für die Allgemeinheit
nachvollziehbaren Summenbildung fehle.

Dies sei jedoch auch nicht erforderlich. Der Schutz vor Ver-
fälschungen des Wahlergebnisses werde durch eine Reihe
anderer Maßnahmen gewährleistet.

Zum einen werde das Wahlgerät vor seiner Zulassung durch
die PTB gründlich daraufhin untersucht, ob es einwandfrei
funktioniere, auch unter widrigen Umständen (kurzfristige
Stromausfälle, falsche Handhabung), ob es dem Stand der
Technik entspreche usw. Im Vorfeld der Wahl werde das Ge-
rät durch die Gemeindebehörde, die das Speichermodul pro-
grammiert, einer umfassenden Prüfung unterzogen. Auch
der Wahlvorstand habe beim und nach dem Aufbau des Ge-
räts umfangreiche Funktionskontrollen durchzuführen, die
öffentlich erfolgten.

Der Ausdruck des Ergebnisses des jeweiligen Wahlbezirks
finde in dem Wahllokal statt. Durch die dezentrale Ergebnis-
gewinnung entfalle die Möglichkeit einer Manipulation an
dem Speichermodul während des Transports des Wahlgeräts
oder während der Auslesung in einem zentralen Wahlamt.
Die dezentrale Ergebnisgewinnung gewährleiste auch, dass
Manipulationen Einzelner allenfalls auf das Wahlergebnis
im jeweiligen Wahlbezirk Auswirkungen haben könnten.

Durch diese umfangreichen gesetzlichen Vorkehrungen
werde bei der Wahl mit Wahlgeräten eine mindestens eben-
solche Zuverlässigkeit des Ergebnisses erreicht wie bei der
Urnenwahl.

Bei der Prüfung einer etwaigen Verletzung des Öffentlich-
keitsgrundsatzes bei der Wahl mit Wahlgeräten sei wiederum
ein Vergleich mit der Verwirklichung des Öffentlichkeits-
grundsatzes bei der Urnenwahl anzustellen.

Auch bei der Urnenwahl sei der Öffentlichkeitsgrundsatz
nicht in letzter Konsequenz verwirklicht. Wahlbeobachtern
sei nur eine eingeschränkte Kontrolle der Wahl möglich, die
sich auf das beschränke, was ein einzelner Beobachter erfas-
sen könne, ohne den Ablauf der Auszählung zu stören. Auch

satz mit dem Ziel, zügig ein funktionsfähiges Parlament zu
bilden, in Einklang gebracht werden müsse.

Es sei auch nicht erforderlich, den Öffentlichkeitsgrundsatz
bei der Auszählung der Stimmen stärker zur Geltung zu brin-
gen. Denn dem Ziel, das Vertrauen der Bevölkerung in
manipulationsfreie Wahlen zu stärken, dienten noch weitere
Vorkehrungen im Bundeswahlgesetz und in der Bundes-
wahlordnung. Bei der Auszählung gelte durchgängig ein
Mehr-Augen-Prinzip, so dass die Ergebnisse der Wahl je-
weils von mehreren Mitgliedern des Wahlvorstands kontrol-
liert würden (§ 69 BWO). Die Stimmzettel seien für eine ge-
wisse Zeit aufzubewahren, so dass eine Nachzählung mög-
lich sei (§ 73 BWO). Die Auszählung der Stimmen finde,
wie auch bei der Ergebnisgewinnung bei der Wahl mit Wahl-
geräten, dezentral im Wahllokal statt; dadurch entfalle die
Möglichkeit von Manipulationen an der Urne während des
Transports. Durch die dezentrale Auszählung beschränkten
sich die Auswirkungen von Manipulationen auf das Wahl-
ergebnis im jeweiligen Wahlbezirk.

Bei der Verhinderung von Unregelmäßigkeiten bei der Wahl
sei die öffentliche Kontrolle nur ein – wenn auch wichtiger –
Faktor unter vielen. Keine Maßnahme könne für sich ge-
nommen Manipulationen oder unbeabsichtigte Verfälschun-
gen des Wahlergebnisses verhindern. Sämtliche Maßnahmen
gemeinsam gewährleisten jedoch einen weitestgehenden
Schutz der Wahl vor Wahlfälschungen.

4.4 Vorverlagerung der Öffentlichkeit durch öffentliche
Prüfung des Geräts/Veröffentlichung des Prüfergeb-
nisses

Da der Öffentlichkeitsgrundsatz bei der Wahlhandlung und
dem Wahlgeschäft nicht verletzt sei, sei eine „Vorverlage-
rung“ der Öffentlichkeit in der Weise, dass die Öffentlichkeit
Einblick in die Prüfergebnisse der PTB oder den Quellcode
des Wahlgeräts nehmen müsse, nicht erforderlich. Aber
selbst wenn man davon ausginge, dass es bei der Wahl mit
Wahlgeräten ein Öffentlichkeitsdefizit gäbe, könnte dieses
durch eine Veröffentlichung des Quellcodes nicht behoben
werden.

Wie oben dargestellt, gelte der Grundsatz der Öffentlichkeit
nicht schrankenlos. Dem demokratischen Staat des Grund-
gesetzes sei zwar die Öffentlichkeit wesenseigen. Die grund-
sätzliche Öffentlichkeit schließe jedoch notwendige Geheim-
haltung nicht aus (Sachs, Kommentar zum GG, 3. Auflage,
Artikel 20 Rn. 18; instruktiv Jestaedt, AöR 126 [2001],
S. 205 ff.). Sie sei unter anderem dort gesetzlich beschränkt,
wo es um Rechte Dritter gehe. So dürfe der Staat um der
Öffentlichkeit willen weder die Individualsphäre des Einzel-
nen noch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse verletzen. Der
Vorrang des Schutzes von privaten sowie Geschäftsdaten vor
dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit werde in vielen
Vorschriften deutlich: so sei, wie oben dargestellt, die grund-
sätzliche Öffentlichkeit des gesamten Wahlgeschäfts und der
Wahlvorbereitung insoweit eingeschränkt, als Einsicht-
nahme in das Wählerverzeichnis nur bezüglich der eigenen
Daten möglich sei; die Kenntnis von Daten fremder Personen
sei nur ausnahmsweise zulässig (§§ 17 BWG, 56 Abs. 4
Satz 4 BWO). Die für Gerichtsverhandlungen grundsätzlich
vorgeschriebene Öffentlichkeit könne zum Schutz von
für die Öffentlichkeit bei der Auszählung der Stimmen und
Beratung durch die Wahlvorstände gelte, dass dieser Grund-

privaten oder Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen ausge-
schlossen werden (§ 172 Nr. 2 und 3 GVG, § 52 ArbGG,

Drucksache 16/3600 – 18 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 18 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

§ 55 VwGO). Das gemäß Artikel 42 Abs. 1 Satz 1 GG
grundsätzlich öffentlich tagende Plenum des Deutschen Bun-
destages könne mit Zweidrittelmehrheit die Öffentlichkeit
ausschließen (Satz 2). Ein solcher Ausschluss der Öffent-
lichkeit komme namentlich bei nach der Geheimschutz-
ordnung geheimhaltungsbedürftigen Angelegenheiten in
Betracht (Schmidt-Bleibtreu/Klein-Kretschmer, Kommentar
zum GG, 10. Auflage, Artikel 42 Rn. 7). Zu den geheimhal-
tungsbedürftigen Angelegenheiten zählen auch Geschäfts-
und Betriebsgeheimnisse (§ 2a GeheimschutzO BT).

Die grundsätzliche Öffentlichkeit der Wahlvorbereitung und
des Wahlgeschäfts könne mithin aus Gründen des Schutzes
privater Daten oder von Betriebs- und Geschäftsgeheimnis-
sen eingeschränkt werden. Ebenso wenig wie der Öffentlich-
keitsgrundsatz uneingeschränkt die Einsichtnahme in private
Daten anderer Personen im Wählerverzeichnis rechtfertigen
könne, könne die Einsichtnahme in die Konstruktionsunter-
lagen und den Quellcode der Wahlgeräte der Firma NEDAP
verlangt werden.

Der Schutz der Betriebsgeheimnisse der Firma NEDAP
müsse dem Interesse der Öffentlichkeit an der Offenlegung
dieser Geheimnisse auch insbesondere deshalb vorgehen,
weil die Geheimhaltung der Betriebsgeheimnisse zusammen
mit anderen Faktoren zur Sicherheit des Wahlgeräts und
damit der Wahl beitrage. Die Bauartzulassung sowie die
Prüfungen der Wahlgeräte vor ihrer Zulassung durch die
PTB sowie die abschließende Prüfung durch die Gemeinden
ersetzen insoweit zulässigerweise die Kontrolle durch die
Öffentlichkeit.

5. Mandatsrelevanz

Ein Wahlfehler sei nicht festzustellen. Aber auch wenn von
einem Wahlfehler ausgegangen werde, wäre dieser jeden-
falls nicht mandatsrelevant. Ein Wahlfehler sei nur dann re-
levant, wenn nach den gegebenen Umständen des Falles eine
konkrete Wahrscheinlichkeit bestehe, dass sie auf das Wahl-
ergebnis und damit auf die Sitzverteilung von Einfluss gewe-
sen sein könne. Ein mandatsrelevanter Wahlfehler bei der
Wahl mit Wahlgeräten sei nur dann gegeben, wenn Anhalts-
punkte dafür vorlägen, dass eine alternativ durchgeführte
Urnenwahl zu anderen Wahlergebnissen geführt hätte. Dafür
hätte der Einspruchsführer keinen hinreichenden, konkreten
und greifbaren Anhalt angegeben.

Dem Bundeswahlleiter seien zudem bei der Wahl zum
16. Deutschen Bundestag keine Unregelmäßigkeiten im
Zusammenhang mit der Wahl mit Wahlgeräten bekannt
geworden. Eine Abfrage bei den Länderinnenministerien
habe hierfür ebenfalls keine Anhaltspunkte ergeben. Hin-
weise auf gezielte Manipulationen oder unbeabsichtigte Ver-
änderungen an den eingesetzten Wahlgeräten lägen nicht
vor. Ein entsprechender konkreter Verdacht sei bisher auch
von anderer Seite nicht geäußert worden.

IV.

Die Stellungnahme des Bundesministeriums des Innern ist
dem Einspruchsführer bekannt gegeben worden. Er hat hier-
auf mit Schreiben vom 19. Juni 2006 seine bereits geltend
gemachten Einwände bekräftigt und sich u. a. wie folgt ge-
äußert:

ergebnisses durch die eingesetzten Wahlcomputer wirksam
verhindert. Gleichwertige Kontrollmechanismen gäbe es
nicht.

Die alleinige Sicherstellung des ordentlichen Wahlablaufs
durch technische Maßnahmen und die Vorverlagerung der
Überprüfung dieser Maßnahmen in ein nichtöffentliches
Zulassungsverfahren durch das BMI und die Physikalisch-
Technische Bundesanstalt sei unzulässig.

Selbst wenn die faktische Beschränkung der Kontrolle des
ordentlichen Wahlablaufs auf PTB und BMI zulässig wäre,
stelle sie einen ordnungsgemäßen Wahlablauf nicht sicher,
weil eine systematische und fachgerechte Überprüfung der
Manipulationssicherheit der eingesetzten Geräte unter-
bleibe.

Die Schlussfolgerungen des BMI, das die von ihm gerügten
sicherheitstechnischen Mängel der Geräte sachlich im We-
sentlichen bestätigt hätte, seien unzutreffend. Die eingesetz-
ten Geräte erlaubten Manipulationen des Wahlergebnisses,
die unentdeckt bleiben müssten.

Zu Einzelheiten der Stellungnahme wird auf die Akten ver-
wiesen.

In einer weiteren Stellungnahme vom 7. Oktober 2006 hat
der Einspruchsführer auf einen Pressebericht hingewiesen,
demzufolge es der niederländischen Bürgerinitiative „Wij
vertrouwen stemcomputers niet (Wir vertrauen elektroni-
schen Wahlgeräten nicht)“ im Oktober 2006 in den Nie-
derlanden gelungen sei, durch Austausch der auf einem
NEDAP-Wahlgerät installierten Software das Gerät so zu
manipulieren, dass es ein gewünschtes Wahlergebnis gelie-
fert habe. Bei den Geräten handelt es sich nach Darstellung
des Einspruchsführers um einen Typ, der bei Wahlen in
Deutschland nicht eingesetzt werde. Es komme in Deutsch-
land auch eine andere Software zum Einsatz. Die Aussagen
ließen sich aber auf die in Deutschland verwendeten Geräte
übertragen. Hinsichtlich der Manipulationssicherheit zeige
sich daher, dass die Geräte nicht den Anforderungen der
BWahlGV genügten.

V.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Ein Wahlfehler ist in dem Einsatz elektronischer Wahlgeräte
bei der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag nicht zu erken-
nen.

Die Stimmabgabe mit Wahlgeräten ist nach § 35 BWG
ebenso wie die Stimmabgabe mit Stimmzetteln (§ 34 BWG),
die den Regelfall bildet, und die Briefwahl (§ 36 BWG) ge-
setzlich vorgesehen.

Soweit der Einspruchsführer die Verfassungsmäßigkeit ein-

Entgegen der Auffassung des BMI würden eine öffentliche
Kontrolle des Wahlgangs und eine Überprüfung des Wahl-

zelner Vorschriften bezweifelt, müssen nähere Ausführun-
gen zu dieser Frage hier unterbleiben. Nach der ständigen

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 19 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 19 – Drucksache 16/3600

Praxis des Deutschen Bundestages und des Wahlprüfungs-
ausschusses sehen sich diese nicht berufen, die Verfassungs-
widrigkeit von Wahlrechtsvorschriften unter Einbeziehung
des § 35 BWG oder der BWahlGV festzustellen. Diese Kon-
trolle ist stets dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten
worden (so zuletzt in der laufenden 16. Wahlperiode in der
Zweiten Beschlussempfehlung des Wahlprüfungsausschus-
ses vom 22. Juni 2006 – Bundestagsdrucksache 16/1800,
S. 229 u. a.; vgl. auch BVerfGE 89, 291, 300). Insoweit kann
eine Überprüfung durch den Ausschuss nicht erfolgen. Glei-
ches gilt für die vom Einspruchsführer behauptete Verfas-
sungswidrigkeit des Artikels 41 GG.

Im Übrigen haben bei Wahleinsprüchen gegen die Wahl zum
15. Deutschen Bundestag der Wahlprüfungsausschuss und
der Deutsche Bundestag hinsichtlich der grundsätzlichen
Zulässigkeit des Einsatzes von Wahlgeräten festgestellt, dass
keine Zweifel daran bestehen, dass der Gesetzgeber unter
Wahrung der Wahlrechtsgrundsätze auch die Stimmabgabe
mit Wahlgeräten vorsehen kann. Es gibt danach auch keinen
Anlass, die Verfassungskonformität des § 35 BWG zu hin-
terfragen. Beim Einsatz von Wahlgeräten wird die Einhal-
tung der Wahlrechtsgrundsätze, insbesondere der Grund-
sätze der freien, gleichen und geheimen Wahl, durch ein
vielschichtiges System von Kontroll- und Informations-
pflichten in gleichem Maße gewährleistet wie bei der Urnen-
wahl (Bundestagsdrucksache 15/1150 vom 6. Juni 2003
[Anlage 19, S. 60 und Anlage 36, S. 116]). Auch in der
Kommentarliteratur wird grundsätzlich davon ausgegangen,
dass § 35 Abs. 2 Satz 1 BWG gewährleistet, dass die Wahl-
gerätewahl hinsichtlich der Wahrung des Wahlgeheimnisses
und des Ausschlusses von Manipulationsmöglichkeiten die
gleichen Sicherungen erfährt wie die Wahl mit Stimmzetteln
(Schreiber, Kommentar zum Bundeswahlgesetz, 7. Auflage,
2002, § 35 Rn. 4). Der Wahlprüfungsausschuss und der
Deutsche Bundestag haben weiter festgestellt, dass bei der
Durchführung der Stimmabgabe mit elektronischen Wahl-
geräten nicht in schematischer Art und Weise darauf geachtet
werden muss, dass jede typischerweise mit Stimmzetteln
verbundene Besonderheit auf die Stimmabgabe mit Wahl-
geräten übertragen wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn
die Stimmabgabe mit Wahlgeräten die Stimmabgabe unter
einem bestimmten Gesichtspunkt vereinfacht (Bundestags-
drucksache 15/1150, Anlage 19, S. 60).

Auch der Einwand, dass die die Wahl mit Wahlgeräten re-
gelnden Vorschriften nicht an elektronische Geräte ange-
passt worden seien, trifft nicht zu. § 1 BWahlGV erwähnt
ausdrücklich die Stimmabgabe mittels „rechnergesteuerter
Geräte“ (vgl. Schreiber, a. a. O., § 35 Anm. 1). Zudem ent-
sprechen die bekannt gemachten Bauartzulassungen für
elektronische Geräte dem § 2 Abs. 5 BWahlGV. Für elek-
tronische Geräte vom Typ NEDAP ist die Zulassung durch
Entscheidung des BMI vom 31. Mai 1999 erfolgt.

Soweit der Einspruchsführer davon ausgeht, dass die
genannten Vorschriften zwar auf elektronische Wahlgeräte
anwendbar seien, aber höherrangigen Anforderungen nicht
genügten, betrifft diese Rüge wiederum die Frage der Ver-
fassungsmäßigkeit von Wahlrechtsvorschriften, auf die der
Wahlprüfungsausschuss nicht näher eingehen kann.

So entsprechen die bei der Bundestagswahl 2005 eingesetz-
ten Wahlgeräte der Firma NEDAP den gesetzlichen Vor-
gaben. § 35 BWG regelt i. V. m. der BWahlGV, die das
Bundesministerium des Innern im Einvernehmen mit dem
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie auf der
Grundlage von § 35 Abs. 3 BWG erlassen hat (VO vom
3. September 1975, BGBl. I S. 2459 mit späteren Ände-
rungen, vgl. dazu Schreiber, a. a. O., S. 824), die Voraus-
setzungen und das Verfahren der Stimmabgabe mit Wahl-
geräten. Somit können anstelle von Stimmzetteln und Urnen
bei einer Wahl auch mechanisch oder elektrisch betriebene
einschließlich rechnergesteuerter Geräte eingesetzt werden
(§ 1 BWahlGV).

Das in § 35 BWG vorgeschriebene Verfahren und die
Zuständigkeiten beim Einsatz von Wahlgeräten der Firma
NEDAP sind bei der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
eingehalten worden. Die gemäß § 35 Abs. 2 Satz 2 BWG
erforderliche Bauartzulassung wurde erteilt und im Bundes-
anzeiger bekannt gegeben. Die Verwendungsgenehmigung
gemäß Absatz 2 Satz 4 und 5 liegt ebenfalls vor.

Anlage 1 der BWahlGV (Richtlinien für die Bauart von
Wahlgeräten, BGBl. I 1999, S. 749, 753) setzt für die
Bauartzulassung voraus, dass die Geräte den dort gestellten
Anforderungen insbesondere an die Identifizierbarkeit, den
technischen Aufbau und die Funktionsweise genügen, was
durch Inspektionen der technischen Unterlagen, Sichtprü-
fungen am Gerät sowie unterschiedliche Funktionstests
nachgewiesen wird. Diesen Anforderungen ist ausweislich
der überzeugenden Stellungnahme des BMI und der PTB
voll entsprochen worden.

Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes

Ein Verstoß gegen das Öffentlichkeitsprinzip kann in dem
Einsatz der Wahlgeräte nicht gesehen werden.

Einfachrechtlich ist das Öffentlichkeitsprinzip in den §§ 10,
31 BWG und in § 54 BWO verankert. Es ist nicht zu erken-
nen, dass bei der Bundestagswahl 2005 beim Einsatz von
NEDAP-Wahlgeräten gegen die genannten Vorschriften ver-
stoßen worden ist. Gemäß § 10 BWG verhandeln, beraten
und entscheiden die Wahlausschüsse und Wahlvorstände in
öffentlicher Sitzung. § 31 Satz 1 BWG bestimmt: „Die
Wahlhandlung ist öffentlich“. § 54 BWO konkretisiert dies
dahingehend, dass während der Wahlhandlung und der Er-
gebnisermittlung jedermann Zutritt zu den Wahlräumen hat,
soweit dies ohne Störung des Wahlgeschäfts möglich ist.

§ 5 BWahlGV verweist auf die Anwendbarkeit der BWO.
Somit gilt auch bei der Wahl mit Wahlgeräten, dass die
Verhandlungen, Beratungen, Abstimmungen und Entschei-
dungen der Wahlausschüsse und -vorstände für Jedermann
zugänglich sind. Damit findet der gesamte Willensbildungs-
und Entscheidungsprozess, der zu der Feststellung des Er-
gebnisses für den Wahlbezirk führt, im Lichte der Öffent-
lichkeit statt. Auch der öffentliche Zugang zum Wahlraum
ist bei der Wahl mit Wahlgeräten gewährleistet. Schließlich
finden, unter Beachtung des Grundsatzes der Geheimheit der
Wahl, auch die Wahlhandlung (§ 54 BWO) sowie die
Stimmauszählung (§ 67 ff. BWO) beim Einsatz von Wahl-
geräten öffentlich statt. Es existiert daher keine rechtliche
Schließlich begegnet auch die konkrete Ausgestaltung der
Wahl mit Wahlgeräten keinen Bedenken.

Beschränkung der Öffentlichkeit bei der Wahl mit Wahlgerä-
ten.

Drucksache 16/3600 – 20 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 20 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Soweit der Einspruchsführer ein über die Erfordernisse der
genannten Normen hinausgehendes Öffentlichkeitsprinzip
behauptet, ist dies nicht zu erkennen. Insbesondere ist nicht
zu sehen, aus welchen Bestimmungen sich dieses ergeben
soll und welchen Inhalt es haben soll. Darüber hinaus wird
auch nicht klar, inwieweit Vorschriften über das Öffentlich-
keitsprinzip bei der Wahl mit Wahlgeräten verletzt worden
sein sollen. Nach Auffassung des Wahlprüfungsausschusses
ist die Einhaltung der geltenden gesetzlichen Bestimmungen
unter Einschluss des Öffentlichkeitsgrundsatzes beim Ein-
satz von Wahlgeräten beachtet worden. Soweit das Öffent-
lichkeitsprinzip, wie vom BMI dargestellt, ebenso wenig wie
die in Artikel 38 Abs. 1 GG ausdrücklich geregelten Wahl-
rechtsgrundsätze in voller Reinheit verwirklicht werden
könne, gilt dies für die herkömmliche Urnenwahl und die
Wahlgerätewahl in gleichem Maße. Zum Öffentlichkeits-
grundsatz gehört jedenfalls nicht, dass jede einzelne Hand-
lung der Einzelkontrolle unterliegt, da sonst bei der her-
kömmlichen Wahl per Stimmzettel der misstrauische Bürger
vor jedem Einwurf eines Wahlzettels bezweifeln könnte,
dass sich in der Urne nicht schon manipulierte Wahlzettel be-
finden.

Auch bei der Briefwahl ist die Öffentlichkeit der Stimm-
abgabe, wie vom BMI zutreffend dargestellt, stark einge-
schränkt. Da die Wahlhandlung in der Privatsphäre und nicht
im öffentlichen Raum stattfindet, fehlt es bei dieser Wahlart
an dem integrierenden Faktor der Wahl. Auch die Kontrol-
lierbarkeit der Wahlhandlung durch die Öffentlichkeit ent-
fällt, da die Öffentlichkeit keinen Einblick hat, ob z. B. be-
stimmte Personen von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht
haben oder nicht.

Bei den NEDAP-Wahlgeräten erfolgt der Wahlablauf grund-
sätzlich in gleicher Weise wie bei der Urnenwahl. Der Wäh-
ler betritt den Wahlraum und wird durch den Wahlvorstand
überprüft, so dass nur berechtigte Wähler den Zugang zur
Wahlkabine erhalten. Lediglich der Einwurf der Stimme in
die Wahlurne geschieht durch Drücken der Taste „Stimm-
abgabe“. Da die Kennzeichnung des Stimmzettels und die
Stimmabgabe an einem einzigen Gerät vorgenommen wer-
den, findet der Akt der Stimmabgabe an diesem Gerät in der
Wahlkabine statt. Für den Wahlvorstand und die Öffentlich-
keit ist dieser Akt dennoch transparent, da nur der Wähler,
der seine Wahlbenachrichtigungskarte abgegeben hat, an
dem Wahlgerät wählen darf. Durch die Technik ist sicher-
gestellt, dass z. B. eine „doppelte Stimmabgabe“ nicht mög-
lich ist.

In der Rechtswirklichkeit steht die konkrete Wahlhandlung
der Stimmabgabe beim Einsatz von Wahlgeräten somit im
Spannungsfeld des Prinzips der geheimen Wahl und des
Öffentlichkeitsgrundsatzes. Vor diesem Hintergrund ist es
hinnehmbar, dass beim Einsatz rechnergesteuerter Wahlge-
räte nicht jeder Teilakt des Stimmenregistrierungsverfahrens
für Jedermann transparent ist. Es gehört zu den Besonderhei-
ten der fortschreitenden Technisierung, dass von der Funk-
tionsfähigkeit der eingesetzten Systeme ausgegangen wird,
wenn sie vor ihrem Einsatz in einem speziellen Verfahren ge-
prüft worden ist. Dies gilt umso mehr, als in allen anderen
Verfahrensschritten die erforderliche Kontrolle stattfindet

Es kann also nur darauf ankommen, dass die Öffentlichkeit
die grundsätzliche Möglichkeit hat, sich von der Funktions-
fähigkeit des Wahlverfahrens zu überzeugen. Dem trägt das
Wählen mit Wahlgeräten Rechnung, da der Wähler sich in
einem amtlichen Verfahren befindet. So wird er in einem
öffentlichen Wahllokal vom bestellten Wahlvorstand über
seinen amtlich ausgestellten Wahlschein persönlich identifi-
ziert, das Abgeben seiner Stimme wird am Wahlcomputer in-
dividuell registriert – und kann von ihm korrigiert werden –
und das Wahlergebnis wird unter Berücksichtigung seiner
Wahlentscheidung veröffentlicht. Bei Zweifeln an der Rich-
tigkeit des Verfahrens kann er die Wahl anfechten. Unter Be-
rücksichtigung dieser Erwägungen kann eine Verletzung des
Öffentlichkeitsgrundsatzes bei der Wahl mit Wahlgeräten
nicht festgestellt werden.

Dies gilt umso mehr, als vorliegend im Wahlablauf die Be-
achtung der insoweit spezielleren Vorschriften des § 35
BWG i. V. m der BWahlGV festzustellen ist. Soweit ein Ver-
gleich mit den Vorschriften über die herkömmliche Urnen-
wahl ergibt, dass typischerweise mit Stimmzetteln verbun-
dene Besonderheiten nicht deckungsgleich auf die Stimm-
abgabe mit Wahlgeräten übertragen worden sind, ist darauf
hinzuweisen, dass dies auch nicht gefordert wird (Bundes-
tagsdrucksache 15/1150, Anlage 19, S. 60).

Zudem ist weder festgestellt noch von dem Einspruchsführer
vorgetragen worden, dass ein amtliches Organ durch Miss-
achtung der Vorgaben des § 31 BWG oder des § 54 BWO
einen Wahlfehler begangen hätte. Vielmehr ergibt sich aus
dem Fehlen eines solchen Vorbringens, dass davon ausge-
gangen werden muss, dass die Beachtung des Öffentlich-
keitsgrundsatzes durch den betreffenden Wahlvorstand si-
chergestellt war.

Die Öffentlichkeit kann auch den Ausdruck des vom
Wahlgerät errechneten Ergebnisses des Wahlbezirks nach
Beendigung der Wahlhandlung sowie die Übernahme des
Ergebnisses in die Wahlniederschrift und damit die Auszäh-
lung insgesamt kontrollieren. Durch den von § 14 BWahlGV
vorgeschriebenen Abgleich der Stimmabgabevermerke im
Wählerverzeichnis mit den vom Gerät registrierten gültigen
und ungültigen Erst- und Zweitstimmen kann auch kontrol-
liert werden, ob das Wahlgerät alle Stimmabgaben erfasst
und korrekt addiert hat. Zudem können alle gespeicherten
Stimmen als Stimmzettel mit den entsprechenden Kreuzen
ausgedruckt und von Hand nachgezählt werden. Das in § 14
BWahlGV geregelte Verfahren der Stimmenauszählung ist
somit nicht zu beanstanden. Soweit der Einspruchsführer
darüber hinaus bei der Stimmenauszählung durch Wahl-
geräte einen Verstoß gegen das Öffentlichkeitsprinzip sieht,
verkennt er, dass der Wahlprüfungsausschuss nur einen
eventuellen Verstoß gegen diese Spezialnorm feststellen
könnte. Die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit der Vor-
schrift ist, wie erwähnt, dem Bundesverfassungsgericht vor-
behalten.

Die vom Einspruchsführer aufgezählten bloßen Möglichkei-
ten, dass bei der Wahl mit Wahlgeräten Manipulationen vor-
genommen werden können, stehen den tatsächlich feststell-
baren Nachteilen der Urnenwahl gegenüber. So sind die bei
der herkömmlichen Wahl festzustellenden Fehler eines (un-
und dadurch die erlangten Ergebnisse auf ihre Plausibilität
überprüft werden können.

beabsichtigten) Falsch-Wählens bei der Stimmabgabe oder
eines Falsch-Zählens bei der Stimmauswertung apparativ

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 21 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 21 – Drucksache 16/3600

nahezu vollständig ausgeschlossen (vgl. dazu Schreiber,
a. a. O., § 35 Rn. 2).

Schließlich ist auch in dem Verfahren der Bauartzulassung
gemäß den §§ 1 bis 3 BWahlGV durch das BMI und die PTB
kein Wahlfehler zu erkennen. Die PTB führt eine „gründ-
liche Inspektion des Quellcodes“ des in den Wahlgeräten
verwendeten Softwareprogramms durch, das durch stan-
dardmäßige Sicherheitsmaßnahmen vor dem Eindringen un-
befugter Dritter geschützt ist. Ein vom Einspruchsführer be-
haupteter Anspruch auf Einblick in diesen Quellcode besteht
nicht. Auch der Grundsatz der Öffentlichkeit kann nicht dazu
führen, unbegrenzt in andere Rechte wie z. B. den Schutz
von privaten Daten oder von Betriebsgeheimnissen einzu-
greifen.

Der Schutz der Betriebsgeheimnisse der Firma NEDAP
überwiegt das Interesse der Öffentlichkeit an der Offen-
legung dieser Geheimnisse, zu denen auch der Quellcode ge-
hört. Insoweit kann die vom Einspruchsführer angebotene
Selbstverpflichtung, mit der er die Nichtweitergabe aller von
der Firma NEDAP übermittelten Daten zusichert, nicht zu
einer abweichenden Beurteilung führen. Die den Ein-
spruchsführer bei Verstoß gegen die Erklärung erwartenden
rechtlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen stehen in
keinem Verhältnis zu dem Schaden, der durch die Kennt-
niserlangung dieser Informationen durch Unbefugte ent-
steht. Insbesondere trägt auch diese Geheimhaltung der Be-
triebsgeheimnisse der Firma NEDAP zur Sicherheit des
Wahlgeräts und damit der Wahl bei. Die Bauartzulassung
sowie die Prüfungen der Wahlgeräte vor ihrer Zulassung
durch die PTB sowie die abschließende Prüfung durch die
Gemeinden ersetzen somit in zulässiger Weise die Kontrolle
durch die Öffentlichkeit.

Mängel der Hardware und Software der Wahlgeräte

Nach überzeugender Darstellung des BMI entspricht die Ge-
räteprüfung den Bestimmungen der BWahlGV, der Anlage 1
zu § 2 BWahlGV und den Richtlinien für die Bauart von
Wahlgeräten (BGBl. I 1999, S. 749, 753). So entsprechen
die Geräte in ihrer Konstruktion dem Stand der Technik, was
durch Inspektionen der technischen Unterlagen, Sichtprü-
fungen am Gerät sowie unterschiedliche Funktionstests
nachgewiesen wird.

Auch der im Juli 2006 veröffentlichte Zweite Bericht der iri-
schen CEV bestätigt, dass die betreffenden Wahlgeräte, also
die Hardware, von „guter Qualität“ und „zuverlässig“ seien.
Die Software sei von angemessener Qualität. Der Einsatz der
NEDAP-Geräte könne somit „vertrauensvoll empfohlen
werden“. Insgesamt gebe es nur „geringfügigen“ (im engl.
Original: minor) Änderungsbedarf. Die an der in Irland
benötigten Spezialsoftware geäußerte Kritik ist für Wahlen
nach deutschem Wahlrecht nicht einschlägig (vgl. zur Kritik
Sietmann, E-Voting: Ja, aber…“, in: c’t 2006, S. 54), da in
Irland die Speichermodule mehrerer Wahlgeräte an einer
zentralen Stelle zusammengeführt und (in einer Datenbank
auf einem PC) gemischt werden müssen, bevor die Wahlaus-
wertung stattfinden darf. Das Ergebnis wird dort also, anders
als in Deutschland, mit Hilfe eines PCs und darauf befindli-
cher spezieller Software gewonnen. Vor diesem Hintergrund
ist auch das Ergebnis der CEV zu sehen, die den Einsatz nur

kommt die Kommission weiter zu dem Ergebnis, dass dieses
Verfahren in den Bereichen Geheimhaltung und Genauigkeit
der Wahl mit Wahlgeräten, wenn auch teilweise nur unbe-
deutend, überlegen sei, das elektronische Verfahren aber das
Potenzial für größere Genauigkeit innehabe.

Das BMI hat überzeugend dargestellt, dass das im irischen
Wahlsystem geforderte Mischen der Inhalte mehrerer Wahl-
urnen vor der Auszählung nicht mit dem deutschen Wahlsys-
tem vergleichbar ist. Die in Irland für die Umrechnung der
Stimmen in Sitze verwendete spezielle Software findet daher
in Deutschland keine Verwendung, so dass die genannten
Probleme hier auch nicht auftreten können. In Deutschland
stellt der Wahlvorstand mit Hilfe des Wahlgeräts am Ende
des Wahltages das Wahlergebnis des Wahlbezirkes fest. Das
in den Wahlämtern zum Addieren verwendete Verfahren und
demzufolge auch die dafür verwendeten PCs und ihre spe-
zielle Software sind somit, anders als in Irland, für die Ge-
winnung des amtlichen Endergebnisses nicht relevant. Da
bei der ebenfalls möglichen Addition der Ergebnisse mittels
Taschenrechner an diese ebenfalls keine besonderen Anfor-
derungen gestellt werden, unterliegen auch die verwendeten
PCs und die Software keiner Bauartprüfung.

Die NEDAP-Wahlgeräte arbeiten zudem im Offline-Betrieb
und sind somit von externen Beeinflussungen während der
Wahl weitgehend geschützt. Die (Stimm-)Daten werden auf
einem speziellen Datenträger (Stimmenmodul) gespeichert
und auf einem anderen Gerät ausgezählt. Es handelt sich also
um ein weitgehend Hardware-gestütztes System, so dass die
Bauartzulassung als geeignetes Kontrollmoment erscheint.

Soweit der Einspruchsführer rügt, dass die Zulassungsprü-
fung der PTB auf apparattechnische Kriterien beschränkt sei,
ist diese Annahme durch die Ausführungen des BMI wider-
legt. Die Baumusterprüfung erfolgt danach durch eine Ar-
beitsgruppe der PTB, die in der Prüfung von Wahlgeräten er-
fahren und als Softwareprüfstelle akkreditiert ist. Die von
der PTB durchgeführte Softwareprüfung nimmt 90 Prozent
des zeitlichen Aufwands der Baumusterprüfung in An-
spruch. Das BMI hat konkret mitgeteilt, dass neben einer
gründlichen Inspektion des Quellcodes „dynamische Funk-
tionstests des Softwareprogramms“ stattfinden. Auch der
aktuelle Bericht der irischen CEV empfiehlt den Einsatz der
Software (von der in Deutschland nicht eingesetzten irischen
Spezial-Software abgesehen) wegen ihrer Zuverlässigkeit.
Die Annahme des Einspruchsführers, dass die Software
nicht ausreichend überprüft werde, ist damit widerlegt.

Zudem wird die Software der Geräte vor der Verwendung
zweimal kontrolliert und die festgestellte Identifikation wird
mittels eines Aufklebers auf dem Gerät versichert. Anschlie-
ßend werden die amtlich gesiegelten Geräte sicher aufbe-
wahrt und vor der Verwendung am Wahltag erneut überprüft.
Bei all diesen Schritten werden Ausdrucke angefertigt, die
für nachträgliche Überprüfungen zur Verfügung stehen.
Schließlich ist die Softwareidentifikation auch in der Bedie-
nungsanleitung der Wahlgeräte vorgeschrieben, die als Be-
standteil der Bauart ebenfalls durch die PTB geprüft worden
ist und eine verbindliche Vorschrift für die Handhabung der
Wahlgeräte darstellt.

Manipulationsgefahren
dieser (in Irland erforderlichen) Software nicht empfehlen
kann. Im Vergleich mit der herkömmlichen Stimmabgabe

Das BMI hat festgestellt, dass Manipulationen zwar theore-
tisch möglich, in der Praxis aber kaum vorstellbar sind. So-

Drucksache 16/3600 – 22 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 22 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

lange sie sich allein auf die Eproms beschränken, wäre eine
gezielte Beeinflussung des Wahlaktes nicht möglich, da bis
einige Wochen vor der Wahl aufgrund der sich von Wahl zu
Wahl ändernden Tastenbelegung nicht bekannt ist, welcher
Kandidat mit welcher Taste gewählt wird. In diesem Fall ist
also nur eine Sabotage des Wahlaktes möglich, nicht dage-
gen eine gezielte Manipulation zugunsten eines bestimmten
Kandidaten. Eine Manipulation der Software setzt voraus,
dass der Täter auf den Quellcode des Softwareprogramms
oder auf die gefüllten Speichermodule Zugriff hätte. Da der
Quellcode ebenso wie Speichermodule nach ihrer Komplet-
tierung und Versiegelung gesichert aufbewahrt werden, ist
die Manipulation in dem gleichen Maße möglich oder un-
möglich wie bei den von der Gemeindebehörde aufbewahr-
ten Stimmzetteln bei der Urnenwahl. Jedenfalls aber würde
ein unbefugter Zugriff aufgrund der erbrochenen Siegel und
der nach der Inbetriebnahme des Gerätes erscheinenden Feh-
lermeldung nicht unbemerkt bleiben. In diesem Falle würde
das betreffende Gerät nicht eingesetzt. Theoretisch sind zwar
auch Manipulationen möglich, die direkt beim Hersteller
vorgenommen werden. Neben den vertraglichen Vereinba-
rungen und der entsprechenden schriftlichen Versicherung
der Firma NEDAP bietet aber auch das eingeführte Audit
eine hohe Gewähr für einen Schutz vor internen Eingriffen.

Es ist aber nicht festzustellen und wurde vom Einspruchs-
führer auch nicht vorgetragen, dass bei der Bundestagswahl
2005 entgegen § 7 BWahlGV ein Wahlgerät eingesetzt wor-
den ist, dessen Funktionstüchtigkeit nicht festgestellt wor-
den war.

Dem Bundeswahlleiter sind bei der Wahl zum 16. Deutschen
Bundestag keine Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang
mit der Wahl mit Wahlgeräten bekannt geworden. Eine Ab-
frage bei den Länderinnenministerien hat nach Auskunft des
BMI vom 3. Mai 2006 hierfür ebenfalls keine Anhaltspunkte
ergeben. Hinweise auf gezielte Manipulationen oder unbeab-
sichtigte Veränderungen an den eingesetzten Wahlgeräten
liegen nicht vor. Ein entsprechender konkreter Verdacht
wurde bisher auch von anderer Seite nicht geäußert.

Auch der Einspruchsführer führt keine konkreten Anhalts-
punkte dafür an, dass in bestimmten Wahlräumen aufgrund
des Einsatzes von Wahlgeräten andere Wahlergebnisse er-
zielt wurden als dies bei einer Urnenwahl der Fall gewesen
wäre. Er hält eine nicht korrekte Arbeitsweise oder Manipu-
lationen der Geräte oder der Software lediglich theoretisch
für möglich. Die generelle Befürchtung, es könne an den Ge-
räten zu Manipulationen kommen, genügt aber nicht für die
Feststellung eines Wahlfehlers. Manipulationen sind, wie
auch bei der herkömmlichen Stimmabgabe per Wahlzettel,
zwar auch hier nicht auszuschließen. Der Einspruchsführer
hat aber über die von ihm mitgeteilten theoretisch-mathema-
tischen Erwägungen hinaus keine überprüfbaren Tatsachen
angegeben, die für eine Manipulation sprechen würden.

Somit ist festzustellen, dass zwar keine der angesprochenen
Sicherungen für sich genommen Manipulationen oder Ver-
fälschungen des Wahlergebnisses verhindern kann. Sämt-
liche Maßnahmen gemeinsam gewährleisten jedoch einen so
weit gehenden Schutz der Wahl vor Wahlfälschungen, dass

Dem Einspruchsführer ist zuzustimmen, dass die Speiche-
rung der Stimmen im Speichermodul insoweit unverschlüs-
selt geschieht, als ein kryptografischer Algorithmus nicht an-
gewendet wird. Jedoch sind zur Änderung der abgelegten
Stimmen der Zugriff auf das (geschützt bei den Gemeinde-
behörden aufbewahrte) Speichermodul und ein passendes
Programmiergerät erforderlich sowie die Information, wie
die Stimmen im Speichermodul abgelegt werden müssen,
damit das Wahlgerät sie beim Zählen berücksichtigt. Da die
Stimmen zudem mit einigen Sicherungsmaßnahmen abge-
legt werden, erscheint bei Verletzung einer dieser Maßnah-
men eine Fehlermeldung und die Stimme wird nicht gezählt.
Um einen Zugriff auf die Speichermodule zu verhindern,
werden diese während der Wahl beaufsichtigt und nach der
Wahl genauso sicher aufbewahrt wie ausgefüllte Stimmzet-
tel. Ein Wahlfehler liegt somit nicht vor.

Auch soweit holländischen Hackern im Oktober 2006 der
Manipulationsversuch an einem in den Niederlanden ein-
gesetzten Typ der NEDAP-Wahlgeräte gelungen sein soll
(vgl. die Pressemitteilung der PTB vom 9. Oktober 2006), ist
darauf hinzuweisen, dass dies nicht unter den Bedingungen
einer Bundestagswahl stattgefunden hat. Für die hier vorzu-
nehmende Wahlprüfung ist die Manipulation zudem schon
deshalb unerheblich, weil sie im Oktober 2006 stattgefunden
haben soll und daher keinen Einfluss auf die Bundestags-
wahl 2005 gehabt haben kann. Der Einspruchsführer be-
hauptet auch nicht, dass es bei der Bundestagswahl 2005 zu
einer Manipulation des Softwareprogramms der eingesetz-
ten NEDAP-Geräte gekommen ist.

Ohnehin geht der Deutsche Bundestag davon aus, dass BMI
und PTB entsprechend den Vorgaben der BWahlGV die wei-
tere Entwicklung im Bereich des möglichen Einsatzes von
Wahlgeräten beobachten, um ggf. erkennbar werdenden Ri-
siken für eine ordnungsgemäße Wahl in geeigneter Weise
begegnen zu können.

Fehlende Kontrollmöglichkeiten/VVPAT

Entgegen der Auffassung des Einspruchsführers ist auch in
dem Fehlen eines Stimmabgabeprotokolls in Papierform
(VVPAT) kein Wahlfehler zu erkennen.

Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 BWahlGV kann die Bauartzulas-
sung erteilt werden, „wenn das Wahlgerät nach einer (…)
Prüfung durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt
den Richtlinien für die Bauart von Wahlgeräten nach An-
lage 1 entspricht“. Die Zählung der Stimmen ist in § 14 der
BWahlGV geregelt. Es ist festzustellen, dass ein Papier-
protokoll gesetzlich nicht vorgesehen ist und damit keine
Voraussetzung für die Bauartzulassung darstellt.

Die Auszählung geschieht beim Einsatz von Wahlgeräten
vielmehr in der Weise, dass „der Schriftführer die an dem
verwendeten Wahlgerät angezeigten oder ausgedruckten
Zahlen der Reihenfolge nach in die Zählkontrollvermerke
der Wahlniederschrift (einträgt), soweit nicht ein Ausdruck
selbst als Zählkontrollvermerk zu verwenden ist“. Anschlie-
ßend stellt „der Wahlvorsteher (…) durch lautes Ablesen der
einzelnen Anzeigen“ die Zahl der an den Wahlgeräten abge-
gebenen Stimmen fest. Bei der Feststellung werden die ins-
gesamt abgegebenen Erst- bzw. Zweitstimmen, die für jeden
Bewerber bzw. für jede Landesliste abgegebenen Erst- und
von einer insgesamt sehr hohen Manipulationssicherheit
beim Einsatz von Wahlgeräten auszugehen ist.

Zweitstimmen und die abgegebenen ungültigen Erst- und
Zweitstimmen gesondert festgestellt.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 23 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 23 – Drucksache 16/3600

Zudem hat die Verwendung von VVPATs nach überzeugen-
der Darstellung des BMI Vor- und Nachteile und ist in der
Fachwelt keineswegs, wie der Einspruchsführer behauptet,
unumstritten. Insbesondere ist durch die Verwendung eines
VVPAT keine unabhängige Verifikation möglich, da ein
VVPAT, wie jedes andere Papierprodukt auch, manipuliert
werden kann. Er kann auch mangelndes Vertrauen in die
Funktionsfähigkeit des Wahlgeräts nicht ersetzen, da er vom
Wahlgerät selbst erzeugt wird. Daneben kann der erforder-
liche Drucker zusätzliche technische Probleme bereiten. So-
fern eine Manipulation der Software stattfinden soll, ist da-
von auszugehen, dass der potenzielle Täter auch die Prüfaus-
drucke manipuliert, um die Manipulation nicht sofort offen-
kundig werden zu lassen. Es muss also davon ausgegangen
werden, dass gegen jede zusätzliche Sicherung ein neues
Mittel gefunden wird, diese Sicherung zu überwinden. Da
aber das Manipulieren elektronischer Daten spezielle Kennt-
nisse erfordert, ist der Papierausdruck grundsätzlich unzu-
verlässiger als die elektronischen Daten. Der Papierausdruck
(VVPAT) bietet somit keine Garantie für eine zuvor ord-
nungsgemäß erfolgte Stimmabgabe.

Schließlich ist die Kontrolle der abgegebenen Stimmen nach
Auskunft des BMI jederzeit und beliebig oft möglich, indem
die Speichermodule nach Ablauf des Wahltages erneut in ein
Wahlgerät eingesteckt werden. Außerdem können die Spei-
chermodule im Rahmen einer Wahlprüfung ausgelesen wer-
den. Dabei kann festgestellt werden, ob Stimmen Defekte
aufweisen. Schließlich können alle gespeicherten Stimmen
als Stimmzettel mit den entsprechenden Kreuzen ausge-
druckt und von Hand nachgezählt werden.

Vor diesem Hintergrund erscheint es hinnehmbar, dass der
Vorgang der Abgabe und Zählung der Stimmen aufgrund des
Einsatzes der Elektronik nicht für jeden Bürger vollständig
nachvollziehbar sein mag. Es ist ausreichend, dass das Wahl-
verfahren insgesamt für den Wähler verständlich ist. Dies ist
durch das normierte Verfahren der Wahl mit Wahlgeräten der
Fall.

Den bloßen Möglichkeiten, dass bei der Wahl mit Wahlgerä-
ten Manipulationen vorgenommen werden können, steht der
tatsächlich feststellbare Nachteil der Urnenwahl gegenüber.
So sind die bei der herkömmlichen Wahl festzustellenden
Fehler eines (unbeabsichtigten) Falsch-Wählens bei der
Stimmabgabe oder eines Falsch-Zählens bei der Stimmaus-
wertung apparativ nahezu vollständig ausgeschlossen (vgl.
dazu Schreiber, a. a. O., § 35 Rn. 2).

Da die Stimmauszählung also den Vorgaben des § 35 BWG
und der §§ 2 und 14 BWahlGV entspricht und ein Papier-
protokoll nicht vorgeschrieben ist, stellt das Fehlen eines
VVPAT bei der Bundestagswahl 2005 keinen Wahlfehler
dar.

Organisatorische Mängel

Soweit der Einspruchsführer rügt, dass das Bundesamt für
Sicherheit in der Informationstechnik nicht in den Prüf-
prozess einbezogen wird, ist festzustellen, dass dies nicht der
Rechtslage gemäß § 2 Abs. 2 BWahlGV entspricht. Danach
ist, wie vor dem Einsatz der Wahlgeräte bei der Bundestags-
wahl 2005 geschehen, die PTB für diese Prüfung zuständig.

Geräte „theoretisch“ sei. Ein dazu erforderlicher Austausch
der Software während der Wahl erscheint, auch wenn er „in-
nerhalb von zwei Minuten“ vorzunehmen sein sollte, extrem
unwahrscheinlich, da der Wahlvorstand sich in geringer Ent-
fernung zu den Wahlgeräten befindet und das Gerät in einem
öffentlich zugänglichen und von Wählerinnen und Wählern
besuchten Raum steht. Zudem befindet sich die Software,
wie der Einspruchsführer selbst mitteilt, hinter einer durch
Schrauben gesicherten und mit zwei Siegeln versehenen Ab-
deckung. Manipulationen, so sie denn theoretisch vorkom-
men können, würde der Wahlvorstand mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit bemerken. Es ist also davon
auszugehen, dass niemand mit einem Schraubendreher zwei
Minuten an der Rückseite eines Wahlgerätes unbemerkt ma-
nipulieren könnte. Die Tatsache, dass die Siegel „unbemerkt
entfernt“ werden könnten, dürfte auf Siegel grundsätzlich
zutreffen. Entscheidend ist hier, dass schon das Erbrechen
und gerade das Entfernen des Siegels bei der nach § 7
BWahlGV vorgeschriebenen Kontrolle auffallen würden.
Dass die Siegel, um die Manipulation nicht offenbar werden
zu lassen, von den Tätern anschließend durch neue Siegel er-
setzt werden würden, ist wiederum praktisch kaum vorstell-
bar. Dass es tatsächlich zu einer solchen Manipulation oder
auch nur zum Versuch einer Manipulation gekommen ist, be-
hauptet auch der Einspruchsführer nicht.

Gleiches gilt für den Vortrag des Einspruchsführers bezüg-
lich der Manipulationsmöglichkeiten am Stimmenspeicher
oder am Auswertecomputer. Auch hier behauptet der Ein-
spruchsführer nicht, dass eine Manipulation stattgefunden
hätte.

Soweit der Einspruchsführer eine Verlagerung staatlicher
Aufgaben auf Private sieht, stellt diese, die Richtigkeit des
Vortrages unterstellt, keinen Wahlfehler dar. Insbesondere
zwingt die Tatsache, dass es sich bei der Wahlvorbereitung
und -durchführung um eine öffentliche Aufgabe handelt,
nicht zu dem Schluss, dass alle notwendigen Handlungen
nur von Amtspersonen durchgeführt werden dürfen. Vorlie-
gend ist die erforderliche Kontrolle durch die staatliche
Hand sichergestellt. So wird eine von amtlicher Seite zu
erteilende Baugleichheitserklärung gesetzlich nicht gefor-
dert. § 2 BWahlGV sieht vor, dass der Inhaber der Bauart-
zulassung die Baugleichheit für jedes einzelne Wahlgerät er-
klärt. Auch kann die Wartung der Wahlgeräte, wie in § 7
BWahlGV vorgesehen, durch den Hersteller durchgeführt
werden. Die vom Hersteller erstellte Bedienungsanleitung
enthält nach Ziffer 4 Nr. 7 der Richtlinien für die Bauart von
Wahlgeräten Hinweise zur Wartung und Instandhaltung, die
von den amtlichen Stellen zu beachten sind.

Des Weiteren stellt auch die Nichtherausgabe der Prüfunter-
lagen der PTB an den Einspruchsführer keinen Wahlfehler
dar.

Soweit der Einspruchsführer einen entsprechenden Antrag
an den Deutschen Bundestag richtet, wird hier kein Anlass
gesehen, entsprechende Unterlagen anzufordern, da nach
Auffassung des Wahlprüfungsausschusses die für dieses
Verfahren erforderliche Sachaufklärung durch den Bericht
des BMI erfolgt ist. Zu weiteren Schritten bestand kein
Anlass. Die weitergehende Frage, ob der Ermittlungsführer
Zur Manipulierbarkeit stellen die vom Einspruchsführer
selbst angeführten Fachleute fest, dass eine Manipulation der

gegebenenfalls einen unmittelbaren Informationsanspruch
gegenüber der PTB besitzt, ist hier nicht zu entscheiden.

Drucksache 16/3600 destag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 destag – 16. Wahlperiode
– 24 – Deutscher Bun– 24 – Deutscher Bun

Mandatsrelevanz

Da somit unter keinem Gesichtspunkt ein Wahlfehler fest-
stellbar ist, bedarf es auch keines Eingehens auf eine etwaige
Auswirkung auf das Stimmenergebnis und damit die Vertei-
lung der Sitze im Deutschen Bundestag.

wahlrechtlich gebotene Öffentlichkeitsprinzip technisch/
apparativ/funktionell zu verwirklichen“. So sei das Zulas-

Wahldatum und Wahllokal und dient damit vor allem, weil es
die Daten über die abgegebenen Stimmen enthält, als
„Urne“. Das Wahlgerät kann nur mit einem eingesteckten
heit enthält u. a. zwei Schlösser mit Schlüsseln, über die die
Betriebszustände „Wählen“ und „Wahlauswertung“ einge-
stellt werden, sowie Tasten, über die das Wahlgerät für jeden

und gibt dann, statt dem Wähler einen Stimmzettel auszu-
händigen, das Wahlgerät über eine Taste auf der Bedien-
einheit frei. Der Wähler kann nun an das Wahlgerät herantre-
sungsverfahren unzureichend, insbesondere in Hinblick auf
die Transparenz des Verfahrens. Weiter seien die Geräte
nicht hinreichend manipulationssicher, da sie z. B. nicht dem
Stand der Technik entsprächen. Zudem stelle der Vorgang
der Ergebnisfeststellung mit diesen Geräten eine geheime
Auszählung dar, so dass er von Anfang an gesetzeswidrig
sei.

II.

Die bei der Bundestagswahl 2005 eingesetzten Wahlgeräte
der niederländischen Firma NEDAP (Nederlandsche Appa-
ratenfabriek) bestehen aus dem eigentlichen Wahlgerät, an
dem der Wähler seine Wahl vollzieht, und einer per Kabel
fest mit dem Wahlgerät verbundenen Bedieneinheit, die sich
in der Obhut des Wahlvorstandes befindet. Diese Bedienein-

und gefüllten Speichermodul für eine Wahl verwendet wer-
den. Die Eproms mit dem Softwareprogramm sind integraler
Bestandteil des Wahlgeräts, während die Speichermodule
ein Zubehör sind.

Die Firma NEDAP baut das Gerät und liefert es an den Kun-
den aus. Durch eine auf der Rückseite des Geräts aufgeklebte
Baugleichheitserklärung versichert der Hersteller, dass das
Gerät baugleich zu dem angegebenen zugelassenen Baumus-
ter ist. Das Wahlgerät enthält im Auslieferungszustand kein
Speichermodul und ist damit nicht für eine Wahl verwend-
bar. Leere Speichermodule werden dem Kunden als Zubehör
mitgeliefert.

Für die Wähler stellt sich der Ablauf wie folgt dar: Der
Wahlvorstand kontrolliert die Wahlberechtigung wie üblich
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25 – Drucksache 16/3600

Anlage 2

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn Prof. Dr. J. W., 53177 Bonn
– Az.: WP 108/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 15. Oktober 2005, das beim Deutschen
Bundestag am 18. Oktober 2005 eingegangen ist, hat der
Einspruchsführer gegen die Gültigkeit der Wahl zum
16. Deutschen Bundestag am 18. September 2005 Einspruch
eingelegt. Als weiterer Einspruchsführer wurde Dr. U. W.
angegeben, der anschließend gesondert, aber inhaltlich weit-
gehend übereinstimmend, Einspruch gegen die Bundestags-
wahl 2005 eingelegt hat (vgl. WP 145/05).

I.

Zur Begründung seines Einspruchs trägt er im Wesentlichen
vor, dass die verwendeten Wahlgeräte des Typs NEDAP
ESD 1 und ESD 2 „in ihrer derzeitigen Hardware-Architek-
tur, der Software und in ihren Funktionen nicht denjenigen
Erfordernissen (genügen), die erfüllt sein müssen, um das
– für die zuverlässige Erfassung und Dokumentation der
abgegebenen Stimmen, für die Ermittlung und für die Fest-
stellung des Wahlergebnisses – verfassungsrechtlich und

mehreren Stimmzetteln, einem kleinen Display zur Kon-
trolle für den Wähler und einem Funktionstastenfeld, das nur
vom Wahlvorstand während der Wahlauswertung benutzt
wird und sonst durch eine Klappe abgedeckt ist. Des Wei-
teren befinden sich auf der Rückseite des Wahlgeräts ein
Drucker und ein Steckplatz für ein Speichermodul (eine Art
Kassette) sowie die Elektronikeinheit. In der Elektronik-
einheit befinden sich zwei Speicherchips (auch als Speicher-
bausteine bzw. Speichermodule bezeichnet), die gemeinsam
das Softwareprogramm enthalten. Diese zwei Speicherchips
werden Eproms genannt.

Das Softwareprogramm auf den Eproms bestimmt den gene-
rellen Ablauf der Wahl, also die Schritte Freigabe, Auswahl
der Erststimme und der Zweitstimme, ggf. Korrektur der
Stimmen, endgültige Stimmabgabe, Stimmspeicherung und
Sperrung des Geräts sowie die Auswertung der Wahl. Das
Speichermodul enthält hingegen die Daten der Stimmzettel,
die Zuordnung der einzelnen Tasten zu Listen, Parteien oder
Bewerbern sowie einige konkrete Angaben zur Wahl wie
einzelnen Wähler freigegeben wird. Das eigentliche Wahl-
gerät besteht aus einem großen Tastentableau mit einem oder

ten und seine Stimmen durch Tastendruck (anstelle durch
Ankreuzen) auf einer Folientastatur auswählen, die dem

Drucksache 16/3600 – 26 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 26 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Erscheinungsbild eines Stimmzettels nachgebildet ist. Das
digitale Textdisplay bestätigt die getroffene Auswahl und
fordert zum nächsten Schritt auf. Der Wähler kann also seine
Auswahl auf dem Display kontrollieren, ggf. über die Kor-
rekturtaste berichtigen und dann seine Stimmen endgültig
abgeben, indem er die dafür vorgesehene Stimmabgabetaste
drückt. Dieser letzte Schritt (Abgabe einer gültigen bzw. un-
gültigen Stimme) entspricht dem Einwurf des Stimmzettels
in die Urne. Der Schriftführer vermerkt im Wählerverzeich-
nis die Stimmabgabe. Die Stimmen werden redundant und
mit Sicherheitsmaßnahmen versehen an einer zufällig aus-
gewählten Stelle des Speichermoduls gespeichert. Nach der
Speicherung der Stimmen ist das Wahlgerät für weitere
Stimmabgaben gesperrt. Der Wähler verlässt das Wahlgerät.
Die Anzeige auf der Bedieneinheit des Wahlvorstandes über
die Zahl der Wähler erhöht sich um eins. Diese Anzeige
dient dem Wahlvorstand für die Entscheidung, ob der
Wähler seine Wahl ordnungsgemäß abgeschlossen hat. Das
Wahlgerät bleibt gesperrt, bis es für den nächsten Wähler
wieder freigegeben wird.

III.

Im Einzelnen bemängelt der Einspruchsführer folgende As-
pekte des Einsatzes von Wahlgeräten:

Das verfassungsrechtliche Fundament des Wahlsystems
bilde das Demokratie-Prinzip. Ihm entsprächen die Grund-
sätze unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahlen
(Artikel 38 Abs. 1 Satz 1 GG). In diesem Zusammenhang
verfassungsrechtlicher Grundentscheidungen stellten par-
lamentarische Wahlen Staatsakte des Volkes dar, verkörpert
in allen seinen wahlberechtigten Individuen. Die Verletzung
des Demokratie-Prinzips und aller daraus resultierender
Wahlrechtsnormen und -vorschriften stelle deshalb unmittel-
bar eine Verletzung der grundgesetzlich garantierten Rechte
des einzelnen Wahlbürgers dar. Somit seien Verletzungen der
einfachgesetzlichen Normen auch Verletzungen der Verfas-
sung und damit des Rechtsstaatsprinzips.

Aus dem Demokratie-Prinzip werde das Öffentlichkeitsprin-
zip abgeleitet: „‚Die Öffentlichkeit übt gegenüber den Wahl-
organen eine Kontrollfunktion aus‘“. ‚Geheime … Auszäh-
lungen sind danach gesetzwidrig‘ (Schreiber, Handbuch des
Wahlrechts, 7. Auflage, 2002, S. 249 f., Rn. 1 mit Verweis
auf BVerfGE 89, 291, 302 f.)“. So habe jedermann auch
Zutritt zu den Sitzungen der Wahlausschüsse und Wahl-
vorstände (ebenda), d. h., jeder könne Wahlhandlungen so-
wie die Ermittlung und Feststellung von Wahlergebnissen
beobachten. Diese höchstrichterliche Rechtsprechung und
Rechtsmeinung sei grundlegend für seine Beschwerde, dass
beim Einsatz von Wahlgeräten der Vorgang eines Teiles der
Wahlhandlung (nämlich keine Kontrolle der Dokumentation
der abgegebenen Stimmen im Gerät, vergleichbar der Ab-
lage der Stimmen beim Urneneinwurf) sowie die Ermittlung
und Feststellung der Ergebnisse im Inneren des Gerätes statt-
fänden und deswegen nicht beobachtet werden könnten.

Die Kontrollfunktion der Öffentlichkeit solle gewährleisten,
dass die Wahlen rechtmäßig durchgeführt würden und somit
das Parlament richtig zusammengesetzt sei.

Die Stimmabgabe mit Wahlgeräten erlaube und regele § 35
des Bundeswahlgesetzes (BWG). Dort werde zwar die

dem das Öffentlichkeitsprinzip zwingend hervorgehe – und
auch nicht der Grundsatz der Wahlgleichheit. § 35 BWG sei
somit in der Wiederholung grundgesetzlicher Prinzipien de-
fizitär.

§ 34 BWG organisiere das individuelle Wahlgeheimnis mit
Stimmzetteln, mache zugleich aber den äußeren Ablauf
transparent: „Der Wähler faltet daraufhin den Stimmzettel in
der Weise, dass seine Stimmabgabe nicht erkennbar ist und
wirft ihn in die Wahlurne.“ Der Stimmzettel-Einwurf in die
Urne sei also ein öffentlich zu beobachtender Teil der
Wahlhandlung, dessen Öffentlichkeit nicht das Erfordernis
des Wahlgeheimnisses beeinträchtige. Die eingesetzten
NEDAP-Geräte aber organisierten dieses Erfordernis der
Öffentlichkeit, nämlich der beobachtbaren Stimmen-Ablage
– vergleichbar mit dem Einwurf in die Urne – eben nicht und
entsprächen deshalb nicht dem Öffentlichkeitsgebot. § 37
BWG impliziere die unbestrittene Öffentlichkeit der Stim-
menauszählung. Die in den §§ 67 bis 70 der Bundeswahl-
ordnung (BWO) geregelten öffentlichen Ermittlungshand-
lungen fehlten bei Wahlgeräten, bzw. es werde bei diesen
nicht erkennbar, dass die Dokumentation und Feststellung
innerhalb der Geräte manipulationsfrei vor sich gehe.

In der „Disparatheit“ der Bundeswahlgeräteverordnung
(BWahlGV) zwischen detaillierten apparatetechnischen An-
weisungen einerseits und ihrer nur allgemeinen Forderung
nach Geltung der BWO andererseits – und damit sinngemäß
des BWG – liege wohl der Grund für die Tatsache, dass die
Prüf- und Zulassungsverfahren sich vornehmlich oder sogar
ausschließlich auf die technischen Vorschriften konzentrier-
ten.

Gegenstand seines Einspruches sei es, die Verfassungs- und
Wahlrechtswidrigkeiten derartiger Zusammenhänge im ein-
zelnen herauszuarbeiten und – jenseits des eigentlichen Ein-
spruchs – auch eine Korrektur de lege ferenda einzufordern.
Dazu trägt er folgende Mängel vor, die aus seiner Sicht be-
stehen:

Fehlende Kontrollmöglichkeiten

Die durch das BWG für Wahlgang und Wahlgeschäft vor-
geschriebene „Öffentlichkeit“ sei ein Kontrollmechanismus,
der die ordnungsgemäße Durchführung der Wahlen gewähr-
leiste. Werde der Kontrollmechanismus „Öffentlichkeit“ im
Wahlgeschäft oder Wahlgang teilweise eingeschränkt, so
müsse er durch andere entsprechend wirksame Kontroll-
mechanismen ersetzt werden. Diese äquivalenten Kontroll-
mechanismen müssten transparent und öffentlich verifizier-
bar sein, wenn sie wirksam die Manipulation von Wahlen
verhindern sollen. Bei den NEDAP-Wahlgeräten handele es
sich um Wahlcomputer, auf denen ein komplexes Software-
programm installiert sei. Da die Stimmabgabe geheim er-
folge und die Funktionsweise der Software nicht transparent
– also vom Wähler nicht unmittelbar einsehbar – sei, sei es
prinzipiell nicht möglich, die ordnungsgemäße Speicherung
und Zählung der Stimmen zu kontrollieren. Vorstellbar sei
z. B., dass eine fehlerhafte Software einen bestimmten An-
teil der abgegebenen Stimmen unabhängig von der Wahl des
jeweiligen Wählers einer bestimmten Partei zuweise, oder
dass eine manipulierte Software lediglich die abgegebenen
Stimmen zähle und nach einem vorgegebenen Verhältnis auf
Beachtung des Grundsatzes der Geheimhaltung gefordert
(Absatz 2), nicht jedoch der Grundsatz freier Wahlen, aus

die zur Wahl stehenden Parteien verteile. Daher sei es für die
NEDAP-Geräte erforderlich, die ordnungsgemäße Wahl-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 27 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 27 – Drucksache 16/3600

durchführung durch einen alternativen Kontrollmechanis-
mus sicherzustellen.

Gefährdungspotential durch Manipulation

Bei Wahlen mit softwaregesteuerten Wahlgeräten gehe eine
besondere Gefahr von dem Umstand aus, dass der Geräte-
hersteller einen zentralen Angriffspunkt darstelle und dass
sich Wahlen über eine Manipulation der Software noch vor
der Auslieferung der Geräte (also noch beim Geräteherstel-
ler) wesentlich wirkungsvoller als bei Urnenwahlen mani-
pulieren ließen. Eine solche Manipulation könne etwa von
einem – durch Drohungen oder politisch oder finanziell
motivierten – Insider beim Hersteller praktiziert werden. Ein
Angriff auf den Hersteller sei auch von außen denkbar, etwa
über Viren oder Trojaner, die Dritten (z. B. einer politischen
Gruppierung oder einem ausländischen Geheimdienst) einen
Zugang auf die Rechner des Herstellers ermöglichten. We-
gen der Komplexität der eingesetzten Software mit über
zweihunderttausend Zeilen Quellcode könne eine solche
Manipulation auch bei sorgfaltiger Qualitätskontrolle seitens
des Herstellers unentdeckt bleiben. Der Wähler als Souverän
habe einen Anspruch darauf, dass von den mit der Durchfüh-
rung der Wahl beauftragten Organen wirksame Mittel ergrif-
fen werden, um solche Manipulationen auszuschließen. Sol-
che Kontrollmöglichkeiten habe die Öffentlichkeit derzeit
aber nicht; sie sei im Gegenteil von der Kontrolle der einge-
setzten Software derzeit völlig ausgeschlossen. Die jetzige
Praxis stelle nicht nur keine Manipulationssicherheit her.
sondern sie mache es sogar unmöglich, Manipulationen
überhaupt seitens deutscher Behörden verhindern zu kön-
nen.

Fehlendes verifizierbares Protokoll

Einen wirksamen Kontrollmechanismus könne z. B. ein ve-
rifizierbares, vom Wähler einsehbares Papierprotokoll der
abgegebenen Stimmen darstellen, das die Möglichkeit einer
Überprüfung des Wahlergebnisses bietet (engl. Voter-Verifi-
able Audit-Trail [VVPAT]). Damit sei ein System gemeint,
bei dem ein in das Wahlgerät integrierter Drucker die Wahl-
entscheidung des Wählers protokolliere. Dieses Protokoll sei
vom Wähler hinter Glas einsehbar. Um das Wahlgeheimnis
sicherzustellen, fielen diese Quittungen einzeln in eine
Wahlurne und stünden gegebenenfalls nach Ende der Wahl
für eine manuelle Kontrollzählung zur Verfugung. Die
NEDAP-Geräte verfügten hingegen über keinerlei Kontroll-
möglichkeit und seien deshalb per se anfällig für Mani-
pulationen. Die Bedeutung der fehlenden Kontrollmöglich-
keit sei analog verständlich an einem Beispiel aus dem Geld-
geschäft: Einer Bank, die ihren Kontoinhabern zwar monat-
lich die Zahl der Umsätze auf deren Girokonten und die
neuen Kontosalden mitteile, ihren Kunden aber Konto-
auszüge mit verifizierbaren Umsatzinformationen vorent-
hielte, würde man zu Recht nicht vertrauen wollen. Eben
dieses Vertrauen werde aber vom Wähler beim Einsatz der
NEDAP-Geräte verlangt.

Mangelnde Vertrauenswürdigkeit/
Verifizierbarkeit der Software

Aus dem Verzicht auf eine alternative Kontrollmöglichkeit
der Stimmenspeicherung folge unmittelbar, dass an die Ver-

wahlrechtlich – keinesfalls ausreichend sein, dass die ein-
gesetzte Software dem BMI als oberster Wahlbehörde ver-
trauenswürdig erscheine. Das Öffentlichkeitsprinzip und die
implizierte Kontrollfunktion durch die Öffentlichkeit erfor-
derten vielmehr, dass die Vertrauenswürdigkeit der Software
allgemein verifizierbar sei. Eine solche Verifizierbarkeit sei
derzeit jedoch nicht gegeben, da das Zulassungsverfahren
für die Geräte einschließlich der Prüfung durch die Physika-
lisch-Technische Bundesanstalt (PTB) nichtöffentlich und
schon deshalb nicht verifizierbar sei, die NEDAP-Geräte
einschließlich der eingesetzten Software der interessierten
Öffentlichkeit nicht für eine unabhängige Überprüfung zur
Verfügung stünden und die Software der Geräte nicht quel-
loffen („Open Source“) sei, obwohl die Verfügbarkeil des
Ouellcodes für eine Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit
unabdingbar sei. Diese Forderung finde sich auch in der An-
lage 1 zu § 2 der BWahlGV wieder, die eine Vorlage des
Quellcodes im Rahmen des Zulassungsverfahrens erfordere.

Nicht überprüfbare Authentizität der Software

Ein prinzipielles Problem bei der Vertrauenswürdigkeit von
Software sei die Frage, ob die vom Anwender eingesetzte
Kopie der Software mit einer ursprünglich geprüften Soft-
ware identisch und damit frei von Manipulationen sei. Zur
Authentifizierung von Software gebe es verschiedene etab-
lierte Verfahren. Wesentlich bei solchen Prüfverfahren sei,
dass der Prüfalgorithmus und die zu prüfende Kopie der
Software nicht aus derselben Quelle stammten, da sonst die
Vertrauenswürdigkeit des Prüfalgorithmus mitgeprüft wer-
den müsse. Genau diese Anforderung erfüllten die NEDAP-
Geräte nicht, da die beim Gerätestart angezeigten und auch
ausgedruckten Prüfsummen von der eingesetzten Software
selbst berechnet würden und deshalb nicht geeignet seien,
eine Manipulation der Software zu verhindern. Sie könnten
allenfalls dazu dienen, den versehentlichen Einsatz einer fal-
schen oder unvollständigen Software-Version zu verhindern.

Nicht erwiesene Authentizität des vorgelegten Quellcodes

Für die Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit einer kom-
plexen Software sei in der Regel ein Einblick in den Quell-
code der Software erforderlich. Diese Hinschätzung finde
sich in Abschnitt B.l der „Richtlinien für die Bauart von
Wahlgeräten“ (Anlage 1 zu § 2 BWahlGV) wieder, der neben
der Vorlage des lauffähigen Programms (Objektcode) auch
die Vorlage des kommentierten Quellcodes verlange. Um die
Vertrauenswürdigkeit des lauffähigen Programms zu ge-
währleisten, sei aber die gleichzeitige Vorlage von Objekt-
und Quellcode nicht ausreichend. Es müsse auch geprüft
werden, ob sich das lauffähige Programm tatsächlich aus
dem vorgelegten Quellcode erzeugen lasse. Soweit sich der
Prüfansatz der PTB aus der BWahlGV erschließen lasse, er-
folge eine solche Überprüfung jedoch nicht. Daher sei nicht
sichergestellt, dass der PTB nicht bereits ein manipulierter
Objektcode vorgelegt werden könne, in dem sich etwa
irgendeine „Hintertür“ oder ein so genannter „Trojaner“ be-
fänden.

Mangelhafte Authentizität der eingesetzten Software

Die BWahlGV verlange vom Hersteller der Wahlgeräte die
Abgabe einer Baugleichheitserklärung (§ 2 Abs. 6) für jedes
trauenswürdigkeit der Software besonders hohe Maßstäbe
anzulegen seien. Dabei könne es – verfassungsrechtlich und

in den Verkehr gebrachte Gerät. Eine über das Vorliegen
dieser Baugleichheitserklärung hinausgehende Prüfung der

Drucksache 16/3600 – 28 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 28 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

ausgelieferten Wahlgeräte erfolge nicht. Insbesondere er-
folge keine Authentifizierung der eingesetzten Software, so
dass sich die mit der Durchführung der Wahl befassten Or-
gane auf eine wirksame Qualitätssicherung beim Hersteller
vertrauensvoll verlassen müssten sowie darauf, dass die
Software nach der Herstellerüberprüfung nicht mehr mani-
puliert worden sei. Die Authentifizierung der eingesetzten
Software ausschließlich dem Hersteller zu überlassen, sei
aber ebenso grotesk wie es allein schon der Gedanke wäre,
die Auszählung der Stimmen bei einer Urnenwahl nicht-
öffentlich durch einen privaten Dienstleister ausführen zu
lassen, nur weil dieser schriftlich bestätige, die Zählung
ordnungsgemäß durchzuführen.

Technische und konstruktive Mängel

Fehlende Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit des Systems

Die eingesetzten Geräte entsprächen hinsichtlich ihrer Mani-
pulations-Sicherheit nicht dem „Stand der Technik“, wie
dieses durch die Richtlinien zur BWahlGV (Buchstabe B,
Nummer 2.1.) rechtlich geboten sei. Eine von der Regierung
der Republik Irland am 1. März 2004 eingesetzte Kommis-
sion zu elektronischen Wahlen (Commission on Electronic
Voting [CEV]) habe in ihrem Bericht vom Dezember 2004
erhebliche Sicherheitsbedenken gegen die irische Variante
der Geräte geäußert und sich gegen eine Verwendung der
Geräte in Irland ausgesprochen. Die CEV habe sich nicht in
der Lage gesehen, den Gebrauch des auch bei der Bundes-
tagswahl verwendeten Systems zu empfehlen, weil das Sys-
tem bisher nicht habe nachweisen können, dass es (trotz
mannigfacher apparativer und funktionaler Vorzüge) den
von der Kommission gesetzten Standards (Terms of Refe-
rence) zu genügen vermöge.

Es sei für Deutschlands wahlrechtliche Verhältnisse völlig
unakzeptabel, dass ein Wahlsystem, das auf eine system-
unabhängige Verifizierbarkeit des Wahlergebnisses ver-
zichte, in seinem Sicherheitsansatz nicht den allgemein an-
erkannten Konzepten und Standards folge und entgegen der
BWahlGV nicht „unter Beachtung der für Systeme mit
schwerwiegenden Schadensfolgen bei Fehlverhalten (hohe
Kritikalität) anerkannten Regeln der Technik aufgebaut“ sei.
Aus wissenschaftlicher Sicht befremde es sehr, dass diese
Anforderungen der BWahlGV bei der Prüfung durch die
PTB nicht berücksichtigt worden seien.

Mangelhafte Gerätesicherheit

Nach der Auslieferung der Geräte hänge die Vertrauens-
würdigkeit der Geräte wesentlich davon ab, ob unbefugter
Zugang zu den Geräten wirksam verhindert werde und ob
Manipulationen an den Geräten erkennbar seien. Nach Ein-
schätzung von Experten lasse sich der Speicherbaustein, auf
dem die Wahlsoftware gespeichert ist, innerhalb von zwei
Minuten auswechseln. Deshalb sei es unerlässlich, dass die
Geräteelektronik vor Manipulation gesichert sei. Die Elek-
tronik befinde sich auf der Rückseite des Gerätes unter einer
verschraubten Abdeckung und sei durch zwei vom Herstel-
ler angebrachte – also durch nichtamtliche – Siegel ge-
sichert. Diese Siegel könnten offenbar ohne große Schwie-
rigkeit entfernt werden. Somit bestehe kein ausreichender
Schutz gegen eine Manipulation des Wahlgeräts. Wie in-

gang die Geräte über zwei farbig markierte Schlüssel in
einen anderen Betriebszustand versetzt würden, der die
Konfiguration und das Auslesen der Stimmenspeicher er-
mögliche. Diese Schlüssel seien, zumindest in Irland, bei
allen Geräten identisch, wodurch der unautorisierte Zugang
zu solchen Schlüsseln erheblich erleichtert werde.

Mangelhaft gesicherter Stimmenspeicher

Die Stimmen würden in den Stimmenspeichern unverschlüs-
selt abgelegt. Bei den Stimmenspeichern handele es sich um
einfachste Bauelemente aus Standardkomponenten, deren
Spezifikation öffentlich verfügbar sei. Die Bausteine seien
ohne weitere Beschädigung zu öffnen und wieder zu schlie-
ßen. Da die Stimmen in den Stimmenspeichern unverschlüs-
selt abgelegt würden, bestehe die einzige Sicherungsmaß-
nahme der Speicher gegen ein bösartiges Manipulieren der
Speicher allein in allen NEDAP-spezifischen Steckverbin-
dungen, über die die Speicher mit den Wahlgeräten bzw.
Lesegeräten verbunden würden.

Sicherheitsmängel der Auswertecomputer

Die Wahlgeräte würden über besonders gesicherte Personal-
computer für die Wahlen konfiguriert. Diese gesicherten PCs
würden auch für die Auswertung der Stimmenspeicher im
Wahlamt eingesetzt. Die irische CEV habe bei diesen gesi-
cherten Computern erhebliche Sicherheitsmängel festge-
stellt, die das Aushebeln der Sicherheitsmaßnahmen ermög-
lichten.

Organisatorische Mängel

Fachliche Zuständigkeit:
BMI – PTB – Bundesamt für Sicherheit

Es sei offensichtlich, dass die BWahlGV und die Richtlinien
für die Bauart von Wahlgeräten unter Mitwirkung der PTB
entstanden seien. Das lasse sich aus der Reduktion der wahl-
rechtlichen Anforderungen auf den apparatetechnischen
Bereich (Belastbarkeit, Haltbarkeit, Rückwirkungsfreiheit,
Energieversorgung) sowie aus den lediglich funktionalen
Anforderungen erschließen, die sich im Kompetenzbereich
der PTB befänden. Bei den NEDAP-Geräten handele es sich
aber um Computer mit einer komplexen Software, die auf
über zweihunderttausend Zeilen Quellcode beruhe. Eine Be-
schränkung der Zulassungsprüfung auf apparattechnische
Kriterien sei daher völlig unangemessen. Das für Software-
Sicherheit zuständige Bundesamt für Sicherheit in der In-
formationstechnik hätte in die Gestaltung der BWahlGV und
in das Zulassungsverfahren von Wahlgeräten einbezogen
werden müssen.

Sicherheitsmängel in der Organisation des Wahlgeschäfts

Aufgrund der erheblichen Probleme, die durch unautorisier-
ten Zugang zu den Geräten, zu Zubehör und Software entste-
hen könnten, sehe die irische Kommission für elektronisches
Wählen die dringende Notwendigkeit, unautorisierten Zu-
gang zu den Geräten auch zwischen verschiedenen Wahlen
durch geeignete Sicherheitsmaßnahmen zu verhindern. Eine
solche Kontrolle finde aber in Deutschland nicht statt, und es
seien auch keine angemessenen Regelungen in Kraft, die
eine solche Zugangskontrolle sicherstellen könnten. Es sei
konsistent und lückenhaft das Sicherheitskonzept des Her-
stellers sei, zeige sich daran, dass vor und nach dem Wahl-

deshalb davon auszugehen, dass die Geräte in der Regel aus-
schließlich am Wahltag versiegelt würden. Der Einspruchs-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 29 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 29 – Drucksache 16/3600

führer weiß von einem sachkundigen Zeugen, der an einer
Wahlhelferschulung in einer Gemeinde im Lande Branden-
burg teilgenommen habe, dass bei der dortigen Aktivität die
Wahlgeräte komplett unversiegelt gewesen seien.

Mandatsrelevanz

Die Zahl der vom Einsatz der NEDAP-Wahlgeräte betroffe-
nen Wählerstimmen und der daraus resultierenden Mandate
lasse sich nur grob abschätzen. Gleichwohl erweise eine sol-
che Kalkulation nicht nur die quantitative Erheblichkeit,
sondern auch die rechtliche Relevanz der vorgebrachten
Mängelrügen seines Einspruchs.

Die Größe der Wahlbezirke umfasse maximal 2 500 Ein-
wohner, was laut Schreiber (a. a. O., S. 159) 1 700 Wahl-
berechtigten entspreche. Bei 1 921 eingesetzten NEDAP-
Geräten und einer Wahlbeteiligung von 77,7 Prozent Wahl-
beteiligung seien maximal ca. 2,5 Millionen Wählerstimmen
betroffen. Da die Geräte in 39 verschiedenen Wahlkreisen
eingesetzt worden seien, seien die Abgeordneten dort direkt
entweder ganz oder teilweise in rechtswidriger Weise ge-
wählt worden. Die Zahl der über Liste gewählten Abge-
ordneten könne „im maximalen Grenzfalle“ noch einmal
39 Abgeordnete betragen. Es lasse sich somit der „Trend-
Korridor“ der unrechtmäßig zustande gekommenen Ab-
geordneten-Zahlen abschätzen: „von denkbar Null bis zu
maximal 2 × 39 = 78“.

IV.

Zu dem Vortrag des Einspruchsführers hat das Bundesminis-
terium des Innern (BMI) unter Einbeziehung der Physika-
lisch-Technischen Bundesanstalt und des Bundeswahlleiters
– ebenso wie zu weiteren Einsprüchen, die sich auf das
Thema der elektronischen Wahlgeräte beziehen – mit Schrei-
ben vom 3. Mai 2006 Stellung genommen.

Danach sei der vorliegende Einspruch zurückzuweisen. Die
Wahlgeräte seien insbesondere hinreichend manipulations-
sicher und auch ein Papierprotokoll erhöhe die Manipula-
tionssicherheit nicht. Auch eine Verletzung des Öffentlich-
keitsgrundsatzes habe nicht vorgelegen. Selbst wenn man
Wahlfehler annehmen würde, seien sie nicht mandatsrele-
vant.

Zum besseren Verständnis der technischen Seite der Ein-
sprüche werden in der Stellungnahme zunächst allgemein
der weitere Ablauf der Wahl mit Wahlgeräten (Nummer 1)
sowie die Prüfung durch die Physikalisch-Technische Bun-
desanstalt beschrieben (Nummer 2). Sodann folgt die Stel-
lungnahme zu den vom Einspruchsführer gerügten Aspekten
der Wahl mit Wahlgeräten (Nummer 3 bis 5).

1. Ablauf der Wahl mit Wahlgeräten

Einige Wochen vor der Wahl, wenn aufgrund der Entschei-
dung der Wahlausschüsse die Kreiswahlvorschläge und Lan-
deslisten der Parteien und damit der Inhalt der Stimmzettel
feststehen würden, programmiere die Gemeindebehörde für
jedes Wahlgerät ein Speichermodul mit den Daten der
Stimmzettel und den anderen konkreten Angaben der Wahl.
Mit den gleichen Daten werde ein Geräte-Stimmzettel be-
druckt. Der Geräte-Stimmzettel werde von der Gemeinde-
behörde auf dem Tastentableau des Wahlgeräts angebracht.

das Wahlgerät prinzipiell für eine Wahl einsetzbar. Nach dem
Einstecken des programmierten Speichermoduls erfolge ein
Funktionstest des Wahlgeräts durch die Gemeindebehörde.
Dabei werde unter anderem kontrolliert, ob das Wahlgerät
und sein Softwareprogramm sich korrekt identifizierten, ob
alle Tasten richtig programmiert seien und ob sich keine
Stimmen im Speichermodul befänden. Bei neueren Bauarten
werde außerdem die Unversehrtheit der Versiegelung, die
vom Hersteller an der Elektronikeinheit angebracht worden
sei, kontrolliert. Sei der Funktionstest erfolgreich, werde das
Gerät verschlossen und im verschlossenen Zustand amtlich
versiegelt.

Am Wahltag kontrolliere der Wahlvorstand die Unversehrt-
heit der amtlichen Siegel, erbreche sie, baue das Wahlgerät
auf und schalte es ein. Der Wahlvorstand kontrolliere die
Identifikation des Wahlgeräts und seines Softwarepro-
gramms, das Wahldatum und den Wahlbezirk bzw. -kreis
und die Anzeige „0“ für die Zahl der abgegebenen Wähler-
stimmen. Die durchzuführenden Kontrollen seien detailliert
im Handbuch sowie überblicksartig in der Kurzanleitung für
die Wahlvorstände beschrieben. Der Wahlvorstand stelle das
Wahlgerät mit Hilfe eines Schlüssels auf den Betriebs-
zustand „Wählen“ ein und verriegele diesen Betriebszustand
durch einen zweiten Schlüssel. Die beiden Schlüssel würden
während des Wahltages bei zwei verschiedenen Mitgliedern
des Wahlvorstands aufbewahrt. Der Wahlvorstand gebe das
Wahlgerät frei und die einzelnen Wähler gäben ihre Stimmen
ab. Am Ende des Wahltages entriegele der Wahlvorstand mit
Hilfe der beiden Schlüssel den Betriebszustand „Wählen“
und stelle den Betriebszustand „Wahlauswertung“ ein.

Zur Feststellung der Zahl der Wähler würden die Zahl der
Stimmabgabevermerke und der eingenommenen Wahl-
scheine mit den vom Wahlgerät angezeigten Zahlen der
Stimmabgaben verglichen und in der Wahlniederschrift ver-
merkt. Der Wahlvorstand wähle nun am Wahlgerät die Funk-
tion „Wahlauswertung per Drucker“ und gewinne so das
vom Wahlgerät errechnete Ergebnis. In dem Moment, in dem
dieses Ergebnis ausgedruckt werde, könnten keine weiteren
Stimmen mehr hinzugefügt werden.

Der Ausdruck des Wahlergebnisses werde in die Wahlnie-
derschrift aufgenommen. Der Wahlvorsteher stelle die Zahl
der insgesamt abgegebenen Erst- und Zweitstimmen und der
für jeden Bewerber und jede Liste abgegebenen Stimmen
fest und kontrolliere, ob die Summe der einzelnen Ergeb-
nisse mit der Zahl der insgesamt abgegebenen Stimmen
übereinstimme. Sollte der Drucker defekt sein, könne entwe-
der das Wahlergebnis am Display angezeigt und von dort in
die Wahlunterlagen übertragen werden oder das Speicher-
modul mit den Stimmen werde in ein anderes Wahlgerät ein-
gesteckt und mit diesem werde der Ergebnisausdruck ange-
fertigt. Der Wahlvorstand entferne das Speichermodul mit
den Stimmen und übergebe es verpackt und versiegelt der
Gemeindebehörde. Das Wahlgerät werde ebenfalls ver-
schlossen und zurücktransportiert.

Die Speichermodule könnten jederzeit nach Ablauf des
Wahltages erneut in ein Wahlgerät eingesteckt werden, um
das Ergebnis noch einmal (bzw. beliebig oft) zu gewinnen.
Darüber hinaus könnten die Speichermodule im Rahmen
einer Wahlprüfung ausgelesen werden. Dabei könne fest-
Das programmierte Speichermodul werde auf der Rückseite
des Wahlgeräts eingesteckt. Erst mit dem Speichermodul sei

gestellt werden, ob die Stimmen, die vierfach redundant ge-
speichert würden, Defekte aufwiesen. Das Speichermodul

Drucksache 16/3600 – 30 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 30 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

enthalte, ebenso wie ein Stimmzettel, auch Informationen
über Stimmenkoppelungen (Erst- und zugehörige Zweit-
stimme). Über die Anwendungssoftware könnten alle ge-
speicherten Stimmen als Stimmzettel mit den entsprechen-
den Kreuzen ausgedruckt und von Hand nachgezählt wer-
den. Seien alle Einspruchsfristen verstrichen, würden die
Speichermodule nach Freigabe durch den Bundeswahlleiter
komplett gelöscht und könnten mit den Daten der nächsten
Wahl programmiert werden.

Schließlich enthalte auch das Wahlgerät selbst umfangreiche
Diagnosefunktionen und führe mit Hilfe dieser Funktionen
beim Gerätestart, während des laufenden Betriebs sowie vor
und nach der Speicherung von Stimmen Selbsttests durch.

2. Ablauf der Prüfung bei der Physikalisch-Technischen
Bundesanstalt

Bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt werde ein
Mustergerät geprüft. Die Prüfung orientiere sich an der
Bundeswahlgeräteverordnung und der Anlage 1 zu § 2
BWahlGV, den Richtlinien für die Bauart von Wahlgeräten.
Diese schrieben die zu prüfenden Anforderungen vor.

Die Anforderungen gliederten sich in konstruktionstechni-
sche, funktionale und einige ergonomische Anforderungen.
Anforderungen bezüglich der Sicherheit seien implizit eben-
falls enthalten.

Bei der Prüfung würden verschiedene Prüfmethoden ver-
wendet. Anforderungen wie z. B. die, dass das Wahlgerät in
seiner Konstruktion dem Stand der Technik entsprechen
müsse, würden durch Inspektionen der technischen Unter-
lagen und durch Sichtprüfungen am Gerät geprüft. Anforde-
rungen wie z. B. die nach bestimmten Funktionen oder Ab-
läufen würden durch Funktionstests am Wahlgerät geprüft.
Dabei würden generell auch Fehlersituationen, Defekte,
falsche Handhabung, Stromausfälle usw. berücksichtigt. An-
forderungen an die Verträglichkeit gegenüber bestimmten
Umwelteinflüssen würden durch Klimakammertests, Vibra-
tions- und Falltests, Messungen der Empfindlichkeit gegen-
über elektromagnetischen Feldern, Stromschwankungen
u. Ä. geprüft. Auch die elektromagnetische Abstrahlung der
Wahlgeräte werde kontrolliert. Parallel zu diesen Prüfungen
erfolgten die gründliche Inspektion des Quellcodes des in
den Wahlgeräten verwendeten Softwareprogramms, dyna-
mische Funktionstests des Softwareprogramms sowie Re-
views der Entwicklungsdokumentation, der Testdokumenta-
tion und der Bedienungsanleitung. Die Softwareprüfung
nehme in der Regel 90 Prozent des zeitlichen Aufwands der
Baumusterprüfung in der PTB in Anspruch.

Die Baumusterprüfung werde durch eine Arbeitsgruppe der
PTB durchgeführt, die langjährige Erfahrungen mit Wahl-
geräteprüfungen habe und als Softwareprüfstelle akkreditiert
sei. Die Arbeitsgruppe stütze sich bei der Baumusterprüfung
auch auf externe, akkreditierte Prüflaboratorien, z. B. bei
den mechanischen Tests.

An bestimmten Stellen lege die Bundeswahlgeräteverord-
nung ein spezielles Sicherheitsniveau fest, wie z. B. beim
allgemeinen Zuverlässigkeits- und Sicherheitsniveau, bei
der Rückwirkungsfreiheit usw. Wo die BWahlGV keine be-

vergleichbares Sicherheitsniveau gewährleistet werde wie
bei der konventionellen Wahl.

Bei der Prüfung und Bewertung werde als Voraussetzung an-
genommen, dass sich das Wahlgerät am Wahltag permanent
unter der Kontrolle des Wahlvorstandes befinde und dass die
Speichermodule, die die Stimmen enthielten, mit der glei-
chen Sorgfalt behandelt würden wie Stimmzettel und Urnen
bei der konventionellen Wahl.

Die konventionelle Wahl mit den gesetzlich festgelegten Zu-
ständigkeiten und Verantwortlichkeiten der Wahlvorstände
habe sich über eine lange Zeit bewährt. Genau diese Rolle
der Wahlvorstände bleibe beim Einsatz von Wahlgeräten er-
halten.

3. Technische Aspekte des Einspruchs

3.1 Identifikation der Hardware und des Software-
programms

Die Hardware der Wahlgeräte werde über einen Namen und
eine Versionsnummer identifiziert. Der Name befinde sich
auf dem Typenschild an der Vorderseite der Geräte. Name
und Versionsnummer könnten darüber hinaus vom Gerät auf
Anforderung angezeigt und ausgedruckt werden. Sie könn-
ten somit jederzeit mit den Angaben auf der Baugleichheits-
erklärung verglichen werden.

Soweit der Einspruchsführer kritisiert, dass das Software-
programm nicht ausreichend identifizierbar sei und dass die
Identifikation des Softwareprogramms nicht ausreichend ge-
prüft werde, stellt das BMI fest:

Das Softwareprogramm identifiziere sich über eine Ver-
sionsnummer und zwei Prüfsummen. Die Prüfsummen wür-
den durch das Gerät selbst gebildet, indem ein im Software-
programm enthaltener Prüfsummenalgorithmus verwendet
werde. Der Prüfsummenalgorithmus werde im Rahmen der
Baumusterprüfung geprüft. Dabei werde festgestellt, ob der
Algorithmus korrekt arbeite, ob er das gesamte Software-
programm einbeziehe, ob er nicht ausgeschaltet oder umgan-
gen werden könne und ob seine Ergebnisse unverändert an
den Drucker und das Display übergeben würden.

Die Versionsnummer und die beiden Prüfsummen der Soft-
ware könnten jederzeit, auch während des Wahltags und im
Beisein von Wählern, am Gerät angezeigt und ausgedruckt
werden und mit der Baugleichheitserklärung verglichen wer-
den. Das Softwareprogramm sei damit jederzeit identifizier-
bar.

Vor der Verwendung der Geräte fänden zwei Kontrollen der
Softwareidentifikation statt, und zwar durch die Gemeinde-
behörde einige Wochen vor der Wahl und durch die Wahl-
vorstände am Tag der Wahl.

Die Gemeindebehörde komplettiere die Wahlgeräte, indem
die Speichermodule mit den konkreten Angaben zur Wahl
programmiert und in die Wahlgeräte eingesteckt würden.
Die Gemeindebehörde führe anschließend einige Kontrollen
aus. Dabei werde u. a. geprüft, ob die Softwareidentifikation
des Seriengerätes mit der des zugelassenen Baumusters
übereinstimme. Die Softwareidentifikation des Baumusters
werde in der Verwendungsgenehmigung veröffentlicht und
mittels eines Aufklebers auf dem Gerät angebracht.
sonderen Festlegungen treffe, werde bei der Prüfung der
Wahlgeräte ein Maßstab angelegt, mit dem mindestens ein

Nach der Kontrolle der Softwareidentifikation (und weiteren
Prüfungen) würden die Wahlgeräte verschlossen und amtlich

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 31 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 31 – Drucksache 16/3600

gesiegelt. In diesem Zustand verblieben sie bis zum Aufbau
durch den Wahlvorstand am Morgen des Wahltags. Der
Wahlvorstand sei angewiesen, vor dem Aufbau die Unver-
letztheit der Siegel zu überprüfen.

Nach dem Aufbau der Geräte führe der Wahlvorstand eben-
falls eine Kontrolle der Softwareidentifikation durch.

Bei allen Schritten würden nicht nur die Anzeigen kontrol-
liert, sondern auch Ausdrucke angefertigt, die für nachträg-
liche Überprüfungen zur Verfügung stünden.

Die Prüfungen der Softwareidentifikation durch die Gemein-
debehörde und durch den Wahlvorstand seien in der Bedie-
nungsanleitung der Wahlgeräte vorgeschrieben. Die Bedie-
nungsanleitung sei Bestandteil der Bauart, sie sei ebenfalls
durch die PTB geprüft worden und stelle eine verbindliche
Vorschrift für die Handhabung der Wahlgeräte dar.

3.2 Authentifizierung des Softwareprogramms

Zur Vermutung des Einspruchsführers, dass es möglich sei,
die Eproms mit dem Softwareprogramm zu ändern oder aus-
zutauschen, ohne dass dies bemerkt werde, wird wie folgt
Stellung genommen:

Die Frage sei, ob die in den Seriengeräten befindlichen
Eproms tatsächlich Kopien der bei der Baumusterprüfung
geprüften Eproms seien, ob also das Softwareprogramm auf
den Eproms der Seriengeräte authentisch (echt) sei.

3.2.1 Prüfsummen und andere informationstechnische
Mittel

Die durch das Wahlgerät angezeigten oder ausgedruckten
Prüfsummen seien nicht dazu geeignet und deshalb auch
nicht dafür vorgesehen, die Authentizität des Softwarepro-
gramms zu sichern. Es sei theoretisch möglich, Eproms zu
schaffen, die ein verändertes Softwareprogramm enthielten
und trotzdem auf Nachfrage die ursprünglichen, erwarteten
Prüfsummen lieferten, indem neben dem Softwareprogramm
auch der Prüfsummenalgorithmus manipuliert werde. Die
Prüfsummen dienten deshalb allein der Identifikation, nicht
der Authentifizierung. Sie schützten vor unabsichtlichen
Veränderungen, aber nur beschränkt vor beabsichtigten Ma-
nipulationen.

Würden die bisher verwendeten Prüfsummen durch andere
informationstechnische Verfahren ersetzt, dann ändere sich
an dieser Situation grundsätzlich nichts. Solange für die Er-
zeugung und Anzeige dieser Werte ein Algorithmus verwen-
det werde, der Bestandteil des Wahlgerätes ist, könne zusam-
men mit dem Softwareprogramm auch der Algorithmus ma-
nipuliert werden. Er könne so verändert werden, dass der ur-
sprüngliche Wert vorgespiegelt werde. Alle Werte, die durch
Bauteile oder Softwareprogramme des (eventuell manipu-
lierten) Wahlgeräts bereitgestellt werden, seien für eine
Authentifizierung nur beschränkt geeignet bzw. sogar unge-
eignet.

Eine Authentifizierung über solche Verfahren könne nur
vollständig sein, wenn die Eproms bei jedem einzelnen
Seriengerät entnommen und außerhalb des Wahlgeräts mit
unabhängigen Hilfsmitteln geprüft würden. Seien die Werte

Auch bei einer Stückprüfung aller ausgelieferten Eproms
könne es weitere Manipulationsmöglichkeiten geben. So
könne z. B. die Elektronikeinheit so geändert werden, dass
nicht mehr die kontrollierten und als korrekt befundenen
Eproms benutzt werden, sondern neu hinzugefügte, verän-
dert programmierte Eproms.

Bestünden also berechtigte Zweifel daran, dass die vom Her-
steller produzierten Seriengeräte mit dem Baumuster über-
einstimmen, dann müsse eine Stückprüfung aller ausgelie-
ferten Geräte erfolgen, bei denen nicht nur die Baugleichheit
der Eproms, sondern auch die Baugleichheit der Elektronik-
einheit und aller anderen wichtigen Bestandteile der Wahl-
geräte überprüft werden müsse.

Dies wäre grundsätzlich machbar, aber mit erheblichem zu-
sätzlichem Aufwand verbunden.

3.2.2 Zugriffsmöglichkeiten auf das Softwareprogramm

Falls das Softwareprogramm des Wahlgeräts durch ein ma-
nipuliertes ersetzt werden solle, dann müsse dieses manipu-
lierte Softwareprogramm die Funktionstests vor der Wahl
bestehen. Es müsse sich also größtenteils wie das korrekte
Softwareprogramm verhalten. Außerdem müsse es mit der
Hardware der Wahlgeräte zusammenarbeiten, da sonst Tas-
ten, Displays usw. nicht funktionieren würden. Es erscheine
deshalb unrealistisch, das Softwareprogramm komplett neu
zu schreiben; eher sei eine Modifikation des bestehenden
Softwareprogramms denkbar.

Um das bestehende Softwareprogramm modifizieren zu
können, müsst der Quellcode verfügbar sein. Dieser liege
nur beim Hersteller NEDAP sowie beim Prüflaboratorium in
der PTB vor. Beide Stellen seien durch standardmäßige
Sicherheitsmaßnahmen wie Firewalls, Virenschutz, Rechte-
vergabe und Zugangskontrollen vor dem Eindringen unbe-
fugter Dritter geschützt.

3.2.3 Auswirkungen geänderter oder ausgetauschter
Eproms

Das Wahlgerät einschließlich seines auf den Eproms befind-
lichen Softwareprogramms funktioniere nur als Wahlgerät,
wenn ein korrekt programmiertes Speichermodul einge-
steckt werde. Während das Softwareprogramm den generel-
len Ablauf des Wählens und des Auswertens der Wahl be-
stimme, enthalte das Speichermodul die Daten der Stimm-
zettel und die anderen konkreten Daten der Wahl.

Die Eproms mit dem Softwareprogramm seien durch den
Hersteller produziert, in das Wahlgerät eingebaut und dieses
dann ausgeliefert worden. Die Daten der Stimmzettel und die
anderen konkreten Wahldaten stünden erst einige Wochen
vor dem Wahltermin fest und werden erst dann unabhängig
vom Hersteller von der Gemeindebehörde in die Speicher-
module einprogrammiert.

Würden nun die Eproms beim Hersteller oder nach der Aus-
lieferung manipuliert, dann seien nur Manipulationen ohne
genaue Kenntnis der Tastenbelegung und der Nummerierung
von Bewerbern möglich. Es sei zum Beispiel nur möglich,
das Softwareprogramm so zu ändern, dass der Bewerber 3
einen Teil der Stimmen des Bewerbers 4 bekommt oder dass
Stimmen mit einem festen Verhältnis auf die Listen der Par-
unabhängig ermittelt worden, könnten sie mit den Werten
des Baumusters verglichen werden.

teien 7 und 8 aufgeteilt werden. Welche Bewerber sich am
Wahltag unter den Nummern 3 und 4 verbergen oder welche

Drucksache 16/3600 – 32 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 32 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Listen am Wahltag die Nummern 7 und 8 haben werden, sei
bis einige Wochen vor der Wahl in der Regel nicht bekannt.
Die Belegung der Tasten ändere sich außerdem von Wahl zu
Wahl. Manipulationen müssten also in der Regel „blind“ er-
folgen und würden sich dann auf alle Wahlen in gleicher Art
und Weise auswirken.

Gezielte Manipulationsversuche seien damit in der Regel
schwierig, solange sie sich auf die Manipulation der Eproms
beschränken. Sie seien nur sinnvoll, wenn die Manipulation
auch die gefüllten Speichermodule mit den Daten für eine
bestimmte Wahl umfasse. Sobald diese aber vorliegen, ein-
gesteckt und überprüft worden seien, seien die Wahlgeräte
verschlossen, amtlich versiegelt und besonders geschützt
aufbewahrt.

Zusammenfassend sei zu sagen, dass die Authentizität des
Softwareprogramms bei den Wahlgeräten durch eine Ge-
samtheit von Gegebenheiten und flankierenden Maßnahmen
gewährleistet werde. Hierzu zähle vor allem die Tatsache,
dass für eine Manipulation der Zugriff auf den Quellcode des
Softwareprogramms und der Zugriff auf die gefüllten Spei-
chermodule nötig seien. Der Zugriff auf den Quellcode
würde strafbare Handlungen, wie ein unbefugtes Eindringen
beim Hersteller oder der PTB voraussetzen. Ein Zugriff auf
die Speichermodule sei erst dann sinnvoll, wenn die Wahlge-
räte bereits auf die Wahlämter verteilt, dort komplettiert und
versiegelt worden seien. Zu diesem Zeitpunkt seien sie aber
besonders geschützt aufbewahrt, so dass ein Zugriff ebenso
unwahrscheinlich erscheine wie ein Zugriff auf die von der
Gemeindebehörde aufbewahrten Stimmzettel.

3.3 Übereinstimmung von Quellcode und Software-
programm

Die Einspruchsführer hätten vermutet, dass der bei der PTB
geprüfte Quellcode nicht mit dem Softwareprogramm über-
einstimmen könne, das in den Wahllokalen zum Einsatz
komme.

Dieses Problem bestehe aus zwei Teilen: a) Gehören der in
der PTB geprüfte Quellcode und das in der PTB als Bestand-
teil des Baumusters geprüfte Softwareprogramm zusam-
men? b) Entsprechen die in den Wahllokalen eingesetzten
Seriengeräte mit ihren Softwareprogrammen dem Baumus-
ter? Problem a) werde im folgenden Ablauf dargestellt, wäh-
rend Problem b) die in Punkt 3.2 bereits behandelte Authen-
tifizierung des eingesetzten Softwareprogramms betreffe.

Der Quellcode werde beim Hersteller der Wahlgeräte durch
die Programmierer geschrieben. Aus ihm gehe durch einen
Übersetzungsvorgang das Softwareprogramm hervor, das
sich auf den Eproms im Inneren des Wahlgeräts befinde. Der
Hersteller sende ein Wahlgerät einschließlich der Eproms
mit dem Softwareprogramm für die Baumusterprüfung bei
der PTB ein. Gleichzeitig reiche er auch den Quellcode ein,
aus dem das Softwareprogramm hervorgegangen sei. Der
Hersteller versichere verbindlich, dass das Softwarepro-
gramm aus genau dem Quellcode hervorgegangen sei, der
zur Prüfung vorgelegt wird. Da die Funktionalität des Wahl-
gerätes sowohl am Baumuster mit dem darin enthaltenen
Softwareprogramm als auch durch eine Inspektion des
Quellcodes geprüft werde, würden Abweichungen zwischen
beiden mit großer Wahrscheinlichkeit während der Prüfung

Als zusätzliche vertrauensbildende Maßnahme würde außer-
dem im Rahmen der ersten Baumusterprüfungen durch die
PTB ein Audit der Softwareentwicklung beim Hersteller
durchgeführt.

3.4 Sicherung der Stimmen im Speichermodul

Der Einspruchsführer habe angeführt, dass die Stimmen im
Speichermodul nicht verschlüsselt abgelegt sind, und ver-
mute, dass diese einfach geändert oder gelöscht werden kön-
nen.

Die Stimmen seien im Speichermodul nur insoweit unver-
schlüsselt abgelegt, als man unter Verschlüsselung die An-
wendung eines kryptografischen Algorithmus verstehe. Sie
seien keineswegs einfach ablesbar im Speichermodul abge-
legt. Um sie zu ändern, sei neben dem Zugriff auf das (ge-
schützt bei den Gemeindebehörden aufbewahrte) Speicher-
modul und ein passendes Programmiergerät auch die Infor-
mation erforderlich, wie die Stimmen im Speichermodul ab-
gelegt werden müssen, damit das Wahlgerät sie beim Zählen
berücksichtigt. Die Stimmen würden außerdem redundant
und mit einigen Sicherungsmaßnahmen abgelegt, so dass sie
bei der Auswertung hinsichtlich ihrer Integrität geprüft wer-
den könnten. Verletzten die manipulierten Stimmen eine der
Integritätsregeln, würden sie nicht gezählt und eine Fehler-
meldung erscheine.

Eine Offenlegung des Quellcodes würde die Integritätsbe-
dingungen allgemein bekannt machen und damit Ansatz-
punkte für Manipulationsversuche bieten.

Einfacher als die gezielte Manipulation einzelner oder aller
Stimmen sei die Löschung von Stimmen, sofern Zugriff auf
die Speichermodule und ein passendes Programmiergerät
bestehe. Um dies zu verhindern, würden die Speichermodule
während der Wahl beaufsichtigt und nach der Wahl genauso
sicher aufbewahrt wie ausgefüllte Stimmzettel.

3.5 Sicherheitsmängel der Auswertecomputer

Der Einspruchsführer habe auf die zahlreichen Probleme, die
in Irland mit den PCs und der speziellen Software aufgetre-
ten seien, die für die Wahlauswertung verwendet worden
seien, verwiesen.

Das irische Wahlsystem lege fest, dass die Inhalte mehrerer
Wahlurnen vor der Auszählung gemischt werden müssten.
Damit sei es in Irland erforderlich, die Speichermodule meh-
rerer Wahlgeräte an einer zentralen Stelle zusammenzufüh-
ren und (in einer Datenbank auf einem PC) zu mischen, be-
vor die Wahlauswertung stattfinden darf. Das Ergebnis
werde also mit Hilfe eines PCs und darauf befindlicher spe-
zieller Software gewonnen.

Diese Situation bestehe in Deutschland nicht. In jedem
Wahllokal stelle der Wahlvorstand mit Hilfe des Wahlgeräts
am Ende des Wahltages das Wahlergebnis des Wahlbezirkes
fest.

Die Wiederholung der Wahlauswertung in der Gemeinde-
behörde sei demgegenüber keine Feststellung des amtlichen
Endergebnisses.

Im Wahlamt würden in der Regel die Speichermodule aus
den einzelnen Wahllokalen noch einmal gelesen, die Ergeb-
entdeckt werden. Zu solchen Abweichungen sei es bisher
nicht gekommen.

nisse auf einem PC gesammelt und dann addiert. Stattdessen
oder parallel dazu könnten jedoch auch die von den Wahl-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 33 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 33 – Drucksache 16/3600

vorständen ermittelten Ergebnisse aus den Wahllokalen ver-
wendet und diese manuell oder mit einem Taschenrechner
addiert werden.

Die in Irland für die Umrechnung der Stimmen in Sitze ver-
wendete und ebenfalls von der irischen Kommission kriti-
sierte spezielle Software sei nur für so genannte STV-Wah-
len (Single Transferable Vote Elections) geeignet, die in
Deutschland keine Verwendung fänden.

Da das in den Wahlämtern zum Addieren verwendete Ver-
fahren und demzufolge auch die dafür verwendeten PCs und
ihre spezielle Software für die Gewinnung des amtlichen
Endergebnisses nicht relevant seien, unterlägen sie keinen
speziellen Anforderungen. Sie seien nicht Bestandteil der
Bauart und würden nicht geprüft.

3.6 Fehlen eines verifizierbaren Protokolls

Zur Kritik des Einspruchsführers, dass die Verwendung von
Wahlgeräten ohne (Papier-)Protokollfunktion dazu führe,
dass eine Auszählung nicht überprüfbar sei, wird wie folgt
Stellung genommen:

Ein denkbares, bei Geräten der Firma NEDAP aber nicht er-
stelltes, Papierprotokoll (auch engl. Voter Verifiable Paper
Audit Trail [VVPAT] genannt) werde durch das Wahlgerät
vor der endgültigen Stimmabgabe ausgedruckt, dem Wähler
hinter Glas präsentiert und nach der Bestätigung durch den
Wähler und damit endgültiger Stimmabgabe in eine ange-
schlossene Urne geworfen.

Die Verwendung von VVPATs habe Vor- und Nachteile und
sei in der Fachwelt nicht unumstritten. Insbesondere sei
durch die Verwendung eines VVPAT keine unabhängige Ve-
rifikation möglich. So könne der VVPAT, wie jedes Papier-
produkt, manipuliert werden. Es gebe ungezählte Möglich-
keiten, professionell aussehende Drucksachen herzustellen.
Für das zusätzlich erforderliche Zerstören oder Austauschen
von Stimmzetteln seien keinerlei besondere Fähigkeiten nö-
tig. Im Gegensatz dazu erfordere das Manipulieren elektro-
nischer Daten spezielle Kenntnisse. Aus diesen Gründen sei
der VVPAT grundsätzlich unzuverlässiger als die elektro-
nischen Daten. Der VVPAT sei auch nicht unabhängig. Er
könne nicht das mangelnde Vertrauen in die Funktionsfähig-
keit des Wahlgeräts ersetzen, da er vom Wahlgerät erzeugt
werde. Nachdem der Wähler die Wahlkabine verlassen habe,
könne das Wahlgerät z. B. den gerade erzeugten VVPAT als
ungültig markieren und einen neuen drucken. Dies könne
zwar mit Tests entdeckt werden. Der VVPAT solle aber ge-
rade deswegen verwendet werden, weil den Tests des Wahl-
geräts kein Vertrauen entgegengebracht werde. Werde der
VVPAT um verschlüsselte Merkmale ergänzt, um das Einfü-
gen zusätzlicher Papierquittungen oder das Ersetzen von Pa-
pierquittungen zu verhindern, dann könne er wiederum nicht
mehr durch den Wähler überprüft werden. Der Wähler sei
dann nicht mehr in der Lage zu entscheiden, ob der ihm prä-
sentierte VVPAT korrekt markiert worden sei und später mit-
gezählt werde. Weiter sei für die Realisierung ein Drucker
nötig, der nicht nur ausfallen könne, sondern während des
Wahltages auch kleinere Probleme wie Papierstau, auslau-
fende Tinte usw. verursachen könne. Zudem sei es bei Wah-
len mit vielen Stimmen möglich, dass der Wähler seine Aus-
wahl teilweise vergesse und fälschlicherweise annehme,

einer überflüssigen Nachzählung führen. Schließlich sei es
sehr schwierig, VVPATs so zu gestalten, dass auch behin-
derte Wähler mit ihnen zurecht kämen. So könnten z. B.
Sehschwache wieder auf Hilfe angewiesen sein, um ihren
VVPAT zu kontrollieren. Abschließend verweist das BMI
auf eine kleine Studie des Massachusetts Institute of Tech-
nology, eines der renommiertesten Technologie-Forschungs-
institute der USA, die ergeben habe, dass der größte Teil der
Testwähler den VVPAT ungelesen bestätige oder, wenn er
ihn gelesen und als fehlerhaft empfunden habe, trotzdem be-
stätige (in der Annahme, dass das Papier nicht lügen könne).

Das VVPAT könne allerdings u. U. auch Vorteile haben. Bis-
her fehlten jedoch praktische Erfahrungen mit diesem Hilfs-
mittel. In den nächsten Jahren stünden mehrere Wahlen im
Ausland mit VVPAT bevor, die wissenschaftlich untersucht
werden sollten. Die PTB werde die weitere Entwicklung auf
diesem Gebiet beobachten. Derzeit spreche nichts dafür,
dass ein VVPAT die ohnehin schon hohe Sicherheit der
Wahlgeräte noch erhöhen würde. Ein generelles Misstrauen
der Bevölkerung in die Sicherheit der Wahlgeräte sei eben-
falls nicht ersichtlich, so dass auch dieser Aspekt nicht die
Einführung des VVPAT angeraten erscheinen lasse.

4. Rechtliche Aspekte des Einspruchs

4.1 Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes

Eine Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes liege nicht
vor.

Das Öffentlichkeitsprinzip werde nach herrschender Auffas-
sung aus dem Demokratieprinzip im Sinne von Artikel 20
Abs. 1 GG abgeleitet (Schreiber, Kommentar zum BWG,
7. Auflage, 2002, § 10 Rn. 1; Karpen, Elektronische Wah-
len? Einige verfassungsrechtliche Fragen, 2005, S. 31). Die
Öffentlichkeit der Wahl sei eine Grundvoraussetzung für eine
demokratische politische Willensbildung. Die Öffentlichkeit
übe gegenüber den Wahlorganen eine Kontrollfunktion aus;
geheime Auszählungen oder Beratungen seien daher unzu-
lässig. Das Öffentlichkeitsprinzip diene damit dem Schutz
vor Wahlfälschungen und dem Vertrauen der Bürger in
manipulationsfreie Wahlen (Verfassungsgerichtshof Nord-
rhein-Westfalen, NVwZ 1991, S. 1175, 1179; Oberverwal-
tungsgericht Koblenz NVwZ 1991, 598, 600).

Einfachrechtlich sei das Öffentlichkeitsprinzip in den §§ 10,
31 des Bundeswahlgesetzes und § 54 BWO geregelt. Gemäß
§ 10 BWG finde die Verhandlung, Beratung und Entschei-
dung der Wahlausschüsse und Wahlvorstände in öffentlicher
Sitzung statt. Der gesamte Willensbildungs- und Entschei-
dungsprozess, der zu der Feststellung des Ergebnisses für
den Wahlbezirk führt, müsse im Lichte der Öffentlichkeit ge-
schehen. § 54 BWO konkretisiere dies dahingehend, dass
während der Wahlhandlung und der Ergebnisermittlung je-
dermann Zutritt zu den Wahlräumen habe, soweit dies ohne
Störung des Wahlgeschäfts möglich sei.

Allerdings sei das Öffentlichkeitsprinzip nicht grenzenlos
gewährleistet. Ebenso wenig wie die in Artikel 38 Abs. 1 GG
ausdrücklich geregelten Wahlrechtsgrundsätze könne es in
voller Reinheit verwirklicht werden. Das Ziel der Wahl, in
kurzer Zeit eine handlungsfähige Volksvertretung zu bilden,
stehe mit dem Öffentlichkeitsgrundsatz in Konflikt. Insofern
dass der VVPAT nicht korrekt sei. Dies erhöhe unberechtig-
terweise die Zweifel gegenüber dem Wahlgerät und könne zu

gelte für die herkömmliche Urnen- und Briefwahl dasselbe
wie für die Wahl an elektronischen Wahlgeräten. Auch dort

Drucksache 16/3600 – 34 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 34 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

werde das Öffentlichkeitsprinzip nicht in letzter Konsequenz
verwirklicht.

4.2 Öffentlichkeit der Stimmabgabe

Der Einspruchsführer habe bemängelt, dass bei der Wahl mit
Wahlgeräten die Stimmabgabe nicht öffentlich sei.

§ 31 Satz 1 BWG bestimme, dass die Wahlhandlung öffent-
lich sei. Die Wahlhandlung umfasse den gesamten Wahlvor-
gang vom Zusammentritt des Wahlvorstandes, dem Betreten
des Wahllokals durch die Wähler, die Überprüfung der Wäh-
ler durch den Wahlvorstand, dem Einwurf des Stimmzettels
in die Urne bis zur Erklärung des Wahlvorstehers, dass die
Wahlhandlung beendet sei. Ausnahmen seien gemäß § 31
Satz 2 BWG lediglich für Personen gestattet, die die Ord-
nung und Ruhe stören. Gemäß § 54 BWO sei der Zutritt der
Wahlräume insoweit gestattet, wie dies ohne Störung des
Wahlgeschäfts möglich sei.

Die Öffentlichkeit der Wahlhandlung diene mehreren Zwe-
cken. Zum einen werde vertreten, dass die öffentliche Wahl
ein wichtiger Integrationsfaktor sei (OVG NW, NVwZ 1991,
S. 1175, 1179). Die Wahl stelle einen symbolisch-rituellen
Akt dar, durch den der Bürger sich öffentlich als Souverän
erfahre (Karpen a. a. O., S. 31). Zum anderen diene die
öffentliche Wahlhandlung der Kontrollierbarkeit der Wahl-
handlung. Die Öffentlichkeit soll überwachen können, dass
nur Wähler, die vom Wahlvorstand daraufhin kontrolliert
worden seien, ob sie tatsächlich im Wählerverzeichnis ein-
getragen gewesen seien, einen (einzigen) Stimmzettel ein-
werfen. Der öffentliche Einwurf des Stimmzettels in die
Wahlurne – im Gegensatz zum geheimen eigentlichen Wahl-
akt – diene aber auch der Kontrolle durch die Wahlvorstände,
dass der Wähler tatsächlich den – und nur diesen einen –
Stimmzettel einwerfe.

Unter Berücksichtigung dieser Ziele sei der Öffentlichkeits-
grundsatz bei der Wahl mit Wahlgeräten nicht verletzt.

Bei der Wahl mit Wahlgeräten erfolge das Betreten des
Wahlraumes durch die Wähler und die Überprüfung der
Wähler durch den Wahlvorstand in gleicher Weise wie bei
der Urnenwahl. Lediglich der Einwurf der Stimme in die
Wahlurne (= Drücken der Taste „Stimmabgabe“) erfolge je-
denfalls bei der Wahl mit NEDAP-Wahlgeräten noch in der
Wahlkabine, da die Kennzeichnung des Stimmzettels und
die Stimmabgabe an einem einzigen Gerät erfolgten. Die
Kontrolle, dass jeder Wähler, der seine Wahlbenachrich-
tigungskarte abgegeben hat, auch tatsächlich – und nur ein-
mal – gewählt habe, kontrolliere der Wahlvorstand durch
Ablesen der Bedieneinheit.

Der Integrationsfaktor der Wahl sei demnach bei der Wahl
mit Wahlgeräten in gleicher Weise gegeben wie bei der Ur-
nenwahl.

Das Ziel der Kontrollierbarkeit der Wahlteilnahme werde bei
der Wahl mit elektronischen Wahlgeräten ebenfalls erreicht:
dass nur berechtigten Wählern der Zugang zur Wahlkabine
gewährt werde, könne die Öffentlichkeit ebenso kontrollie-
ren wie bei der Urnenwahl.

Im Übrigen sei der Öffentlichkeitsgrundsatz auch bei der Ur-
nenwahl und der Briefwahl nicht in voller Reinheit verwirk-
licht. Zum einen regelten § 31 BWG und § 54 BWO, das

dürfe. Das Ziel der Wahl, in kurzer Zeit ein handlungsfähiges
Parlament zu bilden, dürfe durch die Gewährung der Öffent-
lichkeit nicht beeinträchtigt werden. Das Bundeswahlgesetz
messe damit dem Ziel, die Wahl zeitgerecht ablaufen zu las-
sen und das Wahlergebnis in angemessener Zeit zu ermitteln,
eine größere Bedeutung bei als der minutiösen Kontrolle
durch die Öffentlichkeit.

Der Öffentlichkeitsgrundsatz unterliege noch weiteren Ein-
schränkungen: zur Wahrung des informationellen Selbst-
bestimmungsrechts dürften andere Wahlberechtigte oder
Beobachter der Wahl Angaben zur Person anderer Wähler
grundsätzlich nicht zur Kenntnis nehmen. Der Einblick in
das Wählerverzeichnis zu anderen Personen sei daher nur
ausnahmsweise gestattet (§ 17 BWG), und der Wahlvorstand
dürfe grundsätzlich Angaben zur Person des Wählers nur so
verlautbaren, dass sie von anderen im Wahlraum anwesen-
den Personen nicht vernommen werden können (§ 54 Abs. 4
Satz 2 BWO). Damit entfalle weitgehend die Möglichkeit
einer Kontrolle der Wahlberechtigung eines Wählers durch
die Öffentlichkeit. Eine hierauf gerichtete Kontrolle müsse
sich auf die Überprüfung beschränken, ob der Wahlvorstand
die Wahlberechtigung der Wähler überprüft.

Die Öffentlichkeit der Stimmabgabe sei z. B. auch bei der
Briefwahl stark eingeschränkt. Bei dieser Form der Wahl
fehle es gänzlich an dem integrierenden Faktor der Wahl, da
die eigentliche Wahlhandlung in der Privatsphäre und nicht
im öffentlichen Raum stattfinde. Damit entfalle bei der
Briefwahl auch die Kontrollierbarkeit der Wahlhandlung
durch die Öffentlichkeit. Denn die Öffentlichkeit habe natur-
gemäß keinen Einblick, ob z. B. bestimmte Personen von
ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht hätten oder nicht.

4.3 Öffentlichkeit der Stimmenauszählung

Hinsichtlich der Öffentlichkeit der Stimmenauszählung
weist das BMI darauf hin, dass der Ausdruck des vom Wahl-
gerät errechneten Ergebnisses des Wahlbezirks durch den
Wahlvorstand nach Abschluss der Wahlhandlung und die
Übernahme des Ergebnisses in die Wahlniederschrift ohne
weiteres durch die Öffentlichkeit kontrollierbar sei.

Der Wahlvorstand und jeder Wahlbeobachter könnten durch
Kontrolle und Gegenüberstellung der Stimmabgabever-
merke in dem Wählerverzeichnis mit den vom Gerät regist-
rierten gültigen und ungültigen Erst- und Zweitstimmen fest-
stellen, ob das Gerät alle Stimmabgaben erfasst und korrekt
addiert habe. Denn die Zahl der Stimmabgabevermerke im
Wählerverzeichnis müsse identisch sein mit der jeweiligen
Summe von gültigen und ungültigen Erst- bzw. Zweitstim-
men. Beim Wahlgerät könne der Wähler seine Erst- und
Zweitstimme nur korrekt abgeben oder bewusst die Taste un-
gültig drücken. Wenn er – was kaum vorkommen dürfe –
sich zwar zum Wahlgerät begibt, aber dort nicht beide Stim-
men gültig oder ungültig abgebe, sehe der Wahlvorstand an
der Bedieneinheit, dass keine Stimme abgegeben worden
sei, so dass kein Stimmabgabevermerk im Wählerverzeich-
nis eingetragen werden dürfe.

Darüber hinaus werde jede Stimme einzeln im Speichermo-
dul – mehrfach gesichert – gespeichert und könne jederzeit
reproduziert werden. Im Falle eines Speicherfehlers enthalte
das Speichermodul auch hierzu Informationen. Das Spei-
durch die Verwirklichung des Öffentlichkeitsgrundsatzes der
ordnungsgemäße Ablauf der Wahl nicht gestört werden

chermodul enthalte, ebenso wie ein Stimmzettel, auch Infor-
mationen über Stimmenkoppelungen (Erst- und zugehörige

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 35 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 35 – Drucksache 16/3600

Zweitstimme). Über die Anwendungssoftware seien alle ge-
speicherten Stimmen als Stimmzettel mit den entsprechen-
den Kreuzen ausdruckbar und von Hand nachzählbar.

Es fehle allerdings an der körperlichen Erfassbarkeit der ein-
zelnen Stimmen, so dass es an einer für die Allgemeinheit
nachvollziehbaren Summenbildung fehle.

Dies sei jedoch auch nicht erforderlich. Der Schutz vor Ver-
fälschungen des Wahlergebnisses werde durch eine Reihe
anderer Maßnahmen gewährleistet.

Zum einen werde das Wahlgerät vor seiner Zulassung durch
die PTB gründlich daraufhin untersucht, ob es einwandfrei
funktioniere, auch unter widrigen Umständen (kurzfristige
Stromausfälle, falsche Handhabung), ob es dem Stand der
Technik entspreche usw. Im Vorfeld der Wahl werde das Ge-
rät durch die Gemeindebehörde, die das Speichermodul pro-
grammiert, einer umfassenden Prüfung unterzogen. Auch
der Wahlvorstand habe beim und nach dem Aufbau des Ge-
räts umfangreiche Funktionskontrollen durchzuführen, die
öffentlich erfolgten.

Der Ausdruck des Ergebnisses des jeweiligen Wahlbezirks
finde in dem Wahllokal statt. Durch die dezentrale Ergebnis-
gewinnung entfalle die Möglichkeit einer Manipulation an
dem Speichermodul während des Transports des Wahlgeräts
oder während der Auslesung in einem zentralen Wahlamt.
Die dezentrale Ergebnisgewinnung gewährleiste auch, dass
Manipulationen Einzelner allenfalls auf das Wahlergebnis
im jeweiligen Wahlbezirk Auswirkungen haben könnten.

Durch diese umfangreichen gesetzlichen Vorkehrungen
werde bei der Wahl mit Wahlgeräten eine mindestens eben-
solche Zuverlässigkeit des Ergebnisses erreicht wie bei der
Urnenwahl.

Bei der Prüfung einer etwaigen Verletzung des Öffentlich-
keitsgrundsatzes bei der Wahl mit Wahlgeräten sei wiederum
ein Vergleich mit der Verwirklichung des Öffentlichkeits-
grundsatzes bei der Urnenwahl anzustellen.

Auch bei der Urnenwahl sei der Öffentlichkeitsgrundsatz
nicht in letzter Konsequenz verwirklicht. Wahlbeobachtern
sei nur eine eingeschränkte Kontrolle der Wahl möglich, die
sich auf das beschränke, was ein einzelner Beobachter erfas-
sen könne, ohne den Ablauf der Auszählung zu stören. Auch
für die Öffentlichkeit bei der Auszählung der Stimmen und
Beratung durch die Wahlvorstände gelte, dass dieser Grund-
satz mit dem Ziel, zügig ein funktionsfähiges Parlament zu
bilden, in Einklang gebracht werden müsse.

Es sei auch nicht erforderlich, den Öffentlichkeitsgrundsatz
bei der Auszählung der Stimmen stärker zur Geltung zu brin-
gen. Denn dem Ziel, das Vertrauen der Bevölkerung in
manipulationsfreie Wahlen zu stärken, dienten noch weitere
Vorkehrungen im Bundeswahlgesetz und in der Bundes-
wahlordnung. Bei der Auszählung gelte durchgängig ein
Mehr-Augen-Prinzip, so dass die Ergebnisse der Wahl je-
weils von mehreren Mitgliedern des Wahlvorstands kontrol-
liert würden (§ 69 BWO). Die Stimmzettel seien für eine ge-
wisse Zeit aufzubewahren, so dass eine Nachzählung mög-
lich sei (§ 73 BWO). Die Auszählung der Stimmen finde,
wie auch bei der Ergebnisgewinnung bei der Wahl mit Wahl-
geräten, dezentral im Wahllokal statt; dadurch entfalle die

sich die Auswirkungen von Manipulationen auf das Wahl-
ergebnis im jeweiligen Wahlbezirk.

Bei der Verhinderung von Unregelmäßigkeiten bei der Wahl
sei die öffentliche Kontrolle nur ein – wenn auch wichtiger –
Faktor unter vielen. Keine Maßnahme könne für sich ge-
nommen Manipulationen oder unbeabsichtigte Verfälschun-
gen des Wahlergebnisses verhindern. Sämtliche Maßnahmen
gemeinsam gewährleisten jedoch einen weitestgehenden
Schutz der Wahl vor Wahlfälschungen.

4.4. Vorverlagerung der Öffentlichkeit durch öffentliche
Prüfung des Geräts/Veröffentlichung des Prüfergeb-
nisses

Da der Öffentlichkeitsgrundsatz bei der Wahlhandlung und
dem Wahlgeschäft nicht verletzt sei, sei eine „Vorverlage-
rung“ der Öffentlichkeit in der Weise, dass die Öffentlichkeit
Einblick in die Prüfergebnisse der PTB oder den Quellcode
des Wahlgeräts nehmen müsse, nicht erforderlich. Aber
selbst wenn man davon ausginge, dass es bei der Wahl mit
Wahlgeräten ein Öffentlichkeitsdefizit gäbe, könnte dieses
durch eine Veröffentlichung des Quellcodes nicht behoben
werden.

Wie oben dargestellt, gelte der Grundsatz der Öffentlichkeit
nicht schrankenlos. Dem demokratischen Staat des Grund-
gesetzes sei zwar die Öffentlichkeit wesenseigen. Die grund-
sätzliche Öffentlichkeit schließe jedoch notwendige Geheim-
haltung nicht aus (Sachs, Kommentar zum GG, 3. Auflage,
Artikel 20 Rn. 18; instruktiv Jestaedt, AöR 126 [2001],
S. 205 ff.). Sie sei unter anderem dort gesetzlich beschränkt,
wo es um Rechte Dritter gehe. So dürfe der Staat um der
Öffentlichkeit willen weder die Individualsphäre des Einzel-
nen noch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse verletzen. Der
Vorrang des Schutzes von privaten sowie Geschäftsdaten vor
dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit werde in vielen
Vorschriften deutlich: so sei, wie oben dargestellt, die grund-
sätzliche Öffentlichkeit des gesamten Wahlgeschäfts und der
Wahlvorbereitung insoweit eingeschränkt, als Einsicht-
nahme in das Wählerverzeichnis nur bezüglich der eigenen
Daten möglich sei; die Kenntnis von Daten fremder Personen
sei nur ausnahmsweise zulässig (§§ 17 BWG, 56 Abs. 4
Satz 4 BWO). Die für Gerichtsverhandlungen grundsätzlich
vorgeschriebene Öffentlichkeit könne zum Schutz von
privaten oder Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen ausge-
schlossen werden (§ 172 Nr. 2 und 3 GVG, § 52 ArbGG,
§ 55 VwGO). Das gemäß Artikel 42 Abs. 1 Satz 1 GG
grundsätzlich öffentlich tagende Plenum des Deutschen Bun-
destages könne mit Zweidrittelmehrheit die Öffentlichkeit
ausschließen (Satz 2). Ein solcher Ausschluss der Öffent-
lichkeit komme namentlich bei nach der Geheimschutz-
ordnung geheimhaltungsbedürftigen Angelegenheiten in
Betracht (Schmidt-Bleibtreu/Klein-Kretschmer, Kommentar
zum GG, 10. Auflage, Artikel 42 Rn. 7). Zu den geheimhal-
tungsbedürftigen Angelegenheiten zählen auch Geschäfts-
und Betriebsgeheimnisse (§ 2a GeheimschutzO BT).

Die grundsätzliche Öffentlichkeit der Wahlvorbereitung und
des Wahlgeschäfts könne mithin aus Gründen des Schutzes
privater Daten oder von Betriebs- und Geschäftsgeheimnis-
sen eingeschränkt werden. Ebenso wenig wie der Öffentlich-
keitsgrundsatz uneingeschränkt die Einsichtnahme in private
Möglichkeit von Manipulationen an der Urne während des
Transports. Durch die dezentrale Auszählung beschränkten

Daten anderer Personen im Wählerverzeichnis rechtfertigen
könne, könne die Einsichtnahme in die Konstruktionsunter-

Drucksache 16/3600 – 36 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 36 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

lagen und den Quellcode der Wahlgeräte der Firma NEDAP
verlangt werden.

Der Schutz der Betriebsgeheimnisse der Firma NEDAP
müsse dem Interesse der Öffentlichkeit an der Offenlegung
dieser Geheimnisse auch insbesondere deshalb vorgehen,
weil die Geheimhaltung der Betriebsgeheimnisse zusammen
mit anderen Faktoren zur Sicherheit des Wahlgeräts und
damit der Wahl beitrage. Die Bauartzulassung sowie die
Prüfungen der Wahlgeräte vor ihrer Zulassung durch die
PTB sowie die abschließende Prüfung durch die Gemeinden
ersetzen insoweit zulässigerweise die Kontrolle durch die
Öffentlichkeit.

5. Mandatsrelevanz

Ein Wahlfehler sei nicht festzustellen. Aber auch wenn von
einem Wahlfehler ausgegangen werde, wäre dieser jeden-
falls nicht mandatsrelevant. Ein Wahlfehler sei nur dann re-
levant, wenn nach den gegebenen Umständen des Falles eine
konkrete Wahrscheinlichkeit bestehe, dass sie auf das Wahl-
ergebnis und damit auf die Sitzverteilung von Einfluss gewe-
sen sein könne. Ein mandatsrelevanter Wahlfehler bei der
Wahl mit Wahlgeräten sei nur dann gegeben, wenn Anhalts-
punkte dafür vorlägen, dass eine alternativ durchgeführte
Urnenwahl zu anderen Wahlergebnissen geführt hätte. Dafür
hätte der Einspruchsführer keinen hinreichenden, konkreten
und greifbaren Anhalt angegeben.

Dem Bundeswahlleiter seien zudem bei der Wahl zum
16. Deutschen Bundestag keine Unregelmäßigkeiten im
Zusammenhang mit der Wahl mit Wahlgeräten bekannt
geworden. Eine Abfrage bei den Länderinnenministerien
habe hierfür ebenfalls keine Anhaltspunkte ergeben. Hin-
weise auf gezielte Manipulationen oder unbeabsichtigte Ver-
änderungen an den eingesetzten Wahlgeräten lägen nicht
vor. Ein entsprechender konkreter Verdacht sei bisher auch
von anderer Seite nicht geäußert worden.

V.

Die Stellungnahme des BMI ist dem Einspruchsführer be-
kannt gegeben worden. Er hat hierauf mitgeteilt, dass er auf
die „weithin merkwürdigen Argumente des BMI“ nicht ein-
gehen könne, ohne die Prüfungsunterlagen der NEDAP-
Wahlgeräte zu kennen. Er beantragt daher die Überlassung
dieser Unterlagen und erklärt, dass er sie nur im Rahmen des
Wahleinspruches nutzen und nicht an Dritte weitergeben
werde. Aufgrund der Verweigerung der Herausgabe der Un-
terlagen habe er den Verdacht, dass der Deutsche Bundestag
seine Funktionen missbrauche und ihn in seinen Grundrech-
ten vorsätzlich verletze. Zudem sei das Wahlprüfungsverfah-
ren nicht rechtsstaatlich, da Artikel 41 GG ein verfassungs-
widriger Verfassungsartikel sei.

Mit Schreiben vom 25. Juli 2006 wurde dem Einspruchsfüh-
rer vom Sekretariat des Wahlprüfungsausschusses mitgeteilt,
dass der Deutsche Bundestag keine Prüfberichte oder sons-
tige Unterlagen der PTB angefordert habe. Da aus diesem
Grunde die Herausgabe nicht möglich sei, wurde der Ein-
spruchsführer aufgefordert, die aus seiner Sicht klärungs-
bedürftigen tatsächlichen und rechtlichen Behauptungen des
BMI zu konkretisieren und mitzuteilen.

Der Einspruchsführer hat mit Schreiben vom 15. August

Frage gestellt. Er beantragt daher, dass der Ausschuss be-
schließe, die BMI-Stellungnahme als ungeeignet zurückzu-
weisen. Weiter soll der Ausschuss u. a. beschließen, dass in
diesem und anderen Anfechtungsverfahren eine mündliche
Anhörung stattfinde und dass bei einer Ablehnung seiner
Anträge jedes Mal eine rechtsförmige Begründung erteilt
werde. Im Übrigen wiederholt der Einspruchsführer in die-
sem Schreiben seine bereits mit seiner ersten Einspruchs-
schrift erhobenen Rügen und in einem weiteren Schreiben
vom 18. November 2006 die Forderung nach Anberaumung
eines Termins zur mündlichen Verhandlung, für die er auch
Anträge zur Vernehmung von Zeugen stellt.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Ein Wahlfehler ist in dem Einsatz elektronischer Wahlgeräte
bei der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag nicht zu erken-
nen.

Die Stimmabgabe mit Wahlgeräten ist nach § 35 BWG
ebenso wie die Stimmabgabe mit Stimmzetteln (§ 34 BWG),
die den Regelfall bildet, und die Briefwahl (§ 36 BWG) ge-
setzlich vorgesehen.

Soweit der Einspruchsführer die Verfassungsmäßigkeit ein-
zelner Vorschriften bezweifelt, müssen nähere Ausführun-
gen zu dieser Frage hier unterbleiben. Nach der ständigen
Praxis des Deutschen Bundestages und des Wahlprüfungs-
ausschusses sehen sich diese nicht berufen, die Verfassungs-
widrigkeit von Wahlrechtsvorschriften unter Einbeziehung
des § 35 BWG oder der BWahlGV festzustellen. Diese Kon-
trolle ist stets dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten
worden (so zuletzt in der laufenden 16. Wahlperiode in der
Zweiten Beschlussempfehlung des Wahlprüfungsausschus-
ses vom 22. Juni 2006 – Bundestagsdrucksache 16/1800,
S. 229 u. a.; vgl. auch BVerfGE 89, 291, 300). Insoweit kann
eine Überprüfung durch den Ausschuss nicht erfolgen. Glei-
ches gilt für die vom Einspruchsführer behauptete Verfas-
sungswidrigkeit des Artikels 41 GG.

Im Übrigen haben bei Wahleinsprüchen gegen die Wahl zum
15. Deutschen Bundestag der Wahlprüfungsausschuss und
der Deutsche Bundestag hinsichtlich der grundsätzlichen
Zulässigkeit des Einsatzes von Wahlgeräten festgestellt, dass
keine Zweifel daran bestehen, dass der Gesetzgeber unter
Wahrung der Wahlrechtsgrundsätze auch die Stimmabgabe
mit Wahlgeräten vorsehen kann. Es gibt danach auch kei-
nen Anlass, die Verfassungskonformität des § 35 BWG zu
hinterfragen. Beim Einsatz von Wahlgeräten wird die Ein-
haltung der Wahlrechtsgrundsätze, insbesondere der Grund-
sätze der freien, gleichen und geheimen Wahl, durch ein
vielschichtiges System von Kontroll- und Informations-
pflichten in gleichem Maße gewährleistet wie bei der Urnen-
wahl (Bundestagsdrucksache 15/1150 vom 6. Juni 2003
[Anlage 19, S. 60 und Anlage 36, S. 116]). Auch in der
2006 die Stellungnahme des BMI hinsichtlich der erforderli-
chen Sachkunde und der intellektuell-rationalen Seriosität in

Kommentarliteratur wird grundsätzlich davon ausgegangen,
dass § 35 Abs. 2 Satz 1 BWG gewährleistet, dass die Wahl-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 37 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 37 – Drucksache 16/3600

gerätewahl hinsichtlich der Wahrung des Wahlgeheimnisses
und des Ausschlusses von Manipulationsmöglichkeiten die
gleichen Sicherungen erfährt wie die Wahl mit Stimmzetteln
(Schreiber, Kommentar zum Bundeswahlgesetz, 7. Auflage,
2002, § 35 Rn. 4). Der Wahlprüfungsausschuss und der
Deutsche Bundestag haben weiter festgestellt, dass bei der
Durchführung der Stimmabgabe mit elektronischen Wahl-
geräten nicht in schematischer Art und Weise darauf geachtet
werden muss, dass jede typischerweise mit Stimmzetteln
verbundene Besonderheit auf die Stimmabgabe mit Wahl-
geräten übertragen wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn
die Stimmabgabe mit Wahlgeräten die Stimmabgabe unter
einem bestimmten Gesichtspunkt vereinfacht (Bundestags-
drucksache 15/1150, Anlage 19, S. 60).

Auch der Einwand, dass die die Wahl mit Wahlgeräten re-
gelnden Vorschriften nicht an elektronische Geräte ange-
passt worden seien, trifft nicht zu. § 1 BWahlGV erwähnt
ausdrücklich die Stimmabgabe mittels „rechnergesteuerter
Geräte“ (vgl. Schreiber, a. a. O., § 35 Anm. 1). Zudem ent-
sprechen die bekannt gemachten Bauartzulassungen für
elektronische Geräte dem § 2 Abs. 5 BWahlGV. Für elek-
tronische Geräte vom Typ NEDAP ist die Zulassung durch
Entscheidung des BMI vom 31. Mai 1999 erfolgt.

Soweit der Einspruchsführer davon ausgeht, dass die
genannten Vorschriften zwar auf elektronische Wahlgeräte
anwendbar seien, aber höherrangigen Anforderungen nicht
genügten, betrifft diese Rüge wiederum die Frage der Ver-
fassungsmäßigkeit von Wahlrechtsvorschriften, auf die der
Wahlprüfungsausschuss nicht näher eingehen kann.

Schließlich begegnet auch die konkrete Ausgestaltung der
Wahl mit Wahlgeräten keinen Bedenken.

So entsprechen die bei der Bundestagswahl 2005 eingesetz-
ten Wahlgeräte der Firma NEDAP den gesetzlichen Vor-
gaben. § 35 BWG regelt i. V. m. der BWahlGV, die das
Bundesministerium des Innern im Einvernehmen mit dem
Bundesministerium für Wirtschaft auf der Grundlage von
§ 35 Abs. 3 BWG erlassen hat (VO vom 3. September 1975,
BGBl. I S. 2459 mit späteren Änderungen, vgl. dazu Schrei-
ber, a. a. O., S. 824), die Voraussetzungen und das Verfahren
der Stimmabgabe mit Wahlgeräten. Somit können anstelle
von Stimmzetteln und Urnen bei einer Wahl auch mecha-
nisch oder elektrisch betriebene einschließlich rechner-
gesteuerter Geräte eingesetzt werden (§ 1 BWahlGV).

Das in § 35 BWG vorgeschriebene Verfahren und die
Zuständigkeiten beim Einsatz von Wahlgeräten der Firma
NEDAP sind bei der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
eingehalten worden. Die gemäß § 35 Abs. 2 Satz 2 BWG
erforderliche Bauartzulassung wurde erteilt und im Bundes-
anzeiger bekannt gegeben. Die Verwendungsgenehmigung
gemäß Absatz 2 Satz 4 und 5 liegt ebenfalls vor.

Anlage 1 der BWahlGV (Richtlinien für die Bauart von
Wahlgeräten, BGBl. I 1999, S. 749, 753) setzt für die
Bauartzulassung voraus, dass die Geräte den dort gestellten
Anforderungen insbesondere an die Identifizierbarkeit, den
technischen Aufbau und die Funktionsweise genügen, was
durch Inspektionen der technischen Unterlagen, Sichtprü-
fungen am Gerät sowie unterschiedliche Funktionstests
nachgewiesen wird. Diesen Anforderungen ist ausweislich

Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes

Ein Verstoß gegen das Öffentlichkeitsprinzip kann in dem
Einsatz der Wahlgeräte nicht gesehen werden.

Einfachrechtlich ist das Öffentlichkeitsprinzip in den §§ 10,
31 BWG und in § 54 BWO verankert. Es ist nicht zu erken-
nen, dass bei der Bundestagswahl 2005 beim Einsatz von
NEDAP-Wahlgeräten gegen die genannten Vorschriften ver-
stoßen worden ist. Gemäß § 10 BWG verhandeln, beraten
und entscheiden die Wahlausschüsse und Wahlvorstände in
öffentlicher Sitzung. § 31 Satz 1 BWG bestimmt: „Die
Wahlhandlung ist öffentlich“. § 54 BWO konkretisiert dies
dahingehend, dass während der Wahlhandlung und der Er-
gebnisermittlung jedermann Zutritt zu den Wahlräumen hat,
soweit dies ohne Störung des Wahlgeschäfts möglich ist.

§ 5 BWahlGV verweist auf die Anwendbarkeit der BWO.
Somit gilt auch bei der Wahl mit Wahlgeräten, dass die
Verhandlungen, Beratungen, Abstimmungen und Entschei-
dungen der Wahlausschüsse und -vorstände für Jedermann
zugänglich sind. Damit findet der gesamte Willensbildungs-
und Entscheidungsprozess, der zu der Feststellung des Er-
gebnisses für den Wahlbezirk führt, im Lichte der Öffent-
lichkeit statt. Auch der öffentliche Zugang zum Wahlraum
ist bei der Wahl mit Wahlgeräten gewährleistet. Schließlich
finden, unter Beachtung des Grundsatzes der Geheimheit der
Wahl, auch die Wahlhandlung (§ 54 BWO) sowie die
Stimmauszählung (§ 67 ff. BWO) beim Einsatz von Wahl-
geräten öffentlich statt. Es existiert daher keine rechtliche
Beschränkung der Öffentlichkeit bei der Wahl mit Wahlgerä-
ten.

Soweit der Einspruchsführer ein über die Erfordernisse der
genannten Normen hinausgehendes Öffentlichkeitsprinzip
behauptet, ist dies nicht zu erkennen. Insbesondere ist nicht
zu sehen, aus welchen Bestimmungen sich dieses ergeben
soll und welchen Inhalt es haben soll. Darüber hinaus wird
auch nicht klar, inwieweit Vorschriften über das Öffentlich-
keitsprinzip bei der Wahl mit Wahlgeräten verletzt worden
sein sollen. Nach Auffassung des Wahlprüfungsausschusses
ist die Einhaltung der geltenden gesetzlichen Bestimmungen
unter Einschluss des Öffentlichkeitsgrundsatzes beim Ein-
satz von Wahlgeräten beachtet worden. Soweit das Öffent-
lichkeitsprinzip, wie vom BMI dargestellt, ebenso wenig wie
die in Artikel 38 Abs. 1 GG ausdrücklich geregelten Wahl-
rechtsgrundsätze in voller Reinheit verwirklicht werden
könne, gilt dies für die herkömmliche Urnenwahl und die
Wahlgerätewahl in gleichem Maße. Zum Öffentlichkeits-
grundsatz gehört jedenfalls nicht, dass jede einzelne Hand-
lung der Einzelkontrolle unterliegt, da sonst bei der her-
kömmlichen Wahl per Stimmzettel der misstrauische Bürger
vor jedem Einwurf eines Wahlzettels bezweifeln könnte,
dass sich in der Urne nicht schon manipulierte Wahlzettel be-
finden.

Auch bei der Briefwahl ist die Öffentlichkeit der Stimm-
abgabe, wie vom BMI zutreffend dargestellt, stark einge-
schränkt. Da die Wahlhandlung in der Privatsphäre und nicht
im öffentlichen Raum stattfindet, fehlt es bei dieser Wahlart
an dem integrierenden Faktor der Wahl. Auch die Kontrol-
lierbarkeit der Wahlhandlung durch die Öffentlichkeit ent-
fällt, da die Öffentlichkeit keinen Einblick hat, ob z. B. be-
der überzeugenden Stellungnahme des BMI und der PTB
voll entsprochen worden.

stimmte Personen von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht
haben oder nicht.

Drucksache 16/3600 – 38 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 38 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bei den NEDAP-Wahlgeräten erfolgt der Wahlablauf grund-
sätzlich in gleicher Weise wie bei der Urnenwahl. Der Wäh-
ler betritt den Wahlraum und wird durch den Wahlvorstand
überprüft, so dass nur berechtigte Wähler den Zugang zur
Wahlkabine erhalten. Lediglich der Einwurf der Stimme in
die Wahlurne geschieht durch Drücken der Taste „Stimm-
abgabe“. Da die Kennzeichnung des Stimmzettels und die
Stimmabgabe an einem einzigen Gerät vorgenommen wer-
den, findet der Akt der Stimmabgabe an diesem Gerät in der
Wahlkabine statt. Für den Wahlvorstand und die Öffentlich-
keit ist dieser Akt dennoch transparent, da nur der Wähler,
der seine Wahlbenachrichtigungskarte abgegeben hat, an
dem Wahlgerät wählen darf. Durch die Technik ist sicher-
gestellt, dass z. B. eine „doppelte Stimmabgabe“ nicht mög-
lich ist.

In der Rechtswirklichkeit steht die konkrete Wahlhandlung
der Stimmabgabe beim Einsatz von Wahlgeräten somit im
Spannungsfeld des Prinzips der geheimen Wahl und des
Öffentlichkeitsgrundsatzes. Vor diesem Hintergrund ist es
hinnehmbar, dass beim Einsatz rechnergesteuerter Wahlge-
räte nicht jeder Teilakt des Stimmenregistrierungsverfahrens
für Jedermann transparent ist. Es gehört zu den Besonderhei-
ten der fortschreitenden Technisierung, dass von der Funk-
tionsfähigkeit der eingesetzten Systeme ausgegangen wird,
wenn sie vor ihrem Einsatz in einem speziellen Verfahren ge-
prüft worden ist. Dies gilt umso mehr, als in allen anderen
Verfahrensschritten die erforderliche Kontrolle stattfindet
und dadurch die erlangten Ergebnisse auf ihre Plausibilität
überprüft werden können.

Es kann also nur darauf ankommen, dass die Öffentlichkeit
die grundsätzliche Möglichkeit hat, sich von der Funktions-
fähigkeit des Wahlverfahrens zu überzeugen. Dem trägt das
Wählen mit Wahlgeräten Rechnung, da der Wähler sich in
einem amtlichen Verfahren befindet. So wird er in einem
öffentlichen Wahllokal vom bestellten Wahlvorstand über
seinen amtlich ausgestellten Wahlschein persönlich identifi-
ziert, das Abgeben seiner Stimme wird am Wahlcomputer in-
dividuell registriert – und kann von ihm korrigiert werden –
und das Wahlergebnis wird unter Berücksichtigung seiner
Wahlentscheidung veröffentlicht. Bei Zweifeln an der Rich-
tigkeit des Verfahrens kann er die Wahl anfechten. Unter Be-
rücksichtigung dieser Erwägungen kann eine Verletzung des
Öffentlichkeitsgrundsatzes bei der Wahl mit Wahlgeräten
nicht festgestellt werden.

Dies gilt umso mehr, als vorliegend im Wahlablauf die Be-
achtung der insoweit spezielleren Vorschriften des § 35
BWG i. V. m. der BWahlGV festzustellen ist. Soweit ein
Vergleich mit den Vorschriften über die herkömmliche Ur-
nenwahl ergibt, dass typischerweise mit Stimmzetteln ver-
bundene Besonderheiten nicht deckungsgleich auf die Stim-
mabgabe mit Wahlgeräten übertragen worden sind, ist darauf
hinzuweisen, dass dies auch nicht gefordert wird (Bundes-
tagsdrucksache 15/1150, Anlage 19, S. 60).

Zudem ist weder festgestellt noch von dem Einspruchsführer
vorgetragen worden, dass ein amtliches Organ durch Miss-
achtung der Vorgaben des § 31 BWG oder des § 54 BWO
einen Wahlfehler begangen hätte. Vielmehr ergibt sich aus
dem Fehlen eines solchen Vorbringens, dass davon ausge-
gangen werden muss, dass die Beachtung des Öffentlich-

Die Öffentlichkeit kann auch den Ausdruck des vom
Wahlgerät errechneten Ergebnisses des Wahlbezirks nach
Beendigung der Wahlhandlung sowie die Übernahme des
Ergebnisses in die Wahlniederschrift und damit die Auszäh-
lung insgesamt kontrollieren. Durch den von § 14 BWahlGV
vorgeschriebenen Abgleich der Stimmabgabevermerke im
Wählerverzeichnis mit den vom Gerät registrierten gültigen
und ungültigen Erst- und Zweitstimmen kann auch kontrol-
liert werden, ob das Wahlgerät alle Stimmabgaben erfasst
und korrekt addiert hat. Zudem können alle gespeicherten
Stimmen als Stimmzettel mit den entsprechenden Kreuzen
ausgedruckt und von Hand nachgezählt werden. Das in § 14
BWahlGV geregelte Verfahren der Stimmenauszählung ist
somit nicht zu beanstanden. Soweit der Einspruchsführer
darüber hinaus bei der Stimmenauszählung durch Wahl-
geräte einen Verstoß gegen das Öffentlichkeitsprinzip sieht,
verkennt er, dass der Wahlprüfungsausschuss nur einen
eventuellen Verstoß gegen diese Spezialnorm feststellen
könnte. Die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit der Vor-
schrift ist, wie erwähnt, dem Bundesverfassungsgericht vor-
behalten.

Die vom Einspruchsführer aufgezählten bloßen Möglichkei-
ten, dass bei der Wahl mit Wahlgeräten Manipulationen vor-
genommen werden können, stehen den tatsächlich feststell-
baren Nachteilen der Urnenwahl gegenüber. So sind die bei
der herkömmlichen Wahl festzustellenden Fehler eines (un-
beabsichtigten) Falsch-Wählens bei der Stimmabgabe oder
eines Falsch-Zählens bei der Stimmauswertung apparativ
nahezu vollständig ausgeschlossen (vgl. dazu Schreiber,
a. a. O., § 35 Rn. 2).

Schließlich ist auch in dem Verfahren der Bauartzulassung
gemäß den §§ 1 bis 3 BWahlGV durch das BMI und die PTB
kein Wahlfehler zu erkennen. Die PTB führt eine „gründ-
liche Inspektion des Quellcodes“ des in den Wahlgeräten
verwendeten Softwareprogramms durch, das durch stan-
dardmäßige Sicherheitsmaßnahmen vor dem Eindringen un-
befugter Dritter geschützt ist. Ein vom Einspruchsführer be-
haupteter Anspruch auf Einblick in diesen Quellcode besteht
nicht. Auch der Grundsatz der Öffentlichkeit kann nicht dazu
führen, unbegrenzt in andere Rechte wie z. B. den Schutz
von privaten Daten oder von Betriebsgeheimnissen einzu-
greifen.

Der Schutz der Betriebsgeheimnisse der Firma NEDAP
überwiegt das Interesse der Öffentlichkeit an der Offen-
legung dieser Geheimnisse, zu denen auch der Quellcode ge-
hört. Insoweit kann die vom Einspruchsführer angebotene
Selbstverpflichtung, mit der er die Nichtweitergabe aller von
der Firma NEDAP übermittelten Daten zusichert, nicht zu
einer abweichenden Beurteilung führen. Die den Ein-
spruchsführer bei Verstoß gegen die Erklärung erwartenden
rechtlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen stehen in
keinem Verhältnis zu dem Schaden, der durch die Kennt-
niserlangung dieser Informationen durch Unbefugte ent-
steht. Insbesondere trägt auch diese Geheimhaltung der Be-
triebsgeheimnisse der Firma NEDAP zur Sicherheit des
Wahlgeräts und damit der Wahl bei. Die Bauartzulassung so-
wie die Prüfungen der Wahlgeräte vor ihrer Zulassung durch
die PTB sowie die abschließende Prüfung durch die Gemein-
keitsgrundsatzes durch den betreffenden Wahlvorstand si-
chergestellt war.

den ersetzen somit in zulässiger Weise die Kontrolle durch
die Öffentlichkeit.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 39 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 39 – Drucksache 16/3600

Mängel der Hardware und Software der Wahlgeräte

Nach überzeugender Darstellung des BMI entspricht die Ge-
räteprüfung den Bestimmungen der BWahlGV, der Anlage 1
zu § 2 BwahlGV und den Richtlinien für die Bauart von
Wahlgeräten (BGBl. I 1999, S. 749, 753). So entsprechen
die Geräte in ihrer Konstruktion dem Stand der Technik, was
durch Inspektionen der technischen Unterlagen, Sichtprü-
fungen am Gerät sowie unterschiedliche Funktionstests
nachgewiesen wird.

Auch der im Juli 2006 veröffentlichte Zweite Bericht der iri-
schen CEV bestätigt, dass die betreffenden Wahlgeräte, also
die Hardware, von „guter Qualität“ und „zuverlässig“ seien.
Die Software sei von angemessener Qualität. Der Einsatz der
NEDAP-Geräte könne somit „vertrauensvoll empfohlen
werden“. Insgesamt gebe es nur „geringfügigen“ (im engl.
Original: minor) Änderungsbedarf. Die an der in Irland
benötigten Spezialsoftware geäußerte Kritik ist für Wahlen
nach deutschem Wahlrecht nicht einschlägig (vgl. zur Kritik
Sietmann, E-Voting: Ja, aber…“, in: c’t 2006, S. 54), da in
Irland die Speichermodule mehrerer Wahlgeräte an einer
zentralen Stelle zusammengeführt und (in einer Datenbank
auf einem PC) gemischt werden müssen, bevor die Wahlaus-
wertung stattfinden darf. Das Ergebnis wird dort also, anders
als in Deutschland, mit Hilfe eines PCs und darauf befindli-
cher spezieller Software gewonnen. Vor diesem Hintergrund
ist auch das Ergebnis der CEV zu sehen, die den Einsatz nur
dieser (in Irland erforderlichen) Software nicht empfehlen
kann. Im Vergleich mit der herkömmlichen Stimmabgabe
kommt die Kommission weiter zu dem Ergebnis, dass dieses
Verfahren in den Bereichen Geheimhaltung und Genauigkeit
der Wahl mit Wahlgeräten, wenn auch teilweise nur unbe-
deutend, überlegen sei, das elektronische Verfahren aber das
Potenzial für größere Genauigkeit innehabe.

Das BMI hat überzeugend dargestellt, dass das im irischen
Wahlsystem geforderte Mischen der Inhalte mehrerer Wahl-
urnen vor der Auszählung nicht mit dem deutschen Wahlsys-
tem vergleichbar ist. Die in Irland für die Umrechnung der
Stimmen in Sitze verwendete spezielle Software findet daher
in Deutschland keine Verwendung, so dass die genannten
Probleme hier auch nicht auftreten können. In Deutschland
stellt der Wahlvorstand mit Hilfe des Wahlgeräts am Ende
des Wahltages das Wahlergebnis des Wahlbezirkes fest. Das
in den Wahlämtern zum Addieren verwendete Verfahren und
demzufolge auch die dafür verwendeten PCs und ihre spe-
zielle Software sind somit, anders als in Irland, für die Ge-
winnung des amtlichen Endergebnisses nicht relevant. Da
bei der ebenfalls möglichen Addition der Ergebnisse mittels
Taschenrechner an diese ebenfalls keine besonderen Anfor-
derungen gestellt werden, unterliegen auch die verwendeten
PCs und die Software keiner Bauartprüfung.

Die NEDAP-Wahlgeräte arbeiten zudem im Offline-Betrieb
und sind somit von externen Beeinflussungen während der
Wahl weitgehend geschützt. Die (Stimm-)Daten werden auf
einem speziellen Datenträger (Stimmenmodul) gespeichert
und auf einem anderen Gerät ausgezählt. Es handelt sich also
um ein weitgehend Hardware-gestütztes System, so dass die
Bauartzulassung als geeignetes Kontrollmoment erscheint.

Soweit der Einspruchsführer rügt, dass die Zulassungsprü-
fung der PTB auf apparattechnische Kriterien beschränkt sei,

beitsgruppe der PTB, die in der Prüfung von Wahlgeräten er-
fahren und als Softwareprüfstelle akkreditiert ist. Die von
der PTB durchgeführte Softwareprüfung nimmt 90 Prozent
des zeitlichen Aufwands der Baumusterprüfung in An-
spruch. Das BMI hat konkret mitgeteilt, dass neben einer
gründlichen Inspektion des Quellcodes „dynamische Funk-
tionstests des Softwareprogramms“ stattfinden. Auch der
aktuelle Bericht der irischen CEV empfiehlt den Einsatz der
Software (von der in Deutschland nicht eingesetzten irischen
Spezial-Software abgesehen) wegen ihrer Zuverlässigkeit.
Die Annahme des Einspruchsführers, dass die Software
nicht ausreichend überprüft werde, ist damit widerlegt.

Zudem wird die Software der Geräte vor der Verwendung
zweimal kontrolliert und die festgestellte Identifikation wird
mittels eines Aufklebers auf dem Gerät versichert. Anschlie-
ßend werden die amtlich gesiegelten Geräte sicher aufbe-
wahrt und vor der Verwendung am Wahltag erneut überprüft.
Bei all diesen Schritten werden Ausdrucke angefertigt, die
für nachträgliche Überprüfungen zur Verfügung stehen.
Schließlich ist die Softwareidentifikation auch in der Bedie-
nungsanleitung der Wahlgeräte vorgeschrieben, die als Be-
standteil der Bauart ebenfalls durch die PTB geprüft worden
ist und eine verbindliche Vorschrift für die Handhabung der
Wahlgeräte darstellt.

Manipulationsgefahren

Das BMI hat festgestellt, dass Manipulationen zwar theore-
tisch möglich, in der Praxis aber kaum vorstellbar sind. So-
lange sie sich allein auf die Eproms beschränken, wäre eine
gezielte Beeinflussung des Wahlaktes nicht möglich, da bis
einige Wochen vor der Wahl aufgrund der sich von Wahl zu
Wahl ändernden Tastenbelegung nicht bekannt ist, welcher
Kandidat mit welcher Taste gewählt wird. In diesem Fall ist
also nur eine Sabotage des Wahlaktes möglich, nicht dage-
gen eine gezielte Manipulation zugunsten eines bestimmten
Kandidaten. Eine Manipulation der Software setzt voraus,
dass der Täter auf den Quellcode des Softwareprogramms
oder auf die gefüllten Speichermodule Zugriff hätte. Da der
Quellcode ebenso wie Speichermodule nach ihrer Komplet-
tierung und Versiegelung gesichert aufbewahrt werden, ist
die Manipulation in dem gleichen Maße möglich oder un-
möglich wie bei den von der Gemeindebehörde aufbewahr-
ten Stimmzetteln bei der Urnenwahl. Jedenfalls aber würde
ein unbefugter Zugriff aufgrund der erbrochenen Siegel und
der nach der Inbetriebnahme des Gerätes erscheinenden Feh-
lermeldung nicht unbemerkt bleiben. In diesem Falle würde
das betreffende Gerät nicht eingesetzt. Theoretisch sind zwar
auch Manipulationen möglich, die direkt beim Hersteller
vorgenommen werden. Neben den vertraglichen Vereinba-
rungen und der entsprechenden schriftlichen Versicherung
der Firma NEDAP bietet aber auch das eingeführte Audit
eine hohe Gewähr für einen Schutz vor internen Eingriffen.

Es ist aber nicht festzustellen und wurde vom Einspruchs-
führer auch nicht vorgetragen, dass bei der Bundestagswahl
2005 entgegen § 7 BWahlGV ein Wahlgerät eingesetzt wor-
den ist, dessen Funktionstüchtigkeit nicht festgestellt wor-
den war.

Dem Bundeswahlleiter sind bei der Wahl zum 16. Deutschen
Bundestag keine Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang
ist diese Annahme durch die Ausführungen des BMI wider-
legt. Die Baumusterprüfung erfolgt danach durch eine Ar-

mit der Wahl mit Wahlgeräten bekannt geworden. Eine Ab-
frage bei den Länderinnenministerien hat nach Auskunft des

Drucksache 16/3600 – 40 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 40 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

BMI vom 3. Mai 2006 hierfür ebenfalls keine Anhaltspunkte
ergeben. Hinweise auf gezielte Manipulationen oder unbeab-
sichtigte Veränderungen an den eingesetzten Wahlgeräten
liegen nicht vor. Ein entsprechender konkreter Verdacht
wurde bisher auch von anderer Seite nicht geäußert.

Auch der Einspruchsführer führt keine konkreten Anhalts-
punkte dafür an, dass in bestimmten Wahlräumen aufgrund
des Einsatzes von Wahlgeräten andere Wahlergebnisse er-
zielt wurden als dies bei einer Urnenwahl der Fall gewesen
wäre. Er hält eine nicht korrekte Arbeitsweise oder Manipu-
lationen der Geräte oder der Software lediglich theoretisch
für möglich. Die generelle Befürchtung, es könne an den Ge-
räten zu Manipulationen kommen, genügt aber nicht für die
Feststellung eines Wahlfehlers. Manipulationen sind, wie
auch bei der herkömmlichen Stimmabgabe per Wahlzettel,
zwar auch hier nicht auszuschließen. Der Einspruchsführer
hat aber über die von ihm mitgeteilten theoretisch-mathema-
tischen Erwägungen hinaus keine überprüfbaren Tatsachen
angegeben, die für eine Manipulation sprechen würden.

Somit ist festzustellen, dass zwar keine der angesprochenen
Sicherungen für sich genommen Manipulationen oder Ver-
fälschungen des Wahlergebnisses verhindern kann. Sämt-
liche Maßnahmen gemeinsam gewährleisten jedoch einen so
weit gehenden Schutz der Wahl vor Wahlfälschungen, dass
von einer insgesamt sehr hohen Manipulationssicherheit
beim Einsatz von Wahlgeräten auszugehen ist.

Dem Einspruchsführer ist zuzustimmen, dass die Speiche-
rung der Stimmen im Speichermodul insoweit unverschlüs-
selt geschieht, als ein kryptografischer Algorithmus nicht an-
gewendet wird. Jedoch sind zur Änderung der abgelegten
Stimmen der Zugriff auf das (geschützt bei den Gemeinde-
behörden aufbewahrte) Speichermodul und ein passendes
Programmiergerät erforderlich sowie die Information, wie
die Stimmen im Speichermodul abgelegt werden müssen,
damit das Wahlgerät sie beim Zählen berücksichtigt. Da die
Stimmen zudem mit einigen Sicherungsmaßnahmen abge-
legt werden, erscheint bei Verletzung einer dieser Maßnah-
men eine Fehlermeldung und die Stimme wird nicht gezählt.
Um einen Zugriff auf die Speichermodule zu verhindern,
werden diese während der Wahl beaufsichtigt und nach der
Wahl genauso sicher aufbewahrt wie ausgefüllte Stimmzet-
tel. Ein Wahlfehler liegt somit nicht vor.

Auch soweit holländischen Hackern im Oktober 2006 der
Manipulationsversuch an einem in den Niederlanden ein-
gesetzten Typ der NEDAP-Wahlgeräte gelungen sein soll
(vgl. die Pressemitteilung der PTB vom 9. Oktober 2006), ist
darauf hinzuweisen, dass dies nicht unter den Bedingungen
einer Bundestagswahl stattgefunden hat. Für die hier vorzu-
nehmende Wahlprüfung ist die Manipulation zudem schon
deshalb unerheblich, weil sie im Oktober 2006 stattgefunden
haben soll und daher keinen Einfluss auf die Bundestags-
wahl 2005 gehabt haben kann. Der Einspruchsführer be-
hauptet auch nicht, dass es bei der Bundestagswahl 2005 zu
einer Manipulation des Softwareprogramms der eingesetz-
ten NEDAP-Geräte gekommen ist.

Ohnehin geht der Deutsche Bundestag davon aus, dass BMI
und PTB entsprechend den Vorgaben der BWahlGV die wei-
tere Entwicklung im Bereich des möglichen Einsatzes von
Wahlgeräten beobachten, um ggf. erkennbar werdenden Ri-

Fehlende Kontrollmöglichkeiten/VVPAT

Entgegen der Auffassung des Einspruchsführers ist auch in
dem Fehlen eines Stimmabgabeprotokolls in Papierform
(VVPAT) kein Wahlfehler zu erkennen.

Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 BWahlGV kann die Bauartzulas-
sung erteilt werden, „wenn das Wahlgerät nach einer (…)
Prüfung durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt
den Richtlinien für die Bauart von Wahlgeräten nach An-
lage 1 entspricht“. Die Zählung der Stimmen ist in § 14 der
BWahlGV geregelt. Es ist festzustellen, dass ein Papier-
protokoll gesetzlich nicht vorgesehen ist und damit keine
Voraussetzung für die Bauartzulassung darstellt.

Die Auszählung geschieht beim Einsatz von Wahlgeräten
vielmehr in der Weise, dass „der Schriftführer die an dem
verwendeten Wahlgerät angezeigten oder ausgedruckten
Zahlen der Reihenfolge nach in die Zählkontrollvermerke
der Wahlniederschrift (einträgt), soweit nicht ein Ausdruck
selbst als Zählkontrollvermerk zu verwenden ist“. Anschlie-
ßend stellt „der Wahlvorsteher (…) durch lautes Ablesen der
einzelnen Anzeigen“ die Zahl der an den Wahlgeräten abge-
gebenen Stimmen fest. Bei der Feststellung werden die ins-
gesamt abgegebenen Erst- bzw. Zweitstimmen, die für jeden
Bewerber bzw. für jede Landesliste abgegebenen Erst- und
Zweitstimmen und die abgegebenen ungültigen Erst- und
Zweitstimmen gesondert festgestellt.

Zudem hat die Verwendung von VVPATs nach überzeugen-
der Darstellung des BMI Vor- und Nachteile und ist in der
Fachwelt keineswegs, wie der Einspruchsführer behauptet,
unumstritten. Insbesondere ist durch die Verwendung eines
VVPAT keine unabhängige Verifikation möglich, da ein
VVPAT, wie jedes andere Papierprodukt auch, manipuliert
werden kann. Er kann auch mangelndes Vertrauen in die
Funktionsfähigkeit des Wahlgeräts nicht ersetzen, da er vom
Wahlgerät selbst erzeugt wird. Daneben kann der erforder-
liche Drucker zusätzliche technische Probleme bereiten. So-
fern eine Manipulation der Software stattfinden soll, ist da-
von auszugehen, dass der potenzielle Täter auch die Prüfaus-
drucke manipuliert, um die Manipulation nicht sofort offen-
kundig werden zu lassen. Es muss also davon ausgegangen
werden, dass gegen jede zusätzliche Sicherung ein neues
Mittel gefunden wird, diese Sicherung zu überwinden. Da
aber das Manipulieren elektronischer Daten spezielle Kennt-
nisse erfordert, ist der Papierausdruck grundsätzlich unzu-
verlässiger als die elektronischen Daten. Der Papierausdruck
(VVPAT) bietet somit keine Garantie für eine zuvor ord-
nungsgemäß erfolgte Stimmabgabe.

Schließlich ist die Kontrolle der abgegebenen Stimmen nach
Auskunft des BMI jederzeit und beliebig oft möglich, indem
die Speichermodule nach Ablauf des Wahltages erneut in ein
Wahlgerät eingesteckt werden. Außerdem können die Spei-
chermodule im Rahmen einer Wahlprüfung ausgelesen wer-
den. Dabei kann festgestellt werden, ob Stimmen Defekte
aufweisen. Schließlich können alle gespeicherten Stimmen
als Stimmzettel mit den entsprechenden Kreuzen ausge-
druckt und von Hand nachgezählt werden.

Vor diesem Hintergrund erscheint es hinnehmbar, dass der
Vorgang der Abgabe und Zählung der Stimmen aufgrund des
Einsatzes der Elektronik nicht für jeden Bürger vollständig
siken für eine ordnungsgemäße Wahl in geeigneter Weise
begegnen zu können.

nachvollziehbar sein mag. Es ist ausreichend, dass das Wahl-
verfahren insgesamt für den Wähler verständlich ist. Dies ist

So sind die bei der herkömmlichen Wahl festzustellenden
Fehler eines (unbeabsichtigten) Falsch-Wählens bei der
Stimmabgabe oder eines Falsch-Zählens bei der Stimmaus-
wertung apparativ nahezu vollständig ausgeschlossen (vgl.
dazu Schreiber, a. a. O., § 35 Rn. 2).

Da die Stimmauszählung also den Vorgaben des § 35 BWG
und der §§ 2 und 14 BWahlGV entspricht und ein Papier-
protokoll nicht vorgeschrieben ist, stellt das Fehlen eines
VVPAT bei der Bundestagswahl 2005 keinen Wahlfehler
dar.

Organisatorische Mängel

Soweit der Einspruchsführer rügt, dass das Bundesamt für
Sicherheit in der Informationstechnik nicht in den Prüf-
prozess einbezogen wird, ist festzustellen, dass dies nicht der
Rechtslage gemäß § 2 Abs. 2 BWahlGV entspricht. Danach
ist, wie vor dem Einsatz der Wahlgeräte bei der Bundestags-
wahl 2005 geschehen, die PTB für diese Prüfung zuständig.

Zur Manipulierbarkeit stellen die vom Einspruchsführer
selbst angeführten Fachleute fest, dass eine Manipulation der
Geräte „theoretisch“ sei. Ein dazu erforderlicher Austausch
der Software während der Wahl erscheint, auch wenn er „in-
nerhalb von zwei Minuten“ vorzunehmen sein sollte, extrem
unwahrscheinlich, da der Wahlvorstand sich in geringer Ent-
fernung zu den Wahlgeräten befindet und das Gerät in einem
öffentlich zugänglichen und von Wählerinnen und Wählern
besuchten Raum steht. Zudem befindet sich die Software,
wie der Einspruchsführer selbst mitteilt, hinter einer durch
Schrauben gesicherten und mit zwei Siegeln versehenen Ab-
deckung. Manipulationen, so sie denn theoretisch vorkom-
men können, würde der Wahlvorstand mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit bemerken. Es ist also davon
auszugehen, dass niemand mit einem Schraubendreher zwei
Minuten an der Rückseite eines Wahlgerätes unbemerkt ma-
nipulieren könnte. Die Tatsache, dass die Siegel „unbemerkt
entfernt“ werden könnten, dürfte auf Siegel grundsätzlich
zutreffen. Entscheidend ist hier, dass schon das Erbrechen
und gerade das Entfernen des Siegels bei der nach § 7
BWahlGV vorgeschriebenen Kontrolle auffallen würden.
Dass die Siegel, um die Manipulation nicht offenbar werden
zu lassen, von den Tätern anschließend durch neue Siegel er-
setzt werden würden, ist wiederum praktisch kaum vorstell-
bar. Dass es tatsächlich zu einer solchen Manipulation oder
auch nur zum Versuch einer Manipulation gekommen ist, be-
hauptet auch der Einspruchsführer nicht.

Gleiches gilt für den Vortrag des Einspruchsführers bezüg-
lich der Manipulationsmöglichkeiten am Stimmenspeicher

wendet worden seien, ist dieser Vortrag, seine Richtigkeit
unterstellt, unerheblich. Für das vorliegende Wahlprüfungs-
verfahren spielt es keine Rolle, ob bei einer Verwendung von
Wahlgeräten zu Schulungszwecken alle rechtlichen und
technischen Vorgaben eingehalten worden sind. Ein Wahl-
fehler kann hierin nicht gesehen werden, da es nicht um
einen Einsatz bei der Bundestagswahl 2005 gegangen ist.

Soweit der Einspruchsführer eine Verlagerung staatlicher
Aufgaben auf Private sieht, stellt diese, die Richtigkeit des
Vortrages unterstellt, keinen Wahlfehler dar. Insbesondere
zwingt die Tatsache, dass es sich bei der Wahlvorbereitung
und -durchführung um eine öffentliche Aufgabe handelt,
nicht zu dem Schluss, dass alle notwendigen Handlungen
nur von Amtspersonen durchgeführt werden dürfen. Vorlie-
gend ist die erforderliche Kontrolle durch die staatliche
Hand sicher gestellt. So wird eine von amtlicher Seite zu er-
teilende Baugleichheitserklärung gesetzlich nicht gefordert.
§ 2 BWahlGV sieht vor, dass der Inhaber der Bauart-
zulassung die Baugleichheit für jedes einzelne Wahlgerät er-
klärt. Auch kann die Wartung der Wahlgeräte, wie in § 7
BWahlGV vorgesehen, durch den Hersteller durchgeführt
werden. Die vom Hersteller erstellte Bedienungsanleitung
enthält nach Ziffer 4 Nr. 7 der Richtlinien für die Bauart von
Wahlgeräten Hinweise zur Wartung und Instandhaltung, die
von den amtlichen Stellen zu beachten sind.

Des Weiteren stellt auch die Nichtherausgabe der Prüfunter-
lagen der PTB an den Einspruchsführer keinen Wahlfehler
dar.

Soweit der Einspruchsführer einen entsprechenden Antrag
an den Deutschen Bundestag richtet, wird hier kein Anlass
gesehen, entsprechende Unterlagen anzufordern, da nach
Auffassung des Wahlprüfungsausschusses die für dieses
Verfahren erforderliche Sachaufklärung durch den Bericht
des BMI erfolgt ist. Zu weiteren Schritten bestand kein
Anlass. Die weitergehende Frage, ob der Ermittlungsführer
gegebenenfalls einen unmittelbaren Informationsanspruch
gegenüber der PTB besitzt, ist hier nicht zu entscheiden.

Mandatsrelevanz

Da somit unter keinem Gesichtspunkt ein Wahlfehler fest-
stellbar ist, bedarf es auch keines Eingehens auf eine etwaige
Auswirkung auf das Stimmenergebnis und damit die Vertei-
lung der Sitze im Deutschen Bundestag.

Von der Anberaumung eines Termins zur mündlichen Ver-
handlung ist abzusehen, da der Einspruch offensichtlich un-
begründet ist (§ 6 Abs. 1a Nr. 3 Wahlprüfungsgesetz).
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41 – Drucksache 16/3600

durch das normierte Verfahren der Wahl mit Wahlgeräten der
Fall.

Den bloßen Möglichkeiten, dass bei der Wahl mit Wahlgerä-
ten Manipulationen vorgenommen werden können, steht der
tatsächlich feststellbare Nachteil der Urnenwahl gegenüber.

oder am Auswertecomputer. Auch hier behauptet der Ein-
spruchsführer nicht, dass eine Manipulation stattgefunden
hätte.

Soweit der Einspruchsführer behauptet, dass er wisse, dass
in einem Fall bei einer Schulung unversiegelte Geräte ver-

Maschine, also einfache Fehlfunktionen solange nicht fest-
stellbar, wie die Maschine die Anzahl der abgegebenen II.
seine Wahlabsicht. Eine regelmäßige Belehrung der Wähler
habe es nicht gegeben. Außerdem werde der beschriebene
Wähler von dem im Wahlraum außerhalb der Wahlkabine

sprüche werden in der Stellungnahme zunächst allgemein
der Aufbau der Wahlgeräte, deren Handhabung und die Rah-
menbedingungen (Nummer 1) sowie die Prüfung durch die
Stimmen korrekt erfasse. Das ausgewiesene Ergebnis müsse
folglich unkritisch als das richtige Ergebnis übernommen
werden.

Es könne daher nicht ausgeschlossen werden, dass das er-
mittelte Wahlergebnis in seinem Wahlbezirk fehlerhaft sei.
Ein Wahlergebnis müsse jedoch zweifelsfrei richtig ermittelt
werden können, wenn die Wahl gültig sein solle.

Daneben trägt der Einspruchsführer vor, dass durch das ma-
schinelle Verfahren das Wahlgeheimnis verletzt worden sei.
Ein Wähler, der zwar an der Wahl teilnehmen, aber nur die
Erst- bzw. Zweitstimme oder einen leeren Wahlzettel abge-
ben wolle, finde sich an der Wahlmaschine nicht zurecht. Er
werde mithin genötigt, beim Wahlvorstand nachzufragen,
wie er die Maschine zu bedienen habe und offenbare damit

Zu dem Vortrag des Einspruchsführers hat das Bundesminis-
terium des Innern (BMI) unter Einbeziehung der Physika-
lisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) und des Bundes-
wahlleiters ebenso wie zu weiteren Einsprüchen, die sich auf
das Thema der elektronischen Wahlgeräte beziehen, mit
Schreiben vom 3. Mai 2006 Stellung genommen.

Danach sei der vorliegende Einspruch zurückzuweisen. Die
Wahlgeräte seien hinreichend manipulationssicher und ein
Papierprotokoll erhöhe die Manipulationssicherheit nicht
(s. u. Nummer 3). Eine Verletzung des Öffentlichkeitsgrund-
satzes habe nicht vorgelegen (Nummer 4). Selbst wenn man
Wahlfehler annehmen würde, seien sie nicht mandatsrele-
vant (Nummer 5).

Zum besseren Verständnis der technischen Seite der Ein-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 43 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 43 – Drucksache 16/3600

Anlage 3

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn Dr. A. S., 14513 Seehof bei Teltow
– Az.: WP 76/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 20. September 2005, das der Bundes-
wahlleiter weitergeleitet hat und das am 7. Oktober 2005
beim Deutschen Bundestag eingegangen ist, hat der Ein-
spruchsführer gegen die Bundestagswahl am 18. September
2005 Einspruch eingelegt.

I.

Der Einspruch betrifft die Durchführung der Wahl mittels
elektronischer Wahlgeräte. Der Einspruchsführer trägt zur
Begründung vor, dass die Abstimmung in seinem Wahl-
bezirk 6107 nicht mit Hilfe von Stimmzetteln, sondern an
einer elektronischen Wahlmaschine erfolgt sei. Manipulatio-
nen könnten an einer solchen Maschine nicht ausgeschlossen
werden. Ebenso sei eine bereits erfolgte Manipulation nicht
nachweisbar, da die „Papierspur“ fehle. Fachleute seien sich
in dieser Feststellung einig.

Des Weiteren seien unbeabsichtigte Erfassungsfehler der

knöpfe und den Knopf zum Speichern) gedrückt habe. Auch
damit werde das Wahlgeheimnis verletzt.

Weiter beanstandet der Einspruchsführer, dass der auf dem
Display reproduzierte Wahlzettel deutlich schlechter lesbar
gewesen sei als ein gedruckter Zettel. Menschen mit Seh-
behinderung seien in ihrer Stimmabgabe behindert worden.

Schließlich trägt der Einspruchsführer vor, dass in dem ma-
schinellen Ermittlungsverfahren die öffentliche Auszählung
der Stimmzettel entfallen sei. Damit sei eine wichtige ver-
trauensbildende Kontrollmaßnahme entfallen.

Daneben merkt der Einspruchsführer „am Rande“ an, dass
das Wahllokal seiner Ansicht nach in einem „unwürdigen
Raum“ durchgeführt worden und über einen Nebeneingang
nur vergleichsweise schwer zugänglich gewesen sei. Bei
dem Raum habe es sich um eine Art Abstellkammer eines
Restaurants gehandelt, aus dessen Küche Gerüche und
Geräusche in den Wahlraum gedrungen seien. Ein Mindest-
maß an Würde gebühre aber sowohl der Wahl als auch dem
Wähler.
beim Wahlvorstand befindlichen Display als jemand kennt-
lich gemacht, der nicht alle drei Knöpfe (die beiden Stimm-

Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) beschrieben
(Nummer 2).

Drucksache 16/3600 – 44 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 44 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

1. Funktionsweise der NEDAP-Wahlgeräte

Die bei der Bundestagswahl 2005 eingesetzten Wahlgeräte
der niederländischen Firma NEDAP (Nederlandsche Appa-
ratenfabriek) bestünden aus dem eigentlichen Wahlgerät, an
dem der Wähler seine Wahl vollziehe, und einer per Kabel
fest mit dem Wahlgerät verbundenen Bedieneinheit, die sich
in der Obhut des Wahlvorstandes befinde. Diese Bedien-
einheit enthalte u. a. zwei Schlösser mit Schlüsseln, über die
die Betriebszustände „Wählen“ und „Wahlauswertung“ ein-
gestellt würden, sowie Tasten, über die das Wahlgerät für je-
den einzelnen Wähler freigegeben werde. Das eigentliche
Wahlgerät bestehe aus einem großen Tastentableau mit
einem oder mehreren Stimmzetteln, einem kleinen Display
zur Kontrolle für den Wähler und einem Funktionstasten-
feld, das nur vom Wahlvorstand während der Wahlauswer-
tung benutzt werde und sonst durch eine Klappe abgedeckt
sei. Des Weiteren befänden sich auf der Rückseite des Wahl-
geräts ein Drucker und ein Steckplatz für ein Speichermodul
(eine Art Kassette) sowie die Elektronikeinheit. In der Elek-
tronikeinheit befänden sich zwei Speicherchips (auch als
Speicherbausteine bzw. Speichermodule bezeichnet), die
gemeinsam das Softwareprogramm enthielten. Diese zwei
Speicherchips würden Eproms genannt.

Das Softwareprogramm auf den Eproms bestimme den ge-
nerellen Ablauf der Wahl, also die Schritte Freigabe, Aus-
wahl der Erststimme und der Zweitstimme, ggf. Korrektur
der Stimmen, endgültige Stimmabgabe, Stimmspeicherung
und Sperrung des Geräts sowie die Auswertung der Wahl.
Das Speichermodul enthalte hingegen die Daten der Stimm-
zettel, die Zuordnung der einzelnen Tasten zu Listen, Par-
teien oder Bewerbern sowie einige konkrete Angaben zur
Wahl wie Wahldatum und Wahllokal und diene damit vor
allem, weil es die Daten über die abgegebenen Stimmen ent-
halte, als „Urne“. Das Wahlgerät könne nur mit einem ein-
gesteckten, korrekt gefüllten Speichermodul für eine Wahl
verwendet werden. Die Eproms mit dem Softwareprogramm
seien integraler Bestandteil des Wahlgeräts, während die
Speichermodule ein Zubehör seien.

Die Firma NEDAP baue das Gerät und liefere es an den Kun-
den aus. Durch eine auf der Rückseite des Geräts aufgeklebte
Baugleichheitserklärung versichere der Hersteller, dass das
Gerät baugleich zu dem angegebenen zugelassenen Baumus-
ter sei. Das Wahlgerät enthalte im Auslieferungszustand kein
Speichermodul und sei damit nicht für eine Wahl verwend-
bar. Leere Speichermodule würden dem Kunden als Zubehör
mitgeliefert.

Einige Wochen vor der Wahl, wenn aufgrund der Entschei-
dung der Wahlausschüsse die Kreiswahlvorschläge und Lan-
deslisten der Parteien und damit der Inhalt der Stimmzettel
feststehen würden, programmiere die Gemeindebehörde für
jedes Wahlgerät ein Speichermodul mit den Daten der
Stimmzettel und den anderen konkreten Angaben der Wahl.
Mit den gleichen Daten werde ein Geräte-Stimmzettel be-
druckt. Der Geräte-Stimmzettel werde von der Gemeinde-
behörde auf dem Tastentableau des Wahlgeräts angebracht.
Das programmierte Speichermodul werde auf der Rückseite
des Wahlgeräts eingesteckt. Erst mit dem Speichermodul sei
das Wahlgerät prinzipiell für eine Wahl einsetzbar. Nach dem
Einstecken des programmierten Speichermoduls erfolge ein

und sein Softwareprogramm sich korrekt identifizierten, ob
alle Tasten richtig programmiert seien und ob sich keine
Stimmen im Speichermodul befänden. Bei neueren Bauarten
werde außerdem die Unversehrtheit der Versiegelung, die
vom Hersteller an der Elektronikeinheit angebracht worden
sei, kontrolliert. Sei der Funktionstest erfolgreich, werde das
Gerät verschlossen und im verschlossenen Zustand amtlich
versiegelt.

Am Wahltag kontrolliere der Wahlvorstand die Unversehrt-
heit der amtlichen Siegel, erbreche sie, baue das Wahlgerät
auf und schalte es ein. Der Wahlvorstand kontrolliere die
Identifikation des Wahlgeräts und seines Softwarepro-
gramms, das Wahldatum und den Wahlbezirk bzw. -kreis
und die Anzeige „0“ für die Zahl der abgegebenen Wähler-
stimmen. Die durchzuführenden Kontrollen seien detailliert
im Handbuch sowie überblicksartig in der Kurzanleitung für
die Wahlvorstände beschrieben. Der Wahlvorstand stelle das
Wahlgerät mit Hilfe eines Schlüssels auf den Betriebs-
zustand „Wählen“ ein und verriegele diesen Betriebszustand
durch einen zweiten Schlüssel. Die beiden Schlüssel würden
während des Wahltages bei zwei verschiedenen Mitgliedern
des Wahlvorstands aufbewahrt. Der Wahlvorstand gebe das
Wahlgerät frei und die einzelnen Wähler gäben ihre Stimmen
ab. Am Ende des Wahltages entriegele der Wahlvorstand mit
Hilfe der beiden Schlüssel den Betriebszustand „Wählen“
und stelle den Betriebszustand „Wahlauswertung“ ein.

Zur Feststellung der Zahl der Wähler würden die Zahl der
Stimmabgabevermerke und der eingenommenen Wahl-
scheine mit den vom Wahlgerät angezeigten Zahlen der
Stimmabgaben verglichen und in der Wahlniederschrift ver-
merkt. Der Wahlvorstand wähle nun am Wahlgerät die Funk-
tion „Wahlauswertung per Drucker“ und gewinne so das
vom Wahlgerät errechnete Ergebnis. In dem Moment, in dem
dieses Ergebnis ausgedruckt werde, könnten keine weiteren
Stimmen mehr hinzugefügt werden.

Der Ausdruck des Wahlergebnisses werde in die Wahlnie-
derschrift aufgenommen. Der Wahlvorsteher stelle die Zahl
der insgesamt abgegebenen Erst- und Zweitstimmen und der
für jeden Bewerber und jede Liste abgegebenen Stimmen
fest und kontrolliere, ob die Summe der einzelnen Ergeb-
nisse mit der Zahl der insgesamt abgegebenen Stimmen
übereinstimme. Sollte der Drucker defekt sein, könne entwe-
der das Wahlergebnis am Display angezeigt und von dort in
die Wahlunterlagen übertragen werden oder das Speicher-
modul mit den Stimmen werde in ein anderes Wahlgerät ein-
gesteckt und mit diesem werde der Ergebnisausdruck ange-
fertigt. Der Wahlvorstand entferne das Speichermodul mit
den Stimmen und übergebe es verpackt und versiegelt der
Gemeindebehörde. Das Wahlgerät werde ebenfalls ver-
schlossen und zurücktransportiert.

Die Speichermodule könnten jederzeit nach Ablauf des
Wahltages erneut in ein Wahlgerät eingesteckt werden, um
das Ergebnis noch einmal (bzw. beliebig oft) zu gewinnen.
Darüber hinaus könnten die Speichermodule im Rahmen
einer Wahlprüfung ausgelesen werden. Dabei könne fest-
gestellt werden, ob die Stimmen, die vierfach redundant ge-
speichert würden, Defekte aufwiesen. Das Speichermodul
enthalte, ebenso wie ein Stimmzettel, auch Informationen
über Stimmenkoppelungen (Erst- und zugehörige Zweit-
Funktionstest des Wahlgeräts durch die Gemeindebehörde.
Dabei werde unter anderem kontrolliert, ob das Wahlgerät

stimme). Über die Anwendungssoftware könnten alle ge-
speicherten Stimmen als Stimmzettel mit den entsprechen-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 45 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 45 – Drucksache 16/3600

den Kreuzen ausgedruckt und von Hand nachgezählt wer-
den. Seien alle Einspruchsfristen verstrichen, würden die
Speichermodule nach Freigabe durch den Bundeswahlleiter
komplett gelöscht und könnten mit den Daten der nächsten
Wahl programmiert werden.

Für die Wähler stelle sich der Ablauf wie folgt dar: Der
Wahlvorstand kontrolliere die Wahlberechtigung wie üblich
und gebe dann, statt dem Wähler einen Stimmzettel auszu-
händigen, das Wahlgerät über eine Taste auf der Bedienein-
heit frei. Der Wähler könne nun an das Wahlgerät herantre-
ten und seine Stimmen durch Tastendruck (anstelle durch
Ankreuzen) auf einer Folientastatur auswählen, die dem Er-
scheinungsbild eines Stimmzettels nachgebildet sei. Das di-
gitale Textdisplay bestätige die getroffene Auswahl und for-
dere zum nächsten Schritt auf. Der Wähler könne also seine
Auswahl auf dem Display kontrollieren, ggf. über die Kor-
rekturtaste berichtigen und dann seine Stimmen endgültig
abgeben, indem er die dafür vorgesehene Stimmabgabetaste
drücke. Dieser letzte Schritt (Abgabe einer gültigen bzw. un-
gültigen Stimme) entspreche dem Einwurf des Stimmzettels
in die Urne. Der Schriftführer vermerke im Wählerverzeich-
nis die Stimmabgabe. Die Stimmen würden redundant und
mit Sicherheitsmaßnahmen versehen an einer zufällig ausge-
wählten Stelle des Speichermoduls gespeichert. Nach der
Speicherung der Stimmen sei das Wahlgerät für weitere
Stimmabgaben gesperrt. Der Wähler verlasse das Wahlgerät.
Die Anzeige auf der Bedieneinheit des Wahlvorstandes über
die Zahl der Wähler erhöhe sich um eins. Diese Anzeige
diene dem Wahlvorstand für die Entscheidung, ob der Wäh-
ler seine Wahl ordnungsgemäß abgeschlossen habe. Das
Wahlgerät bleibe gesperrt, bis es für den nächsten Wähler
wieder freigegeben werde.

Schließlich enthalte auch das Wahlgerät selbst umfangreiche
Diagnosefunktionen und führe mit Hilfe dieser Funktionen
beim Gerätestart, während des laufenden Betriebs sowie vor
und nach der Speicherung von Stimmen Selbsttests durch.

2. Ablauf der Prüfung bei der Physikalisch-Technischen
Bundesanstalt (PTB)

Bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt werde ein
Mustergerät geprüft.

Die Prüfung orientiere sich an der Bundeswahlgeräteverord-
nung (BWahlGV) und der Anlage 1 zu § 2 BWahlGV, den
Richtlinien für die Bauart von Wahlgeräten. Diese schrieben
die zu prüfenden Anforderungen vor.

Die Anforderungen gliederten sich in konstruktionstechni-
sche, funktionale und einige ergonomische Anforderungen.
Anforderungen bezüglich der Sicherheit seien implizit eben-
falls enthalten.

Bei der Prüfung würden verschiedene Prüfmethoden ver-
wendet. Anforderungen wie z. B. die, dass das Wahlgerät in
seiner Konstruktion dem Stand der Technik entsprechen
müsse, würden durch Inspektionen der technischen Unter-
lagen und durch Sichtprüfungen am Gerät geprüft. Anforde-
rungen wie z. B. die nach bestimmten Funktionen oder Ab-
läufen würden durch Funktionstests am Wahlgerät geprüft.
Dabei würden generell auch Fehlersituationen, Defekte,
falsche Handhabung, Stromausfälle usw. berücksichtigt. An-

tions- und Falltests, Messungen der Empfindlichkeit gegen-
über elektromagnetischen Feldern, Stromschwankungen
u. Ä. geprüft. Auch die elektromagnetische Abstrahlung der
Wahlgeräte werde kontrolliert. Parallel zu diesen Prüfungen
erfolgten die gründliche Inspektion des Quellcodes des in
den Wahlgeräten verwendeten Softwareprogramms, dyna-
mische Funktionstests des Softwareprogramms sowie Re-
views der Entwicklungsdokumentation, der Testdokumenta-
tion und der Bedienungsanleitung. Die Softwareprüfung
nehme in der Regel 90 Prozent des zeitlichen Aufwands der
Baumusterprüfung in der PTB in Anspruch.

Die Baumusterprüfung werde durch eine Arbeitsgruppe der
PTB durchgeführt, die langjährige Erfahrungen mit Wahl-
geräteprüfungen habe und als Softwareprüfstelle akkreditiert
sei. Die Arbeitsgruppe stütze sich bei der Baumusterprüfung
auch auf externe, akkreditierte Prüflaboratorien, z. B. bei
den mechanischen Tests.

An bestimmten Stellen lege die Bundeswahlgeräteverord-
nung ein spezielles Sicherheitsniveau fest, wie z. B. beim
allgemeinen Zuverlässigkeits- und Sicherheitsniveau, bei
der Rückwirkungsfreiheit usw. Wo die BWahlGV keine be-
sonderen Festlegungen treffe, werde bei der Prüfung der
Wahlgeräte ein Maßstab angelegt, mit dem mindestens ein
vergleichbares Sicherheitsniveau gewährleistet werde wie
bei der konventionellen Wahl.

Bei der Prüfung und Bewertung werde als Voraussetzung an-
genommen, dass sich das Wahlgerät am Wahltag permanent
unter der Kontrolle des Wahlvorstandes befinde und dass die
Speichermodule, die die Stimmen enthielten, mit der glei-
chen Sorgfalt behandelt würden wie Stimmzettel und Urnen
bei der konventionellen Wahl.

Die konventionelle Wahl mit den gesetzlich festgelegten Zu-
ständigkeiten und Verantwortlichkeiten der Wahlvorstände
habe sich über eine lange Zeit bewährt. Genau diese Rolle
der Wahlvorstände bleibe beim Einsatz von Wahlgeräten er-
halten.

3. Fehlen eines verifizierbaren Protokolls

Zur Kritik des Einspruchsführers, dass die Verwendung von
Wahlgeräten ohne (Papier-)Protokollfunktion dazu führe,
dass eine Auszählung nicht überprüfbar sei, wird wie folgt
Stellung genommen:

Ein denkbares, bei Geräten der Firma NEDAP aber nicht er-
stelltes, Papierprotokoll (auch engl. Voter Verifiable Paper
Audit Trail [VVPAT] genannt) werde durch das Wahlgerät
vor der endgültigen Stimmabgabe ausgedruckt, dem Wähler
hinter Glas präsentiert und nach der Bestätigung durch den
Wähler und damit endgültiger Stimmabgabe in eine ange-
schlossene Urne geworfen.

Die Verwendung von VVPATs habe Vor- und Nachteile und
sei in der Fachwelt nicht unumstritten. Insbesondere sei
durch die Verwendung eines VVPAT keine unabhängige Ve-
rifikation möglich. So könne der VVPAT, wie jedes Papier-
produkt, manipuliert werden. Es gebe ungezählte Möglich-
keiten, professionell aussehende Drucksachen herzustellen.
Für das zusätzlich erforderliche Zerstören oder Austauschen
von Stimmzetteln seien keinerlei besondere Fähigkeiten nö-
tig. Im Gegensatz dazu erfordere das Manipulieren elektro-
forderungen an die Verträglichkeit gegenüber bestimmten
Umwelteinflüssen würden durch Klimakammertests, Vibra-

nischer Daten spezielle Kenntnisse. Aus diesen Gründen sei
der VVPAT grundsätzlich unzuverlässiger als die elektro-

Drucksache 16/3600 – 46 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 46 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

nischen Daten. Der VVPAT sei auch nicht unabhängig. Er
könne nicht das mangelnde Vertrauen in die Funktionsfähig-
keit des Wahlgeräts ersetzen, da er vom Wahlgerät erzeugt
werde. Nachdem der Wähler die Wahlkabine verlassen habe,
könne das Wahlgerät z. B. den gerade erzeugten VVPAT als
ungültig markieren und einen neuen drucken. Dies könne
zwar mit Tests entdeckt werden. Der VVPAT solle aber ge-
rade deswegen verwendet werden, weil den Tests des Wahl-
geräts kein Vertrauen entgegengebracht werde. Werde der
VVPAT um verschlüsselte Merkmale ergänzt, um das Einfü-
gen zusätzlicher Papierquittungen oder das Ersetzen von Pa-
pierquittungen zu verhindern, dann könne er wiederum nicht
mehr durch den Wähler überprüft werden. Der Wähler sei
dann nicht mehr in der Lage zu entscheiden, ob der ihm prä-
sentierte VVPAT korrekt markiert worden sei und später mit-
gezählt werde. Weiter sei für die Realisierung ein Drucker
nötig, der nicht nur ausfallen könne, sondern während des
Wahltages auch kleinere Probleme wie Papierstau, auslau-
fende Tinte usw. verursachen könne. Zudem sei es bei Wah-
len mit vielen Stimmen möglich, dass der Wähler seine Aus-
wahl teilweise vergesse und fälschlicherweise annehme,
dass der VVPAT nicht korrekt sei. Dies erhöhe unberechtig-
terweise die Zweifel gegenüber dem Wahlgerät und könne zu
einer überflüssigen Nachzählung führen. Schließlich sei es
sehr schwierig, VVPATs so zu gestalten, dass auch behin-
derte Wähler mit ihnen zurecht kämen. So könnten z. B.
Sehschwache wieder auf Hilfe angewiesen sein, um ihren
VVPAT zu kontrollieren. Abschließend verweist das BMI
auf eine kleine Studie des Massachusetts Institute of Tech-
nology, eines der renommiertesten Technologie-Forschungs-
institute der USA, die ergeben habe, dass der größte Teil der
Testwähler den VVPAT ungelesen bestätige oder, wenn er
ihn gelesen und als fehlerhaft empfunden habe, trotzdem be-
stätige (in der Annahme, dass das Papier nicht lügen könne).

Das VVPAT könne allerdings u. U. auch Vorteile haben. Bis-
her fehlten jedoch praktische Erfahrungen mit diesem Hilfs-
mittel. In den nächsten Jahren stünden mehrere Wahlen im
Ausland mit VVPAT bevor, die wissenschaftlich untersucht
werden sollten. Die PTB werde die weitere Entwicklung auf
diesem Gebiet beobachten. Derzeit spreche nichts dafür,
dass ein VVPAT die ohnehin schon hohe Sicherheit der
Wahlgeräte noch erhöhen würde. Ein generelles Misstrauen
der Bevölkerung in die Sicherheit der Wahlgeräte sei eben-
falls nicht ersichtlich, so dass auch dieser Aspekt nicht die
Einführung des VVPAT angeraten erscheinen lasse.

4. Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes/Nachweisbar-
keit von Manipulationen

Eine Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes liege nicht
vor.

Das Öffentlichkeitsprinzip werde nach herrschender Auffas-
sung aus dem Demokratieprinzip im Sinne von Artikel 20
Abs. 1 GG abgeleitet (vgl. z. B. Schreiber, Kommentar zum
BWG, 7. Auflage, 2002, § 10 Rn. 1; Karpen, Elektronische
Wahlen? Einige verfassungsrechtliche Fragen, 2005, S. 31).
Die Öffentlichkeit der Wahl sei eine Grundvoraussetzung für
eine demokratische politische Willensbildung. Die Öffent-
lichkeit übe gegenüber den Wahlorganen eine Kontroll-
funktion aus; geheime Auszählungen oder Beratungen seien
daher unzulässig. Das Öffentlichkeitsprinzip diene damit

hof Nordrhein-Westfalen, NVwZ 1991, S. 1175, 1179; Ober-
verwaltungsgericht Koblenz NVwZ 1991, S. 598, 600).

Einfachrechtlich sei das Öffentlichkeitsprinzip in den §§ 10,
31 des Bundeswahlgesetzes (BWG) und § 54 der Bundes-
wahlordnung (BWO) geregelt. Gemäß § 10 BWG finde die
Verhandlung, Beratung und Entscheidung der Wahlaus-
schüsse und Wahlvorstände in öffentlicher Sitzung statt. Der
gesamte Willensbildungs- und Entscheidungsprozess, der zu
der Feststellung des Ergebnisses für den Wahlbezirk führt,
müsse im Lichte der Öffentlichkeit geschehen. § 54 BWO
konkretisiere dies dahingehend, dass während der Wahl-
handlung und der Ergebnisermittlung jedermann Zutritt zu
den Wahlräumen habe, soweit dies ohne Störung des Wahl-
geschäfts möglich sei.

Allerdings sei das Öffentlichkeitsprinzip nicht grenzenlos
gewährleistet. Ebenso wenig wie die in Artikel 38 Abs. 1 GG
ausdrücklich geregelten Wahlrechtsgrundsätze könne es in
voller Reinheit verwirklicht werden. Das Ziel der Wahl, in
kurzer Zeit eine handlungsfähige Volksvertretung zu bilden,
stehe mit dem Öffentlichkeitsgrundsatz in Konflikt. Insofern
gelte für die herkömmliche Urnen- und Briefwahl dasselbe
wie für die Wahl an elektronischen Wahlgeräten. Auch dort
werde das Öffentlichkeitsprinzip nicht in letzter Konsequenz
verwirklicht.

§ 31 Satz 1 BWG bestimme, dass die Wahlhandlung öffent-
lich sei. Die Wahlhandlung umfasse den gesamten Wahlvor-
gang vom Zusammentritt des Wahlvorstandes, dem Betreten
des Wahllokals durch die Wähler, die Überprüfung der Wäh-
ler durch den Wahlvorstand, dem Einwurf des Stimmzettels
in die Urne bis zur Erklärung des Wahlvorstehers, dass die
Wahlhandlung beendet sei. Ausnahmen seien gemäß § 31
Satz 2 BWG lediglich für Personen gestattet, die die Ord-
nung und Ruhe stören. Gemäß § 54 BWO sei der Zutritt der
Wahlräume insoweit gestattet, wie dies ohne Störung des
Wahlgeschäfts möglich sei.

Die Öffentlichkeit der Wahlhandlung diene mehreren Zwe-
cken. Zum einen werde vertreten, dass die öffentliche Wahl
ein wichtiger Integrationsfaktor sei (VerfGH NW, NVwZ
1991, S. 1175, 1179). Die Wahl stelle einen symbolisch-
rituellen Akt dar, durch den der Bürger sich öffentlich als
Souverän erfahre (Karpen a. a. O., S. 31). Zum anderen
diene die öffentliche Wahlhandlung der Kontrollierbarkeit
der Wahlhandlung. Die Öffentlichkeit solle überwachen
können, dass nur Wähler, die vom Wahlvorstand daraufhin
kontrolliert worden seien, ob sie tatsächlich im Wähler-
verzeichnis eingetragen gewesen seien, einen (einzigen)
Stimmzettel einwerfen. Der öffentliche Einwurf des Stimm-
zettels in die Wahlurne – im Gegensatz zum geheimen ei-
gentlichen Wahlakt – diene aber auch der Kontrolle durch
die Wahlvorstände, dass der Wähler tatsächlich den – und
nur diesen einen – Stimmzettel einwerfe.

Unter Berücksichtigung dieser Ziele sei der Öffentlichkeits-
grundsatz bei der Wahl mit Wahlgeräten nicht verletzt.

Bei der Wahl mit Wahlgeräten erfolge das Betreten des
Wahlraumes durch die Wähler und die Überprüfung der
Wähler durch den Wahlvorstand in gleicher Weise wie bei
der Urnenwahl. Lediglich der Einwurf der Stimme in die
Wahlurne (= Drücken der Taste „Stimmabgabe“) erfolge je-
dem Schutz vor Wahlfälschungen und dem Vertrauen der
Bürger in manipulationsfreie Wahlen (Verfassungsgerichts-

denfalls bei der Wahl mit NEDAP-Wahlgeräten noch in der
Wahlkabine, da die Kennzeichnung des Stimmzettels und

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 47 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 47 – Drucksache 16/3600

die Stimmabgabe an einem einzigen Gerät erfolgten. Die
Kontrolle, dass jeder Wähler, der seine Wahlbenachrich-
tigungskarte abgegeben habe, auch tatsächlich – und nur
einmal – gewählt habe, kontrolliere der Wahlvorstand durch
Ablesen der Bedieneinheit.

Der Integrationsfaktor der Wahl sei demnach bei der Wahl
mit Wahlgeräten in gleicher Weise gegeben wie bei der Ur-
nenwahl.

Das Ziel der Kontrollierbarkeit der Wahlteilnahme werde bei
der Wahl mit elektronischen Wahlgeräten ebenfalls erreicht.
Dass nur berechtigten Wählern der Zugang zur Wahlkabine
gewährt werde, könne die Öffentlichkeit ebenso kontrollie-
ren wie bei der Urnenwahl.

Im Übrigen regelten § 31 BWG und § 54 BWO, dass durch
die Verwirklichung des Öffentlichkeitsgrundsatzes der ord-
nungsgemäße Ablauf der Wahl nicht gestört werden dürfe.
Das Ziel der Wahl, in kurzer Zeit ein handlungsfähiges Par-
lament zu bilden, dürfe durch die Gewährung der Öffentlich-
keit nicht beeinträchtigt werden. Das Bundeswahlgesetz
messe damit dem Ziel, die Wahl zeitgerecht ablaufen zu las-
sen und das Wahlergebnis in angemessener Zeit zu ermitteln,
eine größere Bedeutung bei als der minutiösen Kontrolle
durch die Öffentlichkeit.

Der Öffentlichkeitsgrundsatz unterliege noch weiteren Ein-
schränkungen: zur Wahrung des informationellen Selbst-
bestimmungsrechts dürften andere Wahlberechtigte oder
Beobachter der Wahl Angaben zur Person anderer Wähler
grundsätzlich nicht zur Kenntnis nehmen. Der Einblick in
das Wählerverzeichnis zu anderen Personen sei daher nur
ausnahmsweise gestattet (§ 17 BWG), und der Wahlvorstand
dürfe grundsätzlich Angaben zur Person des Wählers nur so
verlautbaren, dass sie von anderen im Wahlraum anwesen-
den Personen nicht vernommen werden können (§ 54 Abs. 4
Satz 2 BWO). Damit entfalle weitgehend die Möglichkeit
einer Kontrolle der Wahlberechtigung eines Wählers durch
die Öffentlichkeit. Eine hierauf gerichtete Kontrolle müsse
sich auf die Überprüfung beschränken, ob der Wahlvorstand
die Wahlberechtigung der Wähler überprüft.

Die Öffentlichkeit der Stimmabgabe sei z. B. auch bei der
Briefwahl stark eingeschränkt. Bei dieser Form der Wahl
fehle es gänzlich an dem integrierenden Faktor der Wahl, da
die eigentliche Wahlhandlung in der Privatsphäre und nicht
im öffentlichen Raum stattfinde. Damit entfalle bei der
Briefwahl auch die Kontrollierbarkeit der Wahlhandlung
durch die Öffentlichkeit. Denn die Öffentlichkeit habe natur-
gemäß keinen Einblick, ob z. B. bestimmte Personen von
ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht hätten oder nicht.

Hinsichtlich der Öffentlichkeit der Stimmenauszählung
weist das BMI darauf hin, dass der Ausdruck des vom Wahl-
gerät errechneten Ergebnisses des Wahlbezirks durch den
Wahlvorstand nach Abschluss der Wahlhandlung und die
Übernahme des Ergebnisses in die Wahlniederschrift ohne
weiteres durch die Öffentlichkeit kontrollierbar sei.

Der Wahlvorstand und jeder Wahlbeobachter könnten durch
Kontrolle und Gegenüberstellung der Stimmabgabever-
merke in dem Wählerverzeichnis mit den vom Gerät regist-
rierten gültigen und ungültigen Erst- und Zweitstimmen fest-
stellen, ob das Gerät alle Stimmabgaben erfasst und korrekt

Summe von gültigen und ungültigen Erst- bzw. Zweitstim-
men. Beim Wahlgerät könne der Wähler seine Erst- und
Zweitstimme nur korrekt abgeben oder bewusst die Taste un-
gültig drücken. Wenn er – was kaum vorkommen dürfe –
sich zwar zum Wahlgerät begebe, aber dort nicht beide Stim-
men gültig oder ungültig abgebe, sehe der Wahlvorstand an
der Bedieneinheit, dass keine Stimme abgegeben worden
sei, so dass kein Stimmabgabevermerk im Wählerverzeich-
nis eingetragen werden dürfe.

Darüber hinaus werde jede Stimme einzeln im Speichermo-
dul – mehrfach gesichert – gespeichert und könne jederzeit
reproduziert werden. Im Falle eines Speicherfehlers enthalte
das Speichermodul auch hierzu Informationen. Das Spei-
chermodul enthalte, ebenso wie ein Stimmzettel, auch Infor-
mationen über Stimmenkoppelungen (Erst- und zugehörige
Zweitstimme). Über die Anwendungssoftware seien alle ge-
speicherten Stimmen als Stimmzettel mit den entsprechen-
den Kreuzen ausdruckbar und von Hand nachzählbar.

Es fehle allerdings an der körperlichen Erfassbarkeit der ein-
zelnen Stimmen, so dass es an einer für die Allgemeinheit
nachvollziehbaren Summenbildung fehle. Dies sei jedoch
auch nicht erforderlich. Der Schutz vor Verfälschungen des
Wahlergebnisses werde durch eine Reihe anderer Maßnah-
men gewährleistet.

Zum einen werde das Wahlgerät vor seiner Zulassung durch
die PTB gründlich daraufhin untersucht, ob es einwandfrei
funktioniere, auch unter widrigen Umständen (kurzfristige
Stromausfälle, falsche Handhabung), ob es dem Stand der
Technik entspreche usw. Im Vorfeld der Wahl werde das Ge-
rät durch die Gemeindebehörde, die das Speichermodul pro-
grammiert, einer umfassenden Prüfung unterzogen. Auch
der Wahlvorstand habe beim und nach dem Aufbau des Ge-
räts umfangreiche Funktionskontrollen durchzuführen, die
öffentlich erfolgten.

Der Ausdruck des Ergebnisses des jeweiligen Wahlbezirks
finde in dem Wahllokal statt. Durch die dezentrale Ergebnis-
gewinnung entfalle die Möglichkeit einer Manipulation an
dem Speichermodul während des Transports des Wahlgeräts
oder während der Auslesung in einem zentralen Wahlamt.
Die dezentrale Ergebnisgewinnung gewährleiste auch, dass
Manipulationen Einzelner allenfalls auf das Wahlergebnis
im jeweiligen Wahlbezirk Auswirkungen haben könnten.

Durch diese umfangreichen gesetzlichen Vorkehrungen
werde bei der Wahl mit Wahlgeräten eine mindestens eben-
solche Zuverlässigkeit des Ergebnisses erreicht wie bei der
Urnenwahl.

Bei der Prüfung einer etwaigen Verletzung des Öffentlich-
keitsgrundsatzes bei der Wahl mit Wahlgeräten sei wiederum
ein Vergleich mit der Verwirklichung des Öffentlichkeits-
grundsatzes bei der Urnenwahl anzustellen.

Auch bei der Urnenwahl sei der Öffentlichkeitsgrundsatz
nicht in letzter Konsequenz verwirklicht. Wahlbeobachtern
sei nur eine eingeschränkte Kontrolle der Wahl möglich, die
sich auf das beschränkte, was ein einzelner Beobachter erfas-
sen könne, ohne den Ablauf der Auszählung zu stören. Auch
für die Öffentlichkeit bei der Auszählung der Stimmen und
Beratung durch die Wahlvorstände gelte, dass dieser Grund-
addiert habe. Denn die Zahl der Stimmabgabevermerke im
Wählerverzeichnis müsse identisch sein mit der jeweiligen

satz mit dem Ziel, zügig ein funktionsfähiges Parlament zu
bilden, in Einklang gebracht werden müsse.

Drucksache 16/3600 – 48 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 48 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Es sei auch nicht erforderlich, den Öffentlichkeitsgrundsatz
bei der Auszählung der Stimmen stärker zur Geltung zu brin-
gen. Denn dem Ziel, das Vertrauen der Bevölkerung in
manipulationsfreie Wahlen zu stärken, dienen noch weitere
Vorkehrungen im BWG und in der BWO. Bei der Auszäh-
lung gelte durchgängig ein Mehr-Augen-Prinzip, so dass die
Ergebnisse der Wahl jeweils von mehreren Mitgliedern des
Wahlvorstands kontrolliert würden. Die Stimmzettel seien
für eine gewisse Zeit aufzubewahren, so dass eine Nachzäh-
lung möglich sei. Die Auszählung der Stimmen finde, wie
auch bei der Ergebnisgewinnung bei der Wahl mit Wahl-
geräten, dezentral im Wahllokal statt; dadurch entfalle die
Möglichkeit von Manipulationen an der Urne während des
Transports.

Durch die dezentrale Auszählung beschränkten sich die Aus-
wirkungen von Manipulationen auf das Wahlergebnis im je-
weiligen Wahlbezirk.

Bei der Verhinderung von Unregelmäßigkeiten bei der Wahl
sei die öffentliche Kontrolle nur ein – wenn auch wichtiger –
Faktor unter vielen. Keine Maßnahme könne für sich ge-
nommen Manipulationen oder unbeabsichtigte Verfälschun-
gen des Wahlergebnisses verhindern. Sämtliche Maßnahmen
gemeinsam gewährleisten jedoch einen weitestgehenden
Schutz der Wahl vor Wahlfälschungen.

Die Stellungnahme des Bundesministeriums des Innern ist
dem Einspruchsführer bekannt gegeben worden. Er hat sich
hierauf nicht mehr geäußert.

Nach Prüfung der Sach- und Rechtslage hat der Wahlprü-
fungsausschuss beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des
Wahlprüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Ver-
handlung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Ein Wahlfehler ist in dem Einsatz elektronischer Wahlgeräte
bei der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag nicht zu erken-
nen.

Bereits bei Wahleinsprüchen gegen die Wahl zum 15. Deut-
schen Bundestag haben der Wahlprüfungsausschuss und der
Deutsche Bundestag hinsichtlich der grundsätzlichen Zu-
lässigkeit des Einsatzes von Wahlgeräten festgestellt, dass
keine Zweifel daran bestehen, dass der Gesetzgeber unter
Wahrung der Wahlrechtsgrundsätze auch die Stimmabgabe
mit Wahlgeräten vorsehen kann. Es gibt danach auch kei-
nen Anlass, die Verfassungskonformität des § 35 BWG zu
hinterfragen. Beim Einsatz von Wahlgeräten wird die Ein-
haltung der Wahlrechtsgrundsätze, insbesondere der Grund-
sätze der freien, gleichen und geheimen Wahl, durch ein
vielschichtiges System von Kontroll- und Informations-
pflichten in gleichem Maße gewährleistet wie bei der Urnen-
wahl (Bundestagsdrucksache 15/1150 vom 6. Juni 2003
[Anlage 19, S. 60 und Anlage 36, S. 116]). Auch in der Kom-
mentarliteratur wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass
§ 35 Abs. 2 Satz 1 BWG gewährleistet, dass die Wahlgeräte-
wahl hinsichtlich der Wahrung des Wahlgeheimnisses und

(vgl. Schreiber, a. a. O., § 35 Rn. 4). Der Wahlprüfungsaus-
schuss und der Deutsche Bundestag haben weiter festgestellt,
dass bei der Durchführung der Stimmabgabe mit elektro-
nischen Wahlgeräten nicht in schematischer Art und Weise
darauf geachtet werden muss, dass jede typischerweise mit
Stimmzetteln verbundene Besonderheit auf die Stimm-
abgabe mit Wahlgeräten übertragen wird. Dies gilt insbeson-
dere dann, wenn die Stimmabgabe mit Wahlgeräten die
Stimmabgabe unter einem bestimmten Gesichtspunkt ver-
einfacht (Bundestagsdrucksache 15/1150, Anlage 19, S. 60).

Auch die konkrete Ausgestaltung der Wahl mit Wahlgeräten
begegnet keinen Bedenken.

So entsprechen die bei der Bundestagswahl 2005 eingesetz-
ten Wahlgeräte der Firma NEDAP den gesetzlichen Vor-
gaben. § 35 BWG regelt i. V. m. der Bundeswahlgeräte-
verordnung, die das Bundesministerium des Inneren im Ein-
vernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft auf
der Grundlage von § 35 Abs. 3 BWG erlassen hat (VO vom
3. September 1975, BGBl. I S. 2459 mit späteren Ände-
rungen, vgl. dazu Schreiber, a. a. O., S. 824), die Voraus-
setzungen und das Verfahren der Stimmabgabe mit Wahl-
geräten. Somit können anstelle von Stimmzetteln und Urnen
bei einer Wahl auch mechanisch oder elektrisch betriebene
einschließlich rechnergesteuerter Geräte eingesetzt werden
(§ 1 BWahlGV).

Das in § 35 BWG vorgeschriebene Verfahren und die Zu-
ständigkeiten beim Einsatz elektronischer Wahlgeräte sind
bei der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag eingehalten wor-
den. Die gemäß § 35 Abs. 2 Satz 2 BWG erforderliche Bau-
artzulassung für die eingesetzten Wahlgeräte wurde erteilt
und im Bundesanzeiger bekannt gegeben. Die erforderliche
Verwendungsgenehmigung gemäß Absatz 2 Satz 4 und 5
liegt ebenfalls vor und wurde bekannt gegeben.

Anlage 1 der BWahlGV (Richtlinien für die Bauart von
Wahlgeräten, BGBl. I 1999, S. 749, 753) setzt für die
Bauartzulassung voraus, dass die Geräte den dort gestellten
Anforderungen insbesondere an die Identifizierbarkeit, den
technischen Aufbau und die Funktionsweise genügen, was
durch Inspektionen der technischen Unterlagen, Sichtprü-
fungen am Gerät sowie unterschiedliche Funktionstests
nachgewiesen wird. Diesen Anforderungen ist ausweislich
der überzeugenden Stellungnahme des BMI und der PTB
voll entsprochen worden.

Die NEDAP-Wahlgeräte arbeiten zudem nach überzeugen-
der Darstellung des BMI im Offline-Betrieb und sind somit
von externen Beeinflussungen während der Wahl weit-
gehend geschützt. Die (Stimm-)Daten werden auf einem
speziellen Datenträger (Stimmenmodul) gespeichert und auf
einem anderen Gerät ausgezählt. Es handelt sich um ein
weitgehend Hardware-gestütztes System, so dass die Bauart-
zulassung als geeignetes Kontrollmoment erscheint. Weiter
wird die Software der Geräte vor der Verwendung zweimal
kontrolliert und die festgestellte Identifikation wird mittels
eines Aufklebers auf dem Gerät versichert. Anschließend
werden die amtlich gesiegelten Geräte sicher aufbewahrt und
vor der Verwendung am Wahltag erneut überprüft. Bei all
diesen Schritten werden Ausdrucke angefertigt, die für nach-
trägliche Überprüfungen zur Verfügung stehen. Schließlich
ist die Softwareidentifikation auch in der Bedienungsanlei-
des Ausschlusses von Manipulationsmöglichkeiten die glei-
chen Sicherungen erfährt wie die Wahl mit Stimmzetteln

tung der Wahlgeräte vorgeschrieben, die als Bestandteil der
Bauart ebenfalls durch die PTB geprüft worden ist und eine

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 49 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 49 – Drucksache 16/3600

verbindliche Vorschrift für die Handhabung der Wahlgeräte
darstellt.

Das BMI hat weiter dargestellt, dass Manipulationen der
Software zwar theoretisch möglich, in der Praxis aber kaum
vorstellbar sind. Solange sie sich allein auf die Speicher-
module (Eproms) beschränken, ist eine gezielte Beeinflus-
sung des Wahlaktes nicht möglich, da bis einige Wochen vor
der Wahl aufgrund der sich von Wahl zu Wahl ändernden
Tastenbelegung nicht bekannt ist, welcher Kandidat mit wel-
cher Taste gewählt wird. In diesem Fall wäre also nur eine
Sabotage des Wahlaktes möglich, nicht dagegen eine ge-
zielte Manipulation zugunsten eines bestimmten Kandida-
ten. Eine Manipulation der Software setzt voraus, dass der
Täter auf den Quellcode des Softwareprogramms oder auf
die gefüllten Speichermodule Zugriff hätte. Da der Quell-
code ebenso wie die Speichermodule nach ihrer Komplettie-
rung und Versiegelung gesichert aufbewahrt werden, ist die
Manipulation in dem gleichen Maße möglich oder unmög-
lich wie bei den von der Gemeindebehörde aufbewahrten
Stimmzetteln bei der Urnenwahl. Jedenfalls aber würde ein
unbefugter Zugriff aufgrund der erbrochenen Siegel und der
nach der Inbetriebnahme des Gerätes erscheinenden Fehler-
meldung nicht unbemerkt bleiben. In diesem Falle würde das
betreffende Gerät nicht eingesetzt.

Schließlich ist auch eine Kontrolle und Identifizierung des
Softwareprogramms ausweislich der überzeugenden Stel-
lungnahme des BMI jederzeit, also auch am Wahltag und
damit im Beisein von Wählern, möglich, indem die Ver-
sionsnummer und die beiden Prüfsummen der Software am
Gerät angezeigt und ausgedruckt werden und mit der Bau-
gleichheitserklärung verglichen werden.

Nach § 11 Abs. 5 BWahlGV kann der Wahlvorstand auftre-
tende „Funktionsstörungen“ gemäß Bedienungsanleitung
beheben. Gelingt dies nicht, ist das Wahlgerät gegen jede
weitere Stimmabgabe zu sperren und die Wahl mit einem an-
deren Gerät oder mit Stimmzetteln fortzusetzen. Jede Stö-
rung ist in der Wahlniederschrift zu vermerken.

Dem Bundeswahlleiter sind bei der Wahl zum 16. Deutschen
Bundestag jedoch keine Unregelmäßigkeiten im Zusammen-
hang mit der Wahl mit Wahlgeräten bekannt geworden. Eine
Abfrage bei den Länderinnenministerien hat ausweislich der
Stellungnahme des BMI hierfür ebenfalls keine Anhalts-
punkte ergeben. Hinweise auf gezielte Manipulationen oder
unbeabsichtigte Veränderungen an den eingesetzten Wahlge-
räten liegen nicht vor. Ein entsprechender konkreter Ver-
dacht wurde bisher auch von anderer Seite nicht geäußert.
Auch soweit holländischen Hackern im Oktober 2006 der
Manipulationsversuch an einem in den Niederlanden einge-
setzten Typ der NEDAP-Wahlgeräte gelungen sein soll (vgl.
die Pressemitteilung der PTB vom 9. Oktober 2006), ist
darauf hinzuweisen, dass dies nicht unter den Bedingungen
einer Bundestagswahl stattgefunden hat. Für die hier vorzu-
nehmende Wahlprüfung ist die Manipulation zudem schon
deshalb unerheblich, weil sie im Oktober 2006 stattgefunden
haben soll und daher keinen Einfluss auf die Bundestags-
wahl 2005 gehabt haben kann.

Auch der Einspruchsführer führt keine konkreten Anhalts-
punkte dafür an, dass Fehlfunktionen oder Manipulationen
an Wahlgeräten aufgetreten seien. Er hält diese lediglich the-

kannt bleiben, genügt aber nicht für die Feststellung eines
Wahlfehlers. Denn die Wahlprüfung findet weder von Amts
wegen statt noch erfolgt sie stets in Gestalt einer Durchprü-
fung der gesamten Wahl. Vielmehr erfolgt nach § 2 Abs. 1
und 3 WPrüfG die Wahlprüfung nur auf Einspruch, der zu
begründen ist. Die Begründung muss mindestens den Tatbe-
stand, auf den die Anfechtung gestützt wird, erkennen lassen
und genügend substantiierte Tatsachen enthalten (BVerfGE
40, 11 (30)). Damit der Wahlprüfungsausschuss also einem
behaupteten Wahlfehler nachgehen – geschweige denn sein
Vorliegen feststellen – kann, reicht es nicht aus, dass dar-
gelegt wird, dass die Gefahr eines Wahlfehlers bestand. Es
müssen der Überprüfung zugängliche Tatsachen angegeben
werden, aus denen sich ergibt, dass der Wahlfehler nicht nur
passieren konnte sondern tatsächlich passiert ist. Aus dem
Vortrag des Einspruchsführers wird deutlich, dass auch er
gerade nur eine theoretische, und eben keine nach der all-
gemeinen Lebenserfahrung konkrete und in greifbare Nähe
gerückte Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit sieht, dass ein
Wahlfehler aufgetreten ist. Da also konkrete Anhaltspunkte
für einen Wahlfehler nicht mitgeteilt werden und der Ein-
spruchsführer seine Vermutung, dass Fehlfunktionen uner-
kannt bleiben würden, nicht erläutert, ist eine Substantiie-
rung des Vorbringens nicht festzustellen.

Somit entsprechen die NEDAP-Geräte in Hinblick auf die
Konstruktion dem Stand der Technik und sind in dem gefor-
derten Umfang identifizierbar, belastbar sowie funktions-
und manipulationssicher. Es wird zwar in keinem Fall mög-
lich sein, alle potenziell auftretenden Risiken, Störungen,
Fehler oder Manipulationsversuche mit Sicherheit auszu-
schließen. Dies gilt aber nicht nur für die Wahl mit Wahl-
geräten, sondern auch für die herkömmliche Wahl mit
Stimmzetteln sowie die Briefwahl. Es ist daher festzustellen,
dass sämtliche Sicherungen im Zusammenspiel einen so
weit gehenden Schutz vor Wahlmanipulationen gewährleis-
ten, dass von einer insgesamt sehr hohen Sicherheit beim
Einsatz dieser Wahlgeräte auszugehen ist.

Entgegen der Auffassung des Einspruchsführers ist auch in
dem Fehlen einer Papierspur (gemeint ist ein Protokoll in
Papierform [VVPAT]) kein Wahlfehler zu erkennen.

Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 BWahlGV kann die Bauartzulas-
sung erteilt werden, „wenn das Wahlgerät nach einer (…)
Prüfung durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt
den Richtlinien für die Bauart von Wahlgeräten nach An-
lage 1 entspricht“. Die Zählung der Stimmen ist in § 14 der
BWahlGV geregelt. Es ist festzustellen, dass ein Papier-
protokoll gesetzlich nicht vorgesehen ist und damit keine
Voraussetzung für die Bauartzulassung darstellt.

Die Auszählung geschieht beim Einsatz von Wahlgeräten
vielmehr in der Weise, dass „der Schriftführer die an dem
verwendeten Wahlgerät angezeigten oder ausgedruckten
Zahlen der Reihenfolge nach in die Zählkontrollvermerke
der Wahlniederschrift (einträgt), soweit nicht ein Ausdruck
selbst als Zählkontrollvermerk zu verwenden ist“. Anschlie-
ßend stellt „der Wahlvorsteher (…) durch lautes Ablesen der
einzelnen Anzeigen“ die Zahl der an den Wahlgeräten abge-
gebenen Stimmen fest. Bei der Feststellung werden die ins-
gesamt abgegebenen Erst- bzw. Zweitstimmen, die für jeden
Bewerber bzw. für jede Landesliste abgegebenen Erst- und
oretisch für möglich. Die generelle Befürchtung, es könne an
den Geräten zu Fehlfunktionen kommen, die zudem uner-

Zweitstimmen und die abgegebenen ungültigen Erst- und
Zweitstimmen gesondert festgestellt.

Drucksache 16/3600 – 50 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 50 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Zudem hat die Verwendung von VVPATs nach überzeugen-
der Darstellung des BMI Vor- und Nachteile und ist in der
Fachwelt keineswegs, wie der Einspruchsführer behauptet,
unumstritten. Insbesondere ist durch die Verwendung eines
VVPAT keine unabhängige Verifikation möglich, da ein
VVPAT, wie jedes andere Papierprodukt auch, manipuliert
werden kann. Er kann auch mangelndes Vertrauen in die
Funktionsfähigkeit des Wahlgeräts nicht ersetzen, da er vom
Wahlgerät selbst erzeugt wird. Daneben kann der erforder-
liche Drucker zusätzliche technische Probleme bereiten. So-
fern eine Manipulation der Software stattfinden soll, ist da-
von auszugehen, dass der potenzielle Täter auch die Prüfaus-
drucke manipuliert, um die Manipulation nicht sofort offen-
kundig werden zu lassen. Es muss also davon ausgegangen
werden, dass gegen jede zusätzliche Sicherung ein neues
Mittel gefunden wird, diese Sicherung zu überwinden. Da
aber das Manipulieren elektronischer Daten spezielle Kennt-
nisse erfordert, ist der Papierausdruck grundsätzlich unzu-
verlässiger als die elektronischen Daten. Der Papierausdruck
(VVPAT) bietet somit keine Garantie für eine zuvor ord-
nungsgemäß erfolgte Stimmabgabe.

Schließlich ist die Kontrolle der abgegebenen Stimmen nach
Auskunft des BMI jederzeit und beliebig oft möglich, indem
die Speichermodule nach Ablauf des Wahltages erneut in ein
Wahlgerät eingesteckt werden. Außerdem können die Spei-
chermodule im Rahmen einer Wahlprüfung ausgelesen wer-
den. Dabei kann festgestellt werden, ob Stimmen Defekte
aufweisen. Schließlich können alle gespeicherten Stimmen
als Stimmzettel mit den entsprechenden Kreuzen ausge-
druckt und von Hand nachgezählt werden. Vor diesem Hin-
tergrund erscheint es hinnehmbar, dass der Vorgang der
Stimmabgabe aufgrund des Einsatzes der Elektronik nicht
für jeden Bürger vollständig nachvollziehbar sein mag. Es ist
ausreichend, dass das Wahlverfahren insgesamt für den
Wähler verständlich ist. Dies ist durch das normierte Verfah-
ren der Wahl mit Wahlgeräten der Fall.

Den bloßen Möglichkeiten, dass bei der Wahl mit Wahlgerä-
ten Manipulationen vorgenommen werden können, steht der
tatsächlich feststellbare Nachteil der Urnenwahl gegenüber.
So sind die bei der herkömmlichen Wahl festzustellenden
Fehler eines (unbeabsichtigten) Falsch-Wählens bei der
Stimmabgabe oder eines Falsch-Zählens bei der Stimmaus-
wertung apparativ nahezu vollständig ausgeschlossen (vgl.
dazu Schreiber, a. a. O., § 35 Rn. 2).

Da die Stimmauszählung also den Vorgaben des § 35 BWG
und der §§ 2 und 14 BWahlGV entspricht, stellt das Fehlen
eines VVPAT bei der Bundestagswahl 2005 keinen Wahlfeh-
ler dar.

Soweit der Einspruchsführer bemängelt, dass das Wahl-
geheimnis durch das maschinelle Verfahren verletzt werde,
ist zunächst in Erinnerung zu rufen, dass der Wahlprüfungs-
ausschuss des Deutschen Bundestages (wie oben dargelegt)
zum Einsatz von Wahlgeräten bereits festgestellt hat, dass
der Grundsatz der Geheimheit der Wahl in gleichem Maße
gewährleistet ist wie bei der Urnenwahl. § 35 Abs. 4 BWG
verweist ausdrücklich auf § 33, der die „Wahrung des Wahl-
geheimnisses“ regelt. § 9 BWahlGV stellt sicher, dass der
Wähler seine Stimme unbeobachtet abgeben kann. Schließ-
lich schreiben die Richtlinien für die Bauart von Wahlgerä-

muss. Bedienungshandlungen des Wählers ergeben danach
„keine Fehlermeldungen, sondern ggf. Hinweise zum Hand-
lungsablauf“ (Nummer 3.7). Somit ist – entgegen dem Vor-
trag des Einspruchsführers – technische Vorsorge getroffen
worden, dass der Wähler gerade nicht beim Wahlvorstand
nachfragen muss, wie die Maschine zu bedienen ist, so dass
er auch nicht seine Wahlabsicht offenbart. Im Übrigen gilt
dies entsprechend bei der herkömmlichen Urnenwahl. Auch
hier kann dem Wähler möglicherweise unklar sein, wie der
Stimmzettel auszufüllen ist. Kann der trotz eines geistigen
Gebrechens Wahlberechtigte den Wahlvorgang nicht bewäl-
tigen, darf ihm weder bei der Urnen- noch bei der Wahlgerä-
tewahl geholfen werden.

Soweit der Einspruchsführer bemängelt, dass der Wahlvor-
stand von der Ausübung bzw. Nichtausübung des Wahl-
rechts Kenntnis erlangt, ist zunächst darauf hinzuweisen,
dass aus der Tatsache der Stimmabgabe bzw. des Unter-
lassens der Stimmabgabe nicht darauf geschlossen werden
kann, welchem Wahlvorschlag der Wähler seine Stimme(n)
gegeben hat, so dass darin kein Wahlfehler zu sehen ist
(vgl. Bundestagsdrucksache 14/1560, Anlage 48 sowie
Schreiber, a. a. O., § 34 Rn. 6). Auch bei der Urnenwahl
wird die Stimmabgabe „neben dem Namen des Wählers im
Wählerverzeichnis“ vermerkt (§ 58 BWO).

§ 11 Abs. 4 BWahlGV sieht entsprechend vor, dass der
Wahlvorstand anhand der Kontrolleinheit „überprüft, ob der
Wähler gewählt hat“. Dies dient der Freischaltung des Wahl-
geräts vor der nächsten Stimmabgabe. Bei nicht erfolgter
Stimmabgabe ist „der Stimmabgabevermerk im Wählerver-
zeichnis zu streichen“ und die Bemerkung „Nichtwähler“
einzutragen. Bei Nichtabgabe der Erst- oder Zweitstimme
„gilt die nichtabgegebene Stimme als ungültig“. Der Wahl-
vorsteher führt über diese nichtabgegebenen Erst- und
Zweitstimmen „je eine Zählliste“ (Satz 4).

Grundsätzlich ist der Wahlvorgang zwar so zu gestalten, dass
außer dem Wähler auch niemand erfährt, ob er nur eine
Stimme abgegeben, ob er bewusst ungültig gewählt hat oder
ob er sich einer Stimmabgabe enthalten hat. Jedoch gilt die-
ser Grundsatz nicht schrankenlos, wie z. B. die Zulässigkeit
der Inanspruchnahme einer Hilfsperson bei der Urnen- und
auch der Wahlgerätewahl zeigt (vgl. auch BVerfGE 4, 375,
386 f.; 12, 135, 139 zur Einschränkung des Wahlgeheimnis-
ses beim Unterschriftenquorum). Das Wahlgeheimnis ist zu-
dem auch bei der Briefwahl nicht uneingeschränkt gewähr-
leistet. Vor diesem Hintergrund erscheint es gerechtfertigt,
dass der Grundsatz der geheimen Wahl bei der Wahlgeräte-
wahl ausnahmsweise beschränkt ist, um dem Wahlvorstand,
wie dargestellt, die ordnungsgemäße Durchführung des
Wahlverfahrens zu ermöglichen. Ein Wahlfehler ist somit
nicht gegeben.

Auch die Verwendung des Displays an den eingesetzten
Wahlgeräten begründet keinen Wahlfehler. Nach § 33 Abs. 2
BWG kann sich ein Wähler, der des Lesens unkundig ist
oder der durch körperliche Gebrechen gehindert ist, den
Stimmzettel zu kennzeichnen, zu falten oder selbst in die
Wahlurne zu werfen, der Hilfe einer anderen Person bedie-
nen. Für die Wahl mit Wahlgeräten findet diese Vorschrift
gemäß § 35 Abs. 4 BWG Anwendung. Hilfe kann auch von
einem Mitglied des Wahlvorstandes geleistet werden. Nach
ten vor, dass „es auch von unterdurchschnittlich begabten
Wählern ohne größere Schwierigkeiten“ zu bedienen sein

§ 57 Abs. 2 BWO hat sich die Hilfeleistung auf die Erfüllung
der Wünsche des Wählers zu beschränken, so dass es sich

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 51 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 51 – Drucksache 16/3600

lediglich um eine „technische“ Hilfeleistung bei der Kund-
gabe des Wählerwillens (Schreiber, a. a. O., § 33 Rn. 5) han-
deln darf.

Vorliegend ist kein Verstoß gegen die genannten Vorschrif-
ten zu erkennen. Da sehbehinderte Wähler unproblematisch
eine Hilfestellung noch im Wahlraum erbitten können,
macht es keinen Unterschied, ob ein Wahlzettel oder das Dis-
play des Wahlgerätes für sie möglicherweise schlecht zu er-
kennen wäre. Gemäß den Richtlinien für die Bauartzulas-
sung von Wahlgeräten sind die Angaben, die auf amtlichen
Wahlzetteln enthalten sind, auf dem Wahlgerät „gut erkenn-
bar“ anzubringen. Für jeden Wahlvorschlag ist ein Feld „mit
eindeutig abgegrenzter Bedienungsvorrichtung zur Auswahl
der Stimmabgabe vorhanden“ (Nummer 3.3). Es ist somit
davon auszugehen, dass die Erkennbarkeit des Displays des
Wahlgeräts der des Wahlzettels entspricht. Soweit die Beob-
achtungen des Einspruchsführers hiervon abweichen, kann
dies vom Wahlprüfungsausschuss nicht überprüft werden.
Denn nach § 2 Abs. 1 und 3 WPrüfG erfolgt die Wahlprü-
fung nur auf Einspruch, der zu begründen ist. (ständige
Rechtsprechung seit BVerfGE 40, 11 (30)). Hier hat der
Einspruchsführer keine weiteren Angaben gemacht, aus
denen sich eine Benachteiligung sehbehinderter Wähler bei
Benutzung eines Wahlgerätes ergeben könnte. Solche Vor-
würfe sind auch von anderer Seite nicht erhoben worden.

Ebensowenig kann in dem Einsatz der Wahlgeräte ein Ver-
stoß gegen das Öffentlichkeitsprinzip gesehen werden.

Einfachrechtlich ist das Öffentlichkeitsprinzip in den §§ 10,
31 BWG und in § 54 BWO verankert. Gemäß § 10 BWG
verhandeln, beraten und entscheiden die Wahlausschüsse
und Wahlvorstände in öffentlicher Sitzung. § 31 Satz 1
BWG bestimmt: „Die Wahlhandlung ist öffentlich“. § 54
BWO konkretisiert dies dahingehend, dass während der
Wahlhandlung und der Ergebnisermittlung jedermann Zutritt
zu den Wahlräumen hat, soweit dies ohne Störung des Wahl-
geschäfts möglich ist.

§ 5 BWahlGV verweist auf die Anwendbarkeit der BWO.
Somit gilt auch bei der Wahl mit Wahlgeräten, dass die Ver-
handlungen, Beratungen, Abstimmungen und Entscheidun-
gen der Wahlausschüsse und -vorstände für Jedermann zu-
gänglich sind. Damit findet der gesamte Willensbildungs-
und Entscheidungsprozess, der zu der Feststellung des Er-
gebnisses für den Wahlbezirk führt, im Lichte der Öffent-
lichkeit statt. Auch der öffentliche Zugang zum Wahlraum
ist bei der Wahl mit Wahlgeräten gewährleistet. Schließlich
finden, unter Beachtung des Grundsatzes der Geheimheit
der Wahl, auch die Wahlhandlung (§ 54 BWO) sowie die
Stimmauszählung (§ 67 ff. BWO) beim Einsatz von Wahl-
geräten öffentlich statt. Es existiert daher keine rechtliche
Beschränkung der Öffentlichkeit bei der Wahl mit Wahl-
geräten.

Soweit der Einspruchsführer ein über die Erfordernisse der
genannten Normen hinausgehendes Öffentlichkeitsprinzip
behauptet, ist dies nicht zu erkennen. Insbesondere ist nicht
zu sehen, aus welchen Bestimmungen sich dieses ergeben
soll und welchen Inhalt es haben soll. Darüber hinaus wird
auch nicht klar, inwieweit Vorschriften über das Öffentlich-
keitsprinzip bei der Wahl mit Wahlgeräten verletzt worden
sein sollen. Nach Auffassung des Wahlprüfungsausschusses

satz von Wahlgeräten beachtet worden. Soweit das Öffent-
lichkeitsprinzip, wie vom BMI dargestellt, ebenso wenig wie
die in Artikel 38 Abs. 1 GG ausdrücklich geregelten Wahl-
rechtsgrundsätze in voller Reinheit verwirklicht werden
kann, gilt dies für die herkömmliche Urnenwahl und die
Wahlgerätewahl in gleichem Maße. Zum Öffentlichkeits-
grundsatz gehört jedenfalls nicht, dass jede einzelne Hand-
lung der Einzelkontrolle unterliegt, da sonst bei der her-
kömmlichen Wahl per Stimmzettel der misstrauische Bürger
vor jedem Einwurf eines Wahlzettels bezweifeln könnte,
dass sich in der Urne nicht schon manipulierte Wahlzettel be-
finden.

Auch bei der Briefwahl ist die Öffentlichkeit der Stimm-
abgabe stark eingeschränkt. Da die Wahlhandlung in der Pri-
vatsphäre und nicht im öffentlichen Raum stattfindet, fehlt es
bei dieser Wahlart an dem integrierenden Faktor der Wahl.
Auch die Kontrollierbarkeit der Wahlhandlung durch die
Öffentlichkeit entfällt, da die Öffentlichkeit keinen Einblick
hat, ob z. B. bestimmte Personen von ihrem Wahlrecht
Gebrauch gemacht haben oder nicht.

Bei den NEDAP-Wahlgeräten erfolgt der Wahlablauf grund-
sätzlich in gleicher Weise wie bei der Urnenwahl. Der Wäh-
ler betritt den Wahlraum und wird durch den Wahlvorstand
überprüft, so dass nur berechtigte Wähler den Zugang zur
Wahlkabine erhalten. Lediglich der Einwurf der Stimme in
die Wahlurne geschieht durch Drücken der Taste „Stimm-
abgabe“. Da die Kennzeichnung des Stimmzettels und die
Stimmabgabe an einem einzigen Gerät vorgenommen wer-
den, findet der Akt der Stimmabgabe an diesem Gerät in der
Wahlkabine statt. Für den Wahlvorstand und die Öffentlich-
keit ist dieser Akt dennoch transparent, da nur der Wähler,
der seine Wahlbenachrichtigungskarte abgegeben hat, an
dem Wahlgerät wählen darf. Durch die Technik ist sicher-
gestellt, dass z. B. eine „doppelte Stimmabgabe“ nicht mög-
lich ist.

Die Öffentlichkeit kann auch den Ausdruck des vom Wahl-
gerät errechneten Ergebnisses des Wahlbezirks nach Been-
digung der Wahlhandlung sowie die Übernahme des Ergeb-
nisses in die Wahlniederschrift und damit die Auszählung
insgesamt kontrollieren. Durch den von § 14 BWahlGV vor-
geschriebenen Abgleich der Stimmabgabevermerke im
Wählerverzeichnis mit den vom Gerät registrierten gültigen
und ungültigen Erst- und Zweitstimmen kann auch kontrol-
liert werden, ob das Wahlgerät alle Stimmabgaben erfasst
und korrekt addiert hat. Zudem können alle gespeicherten
Stimmen als Stimmzettel mit den entsprechenden Kreuzen
ausgedruckt und von Hand nachgezählt werden.

In der Rechtswirklichkeit steht die konkrete Wahlhandlung
der Stimmabgabe beim Einsatz von Wahlgeräten somit im
Spannungsfeld des Prinzips der geheimen Wahl und des
Öffentlichkeitsgrundsatzes. Vor diesem Hintergrund ist es
hinnehmbar, dass beim Einsatz rechnergesteuerter Wahl-
geräte nicht jeder Teilakt des Stimmenregistrierungsverfah-
rens für Jedermann transparent ist. Es gehört zu den Beson-
derheiten der fortschreitenden Technisierung, dass von der
Funktionsfähigkeit der eingesetzten Systeme ausgegangen
wird, wenn sie vor ihrem Einsatz in einem speziellen Ver-
fahren geprüft worden ist. Dies gilt umso mehr, als in allen
anderen Verfahrensschritten die erforderliche Kontrolle
ist die Einhaltung der geltenden gesetzlichen Bestimmungen
unter Einschluss des Öffentlichkeitsgrundsatzes beim Ein-

stattfindet und dadurch die erlangten Ergebnisse auf ihre
Plausibilität überprüft werden können.

darauf hinzuweisen, dass dies auch nicht gefordert wird
(Bundestagsdrucksache 15/1150, Anlage 19, S. 60).

Zudem ist weder festgestellt noch von dem Einspruchsführer
vorgetragen worden, dass ein amtliches Organ durch Miss-
achtung der Vorgaben des § 31 BWG oder des § 54 BWO
einen Wahlfehler begangen hätte. Vielmehr ergibt sich aus
dem Fehlen eines solchen Vorbringens, dass davon ausge-
gangen werden muss, dass die Beachtung des Öffentlich-
keitsgrundsatzes durch den betreffenden Wahlvorstand si-
chergestellt war.

Es liegt somit kein Wahlfehler vor. Selbst wenn man aber
von einem Wahlfehler ausginge, wäre dieser jedenfalls nicht
mandatsrelevant.

digen Raum“ stattgefunden habe, kein Wahlfehler gesehen
werden. § 46 BWO sieht vor, dass die Wahlräume „soweit
möglich“ in Gemeindegebäuden eingerichtet werden. Dem
Einspruchsführer ist – die Richtigkeit seiner Ausführungen
unterstellt – zuzugeben, dass die Abstellkammer eines Res-
taurants nicht den bestmöglichen Ort für die Stimmabgabe
im Rahmen einer Bundestagswahl darstellt. Da aber in dem
konkreten Wahlraum die wahlgesetzlichen Bestimmungen
über die Öffentlichkeit der Wahl (§ 31 BWG, § 54 BWO),
die Öffnungszeit (§ 47 BWO) und die Ausstattung des Wahl-
raumes (§§ 50 ff. BWO) oder die Ordnung in dem betreffen-
den Wahlraum nicht verletzt worden sind, ist ein Wahlfehler
nicht gegeben.
Drucksache 16/3600 – 52 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 52 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Es kann also nur darauf ankommen, dass die Öffentlichkeit
die grundsätzliche Möglichkeit hat, sich von der Funktions-
fähigkeit des Wahlverfahrens zu überzeugen. Dem trägt das
Wählen mit Wahlgeräten Rechnung, da der Wähler sich in
einem amtlichen Verfahren befindet. So wird er in einem
öffentlichen Wahllokal vom bestellten Wahlvorstand über
seinen amtlich ausgestellten Wahlschein persönlich identifi-
ziert, das Abgeben seiner Stimme wird am Wahlcomputer in-
dividuell registriert – und kann von ihm korrigiert werden –
und das Wahlergebnis wird unter Berücksichtigung seiner
Wahlentscheidung veröffentlicht. Bei Zweifeln an der Rich-
tigkeit des Verfahrens kann er die Wahl anfechten. Unter Be-
rücksichtigung dieser Erwägungen kann eine Verletzung des
Öffentlichkeitsgrundsatzes bei der Wahl mit Wahlgeräten
nicht festgestellt werden.

Dies gilt umso mehr, als vorliegend im Wahlablauf die
Beachtung der insoweit spezielleren Vorschriften des
§ 35 BWG i. V. m. der BWahlGV festzustellen ist. Soweit
ein Vergleich mit den Vorschriften über die herkömmliche
Urnenwahl ergibt, dass typischerweise mit Stimmzetteln
verbundene Besonderheiten nicht deckungsgleich auf die
Stimmabgabe mit Wahlgeräten übertragen worden sind, ist

Ein Wahlfehler ist nur dann relevant, wenn nach den gegebe-
nen Umständen des Falles eine konkrete und nicht ganz fern
liegende Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie auf das Wahl-
ergebnis und damit auf die Sitzverteilung von Einfluss gewe-
sen sein könnte (BVerfGE 89, 291, 304; Schreiber a. a. O.,
§ 49 Rn. 10). Ein mandatsrelevanter Wahlfehler bei der
Wahl mit Wahlgeräten ist danach nur dann gegeben, wenn
Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine alternativ durch-
geführte Urnenwahl zu anderen Wahlergebnissen geführt
hätte.

Der Einspruchsführer hat aber keine konkreten Anhalts-
punkte dafür angeführt, dass aufgrund des Einsatzes von
Wahlgeräten andere Wahlergebnisse erzielt worden sind als
bei einer Urnenwahl. Er hat lediglich theoretisch eine nicht
korrekte Arbeitsweise der Geräte für möglich gehalten.
Auch dem Bundeswahlleiter sind, wie das BMI mitgeteilt
hat, bei der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag keine
Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Wahl mit
Wahlgeräten bekannt geworden.

Schließlich kann auch in der Darstellung des Einspruchsfüh-
rers, dass die Wahl in seinem Wahlbezirk in einem „unwür-

hätten, auch mandatsrelevant.

Zu dem Vortrag der Einspruchsführerin hinsichtlich der

tronikeinheit befänden sich zwei Speicherchips (auch als
Speicherbausteine bzw. Speichermodule bezeichnet), die
gemeinsam das Softwareprogramm enthielten. Diese zwei
Zum besseren Verständnis der technischen Seite der Ein-
sprüche werden zunächst allgemein der Aufbau der Wahl-
geräte, deren Handhabung und die Rahmenbedingungen

die Speichermodule ein Zubehör seien.

Die Firma NEDAP baue das Gerät und liefere es an den Kun-
Frage einer fehlenden (Papier-)Protokollfunktion der ein-
gesetzten Wahlgeräte hat das Bundesministerium des
Innern (BMI) unter Einbeziehung der Physikalisch-Tech-
nischen Bundesanstalt (PTB) und des Bundeswahlleiters
ebenso wie zu weiteren Einsprüchen, die sich auf das
Thema der elektronischen Wahlgeräte beziehen, Stellung
genommen.

Danach sei der vorliegende Einspruch zurückzuweisen. Die
Wahlgeräte seien hinreichend manipulationssicher und ein
Papierprotokoll erhöhe die Manipulationssicherheit nicht
(s. u. Nummer 3). Eine Verletzung des Öffentlichkeitsgrund-
satzes habe nicht vorgelegen (Nummer 4). Selbst wenn man
Wahlfehler annehmen würde, seien sie nicht mandatsrele-
vant (Nummer 5).

Speicherchips würden Eproms genannt.

Das Softwareprogramm auf den Eproms bestimme den ge-
nerellen Ablauf der Wahl, also die Schritte Freigabe, Aus-
wahl der Erststimme und der Zweitstimme, ggf. Korrektur
der Stimmen, endgültige Stimmabgabe, Stimmspeicherung
und Sperrung des Geräts sowie die Auswertung der Wahl.
Das Speichermodul enthalte hingegen die Daten der Stimm-
zettel, die Zuordnung der einzelnen Tasten zu Listen, Par-
teien oder Bewerbern sowie einige konkrete Angaben zur
Wahl wie Wahldatum und Wahllokal und diene damit vor
allem, weil es die Daten über die abgegebenen Stimmen
enthalte, als „Urne“. Das Wahlgerät könne nur mit einem
eingesteckten, korrekt gefüllten Speichermodul für eine
Wahl verwendet werden. Die Eproms mit dem Softwarepro-
gramm seien integraler Bestandteil des Wahlgeräts, während
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 53 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 53 – Drucksache 16/3600

Anlage 4

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

der Frau S. M., 22089 Hamburg
– Az.: WP 182/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Fernschreiben vom 18. November 2005, das am
gleichen Tag beim Wahlprüfungsausschuss eingegangen ist,
hat die Einspruchsführerin gegen die Bundestagswahl am
18. September 2005 Einspruch eingelegt.

I.

Der Einspruch betrifft die Durchführung der Wahl mittels
elektronischer Wahlgeräte und Mängel bei der Stimmabgabe
von zwei prominenten Wählern im Wahllokal.

Die Einspruchsführerin trägt zur Begründung vor, dass bei
der Wahl am 18. September 2005 elektronische Wahlgeräte
verwendet worden seien, die keine (Papier-)Protokollfunk-
tion gehabt hätten. Damit sei die Auszählung nicht über-
prüfbar, was dem „Öffentlichkeitsgrundsatz einer Wahl“
widerspreche. Mögliche Manipulationen seien dadurch nicht
nachweisbar gewesen. Dieser Wahlfehler sei angesichts der
zwei Millionen Wähler, die mit diesen Geräten abgestimmt

1. Funktionsweise der NEDAP-Wahlgeräte

Die bei der Bundestagswahl 2005 eingesetzten Wahlgeräte
der niederländischen Firma NEDAP (Nederlandsche Appa-
ratenfabriek) bestünden aus dem eigentlichen Wahlgerät, an
dem der Wähler seine Wahl vollziehe, und einer per Kabel
fest mit dem Wahlgerät verbundenen Bedieneinheit, die sich
in der Obhut des Wahlvorstandes befinde. Diese Bedien-
einheit enthalte u. a. zwei Schlösser mit Schlüsseln, über die
die Betriebszustände „Wählen“ und „Wahlauswertung“ ein-
gestellt würden, sowie Tasten, über die das Wahlgerät für je-
den einzelnen Wähler freigegeben werde. Das eigentliche
Wahlgerät bestehe aus einem großen Tastentableau mit
einem oder mehreren Stimmzetteln, einem kleinen Display
zur Kontrolle für den Wähler und einem Funktionstasten-
feld, das nur vom Wahlvorstand während der Wahlauswer-
tung benutzt werde und sonst durch eine Klappe abgedeckt
sei. Des Weiteren befänden sich auf der Rückseite des Wahl-
geräts ein Drucker und ein Steckplatz für ein Speichermodul
(eine Art Kassette) sowie die Elektronikeinheit. In der Elek-
(Nummer 1) sowie die Prüfung durch die Physikalisch-
Technische Bundesanstalt (PTB) beschrieben (Nummer 2).

den aus. Durch eine auf der Rückseite des Geräts aufgeklebte
Baugleichheitserklärung versichere der Hersteller, dass das

Drucksache 16/3600 – 54 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 54 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Gerät baugleich zu dem angegebenen zugelassenen Baumus-
ter sei. Das Wahlgerät enthalte im Auslieferungszustand kein
Speichermodul und sei damit nicht für eine Wahl verwend-
bar. Leere Speichermodule würden dem Kunden als Zubehör
mitgeliefert.

Einige Wochen vor der Wahl, wenn aufgrund der Entschei-
dung der Wahlausschüsse die Kreiswahlvorschläge und Lan-
deslisten der Parteien und damit der Inhalt der Stimmzettel
feststehen würden, programmiere die Gemeindebehörde für
jedes Wahlgerät ein Speichermodul mit den Daten der
Stimmzettel und den anderen konkreten Angaben der Wahl.
Mit den gleichen Daten werde ein Geräte-Stimmzettel be-
druckt. Der Geräte-Stimmzettel werde von der Gemeinde-
behörde auf dem Tastentableau des Wahlgeräts angebracht.
Das programmierte Speichermodul werde auf der Rückseite
des Wahlgeräts eingesteckt. Erst mit dem Speichermodul sei
das Wahlgerät prinzipiell für eine Wahl einsetzbar. Nach dem
Einstecken des programmierten Speichermoduls erfolge ein
Funktionstest des Wahlgeräts durch die Gemeindebehörde.
Dabei werde unter anderem kontrolliert, ob das Wahlgerät
und sein Softwareprogramm sich korrekt identifizierten, ob
alle Tasten richtig programmiert seien und ob sich keine
Stimmen im Speichermodul befänden. Bei neueren Bauarten
werde außerdem die Unversehrtheit der Versiegelung, die
vom Hersteller an der Elektronikeinheit angebracht worden
sei, kontrolliert. Sei der Funktionstest erfolgreich, werde das
Gerät verschlossen und im verschlossenen Zustand amtlich
versiegelt.

Am Wahltag kontrolliere der Wahlvorstand die Unversehrt-
heit der amtlichen Siegel, erbreche sie, baue das Wahlgerät
auf und schalte es ein. Der Wahlvorstand kontrolliere die
Identifikation des Wahlgeräts und seines Softwarepro-
gramms, das Wahldatum und den Wahlbezirk bzw. -kreis
und die Anzeige „0“ für die Zahl der abgegebenen Wähler-
stimmen. Die durchzuführenden Kontrollen seien detailliert
im Handbuch sowie überblicksartig in der Kurzanleitung für
die Wahlvorstände beschrieben. Der Wahlvorstand stelle das
Wahlgerät mit Hilfe eines Schlüssels auf den Betriebszu-
stand „Wählen“ ein und verriegele diesen Betriebszustand
durch einen zweiten Schlüssel. Die beiden Schlüssel würden
während des Wahltages bei zwei verschiedenen Mitgliedern
des Wahlvorstands aufbewahrt. Der Wahlvorstand gebe das
Wahlgerät frei und die einzelnen Wähler gäben ihre Stimmen
ab. Am Ende des Wahltages entriegele der Wahlvorstand mit
Hilfe der beiden Schlüssel den Betriebszustand „Wählen“
und stelle den Betriebszustand „Wahlauswertung“ ein.

Zur Feststellung der Zahl der Wähler würden die Zahl der
Stimmabgabevermerke und der eingenommenen Wahl-
scheine mit den vom Wahlgerät angezeigten Zahlen der
Stimmabgaben verglichen und in der Wahlniederschrift ver-
merkt. Der Wahlvorstand wähle nun am Wahlgerät die Funk-
tion „Wahlauswertung per Drucker“ und gewinne so das
vom Wahlgerät errechnete Ergebnis. In dem Moment, in dem
dieses Ergebnis ausgedruckt werde, könnten keine weiteren
Stimmen mehr hinzugefügt werden.

Der Ausdruck des Wahlergebnisses werde in die Wahlnie-
derschrift aufgenommen. Der Wahlvorsteher stelle die Zahl
der insgesamt abgegebenen Erst- und Zweitstimmen und der
für jeden Bewerber und jede Liste abgegebenen Stimmen

übereinstimme. Sollte der Drucker defekt sein, könne entwe-
der das Wahlergebnis am Display angezeigt und von dort in
die Wahlunterlagen übertragen werden oder das Speicher-
modul mit den Stimmen werde in ein anderes Wahlgerät ein-
gesteckt und mit diesem werde der Ergebnisausdruck ange-
fertigt. Der Wahlvorstand entferne das Speichermodul mit
den Stimmen und übergebe es verpackt und versiegelt der
Gemeindebehörde. Das Wahlgerät werde ebenfalls ver-
schlossen und zurücktransportiert.

Die Speichermodule könnten jederzeit nach Ablauf des
Wahltages erneut in ein Wahlgerät eingesteckt werden, um
das Ergebnis noch einmal (bzw. beliebig oft) zu gewinnen.
Darüber hinaus könnten die Speichermodule im Rahmen
einer Wahlprüfung ausgelesen werden. Dabei könne fest-
gestellt werden, ob die Stimmen, die vierfach redundant ge-
speichert würden, Defekte aufwiesen. Das Speichermodul
enthalte, ebenso wie ein Stimmzettel, auch Informationen
über Stimmenkoppelungen (Erst- und zugehörige Zweit-
stimme). Über die Anwendungssoftware könnten alle ge-
speicherten Stimmen als Stimmzettel mit den entsprechen-
den Kreuzen ausgedruckt und von Hand nachgezählt wer-
den. Seien alle Einspruchsfristen verstrichen, würden die
Speichermodule nach Freigabe durch den Bundeswahlleiter
komplett gelöscht und könnten mit den Daten der nächsten
Wahl programmiert werden.

Für die Wähler stelle sich der Ablauf wie folgt dar: Der
Wahlvorstand kontrolliere die Wahlberechtigung wie üblich
und gebe dann, statt dem Wähler einen Stimmzettel auszu-
händigen, das Wahlgerät über eine Taste auf der Bedienein-
heit frei. Der Wähler könne nun an das Wahlgerät herantre-
ten und seine Stimmen durch Tastendruck (anstelle durch
Ankreuzen) auf einer Folientastatur auswählen, die dem Er-
scheinungsbild eines Stimmzettels nachgebildet sei. Das di-
gitale Textdisplay bestätige die getroffene Auswahl und for-
dere zum nächsten Schritt auf. Der Wähler könne also seine
Auswahl auf dem Display kontrollieren, ggf. über die Kor-
rekturtaste berichtigen und dann seine Stimmen endgültig
abgeben, indem er die dafür vorgesehene Stimmabgabetaste
drücke. Dieser letzte Schritt (Abgabe einer gültigen bzw. un-
gültigen Stimme) entspreche dem Einwurf des Stimmzettels
in die Urne. Der Schriftführer vermerke im Wählerverzeich-
nis die Stimmabgabe. Die Stimmen würden redundant und
mit Sicherheitsmaßnahmen versehen an einer zufällig ausge-
wählten Stelle des Speichermoduls gespeichert. Nach der
Speicherung der Stimmen sei das Wahlgerät für weitere
Stimmabgaben gesperrt. Der Wähler verlasse das Wahlgerät.
Die Anzeige auf der Bedieneinheit des Wahlvorstandes über
die Zahl der Wähler erhöhe sich um eins. Diese Anzeige
diene dem Wahlvorstand für die Entscheidung, ob der Wäh-
ler seine Wahl ordnungsgemäß abgeschlossen habe. Das
Wahlgerät bleibe gesperrt, bis es für den nächsten Wähler
wieder freigegeben werde.

Schließlich enthalte auch das Wahlgerät selbst umfangreiche
Diagnosefunktionen und führe mit Hilfe dieser Funktionen
beim Gerätestart, während des laufenden Betriebs sowie vor
und nach der Speicherung von Stimmen Selbsttests durch.

2. Ablauf der Prüfung bei der Physikalisch-Technischen
Bundesanstalt (PTB)
fest und kontrolliere, ob die Summe der einzelnen Ergeb-
nisse mit der Zahl der insgesamt abgegebenen Stimmen

Bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt werde ein
Mustergerät geprüft.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 55 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 55 – Drucksache 16/3600

Die Prüfung orientiere sich an der Bundeswahlgeräteverord-
nung (BWahlGV) und der Anlage 1 zu § 2 BWahlGV, den
Richtlinien für die Bauart von Wahlgeräten. Diese schrieben
die zu prüfenden Anforderungen vor. Die Anforderungen
gliederten sich in konstruktionstechnische, funktionale und
einige ergonomische Anforderungen. Anforderungen bezüg-
lich der Sicherheit seien implizit ebenfalls enthalten.

Bei der Prüfung würden verschiedene Prüfmethoden ver-
wendet. Anforderungen wie z. B. die, dass das Wahlgerät in
seiner Konstruktion dem Stand der Technik entsprechen
müsse, würden durch Inspektionen der technischen Unter-
lagen und durch Sichtprüfungen am Gerät geprüft. Anforde-
rungen wie z. B. die nach bestimmten Funktionen oder Ab-
läufen würden durch Funktionstests am Wahlgerät geprüft.
Dabei würden generell auch Fehlersituationen, Defekte,
falsche Handhabung, Stromausfälle usw. berücksichtigt. An-
forderungen an die Verträglichkeit gegenüber bestimmten
Umwelteinflüssen würden durch Klimakammertests, Vibra-
tions- und Falltests, Messungen der Empfindlichkeit gegen-
über elektromagnetischen Feldern, Stromschwankungen
u. Ä. geprüft. Auch die elektromagnetische Abstrahlung der
Wahlgeräte werde kontrolliert. Parallel zu diesen Prüfungen
erfolgten die gründliche Inspektion des Quellcodes des in
den Wahlgeräten verwendeten Softwareprogramms, dyna-
mische Funktionstests des Softwareprogramms sowie Re-
views der Entwicklungsdokumentation, der Testdokumenta-
tion und der Bedienungsanleitung. Die Softwareprüfung
nehme in der Regel 90 Prozent des zeitlichen Aufwands der
Baumusterprüfung in der PTB in Anspruch.

Die Baumusterprüfung werde durch eine Arbeitsgruppe der
PTB durchgeführt, die langjährige Erfahrungen mit Wahl-
geräteprüfungen habe und als Softwareprüfstelle akkreditiert
sei. Die Arbeitsgruppe stütze sich bei der Baumusterprüfung
auch auf externe, akkreditierte Prüflaboratorien, z. B. bei
den mechanischen Tests.

An bestimmten Stellen lege die Bundeswahlgeräteverord-
nung ein spezielles Sicherheitsniveau fest, wie z. B. beim
allgemeinen Zuverlässigkeits- und Sicherheitsniveau, bei
der Rückwirkungsfreiheit usw. Wo die BWahlGV keine be-
sonderen Festlegungen treffe, werde bei der Prüfung der
Wahlgeräte ein Maßstab angelegt, mit dem mindestens ein
vergleichbares Sicherheitsniveau gewährleistet werde wie
bei der konventionellen Wahl.

Bei der Prüfung und Bewertung werde als Voraussetzung an-
genommen, dass sich das Wahlgerät am Wahltag permanent
unter der Kontrolle des Wahlvorstandes befinde und dass die
Speichermodule, die die Stimmen enthielten, mit der glei-
chen Sorgfalt behandelt würden wie Stimmzettel und Urnen
bei der konventionellen Wahl.

Die konventionelle Wahl mit den gesetzlich festgelegten Zu-
ständigkeiten und Verantwortlichkeiten der Wahlvorstände
habe sich über eine lange Zeit bewährt. Genau diese Rolle
der Wahlvorstände bleibe beim Einsatz von Wahlgeräten er-
halten.

3. Fehlen eines verifizierbaren Protokolls

Zur Kritik der Einspruchsführerin, dass die Verwendung von
Wahlgeräten ohne (Papier-)Protokollfunktion dazu führe,

Ein denkbares, bei Geräten der Firma NEDAP aber nicht er-
stelltes, Papierprotokoll (auch engl. Voter Verifiable Paper
Audit Trail [VVPAT] genannt) werde durch das Wahlgerät
vor der endgültigen Stimmabgabe ausgedruckt, dem Wähler
hinter Glas präsentiert und nach der Bestätigung durch den
Wähler und damit endgültiger Stimmabgabe in eine ange-
schlossene Urne geworfen.

Die Verwendung von VVPATs habe Vor- und Nachteile und
sei in der Fachwelt nicht unumstritten. Insbesondere sei
durch die Verwendung eines VVPAT keine unabhängige Ve-
rifikation möglich. So könne der VVPAT, wie jedes Papier-
produkt, manipuliert werden. Es gebe ungezählte Möglich-
keiten, professionell aussehende Drucksachen herzustellen.
Für das zusätzlich erforderliche Zerstören oder Austauschen
von Stimmzetteln seien keinerlei besondere Fähigkeiten nö-
tig. Im Gegensatz dazu erfordere das Manipulieren elektro-
nischer Daten spezielle Kenntnisse. Aus diesen Gründen sei
der VVPAT grundsätzlich unzuverlässiger als die elektro-
nischen Daten. Der VVPAT sei auch nicht unabhängig. Er
könne nicht das mangelnde Vertrauen in die Funktionsfähig-
keit des Wahlgeräts ersetzen, da er vom Wahlgerät erzeugt
werde. Nachdem der Wähler die Wahlkabine verlassen habe,
könne das Wahlgerät z. B. den gerade erzeugten VVPAT als
ungültig markieren und einen neuen drucken. Dies könne
zwar mit Tests entdeckt werden. Der VVPAT solle aber ge-
rade deswegen verwendet werden, weil den Tests des Wahl-
geräts kein Vertrauen entgegengebracht werde. Werde der
VVPAT um verschlüsselte Merkmale ergänzt, um das Einfü-
gen zusätzlicher Papierquittungen oder das Ersetzen von Pa-
pierquittungen zu verhindern, dann könne er wiederum nicht
mehr durch den Wähler überprüft werden. Der Wähler sei
dann nicht mehr in der Lage zu entscheiden, ob der ihm prä-
sentierte VVPAT korrekt markiert worden sei und später mit-
gezählt werde. Weiter sei für die Realisierung ein Drucker
nötig, der nicht nur ausfallen könne, sondern während des
Wahltages auch kleinere Probleme wie Papierstau, auslau-
fende Tinte usw. verursachen könne. Zudem sei es bei Wah-
len mit vielen Stimmen möglich, dass der Wähler seine Aus-
wahl teilweise vergesse und fälschlicherweise annehme,
dass der VVPAT nicht korrekt sei. Dies erhöhe unberechtig-
terweise die Zweifel gegenüber dem Wahlgerät und könne zu
einer überflüssigen Nachzählung führen. Schließlich sei es
sehr schwierig, VVPATs so zu gestalten, dass auch behin-
derte Wähler mit ihnen zurecht kämen. So könnten z. B.
Sehschwache wieder auf Hilfe angewiesen sein, um ihren
VVPAT zu kontrollieren. Abschließend verweist das BMI
auf eine kleine Studie des Massachusetts Institute of Tech-
nology, eines der renommiertesten Technologie-Forschungs-
institute der USA, die ergeben habe, dass der größte Teil der
Testwähler den VVPAT ungelesen bestätige oder, wenn er
ihn gelesen und als fehlerhaft empfunden habe, trotzdem be-
stätige (in der Annahme, dass das Papier nicht lügen könne).

Das VVPAT könne allerdings u. U. auch Vorteile haben. Bis-
her fehlten jedoch praktische Erfahrungen mit diesem Hilfs-
mittel. In den nächsten Jahren stünden mehrere Wahlen im
Ausland mit VVPAT bevor, die wissenschaftlich untersucht
werden sollten. Die PTB werde die weitere Entwicklung auf
diesem Gebiet beobachten. Derzeit spreche nichts dafür,
dass ein VVPAT die ohnehin schon hohe Sicherheit der
dass eine Auszählung nicht überprüfbar sei, wird wie folgt
Stellung genommen:

Wahlgeräte noch erhöhen würde. Ein generelles Misstrauen
der Bevölkerung in die Sicherheit der Wahlgeräte sei eben-

Drucksache 16/3600 – 56 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 56 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

falls nicht ersichtlich, so dass auch dieser Aspekt nicht die
Einführung des VVPAT angeraten erscheinen lasse.

4. Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes/Nachweisbar-
keit von Manipulationen

Eine Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes liege nicht
vor.

Das Öffentlichkeitsprinzip werde nach herrschender Auffas-
sung aus dem Demokratieprinzip im Sinne von Artikel 20
Abs. 1 GG abgeleitet (vgl. z. B. Schreiber, Kommentar zum
BWG, 7. Auflage, 2002, § 10 Rn. 1; Karpen, Elektronische
Wahlen? Einige verfassungsrechtliche Fragen, 2005, S. 31).
Die Öffentlichkeit der Wahl sei eine Grundvoraussetzung für
eine demokratische politische Willensbildung. Die Öffent-
lichkeit übe gegenüber den Wahlorganen eine Kontroll-
funktion aus; geheime Auszählungen oder Beratungen seien
daher unzulässig. Das Öffentlichkeitsprinzip diene damit
dem Schutz vor Wahlfälschungen und dem Vertrauen der
Bürger in manipulationsfreie Wahlen (Verfassungsgerichts-
hof Nordrhein-Westfalen, NVwZ 1991, S. 1175, 1179; Ober-
verwaltungsgericht Koblenz NVwZ 1991, S. 598, 600).

Einfachrechtlich sei das Öffentlichkeitsprinzip in den §§ 10,
31 des Bundeswahlgesetzes (BWG) und § 54 der Bundes-
wahlordnung (BWO) geregelt. Gemäß § 10 BWG finde die
Verhandlung, Beratung und Entscheidung der Wahlaus-
schüsse und Wahlvorstände in öffentlicher Sitzung statt. Der
gesamte Willensbildungs- und Entscheidungsprozess, der zu
der Feststellung des Ergebnisses für den Wahlbezirk führt,
müsse im Lichte der Öffentlichkeit geschehen. § 54 BWO
konkretisiere dies dahingehend, dass während der Wahl-
handlung und der Ergebnisermittlung jedermann Zutritt zu
den Wahlräumen habe, soweit dies ohne Störung des Wahl-
geschäfts möglich sei.

Allerdings sei das Öffentlichkeitsprinzip nicht grenzenlos
gewährleistet. Ebenso wenig wie die in Artikel 38 Abs. 1 GG
ausdrücklich geregelten Wahlrechtsgrundsätze könne es in
voller Reinheit verwirklicht werden. Das Ziel der Wahl, in
kurzer Zeit eine handlungsfähige Volksvertretung zu bilden,
stehe mit dem Öffentlichkeitsgrundsatz in Konflikt. Insofern
gelte für die herkömmliche Urnen- und Briefwahl dasselbe
wie für die Wahl an elektronischen Wahlgeräten. Auch dort
werde das Öffentlichkeitsprinzip nicht in letzter Konsequenz
verwirklicht.

§ 31 Satz 1 BWG bestimme, dass die Wahlhandlung öffent-
lich sei. Die Wahlhandlung umfasse den gesamten Wahlvor-
gang vom Zusammentritt des Wahlvorstandes, dem Betreten
des Wahllokals durch die Wähler, die Überprüfung der Wäh-
ler durch den Wahlvorstand, dem Einwurf des Stimmzettels
in die Urne bis zur Erklärung des Wahlvorstehers, dass die
Wahlhandlung beendet sei. Ausnahmen seien gemäß § 31
Satz 2 BWG lediglich für Personen gestattet, die die Ord-
nung und Ruhe stören. Gemäß § 54 BWO sei der Zutritt der
Wahlräume insoweit gestattet, wie dies ohne Störung des
Wahlgeschäfts möglich sei.

Die Öffentlichkeit der Wahlhandlung diene mehreren Zwe-
cken. Zum einen werde vertreten, dass die öffentliche Wahl
ein wichtiger Integrationsfaktor sei (VerfGH NW, NVwZ
1991, S. 1175, 1179). Die Wahl stelle einen symbolisch-

diene die öffentliche Wahlhandlung der Kontrollierbarkeit
der Wahlhandlung. Die Öffentlichkeit solle überwachen
können, dass nur Wähler, die vom Wahlvorstand daraufhin
kontrolliert worden seien, ob sie tatsächlich im Wähler-
verzeichnis eingetragen gewesen seien, einen (einzigen)
Stimmzettel einwerfen. Der öffentliche Einwurf des Stimm-
zettels in die Wahlurne – im Gegensatz zum geheimen ei-
gentlichen Wahlakt – diene aber auch der Kontrolle durch
die Wahlvorstände, dass der Wähler tatsächlich den – und
nur diesen einen – Stimmzettel einwerfe.

Unter Berücksichtigung dieser Ziele sei der Öffentlichkeits-
grundsatz bei der Wahl mit Wahlgeräten nicht verletzt.

Bei der Wahl mit Wahlgeräten erfolge das Betreten des
Wahlraumes durch die Wähler und die Überprüfung der
Wähler durch den Wahlvorstand in gleicher Weise wie bei
der Urnenwahl. Lediglich der Einwurf der Stimme in die
Wahlurne (= Drücken der Taste „Stimmabgabe“) erfolge je-
denfalls bei der Wahl mit NEDAP-Wahlgeräten noch in der
Wahlkabine, da die Kennzeichnung des Stimmzettels und
die Stimmabgabe an einem einzigen Gerät erfolgten. Die
Kontrolle, dass jeder Wähler, der seine Wahlbenachrichti-
gungskarte abgegeben habe, auch tatsächlich – und nur ein-
mal – gewählt habe, kontrolliere der Wahlvorstand durch
Ablesen der Bedieneinheit.

Der Integrationsfaktor der Wahl sei demnach bei der Wahl
mit Wahlgeräten in gleicher Weise gegeben wie bei der Ur-
nenwahl.

Das Ziel der Kontrollierbarkeit der Wahlteilnahme werde bei
der Wahl mit elektronischen Wahlgeräten ebenfalls erreicht.
Dass nur berechtigten Wählern der Zugang zur Wahlkabine
gewährt werde, könne die Öffentlichkeit ebenso kontrollie-
ren wie bei der Urnenwahl.

Im Übrigen regelten § 31 BWG und § 54 BWO, dass durch
die Verwirklichung des Öffentlichkeitsgrundsatzes der ord-
nungsgemäße Ablauf der Wahl nicht gestört werden dürfe.
Das Ziel der Wahl, in kurzer Zeit ein handlungsfähiges Par-
lament zu bilden, dürfe durch die Gewährung der Öffentlich-
keit nicht beeinträchtigt werden. Das Bundeswahlgesetz
messe damit dem Ziel, die Wahl zeitgerecht ablaufen zu las-
sen und das Wahlergebnis in angemessener Zeit zu ermitteln,
eine größere Bedeutung bei als der minutiösen Kontrolle
durch die Öffentlichkeit.

Der Öffentlichkeitsgrundsatz unterliege noch weiteren Ein-
schränkungen: zur Wahrung des informationellen Selbst-
bestimmungsrechts dürften andere Wahlberechtigte oder
Beobachter der Wahl Angaben zur Person anderer Wähler
grundsätzlich nicht zur Kenntnis nehmen. Der Einblick in
das Wählerverzeichnis zu anderen Personen sei daher nur
ausnahmsweise gestattet (§ 17 BWG), und der Wahlvorstand
dürfe grundsätzlich Angaben zur Person des Wählers nur so
verlautbaren, dass sie von anderen im Wahlraum anwesen-
den Personen nicht vernommen werden können (§ 54 Abs. 4
Satz 2 BWO). Damit entfalle weitgehend die Möglichkeit
einer Kontrolle der Wahlberechtigung eines Wählers durch
die Öffentlichkeit. Eine hierauf gerichtete Kontrolle müsse
sich auf die Überprüfung beschränken, ob der Wahlvorstand
die Wahlberechtigung der Wähler überprüft.

Die Öffentlichkeit der Stimmabgabe sei z. B. auch bei der

rituellen Akt dar, durch den der Bürger sich öffentlich als
Souverän erfahre (Karpen a. a. O., S. 31). Zum anderen

Briefwahl stark eingeschränkt. Bei dieser Form der Wahl
fehle es gänzlich an dem integrierenden Faktor der Wahl, da

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57 – Drucksache 16/3600

die eigentliche Wahlhandlung in der Privatsphäre und nicht
im öffentlichen Raum stattfinde. Damit entfalle bei der
Briefwahl auch die Kontrollierbarkeit der Wahlhandlung
durch die Öffentlichkeit. Denn die Öffentlichkeit habe natur-
gemäß keinen Einblick, ob z. B. bestimmte Personen von
ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht hätten oder nicht.

Hinsichtlich der Öffentlichkeit der Stimmenauszählung
weist das BMI darauf hin, dass der Ausdruck des vom Wahl-
gerät errechneten Ergebnisses des Wahlbezirks durch den
Wahlvorstand nach Abschluss der Wahlhandlung und die
Übernahme des Ergebnisses in die Wahlniederschrift ohne
weiteres durch die Öffentlichkeit kontrollierbar sei.

Der Wahlvorstand und jeder Wahlbeobachter könnten durch
Kontrolle und Gegenüberstellung der Stimmabgabever-
merke in dem Wählerverzeichnis mit den vom Gerät regist-
rierten gültigen und ungültigen Erst- und Zweitstimmen fest-
stellen, ob das Gerät alle Stimmabgaben erfasst und korrekt
addiert habe. Denn die Zahl der Stimmabgabevermerke im
Wählerverzeichnis müsse identisch sein mit der jeweiligen
Summe von gültigen und ungültigen Erst- bzw. Zweitstim-
men. Beim Wahlgerät könne der Wähler seine Erst- und
Zweitstimme nur korrekt abgeben oder bewusst die Taste un-
gültig drücken. Wenn er – was kaum vorkommen dürfe –
sich zwar zum Wahlgerät begebe, aber dort nicht beide Stim-
men gültig oder ungültig abgebe, sehe der Wahlvorstand an
der Bedieneinheit, dass keine Stimme abgegeben worden
sei, so dass kein Stimmabgabevermerk im Wählerverzeich-
nis eingetragen werden dürfe.

Darüber hinaus werde jede Stimme einzeln im Speichermo-
dul – mehrfach gesichert – gespeichert und könne jederzeit
reproduziert werden. Im Falle eines Speicherfehlers enthalte
das Speichermodul auch hierzu Informationen. Das Spei-
chermodul enthalte, ebenso wie ein Stimmzettel, auch Infor-
mationen über Stimmenkoppelungen (Erst- und zugehörige
Zweitstimme). Über die Anwendungssoftware seien alle ge-
speicherten Stimmen als Stimmzettel mit den entsprechen-
den Kreuzen ausdruckbar und von Hand nachzählbar.

Es fehle allerdings an der körperlichen Erfassbarkeit der ein-
zelnen Stimmen, so dass es an einer für die Allgemeinheit
nachvollziehbaren Summenbildung fehle. Dies sei jedoch
auch nicht erforderlich. Der Schutz vor Verfälschungen des
Wahlergebnisses werde durch eine Reihe anderer Maßnah-
men gewährleistet.

Zum einen werde das Wahlgerät vor seiner Zulassung durch
die PTB gründlich daraufhin untersucht, ob es einwandfrei
funktioniere, auch unter widrigen Umständen (kurzfristige
Stromausfälle, falsche Handhabung), ob es dem Stand der
Technik entspreche usw. Im Vorfeld der Wahl werde das Ge-
rät durch die Gemeindebehörde, die das Speichermodul pro-
grammiert, einer umfassenden Prüfung unterzogen. Auch
der Wahlvorstand habe beim und nach dem Aufbau des Ge-
räts umfangreiche Funktionskontrollen durchzuführen, die
öffentlich erfolgten.

Der Ausdruck des Ergebnisses des jeweiligen Wahlbezirks
finde in dem Wahllokal statt. Durch die dezentrale Ergebnis-
gewinnung entfalle die Möglichkeit einer Manipulation an
dem Speichermodul während des Transports des Wahlgeräts

Manipulationen Einzelner allenfalls auf das Wahlergebnis
im jeweiligen Wahlbezirk Auswirkungen haben könnten.

Durch diese umfangreichen gesetzlichen Vorkehrungen
werde bei der Wahl mit Wahlgeräten eine mindestens eben-
solche Zuverlässigkeit des Ergebnisses erreicht wie bei der
Urnenwahl.

Bei der Prüfung einer etwaigen Verletzung des Öffentlich-
keitsgrundsatzes bei der Wahl mit Wahlgeräten sei wiederum
ein Vergleich mit der Verwirklichung des Öffentlichkeits-
grundsatzes bei der Urnenwahl anzustellen.

Auch bei der Urnenwahl sei der Öffentlichkeitsgrundsatz
nicht in letzter Konsequenz verwirklicht. Wahlbeobachtern
sei nur eine eingeschränkte Kontrolle der Wahl möglich, die
sich auf das beschränkte, was ein einzelner Beobachter erfas-
sen könne, ohne den Ablauf der Auszählung zu stören. Auch
für die Öffentlichkeit bei der Auszählung der Stimmen und
Beratung durch die Wahlvorstände gelte, dass dieser Grund-
satz mit dem Ziel, zügig ein funktionsfähiges Parlament zu
bilden, in Einklang gebracht werden müsse.

Es sei zudem nicht erforderlich, den Öffentlichkeitsgrund-
satz bei der Auszählung der Stimmen stärker zur Geltung zu
bringen. Denn dem Ziel, das Vertrauen der Bevölkerung in
manipulationsfreie Wahlen zu stärken, dienen noch weitere
Vorkehrungen im BWG und in der BWO. Bei der Auszäh-
lung gelte durchgängig ein Mehr-Augen-Prinzip, so dass die
Ergebnisse der Wahl jeweils von mehreren Mitgliedern des
Wahlvorstands kontrolliert würden. Die Stimmzettel seien
für eine gewisse Zeit aufzubewahren, so dass eine Nachzäh-
lung möglich sei. Die Auszählung der Stimmen finde, wie
auch bei der Ergebnisgewinnung bei der Wahl mit Wahl-
geräten, dezentral im Wahllokal statt; dadurch entfalle die
Möglichkeit von Manipulationen an der Urne während des
Transports.

Durch die dezentrale Auszählung beschränkten sich die Aus-
wirkungen von Manipulationen auf das Wahlergebnis im je-
weiligen Wahlbezirk.

Bei der Verhinderung von Unregelmäßigkeiten bei der Wahl
sei die öffentliche Kontrolle nur ein – wenn auch wichtiger –
Faktor unter vielen. Keine Maßnahme könne für sich ge-
nommen Manipulationen oder unbeabsichtigte Verfälschun-
gen des Wahlergebnisses verhindern. Sämtliche Maßnahmen
gemeinsam gewährleisten jedoch einen weitestgehenden
Schutz der Wahl vor Wahlfälschungen.

5. Mandatsrelevanz

Nach Ansicht des BMI liege also kein Wahlfehler vor. Selbst
wenn man aber von einem Wahlfehler ausginge, wäre dieser
jedenfalls nicht mandatsrelevant.

Ein Wahlfehler sei nur dann relevant, wenn nach den gege-
benen Umständen des Falles eine konkrete und nicht ganz
fern liegende Wahrscheinlichkeit bestehe, dass sie auf das
Wahlergebnis und damit auf die Sitzverteilung von Einfluss
gewesen sein könne (BVerfGE 89, 291, 304; Schreiber
a. a. O., § 49 Rn. 10). Es gebe keine absoluten Ungültig-
keitsgründe.

Sei der Öffentlichkeitsgrundsatz verletzt worden, so sei zu
prüfen, ob der Sachverhalt einen hinreichenden, konkreten
oder während der Auslesung in einem zentralen Wahlamt.
Die dezentrale Ergebnisgewinnung gewährleiste auch, dass

und greifbaren Anhalt dafür böte, dass bei uneingeschränkter
Öffentlichkeit Entscheidungen der Wahlorgane anders ge-

Drucksache 16/3600 – 58 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 58 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

troffen worden wären und diese im Ergebnis dadurch zu
einer Mandatsverschiebung geführt hätten.

Ein mandatsrelevanter Wahlfehler bei der Wahl mit Wahl-
geräten sei danach nur dann gegeben, wenn Anhaltspunkte
dafür vorliegen, dass eine alternativ durchgeführte Urnen-
wahl zu anderen Wahlergebnissen geführt hätte.

Die Einspruchsführerin habe keine konkreten Anhaltspunkte
dafür angeführt, dass in bestimmten Wahlräumen aufgrund
des Einsatzes von Wahlgeräten andere Wahlergebnisse er-
zielt worden seien als dies bei einer Urnenwahl der Fall ge-
wesen sei. Sie habe lediglich theoretisch eine nicht korrekte
Arbeitsweise der Geräte oder Manipulationen an diesen für
möglich gehalten.

Dem Bundeswahlleiter seien bei der Wahl zum 16. Deut-
schen Bundestag keine Unregelmäßigkeiten im Zusammen-
hang mit der Wahl mit Wahlgeräten bekannt geworden. Eine
Abfrage bei den Länderinnenministerien habe hierfür eben-
falls keine Anhaltspunkte ergeben. Hinweise auf gezielte
Manipulationen oder unbeabsichtigte Veränderungen an den
eingesetzten Wahlgeräten hätten nicht vorgelegen. Ein ent-
sprechender konkreter Verdacht sei bisher von keiner Seite
geäußert worden.

Die Stellungnahme des Bundesministeriums des Innern ist
der Einspruchsführerin bekannt gegeben worden. Sie hat
sich hierauf wie folgt geäußert:

Die Rechtfertigung des BMI hinsichtlich der Verwendung
von Wahlgeräten ohne Papierprotokoll sei „doch teilweise
arg konstruiert“ gewesen. Hinsichtlich der Bedenken des
BMI an VVPAT schlägt die Einspruchsführerin den Aus-
druck von einem Protokoll je Wähler vor. Dieses Protokoll
erhalte jeder Wähler und werfe es dann in eine Urne. Damit
könnten alle vom BMI aufgeführten Manipulationsmöglich-
keiten ausgeschlossen werden.

Die weiteren Bedenken (Probleme behinderter Wähler, ihre
Stimmabgabe zu erkennen; Probleme mit der Technik [auf-
geführt sind Papierstau, auslaufende Tinte; gemeint aber
wohl auch Probleme der Energieversorgung, nach mecha-
nischem Einwirken – Herunterfallen – usw.]) sprächen im
Übrigen stärker gegen eine Verwendung von Technik bzw.
Wahlgeräten an sich, als gegen die Verwendung eines Pa-
pierprotokolls – das sei aber nicht die Rüge ihres Einspruchs
gewesen.

Die Verneinung der durchgehenden Öffentlichkeit bei der
Urnenwahl werde nur dadurch erzielt, dass bei der Urnen-
wahl der Wahlvorstand nicht als Öffentlichkeit angesehen
werde, während bei der Wahl mit Wahlgeräten dieser zur
Öffentlichkeit gezählt werde bzw. „normalen“ Wahlbeob-
achtern Rechte zugeschrieben würden, die diese bei der
Urnenwahl gar nicht hätten. Die von der Einspruchsführerin
gerügte fehlende Öffentlichkeit bei der Stimmenauszählung
der Wahl mit Wahlgeräten sei bestätigt worden.

Auch die Mandatsrelevanz sei nicht erst dann gegeben, wenn
Hinweise auf gezielte Manipulationen vorliegen, denn die
Manipulationen seien ja gerade aufgrund des verletzten
Öffentlichkeitsprinzips gar nicht oder nur sehr schwer nach-
weisbar und würden so sonst dem Wahlprüfungsverfahren
entzogen.

II.

Daneben trägt die Einspruchsführerin vor, dass in dem Wahl-
lokal in der Wolfratshausener Grund- und Hauptschule, in
dem Dr. Edmund Stoiber im Wählerverzeichnis geführt wor-
den sei, das Wahlergebnis nicht korrekt ermittelt worden sei.
Der dortige Wahlvorstand hätte den Spitzenkandidaten der
CSU-Landesliste, Dr. Edmund Stoiber, von der Stimm-
abgabe zurückweisen müssen. Zur Unterstützung ihres Vor-
trages hat die Einspruchsführerin per Email vom 9. Februar
2006 eine Kopie eines nach ihrer Darstellung im Internet
veröffentlichten Fotos vorgelegt, das Dr. Edmund Stoiber
mit einem nur teilweise gefalteten Stimmzettel in der Hand
zeigt. Auf einem vergrößerten Teilausschnitt des Fotos sei
zudem erkennbar, dass Dr. Edmund Stoiber seine Stimmen
für die CSU- Landesliste und für die Wahlkreiskandidatin im
Wahlkreis 225 Starnberg, Ilse Aigner, abgegeben habe. Tat-
sächlich sind in einem Ausschnitt der Vergrößerung die
Kreuze für die Erst- und Zweitstimme an der genannten
Stelle zu erkennen. Das unvergrößerte Ausgangsfoto zeigt
auch, dass es sich bei dem Wähler um Dr. Edmund Stoiber
handelt. Jedoch ist auf diesem Foto auch deutlich zu erken-
nen, dass der Wähler sich noch in der Wahlkabine befindet.
Offensichtlich wurde der Wähler im Moment des Zusam-
menfaltens seines Wahlscheines fotografiert. Diese Stimmen
sind nach Ansicht der Einspruchsführerin daher rechtswidrig
als gültig gezählt worden. Der Einspruchsführerin sei klar,
dass der vorstehende Wahlfehler nicht mandatsrelevant sei,
auch komme es ihr nicht darauf an, das Ergebnis einer be-
stimmten Partei zu reduzieren oder die „Ungeschicklichkeit
von Spitzenpolitikern bei der Stimmabgabe“ demonstrieren
zu wollen. Hierfür sei der betreffende Wahlvorstand verant-
wortlich zu machen, der die allen Wählern gleichermaßen zu
gewährenden Voraussetzungen einer den rechtlichen Be-
stimmungen entsprechenden, ordnungsgemäßen Stimm-
abgabe nicht habe schaffen können. Hinsichtlich des Vor-
trages im Einzelnen wird auf den Inhalt der Akten Bezug
genommen.

Zu dem Vortrag der Einspruchsführerin hinsichtlich der Vor-
kommnisse im Wahllokal in Wolfratshausen hat die Landes-
wahlleiterin des Freistaates Bayern unter Einbeziehung des
Kreiswahlleiters des Wahlkreises Starnberg und des Wahl-
vorstehers aus dem in Rede stehenden Wahllokal wie folgt
Stellung genommen:

Dem Wahlvorsteher, der zum Zeitpunkt der Stimmabgabe
von Dr. Edmund Stoiber im Wahllokal anwesend gewesen
sei, seien keine Vorkommnisse bekannt gewesen, die gegen
einen ordnungsgemäßen Ablauf der Wahl gesprochen hätten.
Während seiner Tätigkeit als Wahlvorsteher hätten über die
gesamte Zeit, insbesondere während der so genannten Pro-
minentenwahl, geordnete Zustände geherrscht. Es sei bedau-
erlich, dass dennoch durch eine vermutlich nachträgliche
Auswertung von Fotos die Kennzeichnung des Stimmzettels
von Dr. Edmund Stoiber sichtbar habe werden können.

Dr. Edmund Stoiber habe seinen Stimmzettel, wie vorge-
schrieben, noch innerhalb der Wahlkabine gefaltet, und zwar
während er sich umgedreht habe, um die Wahlkabine zu ver-
lassen. Während der Wahlhandlung hätten sich außer dem in
einer Ecke stehenden Kameramann und zwei Pressefoto-
grafen sowie den Wahlhelfern keine anderen Wähler oder

weitere Personen im Wahllokal befunden. Es seien weder
Pressefotografen noch Kameraleute unmittelbar vor den

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 59 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 59 – Drucksache 16/3600

Wahlkabinen positioniert gewesen. Die übrigen Fernseh-
Teams und Vertreter der Presse hätten sich vereinbarungsge-
mäß sehr diszipliniert außerhalb des Zugangs zum Wahllokal
aufgehalten. Der Standort des Wahlvorstehers an der Wahl-
urne sei bewusst so eingerichtet gewesen, dass er jederzeit
den Überblick über das Geschehen gehabt habe. Zur Unter-
stützung seines Vortrags hat der Wahlvorsteher seiner Stel-
lungnahme eine fotografische Abbildung aus der lokalen
Zeitung „Isar-Loisachbote“ vom 20. September 2005 beige-
fügt. Diese Aufnahme zeige deutlich die geordneten Verhält-
nisse im Wahllokal sowie den ausreichenden Sicherheits-
abstand zwischen den Presseleuten und der von Dr. Edmund
Stoiber benutzten Wahlkabine.

Für die Anwesenden ist es nach Ansicht des Wahlvorstehers
nicht möglich gewesen, die Stimmabgabe von Dr. Edmund
Stoiber beim Umdrehen und Verlassen der Wahlkabine
wahrzunehmen, zumal es sich bei diesem Vorgang nur um
Bruchteile von Sekunden gehandelt habe. Dem Wahlvorste-
her seien aus seiner Position an der Wahlurne jedenfalls
keine Verstöße oder Auffälligkeiten bekannt gewesen. Wäre
der Stimmzettel für jedermann deutlich erkennbar und au-
ßerhalb der Wahlkabine gefaltet worden, so wäre der Wahl-
vorsteher auch unverzüglich eingeschritten. Im Übrigen sei
auch bei allen anderen Wählern darauf geachtet worden, dass
die Stimmzettel innerhalb der Schutzvorrichtungen gekenn-
zeichnet und gefaltet worden seien. Das entstandene Foto
müsse daher eher ein Zufallsprodukt gewesen sein, das erst
durch nachträgliche Auswertung die Kennzeichnung auf
dem Stimmzettel habe erkennbar werden lassen. Zur Ver-
meidung derartiger Zufälle „müsste wohl künftig die Presse
ausgeschlossen werden“.

Der Kreiswahlleiter schließt sich der aus seiner Sicht nach-
vollziehbaren Stellungnahme an und ergänzt hierzu, dass der
Wahlvorstand bei der Abgabe des Stimmzettels offensicht-
lich davon habe ausgehen können, dass der Stimmzettel in
der Wahlkabine gefaltet worden sei und die Stimmabgabe
nicht erkennbar gewesen sei.

In ihren Gegenäußerungen trägt die Einspruchsführerin vor,
dass im FOCUS Nr. 23 vom 3. Juni 2006, S. 26 ein Foto aus
einem Wolfratshausener Wahllokal zu sehen sei, das be-
weise, dass auch vor der Stimmabgabe von Dr. Edmund
Stoiber Fotografen Fotos im Wahllokal hätten fotografieren
können und dies auch getan hätten.

Der vom Wahlvorsteher in seiner Stellungnahme angeführte
Vorschlag des vollständigen Ausschlusses der Presse sei aus
Sicht der Einspruchsführerin nicht notwendig. Es gebe die
Möglichkeit, nur jeweils einen bzw. zwei Foto- oder Film-
reporter im Wahllokal zuzulassen, auf deren Arbeit die ande-
ren Medien per Medienpool zugreifen könnten. Dies würde
den Wahlablauf weniger stören und könne auch besser vom
Wahlvorsteher beobachtet werden. Von Seiten der Wahl-
behörden müsse gesichert sein, dass die Wahlvorsteher in
Wahllokalen mit lokalen oder überregionalen Prominenten
noch einmal vor der Wahl explizit darauf hinzuweisen seien,
dass sie – sobald die geheime Stimmabgabe der Wähler ge-
fährdet sei – die Medienleute unbedingt entsprechend anzu-
weisen hätten. Diese Information müsse auch im Vorfeld der
Wahl an die Journalisten gehen.

Zu der Darstellung des Wahlvorstehers, dass Dr. Edmund

der Stimmzettel gefaltet worden sei, sondern wie dies ge-
schehen sei. Das der Stellungnahme beigefügte Foto – so die
Einspruchsführerin – bestätige ihre Vermutungen. Zwar hät-
ten nur wenige Journalisten im durch Paravents abgegrenz-
ten Wahllokal vor den Wahlkabinen gestanden. Aber auch
die Entfernung der vor den Trennwänden stehenden Repor-
ter sei nicht ausreichend gewesen, um eine Gefährdung der
geheimen Wahl bei den Wählern auszuschließen, die nicht
gemäß dem BWG ihre Stimme abgegeben hätten. So seien
auch die in der Einspruchsschrift angeführten Fotos durch ei-
nen der Fotografen entstanden, die außerhalb des umgrenz-
ten Bereichs gestanden hätten. Die Position sei auch dann
nicht unbeachtlich, wenn der Wähler zurückgewiesen werde
und einen neuen Stimmzettel erhalte und damit dem BWG
und der BWO Genüge getan werde. Zudem zeige das Foto,
dass auch der Standort des Fotografen auf einer erhöhten
Position nicht geeignet gewesen sei, eine geheime Wahl zu
ermöglichen. Schon das Öffnen des Vorhangs bei noch nicht
gefaltetem Stimmzettel habe bei einigen Wahlkabinen das
Einsehen ermöglicht. Dabei sei unbeachtlich, ob der Wähler
prominent gewesen sei oder nicht.

III.

Schließlich trägt die Einspruchsführerin vor, dass bei der
Stimmabgabe der Kanzlerkandidatin der Union, Dr. Angela
Merkel, im Wahlbezirk 104 in Berlin-Mitte „chaotische Sze-
nen“ zu beobachten gewesen seien. Schon vor dem Betreten
des Wahllokals durch die Kanzlerkandidatin sei ein ordent-
licher Wahlablauf nicht mehr gewährleistet gewesen. Mehr
als einhundert Journalisten hätten sich vor und in dem Wahl-
lokal versammelt und dadurch sich selbst und anderen im
Weg gestanden. Bei der Stimmabgabe der prominenten
Wählerin hätten Fotografen und Kameraleute minutenlang
den Platz vor der Urne blockiert. Im Wahllokal anwesende
Wahlberechtigte seien hierdurch an der Wahlausübung ge-
hindert worden. Mindestens eine ältere Frau sei mit einem
möglicherweise ausgefüllten Stimmzettel abgedrängt wor-
den. Somit sei eine geheime Wahl fraglich gewesen. Die
geschilderten Geschehnisse hätten die Mitglieder des Wahl-
vorstandes verhindern müssen, zumal sie durch die Stimm-
abgabe eines anderen prominenten Politikers im selben
Wahllokal kurze Zeit vorher auf solche Zustände hätten vor-
bereitet sein müssen. Eine Abwägung zwischen den Bedürf-
nissen der Medien und denen der Wahlberechtigten dürfe nie
zu „solch einem Szenario“ führen. Als Alternative nennt die
Einspruchsführerin die Bildung so genannter Medienpools.

Zu dem Vortrag der Einspruchsführerin hinsichtlich der
Stimmabgabe von Dr. Angela Merkel im Wahllokal in Ber-
lin-Mitte hat der Landeswahlleiter des Landes Berlin unter
Einbeziehung des Kreiswahlleiters des Wahlkreises Berlin-
Mitte wie folgt Stellung genommen:

Es treffe zu, dass sich von 12 Uhr bis 12.10 Uhr eine nicht
unerhebliche Menge von Journalisten vor und auch in
dem Wahllokal befunden habe. Anlass für dieses Medien-
interesse sei die angekündigte Stimmabgabe der Bewerberin
Dr. Angela Merkel in diesem Wahllokal gewesen. Der Kreis-
wahlleiter habe sich durch persönliche Anwesenheit zu die-
sem Zeitpunkt im Wahllokal davon überzeugen können, dass
andere Wählerinnen und Wähler zu dem genannten Zeit-
punkt von ihrem Wahlrecht hätten Gebrauch machen kön-
Stoiber den Stimmzettel innerhalb der Wahlkabine gefaltet
habe, sei zu bemerken, dass es nicht darauf ankomme, wo

nen. Die Fülle im Wahllokal durch die Anwesenden sei zwar
erheblich, aber in keiner Weise wahlbehindernd gewesen.

Drucksache 16/3600 – 60 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 60 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Nach seiner eigenen Feststellung könne der Kreiswahlleiter
anmerken, dass die Situation keinesfalls zufriedenstellend
gewesen sei. Insoweit sei der Einspruchsführerin beizu-
pflichten. Aber auch die polizeilichen Ordnungskräfte hätten
auf Anforderung durch den Wahlvorsteher keine bessere
Situation herstellen können. Unmittelbar nach Stimmabgabe
von Dr. Angela Merkel habe sich die Lage wieder beruhigt.

Die Stellungnahme ist der Einspruchsführerin zugänglich
gemacht worden. Sie hat sich hierzu nicht mehr geäußert.

Nach Prüfung der Sach- und Rechtslage hat der Wahlprü-
fungsausschuss beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des
Wahlprüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Ver-
handlung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

1. Der Einsatz von Wahlgeräten

Ein Wahlfehler ist in dem Einsatz elektronischer Wahlgeräte
bei der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag nicht zu erken-
nen.

Bereits bei Wahleinsprüchen gegen die Wahl zum 15. Deut-
schen Bundestag haben der Wahlprüfungsausschuss und der
Deutsche Bundestag hinsichtlich der grundsätzlichen Zu-
lässigkeit des Einsatzes von Wahlgeräten festgestellt, dass
keine Zweifel daran bestehen, dass der Gesetzgeber unter
Wahrung der Wahlrechtsgrundsätze auch die Stimmabgabe
mit Wahlgeräten vorsehen kann. Es gibt danach auch keinen
Anlass, die Verfassungskonformität des § 35 BWG zu hin-
terfragen. Beim Einsatz von Wahlgeräten wird die Einhal-
tung der Wahlrechtsgrundsätze, insbesondere der Grund-
sätze der freien, gleichen und geheimen Wahl, durch ein
vielschichtiges System von Kontroll- und Informations-
pflichten in gleichem Maße gewährleistet wie bei der Urnen-
wahl (Bundestagsdrucksache 15/1150 vom 6. Juni 2003
[Anlage 19, S. 60 und Anlage 36, S. 116]). Auch in der
Kommentarliteratur wird grundsätzlich davon ausgegangen,
dass § 35 Abs. 2 Satz 1 BWG gewährleistet, dass die Wahl-
gerätewahl hinsichtlich der Wahrung des Wahlgeheimnisses
und des Ausschlusses von Manipulationsmöglichkeiten die
gleichen Sicherungen erfährt wie die Wahl mit Stimmzetteln
(Schreiber, a. a. O., § 35 Rn. 4). Der Wahlprüfungsausschuss
und der Deutsche Bundestag haben weiter festgestellt, dass
bei der Durchführung der Stimmabgabe mit elektronischen
Wahlgeräten nicht in schematischer Art und Weise darauf
geachtet werden muss, dass jede typischerweise mit Stimm-
zetteln verbundene Besonderheit auf die Stimmabgabe mit
Wahlgeräten übertragen wird. Dies gilt insbesondere dann,
wenn die Stimmabgabe mit Wahlgeräten die Stimmabgabe
unter einem bestimmten Gesichtspunkt vereinfacht (Bundes-
tagsdrucksache 15/1150, Anlage 19, S. 60).

Auch die konkrete Ausgestaltung der Wahl mit Wahlgeräten
begegnet keinen Bedenken.

So entsprechen die bei der Bundestagswahl 2005 eingesetz-
ten Wahlgeräte der Firma NEDAP den gesetzlichen Vorga-
ben. § 35 BWG regelt i. V. m. der Bundeswahlgeräteverord-

und Technologie auf der Grundlage von § 35 Abs. 3 BWG er-
lassen hat (VO vom 3. September 1975, BGBl. I S. 2459 mit
späteren Änderungen, vgl. dazu Schreiber, a. a. O., S. 824),
die Voraussetzungen und das Verfahren der Stimmabgabe mit
Wahlgeräten. Somit können anstelle von Stimmzetteln und
Urnen bei einer Wahl auch mechanisch oder elektrisch be-
triebene einschließlich rechnergesteuerter Geräte eingesetzt
werden (§ 1 BWahlGV).

Das in § 35 BWG vorgeschriebene Verfahren und die
Zuständigkeiten beim Einsatz elektronischer Wahlgeräte
sind bei der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag eingehalten
worden. Die gemäß § 35 Abs. 2 Satz 2 BWG erforderliche
Bauartzulassung für die eingesetzten Wahlgeräte wurde er-
teilt und im Bundesanzeiger bekannt gegeben. Die erfor-
derliche Verwendungsgenehmigung gemäß Absatz 2 Satz 4
und 5 liegt ebenfalls vor und wurde bekannt gegeben.

Anlage 1 der BWahlGV (Richtlinien für die Bauart von
Wahlgeräten, BGBl. I 1999, S. 749, 753) setzt für die
Bauartzulassung voraus, dass die Geräte den dort gestellten
Anforderungen insbesondere an die Identifizierbarkeit, den
technischen Aufbau und die Funktionsweise genügen, was
durch Inspektionen der technischen Unterlagen, Sichtprü-
fungen am Gerät sowie unterschiedliche Funktionstests
nachgewiesen wird. Diesen Anforderungen ist ausweislich
der überzeugenden Stellungnahme des BMI und der PTB
voll entsprochen worden.

Die NEDAP-Wahlgeräte arbeiten zudem nach überzeugen-
der Darstellung des BMI im Offline-Betrieb und sind somit
von externen Beeinflussungen während der Wahl weitge-
hend geschützt. Die (Stimm-)Daten werden auf einem spe-
ziellen Datenträger (Stimmenmodul) gespeichert und auf
einem anderen Gerät ausgezählt. Es handelt sich um ein
weitgehend Hardware-gestütztes System, so dass die Bauart-
zulassung als geeignetes Kontrollmoment erscheint. Weiter
wird die Software der Geräte vor der Verwendung zweimal
kontrolliert und die festgestellte Identifikation wird mittels
eines Aufklebers auf dem Gerät versichert. Anschließend
werden die amtlich gesiegelten Geräte sicher aufbewahrt und
vor der Verwendung am Wahltag erneut überprüft. Bei all
diesen Schritten werden Ausdrucke angefertigt, die für nach-
trägliche Überprüfungen zur Verfügung stehen. Schließlich
ist die Softwareidentifikation auch in der Bedienungsanlei-
tung der Wahlgeräte vorgeschrieben, die als Bestandteil der
Bauart ebenfalls durch die PTB geprüft worden ist und eine
verbindliche Vorschrift für die Handhabung der Wahlgeräte
darstellt.

Das BMI hat weiter dargestellt, dass Manipulationen der
Software zwar theoretisch möglich, in der Praxis aber kaum
vorstellbar sind. Solange sie sich allein auf die Speicher-
module (Eproms) beschränken, ist eine gezielte Beeinflus-
sung des Wahlaktes nicht möglich, da bis einige Wochen vor
der Wahl aufgrund der sich von Wahl zu Wahl ändernden
Tastenbelegung nicht bekannt ist, welcher Kandidat mit wel-
cher Taste gewählt wird. In diesem Fall wäre also nur eine
Sabotage des Wahlaktes möglich, nicht dagegen eine ge-
zielte Manipulation zugunsten eines bestimmten Kandida-
ten. Eine Manipulation der Software setzt voraus, dass der
Täter auf den Quellcode des Softwareprogramms oder auf
die gefüllten Speichermodule Zugriff hätte. Da der Quell-
nung (BWahlGV), die das Bundesministerium des Innern im
Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft

code ebenso wie die Speichermodule nach ihrer Komplettie-
rung und Versiegelung gesichert aufbewahrt werden, ist die

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 61 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 61 – Drucksache 16/3600

Manipulation in dem gleichen Maße möglich oder unmög-
lich wie bei den von der Gemeindebehörde aufbewahrten
Stimmzetteln bei der Urnenwahl. Jedenfalls aber würde ein
unbefugter Zugriff aufgrund der erbrochenen Siegel und der
nach der Inbetriebnahme des Gerätes erscheinenden Fehler-
meldung nicht unbemerkt bleiben. In diesem Falle würde das
betreffende Gerät nicht eingesetzt.

Schließlich ist auch eine Kontrolle und Identifizierung des
Softwareprogramms ausweislich der überzeugenden Stel-
lungnahme des BMI jederzeit, also auch am Wahltag und da-
mit im Beisein von Wählern, möglich, indem die Versions-
nummer und die beiden Prüfsummen der Software am Gerät
angezeigt und ausgedruckt werden und mit der Baugleich-
heitserklärung verglichen werden.

Indes sind dem Bundeswahlleiter bei der Wahl zum
16. Deutschen Bundestag aber keine Unregelmäßigkeiten im
Zusammenhang mit der Wahl mit Wahlgeräten bekannt ge-
worden. Eine Abfrage bei den Länderinnenministerien hat
ausweislich der Stellungnahme des BMI hierfür ebenfalls
keine Anhaltspunkte ergeben. Hinweise auf gezielte Mani-
pulationen oder unbeabsichtigte Veränderungen an den ein-
gesetzten Wahlgeräten liegen nicht vor. Ein entsprechender
konkreter Verdacht wurde bisher auch von anderer Seite
nicht geäußert. Auch soweit holländischen Hackern im
Oktober 2006 der Manipulationsversuch an einem in den
Niederlanden eingesetzten Typ der NEDAP-Wahlgeräte ge-
lungen sein soll (vgl. die Pressemitteilung der PTB vom
9. Oktober 2006), ist darauf hinzuweisen, dass dies nicht
unter den Bedingungen einer Bundestagswahl stattgefunden
hat. Für die hier vorzunehmende Wahlprüfung ist die
Manipulation zudem schon deshalb unerheblich, weil sie im
Oktober 2006 stattgefunden haben soll und daher keinen
Einfluss auf die Bundestagswahl 2005 gehabt haben kann.

Auch die Einspruchsführerin führt keine konkreten Anhalts-
punkte dafür an, dass in bestimmten Wahlräumen Manipula-
tionen an Wahlgeräten vorgenommen worden seien. Sie hält
Manipulationen der Geräte lediglich theoretisch für möglich.
Die generelle Befürchtung, es könne an den Geräten zu
Manipulationen kommen, genügt aber nicht für die Feststel-
lung eines Wahlfehlers. Denn die Wahlprüfung findet weder
von Amts wegen statt noch erfolgt sie stets in Gestalt einer
Durchprüfung der gesamten Wahl. Vielmehr erfolgt nach § 2
Abs. 1 und 3 WPrüfG die Wahlprüfung nur auf Einspruch,
der zu begründen ist. Die Begründung muss mindestens den
Tatbestand, auf den die Anfechtung gestützt wird, erkennen
lassen und genügend substantiierte Tatsachen enthalten
(BVerfGE 40, 11 (30)). Damit der Wahlprüfungsausschuss
also einem behaupteten Wahlfehler nachgehen – geschweige
denn sein Vorliegen feststellen – kann, reicht es nicht aus,
dass dargelegt wird, dass die Gefahr eines Wahlfehlers be-
stand. Es müssen der Überprüfung zugängliche Tatsachen
angegeben werden, aus denen sich ergibt, dass der Wahlfeh-
ler nicht nur passieren konnte sondern tatsächlich passiert ist.
Aus dem Vortrag der Einspruchsführerin wird deutlich, dass
auch sie gerade nur eine theoretische, und eben keine nach
der allgemeinen Lebenserfahrung konkrete und in greifbare
Nähe gerückte Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit sieht,
dass ein Wahlfehler aufgetreten ist. Da also konkrete An-

Somit entsprechen die NEDAP-Geräte in Hinblick auf die
Konstruktion dem Stand der Technik und sind in dem gefor-
derten Umfang identifizierbar, belastbar sowie funktions-
und manipulationssicher. Es wird zwar in keinem Fall mög-
lich sein, alle potenziell auftretenden Risiken, Störungen,
Fehler oder Manipulationsversuche mit Sicherheit auszu-
schließen. Dies gilt aber nicht nur für die Wahl mit Wahl-
geräten, sondern auch für die herkömmliche Wahl mit
Stimmzetteln und die Briefwahl. Es ist somit festzustellen,
dass sämtliche Sicherungen im Zusammenspiel einen so
weit gehenden Schutz vor Wahlmanipulationen gewährleis-
ten, dass von einer insgesamt sehr hohen Sicherheit beim
Einsatz dieser Wahlgeräte auszugehen ist.

Entgegen der Auffassung der Einspruchsführerin ist auch in
dem Fehlen einer Papierspur (gemeint ist ein Protokoll in
Papierform [VVPAT]) kein Wahlfehler zu erkennen.

Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 BWahlGV kann die Bauartzulas-
sung erteilt werden, „wenn das Wahlgerät nach einer (…)
Prüfung durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt
den Richtlinien für die Bauart von Wahlgeräten nach An-
lage 1 entspricht“. Die Zählung der Stimmen ist in § 14 der
BWahlGV geregelt. Es ist festzustellen, dass ein Papier-
protokoll gesetzlich nicht vorgesehen ist und damit keine
Voraussetzung für die Bauartzulassung darstellt.

Die Auszählung geschieht beim Einsatz von Wahlgeräten
vielmehr in der Weise, dass „der Schriftführer die an dem
verwendeten Wahlgerät angezeigten oder ausgedruckten
Zahlen der Reihenfolge nach in die Zählkontrollvermerke
der Wahlniederschrift (einträgt), soweit nicht ein Ausdruck
selbst als Zählkontrollvermerk zu verwenden ist“. Anschlie-
ßend stellt „der Wahlvorsteher (…) durch lautes Ablesen der
einzelnen Anzeigen“ die Zahl der an den Wahlgeräten abge-
gebenen Stimmen fest. Bei der Feststellung werden die ins-
gesamt abgegebenen Erst- bzw. Zweitstimmen, die für jeden
Bewerber bzw. für jede Landesliste abgegebenen Erst- und
Zweitstimmen und die abgegebenen ungültigen Erst- und
Zweitstimmen gesondert festgestellt.

Weiter hat die Verwendung von VVPATs nach überzeugen-
der Darstellung des BMI Vor- und Nachteile und ist in der
Fachwelt nicht unumstritten. Insbesondere ist durch die Ver-
wendung eines VVPAT keine unabhängige Verifikation
möglich, da ein VVPAT, wie jedes andere Papierprodukt
auch, manipuliert werden kann. Er kann auch mangelndes
Vertrauen in die Funktionsfähigkeit des Wahlgeräts nicht er-
setzen, da er vom Wahlgerät selbst erzeugt wird. Daneben
kann der erforderliche Drucker zusätzliche technische Pro-
bleme bereiten.

Sofern eine Manipulation der Software stattfinden soll, ist
davon auszugehen, dass der potenzielle Täter auch die Prüf-
ausdrucke manipuliert, um die Manipulation nicht sofort
offenkundig werden zu lassen. Es muss also davon ausge-
gangen werden, dass gegen jede zusätzliche Sicherung ein
neues Mittel gefunden wird, diese Sicherung zu überwinden.
Da aber das Manipulieren elektronischer Daten spezielle
Kenntnisse erfordert, ist der Papierausdruck grundsätzlich
unzuverlässiger als die elektronischen Daten. Der Papieraus-
druck (VVPAT) bietet somit keine Garantie für eine zuvor
ordnungsgemäß erfolgte Stimmabgabe.
haltspunkte für einen Wahlfehler nicht mitgeteilt werden, ist
eine Substantiierung des Vorbringens nicht festzustellen.

Schließlich ist die Kontrolle der abgegebenen Stimmen nach
Auskunft des BMI jederzeit und beliebig oft möglich, indem

Drucksache 16/3600 – 62 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 62 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

die Speichermodule nach Ablauf des Wahltages erneut in ein
Wahlgerät eingesteckt werden. Außerdem können die Spei-
chermodule im Rahmen einer Wahlprüfung ausgelesen wer-
den. Dabei kann festgestellt werden, ob Stimmen Defekte
aufweisen. Schließlich können alle gespeicherten Stimmen
als Stimmzettel mit den entsprechenden Kreuzen ausge-
druckt und von Hand nachgezählt werden. Vor diesem Hin-
tergrund erscheint es hinnehmbar, dass der Vorgang der
Stimmabgabe aufgrund des Einsatzes der Elektronik nicht
für jeden Bürger vollständig nachvollziehbar sein mag. Es ist
ausreichend, dass das Wahlverfahren insgesamt für den
Wähler verständlich ist. Dies ist durch das normierte Verfah-
ren der Wahl mit Wahlgeräten der Fall.

Den bloßen Möglichkeiten, dass bei der Wahl mit Wahlgerä-
ten Manipulationen vorgenommen werden können, steht der
tatsächlich feststellbare Nachteil der Urnenwahl gegenüber.
So sind die bei der herkömmlichen Wahl festzustellenden
Fehler eines (unbeabsichtigten) Falsch-Wählens bei der
Stimmabgabe oder eines Falsch-Zählens bei der Stimmaus-
wertung apparativ nahezu vollständig ausgeschlossen (vgl.
dazu Schreiber, a. a. O., § 35 Rn. 2).

Der Vorschlag der Einspruchsführerin schließlich, dass für
jeden Wähler ein Protokoll ausgedruckt werden solle, das
der jeweilige Wähler erhalte und dann in eine Urne werfe, ist
kaum praktikabel, da in einem solchen Verfahren eine her-
kömmliche Wahl zu sehen wäre, bei der das Wahlgerät
eigentlich nur als Schreibmaschine, aber – entgegen § 35
BWG – gerade nicht als elektronisches Wahlgerät eingesetzt
würde.

Da die Stimmauszählung also den Vorgaben des § 35 BWG
und der §§ 2 und 14 BWahlGV entspricht, stellt das Fehlen
eines VVPAT bei der Bundestagswahl 2005 keinen Wahlfeh-
ler dar.

Ebensowenig kann in dem Einsatz der Wahlgeräte ein Ver-
stoß gegen das Öffentlichkeitsprinzip gesehen werden.

Einfachrechtlich ist das Öffentlichkeitsprinzip in den §§ 10,
31 BWG und in § 54 BWO. Gemäß § 10 BWG verhandeln,
beraten und entscheiden die Wahlausschüsse und Wahlvor-
stände in öffentlicher Sitzung. § 31 Satz 1 BWG bestimmt:
„Die Wahlhandlung ist öffentlich“. § 54 BWO konkretisiert
dies dahingehend, dass während der Wahlhandlung und der
Ergebnisermittlung jedermann Zutritt zu den Wahlräumen
hat, soweit dies ohne Störung des Wahlgeschäfts möglich ist.

§ 5 BWahlGV verweist auf die Anwendbarkeit der BWO.
Somit gilt auch bei der Wahl mit Wahlgeräten, dass die Ver-
handlungen, Beratungen, Abstimmungen und Entscheidun-
gen der Wahlausschüsse und -vorstände für Jedermann zu-
gänglich sind. Damit findet der gesamte Willensbildungs-
und Entscheidungsprozess, der zu der Feststellung des Er-
gebnisses für den Wahlbezirk führt, im Lichte der Öffent-
lichkeit statt. Auch der öffentliche Zugang zum Wahlraum
ist bei der Wahl mit Wahlgeräten gewährleistet. Schließlich
finden, unter Beachtung des Grundsatzes der Geheimheit der
Wahl, auch die Wahlhandlung (§ 54 BWO) sowie die
Stimmauszählung (§ 67 ff. BWO) beim Einsatz von Wahl-
geräten öffentlich statt. Es existiert daher keine rechtliche
Beschränkung der Öffentlichkeit bei der Wahl mit Wahl-
geräten.

behauptet, ist dies nicht zu erkennen. Insbesondere ist nicht
zu sehen, aus welchen Bestimmungen sich dieses ergeben
soll und welchen Inhalt es haben soll. Darüber hinaus wird
auch nicht klar, inwieweit Vorschriften über das Öffentlich-
keitsprinzip bei der Wahl mit Wahlgeräten verletzt worden
sein sollen. Nach Auffassung des Wahlprüfungsausschusses
ist die Einhaltung der geltenden gesetzlichen Bestimmungen
unter Einschluss des Öffentlichkeitsgrundsatzes beim Ein-
satz von Wahlgeräten beachtet worden. Soweit das Öffent-
lichkeitsprinzip, wie vom BMI dargestellt, ebenso wenig wie
die in Artikel 38 Abs. 1 GG ausdrücklich geregelten Wahl-
rechtsgrundsätze in voller Reinheit verwirklicht werden
kann, gilt dies für die herkömmliche Urnenwahl und die
Wahlgerätewahl in gleichem Maße. Zum Öffentlichkeits-
grundsatz gehört jedenfalls nicht, dass jede einzelne Hand-
lung der Einzelkontrolle unterliegt, da sonst bei der her-
kömmlichen Wahl per Stimmzettel der misstrauische Bürger
vor jedem Einwurf eines Wahlzettels bezweifeln könnte,
dass sich in der Urne nicht schon manipulierte Wahlzettel be-
finden.

Auch bei der Briefwahl ist die Öffentlichkeit der Stimm-
abgabe stark eingeschränkt. Da die Wahlhandlung in der Pri-
vatsphäre und nicht im öffentlichen Raum stattfindet, fehlt es
bei dieser Wahlart an dem integrierenden Faktor der Wahl.
Auch die Kontrollierbarkeit der Wahlhandlung durch die
Öffentlichkeit entfällt, da die Öffentlichkeit keinen Einblick
hat, ob z. B. bestimmte Personen von ihrem Wahlrecht Ge-
brauch gemacht haben oder nicht.

Bei den NEDAP-Wahlgeräten erfolgt der Wahlablauf grund-
sätzlich in gleicher Weise wie bei der Urnenwahl. Der Wäh-
ler betritt den Wahlraum und wird durch den Wahlvorstand
überprüft, so dass nur berechtigte Wähler den Zugang zur
Wahlkabine erhalten. Lediglich der Einwurf der Stimme in
die Wahlurne geschieht durch Drücken der Taste „Stimm-
abgabe“. Da die Kennzeichnung des Stimmzettels und die
Stimmabgabe an einem einzigen Gerät vorgenommen wer-
den, findet der Akt der Stimmabgabe an diesem Gerät in der
Wahlkabine statt. Für den Wahlvorstand und die Öffentlich-
keit ist dieser Akt dennoch transparent, da nur der Wähler,
der seine Wahlbenachrichtigungskarte abgegeben hat, an
dem Wahlgerät wählen darf. Durch die Technik ist sicher-
gestellt, dass z. B. eine „doppelte Stimmabgabe“ nicht mög-
lich ist.

Die Öffentlichkeit kann auch den Ausdruck des vom
Wahlgerät errechneten Ergebnisses des Wahlbezirks nach
Beendigung der Wahlhandlung sowie die Übernahme des
Ergebnisses in die Wahlniederschrift und damit die Auszäh-
lung insgesamt kontrollieren. Durch den von § 14 BWahlGV
vorgeschriebenen Abgleich der Stimmabgabevermerke im
Wählerverzeichnis mit den vom Gerät registrierten gültigen
und ungültigen Erst- und Zweitstimmen kann auch kontrol-
liert werden, ob das Wahlgerät alle Stimmabgaben erfasst
und korrekt addiert hat. Zudem können alle gespeicherten
Stimmen als Stimmzettel mit den entsprechenden Kreuzen
ausgedruckt und von Hand nachgezählt werden.

In der Rechtswirklichkeit steht die konkrete Wahlhandlung
der Stimmabgabe beim Einsatz von Wahlgeräten somit im
Spannungsfeld des Prinzips der geheimen Wahl und des
Öffentlichkeitsgrundsatzes. Vor diesem Hintergrund ist es
Soweit der Einspruchsführer ein über die Erfordernisse der
genannten Normen hinausgehendes Öffentlichkeitsprinzip

hinnehmbar, dass beim Einsatz rechnergesteuerter Wahl-
geräte nicht jeder Teilakt des Stimmenregistrierungsverfah-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63 – Drucksache 16/3600

rens für Jedermann transparent ist. Es gehört zu den Beson-
derheiten der fortschreitenden Technisierung, dass von der
Funktionsfähigkeit der eingesetzten Systeme ausgegangen
wird, wenn sie vor ihrem Einsatz in einem speziellen Verfah-
ren geprüft worden ist. Dies gilt umso mehr, als in allen an-
deren Verfahrensschritten die erforderliche Kontrolle statt-
findet und dadurch die erlangten Ergebnisse auf ihre Plausi-
bilität überprüft werden können.

Es kann also nur darauf ankommen, dass die Öffentlichkeit
die grundsätzliche Möglichkeit hat, sich von der Funktions-
fähigkeit des Wahlverfahrens zu überzeugen. Dem trägt das
Wählen mit Wahlgeräten Rechnung, da der Wähler sich in
einem amtlichen Verfahren befindet. So wird er in einem
öffentlichen Wahllokal vom bestellten Wahlvorstand über
seinen amtlich ausgestellten Wahlschein persönlich identifi-
ziert, das Abgeben seiner Stimme wird am Wahlcomputer in-
dividuell registriert – und kann von ihm korrigiert werden –
und das Wahlergebnis wird unter Berücksichtigung seiner
Wahlentscheidung veröffentlicht. Bei Zweifeln an der Rich-
tigkeit des Verfahrens kann er die Wahl anfechten. Unter
Berücksichtigung dieser Erwägungen kann eine Verletzung
des Öffentlichkeitsgrundsatzes bei der Wahl mit Wahlgerä-
ten nicht festgestellt werden.

Dies gilt umso mehr, als vorliegend im Wahlablauf die
Beachtung der insoweit spezielleren Vorschriften des
§ 35 BWG i. V. m. der BWahlGV festzustellen ist. Soweit
ein Vergleich mit den Vorschriften über die herkömmliche
Urnenwahl ergibt, dass typischerweise mit Stimmzetteln
verbundene Besonderheiten nicht deckungsgleich auf die
Stimmabgabe mit Wahlgeräten übertragen worden sind, ist
darauf hinzuweisen, dass dies auch nicht gefordert wird
(Bundestagsdrucksache 15/1150, Anlage 19, S. 60).

Zudem ist weder festgestellt noch von dem Einspruchsführer
vorgetragen worden, dass ein amtliches Organ durch Miss-
achtung der Vorgaben des § 31 BWG oder des § 54 BWO
einen Wahlfehler begangen hätte. Vielmehr ergibt sich aus
dem Fehlen eines solchen Vorbringens, dass davon ausge-
gangen werden muss, dass die Beachtung des Öffentlich-
keitsgrundsatzes durch den betreffenden Wahlvorstand si-
chergestellt war.

Ein Wahlfehler ist somit nicht festzustellen. Hinsichtlich der
von der Einspruchsführerin behaupteten Mandatsrelevanz
ist daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts, der sich der Wahlprüfungs-
ausschuss und der Deutsche Bundestag stets angeschlossen
haben, nur solche Wahlfehler einen Wahleinspruch erfolg-
reich begründen können, die auf die Mandatsverteilung von
Einfluss sind oder hätten sein können. Infolgedessen schei-
den alle Verstöße von vornherein als unerheblich aus, die
die Ermittlung des Wahlergebnisses nicht berühren (seit
BVerfGE 4, 370 (372) ständige Rechtsprechung; vgl. auch
Schreiber a. a. O., § 49 Rn. 10). Insofern muss der Vortrag
der Einspruchsführerin also einen hinreichenden, konkreten
und greifbaren Anhalt dafür bieten, dass aufgrund des Wahl-
fehlers Entscheidungen der Wahlorgane anders getroffen
worden wären und diese im Ergebnis dadurch zu einer Man-
datsverschiebung geführt hätten. Die Einspruchsführerin
gibt aber lediglich an, dass der Wahlfehler „angesichts der
zwei Millionen Wähler, die mit diesen Geräten abgestimmt

ordneter bzw. wie viele Abgeordnete rechtswidrig gewählt
worden seien, liefert sie nicht. Der Hinweis, dass Mani-
pulationen aufgrund der eingesetzten Geräte gerade nicht
nachweisbar seien, ist im Rahmen der Argumentationslinie
der Einspruchsführerin zwar nachvollziehbar. Er zeigt aber
auch, dass durchaus davon ausgegangen werden kann, dass
bei Einsatz der Wahlgeräte kein einziger Abgeordneter unzu-
lässig gewählt worden ist. Zudem belegt die fehlende An-
gabe der Zahl von unrechtmäßig gewählten Abgeordneten,
dass die Einspruchsführerin von der rein theoretischen Mög-
lichkeit einer Manipulation ausgeht. Denn dass auch nur ein
Mandat bei der Bundestagswahl aufgrund von Manipulatio-
nen falsch vergeben worden sein soll, wird durch Tatsachen
gerade nicht belegt. Soweit aber die Einspruchsführerin die
Zahl der durch den angeblichen Wahlfehler auf unzulässige
Weise gewählten Abgeordneten nicht genauer benennt, ist
eine Überprüfung dieses Vorbringens nicht möglich. Denn
die Wahlprüfung muss genügend substantiierte Tatsachen
enthalten, aus denen sich ergibt, dass der Wahlfehler tatsäch-
lich passiert ist (zu den Voraussetzungen vgl. die obigen
Ausführungen). Aus dem Vorbringen der Einspruchsführerin
wird aber gerade deutlich, dass auch sie nur eine theo-
retische, und eben keine konkrete Wahrscheinlichkeit sieht,
dass die behauptete Unregelmäßigkeit die Sitzverteilung
beeinflusst haben könnte (vgl. dazu Schreiber, a. a. O.,
§ 49 Rn. 11).

Bei der Wahl mit Wahlgeräten wird nach alledem ein Maß-
stab angelegt, der ein vergleichbar hohes Sicherheitsniveau
gewährleistet wie bei der konventionellen Wahl. Nach An-
sicht des Wahlprüfungsauschusses ist die Legitimität und
Autorität der Bundestagswahl 2005, die unter dem Einsatz
von NEDAP-Wahlcomputern durchgeführt wurde, aufgrund
der Beachtung der einschlägigen Vorschriften nicht verletzt
worden.

Ein Wahlfehler bei der Durchführung der Bundestagswahl
2005 mithilfe elektronischer Wahlgeräte ist nicht erkennbar.

2. Faltung des Stimmzettels

Ein Wahlfehler bei der Bundestagswahl 2005 ist aber darin
zu sehen, dass ein Foto einen Wähler (hier: Dr. Edmund
Stoiber) zeigt, der einen nicht vollständig zusammen gefalte-
ten Stimmzettel in Händen hält, nachdem er diesen ausge-
füllt hat. § 34 Abs. 2 BWG bestimmt, dass der Wähler den
Stimmzettel nach der Wahl in der Weise faltet, „dass seine
Stimmabgabe nicht erkennbar ist“ und ihn dann in die Wahl-
urne wirft. Der Stimmzettel ist daher so zu falten, dass nicht
zu erkennen ist, welchen Bewerber oder welche Landesliste
der Wähler angekreuzt hat. Es ist nicht erlaubt, dass Wähler
mit offenem Stimmzettel aus der Wahlkabine heraustreten
und erkennen lassen, wie sie gewählt haben (s. hierzu Bun-
destagsdrucksache 14/3764 vom 4. Juli 2000, S. 9). Nach
Maßgabe des § 56 Abs. 4 BWO ist der Stimmzettel in der
Wahlzelle zu falten (so auch Schreiber, a. a. O., § 34 Rn. 8:
„In der ‚Geborgenheit‘ der Wahlkabine“). Ein Verstoß gegen
diese Vorschriften durch einen Wähler hätte gemäß § 56
Abs. 6 Nr. 4 und 5 BWO eine Zurückweisung durch den
Wahlvorstand zur Folge.

Die Einspruchsführerin, die im Wahllokal zum betreffenden
Zeitpunkt nicht anwesend war, stützt ihren Einspruch auf ein
haben, auch mandatsrelevant“ sei. Weitere Angaben werden
nicht mitgeteilt. Konkrete Hinweise, dass auch nur ein Abge-

Foto, das die Hände eines Wählers zeigt, in denen er den aus-
gefüllten Stimmzettel hält. Die nur auf einem Standbild und

war für den Außenstehenden in der Bewegung des Wählers
und aus größerer Entfernung zwar nicht erkennbar. Der
Wahlvorsteher des betreffenden Wahllokals hat aber einge-
räumt, dass, nachdem der Wähler Dr. Edmund Stoiber sei-
nen Stimmzettel, wie vorgeschrieben, noch innerhalb der
Wahlkabine gefaltet hatte, das Foto in dem Moment, als die-
ser sich umgedreht hat, um die Wahlkabine zu verlassen, in
einem Blitzlichtgewitter als Zufallsprodukt entstanden ist.
Es ist anzunehmen, dass nur bei Einsatz eines Fotoapparates
und bei nachträglicher Vergrößerung und Auswertung dieser
Momentaufnahme die getroffenen Feststellungen über die
genaue Stimmabgabe des Wählers möglich sind. Ein visuel-
les Erfassen der Wahlentscheidung dieses Wählers war dem-
nach ohne technische Hilfsmittel nicht möglich. Das Foto
aus dem Isar-Loisachboten bestätigt zudem, dass die Presse
zum Zeitpunkt der Stimmabgabe in einiger Entfernung zur
Wahlkabine stand und dass bei der Stimmabgabe durchaus
geordnete Verhältnisse geherrscht haben. Da die Wahlzellen
aber so aufgestellt werden müssen, dass sie nicht einsehbar
sind (§ 50 Abs. 1 Satz 1 BWO), dürfen anwesende Fotogra-
fen entweder nur so positioniert werden, dass sie nicht in
Richtung der offenen Seite der Kabine stehen oder die Wahl-
zellen sind – wie hier – mit einem Vorhang zu versehen.
Dann muss von Seiten des Wahlvorstandes aber darauf ge-
achtet werden, dass der Vorhang erst aufgezogen wird, wenn
der Wahlzettel gefaltet ist. Zudem muss der Wahlvorsteher
organisatorisch dafür sorgen, dass Vertreter der Medien den
Vorgang der Stimmabgabe nur aus einer Entfernung oder
einem Winkel dokumentieren konnten, der die betreffende
Aufnahme nicht ermöglicht.

Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass Wahllokale für
Jedermann zugänglich sein müssen (§ 31 BWG i. V. m.
§ 54 BWO). So weist Schreiber (a. a. O., § 31 Rn. 3) zwar
darauf hin, dass sich auch Vertreter von Presse, Hörfunk und
Fernsehen im Wahlraum aufhalten dürfen. Dieses Recht auf
Zutritt umfasst aber nicht die Befugnis, Bild- oder Tonauf-
nahmen zu machen, für die es einer besonderen Genehmi-
gung bedarf. Das Entstehen von fotografischen Aufnahmen
des Wählers, die eine Momentaufnahme der Wahlhandlung
festhalten, ist somit entweder durch ein vollständiges Falten
des Stimmzettels noch in der Kabine oder durch ein Fotogra-
fierverbot im Wahlraum zu verhindern.

Jedoch ist der festgestellte Wahlfehler nicht mandatsrelevant
(zu den Voraussetzungen vgl. die obigen Ausführungen).
Hier ist offensichtlich, dass die Zurückweisung des einen
Stimmzettels nicht zu einer Mandatsverschiebung geführt
hätte, zumal der betreffende Wähler vermutlich nicht anders
gewählt hätte, wenn er – nach einer erfolgten Zurückweisung
– noch einmal gewählt hätte (§ 56 Abs. 8 BWO). Auf diesen
Umstand weist auch die Einspruchsführerin selbst hin.

3. Behinderung durch Pressevertreter im Wahlraum

Schließlich stellen die von der Einspruchsführerin ge-
schilderten Abläufe der Stimmabgabe durch die Wählerin

Einschränkung, dass der Wahlvorstand „Personen, die die
Ordnung und Ruhe stören, aus dem Wahlraum verweisen
(kann)“. Vorliegend war zum Zeitpunkt der Stimmabgabe
der seinerzeitigen Kanzlerkandidatin ein erhebliches Me-
dieninteresse feststellbar. Der Kreiswahlleiter hat glaubhaft
eingeräumt, dass die Situation aufgrund der erheblichen
Zahl anwesender Journalisten für einen Zeitraum von etwa
10 Minuten im Wahllokal zwar „nicht befriedigend“ war.
Ein von einem amtlichen Wahlorgan begangener Wahlfehler
ist hierin aber nicht zu erkennen, da der Wahlvorsteher die
polizeilichen Ordnungskräfte aufgefordert hat, die Situation
zu verbessern, was aber auch den Beamten nicht gelungen
ist. Somit hat der Wahlvorsteher es nicht etwa schuldhaft
unterlassen, von seinen Ordnungsbefugnissen Gebrauch zu
machen, sondern er hat gerade das wirkungsvollste Mittel
der polizeilichen Hilfe eingesetzt. Dass auch dieses für einen
kurzen Zeitraum keinen Erfolg brachte, ist angesichts der zu
beachtenden Verhältnismäßigkeit des Mitteleinsatzes nicht
vermeidbar gewesen. Nach weiterer Darstellung des Kreis-
wahlleiters, der persönlich im betreffenden Wahlraum anwe-
send war, wurden andere Wählerinnen und Wähler auch in
dieser Situation nicht an der Stimmabgabe gehindert. Soweit
die Einspruchsführerin berichtet, dass mindestens eine ältere
Dame an der Wahlausübung gehindert worden sei, wird nicht
erkennbar, ob dieses Hindern, die Richtigkeit des Vortrages
unterstellt, endgültig wahlbehindernd gewirkt hat. Soweit
die betroffene Person nämlich nur wenige Minuten warten
musste, um nach Beruhigung der Situation die Stimme abge-
ben zu können, liegt ein Wahlfehler gar nicht vor. Das von
der Einspruchsführerin selbst als „minutenlang“ beschrie-
bene Behindern der Stimmabgabe war schon zeitlich nicht
geeignet, einen zur Wahl entschlossenen Bürger endgültig
von der Wahl abzuhalten. Zudem war absehbar, dass die
Situation sich unmittelbar nach Verlassen des Wahlraumes
durch die prominente Wählerin wieder normalisieren würde,
was auch geschah. Die Angabe der Einspruchsführerin, dass
weitere Personen an der Stimmabgabe gehindert worden
seien, kann der Wahlprüfungsausschuss mangels substan-
tiierter Angaben nicht überprüfen (hinsichtlich der Voraus-
setzungen wird auf die obigen Ausführungen verwiesen). An
solchen Angaben fehlt es aber, wenn die Einspruchsführerin
lediglich angibt, dass „mindestens eine“ Person an der Wahl-
ausübung gehindert worden sein soll.

Angesichts des offenkundigen Interesses der Öffentlichkeit
an Bildern vor allem von der Stimmabgabe der Kanzlerkan-
didaten und anderer Spitzenpolitiker ist die Schaffung eines
von der Einspruchsführerin vorgeschlagenen Medienpools
kaum praktikabel. Eine solche Steuerung der Bildbericht-
erstattung durch den Wahlvorstand würde, auch unter Be-
rücksichtigung der kurzen Dauer der durch die anwesenden
Medienvertreter entstehenden Belastungen, wiederum an
(verfassungs-)rechtliche Grenzen stoßen.
Drucksache 16/3600 – 64 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 64 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

nur bei entsprechender Vergrößerung des betreffenden Bild-
ausschnitts zu erkennende Wahlentscheidung des Wählers

Dr. Angela Merkel keinen Wahlfehler dar. § 31 BWG
schreibt die Öffentlichkeit der Wahlhandlung vor mit der

dann auch kaum benutzt. An den Tischen habe jeder
Delegierte lediglich 71 cm Platz gehabt. Außerdem seien die

bei habe die Verwendung durchsichtiger Wahlurnen gegen
§ 51 BWO verstoßen, die Aufstellung von nur sechs Wahl-
Abs. 5 der CSU-Satzung, der laute: „Die Wahlen erfolgen
geheim“, wiederhole insoweit aber lediglich die Gesetzes-
anordnung. Dies stelle eine ungesetzliche Satzungslücke dar,

Die Landeswahlleiterin des Freistaates Bayern, die zu dem
Einspruch Stellung genommen hat, erklärt, dass mit der
Tische während der Wahl häufig verlassen worden. Die
Delegierten hätten während der Wahlhandlung in ständigem
Gesprächskontakt untereinander gestanden. All dies habe
dazu geführt, dass die Delegierten in die Stimmzettel der
jeweils benachbarten Delegierten oder anderer Delegierter,
die ihren Platz verlassen hatten, Einblick hätten nehmen
können, sofern diese das billigten. Zu solchen Einsichtnah-
men sei es auch gekommen.

Der Einspruchsführer ist der Auffassung, aufgrund der von
ihm geschilderten Umstände habe keine geheime Wahl statt-
gefunden und es sei insbesondere gegen § 17 des Parteien-
gesetzes (PartG) und § 53 Abs. 5 der CSU-Satzung versto-
ßen worden. § 17 PartG fordere, dass die Aufstellung von
Bewerbern für die Wahlen zu Volksvertretungen in geheimer
Wahl erfolge. Näheres sei durch die Satzung zu regeln. § 53

kabinen gegen § 33 BWG und deren häufige Nichtbenut-
zung gegen die §§ 33 BWG, 50 BWO. Der Wahlvorstand
hätte Stimmzettel, in die wegen Verstoßes gegen die genann-
ten Vorschriften Einblick genommen worden sei oder hätte
genommen werden können, analog § 56 Abs. 6 Nr. 4 und 5
BWO zurückweisen müssen.

Der Einspruchsführer weist in diesem Zusammenhang auf
eine Entscheidung des Hessischen Verfassungsgerichtshofs
(HessVGH ESVGH 2, 179) hin, wonach es für eine Wahl-
anfechtung genüge, wenn das Wahlgeheimnis jederzeit auf-
gedeckt worden sein könnte. Ein Nachweis, dass es tatsäch-
lich und zusätzlich auch in wahlbeeinflussender und damit
entscheidungsrelevanter Weise aufgedeckt worden sei, sei
nach dessen Auffassung nicht erforderlich und wäre auch
nur hypothetisch zu führen.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 65 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 65 – Drucksache 16/3600

Anlage 5

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn Dr. M. C. H., 80639 München
– Az.: WP 155/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit einem am 16. November 2005 beim Wahlprüfungsaus-
schuss eingegangenen Schreiben hat der Einspruchsführer
gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005 Einspruch eingelegt. Der Einspruch
betrifft die Aufstellung der Liste der Christlich-Sozialen
Union (CSU) in Bayern.

Die Aufstellung der Bewerber für die Liste erfolgte auf einer
Vertreterversammlung in München am 22. Juli 2005. Am
8. August 2005 wurde die Liste bei der Landeswahlleiterin
des Freistaates Bayern eingereicht, am 19. August 2005 vom
Landeswahlausschuss zugelassen.

1. Im Hinblick auf den Grundsatz der geheimen Wahl mo-
niert der Einspruchsführer, dass auf der Versammlung zum
Einsammeln der Stimmzettel durchsichtige Wahlurnen aus
Plexiglas verwendet worden seien. Ferner habe es für ins-
gesamt 270 Delegierte nur sechs Wahlkabinen gegeben. Laut
Belehrung des Wahlvorstandes sei deren Benutzung zudem
nur freiwillig gewesen. Die Delegierten hätten die Kabinen

auf die einschlägigen Vorschriften des Bundeswahlgesetzes
und der Bundeswahlordnung und deren Kommentierungen
zurückzugreifen. Denn die Bundestagswahl und die Wahl
der Parteibewerber in der Aufstellungsversammlung seien,
was das Wahlgeheimnis angehe, vergleichbar. Es sei nicht zu
erkennen, dass bei einer der beiden Wahlen ein Wahlgeheim-
nis minderer Art gelten solle. Bei der analogen Anwendung
der verständig zu würdigenden Vorschriften des Bundes-
wahlgesetzes und der Bundeswahlordnung sei besonders zu
berücksichtigen, dass die Aufstellung der Parteibewerber in
einer Versammlung erfolge, die Delegierten also untereinan-
der in ständigem Kontakt stünden. Den mit dieser Besonder-
heit verbundenen Gefahren einer drohenden Missachtung
der Geheimhaltung müsse in angemessener Weise entgegen-
getreten werden. Das sei nur der Fall, wenn die Benutzung
der Wahlkabine obligatorisch angeordnet und auch tatsäch-
lich durchgesetzt werde. Im Einzelnen geht der Einspruchs-
führer davon aus, dass vorliegend die §§ 31 bis 34 des Bun-
deswahlgesetzes (BWG) und die §§ 49 bis 52 der Bundes-
wahlordnung (BWO) analog anwendbar gewesen seien. Da-
die nach den anerkannten Grundsätzen der richterlichen
Rechtsfortbildung zu schließen sei. Dabei sei insbesondere

Landesliste eine vom Leiter sowie von zwei Teilnehmern
der Aufstellungsversammlung unterzeichnete Versicherung

Drucksache 16/3600 – 66 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 66 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

an Eides statt vorgelegt worden sei, wonach die Versamm-
lung die Bewerber und ihre Reihenfolge auf der Landesliste
in geheimer Abstimmung festgelegt habe. Die vom Ein-
spruchsführer vorgetragenen Missstände, mit denen er die
geheime und rechtmäßige Wahl der Bewerber in Frage stelle,
entzögen sich der Kenntnis der Landeswahlleiterin.

Der Einspruchsführer, der sich zu der Stellungnahme der
Landeswahlleiterin geäußert hat, erklärt, dass die von ihr er-
wähnte Versicherung an Eides statt falsch sei. Denn er habe
beobachtet, wie eine der Unterzeichnerinnen der Versiche-
rung während der Wahlhandlung mit Delegierten Bespre-
chungen geführt habe. Dabei hätte sie diesen unschwer Ein-
blick in ihre Wahlentscheidung geben und umgekehrt auch
in deren Wahlentscheidung Einblick nehmen können. Der
Umstand, dass die Landeswahlleiterin von vom Einspruchs-
führer „vorgetragenen Missständen“ spreche, zeige im Übri-
gen, dass auch sie der Meinung sei, dass – sollte sich der von
ihm vorgetragene Sachverhalt als wahr erweisen – er als
Missstand zu bezeichnen sei.

2. Ferner trägt der Einspruchsführer vor, dass ausgefüllte
Stimmzettel zum Teil auf den Gängen entgegengenommen
worden seien, ohne dass die – ohnehin nicht entsprechend
geschulten – Wahlhelfer die Wahlberechtigung geprüft hät-
ten. Dadurch sei die Abgabe von Stimmen durch Unbefugte
möglich gewesen und in einem Fall auch tatsächlich passiert.
So habe eine Delegierte ihm gegenüber eingeräumt, dass sie
den Stimmzettel eines ihr bekannten Delegierten in dessen
Abwesenheit gekennzeichnet und ein Herz darauf gemalt
habe. Nachdem der Einspruchsführer sich in einem von ihm
erfolglos betriebenen Parteischiedsverfahren auf diese Aus-
sage berufen habe, habe sie sie allerdings in einer schrift-
lichen Stellungnahme gegenüber dem CSU-Generalsekretär
wieder zurückgenommen. In dem Schriftstück, das der Ein-
spruchsschrift neben anderen Dokumenten aus dem Partei-
schiedsverfahren beigefügt ist, führt die Delegierte aus, sie
habe dem Einspruchsführer lediglich im Scherz gesagt, sie
habe einen Stimmzettel ausfüllen können. Tatsächlich habe
sie das aber nicht getan. Der Einspruchsführer regt insoweit
an, die Delegierte als Zeugin zu vernehmen und den an dem
aufgemalten Herz erkennbaren Stimmzettel auf Fingerab-
drücke zu untersuchen.

3. Der Einspruchsführer rügt weiterhin, dass die Kreis-
verbände nicht zu der Versammlung geladen worden seien.
Ein entsprechendes Ladungsrecht habe sich aus ihrem Recht,
Wahlvorschläge zu unterbreiten, ergeben. Zwar schweige
sich die CSU-Satzung zu der Frage, ob und ggf. wer neben
den Delegierten vorschlagsberechtigt sei, aus. Diese Sat-
zungslücke sei aber durch eine Gleichstellung von Wahlvor-
schlägen mit den Antragsrechten nach § 15 Abs. 3 PartG zu
schließen. Da dort bestimmt werde, dass mindestens den
Vertretern der Gebietsverbände der beiden nächstniedrigen
Stufen ein Antragsrecht einzuräumen sei, seien also auch die
Parteigliederungen auf Bezirks- und auf Kreisebene vor-
schlagsberechtigt und folglich zu laden gewesen. Dadurch,
dass die Kreisverbände nicht geladen worden seien, hätten
sie ihr gesondertes gesetzliches Recht, Wahlvorschläge zu
unterbreiten und die Wahl der von ihnen vorgeschlagenen
Bewerber auf der Aufstellungsversammlung zu beantragen,
nicht ordnungsgemäß wahrnehmen können.

vorschläge auf Kreis- bzw. Bezirksebene der vom Gesetz,
nämlich § 15 Abs. 3 PartG, geforderten demokratischen
Willensbildung entsprochen haben. Er bezieht sich dabei auf
einen Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 25. Juli
2005, in dem sich ein Kandidat darüber beschwert habe, dass
die getroffenen „Absprachen“ im Bezirksverband München
im gemeinsamen Wahlvorschlag aller Bezirksverbände und
Arbeitsgemeinschaften zum Nachteil dieses Kandidaten
nicht umgesetzt worden seien. Der Einspruchsführer ist der
Ansicht, dass der Bezirksverband einen gültigen Wahlvor-
schlag – wenn es ihn denn gegeben haben sollte – hätte ein-
bringen und zur Wahl stellen müssen, statt ihn gemeinschaft-
lich mit anderen Bezirken und Arbeitsgemeinschaften der
Partei abzuändern. Überhaupt gleiche das in der Praxis der
CSU zur Anwendung kommende Verfahren bei der Aufstel-
lung von Wahlvorschlägen insgesamt einem „closed shop“
und verstoße deshalb gegen allgemeine Grundsätzen der
innerparteilichen Demokratie und § 15 Abs. 3 PartG.

5. Auch hätten die Listenplätze 1 bis 32 nicht, wie gesche-
hen, im Wege der sukzessiven Einzelabstimmung, die Plätze
33 bis 61 in Sammelabstimmung vergeben werden dürfen.
§ 39 Abs. 4 Nr. 3 BWO fordere ausdrücklich, dass die Fest-
legung der Reihenfolge Ziel der Abstimmung sei. Dies ließe
sich am einfachsten durch eine Sammelabstimmung errei-
chen. Die sukzessive Einzelabstimmung dränge hingegen
den Einfluss des Wählers auf die Reihenfolge zurück, was
zum Demokratiegebot des § 17 Abs. 3 Satz 1 PartG in
Widerspruch stehe. Ganz und gar falsch sei es aber, Einzel-
abstimmung und Sammelabstimmung miteinander zu mi-
schen. Damit werde der abgegebenen Stimme ein jeweils
unterschiedliches Gewicht gegeben, die Chancengleichheit
des passiven Wahlrechts verletzt und der Wählereinfluss auf
die Reihenfolge in der Liste entwertet.

Weiterhin moniert der Einspruchsführer, dass der gemein-
same Wahlvorschlag der Bezirksverbände und Arbeits-
gemeinschaften keine Ordnungsnummer getragen habe,
also, was die Zuordnung zu den Listenplätzen betreffe, je-
denfalls ab Platz 30 unbestimmt gewesen sei. Auf dem ma-
schinenschriftlich erstellten Vorschlag, den der Einspruchs-
führer seiner Einspruchsschrift beigefügt hat, sind unter der
Überschrift „Vorschlag zur Reihung“ in einer Tabelle von
eins bis 29 durchnummeriert 29 Namen aufgelistet. Sodann
folgen unter der Überschrift „Weitere bisher eingegangene
Listenplatzvorschläge“ weitere 35 Namen in alphabetischer
Reihenfolge, die nicht durchnummeriert sind. Lediglich die
ersten beiden dieser Namen sind handschriftlich mit den
Zahlen 30 und 31 versehen, wobei es sich um während der
Wahl gemachte und deren Ergebnis festhaltende Notizen des
Einspruchsführers handeln dürfte. Der Einspruchsführer ist
der Auffassung, die offen gelassene Zuweisung zu einem
bestimmten Listenplatz berühre die Reihung der Wahlvor-
schläge, soweit darüber in Einzelabstimmung entschieden
worden sei, insgesamt. Denn die unbestimmten Wahlvor-
schläge hätten nicht einfach irgendwo – etwa möglichst weit
hinten – beliebig eingeordnet werden können. Es hätte daher
mit Wirkung für alle Wahlvorschläge bis zum 32. Platz ein-
schließlich, über die nach Aussage des Landesgeschäftsfüh-
rers in sukzessiver Einzelabstimmung entschieden worden
sei, zunächst festgestellt werden müssen, für welchen Lis-
tenplatz die unbestimmten Wahlvorschläge haben gelten sol-
4. Obwohl es sich seiner genauen Kenntnis entziehe, be-
zweifelt der Einspruchsführer außerdem, dass die Wahl-

len. Dies sei jedoch nicht geschehen. Stattdessen seien sie
aufs Geratewohl tatsächlich ganz hinten angehängt worden.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 67 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 67 – Drucksache 16/3600

Obwohl also die Reihenfolge nicht definitiv bestimmt habe
werden können, habe der Wahlvorstand die Wahlvorschläge
dennoch nacheinander aufgerufen, als habe der Mangel der
Unbestimmtheit in der Reihung tatsächlich nicht bestanden.
Die Reihenfolge auf der Liste, soweit sie in Einzelabstim-
mung erfolgte, sei daher mit dem „Index der Willkür“ behaf-
tet gewesen.

Die Landeswahlleiterin erklärt hierzu, dass aus der Nieder-
schrift über die Aufstellungsversammlung in der Tat hervor-
gehe, dass über die Listenbewerber der Plätze 1 bis 32 ein-
zeln abgestimmt worden sei, während die Abstimmung über
die Plätze 33 bis 61 im Wege der Sammelabstimmung erfolgt
sei. Dies sei aber rechtlich nicht zu beanstanden. Nach § 27
Abs. 5 i. V. m. § 21 Abs. 5 BWG bleibe die Regelung der
Einzelheiten des Verfahrens der Wahl der Bewerber der
Satzung der Parteien vorbehalten. Nach § 52 Abs. 2 der am
20. November 2004 in Kraft getretenen Satzung der CSU
könnten Wahlen in Einzel- oder Sammelabstimmung erfol-
gen, wobei eine Sammelabstimmung nach § 55 Abs. 6 der
Satzung auch als Blockabstimmung möglich sei. Die Kandi-
datenaufstellung durch Sammelabstimmung oder Blockwahl
für mehrere Listenplätze gleichzeitig in einem Wahlgang sei
zulässig. Sofern die Möglichkeit bestehe, vorab Änderungs-
vorschläge zu unterbreiten und aus den Wahlvorschlägen
Namen einzelner Bewerber zu streichen, sei das Vorgehen
mit dem Grundsatz der innerparteilichen Demokratie verein-
bar. Die Landeswahlleiterin verweist insoweit auf Schreiber,
Kommentar zum BWG, 7. Auflage, 2002, § 27 Rn. 17 und
§ 21 Rn. 23. Durch das Recht, in beliebiger Anzahl Vor-
geschlagene zu streichen, werde die freie Auswahlmöglich-
keit unter den Bewerber nicht beschnitten. Die elementaren
Grundsätze einer demokratischen Wahl sind damit nach An-
sicht der Landeswahlleiterin, die insoweit auf BVerfGE 89,
243 ff. verweist, gewahrt. Änderungsanträge und Streichun-
gen von Namen seien nach § 55 Abs. 6 der Satzung der CSU
zugelassen. Auch eine Kombination von Einzel- und Sam-
melwahl für bestimmte Listenplätze werde allgemein für
zulässig gehalten. Insoweit verweist die Landeswahlleiterin
wiederum auf Schreiber a. a. O., § 27 Rn. 17.

Der Einspruchsführer meint, dass die Ausführungen der
Landeswahlleiterin nicht darüber hinwegtäuschen könnten,
dass im gegebenen Fall ein Bewerber mit mehr Stimmen
schlechter platziert werden könne als ein anderer mit weni-
ger Stimmen. Vor allem könne die Einzelabstimmung keinen
Einfluss auf die Reihung nehmen, während die Sammelab-
stimmung genau dies tue. Beide Verfahrensweisen stünden
offensichtlich nicht gleichwertig nebeneinander. Deshalb
werde regelmäßig über die aussichtsreichen Plätze, hier 1 bis
32, in Einzelabstimmung und über die weniger aussichtsrei-
chen, hier 33 bis 61, in Sammelabstimmung entschieden,
niemals aber umgekehrt.

6. Außerdem habe entgegen § 31 BWG, der analog an-
wendbar sei, auf der Versammlung keine Öffentlichkeit für
Parteimitglieder bestanden. Dem Einspruchsführer sei als
langjährigem Parteimitglied vom Justitiar der CSU-Landes-
leitung eine Einladung als Gast zunächst mit dem Hinweis
verweigert worden, Zutritt hätten nur Delegierte und Bewer-
ber, nicht aber einfache Parteimitglieder. Nur weil er glaub-
haft habe machen können, voraussichtlich von einem Dele-

der Versammlung sogar Journalisten gegeben, von denen be-
kannt gewesen sei, dass sie keine Parteimitglieder seien. Für
Mitglieder der Partei, die sich für ein Mandat zur Verfügung
hätten stellen wollen, sei durch die fehlende Zutrittsmöglich-
keit der Weg erheblich eingeengt worden, auf der Versamm-
lung nach Delegierten zu suchen, die sie hätten vorschlagen
können. Willkür und Unrechtmäßigkeit dieser Zugangs-
sperre lägen auf der Hand. Seifert, Bundeswahlrecht,
3. Auflage, 1976, § 50 Anm. 2, zitierend („Auch Parteibeob-
achter […] sind aber wie jeder andere Anwesende berechtigt,
auf Verstöße gegen die Wahlvorschriften in angemessener
Form hinzuweisen“) erklärt der Einspruchsführer, dass
schon aus diesem Grunde bei Aufstellungsversammlungen
die Parteiöffentlichkeit herzustellen sei.

7. Der Einspruchsführer ist darüber hinaus der Auffassung,
dass analog die §§ 30, 34 BWG „offizielle Stimmzettel“, auf
denen man die Wahlvorschläge hätte ankreuzen können, hät-
ten verwendet werden müssen. Stattdessen habe man vor-
gedruckte Formulare verwendet, die man von Hand habe be-
schriften müssen. Die Verwendung offizieller Stimmzettel
hätte die Wahlhandlung erheblich vereinfacht und verkürzt
und damit auch eine obligatorische Benutzung der Wahl-
kabinen vereinfacht.

Der Einspruchsführer kommt zu dem Schluss, dass aufgrund
der von ihm unter 1. bis 7. vorgetragenen Geschehnisse die
in der Liste der CSU aufgeführten Kandidaten nicht zu ge-
setzlichen Abgeordneten bzw. Nachrückern gewählt haben
werden können. Die Liste der CSU und damit die Wahl der
Listenbewerber der CSU bei der Bundestagswahl 2005 im
Freistaat Bayern sei daher für ungültig zu erklären. Unbe-
rührt blieben hiervon allerdings die Direktmandate. Wenn er
richtig informiert sei, seien nur zwei CSU-Abgeordnete mit
der Zweitstimme über die Landesliste in den Deutschen
Bundestag eingezogen, alle anderen jedoch mit der Erst-
stimme. Nur diese beiden Mandate der CSU stünden daher
„im Feuer“ der Kritik.

Unter Bezugnahme auf eine Nachrichtensendung, in der bei
einem Bericht über die Aufstellung eines Spitzenkandidaten
der Linkspartei ihre Stimmkarten erhebende Delegierte zu
sehen gewesen seien, weist der Einspruchsführer schließlich
darauf hin, dass er einerseits an der Wahrung des Prinzips der
geheimen Wahl auch bei anderen Parteien zweifle, anderer-
seits aber nicht ausschließen wolle, dass die Wahlentschei-
dung der Delegierten tatsächlich doch in geheimer Abstim-
mung getroffen worden sei. Er stellt insoweit anheim, der
Sache auf den Grund zu gehen.

Im Hinblick auf den Sach- und Streitstand im Übrigen wird
auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.
gierten vorgeschlagen zu werden, sei er als Gast zur Ver-
sammlung zugelassen worden. Demgegenüber habe es auf

1. Die vom Einspruchsführer vorgetragenen Bedenken im
Hinblick auf die Gewährleistung einer geheimen Wahl auf

Drucksache 16/3600 – 68 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 68 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

der Vertreterversammlung können dem Wahleinspruch nicht
zum Erfolg verhelfen.

Gemäß § 21 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 27 Abs. 5 BWG sind die
Listenbewerber einer Partei zwar in geheimer Abstimmung
zu wählen. Nach bisheriger Spruchpraxis des Deutschen
Bundestages in Wahlprüfungsangelegenheiten werden damit
aber nicht die für die Wahl der Abgeordneten geltenden
strengen Vorgaben für die Wahrung des Wahlgeheimnisses
– insbesondere die obligatorische Benutzung von Wahlkabi-
nen und Wahlurnen – in Kraft gesetzt. Eine geheime Wahl im
Sinne des § 21 Abs. 3 Satz 1 BWG erfordert vielmehr ledig-
lich, dass schriftlich mit Stimmzetteln abgestimmt wird und
diese verdeckt gekennzeichnet und ohne Einsichtnahme an-
derer abgegeben werden können (vgl. Bundestagsdruck-
sachen 13/3927, Anlage 20, S. 50; 14/1560, Anlage 34,
S. 98; Schreiber, Kommentar zum BWG, 7. Auflage, 2002,
§ 21 Rn. 14). So ist auch in der in Anlage 23 zu § 39 Abs. 4
Nr. 3 BWO enthaltenen Musterniederschrift über die Auf-
stellungsversammlung nur von einer verdeckten Abstim-
mung mit einheitlichen Stimmzetteln die Rede, nicht von
einer Verwendung von Wahlkabinen und Wahlurnen. Diese
im Vergleich zur Wahl der Abgeordneten geringeren Anfor-
derungen bei der Wahl der Parteibewerber entsprechen dem
jeweiligen Charakter dieser Wahlen und dem Verhältnis bei-
der zueinander: Einerseits sind die unverzichtbaren Voraus-
setzungen für einen demokratischen Wahlvorgang auch im
Vorfeld der eigentlichen Wahl und gegenüber an der Wahl-
vorbereitung beteiligten Dritten, auch wenn sie – wie die
Parteien – keine amtlichen Wahlorgane sind (vgl. § 8 BWG),
zu sichern. Andererseits ist zugleich die Autonomie der Par-
teien zu wahren und im Interesse eines größtmöglichen Be-
standsschutzes der einmal durch Wahl hervorgebrachten
Volksvertretungen die Erheblichkeit von Wahlfehlern, die
Dritte begehen können, eng und strikt zu begrenzen (vgl.
BVerfGE 89, 243 [251, 253]). Schon deshalb kommt die
vom Einspruchsführer vertretene analoge Anwendung der
die Wahrung des Wahlgeheimnisses bei der Wahl der Abge-
ordneten regelnden Vorschriften des Bundeswahlgesetzes
und der Bundeswahlordnung bei der Wahl der Listenbewer-
ber nicht in Betracht. Gleiches gilt für die Ableitung von die-
sen Vorschriften entsprechenden Vorgaben aus § 17 Abs. 1
PartG, zumal dessen Wortlaut keine über § 21 Abs. 3 Satz 1
BWG hinausgehenden Vorgaben enthält und, was die Auf-
stellung der Bewerber angeht, auf die Wahlgesetze, also hier
wiederum auf § 21 Abs. 3 Satz 1 BWG, verweist.

Den dargestellten aus § 21 Abs. 3 Satz 1 BWG folgenden
Vorgaben wurde vorliegend genüge getan. Es wurde nach
den eigenen Angaben des Einspruchsführers schriftlich mit
Stimmzetteln abgestimmt. Diese konnten auch verdeckt ge-
kennzeichnet werden. Beim Ausfüllen der Stimmzettel am
Tisch konnten die Tischnachbarn oder vorbeigehende Dele-
gierte durch eine entsprechende Körperhaltung an einer Ein-
sichtnahme gehindert werden. Wem das nicht genügte, hatte
die Möglichkeit, eine der sechs Wahlkabinen zum Kenn-
zeichnen seines Stimmzettels zu nutzen. Schließlich konnten
die Stimmzettel auch ohne Einsichtnahme anderer abgege-
ben werden, indem sie gefaltet in die Wahlurnen aus Plexi-
glas geworfen wurden.

Dass es unter diesen Umständen – wie der Einspruchsführer

fern diese das billigten, ist zutreffend. Es handelt sich dabei
jedoch um eine zwangsläufige Folge der oben dargestellten
Auslegung des § 21 Abs. 3 Satz 1 BWG, wonach die obli-
gatorische Nutzung von Wahlkabinen und Wahlurnen gerade
nicht erforderlich ist. Vor diesem Hintergrund kann von
einem Verstoß des Gebots der geheimen Abstimmung über
die aufzustellenden Parteibewerber nicht bereits dann ausge-
gangen werden, wenn lediglich festgestellt werden kann,
dass die Möglichkeit bestand, Einblick in das Abstimmungs-
verhalten anderer zu nehmen, sofern diese das billigten.
Vielmehr muss es tatsächlich zu solchen Einsichtnahmen ge-
kommen sein. Das ist hier nicht der Fall.

Der Einspruchsführer behauptet zwar, dass es tatsächlich zu
solchen Einsichtnahmen gekommen sei. Konkrete Beispiele
hierfür nennt er jedoch nicht. Die von ihm wiedergegebene
Schilderung einer Delegierten, die von dieser im Übrigen be-
stritten wird, sie habe den an dessen Platz liegenden Stimm-
zettel eines anderen Delegierten ausgefüllt, ist kein Fall der
Einsichtnahme in fremdes Abstimmungsverhalten. Aus dem
Umstand, dass ein fremder Stimmzettel ausgefüllt werden
kann, lässt sich vielmehr – unterstellt der Vorfall hat tatsäch-
lich stattgefunden – allenfalls schlussfolgern, dass Einsicht-
nahmen in das Abstimmungsverhalten anderer grundsätzlich
möglich gewesen sein könnten, nicht dass es dazu auch ge-
kommen ist. Das gilt auch für den Tatsachenvortrag des Ein-
spruchsführers im Übrigen. Dass der Sitzabstand zwischen
den Delegierten eng war, dass diese während der Abstim-
mung ihren Platz verlassen und Unterhaltungen geführt ha-
ben, stützt lediglich die Annahme, dass die Möglichkeit zu
einer einverständlichen Einsichtnahme bestand. Dass von
dieser Möglichkeit tatsächlich auch Gebrauch gemacht
wurde, ist hingegen eine bloße Vermutung des Einspruchs-
führers. Dieser ist von Seiten des Wahlprüfungsausschusses
nicht weiter nachzugehen. Denn gemäß § 2 Abs. 1 und 3
WPrüfG findet die Wahlprüfung nicht von Amts wegen statt,
sondern nur auf Einspruch, der zu begründen ist. Das erfor-
dert einen Tatsachenvortrag, der über nicht belegte Vermu-
tungen oder die bloße Andeutung von Wahlfehlern hinaus-
geht (vgl. BVerfGE 85, 148 [159]; Bundestagsdrucksache
16/1800, Anlage 26, S. 186; Schreiber, Kommentar zum
BWG, 7. Auflage, 2002, § 49 Rn. 17 f.).

2. Die Frage, ob, wie der Einspruchsführer behauptet, eine
Delegierte tatsächlich den Stimmzettel eines anderen Dele-
gierten ausfüllte, oder ob er insoweit nur deren Ausführungen
in einem Gespräch missverstanden hat, wie die Delegierte
behauptet, kann dahingestellt bleiben. Zwar würde es sich,
wenn die Behauptung des Einspruchsführers zuträfe, um ei-
nen Wahlfehler handeln. Denn eine doppelte Stimmabgabe
widerspräche dem Grundsatz der Gleichheit der Wahl, der zu
dem Kernbestand an Verfahrensgrundsätzen gehört, der einer
„Wahl“ im Sinne der §§ 21, 27 BWG immanent und deshalb,
ohne ausdrücklich in § 21 oder 27 BWG erwähnt zu sein,
auch bei der Aufstellung von Parteibewerbern zu beachten
ist (vgl. BVerfGE 89, 243 [252 f.]; Bundestagsdrucksache
15/2400, Anlage 14, S. 61; Schreiber a. a. O., § 21 Rn. 4).
Nach der Lebenserfahrung ist jedoch auszuschließen, dass
sich dieser eine Fall einer doppelten Stimmabgabe – sollte er
tatsächlich passiert sein – auf die Abstimmungsergebnisse in
der Vertreterversammlung und – in weiterer Folge – auf die
Sitzverteilung im Deutschen Bundestag ausgewirkt hat. Nur
zu Recht feststellt – gleichwohl möglich war, Einblick in das
Abstimmungsverhalten anderer Delegierter zu nehmen, so-

unter dieser Voraussetzung könnte ein Wahlfehler aber die
Gültigkeit der Bundestagswahl berühren.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 69 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 69 – Drucksache 16/3600

Weitere Fälle von unbefugten Stimmabgaben werden vom
Einspruchsführer nicht vorgetragen. Er behauptet – von dem
geschilderten Fall abgesehen – lediglich, dass diese möglich
gewesen seien, etwa weil ausgefüllte Stimmzettel auf Gän-
gen entgegengenommen worden seien. Insoweit gilt das
unter 1. zum Wahlgeheimnis Gesagte entsprechend.

3. Soweit der Einspruchsführer rügt, dass die Kreisverbände
nicht zu der Vertreterversammlung geladen worden seien,
kann seinen Darlegungen kein Wahlfehler entnommen wer-
den. Denn es besteht keine gesetzliche Verpflichtung einer
Ladung der Kreisverbände.

Die Frage der Ladung wird in den §§ 21, 27 Abs. 5 BWG nur
indirekt angesprochen, nämlich in § 21 Abs. 6 Satz 1 BWG.
Dieser schreibt vor, dass die mit dem Wahlvorschlag einzu-
reichende Ausfertigung der Niederschrift über die Wahl auch
Angaben der Form der Einladung enthalten muss. Daraus
lässt sich zwar entnehmen, dass einzuladen ist, aber noch
nicht, wer einzuladen ist. Ausschlaggebend hierfür ist nach
Auffassung des Bundesverfassungsgerichts das Teilnahme-
recht an der Versammlung. So hat es im Hinblick auf Mit-
gliederversammlungen, bei denen Wahlkandidaten aufge-
stellt oder Delegierte zu entsprechenden Vertreterversamm-
lungen gewählt werden sollen, ausgeführt, dass regelmäßig
alle im betreffenden Wahlkreis mit Erstwohnsitz gemeldeten
Parteiangehörigen einzuladen seien. Denn das seien dieje-
nigen Parteiangehörigen, die im Wahlkreis wahlberechtigt
und damit gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 BWG zur Teilnahme an
der Versammlung berechtigt seien (vgl. BVerfGE 89, 243
[255 ff.]). Übertragen auf eine Vertreterversammlung bedeu-
tet dies, dass alle zu dieser Versammlung gewählten Dele-
gierten zu laden sind. Denn dies sind gemäß § 21 Abs. 1
Satz 3 und 4 BWG die „Teilnahmeberechtigten“ (BVerfGE
89, 243 [254]), nicht hingegen die Kreisverbände.

Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des Ein-
spruchsführers auch nicht aus § 15 Abs. 3 PartG, nach des-
sen Satz 2 in den Versammlungen höherer Gebietsverbände
mindestens den Vertretern der Gebietsverbände der beiden
nächstniedrigen Stufen ein Antragsrecht einzuräumen ist.
Zum einen gelten die Vorschriften des zweiten Abschnitts
des Parteigengesetzes, zu denen auch § 15 PartG gehört,
ohnehin nicht für die Mitglieder- oder Vertreterversammlun-
gen im Sinne des § 21 und des § 27 Abs. 5 BWG (vgl.
Schreiber a. a. O., § 21 Rn. 13). Zum anderen knüpft das
Bundesverfassungsgericht, wie dargelegt, die Ladungs-
pflicht gerade nicht an das Recht, mit eigenen Vorschlägen
hervorzutreten, sondern an das Recht, an der Versammlung
teilzunehmen.

4. Auch soweit der Einspruchsführer unter Berufung auf
einen Zeitungsartikel vermutet, dass in dem gemeinsamen
Vorschlag aller Bezirksverbände und Arbeitsgemeinschaften
eine „Absprache“ im Bezirksverband München zum Nach-
teil eines bestimmten Kandidaten nicht „umgesetzt“ worden
sei, kann dem nicht die Darlegung eines Wahlfehlers ent-
nommen werden. Denn die Ausübung des Rechtes – sowohl
der Versammlungsteilnehmer als auch der Parteigremien –,
der Versammlung zur Wahl der Parteibewerber Wahlvor-
schläge zu unterbreiten, kann grundsätzlich durch „Abspra-
chen“ oder „Zusagen“ nicht in wahlprüfungsrechtlich rele-
vanter Weise rechtlich verbindlich präjudiziert werden.

lung von Wahlvorschlägen gleiche insgesamt einem „closed
shop“ und stehe damit im Widerspruch zu Grundsätzen der
innerparteilichen Demokratie, ist zu vage und nicht hin-
reichend durch die Angabe konkreter, der Überprüfung
zugänglicher Tatsachen substantiiert, um ihr im Wahlprü-
fungsverfahren nachgehen zu können. Soweit der Ein-
spruchsführer damit den Umstand, dass Parteigremien der
Versammlung zur Aufstellung der Parteibewerber eigene
Wahlvorschläge unterbreiten, als solchen kritisiert, ist im
Übrigen darauf hinzuweisen, dass dies einer demokratischen
Wahl nicht entgegensteht (vgl. BVerfGE 89, 243 [263 f.];
Schreiber a. a. O., § 21 Rn. 2). Die Wahrung demokratischer
Grundsätze wird dadurch sichergestellt, dass jeder stimm-
berechtigte Versammlungsteilnehmer eigene Vorschläge
machen kann (§ 21 Abs. 1 Satz 2 BWG) und jedem Bewer-
ber ausreichend Gelegenheit zu geben ist, sich und sein
Programm der Versammlung in angemessener Zeit vor-
zustellen (§ 21 Abs. 1 Satz 3 BWG; vgl. auch BVerfGE 89,
243 [259 f.]).

5. Kein Wahlfehler lag ferner darin, dass zunächst über die
ersten 32 Listenplätze nacheinander einzeln abgestimmt
wurde und sodann über die Plätze 33 bis 61 durch Sammel-
abstimmung.

Bereits aus der Anlage 23 zu § 39 Abs. 4 Nr. 3 BWO ergibt
sich, dass weder die Einzelabstimmung noch die Kombina-
tion von Einzelabstimmung und Sammelabstimmung recht-
lich bedenklich ist. Denn nach dem in dieser Anlage enthal-
tenen Muster der Niederschrift über die Versammlung zur
Aufstellung der Bewerber über die Landesliste ist unter an-
derem anzugeben, über welche Bewerber einzeln und über
welche gemeinsam abgestimmt worden ist. Damit werden
sowohl die Einzelabstimmung als auch die Kombination von
Einzel- und Sammelabstimmung als Möglichkeiten der
Wahl der Bewerber und der Festlegung ihrer Reihenfolge
anerkannt (vgl. auch Schreiber a. a. O., § 27 Rn. 17).

Abgesehen davon vermögen die vom Einspruchsführer vor-
getragenen Bedenken aber auch in der Sache nicht zu über-
zeugen. Keineswegs wird bei der Einzelabstimmung der
Einfluss der Wähler auf die Reihenfolge der Listenbewerber
zurückgedrängt. Dieser wird vielmehr dadurch gewahrt, dass
jeder stimmberechtigte Versammlungsteilnehmer gemäß
§ 21 Abs. 3 Satz 2 BWG für jeden Listenplatz einen eigenen
Wahlvorschlag unterbreiten kann und jedem Bewerber ge-
mäß § 21 Abs. 3 Satz 3 BWG Gelegenheit zu geben ist, sich
und sein Programm der Versammlung in angemessener Zeit
vorzustellen. Dadurch ist es auch unbedenklich, dass – was
der Einspruchsführer moniert – es vorkommen kann, dass
ein weiter hinten Platzierter mehr Stimmen bekommen kann,
als ein weiter vorne Platzierter. Denn jedem Versammlungs-
teilnehmer hätte es frei gestanden, den weiter hinten Platzier-
ten für einen weiter vorn stehenden Listenplatz vorzuschla-
gen.

Aus dem Gesagten ergibt sich schließlich auch, dass keines-
wegs zunächst darüber hätte abgestimmt werden müssen, auf
welche Listenplätze sich die auf dem gemeinsamen Wahl-
vorschlag der Bezirksverbände und Arbeitsgemeinschaften
nach Nummer 29 aufgeführten, nicht mit einer Nummer
versehenen Namen bezogen. Jeder Versammlungsteilneh-
mer hätte einen der dort genannten Bewerber bei der Einzel-
Die Behauptung des Einspruchsführers, das in der Praxis der
CSU zur Anwendung kommende Verfahren bei der Aufstel-

abstimmung über einen weiter vorn stehenden Listenplatz
ohne weiteres vorschlagen und damit eine Abstimmung über

bewerber in den Anlagen 17 und 18 zu § 34 Abs. 5 Nr. 3
BWO sowie 23 und 24 zu § 39 Abs. 4 Nr. 3 BWO. Während
in ersterem unter Punkt 5.5. eine Erklärung über die Öffent-
lichkeit während der Wahlhandlung sowie der Ermittlung
und Feststellung des Ergebnisses vorgesehen ist, findet sich
bei letzteren ein solcher Punkt nicht.

Was die Zweifel des Einspruchsführers an der Beachtung des
Prinzips der geheimen Wahl bei anderen Parteien angeht,
rechtfertigen es die von ihm angedeuteten Anhaltspunkte
nicht, das Wahlprüfungsverfahren auf diese Frage zu er-
strecken.
Drucksache 16/3600 – 70 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 70 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

die Reihenfolge erzwingen können. Die Reihenfolge war so-
mit weder durch die Reihung auf dem Wahlvorschlag der
Bezirksverbände und Arbeitsgemeinschaften noch durch die
Reihenfolge des Aufrufens der Wahlvorschläge durch den
Wahlvorstand unabänderlich vorgegeben.

6. Auch die Rüge des Einspruchsführers, es habe auf der
Versammlung keine Öffentlichkeit für Parteimitglieder be-
standen, kann dem Einspruch nicht zum Erfolg verhelfen.
Dass die Öffentlichkeit oder zumindest jedes Parteimitglied,
unabhängig davon, ob es Delegierter oder Bewerber ist,
Zutritt zu einer Aufstellungsversammlung haben müsste,
wird in den §§ 21, 27 BWG weder ausdrücklich angeordnet
noch handelt es sich um einen jener elementaren Verfahrens-
grundsätze, ohne den ein Kandidatenvorschlag schlechter-
dings nicht Grundlage eines demokratischen Wahlvorgangs
sein kann und der deshalb dem Begriff der „Wahl“ in den
§§ 21, 27 BWG immanent ist (vgl. dazu BVerfGE 89, 243
[252 f.]). Die fehlende Erwähnung der Öffentlichkeit bzw.
Parteiöffentlichkeit in den §§ 21, 27 BWG stellt auch keine
unbeabsichtigte Regelungslücke dar, die – wie es dem
Einspruchsführer vorschwebt – durch einen Rückgriff auf
§ 31 BWG geschlossen werden könnte. Dies zeigt ein Ver-
gleich des Musters der Niederschrift über die Wahl der
Abgeordneten in Anlage 29 zu § 72 Abs. 1 BWO mit den
Mustern der Niederschriften und Versicherungen an Eides
statt über die Versammlungen zur Aufstellung der Partei-

7. Schließlich war es entgegen der Auffassung des Ein-
spruchsführers auch nicht geboten, entsprechend den für die
Wahl der Abgeordneten geltenden Vorgaben des § 34 BWG
Stimmzettel zu verwenden, auf denen man durch bloßes
Ankreuzen von Wahlvorschlägen seine Stimme abgeben
konnte. Während in § 34 BWG nämlich ausdrücklich vom
Setzen eines Kreuzes die Rede ist, sprechen die die §§ 21, 27
BWG konkretisierenden Anlagen 17 zu § 34 Abs. 5 Nr. 3
BWO und 23 zu § 39 Abs. 4 Nr. 3 BWO lediglich davon,
dass der Name des/der bevorzugten Bewerber(s) und die
Reihenfolge auf dem Stimmzettel „zu vermerken“ ist.
Dementsprechend ist anerkannt, dass Form und Ausgestal-
tung der in Aufstellungsversammlungen zu verwendenden
Stimmzettel weitgehend der Disposition der Parteien un-
terliegen (vgl. Schreiber a. a. O., § 21 Rn. 14). Das Wahl-
geheimnis in seiner im Stadium der Kandidatenaufstellung
geltenden Ausprägung wird dadurch nicht gefährdet. Denn
selbst wenn der Name des bevorzugten Bewerbers hand-
schriftlich niederzuschreiben wäre, könnte ein Wähler, der
über einen sehr ausgeprägten Schriftzug verfügt und bei dem
deshalb die Gefahr bestehen könnte, dass ihm seine
Stimmabgabe im nachhinein zugeordnete werden kann,
seine Handschrift verstellen oder in Druckbuchstaben
schreiben (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, DÖV 1980, S. 61 f.;
a. A. Kretschmer, in: Schmidt-Bleibtreu / Klein, Kommentar
zum Grundgesetz, 10. Auflage, 2004, Artikel 38 Rn. 31).

Der erste Fehler habe darin bestanden, dass der Versamm-
des Blockwahlverfahrens abgegeben worden wäre.

Aufgrund dieser „gegen demokratische Grundsätze (Anwen-
bestimmungen keine Mindestbeteiligung von Männern vor-
sähen. Hätte der Versammlungsleiter nicht ständig die Be-
achtung eines Frauenquorums verlangt, wäre das Wahl-

ratur umstritten sei, auf die Ausführungen von Schreiber,
Kommentar zum BWG, 7. Auflage, 2002, § 27 Rn. 13a.
Hiernach dürften gegen innerparteiliche Frauenquoten im
lungsleiter vorgetragen habe, dass es zur Gültigkeit des
Wahlganges notwendig sei, dass mindestens 19 Frauen ge-
wählt würden. Dies sei auch auf den vorbereiteten Stimmzet-
teln abgedruckt gewesen. Zwar habe § 14 Abs. 3 der Satzung
des CDU-Kreisverbandes Neuss solch ein Frauenquorum
möglicherweise gefordert. Diese Vorschrift sei jedoch als
verfassungswidrig zu verwerfen. Der Einspruchsführer ver-
weist in diesem Zusammenhang auf Henke, in: Bonner
Kommentar zum Grundgesetz, Artikel 21 Rn. 289; Sachs,
in: NJW 1989, S. 553; Heyen, in: DÖV 1989, S. 649 ff. und
G. König, Die Verfassungsbindung der politischen Parteien,
1993, S. 77 ff. Die Entscheidung über die Zusammensetzung
des gewählten Organs müsse allein durch die Wahl selbst
fallen und dürfe nicht durch Satzungsbestimmungen präju-
diziert werden. Auf jeden Fall verstoße das Frauenquorum
gegen Artikel 3 Abs. 2 GG, da die einschlägigen Satzungs-

dung eines fehlerhaften Mindeststimmenquorums und eines
Frauenquorums) verstoßenden Wahl der Delegierten des
CDU-Stadtverbandes Neuss“ hätte der Kreiswahlausschuss
den Kreiswahlvorschlag zurückweisen müssen mit der
Folge, dass der vorgeschlagene Bewerber nicht, wie gesche-
hen, als Wahlkreisabgeordneter hätte gewählt werden kön-
nen. Somit sei auch die erforderliche Mandatsrelevanz zu
bejahen. Folglich sei die Ungültigkeit der Wahl des Wahl-
kreisabgeordneten im Wahlkreis 109 festzustellen und eine
Wiederholungswahl des Wahlkreisabgeordneten in diesem
Wahlkreis durchzuführen.

Die Landeswahlleiterein des Landes Nordrhein-Westfalen,
die zu dem Einspruch Stellung genommen hat, verweist im
Hinblick auf die Frage, ob ein bestimmter Frauenanteil durch
Satzung einer Partei geregelt werden dürfe, die in der Lite-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 71 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 71 – Drucksache 16/3600

Anlage 6

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn O. G., 41462 Neuss
– Az.: WP 160/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit einem am 17. November 2005 beim Deutschen Bundes-
tag eingegangenen Telefax hat der Einspruchsführer gegen
die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag am
18. September 2005 Einspruch eingelegt. Gegenstand des
Einspruchs ist das Verfahren der Aufstellung des Bewerbers
der Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU)
für den Wahlkreis 109 (Neuss I). Der Einspruchsführer ist
der Auffassung, dass die Vertreterversammlung am 2. Juli
2005, auf welcher der Bewerber (und spätere Gewinner des
Wahlkreises) gewählt wurde, nicht beschlussfähig gewesen
sei, da 55 Teilnehmer an dieser Versammlung ihrerseits nicht
wirksam gewählt worden seien.

Diese 55 Delegierten, die auf der Vertreterversammlung
die Mehrheit der Delegierten dargestellt hätten, seien am
15. Juni 2006 durch eine Mitgliederversammlung des
CDU- Stadtverbandes Neuss gewählt worden. Dabei sind in
den Augen des Einspruchsführers zwei Fehler unterlaufen.

tagswahl gemäß § 21 des Bundeswahlgesetzes (BWG) ge-
dient habe.

Der zweite Fehler, der zur Unwirksamkeit der Wahl der De-
legierten geführt habe, habe darin bestanden, dass der Ver-
sammlungsleiter gesagt habe, dass mindestens 28, höchstens
55 Delegierte zu wählen seien. Dies habe gegen § 40 Ab-
satz 3 und 4 der Satzung des CDU-Kreisverbandes Neuss
verstoßen. Denn hiernach seien auf den Stimmzetteln min-
destens drei Viertel der zu wählenden Kandidaten anzukreu-
zen. Im ersten Wahlgang sei nach dieser Vorschrift zudem
nur gewählt, wer die absolute Mehrheit der abgegebenen
gültigen Stimmen erreiche. Der Satzungsverstoß sei auch be-
achtlich. Zum einen seien – wie der Einspruchsführer unter
Hinweis auf eine Entscheidung des Hamburgischen Ver-
fassungsgerichts (DVBl. 1993, S. 1070 ff.) ausführt – auch
Verstöße gegen die Parteisatzung im Wahlprüfungsverfahren
relevant. Zum anderen lasse sich bei fehlerhaft durchgeführ-
ten Blockwahlen für keine der abgegebenen Stimmen mit
Sicherheit feststellen, dass sie bei rechtmäßiger Anwendung
ergebnis möglicherweise anders ausgefallen. Das gelte umso
mehr, als die Versammlung der Vorbereitung einer Bundes-

Hinblick auf die spezielle Regelung des Artikels 21 Abs. 1
Satz 2 und 3 GG unter bestimmten Voraussetzungen keine

ner demokratischen Kandidatenaufstellung nicht verletzt.
Verstöße gegen Regeln, die nicht elementar die Gefahr der
Verfälschung des demokratischen Charakters der Wahl be-
gründeten, berührten nicht die Voraussetzung einer „Wahl“
im Sinne des § 21 Abs. 1 BWG und schieden daher von
vornherein als Wahlfehler aus. In diesem Zusammenhang
verweist die Landeswahlleiterin auf BVerfGE 89, 243 (253).
Zusätzlich sei zu bedenken, dass es nach der in dieser Ent-
scheidung geäußerten Auffassung des Bundesverfassungs-
gerichts geboten sei, die Erheblichkeit von Wahlfehlern
durch Dritte, hier Parteien, eng und strikt zu begrenzen, da
die einmal durch Wahl hervorgebrachten Volksvertretungen
wegen der diesen zukommenden Funktionen größtmögli-
chen Bestandsschutz verlangten. Im Zweifel gebühre daher
einer „Wahl erhaltenden“ Auslegung der Vorzug, auch in
Respektierung der Satzungsautonomie der Parteien.

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm zugänglich ge-
machten Stellungnahme der Landeswahlleiterin nicht geäu-
ßert.

Im Hinblick auf den Sach- und Streitstand im Übrigen wird
auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det. Der vorgetragene Sachverhalt lässt keine Wahlfehler er-
kennen.

Ein Quorum von mindestens 28 anzukreuzenden Kandidaten
und mindestens 19 zu wählenden Frauen bei 55 zu wäh-
lenden Delegierten verstößt weder gegen ausdrückliche Vor-
gaben des hier einschlägigen § 21 Abs. 1 bis 4 und 6 BWG
noch gegen das dem Begriff der „Wahl“ immanente Gebot,
einen Kernbestand von Verfahrensgrundsätzen einzuhalten,
ohne dessen Beachtung ein Kandidatenvorschlag schlech-
terdings nicht Grundlage eines demokratischen Wahlvor-
gangs sein kann (vgl. zu diesem Erfordernis BVerfGE 89,
243 [252 f.]).

Für das Mindestquorum liegt das auf der Hand und wird vom
Einspruchsführer auch nicht behauptet. Er rügt insoweit
selbst nur einen Verstoß gegen die Parteisatzung, ist aber der
Auffassung, dass auch ein bloßer Satzungsverstoß die Gül-
tigkeit der Wahl berührt. Dies ist jedoch, wie dargelegt, un-
zutreffend.

Was die vom Einspruchsführer gerügte Frauenquote anbe-
langt, so ist darauf hinzuweisen, dass nach inzwischen stän-
diger Spruchpraxis des Deutschen Bundestages in Wahlprü-
fungsangelegenheiten gegen Frauenquoten insbesondere im
Hinblick auf die Wahlgleichheit aus Artikel 38 Abs. 1 Satz 1
GG und das Gleichbehandlungsgebot des Artikels 3 Abs. 2
Satz 1 GG zwar verfassungsrechtliche Bedenken bestehen,
die nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen sind, im Er-
gebnis wegen der Regelung des Artikels 3 Abs. 3 Satz 2 GG
aber nicht von deren wahlrechtlicher Unzulässigkeit aus-
zugehen ist (vgl. Bundestagsdrucksachen 13/3927, Anla-
gen 15, 21; 14/1560, Anlage 82; 15/2400, Anlage 14). Da
Gegenstand der zitierten Entscheidungen zum Teil Frauen-
quoten von 50 Prozent waren, ist auf der Grundlage dieser
Spruchpraxis auch von der wahlrechtlichen Zulässigkeit der
hier praktizierten Frauenquote, die mit 19 Frauen einem
Drittel der zu wählenden 55 Delegierten entsprach, auszuge-
hen.
Drucksache 16/3600 – 72 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 72 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

durchschlagenden verfassungsrechtlichen Bedenken beste-
hen. Ob der Wahlgang gemäß § 40 Abs. 4 i. V. m. Abs. 3 der
Satzung des CDU-Kreisverbandes Neuss hätte durchgeführt
werden müssen, wie der Einspruchsführer meine (gültiger
Stimmzettel nur bei Ankreuzen von mindestens drei Viertel
der zu wählenden Kandidaten), oder gemäß § 37 Abs. 6 der
Satzung der CDU Nordrhein-Westfalen (Ankreuzen von
mindestens der Hälfte der zu Wählenden), sei primär eine
Frage innerparteilichen Satzungsrechts und der anzuwen-
denden Satzung. Auch wenn § 40 der Kreisverband-Satzung
maßgeblich wäre, erschienen durch die Anwendung des § 37
der Landesverband-Satzung „elementare“ Mindestregeln ei-

Zwar können durchaus auch Maßnahmen der Parteien im
Rahmen der Aufstellung ihrer Bewerber die Gültigkeit der
Bundestagswahl berühren, auch wenn sie – wie hier die Wahl
von Delegierten für eine Vertreterversammlung im Sinne des
§ 21 Abs. 1 BWG – der eigentlichen Wahl voraus liegen und
nicht amtlichen Wahlorganen im Sinne des § 8 Abs. 1 BWG
zuzurechnen sind. Dabei darf es sich allerdings nicht nur um
bloße Verstöße gegen Vorschriften der Parteisatzung han-
deln. Erforderlich ist vielmehr ein Verstoß gegen wahl-
gesetzliche Vorgaben (vgl. BVerfGE 89, 243 [251 f.]). Solch
ein Verstoß gegen wahlgesetzliche Vorgaben lässt sich dem
Vortrag des Einspruchsführers nicht entnehmen.

Die Einspruchsführerin ist der Auffassung, dass die AGFG
nicht an der Wahl hätte teilnehmen dürfen. Der Bundeswahl-

nen Präparate des stellvertretenden Bundesvorsitzenden der
AGFG befördert werden solle.
auch eine demokratische Abwahlmöglichkeit von Mitglie-
dern des Bundesvorstands nahezu unmöglich. Dafür, dass
die Gründung der AGFG ausschließlich Werbefunktionen

dung erst Fuß zu fassen beginnende Vereinigung gehandelt
habe. Bei solchen Vereinigungen könne eine Wahrnehmung
der in § 2 PartG einer Partei zugedachten Aufgaben nur in
ausschuss sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass sie die
Begriffsmerkmale einer Partei im Sinne des § 2 Abs. 1 des
Parteiengesetzes (PartG) aufweise. Es fehle insbesondere an
der Ernsthaftigkeit des Willens, an der politischen Willens-
bildung teilzunehmen. Die AGFG verfolge vielmehr in ers-
ter Linie wirtschaftliche Ziele, nämlich die Förderung des
Absatzes von Produkten des Konzerns ihres stellvertreten-
den Bundesvorsitzenden. So seien auch die anderen Mit-
glieder des Bundesvorstands für den Konzern tätig – als
Marketingchef und Verlagsleiter oder als Gesundheitsbera-
ter. Es sei zudem äußerst zweifelhaft, ob die AGFG bereit
sei, sich Dritten gegenüber zu öffnen. Nach den einschlägi-
gen Satzungsbestimmungen entscheide allein der Bundes-
vorstand über die Aufnahme neuer Mitglieder und seien die
Bundesparteitage nicht öffentlich. Dadurch und durch eine
fehlende Mindestbeteiligungsregelung in der Satzung sei

Der Bundeswahlleiter, der zu dem Einspruch Stellung ge-
nommen hat, ist der Auffassung, dass die vom Bundes-
wahlausschuss getroffene Feststellung der Parteieigenschaft
der AGFG durch das Vorbringen der Einspruchsführerin
nicht widerlegt werde. Die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 PartG in-
soweit entscheidende Frage, ob die AGFG ihre erklärte Ab-
sicht, an der politischen Willensbildung mitzuwirken, ernst-
haft verfolgt, sei vom Bundeswahlausschuss entsprechend
den einschlägigen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts
(BVerfGE 24, 260 ff.; 89, 291 ff.; 91, 262 ff.; 276 ff.) durch
eine Gesamtwürdigung der tatsächlichen Verhältnisse der
Vereinigung zu prüfen gewesen. Dabei habe berücksichtigt
werden müssen, dass es sich bei der erst am 6. Juni 2005 ge-
gründeten AGFG um eine sich noch im Stadium der Grün-
dung befindende und im Prozess der politischen Willensbil-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 73 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 73 – Drucksache 16/3600

Anlage 7

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

der Frau S. H.-M., 63073 Offenbach
– Az.: WP 178/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 17. November 2005, das am 18. No-
vember 2005 beim Deutschen Bundestag eingegangen ist,
hat die Einspruchsführerin gegen die Gültigkeit der Wahl
zum 16. Deutschen Bundestag am 18. September 2005
Einspruch eingelegt. Gegenstand des Einspruchs ist die
Wahlteilnahme der Allianz für Gesundheit, Frieden und
soziale Gerechtigkeit (AGFG).

Die AGFG wurde am 6. Juni 2005 gegründet. Am 30. Juni
2005 zeigte sie dem Bundeswahlleiter ihre Beteiligung an
der Bundestagswahl 2005 an. In seiner Sitzung am 12. Au-
gust 2005 erkannte sie der Bundeswahlausschuss einstimmig
als Partei an. Am 19. August 2005 ließ der Landeswahlaus-
schuss die am 28. Juli 2005 für den Freistaat Sachsen einge-
reichte Landesliste der AGFG zu. Die Landesliste der AGFG
erhielt 21 350 Zweitstimmen. Kein von der AGFG vor-
geschlagener Kandidat wurde damit in den 16. Deutschen
Bundestag gewählt.

sentlichen aus offensichtlich unwahren und teilweise verun-
glimpfenden Darstellungen bestehe, die sich weitestgehend
mit Aussagen auf den Internetseiten des Konzerns sowie in
Buchveröffentlichungen des stellvertretenden Bundesvor-
sitzenden deckten. Die Aussagen zur Gesundheitsthematik
würden einen sehr breiten Raum einnehmen, während nur
sehr wenige und wenig detaillierte Aussagen zu anderen
Bereichen der politischen Willensbildung gemacht würden.
Diese Aussagen seien überdies wiederum oftmals auf den
Gesundheitssektor, insbesondere die Einnahme von Vita-
minen, bezogen. Ferner befänden sich die Parteizentrale der
AGFG und der deutsche Sitz des Konzerns des stellvertre-
tenden Bundesvorsitzenden in demselben Bürogebäude. Die
Wahlwerbung der AGFG, insbesondere die Fernsehwer-
bung, sei völlig auf die Person des selbst nicht zur Wahl an-
tretenden stellvertretenden Bundesvorsitzenden zugeschnit-
ten, wobei die programmatischen Aussagen im Vergleich zur
Darstellung der Person einen geringen Raum einnähmen. All
dies lege nahe, dass über den Umweg der Wahlwerbung aus-
schließlich der Absatz der in Deutschland nicht zugelasse-
für den Konzern des stellvertretenden Bundesvorsitzenden
habe, spreche auch, dass das Programm der AGFG im We-

Ansätzen verlangt werden und auch im Hinblick auf Mitglie-
derzahl, Organisationsdichte und Öffentlichkeitsarbeit dürf-

Drucksache 16/3600 – 74 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 74 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

ten keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Vor
diesem Hintergrund habe der Umstand, dass die AGFG zum
Zeitpunkt der Entscheidung des Bundeswahlausschusses be-
reits 15 Landesverbände habe aufweisen können, nach eige-
nen Angaben ca. 500 Mitglieder gehabt habe, im August
2005 Informationsveranstaltungen in zehn deutschen Städ-
ten haben durchgeführt werden sollen und alle formellen An-
forderungen an die Beteiligungsanzeige gemäß § 18 Abs. 2
des Bundeswahlgesetzes (BWG) erfüllt gewesen seien, eine
ausreichende Gewähr dafür geboten, dass die AGFG ernst-
haft an der politischen Willensbildung habe mitwirken wol-
len. Eine Prüfung und Bewertung von objektiven Tatsachen
und subjektiven Einschätzungen über die in § 2 Abs. 1
ParteiG aufgeführten Kriterien hinaus sei dem Bundeswahl-
ausschuss verwehrt gewesen. Insbesondere sei die Entschei-
dung über den Wert des Programms einer politischen Partei
nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
(BVerfGE 89, 266 [279]) dem Wähler vorzubehalten. Des-
halb hätten etwaige unwahre oder diffamierende Darstel-
lungen im Parteiprogramm der AGFG, der Inhalt ihrer
Wahlwerbung, die Rechtsmäßigkeit von Bestimmungen der
Parteisatzung über die Aufnahme von Parteimitgliedern und
den Ablauf von Parteitagen sowie der Umstand, dass Mit-
glieder des Bundesvorstandes zugleich Mitglieder der Füh-
rungsriege eines Unternehmens sind, bei der vom Bun-
deswahlausschuss vorzunehmenden Prüfung keine Rolle
spielen können.

Die Einspruchsführerin hat sich zu der ihr übermittelten Stel-
lungnahme des Bundeswahlleiters nicht geäußert.

Im Hinblick auf den Sach- und Streitstand im Übrigen, ins-
besondere eine von der Einspruchsführerin ihrem Einspruch
beigefügte DVD mit einen Wahlwerbespot der AGFG und
Fernsehsendungen, in denen unter anderem über die erfolg-
lose Behandlung eines an Krebs erkrankten Jungen mit Prä-
paraten des stellvertretenden Bundesvorsitzenden der AGFG
berichtet wird, wird auf den Inhalt der Akten Bezug genom-
men.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det. Die Einspruchsführerin trägt keine Umstände vor, die
die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Bundeswahlaus-
schusses, die AGFG gemäß § 18 Abs. 4 Nr. 2 BWG als Par-
tei anzuerkennen und ihr so gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 BWG
die Teilnahme an der Bundestagswahl zu ermöglichen, in
Frage stellen können.

Maßgebend für die Feststellung der Parteieigenschaft nach
§ 18 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Nr. 2 BWG ist die in § 2 Abs. 1
PartG enthaltene Definition des Begriffs der Partei
(BVerfGE 89, 266 [269]; 291 [306]). Hiernach sind Parteien
Vereinigungen von Bürgern, die dauernd oder für längere
Zeit für den Bereich des Bundes oder eines Landes auf die
politische Willensbildung Einfluss nehmen und an der Ver-

der tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere nach Umfang
und Festigkeit ihrer Organisation, nach der Zahl ihrer Mit-
glieder und nach ihrem Hervortreten in der Öffentlichkeit
eine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit dieser Ziel-
setzung bieten.

Das war bei der AGFG der Fall. Entgegen der Auffassung
der Einspruchsführerin bot sie nach dem Gesamtbild der tat-
sächlichen Verhältnisse eine ausreichende Gewähr für die
Ernsthaftigkeit der Zielsetzung, auf die politische Willens-
bildung Einfluss nehmen und an der parlamentarischen Ver-
tretung des Volkes mitwirken zu wollen.

Die erst zwei Monate vorher gegründete AFGF verfügte zum
Zeitpunkt der Entscheidung des Bundeswahlausschusses
nach eigenen, unwidersprochenen Angaben über ca. 500
Mitglieder, 15 Landesverbände, einen Bundesvorstand, ein
Parteiprogramm und beabsichtigte, im August 2005 in zehn
deutschen Städten Informationsveranstaltungen durchzufüh-
ren. Dies spricht im Hinblick auf die Kriterien Umfang und
Festigkeit der Organisation, Zahl der Mitglieder und Hervor-
treten in der Öffentlichkeit für eine ausreichende Gewähr für
die Ernsthaftigkeit der Zielsetzung, auf die politische Wil-
lensbildung Einfluss zu nehmen. Das gilt umso mehr, als bei
Parteien, die sich noch im Stadium der Gründung befinden
und im Prozess der politischen Willensbildung erst Fuß zu
fassen beginnen, nur eine Wahrnehmung der Aufgaben einer
politischen Partei in Ansätzen verlangt werden kann und es
mehr auf den sich in der Gründung als Partei artikulierenden
Willen zur Mitwirkung an der politischen Willensbildung
ankommt (vgl. BVerfGE 91, 262 [269 f.]; 276 [286 f.]).

Die von der Einspruchsführerin vorgetragenen Tatsachen
sind nicht geeignet, dieses Gesamtbild in Frage zu stellen.

Der Umstand, dass – wie die Einspruchsführerin behauptet –
das Programm der AGFG sich auf Themen der Gesundheit
konzentrierte und unwahre und teilweise verunglimpfende
Darstellungen enthielt, spricht nicht gegen die Ernsthaftig-
keit der Zielsetzung, an der politischen Willensbildung mit-
zuwirken. Eine Mitwirkung an der politischen Willens-
bildung liegt auch dann vor, wenn sich nur in bestimmten
Politikfeldern engagiert wird. Deshalb ist es nicht erforder-
lich, ein vollständiges Politikangebot zu unterbreiten, um
Partei zu sein (so zu Recht Volkmann, in: Friauf/Höfling,
Berliner Kommentar zum GG, Artikel 21 Rn. 34 [Stand:
2001]). Ebenso wenig ist es, was die Ernsthaftigkeit der Ziel-
setzung, an der politischen Willensbildung mitzuwirken, an-
geht, erforderlich, dass ein Programm bestimmten Qualitäts-
anforderungen genügt, etwa keine unwahren oder verun-
glimpfenden Darstellungen enthält. Denn die Entscheidung
über den Wert des Programms einer politischen Partei ist den
Wählern vorbehalten (BVerfGE 89, 266 [270]). Folgerichtig
wird angenommen, dass ein Mangel an programmatischer
Ernsthaftigkeit erst bei wirklichen Nonsens-Parteien in Be-
tracht kommt (vgl. Volkmann a. a. O., Rn. 32). Dafür gibt es
hier keinerlei Anhaltspunkte.

Der Umstand, dass sich der Bundesvorstand der AGFG
überwiegend aus Mitarbeitern des Konzerns ihres stellver-
tretenden Vorsitzenden zusammensetzte, dass sich die Par-
teizentrale in demselben Bürogebäude befand wie der deut-
sche Sitz des Konzerns, dass programmatische Aussagen der
Partei mit solchen des Konzerns weitestgehend überein-
tretung des Volkes im Deutschen Bundestag oder einem
Landtag mitwirken wollen, wenn sie nach dem Gesamtbild

stimmten, mag die Einschätzung der Einspruchsführerin
stützen, die AGFG sei eng mit dem Konzern und der Person

Wahlen politischen Einfluss zu gewinnen, sich als bloßer
Nebenzweck darstellt, als Ziel, das nur zum Schein verfolgt

Gewinnung von Wählerstimmen, nicht von Käufern für
bestimmte Präparate ausgerichtet.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 75 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 75 – Drucksache 16/3600

ihres stellvertretenden Bundesvorsitzenden verbunden und
vornehmlich zu dem Zwecke gegründet worden, den Absatz
von Produkten dieses Konzerns zu fördern. Doch dies allein
vermag noch nicht die Ernsthaftigkeit der Zielsetzung der
AGFG, an der politischen Willensbildung mitzuwirken, in
Frage zu stellen.

Denn § 2 Abs. 1 PartG stellt allein darauf ab, dass eine Ver-
einigung über die Beteiligung an Wahlen politischen Ein-
fluss erringen will. Zu welchen Zwecken dieser so errun-
gene Einfluss dann eingesetzt werden soll, ob zu sozialen,
religiösen, wissenschaftlichen oder – wie hier behauptet –
wirtschaftlichen Zwecken, ob zur Förderung des Gemein-
wohls oder von Einzel- oder Gruppeninteressen, ist hinge-
gen für das begriffliche Vorliegen einer Partei irrelevant (so
auch die ganz herrschende Meinung, vgl. nur Volkmann
a. a. O., Rn. 34; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Artikel 21
Rn. 232, 283 f. [Stand: März 2001]; Streinz, in: von
Mangoldt/Klein/Starck, GG, 5. Auflage, 2005, Artikel 21
Rn. 65 mit weiteren Nachweisen). Selbst die Verfolgung
verfassungsfeindlicher Zielsetzungen steht, wie Artikel 21
Abs. 2 GG zeigt, dem begrifflichen Vorliegen einer Partei
nicht entgegen, sondern berechtigt nur das Bundesver-
fassungsgericht, in dem dafür vorgesehenen Verfahren die
Partei zu verbieten. Die Verfolgung erwerbswirtschaftlicher
Ziele kann die Ernsthaftigkeit der Zielsetzung, an der politi-
schen Willensbildung mitzuwirken, somit nur dann in Frage
stellen, wenn die Vereinigung selbst erwerbswirtschaftlich
tätig wird, und zwar in einem Umfange, dass das Ziel, über

wird, um etwa in den Genuss der Vorteile des Parteienstatus
– etwa der Wahlkampfkostenerstattung oder des Par-
teienprivilegs – zu kommen, nicht aber, um tatsächlich an
der politischen Willensbildung teilzunehmen (vgl. Klein
a. a. O.; Kunig, in: von Münch/Kunig, GG, 5. Auflage,
2001, Artikel 21 Rn. 15; Bundestagsdrucksache 12/1002,
Anlage 55, S. 144 f.; Schreiber, Kommentar zum BWG,
7. Auflage, 2002, § 18 Rn. 3).

Davon konnte im Falle der AGFG nicht ausgegangen wer-
den. Die von der Einspruchsführerin vorgetragenen Tat-
sachen legen keineswegs nahe, dass – wie sie meint – über
den Umweg der Wahlwerbung ausschließlich der Absatz der
in Deutschland nicht zugelassenen Präparate des stellver-
tretenden Bundesvorsitzenden der AGFG befördert werden
sollte. Diese Präparate werden in dem Wahlwerbespot der
AGFG, der auf der von der Einspruchsführerin zu den Akten
gegebenen DVD zu sehen ist, gar nicht erwähnt. Dort ist nur
allgemein davon die Rede, dass der stellvertretende Bundes-
vorsitzende der AGFG seit Jahren versuche, „wissenschaft-
lich begründeten Naturheilverfahren“ zum Durchbruch zu
verhelfen und so das „skrupellose Pharmageschäft“ mit den
Volkskrankheiten Krebs, Herzinfarkt und Schlaganfall zu
beenden, und dass nunmehr die AGFG dieses Ziel verfolge.
Selbst wenn damit indirekt auch die im Rahmen dieser
Naturheilverfahren zur Anwendung kommenden Präparate
in ein positives Licht gerückt werden sollten, so ist der
Werbespot doch dem Gesamtbild nach in erster Linie auf die

gegangen sei und die DR aus dieser Tatsache ihre „Daseins-
politik“ ableite. Obwohl die DR „früh genug gemeldet“ ge-

mitees“, dass eine „große Anzahl Stimmzettel (im Millio-
nenbereich) bewusst falsch gezählt oder (…) ungültig ge-
Daneben beanstandet der Einspruchsführer Wahlbehinde-
rung durch die Polizei. So seien Versammlungen und Wahl-
veranstaltungen z. B. am 25. April 2005, am 18. Juni 2005

geändert, wie der beigefügten Parteisatzung und dem Be-
schlussprotokoll zu entnehmen sei. Zum Vortrag der Nicht-
anerkennung der politischen Vereinigung DR als Partei zur
wesen sei, „keine Fehler in der Satzung“ gehabt habe und
alle Unterlagen ordnungsgemäß eingereicht habe, sei die DR
in der ersten Sitzung des Bundeswahlausschusses am
12. August 2005 nicht als politische Partei zugelassen wor-
den. Seiner Ansicht nach hätten „die Entscheidungsträger“
bei der Vorstellung der Parteien der Forderung der DKP
Folge geleistet, „keine Deutsche Reichspartei mehr zuzulas-
sen“. Die DR benötige – so der Einspruchsführer – als „Ver-
tretung des Deutschen Reiches (…) erst recht nicht von den
Organen der BRD eine Zulassung zur Wahl“. Für den Bun-
deswahlausschuss bestehe „nach völkerrechtlichem Muster
kein Recht eine Partei zu untersagen, die sich als rechtliche
Folgeorganisation des Deutschen Reiches sieht“. Wegen des
weiteren Vorbringens hierzu wird auf den Inhalt der Akten
Bezug genommen.

macht“ worden sei.

Die Nichtbeachtung von Wahlanordnungen bestehe darin,
dass in den von der DR „kontrollierten“ Wahlbezirken 35
Personen mit T-Shirts oder Anstecknadeln, auf denen die
Parteinamen aufgedruckt gewesen seien, die Wahllokale auf-
gesucht hätten.

Zudem seien „143 Wahlkreise von unseren Mitarbeitern er-
mittelt“ worden, in denen sich Wahlplakate der beiden gro-
ßen Parteien „in weniger als 10 Meter“ Entfernung vom Ein-
gang zum Wahllokal befunden hätten.

Der Bundeswahlleiter hat zu dem Einspruch wie folgt Stel-
lung genommen:

Die DR habe auf ihrem Bundesparteitag am 26. August 2005
durch Parteitagsbeschluss ihren Namen in Deutsches Reich
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 77 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 77 – Drucksache 16/3600

Anlage 8

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn E. M., 31085 Everode
– Az.: WP 02/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 20. September 2005, das beim Deut-
schen Bundestag am 27. September 2005 eingegangen ist,
hat der Einspruchsführer gegen die Gültigkeit der Wahl zum
16. Deutschen Bundestag am 18. September 2005 Einspruch
eingelegt.

Zur Begründung seines Einspruchs trägt er vor, dass die Par-
tei „Deutsches Reich“ (DR), deren stellvertretender Bundes-
vorsitzender er sei, auf unzulässige Weise nicht als politische
Partei zugelassen worden sei. Darüber hinaus habe es wie-
derholt Verstöße der Polizei bei wahlvorbereitenden Maß-
nahmen der DR gegeben. Schließlich rügt der Einspruchs-
führer Verstöße „gegen geltendes Wahlgesetz“ sowie die
Nichtbeachtung von Wahlanordnungen. Sein Einspruchs-
vorbringen hat der Einspruchsführer mit Schreiben vom
10. November 2005 ergänzt.

Im Einzelnen trägt der Einspruchsführer vor, dass die DR zu
Unrecht nicht als politische Partei zur Bundestagswahl zu-
gelassen worden sei, dass das Deutsche Reich nicht unter-

worden. In seinem weiteren Schreiben vom 10. November
2005 hat der Einspruchsführer die Vorkommnisse aus seiner
Sicht detailliert geschildert. Die Auflösungen der Veranstal-
tungen seien nach Auffassung des Einspruchsführers von
„der Regierung“ bzw. von „Mitgliedern von eingetragenen,
angeblich demokratischen Parteien“ veranlasst worden. Zu-
dem seien im Pressebüro der DR alle Computer beschlag-
nahmt worden. Wegen der Einzelheiten des Vortrags wird
auch hier auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Die Verstöße gegen „allgemeines Wahlgesetz“ bestehen
nach Auffassung des Einspruchsführers darin, dass das
Grundgesetz in Artikel 38 die unmittelbare Wahl, aber keine
Landeslisten vorsehe. Über diese „durch das Grundgesetz
verbotenen Landeslisten“ seien 50 Prozent der Abgeordne-
ten unabhängig vom Ausgang der Wahlen in den Bundestag
gekommen. Seiner Ansicht nach sei das „jetzige Parlament
der BRD als gesetzeswidrig zu bezeichnen“.

Zudem ergebe sich aus einer der DR vorliegenden eidesstatt-
lichen Versicherung eines „Mitarbeiters eines Wahlkom-
und am 20. August 2005 von der Polizei behindert oder auf-
gelöst und teilweise „die Parteiausweise beschlagnahmt“

Bundestagswahl 2005 wird ausgeführt, dass die DR vor der
Wahl zum 16. Deutschen Bundestag nicht zu den Parteien

Drucksache 16/3600 – 78 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 78 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

gehört habe, die im Deutschen Bundestag oder einem
Landtag seit deren letzter Wahl aufgrund eigener Wahl-
vorschläge mit mindestens fünf Abgeordneten vertreten ge-
wesen seien. Daher habe sie nach § 18 Abs. 2 des Bundes-
wahlgesetzes (BWG) i. V. m. § 1 Nr. 1a der Verordnung über
die Abkürzung von Fristen im Bundeswahlgesetz für die
Wahl zum 16. Deutschen Bundestag vom 21. Juli 2005
(BGBl. I S. 2179) ihre Teilnahme an der Wahl zum 16. Deut-
schen Bundestag beim Bundeswahlleiter bis zum 47. Tag vor
der Wahl (2. August 2005) anzeigen müssen (sog. Beteili-
gungsanzeige). Sie habe mit Schreiben vom 29. Juli 2005,
eingegangen am 29. Juli per Fax und am 1. August 2005 im
Original, ihre Teilnahme an der Bundestagswahl 2005 ange-
zeigt sowie die notwendigen Unterlagen beim Bundeswahl-
leiter eingereicht.

Mit Schreiben vom 1. August 2005 sei der Einspruchsführer,
der der stellvertretende Bundesvorsitzende der Vereinigung
sei, darüber unterrichtet worden, dass die Beteiligungs-
anzeige den gesetzlichen Erfordernissen des § 18 Abs. 2
BWG entspreche.

In seiner Sitzung vom 12. August 2005 hat der Bundeswahl-
ausschuss einstimmig festgestellt, dass die DR für die bevor-
stehende Bundestagswahl die Parteieigenschaft nicht besitze.
Der Bundeswahlausschuss habe sich ausweislich der Sit-
zungsniederschrift dabei von folgenden Erwägungen leiten
lassen: „Nach der Gesamtwürdigung der tatsächlichen Ver-
hältnisse sind die Voraussetzungen der Parteieigenschaft
nach § 2 Abs. 1 PartG nicht gegeben. Die am 6. Dezember
2003 von 22 Personen gegründete Vereinigung hat nach ei-
genen Angaben derzeit 53 Mitglieder. Bei einem Parteitag zur
Satzungsänderung am 9. August 2005 waren nur acht Perso-
nen anwesend. Die Vereinigung ist bisher nicht nachhaltig in
der Öffentlichkeit hervorgetreten.“ Diese Bewertung werde
durch das Vorbringen des Einspruchsführers nicht widerlegt.

Zum Begriff der Partei habe sich das Bundesverfassungs-
gericht mehrfach geäußert. In dem hier interessierenden Zu-
sammenhang seien insbesondere die Entscheidungen vom
17. Oktober 1968 (BVerfGE 24, 260), vom 21. Oktober 1993
(BVerfGE 89, 291), vom 23. November 1993 (BVerfGE 91,
262) sowie vom 17. November 1994 (BVerfGE 91, 276)
bedeutsam. Danach seien die in § 2 Abs. 1 PartG aufgeführ-
ten Merkmale und Anhaltspunkte für die Parteieigenschaft
einer Vereinigung nicht trennscharf voneinander abzugren-
zen. Sie seien Indizien für die Ernsthaftigkeit der politischen
Zielsetzung. Keines sei für sich genommen ausschlagge-
bend, und nicht alle müssten von der Partei stets im gleichen
Umfang erfüllt werden. Zurückhaltung in einem Bereich
könne durch verstärkte Bemühungen auf anderen Gebieten
in gewissen Grenzen ausgeglichen werden. Entscheidend
sei, ob die Gesamtwürdigung der tatsächlichen Verhältnisse
der Vereinigung den Schluss zulasse, dass sie ihre erklärte
Absicht, an der politischen Willensbildung des Volkes mit-
zuwirken, ernsthaft verfolge (BVerfGE 91, 262, 271). Insbe-
sondere dürfe bei dieser Gesamtwürdigung das Ziel parla-
mentarischer Vertretung bei der betreffenden Vereinigung
nicht gänzlich wirklichkeitsfern erscheinen (BVerfGE 91,
276, 293 m. w. N.). Für diese Gesamtwürdigung seien bei
der DR folgende Sachverhalte für die Beurteilung durch den
Bundeswahlausschuss bedeutsam gewesen:

teilgenommen. Obwohl die DR sich bereits im Dezember
2003 gegründet habe, habe sie zum Zeitpunkt der vom Bun-
deswahlausschuss zu treffenden Entscheidung keine Lan-
desverbände aufweisen können.

Ihre Mitgliederzahl sei zum Zeitpunkt der zu treffenden Ent-
scheidung sehr gering gewesen. Aus dem Protokoll vom
6. Dezember gehe hervor, dass bei der Gründungsversamm-
lung 22 stimmberechtigte Mitglieder anwesend gewesen
seien. Bei dem außerordentlichen Parteitag am 9. August
2005 seien sogar nur acht Personen anwesend gewesen.
Nach Angaben des stellvertretenden Bundesvorsitzenden
– also des Einspruchsführers – in der Sitzung des Bun-
deswahlausschusses habe die DR zu dieser Zeit 53 Mitglie-
der gehabt. Daher habe, zugunsten der DR, von einer maxi-
malen Mitgliederzahl von 53 Personen ausgegangen werden
können.

Die geringe Mitgliederzahl und die mangelnde Organisa-
tionsdichte hätten eine kontinuierliche und effektive Mitwir-
kung an der politischen Willensbildung des Volkes fraglich
erscheinen lassen. Ein erkennbarer Rückhalt in der Bevölke-
rung sei nicht feststellbar gewesen.

Das Bundesverfassungsgericht habe für die Voraussetzun-
gen der Parteieigenschaft nach § 2 PartG bei einer im Auf-
bau befindlichen Vereinigung, die auch andere Anforderun-
gen erfülle, eine Zahl von 400 Mitgliedern als ausreichend
angesehen (BVerfGE 24, 300, 320, 332; vgl. auch Seifert,
Die politischen Parteien im Recht der Bundesrepublik
Deutschland, § 28 Ziffer 5, S. 166 [Fn. 30]). Der Deutsche
Bundestag habe in einer Wahlprüfungsentscheidung die Par-
teieigenschaft bei nur 55 Mitgliedern verneint (Bundestags-
drucksache VI/361 vom 29. Januar 1970). Einen Mitglieder-
bestand, der in Anlehnung an diese Entscheidungen als
„nicht völlig unbedeutend“ (vgl. BVerfGE 89, 266, 270)
habe bezeichnet werden können, habe die DR also nicht er-
reicht.

Die Defizite im personellen und organisatorischen Bereich
seien auch nicht durch besondere Aktivitäten in der Öf-
fentlichkeit ausgeglichen worden. Trotz Aufforderung im
Schreiben des Bundeswahlleiters vom 1. August 2005 habe
die DR keinen Nachweis über ihr Auftreten in der Öffent-
lichkeit und über Informationsmaterial erbracht.

Angesichts ihrer mangelnden Organisationsdichte, des ge-
ringen Mitgliederbestandes, des fehlenden kontinuierlichen
Hervortretens in der Öffentlichkeit und des Mangels an jeg-
lichem Widerhall in der Bevölkerung habe sich für den Bun-
deswahlausschuss die Schlussfolgerung ergeben, dass die
DR keine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit ihrer
politischen Zielsetzung biete.

Der Hinweis des Einspruchsführers, die Mitglieder des Bun-
deswahlausschusses seien durch eine Forderung der Deut-
schen Kommunistischen Partei (DKP) unzulässig beein-
flusst worden, verkenne, dass sich der Bundeswahlausschuss
bei seiner Entscheidung ausschließlich an § 2 Abs. 1 PartG
auszurichten habe. Äußerungen anderer Parteien und politi-
schen Vereinigungen hätten keinen Einfluss auf die nur auf
Tatsachen beruhende Entscheidung des Ausschusses.

Nach alledem sei die Bewertung des Bundeswahlausschus-
ses vom 12. August 2005 mit der Verneinung der Partei-
Die Partei DR habe noch nicht an einer Wahl zum Deutschen
Bundestag, an einer Europawahl oder an einer Landtagswahl

eigenschaft nicht zu beanstanden. Der DR sei die Partei-
eigenschaft zu Recht abgesprochen worden, so dass der

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 79 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 79 – Drucksache 16/3600

Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen
Bundestag als unbegründet erscheine.

Zum Vortrag des Einspruchsführers hinsichtlich der Un-
mittelbarkeit der Wahl der Abgeordneten nach Artikel 38 des
Grundgesetzes (GG) wird ausgeführt, dass die Regelungen
des Bundeswahlgesetzes, wonach 299 Angeordnete nach
Kreiswahlvorschlägen in den Wahlkreisen und mindestens
299 Abgeordnete im Übrigen nach Landeslisten zu wählen
seien, mit Artikel 38 Abs. 1 GG, insbesondere mit dem
Wahlrechtsgrundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl, verein-
bar seien.

Nach Artikel 38 Abs. 3 GG bestimme das Nähere ein Bun-
desgesetz. Ohne ein solches Gesetz wäre eine Wahl nicht
durchführbar, da die Wahlgrundsätze des Absatzes 1 einer
Konkretisierung bedürften. Somit habe das Bundeswahl-
gesetz ohne Widerspruch zu diesen Grundsätzen die Einzel-
heiten der Wahl zu regeln.

Eine Wahl erfolge dann unmittelbar i. S. des Artikels 38
Abs. 1 GG, wenn das Wahlverfahren so gestaltet sei, dass
die Abgeordneten allein durch die Stimmabgabe der Wähler
– d. h. ohne Zwischenschaltung eines fremden Willens
zwischen Wählern und Wahlbewerbern – bestimmt werden.
Dadurch sei jedes Wahlverfahren ausgeschlossen, bei dem
zwischen Wähler und Wahlbewerber bei oder nach der
Wahlhandlung noch eine Instanz zwischengeschaltet sei, die
mehr oder minder nach ihrem Ermessen berechtigt oder in
der Lage sei, den Bewerber auszuwählen und damit dem
einzelnen Wähler letztlich die Möglichkeit nehme, die zu-
künftigen Mitglieder der Volksvertretung durch die Stimm-
abgabe selbsttätig zu bestimmen (vgl. Schreiber, Kommentar
zum BWG, 7. Auflage, 2002, § 1 Rn. 10).

In Übereinstimmung damit sei im Bundeswahlgesetz ge-
regelt, dass bei der Wahl mit der Zweitstimme durch den
Wähler die – starre – Landesliste einer Partei, deren erste
fünf Bewerber auf dem Stimmzettel abgedruckt seien
(§ 45 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 der Bundeswahlordnung), gewählt
werde. Die Bewerber und ihre Reihenfolge seien demnach
festgelegt und – abhängig vom Wahlergebnis und der Anzahl
der Mandate für eine Partei in einem bestimmten Bundes-
land – genau bestimmbar. Alle abgegebenen Zweitstimmen
könnten einer jeweils bestimmbaren Zahl von Bewerbern
auf den Landeslisten der Parteien zugerechnet werden.
Niemand habe nach Abschluss der Stimmabgabe die Mög-
lichkeit, auf die Bewerberreihenfolge auf den Landeslisten
Einfluss zu nehmen. Die zunächst nicht zu berücksichtigen-
den Bewerber einer Landesliste erhielten gegebenenfalls
dann ein Abgeordnetenmandat, wenn einer der zunächst
Gewählten sein Mandat nicht annehme oder es aus den in
§ 46 Abs. 1 BWG genannten Gründen, beispielsweise we-
gen Verzichts, wieder verliere. Aus diesen Gründen handele
es sich auch bei der Wahl von Abgeordneten nach Landes-
listen mit im Voraus festgelegten Bewerbern um eine un-
mittelbare Wahl im Sinne von Artikel 38 Abs. 1 GG (vgl.
BVerfGE 3, 45, 50; 7, 77, 84; 47, 253, 281 ff. sowie Schrei-
ber, a. a. O., § 1 Rn. 12 m. w. N.).

Das ergänzende Schreiben des Einspruchsführers vom

Der Einspruchsführer, dem die Stellungnahme des Bundes-
wahlleiters bekannt gegeben worden ist, hat sich hierzu nicht
geäußert.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Soweit der Einspruch die Nichtzulassung der DR zur Bun-
destagswahl 2005 rügt, kommt ein Verstoß gegen § 18
Abs. 2 Satz 1 BWG i. V. m. den §§ 1 und 2 PartG in Be-
tracht. § 2 Abs. 1 Satz 1 PartG lautet: „Parteien sind Vereini-
gungen von Bürgern, die dauernd oder für längere Zeit für
den Bereich des Bundes oder eines Landes auf die politische
Willensbildung Einfluss nehmen und an der Vertretung des
Volkes im Deutschen Bundestag oder einem Landtag mitwir-
ken wollen, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen
Verhältnisse, insbesondere nach Umfang und Festigkeit ihrer
Organisation, nach der Zahl ihrer Mitglieder und nach ihrem
Hervortreten in der Öffentlichkeit eine ausreichende Gewähr
für die Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung bieten.“ Die in § 2
Abs. 1 PartG aufgeführten Merkmale und Anhaltspunkte für
die Parteieigenschaft stellen Indizien für die Ernsthaftigkeit
der politischen Zielsetzung dar. Hierzu hat der Bundeswahl-
leiter nachvollziehbar dargelegt, dass die DR aufgrund der
geringen Mitgliederzahl von nur 53 Personen, der sich aus
dem völligen Fehlen von Landesverbänden ergebenden
mangelnden Organisationsdichte und des fehlenden Nach-
weises eines kontinuierlichen Wirkens in der Öffentlichkeit
nicht als Partei anzusehen ist. So waren ausweislich des Pro-
tokolls des Bundesparteitages der DR am 26. August 2005
nur elf Personen zu der Veranstaltung erschienen. Bei einem
Parteitag zur Satzungsänderung am 9. August 2005 waren
sogar nur acht Personen anwesend, so dass die Anforderun-
gen des Parteiengesetzes schon insofern nicht als erfüllt an-
zusehen sind. Zudem hat die DR kein von ihr zu verantwor-
tendes Informationsmaterial vorgelegt und auch sonst keinen
Nachweis über ein kontinuierliches Wirken in der Öffent-
lichkeit erbracht. Aus dem Vorhandensein einer Satzung und
dem Wunsch, an der Bundestagswahl teilnehmen zu wollen,
kann noch nicht auf die erforderliche Ernsthaftigkeit der
politischen Zielsetzung geschlossen werden. Die Gesamt-
würdigung der tatsächlichen Verhältnisse der Vereinigung
ergibt vielmehr, dass die DR ihre Absicht, an der politischen
Willensbildung des Volkes mitzuwirken, nicht ernsthaft ver-
folgt.

Die vom Einspruchsführer behauptete Auflösung von Ver-
sammlungen der DR durch die Polizei bzw. die Beschlag-
nahme der Computer stellt, die Richtigkeit des Vortrags
vorausgesetzt und unabhängig von der wahlrechtlichen
Relevanz der angeblichen polizei- bzw. versammlungsrecht-
lichen Maßnahmen, keinen Mangel in der Vorbereitung oder
Durchführung der Bundestagswahl dar. Ausweislich des
erwähnten Protokolls des Bundesparteitages war die DR am
6. Dezember 2003 von 22 Personen gegründet worden. Im
10. November 2005 enthalte keine neuen Aspekte und Ar-
gumente zu dem o. g. Einspruchsgrund.

August 2005 waren nur elf Personen zu dem Bundespartei-
tag der DR erschienen, die Vereinigung soll zu diesem Zeit-

Drucksache 16/3600 – 80 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 80 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

punkt insgesamt 53 Mitglieder gehabt haben. Die Zahlen-
angaben lassen erkennen, dass die geforderte Parteieigen-
schaft zu keinem Zeitpunkt vorgelegen hat, so dass die DR
durch die behaupteten Maßnahmen in ihrem Gründungspro-
zess nicht behindert worden ist. Eine Benachteiligung in der
Durchführung des Wahlkampfes liegt offensichtlich nicht
vor, da die DR, wie oben dargestellt, den Parteienstatus nicht
erworben hat. Soweit der Einspruchsführer die „Regierung“
für diese Maßnahmen verantwortlich macht, ist eine Über-
prüfung dieses Vorbringens nicht möglich, da der Vorwurf
nicht auf substantiierte Tatsachen gestützt wird. Denn die
Wahlprüfung findet weder von Amts wegen statt noch er-
folgt sie stets in Gestalt einer Durchprüfung der gesamten
Wahl. Vielmehr erfolgt nach § 2 Abs. 1 und 3 WPrüfG die
Wahlprüfung nur auf Einspruch, der zu begründen ist. Die
Begründung muss mindestens den Tatbestand, auf den die
Anfechtung gestützt wird, erkennen lassen und genügend
substantiierte Tatsachen enthalten (BVerfGE 40, 11 (30)).
Dies ist hier nicht der Fall.

Zu der Rüge gegen das System der Landeslisten ist festzu-
stellen, dass das System der „starren“ Liste durch das Bun-
deswahlgesetz (vgl. § 6 Abs. 4, § 27 Abs. 3) vorgegeben ist;
die Reihenfolge der Bewerber auf den Landeslisten der Par-
teien ist festgelegt und kann bei der Abgabe der Zweit-
stimme nicht verändert werden. Das Bundesverfassungs-
gericht hat wiederholt festgestellt, dass sich das System der
„starren“ oder „gebundenen“ Liste im Rahmen der dem
Gesetzgeber eingeräumten Ausgestaltung des Wahlrechts
bewegt und nicht gegen die Grundsätze der unmittelbaren,
freien und gleichen Wahl des Artikels 38 GG verstößt (vgl.
z. B. BVerfGE 7, 63, 68 ff.; BVerfGE 47, 253, 282; Schrei-
ber, Bundeswahlgesetz, 7. Auflage, 2002, § 27 Rn. 4 und
12). Dabei hat das Bundesverfassungsgericht bereits in der
erstgenannten Entscheidung von 1957 den vom Einspruchs-
führer herangezogenen Grundsatz der Unmittelbarkeit der
Wahl geprüft. Herausgearbeitet wurde, dass der Unmittel-
barkeitsgrundsatz nicht nur eine indirekte Wahl durch Wahl-
männer untersagt, sondern auch verbietet, zwischen Wähler
und Wahlbewerber nach der Wahlhandlung eine Instanz
einzuschieben, die nach ihrem Ermessen die Abgeordneten
auswählt und damit dem Wähler die Möglichkeit nimmt, die
zukünftigen Abgeordneten selbsttätig zu bestimmen. Zwar
werde bei gebundenen Listen die Möglichkeit der Wähler
zur Wahl einer bestimmten Einzelperson insoweit be-
schränkt, als seine Stimme mehreren auf derselben Liste
stehenden Bewerbern und nicht einer bestimmten Einzel-
person zugerechnet werde. Die formal zu interpretierende
Unmittelbarkeit bleibe aber erhalten, weil das Wahlergebnis
allein von der im Wahlakt bekundeten Willensentscheidung
der Wähler abhängig sei.

Soweit in der Einspruchsbegründung als Beanstandung an-
klingen sollte, dass die Landeslisten nur von Parteien aufge-
stellt und damit nur von den an der Listenaufstellung nach
den gesetzlichen Regelungen Beteiligten festgelegt werden
können, ist daran zu erinnern, dass sich laut Bundesverfas-
sungsgericht das entsprechende, auf Parteien beschränkte
Vorschlagsrecht „aus der Natur der Sache“ ergibt und mit
Artikel 38 GG im Einklang steht (BVerfGE 46, 196, 199;
vgl. auch BVerfGE 89, 243, 251, wo betont wird, dass das
Bundeswahlgesetz (BWG) – von der Aufstellung freier

und für Landeslisten einzureichen, „in die Hände der Par-
teien“ gelegt hat). Der Frage, ob das geltende verfassungsge-
mäße Recht durch eine andere Ausgestaltung, die dem Wäh-
ler bei der Stimmabgabe einen Einfluss auf die Landesliste
z. B. durch Einführung „begrenzt offener“ Listen gibt, er-
setzt werden sollte, ist nicht im Rahmen der Wahlprüfung
nachzugehen, die allein auf die Feststellung von Wahlfehlern
und deren Relevanz für die Verteilung der Mandate be-
schränkt ist (vgl. auch die Erste Beschlussempfehlung des
Wahlprüfungsausschusses vom 6. Juni 2003, Bundestags-
drucksache 15/1150, S. 113).

Soweit der Einspruchsführer die Listenwahl als grundgesetz-
widrig bezeichnet, ist auf die ständige Praxis des Deutschen
Bundestages und des Wahlprüfungsausschusses zu verwei-
sen, wonach diese sich nicht berufen sehen, die Verfassungs-
widrigkeit von Wahlrechtsvorschriften festzustellen. Diese
Kontrolle ist stets dem Bundesverfassungsgericht vorbe-
halten worden (so zuletzt in der laufenden 16. Wahlperiode
in der Zweiten Beschlussempfehlung des Wahlprüfungs-
ausschusses vom 22. Juni 2006 – Bundestagsdrucksache
16/1800, S. 229 u. a.; vgl. auch BVerfGE 89, 291, 300).
Insoweit kann eine Überprüfung durch den Ausschuss nicht
erfolgen.

Auch die Angabe, dass eine „im Millionenbereich“ liegende
Zahl von Stimmzetteln bewusst falsch gezählt bzw. ungültig
gemacht worden seien, kann mangels substantiierter Anga-
ben vom Ausschuss nicht überprüft werden. Die der DR an-
geblich vorliegende eidesstattliche Versicherung, mit der
diese angebliche Wahlfälschung bewiesen werden könne,
hat der Einspruchsführer dem Ausschuss nicht übermittelt.
Es ist daneben zweifelhaft, ob der Beweis für eine massive
amtliche Wahlfälschung durch das Vorlegen einer eidesstatt-
lichen Versicherung eines einzelnen Wahlhelfers zu führen
wäre.

Soweit der Einspruchsführer schließlich das Betreten von
Wahllokalen durch Personen mit T-Shirts oder Ansteck-
nadeln, auf denen Parteinamen gestanden hätten, sowie das
Aufstellen von Wahlplakaten in weniger als 10 Meter Ent-
fernung vom Wahllokal rügt, kommt ein Verstoß gegen das
Verbot der Wählerbeeinflussung gemäß § 32 Abs. 1 1. Alt.
BWG in Betracht. Die Vorschrift dient der Gewährleistung
der freien Ausübung der Wahl im Sinne des Artikels 38
Abs. 1 Satz 1 GG i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 2 BWG sowie der
Sicherung des Prinzips der Wahlgleichheit. Die Vorschrift
untersagt am Wahltage während der Wahlzeit nicht nur im
Wahlraum und im gesamten Gebäude, in dem sich der Wahl-
raum befindet, sondern auch im unmittelbaren Zugangs-
bereich zum Wahlgebäude jegliche Art der Wahlpropaganda.
Ein Rechtsverstoß liegt vor, wenn Plakatwerbung unmit-
telbar am Gebäude oder neben dem Gebäude erfolgt
(Schreiber, Kommentar zum BWG, 7. Auflage, 2002, § 32
Rn. 1; WahlprGer. beim Hess. LT, Staatsanzeiger Hessen
1992 [StAnz. 1992], S. 1554, 1571).

Vorliegend ist jedoch nicht gegen § 32 Abs. 1 BWG versto-
ßen worden. Der Einspruchsführer hat vorgetragen, dass der
10-Meter-Abstand „in 143 Wahlkreisen“ unterschritten wor-
den sei. Ortsangaben, Belegphotos, Entfernungsmaßstäbe,
Lagepläne oder andere objektive Bezugspunkte hat der
Einspruchsführer nicht zur Verfügung gestellt. Auch hat er
Kreiswahlbewerber nach § 20 Abs. 3 BWG abgesehen – die
Aufgabe, Kandidatenvorschläge für die Wahl in Wahlkreisen

nicht mitgeteilt, ob er die Entfernungen durch Messung
oder Schätzung festgestellt haben will. Der Wahlprüfungs-

Deutscher Bundestag – 16. rucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. rucksache 16/3600
Wahlperiode – 81 – D Wahlperiode – 81 – D

ausschuss sieht sich mangels eines hinreichend bestimmten
Anfechtungsgegenstandes an einer näheren Prüfung gehin-
dert. Auch soweit das Tragen von T-Shirts oder Ansteckna-
deln durch „35 Personen“ in „15 Wahlbezirken“ gerügt wird,
enthält der Einspruch nicht genügend substantiierte Tatsa-
chen. So wird weder mitgeteilt, in welchen Wahlbezirken
diese Handlungen stattgefunden hätten, noch belegt der Ein-
spruchsführer seine Beobachtungen mit Beweisfotos oder
anderen objektiven Angaben. Zudem legt die Formulierung
des Einspruchs nahe, dass es sich bei den 35 Personen nicht
um Mitglieder des Wahlvorstandes sondern um Wähler
gehandelt hat. Letzteren wird z. B. das Tragen von Partei-
abzeichen im Wahlraum als Ausfluss der Meinungsäuße-
rungsfreiheit des Artikels 5 GG kaum untersagt werden kön-
nen (Schreiber, a. a. O., § 32 Rn. 3).

Wählers, ob er an der Wahl teilnehme oder nicht. Auch eine
Nichtteilnahme sei eine Wahlentscheidung, die vom Schutz

Bundestagsdrucksache 10/3029, Anlage 5; 14/1560, An-
lage 48; Schreiber, Kommentar zum BWG, 7. Auflage,
2002, § 34 Rn. 6).
det. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich kein
Wahlfehler entnehmen.

Das Abgeben der Wahlbenachrichtigung und das Vermerken

hindert werden, dass ein Wähler mehrfach wählt (vgl.
Schreiber, a. a. O., § 34 Rn. 6). Andere, gleichermaßen ef-
fektive Möglichkeiten, dieses Ziel zu erreichen, stehen nicht
des Wahlgeheimnisses umfasst sei. Das Anliegen, eine
mehrfache Stimmabgabe zu verhindern und statistische Aus-
wertungen vorzunehmen, sei zwar plausibel. Die Grundsätze
der freien und geheimen Wahl dürften aber als höchste
Rechtsgüter der freiheitlichen Demokratie nicht leichtfertig
nachrangigen Zielen geopfert werden.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-

Zwar unterliegt grundsätzlich auch die Frage der Teilnahme
oder Nichtteilnahme an der Wahl dem Wahlgeheimnis
(Schreiber, a. a. O., § 1 Rn. 24). Allerdings bringt die Natur
des Wahlrechts es mit sich, dass nicht jeder Wahlrechts-
grundsatz in „voller Reinheit“ verwirklicht werden kann
(BVerfGE 3, 19 [24 f.]).

Einschränkungen des Grundsatzes der geheimen Wahl sind
deshalb zulässig, wenn für sie ein sachlich zureichend trag-
fähiger und zur Verfolgung der mit der Regelung verbunde-
nen Zwecke geeigneter und erforderlicher, mithin ein zwin-
gender Grund angeführt werden kann (vgl. BVerfGE 1, 208
[249 ff.]; 82, 322 [338]; Schreiber a. a. O., § 1 Rn. 7, § 34
Rn. 6). Das ist hier der Fall. Durch den Stimmabgabe-
vermerk und die Abgabe der Wahlbenachrichtigung soll ver-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 83 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 83 – Drucksache 16/3600

Anlage 9

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn G. S., 53340 Meckenheim
– Az.: WP 156/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit Schreiben vom 14. November
2005, das beim Wahlprüfungsausschuss am 16. November
2005 eingegangen ist, Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 16. Deutschen Bundestag eingelegt.

Er wendet sich dagegen, dass in seinem Wahllokal in
Meckenheim die Wahlbenachrichtigungen abgegeben wer-
den mussten und der Umstand der Stimmabgabe im Wähler-
verzeichnis vermerkt wurde. Aufgrund der Wahlbenachrich-
tigungen und der Stimmabgabevermerke sei es nämlich
möglich, Wähler von Nichtwählern zu unterscheiden, diese
namentlich zu identifizieren und so namensbezogene und
informationstechnische Auswertungen und andere rechts-
widrige Folgehandlungen vorzunehmen. Der Einspruchs-
führer, der davon ausgeht, dass es sich bei dem in Mecken-
heim beobachteten Verfahren um eine bundesweite Praxis
handelt, sieht hierin einen Verstoß gegen den Grundsatz der
geheimen Wahl, der auch den Grundsatz der Freiheit der
Wahl tangiere. Es sei nämlich die freie Entscheidung des

deswahlordnung (BWO). Denn diese Regelungen legen aus-
drücklich fest, dass der Wähler, nachdem er seinen Stimm-
zettel gekennzeichnet hat und an den Tisch des Wahlvorstan-
des getreten ist, seine Wahlbenachrichtigung abgibt, und der
Schriftführer die Stimmabgabe im Wählerverzeichnis ver-
merkt, nachdem der Stimmzettel in die Wahlurne geworfen
wurde.

Soweit der Einspruchsführer die Verfassungsmäßigkeit die-
ser Vorschriften in Frage stellt, gilt, dass sich der Deutsche
Bundestag im Rahmen der Wahlprüfung nicht dazu berufen
sieht, die Verfassungswidrigkeit von Wahlrechtsvorschriften
festzustellen. Diese Kontrolle ist stets dem Bundesver-
fassungsgericht vorbehalten worden (vgl. Bundestagsdruck-
sachen 15/2400, Anlage 11, S. 49; 16/1800, Anlage 57,
S. 280; ferner BVerfGE 89, 291 [300]). Abgesehen davon
bestehen aber auch keine Zweifel daran, dass die genannten
Regelungen mit der Verfassung, insbesondere mit den
Grundsätzen der geheimen und freien Wahl aus Artikel 38
Abs. 1 Satz 1 GG, in Einklang stehen (vgl. auch schon
der Stimmabgabe im Wählerverzeichnis entspricht exakt den
Vorgaben des § 56 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 3 der Bun-

zur Verfügung. Zudem lässt die Kenntnis der Tatsache der
Wahlteilnahme keine Schlüsse darüber zu, welchem Wahl-

Drucksache 16/3600 destag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 destag – 16. Wahlperiode
– 84 – Deutscher Bun– 84 – Deutscher Bun

vorschlag der Wähler seine Stimme gegeben hat. Auch inso-
weit wird das Wahlgeheimnis also nicht über das notwendige
Maß hinaus beeinträchtigt.

Der Grundsatz der Freiheit der Wahl wird durch den Stimm-
abgabevermerk und die Abgabe der Wahlbenachrichtigung
schon nicht tangiert. Zwar schützt dieser Grundsatz auch die
Entschließungsfreiheit des Wählers im Hinblick auf das Ob
der Wahlteilnahme mit der Folge, dass beispielsweise die
Einführung einer Wahlpflicht unzulässig wäre. Ferner ist an-
erkannt, dass die Entschließungsfreiheit des Wählers nicht
nur vor rechtlichem Zwang – etwa der besagten Einführung
einer Wahlpflicht –, sondern auch vor vergleichbarem psy-
chologischen Druck geschützt ist (vgl. nur Schreiber a. a. O.,
§ 1 Rn. 13a). Solch ein spürbarer, die Entschließungsfreiheit
merklich beeinträchtigender Druck geht von dem Umstand,
dass die Wahlbenachrichtigungen einbehalten und die Stim-
mabgabe im Wählerverzeichnis vermerkt wird, jedoch nicht
aus. Denn die Wählerverzeichnisse mit den Stimmabgabe-
vermerken und die eingenommenen Wahlbenachrichtigun-
gen sind gemäß § 89 Abs. 1 BWO so zu verwahren, dass sie
gegen die Einsichtnahme durch Unbefugte geschützt sind.
Gemäß § 89 Abs. 2 BWO können Auskünfte aus den aufbe-
wahrten Wählerverzeichnissen nur in sehr eingeschränktem
Umfange, für eingeschränkte Zwecke und nur einem kleinen
Kreis von Berechtigten erteilt werden. Die eingenommenen
Wahlbenachrichtigungen sind gemäß § 90 Abs. 1 BWO
unverzüglich zu vernichten, die Wählerverzeichnisse gemäß
§ 90 Abs. 2 BWO grundsätzlich nach Ablauf von sechs
Monaten seit der Wahl.

Wahldiskussion zu stellen. Das ZDF habe jedoch nicht rea-
giert. keine ernstliche Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit

gesehen werden. Denn gegen die Nichterfüllung von Un-
gegen ihre eigentlichen Präferenzen zu wählen, stellt keine
Verletzung des Grundsatzes der freien Wahl dar.

Zwar schützt dieser in Artikel 38 Abs. 1 Satz 1 des Grund-

fassungsmäßigkeit in Frage zu stellen (vgl. BVerfGE 21,
200 [205]; 59, 119 [125 f.]). Zwar habe der Gesetzgeber die
Handhabung der Briefwahl zu beobachten und auf im Zuge
Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG
von einer mündlichen Verhandlung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det. Dem Vortrag des Einspruchsführers lassen sich keine
Wahlfehler entnehmen.

I.

Die vom Einspruchsführer behauptete wirtschaftliche Ab-
hängigkeit von den Unterhaltszahlungen des Ehemanns sei-
ner Freundin, die ihn und seine Freundin bewogen hätten,

terhaltsverpflichtungen kann mit Hilfe der Gerichte vorge-
gangen werden (vgl. zur Möglichkeit der Abwehr der
Einwirkung auf die Entschließungsfreiheit, BVerfGE 103,
111 [133]).

II.

Auch die generellen Bedenken des Einspruchsführers an der
Vereinbarkeit der Briefwahl mit dem Grundsatz der freien
Wahl im Hinblick auf wirtschaftlich Abhängige können
nicht überzeugen. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits
im Jahre 1967 und dann noch einmal im Jahre 1981 klarge-
stellt, dass der Umstand, dass die Wahrung der Grundsätze
der geheimen und freien Wahl bei der Briefwahl in stärkerem
Umfange als bei der Stimmabgabe im Wahllokal dem Wäh-
ler anvertraut ist, als solcher nicht geeignet ist, deren Ver-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 85 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 85 – Drucksache 16/3600

Anlage 10

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn N. R., 96047 Bamberg
– Az.: WP 45/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 13. September 2005, das am 27. Septem-
ber 2005 beim Wahlprüfungsausschuss eingegangen ist, hat
der Einspruchsführer Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 16. Deutschen Bundestag am 18. September 2005
eingelegt.

Zur Begründung trägt der Einspruchsführer zum einen vor,
dass wirtschaftlich Abhängige, wenn sie per Briefwahl an
der Wahl teilnähmen, keine Wahlfreiheit hätten. So hätten
der Einspruchsführer und seine Freundin zum wiederholten
Male gegen ihre Interessen gewählt. Denn der von dieser ge-
trennt lebende Ehemann der Freundin, der ihr Unterhalt
zahle, von dem auch der Einspruchsführer profitiere, habe
einen Betrieb und meine, „fanatisch auf konservative Wirt-
schafts- und Finanzpolitik“ angewiesen zu sein. Zum ande-
ren habe der Einspruchsführer das ZDF ersucht, seine bzw.
die Theorie des J. G. Herder, wonach der „Völkermord an
den ostelbischen Slawen nicht verjährt“ sei und „sich mit
dem Verlust dieser Gebiete“ gerächt habe, zur öffentlichen

auch vor unzulässigem Druck von Seiten anderer Bürger.
Dieser kann ferner durchaus auch im Missbrauch eines be-
ruflichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisses
liegen. Voraussetzung ist allerdings, dass tatsächlich Druck
ausgeübt wird und dass er geeignet ist, die Entscheidungs-
freiheit des Wählers ernstlich zu beeinträchtigen (BVerfGE
66, 269 [381]; 103, 111 [132]; Bundestagsdrucksache
15/1150, Anlage 279, S. 614). Letzteres ist dann zwei-
felhaft, wenn eine hinreichende Möglichkeit der Abwehr,
z. B. mit Hilfe der Gerichte oder der Polizei, bestand (vgl.
BVerfGE 103, 111 [133]; Bundestagsdrucksache a. a. O.).

Diese Voraussetzungen einer Verletzung des Grundsatzes
der freien Wahl lagen hier jedoch nicht vor. Der Einspruchs-
führer behauptet lediglich, dass er und seine Freundin von
den Unterhaltszahlungen deren Ehemanns wirtschaftlich ab-
hängig seien. Er trägt aber nicht vor, dass der Ehemann sei-
ner Freundin das Fortbestehen seiner Zahlungsbereitschaft
tatsächlich davon abhängig gemacht habe, dass der Ein-
spruchsführer und dessen Freundin seinen Wünschen gemäß
wählten. Im Übrigen könnte in einer solchen Drohung auch
gesetzes (GG) verankerte Grundsatz die Entscheidungsfrei-
heit des Wählers nicht nur vor rechtlichem Zwang, sondern

neu auftretender Entwicklungen stattfindende Missbräuche
gegebenenfalls mit einer Nachbesserung des Wahlrechts zu

Drucksache 16/3600 destag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 destag – 16. Wahlperiode
– 86 – Deutscher Bun– 86 – Deutscher Bun

reagieren (BVerfGE 59, 119 [127]). Derartige Missbräuche
legt der Einspruchsführer jedoch nicht dar.

III.

Ein Wahlfehler kann schließlich auch nicht darin gesehen
werden, dass das ZDF die vom Einspruchsführer vertretene
Theorie nicht zur öffentlichen Wahldiskussion gestellt hat.
Zwar treffen öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten im
Vorfeld der Wahl grundsätzlich bestimmte Pflichten, deren
Nichtbeachtung zu Wahlfehlern führen kann (Schreiber,
Kommentar zum BWG, 7. Auflage, 2002, § 49 Rn. 8). So ist
bei der Gestaltung von Sendungen, die geeignet sind, unmit-
telbar Einfluss auf die Wahlentscheidung zu nehmen, oder
bei der Vergabe von Sendezeit für Wahlwerbung der Grund-
satz der Chancengleichheit zu beachten (vgl. Schreiber
a. a. O., § 1 Rn. 23j). Einen – praktisch auch gar nicht rea-
lisierbaren – Anspruch jedes einzelnen Wählers auf Be-
handlung von ihm als wichtig empfundener Themen gibt es
jedoch nicht.

42 000 Zweitstimmen verlieren würde. Für die Wähler hät-
ten sich damit in Kenntnis des vorläufigen Ergebnisses der

um eins. So könne im Ergebnis einer Partei ein Mandat in
einem Land verloren gehen, ohne dass aus diesem Land
Anhänger einer Partei vielmehr gezwungen seien, ihrer Par-
tei die Stimme zu verweigern, um sie zu unterstützen. Bei
der Nachwahl habe man sogar eine Partei dadurch ablehnen

Sitzverteilung festgelegt werde. Das Phänomen der negati-
ven Stimmgewichte sei bereits Gegenstand von Einsprüchen
gegen die Bundestagswahlen 1998 und 2002 gewesen. Die
Hauptwahl je nach Präferenz zwei Alternativen geboten:
CDU-Anhänger hätten, um einen Sitzverlust zu vermeiden,
der CDU die Zweitstimme nicht geben dürfen. CDU-Gegner
hätten durch Stimmabgabe für die CDU zu einem Sitzverlust
beitragen können. Die Wähler hätten auch entsprechend rea-
giert; die CDU habe nur 24,4 Prozent der Zweitstimmen, die
FDP dagegen 16,6 Prozent erhalten.

Der Einspruchsführer ist der Auffassung, dass bei einem
Verteilsystem, das negative Stimmgewichte ermögliche,
keine Wahl im Sinne des Artikels 38 GG vorliege. Bei einer
richtigen Wahl erhalte eine Partei umso mehr Sitze, je mehr
Stimmen sie erhalte. Es widerspreche dem Wählerwillen,
wenn eine Stimmabgabe für eine Partei zu einem Sitzverlust
führen könne. Weiterhin sei der Grundsatz der Unmittelbar-
keit der Wahl verletzt, da die Stimmen nicht direkt wirkten,

trotz des Stimmenzuwachses ein zusätzlicher Abgeordneter
dieser Partei in den Deutschen Bundestag einziehe. Statt-
dessen werde infolge unveränderter Anzahl von Mandaten
nach Zweitstimmenanteil der Partei durch Verringerung der
Überhangmandate um eins die Gesamtzahl der Sitze dieser
Partei geringer. Vorgenannte Ausführungen würden entspre-
chend bei einer Abnahme von Stimmen gelten.

Der Bundeswahlleiter weist weiterhin darauf hin, dass die
Bundestagswahl ordnungsgemäß nach den Bestimmungen
des Bundestagswahlrechts durchgeführt und die Sitzver-
teilung nach dem vom Bundesverfassungsgericht als ver-
fassungskonform festgestellten Verfahren Hare/Niemeyer
berechnet worden sei. Es liege im pflichtgemäßen, unter Be-
achtung der Wahlrechtsgrundsätze auszuübenden Ermessen
des Gesetzgebers, welches mathematische Verfahren für die
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 87 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 87 – Drucksache 16/3600

Anlage 11

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn Dr. M. F., 47137 Duisburg
– Az.: WP 162/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit einem am 17. November eingegangenen Schreiben vom
14. November 2005 hat der Einspruchsführer gegen die Gül-
tigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag am 18. Sep-
tember 2005 Einspruch eingelegt.

Der Einspruch wendet sich gegen das Phänomen der nega-
tiven Stimmgewichte bei der Bundestagswahl und weist da-
rauf hin, dass unter bestimmten Umständen ein Mehr an
Stimmen für eine Partei zu weniger Sitzen für diese Partei
führen könne. Dieser Effekt trete immer dann auf, wenn in
einem Bundesland Überhangmandate anfielen bzw. knapp
verfehlt würden. Das Phänomen negativer Stimmgewichte
sei auch bei der Bundestagswahl 2005 aufgetreten, was vom
Einspruchsführer durch mehrere Beispiele veranschaulicht
wird. Offensichtlich sei dies im Zusammenhang mit der
Nachwahl im Wahlkreis 160 (Dresden I) gewesen, die im
Übrigen ausdrücklich nicht zum Gegenstand des Einspruchs
gemacht wird. Die Wähler hätten aufgrund unterschiedlicher
Quellen gewusst, dass die CDU einen Sitz bei mehr als

verletzt. Der so beschriebene Wahlfehler sei im Übrigen un-
nötig und durch ein entsprechend anderes Verteilverfahren
vermeidbar.

Der Bundeswahlleiter bestätigt in seiner Stellungnahme die
Möglichkeit negativer Stimmgewichte, wonach unter be-
stimmten Voraussetzungen die Zunahme von Zweitstimmen
für eine Partei zu einer Abnahme bei ihren Mandaten führen
könne und umgekehrt. Dies finde seine Ursache in der Rege-
lung des § 6 Abs. 5 des Bundeswahlgesetzes (BWG) zu den
Überhangmandaten. Bei gleicher Anzahl der nach § 6 Abs. 1
bis 3 BWG nach dem Zweitstimmenanteil ermittelten Bun-
destagsmandate für die Partei insgesamt entfalle bei der Un-
terverteilung der Mandate auf die einzelnen Länder auf das
Land des Stimmenzuwachses ein Sitz mehr zu Lasten eines
anderen Landes. Infolge der Verrechnung mit den in diesem
Land errungenen Direktmandaten wirke sich der Gewinn des
weiteren Listenmandats im Land des Stimmenzuwachses je-
doch nicht mandatsvermehrend aus, sondern verringere die
Zahl der dort für die Partei angefallenen Überhangmandate
können, dass man ihr die Zweitstimme gab. Auch die Frei-
heit der Wahl sei durch das beschriebene Stimmverhalten

nach Zurückweisung der Einsprüche gegen die Bundestags-
wahl 1998 erhobenen Wahlprüfungsbeschwerden habe das

wahlleiters zugänglich gemacht worden ist, bekräftigt seine
Auffassung, dass in der Verletzung von Freiheit und Unmit-
telbarkeit der Wahl ein Wahlfehler liege, der auf den Wahl-
rechtsbestimmungen beruhe, die zu internen Überhangman-
daten führten.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Ein Wahlfehler ist nicht feststellbar; die Bundestagswahl
2005 ist im Einklang mit den Vorgaben des Bundeswahl-
gesetzes durchgeführt worden. Das Phänomen der negativen
Stimmgewichte ist – wie auch vom Bundeswahlleiter ange-
merkt – durch die Ausgestaltung des geltenden Wahlrechts
bedingt. Insoweit gilt zunächst, dass sich der Wahlprüfungs-
ausschuss und der Deutsche Bundestag in ständiger Praxis
nicht als berufen ansehen, die Verfassungswidrigkeit von
Wahlrechtsvorschriften festzustellen. Diese Kontrolle ist
stets – so zuletzt in der laufenden 16. Wahlperiode in der
Zweiten Beschlussempfehlung des Wahlprüfungsausschus-
ses vom 22. Juni 2006 – Bundestagsdrucksache 16/1800,
Seite 229 u. a. – dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten
worden.

Davon abgesehen war der Effekt der negativen Stimm-
gewichte bereits in der Vergangenheit Gegenstand von
Wahlprüfungsverfahren vor dem Deutschen Bundestag und
vor dem Bundesverfassungsgericht und ist nicht beanstandet
worden. So wurde zu Einsprüchen gegen die Bundestags-
wahlen 1998 und 2002 festgestellt, dass der angesprochene
Effekt bei gewissen Zweitstimmenkonstellationen mit der
Existenz von Überhangmandaten im Rahmen der gesetz-
lichen Regelung verbunden ist (vgl. Bundestagsdrucksachen
14/1560, S. 177, 185; 15/1850, S. 76). Bereits in diesen
Wahlprüfungsentscheidungen ist auch darauf aufmerksam
gemacht worden, dass das die Überhangmandate betreffende
Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Kenntnis möglicher
negativer Stimmeffekte ergangen ist, ohne hierauf aber ein-
zugehen. So war von der Antragstellerin des Organstreits der
angesprochene Effekt als „inkonsequente Ausgestaltung“
des Wahlrechts vorgetragen und zudem in der mündlichen
Verhandlung vom Bundeswahlleiter als möglich bezeichnet
worden (BVerfGE 95, 335, 343, 346). Später hat das Bun-

det seien (2 BvC 1/99 und 5/99). In den dabei in Bezug
genommenen Berichterstatterschreiben wird laut Schreiber,
Handbuch des Wahlrechts, 7. Auflage, § 6 Rn. 6b, darauf
verwiesen, dass mit der Entscheidung des Gesetzgebers für
eine personalisierte Verhältniswahl der Erfolgswertgleich-
heit aller Stimmen nur eine von vornherein begrenzte Trag-
weite zukomme, so dass der beanstandete Effekt eines
negativen Erfolgswertes der Wählerstimmen, zu dem das
Berechnungsverfahren Hare/Niemeyer führe, nicht die Ver-
fassungswidrigkeit der geltenden Regelung bewirken könne.
Eine vergleichbare Beschwerde gegen die Wahlprüfungs-
entscheidung zur Bundestagswahl 2002 ist noch beim Bun-
desverfassungsgericht anhängig.

Entgegen der Auffassung des Einspruchsführers ändert die
durch mögliche negative Stimmgewichte bedingte Gefahr,
das eine Stimmabgabe für eine Partei dieser nicht notwendig
nützlich ist, nichts daran, dass es sich bei diesem Vorgang um
eine durch das einfache Wahlrecht ausgestaltete Wahl im
Sinne des Artikels 38 GG handelt. Ebenso wenig ist von ei-
ner Verletzung der Grundsätze der unmittelbaren und freien
Wahl auszugehen. Sicherlich muss dem Wähler erkennbar
sein, wie sich die eigene Stimmabgabe auf Erfolg oder Miss-
erfolg der Wahlbewerber auswirken kann (vgl. BVerfGE 95,
335, 350). Dies kann aber nur im Sinne einer Kenntnis der
theoretisch denkbaren Wirkungen zu verstehen sein, da die
tatsächlichen Auswirkungen nur im Zusammenhang mit der
Stimmabgabe aller Wähler eintreten können und überdies
von den durch das Wahlrecht gesetzten Rahmenbedingungen
abhängen. Ebenso wie manche Wähler nicht wissen können,
ob ihre Stimmabgabe z. B. wegen Verfehlens der 5-Prozent-
Hürde der von ihnen gewählten Partei Berücksichtigung fin-
det oder wirkungslos bleibt, erscheint auch die Gefahr einer
möglicherweise „schädlichen“ Stimmabgabe hinnehmbar.
Aus den gleichen Erwägungen ist auch nicht von einer Be-
einträchtigung der Entschließungsfreiheit der Wähler durch
Unsicherheit über die Auswirkungen ihrer Stimmabgabe
oder Hinweise auf mögliche taktische Stimmabgaben aus-
zugehen. Dabei ist einzuräumen, dass sich im Falle einer
Nachwahl mögliche Konsequenzen einer Stimmabgabe qua-
litativ anders darstellen als bei einer ausschließlich an einem
Tag stattfindenden Bundestagswahl. Hierbei handelt es sich
aber um letztlich nicht vermeidbare Folgen einer Nachwahl,
bei der – wie vom Deutschen Bundestag bereits festgestellt
(vgl. Bundestagsdrucksache 16/1800, S. 12 ff.) – die Ergeb-
nisse der Hauptwahl bereits bekannt sein dürfen.

Ob und gegebenenfalls wie einfachgesetzlich dem mög-
lichen Auftreten negativer Stimmgewichte zu begegnen ist,
ist nicht im Wahlprüfungsverfahren zu entscheiden.
Drucksache 16/3600 – 88 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 88 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bundesverfassungsgericht als offensichtlich unbegründet
verworfen, die Verfahren aufgrund der Bundestagswahl
2002 seien noch beim Bundesverfassungsgericht anhängig.

Der Einspruchsführer, dem die Stellungnahme des Bundes-

desverfassungsgericht die Beschwerden gegen die vorge-
nannten Wahlprüfungsentscheidungen zur Bundestagwahl
1998 jeweils mit Beschluss vom 22. Januar 2001 verworfen
mit dem Hinweis, dass sie aus den durch ein Berichterstatter-
schreiben mitgeteilten Erwägungen offensichtlich unbegrün-

sich für alle Bundestagswahlen seit 1957 in den Bundeslän-
dern benennen, in denen es zu Überhangmandaten gekom-

anderen Landes. Infolge der Verrechnung mit den in diesem
Land errungenen Direktmandaten wirke sich der Gewinn des
Effekte seien mit den Grundsätzen der Unmittelbarkeit und
Freiheit der Wahl nicht vereinbar. Da man in vielen Fällen
nicht wisse, ob die Stimmabgabe für eine Partei letztlich als

teilung nach dem vom Bundesverfassungsgericht als ver-
fassungskonform festgestellten Verfahren Hare/Niemeyer
berechnet worden sei. Es liege im pflichtgemäßen, unter Be-
men sei. Erringe eine Partei in einem Bundesland mindestens
ebenso viele Direktmandate wie ihrer Landesliste zustünden,
sei das Eintreten einer negativen Wirkung einer Zweit-
stimme für diese Landesliste wahrscheinlicher als einer po-
sitiven. Solche Konstellationen ließen sich zwar ohne Kennt-
nis der übrigen Wahlergebnisse nicht eindeutig vorhersagen,
der Grad der Wahrscheinlichkeit lasse sich aber durchaus im
Vorhinein abschätzen. Bezüglich der Nachwahl in Dresden
habe mit Sicherheit festgestanden, dass sich Zweitstimmen
für die CDU negativ auswirken würden. Nachdem dies auch
in den Medien vermittelt worden sei, habe es mit hoher
Wahrscheinlichkeit maßgeblichen Einfluss auf das Ergebnis
der Nachwahl gehabt. Die CDU habe das Direktmandat und
damit ein weiteres Überhangmandat gewonnen, bei den
Zweitstimmen aber vergleichsweise schlecht abgeschnitten
und dadurch keinen Sitz abgeben müssen. Die beschriebenen

weiteren Listenmandats im Land des Stimmenzuwachses je-
doch nicht mandatsvermehrend aus, sondern verringere die
Zahl der dort für die Partei angefallenen Überhangmandate
um eins. So könne im Ergebnis einer Partei ein Mandat in
einem Land verloren gehen, ohne dass aus diesem Land trotz
des Stimmenzuwachses ein zusätzlicher Abgeordneter die-
ser Partei in den Deutschen Bundestag einziehe. Stattdessen
werde infolge unveränderter Anzahl von Mandaten nach
Zweitstimmenanteil der Partei durch Verringerung der Über-
hangmandate um eins die Gesamtzahl der Sitze dieser Partei
geringer. Vorgenannte Ausführungen würden entsprechend
bei einer Abnahme von Stimmen gelten.

Der Bundeswahlleiter weist weiterhin darauf hin, dass die
Bundestagswahl ordnungsgemäß nach den Bestimmungen
des Bundestagswahlrechts durchgeführt und die Sitzver-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 89 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 89 – Drucksache 16/3600

Anlage 12

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn W. Z., 28201 Bremen
– Az.: WP 179/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit einem am selben Tag beim Deutschen Bundestag einge-
gangenen Schreiben vom 18. November 2005 hat der Ein-
spruchsführer gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deut-
schen Bundestag am 18. September 2005 Einspruch einge-
legt.

Der Einspruch wendet sich zum einen gegen das Phänomen
der negativen Stimmgewichte bei der Bundestagswahl. Der
Einspruchsführer geht davon aus, dass sich in vielen Bun-
desländern Zweitstimmen, die für die SPD oder CDU abge-
geben worden seien, negativ ausgewirkt und zu einem Ver-
lust von Mandaten für die gewählte Partei geführt hätten.
Umgekehrt hätten in einigen Bundesländern SPD oder CDU
davon profitiert, dass nicht noch mehr Zweitstimmen auf sie
entfallen seien. Der Einspruchsführer führt insoweit 12 Bei-
spiele dafür an, bei welchem Mehr oder Weniger an Zweit-
stimmen sich jeweils Auswirkungen auf die Sitzverteilung
für CDU oder SPD ergeben hätten. Ähnliche Bespiele ließen

grundsatz geforderten Weise gegeben. Das absurde Dilemma
eines kundigen Wählers, der die Möglichkeit einer negativen
Wirkung einkalkulieren müsse, verenge die Entschließungs-
freiheit in einem mit der Wahlfreiheit nicht mehr vereinbaren
Maße. Dabei handele es sich keineswegs um eine zwingende
Folge der Entscheidung für die personalisierte Verhältnis-
wahl.

Der Bundeswahlleiter bestätigt in einer einen inhaltlich ver-
gleichbaren Wahleinspruch betreffenden Stellungnahme die
Möglichkeit negativer Stimmgewichte, wonach unter be-
stimmten Voraussetzungen die Zunahme von Zweitstimmen
für eine Partei zu einer Abnahme bei ihren Mandaten führen
könne und umgekehrt. Dies finde seine Ursache in der Rege-
lung des § 6 Abs. 5 des Bundeswahlgesetzes (BWG) zu den
Überhangmandaten. Bei gleicher Anzahl der nach § 6 Abs. 1
bis 3 BWG nach dem Zweitstimmenanteil ermittelten Bun-
destagsmandate für die Partei insgesamt entfalle bei der Un-
terverteilung der Mandate auf die einzelnen Länder auf das
Land des Stimmenzuwachses ein Sitz mehr zu Lasten eines
Zustimmung oder Ablehnung wirken werde, sei die Erkenn-
barkeit der Stimmabgabe nicht in der vom Unmittelbarkeits-

achtung der Wahlrechtsgrundsätze auszuübenden Ermessen
des Gesetzgebers, welches mathematische Verfahren für die

Drucksache 16/3600 – 90 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 90 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Sitzverteilung festgelegt werde. Das Phänomen der negati-
ven Stimmgewichte sei bereits Gegenstand von Einsprüchen
gegen die Bundestagswahlen 1998 und 2002 gewesen. Die
nach Zurückweisung der Einsprüche gegen die Bundestags-
wahl 1998 erhobenen Wahlprüfungsbeschwerden habe das
Bundesverfassungsgericht als offensichtlich unbegründet
verworfen, die Verfahren aufgrund der Bundestagswahl
2002 seien noch beim Bundesverfassungsgericht anhängig.

Weiterhin weist der Einspruchsführer darauf hin, dass in
etlichen Wahlbezirken die Stimmen zur Ermittlung des amt-
lichen Endergebnisses komplett neu ausgezählt worden
seien, um ansonsten unaufklärbare Unstimmigkeiten in den
Niederschriften bzw. zwischen Schnellmeldung und Nie-
derschrift beheben zu können. Im Bundesland Bremen, wo
Neuauszählungen in 16 Wahlbezirken erforderlich gewesen
seien, hätten diese Nachzählungen jedoch nicht öffentlich
stattgefunden, sondern im Rahmen der nichtöffentlichen
Prüfungen gemäß § 76 Abs. 1 der Bundeswahlordnung
(BWO) im Bremer Wahlamt. Hierin liege ein Verstoß gegen
das Öffentlichkeitsprinzip. Es sei sowohl dem Wahlvorstand
des Wahlbezirks als auch dem Kreiswahlausschuss unter-
sagt, Stimmenauszählungen in nichtöffentlichen Sitzungen
vorzunehmen. Erst recht müsse dies gelten, wenn die Aus-
zählung nicht von den hierzu eigentlich berufenen Wahl-
organen durchgeführt werde. Die Neuauszählungen seien
daher öffentlich, z. B. während einer Sitzung des Kreis-
wahlausschusses, zu wiederholen. Die für das bremische
Landtagswahlrecht vertretene Gegenauffassung des Staats-
gerichtshofs der Freien Hansestadt Bremen (St 2/04
– Urteil vom 5. November 2004 – zugänglich unter
www2.bremen.de/staatsgerichtshof) verkenne die grund-
legende Bedeutung des Öffentlichkeitsprinzips.

Auch in vielen nichtbremischen Wahlkreisen seien Neu-
auszählungen durchgeführt worden. Der Einspruchsführer
bezieht sich insoweit auf Angaben in der Niederschrift der
3. Sitzung des Bundeswahlausschusses vom 7. Oktober
2005. Zwar sei ihm nicht bekannt, ob auch in diesen Fällen
unter Ausschluss der Öffentlichkeit neu ausgezählt worden
sei. Da Bremen im Übrigen aber durchaus gewissenhaft bei
der Ermittlung der Wahlergebnisse vorgehe, würde es ihn
nicht wundern, wenn es sich hierbei um die gängige Praxis
handele, für die eine Überprüfung wünschenswert sei.

Der gemeinsame Kreiswahlleiter für die Wahlkreise 54 (Bre-
men I) und 55 (Bremen II – Bremerhaven) hat mitgeteilt,
dass im Wahlkreis 54 in 6 der 200 Urnen- und in 5 der
49 Briefwahlbezirke Stimmennachzählungen vorgenommen
worden seien – sowie im Wahlkreis 55 in 3 der 208 Urnen-
und 4 der 53 Briefwahlbezirke. Die Nachzählungen seien
vom Kreiswahlleiter unter Hinzuziehung von Bediensteten
der Verwaltung im Rahmen der Vorbereitung der Sitzung des
gemeinsamen Kreiswahlausschusses zur Ermittlung und
Feststellung des endgültigen Wahlergebnisses im jeweiligen
Wahlkreis vorgenommen worden. Gemäß § 76 Abs. 1 BWO
habe der Kreiswahlleiter die Wahlniederschriften der Wahl-
vorstände auf Vollständigkeit und Ordnungsmäßigkeit zu
überprüfen und nach den Wahlniederschriften das endgültige
Ergebnis der Wahl im Wahlkreis nach dem Muster der An-
lage 30 zur BWO zusammenzustellen. Ergäben sich aus der
Wahlniederschrift oder aus sonstigen Gründen Bedenken ge-

angesprochenen Fällen seien die Wahlniederschriften un-
vollständig und/oder widersprüchlich ausgefüllt gewesen, so
dass der Kreiswahlleiter seiner Aufklärungspflicht nur durch
Nachzählen der Stimmen habe nachkommen könne. Die
wahlrechtlichen Bestimmungen wiesen diese Aufklärungs-
pflicht ausdrücklich dem Kreiswahlleiter zu. Damit sei je-
doch weder die Befugnis verbunden, Entscheidungen der
Kreiswahlausschüsse vorwegzunehmen noch Entscheidun-
gen der Wahlvorstände zu berichtigen. Die Überprüfungen
der Wahlniederschriften auf Ordnungsmäßigkeit und Voll-
ständigkeit sowie die Zusammenstellung der Ergebnisse
nach Anlage 30 zur BWO seien somit auch keine Ergebnis-
feststellungen im wahlrechtlichen Sinne, sondern lediglich
Vorarbeiten für die Feststellungen des Kreiswahlausschus-
ses. Die Feststellung des endgültigen Wahlergebnisses treffe
– in öffentlicher Sitzung – der Kreiswahlausschuss.

Nach Auffassung des Kreiswahlleiters, der sich hierbei auch
auf das Urteil des Staatsgerichtshofs der Freien Hansestadt
Bremen für das vergleichbare Landesrecht bezieht, handelt
es sich bei den Vorarbeiten weder um eine Wahlhandlung,
für die das Bundeswahlgesetz Öffentlichkeit vorschreibe
(§§ 31 BWG, 54 BWO) noch um eine Tätigkeit des Wahl-
ausschusses, für die ebenfalls Öffentlichkeit vorgeschrieben
sei (§ 10 Abs. 1 BWG).

Der Landeswahlleiter der Freien Hansestadt Bremen hat die
Feststellung des Kreiswahlleiters bestätigt und sich dessen
Auffassung angeschlossen.

Der Einspruchsführer, dem die Stellungnahmen des Bundes-
wahlleiters und der Wahlbehörden Bremens zugänglich ge-
macht worden sind, hat sich hierzu nicht mehr geäußert.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det. Ein Wahlfehler ist aufgrund des Vortrags des Ein-
spruchsführers nicht feststellbar; die Bundestagswahl 2005
ist im Einklang mit den Vorgaben des Bundeswahlgesetzes
durchgeführt worden.

Das Phänomen der negativen Stimmgewichte ist – wie auch
vom Bundeswahlleiter angemerkt – durch die Ausgestaltung
des geltenden Wahlrechts bedingt. Insoweit gilt zunächst,
dass sich der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche
Bundestag in ständiger Praxis nicht als berufen ansehen, die
Verfassungswidrigkeit von Wahlrechtsvorschriften festzu-
stellen. Diese Kontrolle ist stets – so zuletzt in der laufenden
16. Wahlperiode in der Zweiten Beschlussempfehlung des
Wahlprüfungsausschusses vom 22. Juni 2006 – Bundestags-
drucksache 16/1800, Seite 229 u. a. – dem Bundesverfas-
sungsgericht vorbehalten worden.

Davon abgesehen war der Effekt der negativen Stimm-
gewichte bereits in der Vergangenheit Gegenstand von
Wahlprüfungsverfahren vor dem Deutschen Bundestag und
vor dem Bundesverfassungsgericht und ist nicht beanstandet
gen die Ordnungsmäßigkeit des Wahlgeschäfts, habe der
Kreiswahlleiter sie so weit wie möglich aufzuklären. In den

worden. So wurde zu Einsprüchen gegen die Bundestags-
wahlen 1998 und 2002 festgestellt, dass der angesprochene

angesprochene Effekt als „inkonsequente Ausgestaltung“
des Wahlrechts vorgetragen und zudem in der mündlichen
Verhandlung vom Bundeswahlleiter als möglich bezeichnet
worden (BVerfGE 95, 335, 343, 346). Später hat das Bun-
desverfassungsgericht die Beschwerden gegen die vorge-
nannten Wahlprüfungsentscheidungen zur Bundestagwahl
1998 jeweils mit Beschluss vom 22. Januar 2001 verworfen
mit dem Hinweis, dass sie aus den durch ein Berichterstatter-
schreiben mitgeteilten Erwägungen offensichtlich unbegrün-
det seien (2 BvC 1/99 und 5/99). In den dabei in Bezug ge-
nommenen Berichterstatterschreiben wird laut Schreiber,
Handbuch des Wahlrechts, 7. Auflage, § 6 Rn. 6b, darauf
verwiesen, dass mit der Entscheidung des Gesetzgebers für
eine personalisierte Verhältniswahl der Erfolgswertgleich-
heit aller Stimmen nur eine von vornherein begrenzte Trag-
weite zukomme, so dass der beanstandete Effekt eines nega-
tiven Erfolgswertes der Wählerstimmen, zu dem das Be-
rechnungsverfahren Hare/Niemeyer führe, nicht die Verfas-
sungswidrigkeit der geltenden Regelung bewirken könne.
Eine vergleichbare Beschwerde gegen die Wahlprüfungsent-
scheidung zur Bundestagswahl 2002 ist noch beim Bundes-
verfassungsgericht anhängig.

Entgegen der Auffassung der Einspruchsführerin ist auch
nicht von einer Verletzung der Grundsätze der unmittelbaren
und freien Wahl auszugehen. Sicherlich muss dem Wähler
erkennbar sein, wie sich die eigene Stimmabgabe auf Erfolg
oder Misserfolg der Wahlbewerber auswirken kann (vgl.
BVerfGE 95, 335, 350). Dies kann aber nur im Sinne einer
Kenntnis der theoretisch denkbaren Wirkungen zu verstehen
sein, da die tatsächlichen Auswirkungen nur im Zusammen-
hang mit der Stimmabgabe aller Wähler eintreten können
und überdies von den durch das Wahlrecht gesetzten Rah-
menbedingungen abhängen. Ebenso wie manche Wähler
nicht wissen können, ob ihre Stimmabgabe z. B. wegen Ver-
fehlens der 5-Prozent-Hürde der von ihnen gewählten Partei
Berücksichtigung findet oder wirkungslos bleibt, erscheint
auch die Gefahr einer möglicherweise „schädlichen“ Stimm-
abgabe hinnehmbar. Aus den gleichen Erwägungen ist auch
nicht von einer Beeinträchtigung der Entschließungsfreiheit
der Wähler durch Unsicherheit über die Auswirkungen ihrer

sein dürfen.

Ob und gegebenenfalls wie einfachgesetzlich dem mögli-
chen Auftreten negativer Stimmgewichte zu begegnen ist, ist
nicht im Wahlprüfungsverfahren zu entscheiden.

Auch soweit der Einspruchsführer Neuauszählungen in Bre-
men als Verstoß gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit ge-
rügt hat, ist keine Verletzung von Vorschriften des Bundes-
wahlgesetzes bzw. der Bundeswahlordnung erkennbar. Bei
derartigen Nachzählungen handelt es sich um Vorarbeiten
des Kreiswahlleiters im Hinblick auf Entscheidungen des
Kreiswahlausschusses. So hat der Kreiswahlleiter gemäß
§ 76 Abs. 1 BWO die Wahlniederschriften der Wahlvor-
stände auf Vollständigkeit und Ordnungsmäßigkeit zu über-
prüfen. Dies schließt bei entsprechendem Aufklärungsbedarf
die Möglichkeit einer Nachzählung ein (vgl. Schreiber, § 40,
Rn. 4; Staatsgerichtshof der Freien Hansestadt Bremen
[St 2/04] – Urteil vom 5. November 2004, S. 25). Diese
Aufgabe des Kreiswahlleiters beinhaltet jedoch nicht das
Recht, Entscheidungen der Wahlvorstände zu korrigieren
oder solche des Kreiswahlausschusses vorwegzunehmen.
Ein Eingriff in die Befugnisse der Wahlvorstände oder des
Kreiswahlausschusses ist hier aber auch nicht vorgetragen
worden. Der Auffassung des Kreiswahleiters und des Lan-
deswahlleiters der Freien Hansestadt Bremen ist jedenfalls
zuzustimmen, dass für diese vorbereitenden Maßnahmen des
Kreiswahlleiters keine Öffentlichkeit vorgeschrieben ist,
diese gilt nur für die Wahlhandlung selbst und die Tätig-
keiten der Wahlvorstände und Wahlausschüsse gemäß § 10
Abs. 1, § 31 BWG (ebenso Staatsgerichtshof der Freien
Hansestadt Bremen, a. a. O.).

Soweit der Einspruchsführer weitere Neuauszählungen in
anderen Wahlbezirken anspricht und sich insoweit auf die
Niederschrift über die 3. Sitzung des Bundeswahlausschus-
ses vom 7. Oktober 2005 bezieht, erweist sich angesichts des
Vorstehenden kein weiterer Klärungsbedarf. Der Einspruchs-
führer hat insoweit nicht geltend gemacht, dass Pflichten und
Befugnisse der Kreiswahlleiter verletzt worden seien. Im Üb-
rigen werden auch in der Niederschrift die Neuauszählungen
nur vermerkt, die Vorgehensweise aber weder kommentiert
noch beanstandet.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 91 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 91 – Drucksache 16/3600

Effekt bei gewissen Zweitstimmenkonstellationen mit der
Existenz von Überhangmandaten im Rahmen der gesetzli-
chen Regelung verbunden ist (vgl. Bundestagsdrucksachen
14/1560, S. 177, 185; 15/1850, S. 76). Bereits in diesen
Wahlprüfungsentscheidungen ist auch darauf aufmerksam
gemacht worden, dass das die Überhangmandate betreffende
Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Kenntnis möglicher
negativer Stimmeffekte ergangen ist, ohne hierauf aber ein-
zugehen. So war von der Antragstellerin des Organstreits der

Stimmabgabe oder Hinweise auf mögliche taktische Stimm-
abgaben auszugehen. Dabei ist einzuräumen, dass sich im
Falle einer Nachwahl mögliche Konsequenzen einer Stimm-
abgabe qualitativ anders darstellen als bei einer ausschließ-
lich an einem Tag stattfindenden Bundestagswahl. Hierbei
handelt es sich aber um letztlich nicht vermeidbare Folgen
einer Nachwahl, bei der – wie vom Deutschen Bundestag
bereits festgestellt (vgl. Bundestagsdrucksache 16/1800,
S. 12 ff.) – die Ergebnisse der Hauptwahl bereits bekannt

negativen Stimmgewichts hätten sich auch bei der Nachwahl
im Wahlkreis 160 (Dresden I) gezeigt. Insoweit habe es ein-

angefallenen Überhangmandate um eins. So könne im Er-
gebnis einer Partei ein Mandat in einem Land verloren ge-
eigenen Stimmabgabe auf Erfolg oder Misserfolg der Wahl-
bewerber erkennbar sein müsse.

Abschließend weist die Einspruchsführerin darauf hin, dass

des Gesetzgebers, welches mathematische Verfahren für die
Sitzverteilung festgelegt werde. Das Phänomen der negati-
ven Stimmgewichte sei bereits Gegenstand von Einsprüchen
schlägige Berichte in den Medien und im Internet Tipps zum
„richtigen“ Stimmensplitting gegeben. Mitglieder, Anhän-
ger und Wähler der betroffenen Landeslisten seien daher
gezwungen gewesen, „ihre Partei“ nicht zu wählen, falls sie
ihr nicht schaden wollten.

Der Gesetzgeber könne zwar gemäß Artikel 38 Abs. 3 des
Grundgesetzes (GG) über das Wahlsystem und seine genaue
Ausgestaltung entscheiden, habe sich dabei aber an die
Wahlrechtsgrundsätze des Artikels 38 Abs. 1 Satz 1 GG zu
halten. Bezug genommen wird auf Ausführungen in dem die
Überhangmandate betreffenden Urteil des Bundesverfas-
sungsgerichts vom 10. April 1997 (BVerfGE 95, 335, 350),
wonach eine selbstbestimmte und rationale Entscheidung
des Wählers ermöglicht werden müsse und vom Unmittel-
barkeitsgrundsatz gefordert werde, dass die Auswirkung der

hen, ohne dass aus diesem Land trotz des Stimmenzuwach-
ses ein zusätzlicher Abgeordneter dieser Partei in den Deut-
schen Bundestag einziehe. Stattdessen werde infolge unver-
änderter Anzahl von Mandaten nach Zweitstimmenanteil der
Partei durch Verringerung der Überhangmandate um eins die
Gesamtzahl der Sitze dieser Partei geringer. Vorgenannte
Ausführungen würden entsprechend bei einer Abnahme von
Stimmen gelten.

Der Bundeswahlleiter weist weiterhin darauf hin, dass die
Bundestagswahl ordnungsgemäß nach den Bestimmungen
des Bundestagswahlrechts durchgeführt und die Sitzver-
teilung nach dem vom Bundesverfassungsgericht als ver-
fassungskonform festgestellten Verfahren Hare/Niemeyer
berechnet worden sei. Es liege im pflichtgemäßen, unter Be-
achtung der Wahlrechtsgrundsätze auszuübenden Ermessen
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 93 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 93 – Drucksache 16/3600

Anlage 13

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

der Frau H. C., 18109 Rostock
– Az.: WP 181/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit einem am selben Tag beim Deutschen Bundestag ein-
gegangenen Schreiben vom 18. November 2005 hat die
Einspruchsführerin gegen die Gültigkeit der Wahl zum
16. Deutschen Bundestag am 18. September 2005 Einspruch
eingelegt.

Der Einspruch wendet sich gegen das Phänomen der nega-
tiven Stimmgewichte bei der Bundestagswahl. Der Effekt
des negativen Stimmgewichts trete vorwiegend durch die
Regelung des § 7 Abs. 3 i. V. m. § 6 Abs. 4 und 5 des Bun-
deswahlgesetzes (BWG) in Ländern auf, in denen die Zahl
der Direktmandate die der zugeteilten Listenmandate über-
steige oder in denen beide gleich groß seien. Die Einspruchs-
führerin führt mehrere Beispiele dafür an, wann ein Weniger
oder Mehr an Zweitstimmen zum Erwerb oder Verlust eines
Sitzes der SPD oder CDU geführt hätte. Im ungünstigsten
Falle könne damit eine Partei bzw. Koalition mit der Minder-
heit der zu wertenden Zweitstimmen die Mehrheit der Bun-
destagsmandate erringen. Die absurden Auswirkungen des

kommen könne und beruft sich insoweit auf eine Stellung-
nahme des Bundeswahlleiters zu einem Wahleinspruch der
14. Wahlperiode (Bundestagsdrucksache 14/1560, S. 176 f.).

Der Bundeswahlleiter bestätigt in einer Stellungnahme zu
einem vergleichbaren Wahleinspruch die Möglichkeit nega-
tiver Stimmgewichte, wonach unter bestimmten Vorausset-
zungen die Zunahme von Zweitstimmen für eine Partei zu
einer Abnahme bei ihren Mandaten führen könne und um-
gekehrt. Dies finde seine Ursache in der Regelung des § 6
Abs. 5 BWG zu den Überhangmandaten. Bei gleicher An-
zahl der nach § 6 Abs. 1 bis 3 BWG nach dem Zweitstim-
menanteil ermittelten Bundestagsmandate für die Partei ins-
gesamt entfalle bei der Unterverteilung der Mandate auf die
einzelnen Länder auf das Land des Stimmenzuwachses ein
Sitz mehr zu Lasten eines anderen Landes. Infolge der Ver-
rechnung mit den in diesem Land errungenen Direktmanda-
ten wirke sich der Gewinn des weiteren Listenmandats im
Land des Stimmenzuwachses jedoch nicht mandatsvermeh-
rend aus, sondern verringere die Zahl der dort für die Partei
es auch ohne Überhangmandate durch die Eigenarten des
Hare/Niemeyer-Verfahrens zu negativem Stimmgewicht

gegen die Bundestagswahlen 1998 und 2002 gewesen. Die
nach Zurückweisung der Einsprüche gegen die Bundestags-

Die Einspruchsführerin hat sich zu der Stellungnahme des
Bundeswahlleiters nicht mehr geäußert.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Ein Wahlfehler ist nicht feststellbar; die Bundestagswahl
2005 ist im Einklang mit den Vorgaben des Bundeswahl-
gesetzes durchgeführt worden. Das Phänomen der negativen
Stimmgewichte ist – wie auch vom Bundeswahlleiter ange-
merkt – durch die Ausgestaltung des geltenden Wahlrechts
bedingt. Insoweit gilt zunächst, dass sich der Wahlprüfungs-
ausschuss und der Deutsche Bundestag in ständiger Praxis
nicht als berufen ansehen, die Verfassungswidrigkeit von
Wahlrechtsvorschriften festzustellen. Diese Kontrolle ist
stets – so zuletzt in der laufenden 16. Wahlperiode in der
Zweiten Beschlussempfehlung des Wahlprüfungsausschus-
ses vom 22. Juni 2006 – Bundestagsdrucksache 16/1800,
Seite 229 u. a. – dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten
worden.

Davon abgesehen war der Effekt der negativen Stimm-
gewichte bereits in der Vergangenheit Gegenstand von
Wahlprüfungsverfahren vor dem Deutschen Bundestag und
vor dem Bundesverfassungsgericht und ist nicht beanstandet
worden. So wurde zu Einsprüchen gegen die Bundestags-
wahlen 1998 und 2002 festgestellt, dass der angesprochene
Effekt bei gewissen Zweitstimmenkonstellationen mit der
Existenz von Überhangmandaten im Rahmen der gesetz-
lichen Regelung verbunden ist (vgl. Bundestagsdrucksachen
14/1560, S. 177, 185; 15/1850, S. 76). Bereits in diesen
Wahlprüfungsentscheidungen ist auch darauf aufmerksam
gemacht worden, dass das die Überhangmandate betreffende
Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Kenntnis möglicher
negativer Stimmeffekte ergangen ist, ohne hierauf aber ein-
zugehen. So war von der Antragstellerin des Organstreits der
angesprochene Effekt als „inkonsequente Ausgestaltung“
des Wahlrechts vorgetragen und zudem in der mündlichen
Verhandlung vom Bundeswahlleiter als möglich bezeichnet
worden (BVerfGE 95, 335, 343, 346). Später hat das Bun-
desverfassungsgericht die Beschwerden gegen die vorge-
nannten Wahlprüfungsentscheidungen zur Bundestagwahl
1998 jeweils mit Beschluss vom 22. Januar 2001 verworfen
mit dem Hinweis, dass sie aus den durch ein Berichterstatter-

eine personalisierte Verhältniswahl der Erfolgswertgleich-
heit aller Stimmen nur eine von vornherein begrenzte
Tragweite zukomme, so dass der beanstandete Effekt eines
negativen Erfolgswertes der Wählerstimmen, zu dem das
Berechnungsverfahren Hare/Niemeyer führe, nicht die Ver-
fassungswidrigkeit der geltenden Regelung bewirken könne.
Eine vergleichbare Beschwerde gegen die Wahlprüfungs-
entscheidung zur Bundestagswahl 2002 ist noch beim Bun-
desverfassungsgericht anhängig.

Entgegen der Auffassung der Einspruchsführerin ist auch
nicht von einer Verletzung der Grundsätze der unmittelbaren
und freien Wahl auszugehen. Sicherlich muss dem Wähler
erkennbar sein, wie sich die eigene Stimmabgabe auf Erfolg
oder Misserfolg der Wahlbewerber auswirken kann (vgl.
BVerfGE 95, 335, 350). Dies kann aber nur im Sinne einer
Kenntnis der theoretisch denkbaren Wirkungen zu verstehen
sein, da die tatsächlichen Auswirkungen nur im Zusammen-
hang mit der Stimmabgabe aller Wähler eintreten können
und überdies von den durch das Wahlrecht gesetzten Rah-
menbedingungen abhängen. Ebenso wie manche Wähler
nicht wissen können, ob ihre Stimmabgabe z. B. wegen Ver-
fehlens der 5-Prozent-Hürde der von ihnen gewählten Partei
Berücksichtigung findet oder wirkungslos bleibt, erscheint
auch die Gefahr einer möglicherweise „schädlichen“ Stimm-
abgabe hinnehmbar. Aus den gleichen Erwägungen ist auch
nicht von einer Beeinträchtigung der Entschließungsfreiheit
der Wähler durch Unsicherheit über die Auswirkungen ihrer
Stimmabgabe oder Hinweise auf mögliche taktische Stimm-
abgaben auszugehen. Dabei ist einzuräumen, dass sich im
Falle einer Nachwahl mögliche Konsequenzen einer Stimm-
abgabe qualitativ anders darstellen als bei einer ausschließ-
lich an einem Tag stattfindenden Bundestagswahl. Hierbei
handelt es sich aber um letztlich nicht vermeidbare Folgen
einer Nachwahl, bei der – wie vom Deutschen Bundestag
bereits festgestellt (vgl. Bundestagsdrucksache 16/1800,
S. 12 ff.) – die Ergebnisse der Hauptwahl bereits bekannt
sein dürfen.

Soweit die Einspruchsführerin darauf hinweist, dass im Aus-
nahmefall der Effekt negativer Stimmgewichte sogar eine
Mehrheit an Sitzen trotz Minderheit der zu berücksichti-
genden Zweitstimmen bewirken könnte, ist daran zu erin-
nern, dass das Bundesverfassungsgericht es grundsätzlich
nicht beanstandet hat, dass im Einzelfall Überhangmandate
sogar über Mehrheit oder Minderheit entscheiden können
(BVerfGE 95, 363).

Ob und gegebenenfalls wie einfachgesetzlich dem mögli-
chen Auftreten negativer Stimmgewichte zu begegnen ist, ist
nicht im Wahlprüfungsverfahren zu entscheiden.
Drucksache 16/3600 – 94 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 94 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

wahl 1998 erhobenen Wahlprüfungsbeschwerden habe das
Bundesverfassungsgericht als offensichtlich unbegründet
verworfen, die Verfahren aufgrund der Bundestagswahl
2002 seien noch beim Bundesverfassungsgericht anhängig.

schreiben mitgeteilten Erwägungen offensichtlich unbegrün-
det seien (2 BvC 1/99 und 5/99). In den dabei in Bezug
genommenen Berichterstatterschreiben wird laut Schreiber,
Handbuch des Wahlrechts, 7. Auflage, § 6 Rn. 6b, darauf
verwiesen, dass mit der Entscheidung des Gesetzgebers für

stelle versuchte sodann, auf verschiedene Weise alle 104 be-
troffenen Wähler zu informieren, um ihnen eine erneute (BWG) in 104 Fällen zur Ungültigkeit sowohl der Erst- als

auch der Zweitstimme geführt habe, weitgehend geheilt
men bestehen müssen. Denkbar sei sogar ein vorsätzliches
konspiratives Zusammenwirken der beiden Wahlvorstände.
Schon bei der Bundestagswahl 2002, bei der sie mit ihrem

iert. Auch habe in einem Zeitungsartikel, in dem über den
Vorfall berichtet worden sei, gestanden, dass der Wahlkreis
Hamburg-Nord mit 6 034 Stimmen, nicht aber – wie vom
Stimmabgabe zu ermöglichen. Dies gelang in 84 Fällen,
20 Wahlberechtigte konnten jedoch bis zur Schließung des
Wahllokals nicht mehr erreicht werden. Der Wahlkreis 19
(Hamburg-Mitte) wurde mit einem Vorsprung von 38 986
Erststimmen gewonnen, der Wahlkreis 22 (Hamburg-Nord)
mit einem Vorsprung von 6 360 Erststimmen (vgl. Bundes-
wahlleiter, Wahl zum 16. Deutschen Bundestag am 18. Sep-
tember 2005, Heft 3, Endgültige Ergebnisse nach Wahlkrei-
sen, 2005, S. 20 f., 26 f.).

Die Einspruchsführerin ist der Auffassung, dass die Ausgabe
der Stimmzettel zumindest auf grob fahrlässigem Verhalten
beruht habe. Man hätte sich beim Auspacken der Stimm-
zettel vergewissern müssen, zu welchem Wahlkreis sie ge-
hören, oder – besser noch – von vornherein auf einer Unter-
bringung der beiden Wahllokale in unterschiedlichen Räu-

worden. Das hier praktizierte Vorgehen sei im Bundeswahl-
gesetz zwar nicht ausdrücklich geregelt. Jedoch entspreche
es dem z. B. in § 56 Abs. 8 der Bundeswahlordnung (BWO)
zum Ausdruck kommenden Grundgedanken des Wahlrechts,
nach eingetretenen Wahlfehlern den Wahlberechtigten die
gültige Ausübung des Wahlrechts zu ermöglichen und poten-
tielle Wahlfehler soweit möglich noch am Wahltag zu besei-
tigen. Gleichwohl hätten die ungültigen 104 Stimmen selbst
im ungünstigsten Fall (unterstellt sie wären gültig geblieben)
nicht zu einem Mandatswechsel führen können, da der Man-
datsinhaber mit einer Mehrheit von 38 986 Stimmen auf den
nächstunterlegenen Wahlkreisbewerber gewählt worden sei.

Die Einspruchsführerin hat auf die Stellungnahme des Kreis-
wahlleiters erwidert, die Zahl von 20 angeblich nicht mehr
erreichten Falschwählern scheine ihr merkwürdig konstru-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 95 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 95 – Drucksache 16/3600

Anlage 14

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

der Frau R. L., 20251 Hamburg
– Az.: WP 141/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 14. November 2005, das am 16. Novem-
ber 2005 beim Wahlprüfungsausschuss eingegangen ist, hat
die Einspruchsführerin Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 16. Deutschen Bundestag eingelegt. Der Ein-
spruch betrifft die Ausgabe von Stimmzetteln des Wahl-
kreises 22 (Hamburg-Nord) in einem Wahllokal des Wahl-
kreises 19 (Hamburg-Mitte).

Dieses Wahllokal war in denselben Räumlichkeiten unter-
gebracht wie ein Wahllokal des Wahlkreises 22 (Hamburg-
Nord). Dadurch kam es unmittelbar nach Öffnen des Wahl-
lokals zur Ausgabe von Stimmzetteln dieses Wahlkreises an
104 Wähler des Wahlkreises 19 (Hamburg-Mitte). Nachdem
der Wahlvorstand dies gegen 10.00 Uhr bemerkt hatte, unter-
brach er kurz die Wahlhandlung, um die bis dahin abgegebe-
nen 104 Stimmzettel zu separieren und in einer geschlosse-
nen Tüte wieder in die Wahlurne zu legen sowie die Namen
der betroffenen Wähler zu registrieren. Die Wahlgeschäfts-

Wahllokalen zu ähnlichen Vorfällen dieser Art gekommen
ist.

Der Kreiswahlleiter des Wahlkreises 19 (Hamburg-Mitte),
der zu dem Einspruch Stellung genommen hat, erklärt, dass
es in anderen Wahllokalen nicht zu solchen Verwechslungen
gekommen sei. Der hier in Frage stehende Vorfall sei auf die
Unterbringung von Wahllokalen verschiedener Wahlkreise
in derselben Räumlichkeit zurückzuführen. Mit der zustän-
digen Dienststelle des betroffenen Bezirksamtes sei deshalb
vereinbart worden, dass eine gemeinsame Unterbringung
von Wahllokalen, die für unterschiedliche Wahlkreise zu-
ständig seien, künftig auf jeden Fall unterbleibe. Die An-
nahme der Einspruchsführerin, dass es sich bei dem genann-
ten Vorgang um Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit gehandelt
habe, sei vollkommen abwegig, insbesondere in Anbetracht
dessen, dass der Wahlvorstand in Zusammenarbeit mit der
Wahldienststelle alles in seiner Macht Stehende unter-
nommen habe, um den betroffenen Wählern eine erneute
Stimmabgabe zu ermöglichen. Dadurch sei der Wahlfehler,
der gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 1 des Bundeswahlgesetzes
Mann als Wahlhelfer mitgewirkt habe, habe sie schlechte Er-
fahrungen gemacht. Es sei zu klären, ob es in benachbarten

Kreiswahlleiter behauptet – mit 38 986 Stimmen Vorsprung
gewonnen worden sei.

BWG und § 45 Abs. 1 Nr. 1 BWO, wonach die Stimmzettel
die in dem betreffenden Wahlkreis zugelassenen Kreiswahl-
vorschläge enthalten müssen. Ihre Benutzung zur Stimm-
abgabe führte gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 1 BWG zunächst auch
zur Ungültigkeit sowohl der Erst- als auch der Zweitstimme
in 104 Fällen. Ein Einfluss dieses Wahlfehlers auf die Sitz-
verteilung im Deutschen Bundestag kann jedoch ausge-
schlossen werden.

Denn der betroffene Wahlkreis 19 (Hamburg-Mitte) – die
Einspruchsführerin geht insoweit irrtümlich davon aus, dass
die ungültigen Stimmen im Wahlkreis 22 (Hamburg-Nord)
angefallen seien – wurde mit einem Vorsprung von 38 986
Stimmen gewonnen. Ebenso wenig sind Auswirkungen auf
die Verteilung der Mandate aufgrund der ungültigen Zweit-
stimmen denkbar. Das gilt umso mehr, als 84 betroffenen
Wählern eine erneute Stimmabgabe mit dem richtigen
Stimmzettel ermöglicht und dadurch in zulässiger Weise die
Anzahl der ungültigen Stimmen auf 20 reduziert wurde.

Zwar ist diese Möglichkeit der Heilung ungültiger Stimm-
abgaben nicht ausdrücklich im Bundeswahlgesetz geregelt.
Sie ist jedoch gleichwohl zulässig, wenn die Identität der mit
falschen Stimmzetteln ausgestatteten Wähler zweifelsfrei
feststeht, was der Fall ist, wenn – wie hier – seit Öffnung des

können bei der Stimmenauszählung eindeutig als solche er-
kannt und gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 1 BWG als ungültig ge-
wertet werden. Damit ist es ausgeschlossen, dass ein Wähler,
der einen solchen Stimmzettel benutzt und danach erneut mit
einem richtigen Stimmzettel gewählt hat, zwei gültige Stim-
men abgeben kann. Dadurch, dass feststeht, welche Wähler
einen falschen Stimmzettel benutzt haben, kann zudem aus-
geschlossen werden, dass fälschlicherweise Wählern, die gar
keinen falschen Stimmzettel benutzt hatten, eine erneute
Stimmabgabe ermöglicht wird.

Dadurch, dass die Stimmzettel des anderen Wahlkreises bei
der Auszählung der Stimmen eindeutig als solche erkannt
werden konnten, war es allerdings nicht erforderlich und vor
allem angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 53 Abs. 3
Satz 3 BWO auch nicht zulässig, die Wahlurne während der
Wahlhandlung zu öffnen, um die falschen Stimmzettel zu se-
parieren. Die Gültigkeit der 84 erneut abgegebenen Stimmen
wurde hierdurch allerdings nicht berührt.

Die von der Einspruchsführerin vorgetragenen Geschehnisse
bei der Bundestagswahl 2002 können nicht zum Gegenstand
eines Einspruchs gegen die Gültigkeit der Bundestagswahl
2005 gemacht werden.
Drucksache 16/3600 – 96 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 96 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Im Hinblick auf den Sach- und Streitstand im Übrigen, ins-
besondere zum Vortrag der Einspruchsführerin über ihre Er-
fahrungen bei der Bundestagswahl 2002, wird auf den Inhalt
der Akten Bezug genommen.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det. Es liegen keine mandatsrelevanten Wahlfehler vor.

Die Ausgabe und Verwendung von Stimmzetteln des Wahl-
kreises 22 (Hamburg-Nord) im Wahlkreis 19 (Hamburg-
Mitte) standen zwar im Widerspruch zu § 30 Abs. 2 Nr. 1

Wahllokals bis zum Bemerken des Fehlers durchgängig fal-
sche Stimmzettel ausgegeben wurden (vgl. auch schon Bun-
destagsdrucksache 16/1800, Anlage 35). Denn dann liegt
eine Konstellation vor, die – worauf der Kreiswahlleiter zu
Recht hinweist – im Wesentlichen der des § 56 Abs. 8 BWO
entspricht. Zwar betrifft § 56 Abs. 8 BWO Fälle, in denen es
nicht zum Einwurf des Stimmzettels in die Urne gekommen
ist, während eben dies in der hier vorliegenden Konstellation
der Fall ist. Entscheidend ist jedoch, dass dem Wähler die
Abgabe einer gültigen Stimme ermöglicht werden kann,
ohne dass die Gefahr einer doppelten Stimmabgabe besteht.
Das ist nicht nur auszuschließen, wenn es – wie im unmittel-
baren Anwendungsbereich des § 56 Abs. 8 BWO – nicht
zum Einwurf in die Urne gekommen ist. Es ist vielmehr auch
dann auszuschließen, wenn – wie hier – Stimmzettel eines
anderen Wahlkreises in die Urne geworfen wurden und fest-
steht, welche Wähler einen solchen Stimmzettel benutzt
haben. Denn die Stimmzettel eines anderen Wahlkreises

§ 45 BWO schreibe zudem vor, dass die Stimmzettel in
jedem Wahlbezirk von gleicher Farbe und Beschaffenheit

könnten. Gemäß § 3 Satz 3 WStatG dürften nur solche
Urnenwahlbezirke in die Erhebung einbezogen werden, die
Der Bundeswahlleiter, der unter Einbeziehung des Landes-
wahlleiters für Hessen zu dem Einspruch Stellung genom-

Auch eine Verletzung der Grundsätze der Wahlgleichheit
und Wahlfreiheit aus Artikel 38 Abs. 1 Satz 1 GG sei nicht
sein müssten. Auch dies sei aufgrund der verschiedenen Ver-
merke auf den Stimmzetteln in den für die repräsentative
Wahlstatistik ausgewählten Wahlbezirken nicht der Fall ge-
wesen. Ferner sei von einem Verstoß gegen Wahlgrundsätze
des Artikels 38 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) aus-
zugehen. Aufgrund der Kennzeichnungen hätten die Wähler
weder unter gleichen Bedingungen wählen können noch
könne diese Wahl als geheim bezeichnet werden, da aus den
gekennzeichneten Stimmzetteln das Wahlverhalten einzel-
ner Gruppen erkennbar werde. Schließlich lege Artikel 38
Abs. 3 GG fest, dass ein Bundesgesetz die Einzelheiten zur
Wahl regele. Hierbei könne es sich nur um das Bundes-
wahlgesetz handeln. Weder dieses noch die zugehörige Bun-
deswahlordnung enthielten aber Hinweise auf statistische
Erhebungen und die entsprechenden Markierungen auf den
Stimmzetteln.

mindestens 400 Wahlberechtigte umfassten. Damit sei es
auch den Mitgliedern der Wahlvorstände in den ausgewähl-
ten Wahlbezirken wegen der beträchtlichen Zahl der Wähler
in jeder Geburtsjahresgruppe nicht möglich, bei der Aus-
zählung der Stimmzettel einzelne Stimmabgaben ihnen etwa
persönlich bekannten Wählerinnen und Wählern zuzuord-
nen. Darüber hinaus müssten die Stimmenauszählung und
die Auswertung von verschiedenen Stellen durchgeführt
werden. Der Wahlvorstand im Wahlbezirk ermittle lediglich
das Wahlergebnis, während die statistische Auswertung
später durch die Gemeindebehörde erfolge. Weiterhin dürf-
ten nach § 5 Abs. 2 Satz 4 WStatG die gekennzeichneten
Stimmzetteln nicht nachträglich mit den Wählerverzeich-
nissen zusammengeführt werden. Schließlich dürften nach
§ 8 Satz 2 WStatG die Ergebnisse für einzelne Wahlbezirke
nicht bekannt gegeben werden.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 97 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 97 – Drucksache 16/3600

Anlage 15

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn M. K., 34508 Willingen
– Az.: WP 82/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 10. Oktober 2005, das am 11. Okto-
ber 2005 beim Deutschen Bundestag eingegangen ist, hat
der Einspruchsführer gegen die Gültigkeit der Wahl zum
16. Deutschen Bundestag Einspruch eingelegt. Der Ein-
spruchsführer, der sein Stimmrecht in einem für die reprä-
sentative Wahlstatistik ausgewählten Wahlbezirk ausübte,
ist der Auffassung, dass die Ausgabe der für die statisti-
schen Erhebungen entsprechend gekennzeichneten Stimm-
zettel rechtswidrig gewesen sei und deshalb die Bundes-
tagswahl wiederholt werden müsse.

Nach § 39 Abs. 1 Satz 4 Nr. 4 des Bundeswahlgesetzes
(BWG) seien Stimmen ungültig, wenn der Stimmzettel einen
Zusatz oder Vorbehalt enthalte. Dies sei hier der Fall gewe-
sen. Denn weder in § 30 BWG noch in dem in der Anlage zur
Bundeswahlordnung (BWO) enthaltenen Musterstimmzettel
sei ein Vermerk über Alter und Geschlecht vorgesehen, wie
er sich auf den für die Durchführung der repräsentativen
Wahlstatistik verwendeten Stimmzetteln befunden habe.

Entgegen der Auffassung des Einspruchsführers habe die
Durchführung der Wahlstatistik nicht gegen den Grundsatz
der geheimen Wahl verstoßen. Denn die im Wahlstatistik-
gesetz (WStatG) aufgestellten Vorgaben, die nach den An-
gaben des hessischen Landeswahlleiters auch im Wahlbezirk
des Einspruchsführers eingehalten worden sind, schlössen
das Ausforschen des Wählerverhaltens einzelner Wähler
trotz Verwendung von Stimmzetteln mit Unterscheidungs-
merkmalen für das Geschlecht und das Alter der Wähler aus.
Nach § 3 Satz 1 WStatG müssten die repräsentativen Wahl-
bezirke – nach einem streng mathematischen Stichproben-
verfahren – durch das Statistische Bundesamt im Einverneh-
men mit den Landeswahlleitern und den Statistischen Lan-
desämtern ausgewählt werden. Gemäß § 4 Satz 4 WStatG
müssten je Geschlecht fünf Geburtsjahresgruppen gebildet
werden, in denen jeweils mindestens sieben Geburtsjahr-
gänge zusammengefasst sein müssten. Dies gewährleiste die
Einbeziehung einer hinreichend großen Anzahl von Wählern
in der jeweiligen Geburtsjahresgruppe, um zu verhindern,
dass deren Wahlentscheidungen nachvollzogen werden
men hat, vermag in der Durchführung der repräsentativen
Wahlstatistik hingegen keinen Wahlfehler zu erkennen.

erkennbar. Durch die gekennzeichneten Stimmzettel werde
kein unzulässiger Druck auf die Wahlentscheidungen der

Drucksache 16/3600 – 98 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 98 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Wählerinnen und Wähler in den ausgewählten Wahlbezirken
ausgeübt. Die Benutzung unterschiedlicher Stimmzettel in
„normalen“ Wahlbezirken und solchen in Repräsentativ-
wahlbezirken führe zu keinen Nachteilen, wirke nicht frei-
heitsbeschränkend und sei auch nicht unverhältnismäßig.
Die Ungleichbehandlung von statistisch erfassten Wahl-
bezirken und denen, die nicht an der Statistik teilnehmen, sei
im Wesen einer repräsentativen Statistik begründet. Im Hin-
blick auf die Wahlentscheidung hätten jedoch alle Wählerin-
nen und Wähler die gleichen Optionen.

Der Einspruchsführer, dem die Stellungnahme des Bundes-
wahlleiters zugänglich gemacht worden ist, hat seine oben
dargestellte Rechtsauffassung nochmals bekräftigt. Insbe-
sondere könne das Wahlstatistikgesetz nicht auf Artikel 38
Abs. 3 GG gestützt werden, da dieser ausdrücklich von ei-
nem Bundesgesetz spreche. Hätten die Mütter und Väter des
Grundgesetzes erlauben wollen, dass mehrere Gesetze das
Wahlgeschehen bestimmen können, hätten sie, wie in ande-
ren Artikeln des Grundgesetzes auch, „das Weitere regeln
Bundesgesetze“ oder etwas Ähnliches geschrieben.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det. In der Ausgabe von für die Zwecke der Durchführung
der repräsentativen Wahlstatistik gekennzeichneten Stimm-
zetteln lag kein Wahlfehler.

Entgegen der Auffassung des Einspruchsführers wurde da-
durch nicht gegen § 30 BWG, § 39 Abs. 1 Satz 4 Nr. 4
BWG, Anlage 26 zu § 28 Abs. 3, § 45 Abs. 1 BWO oder
§ 45 BWO verstoßen. Zwar wird in diesen Vorschriften in
der Tat nichts zur Durchführung der repräsentativen Wahl-
statistik und zur entsprechenden Gestaltung der Stimmzettel
gesagt. Jedoch sieht § 5 Abs. 2 Satz 1 WStatG ausdrücklich
die Verwendung von mit Unterscheidungsmerkmalen nach
Geschlecht und Geburtsjahresgruppe versehenen Stimm-
zetteln zum Zwecke der Durchführung der repräsentativen
Wahlstatistik vor. Dadurch werden die vom Einspruchs-
führer angeführten Vorschriften des Bundeswahlgesetzes
und der Bundeswahlordnung entsprechend den Vorgaben
des Wahlstatistikgesetzes modifiziert. Ein Verstoß gegen
diese Vorgaben wird vom Einspruchsführer nicht behauptet.

Soweit der Einspruchsführer in der Sache eine Verletzung
von Artikel 38 Abs. 1 Satz 1 (Grundsätze der geheimen und
gleichen Wahl) und Artikel 38 Abs. 3 GG durch das Wahl-
statistikgesetz rügt, ist zunächst daran zu erinnern, dass der
Deutsche Bundestag sich im Rahmen der Wahlprüfung nicht
dazu berufen sieht, die Verfassungswidrigkeit von Wahl-
rechtsvorschriften festzustellen. Diese Kontrolle ist stets dem
Bundesverfassungsgericht vorbehalten worden (vgl. Bun-
destagsdrucksachen 15/2400, Anlage 11, S. 49; 16/1800,
Anlage 57, S. 280; ferner BVerfGE 89, 291 [300]). Abge-
sehen davon sind die verfassungsrechtlichen Bedenken des
Einspruchsführers aber auch unbegründet.

Bundeswahlgesetz, sondern in einem eigenen Gesetz – dem
Wahlstatistikgesetz – enthalten sind. Das liegt auf der Hand,
wenn man davon ausgeht, dass die im Wahlstatistikgesetz
geregelte Materie nicht Artikel 38 Abs. 3 GG, sondern
Artikel 73 Nr. 11 GG – der Statistik für Bundeszwecke –
zuzuordnen ist (so Schreiber, Kommentar zum BWG,
7. Auflage, 2002, § 51 Rn. 1). Doch auch wenn man dieser
Auffassung – zumindest was die unmittelbar die Ausübung
des Wahlrechts betreffenden Regelungen, wie etwa § 5
Abs. 2 Satz 1 WStatG, angeht – nicht folgt, kann das Er-
gebnis kein anderes sein. Der Satz „Das Nähere regelt ein
Bundesgesetz“ in Artikel 38 Abs. 3 GG bedeutet nämlich
nicht, dass sämtliche die Bundestagswahl betreffenden Vor-
schriften, mithin auch die Regelungen über die Durchfüh-
rung von Wahlstatistiken, in einem Gesetzeswerk kodifiziert
sein müssen, sondern dass die Regelungsmaterie Bundes-
tagswahlen in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz
des Bundes fällt und dem Bundesgesetzgeber insoweit ein
Gestaltungsauftrag aufgegeben ist (vgl. BVerfGE 95, 335
[349]). Die Lesart des Einspruchsführers liegt hingegen
schon deshalb fern, weil dann die nähere Regelung des
Abgeordnetenstatus (Artikel 38 Abs. 1 Satz 2 GG), auf die
sich Artikel 38 Abs. 3 GG ebenfalls bezieht, auch in diesem
einen Gesetz zusammen mit der Vorbereitung und Durch-
führung der Bundestagswahl geregelt sein müsste, wofür es
aber keinen einsichtigen Grund gäbe. Dass die Formulierung
ein Gesetz nicht im Sinne einer zahlenmäßigen Beschrän-
kung verstanden werden kann, zeigt auch ein Vergleich mit
anderen Regelungen des Grundgesetzes. Solch ein Verständ-
nis würde nämlich z. B. zur Folge haben, dass die Meinungs-
freiheit durch mehrere Gesetze (Artikel 5 Abs. 2 GG: „Ge-
setze“) beschränkt werden könnte, nicht aber die Grund-
rechte aus Artikel 2 Abs. 2 und Artikel 10 GG („auf Grund
eines Gesetzes“).

Das durch Artikel 38 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Wahl-
geheimnis wird entgegen der Auffassung des Einspruchs-
führers nicht dadurch berührt, dass die repräsentative Wahl-
statistik Rückschlüsse auf das durchschnittliche Wahlverhal-
ten von Gruppen von Wählern – definiert nach Geschlecht
und Zugehörigkeit zu Geburtsjahresgruppen – zulässt. Denn
Artikel 38 Abs. 1 Satz 1 GG verbietet nur, dass das Wahlver-
halten des individuellen Wählers bekannt wird, nicht jedoch
das Gewinnen von Erkenntnissen über das Wahlverhalten
einer Gruppe von Wählern, vorausgesetzt es ist sicherge-
stellt, dass daraus keine Rückschlüsse auf das Wahlverhalten
einzelner Mitglieder der Gruppe gezogen werden können.
Das ergibt sich aus der Funktion des Grundsatzes der gehei-
men Wahl: Er soll helfen, eine freie Wahl dadurch zu ge-
währleisten, dass der Einzelne sicher sein kann, dass ihn
mangels Kenntnis niemand wegen seines Wahlverhaltens
zur Rechenschaft ziehen kann (vgl. nur Bundestagsdruck-
sache 16/900, Anlage 26, S. 63). Dessen kann sich der Ein-
zelne dann sicher sein, wenn lediglich bekannt wird, wie eine
bestimmte Anzahl von Wählern einer bestimmten Gruppe
abgestimmt hat, ohne dass festgestellt werden kann, um wel-
che individuellen Wähler es sich dabei handelt. Dass die
Vorgaben des Wahlstatistikgesetzes eine solche Individuali-
sierung des Stimmverhaltens, die vom Einspruchsführer
auch nicht behauptet wird, bei der repräsentativen Wahlsta-
tistik ausschließen und somit den Anforderungen des Grund-
Es widerspricht nicht Artikel 38 Abs. 3 GG, dass die Rege-
lungen über die Durchführung der Wahlstatistik nicht im

satzes der geheimen Wahl genügen, hat der Deutsche Bun-
destag bereits mehrfach im Rahmen der Wahlprüfung festge-

Deutscher Bundestag – 16. rucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. rucksache 16/3600
Wahlperiode – 99 – D Wahlperiode – 99 – D

stellt (vgl. Bundestagsdrucksachen 15/1150, Anlagen 14 bis
17, 32; 15/2400, Anlage 1) und ist vom Bundeswahlleiter in
seiner Stellungnahme nochmals im Einzelnen aufgezeigt
worden.

Es widerspricht schließlich nicht dem Grundsatz der glei-
chen Wahl aus Artikel 38 Abs. 1 Satz 1 GG, dass – wie der
Einspruchsführer vorträgt – aufgrund der verschiedenen
Kennzeichnungen die Wähler nicht unter gleichen Bedin-
gungen wählen konnten. Denn entscheidend ist, dass unab-
hängig davon, ob er an der Durchführung der repräsentativen
Wahlstatistik teilnahm oder nicht und mit welchem Kennzei-
chen sein Stimmzettel versehen war, jeder Wähler im Hin-
blick auf die Wahlentscheidung die gleichen Optionen hatte
und weder Zähl- noch Erfolgswert seiner Stimme durch die
Durchführung der Wahlstatistik berührt wurden (vgl. Bun-
destagsdrucksache 15/1150, Anlagen 14 und 17).

Der Einspruchsführer moniert zum einen, dass man in dem
Wahllokal nur habe wählen dürfen, wenn man sich an der

Geburtsjahresgruppe selbst den Mitgliedern der Wahlvor-
stände in den ausgewählten Wahlbezirken nicht möglich, bei
Der Bundeswahlleiter, der unter Einbeziehung des Landes-
wahlleiters des Landes Berlin und des Kreiswahlleiters des
Wahlkreises 81 zu dem Einspruch Stellung genommen hat,

wollen, habe er zwar in der Tat einen amtlichen, wegen der
repräsentativen Wahlstatistik für sein Geschlecht und seine
Altersgruppe gekennzeichneten Stimmzettel verwenden
statistischen Erhebung beteiligt habe. Dadurch sei die Stim-
mabgabe unzulässig an eine Bedingung geknüpft worden,
„die [er] nicht annehmen konnte und wollte.“ Zum anderen
sei eine Zuordnung eines bestimmten Stimmzettels zu einem
bestimmten Wähler möglich gewesen und dadurch Wahl-
grundsätze, insbesondere der Grundsatz der geheimen Wahl,
verletzt worden. Wenn man nämlich berücksichtige, dass die
beiden großen Parteien von etwa 75 Prozent der Wahl-
berechtigten gewählt würden, es aufgrund der Altersvertei-
lung in der Bevölkerung weniger junge als alte Wähler gebe,
und unter den jungen, wie man oft höre, eine gewisse Wahl-
müdigkeit herrsche, dann sei es durchaus denkbar, dass bei
ca. 750 Wahlberechtigten nur 40 weibliche Wahlberechtigte
der Geburtsjahresgruppe 1981 bis 1987 wählen und ihre
Stimmen alle der SPD oder der CDU geben würden.

der Auszählung der Stimmen einzelne Stimmzettel ihnen
etwa persönlich bekannten Wählerinnen und Wählern zuzu-
ordnen. Abgesehen davon müssten die Stimmenauszählung
und die statistische Auswertung von verschiedenen Stellen
durchgeführt werden. Die Wahlvorstände ermittelten ledig-
lich das Wahlergebnis. Die statistische Auswertung erfolge
später durch die Gemeindebehörden. Ferner sei nach § 5
Abs. 2 Satz 4 WStatG eine nachträgliche Zusammenführung
der gekennzeichneten Stimmzettel mit dem Wählerverzeich-
nis untersagt. Schließlich dürften nach § 8 Satz 2 WStatG die
Ergebnisse der Statistik für einzelne Bezirke nicht bekannt
gegeben werden.

Auch andere Wahlrechtsgrundsätze seien nicht verletzt wor-
den. Wenn der Einspruchsführer im Wahllokal seines Wahl-
bezirks 725 des Wahlkreises 81 an der Wahl habe teilnehmen
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 101 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 101 – Drucksache 16/3600

Anlage 16

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn M. B., 14197 Berlin
– Az.: WP 96/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 10. Oktober 2005, das am 13. Oktober
2005 beim Wahlprüfungsausschuss eingegangen ist, hat der
Einspruchsführer Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl
zum 16. Deutschen Bundestag eingelegt. Der Einspruchs-
führer wendet sich gegen die Durchführung der repräsentati-
ven Wahlstatistik in seinem Wahlbezirk.

Der Einspruchsführer war einer von 737 Wahlberechtigten
im Wahlbezirk 725 des Wahlkreises 81 (Berlin – Charlotten-
burg – Wilmersdorf). Die im Wahllokal dieses Wahlbezirks
ausgegebenen Stimmzettel waren mit Hilfe von Unterschei-
dungsmerkmalen in zehn Kategorien unterteilt, nämlich je-
weils männliche und weibliche Wähler von insgesamt fünf
Geburtsjahresgruppen (älter als 1945; 1945 bis 1960; 1961
bis 1970; 1971 bis 1980; 1981 bis 1987). 409 Wählerinnen
und Wähler gaben in dem Wahllokal des Wahlbezirks ihre
Stimme ab.

Eine Verletzung des Grundsatzes der geheimen Wahl liege
nicht vor. Denn die Durchführung der repräsentativen Wahl-
statistik habe den Vorgaben des Wahlstatistikgesetzes
(WStatG) entsprochen. Dadurch sei sichergestellt gewesen,
dass das Wahlverhalten einzelner Wähler nicht habe ausge-
forscht werden können. So würden nach § 3 Satz 1 WStatG
die repräsentativen Wahlbezirke nach einem streng mathe-
matischen Stichprobenverfahren durch das Statistische Bun-
desamt im Einvernehmen mit den Landeswahlleitern und
den Statistischen Landesämtern ausgewählt. Je Geschlecht
würden nach § 4 Satz 4 WStatG fünf Geburtsjahresgruppen
gebildet, in denen jeweils mindestens sieben Geburtenjahr-
gänge zusammengefasst seien. Diese Zusammensetzung der
Geburtsjahresgruppen gewährleiste eine hinreichend große
Anzahl von Wählern in den jeweiligen Gruppen und verhin-
dere so, dass deren Wahlentscheidungen nachvollzogen wer-
den können. Zudem dürften nach § 3 Satz 3 WStatG nur
Urnenwahlbezirke mit mindestens 400 Wahlberechtigten in
die Erhebung einbezogen werden. Damit sei es wegen der
beträchtlichen Zahl von Wählerinnen und Wählern in jeder
vermag in der Durchführung der repräsentativen Wahlstatis-
tik im Wahlbezirk 725 keinen Wahlfehler zu erkennen.

müssen. Darin liege aber kein Verstoß gegen den Grundsatz
der freien Wahl. Denn durch die Verwendung der für die

Drucksache 16/3600 – 102 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 102 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

repräsentative Wahlstatistik gekennzeichneten Stimmzettel
werde kein unzulässiger Druck auf die Wahlentscheidung
der Wählerinnen und Wähler ausgeübt. Die Benutzung un-
terschiedlicher Stimmzettel in „normalen“ Wahlbezirken
und solchen in Repräsentativwahlbezirken führe zu keinen
Nachteilen, wirke nicht freiheitsbeschränkend und sei auch
nicht unverhältnismäßig. Deshalb würden gegen die Rege-
lungen des WStatG auch im Hinblick auf die Wahlrechts-
prinzipien der Wahlgleichheit und der Wahlfreiheit aus Arti-
kel 38 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) keine verfas-
sungsrechtlichen Bedenken bestehen.

Der Einspruchsführer hält der Argumentation des Bundes-
wahlleiters entgegen, dass man vorher nicht sagen könne,
wie hoch die Wahlbeteiligung in einer bestimmten Geburts-
jahresgruppe sein werde. Im ungünstigen Fall könne es
sein, dass nur einer wähle. Auch sei es denkbar, dass das
Verbot einer statistischen Auswertung durch den Wahlvor-
stand oder einer Zusammenführung von Wählerverzeichnis
und Stimmzetteln nicht eingehalten werde. Damit sei zumin-
dest bei der Stimmenauszählung im Einzelfall eine Zuord-
nung des Wahlverhaltens zu einzelnen Wählern möglich.
Und allein die Tatsache, dass dies möglich sei, zähle.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det. Ein Wahlfehler bei der Durchführung der repräsentati-
ven Wahlstatistik im Wahlbezirk 725 des Wahlkreises 81
kann nicht festgestellt werden.

I.

Eine Verletzung einfachrechtlicher Vorgaben für die Durch-
führung der repräsentativen Wahlstatistik ist nicht ersicht-
lich.

Mit 737 Wahlberechtigten umfasste der Wahlbezirk weit
mehr als die nach § 3 Satz 3 WStatG mindestens erforder-
lichen 400 Wahlberechtigten. Im Einklang mit § 4 Satz 4
WStatG wurden fünf Geburtsjahresgruppen gebildet, wobei
jede Geburtsjahresgruppe sieben Geburtsjahrgänge um-
fasste.

Der vom Einspruchsführer monierte Umstand, dass er seine
Stimme nicht abgeben konnte ohne zugleich an der statisti-
schen Erhebung teilzunehmen, entsprach § 5 Abs. 2 Satz 1
WStatG, wonach die verwendeten Stimmzettel Unterschei-
dungsmerkmale nach Geschlecht und Geburtsjahresgruppe
enthalten müssen (vgl. dazu auch Schreiber, Kommentar
zum BWG, 7. Auflage, 2002, § 51 Rn. 9). Es war auch nicht
geboten, in der Wahlbenachrichtigung darauf aufmerksam
zu machen, dass in dem Wahllokal eine statistische Erhe-
bung durchgeführt wird. Zwar sind die Wahlberechtigten
gemäß § 3 Satz 5 WStatG in geeigneter Weise darauf
hinzuweisen, dass der Wahlbezirk in eine repräsentative
Wahlstatistik einbezogen wird. Dies muss aber nicht in der
Wahlbenachrichtigung geschehen. Geeignet im Sinne des

(vgl. die Begründung zum Entwurf des Wahlstatisikgesetzes,
Bundestagsdrucksache 14/401, S. 4, 5).

Keine Anhaltspunkte gibt es schließlich dafür, dass entgegen
den Vorgaben des § 5 WStatG die statistische Auswertung
nicht getrennt von der Auszählung der Stimmen erfolgte
oder das Wählerverzeichnis mit den gekennzeichneten
Stimmzetteln zusammengeführt wurde. Dies wird vom Ein-
spruchsführer letztlich auch nicht behauptet. Er bringt ledig-
lich zum Ausdruck, dass es grundsätzlich nicht auszuschlie-
ßen sei, dass Wahlhelfer sich nicht an die ihnen auferlegten
Pflichten halten, und dass allein schon wegen dieser Mög-
lichkeit die Durchführung einer repräsentativen Wahlstatis-
tik als solche im Hinblick auf den Grundsatz der geheimen
Wahl bedenklich sei.

II.

Soweit der Einspruchsführer das Wahlgeheimnis bei der
Durchführung der repräsentativen Wahlstatistik nicht hin-
reichend durch die Vorkehrungen des Wahlstatistikgesetzes
gesichert sieht, und damit in der Sache die Vereinbarkeit des
zur Durchführung von Wahlstatistiken ermächtigenden
Wahlstatistikgesetzes mit Artikel 38 Abs. 1 Satz 1 GG in
Frage stellt, ist zunächst daran zu erinnern, dass der Deut-
sche Bundestag sich im Rahmen der Wahlprüfung nicht dazu
berufen sieht, die Verfassungswidrigkeit von Wahlrechtsvor-
schriften festzustellen. Diese Kontrolle ist stets dem Bundes-
verfassungsgericht vorbehalten worden (vgl. Bundestags-
drucksachen 15/2400, Anlage 11, S. 49; 16/1800, Anlage 57,
S. 280; ferner Bundesverfassungsgericht, BVerfGE 89, 291
[300]). Abgesehen davon vermögen die vom Einspruchs-
führer im Hinblick auf den Grundsatz der geheimen Wahl
vorgebrachten Bedenken an der Durchführung der repräsen-
tativen Wahlstatistik aber auch in der Sache nicht zu über-
zeugen.

Denn wie der Deutsche Bundestag bereits mehrfach im Rah-
men der Wahlprüfung festgestellt hat (vgl. Bundestagsdruck-
sachen 15/1150, Anlagen 14 bis 17, 32; 15/2400, Anlage 1)
und wie der Bundeswahlleiter in seiner Stellungnahme noch-
mals im Einzelnen aufgezeigt hat, wird den Anforderungen
des Grundsatzes der geheimen Wahl durch die Vorgaben des
Wahlstatistikgesetzes hinreichend Rechnung getragen. Ins-
besondere dadurch, dass für die repräsentative Wahlstatistik
nur Wahlbezirke mit mindestens 400 Wahlberechtigten in
Betracht kommen (§ 3 Satz 2 WStatG), dass bei einer statis-
tischen Erhebung über die Stimmabgabe (§ 2 Abs. 1 Buch-
stabe b WStatG) nur höchstens fünf Geburtsjahresgruppen
mit jeweils mindestens sieben Geburtsjahrgängen gebildet
werden dürfen (§ 4 Satz 4 WStatG), dass die statistische
Auswertung der Stimmzettel nicht durch den Wahlvorstand
erfolgen darf und eine Zusammenführung von Wählerver-
zeichnis und Stimmzetteln verboten ist (§ 5 WStatG) sowie
nicht zuletzt durch den vom Einspruchsführer monierten
Umstand, dass jeder Abstimmende einen mit Unterschei-
dungsmerkmalen versehenen Stimmzettel verwenden muss
(§ 5 Abs. 2 Satz 1 WStatG) und sich dadurch nicht der Teil-
nahme an der statistischen Erhebung entziehen kann, ist es
praktisch ausgeschlossen, das Wahlverhalten eines bestimm-
ten Wählers zu rekonstruieren.

Zwar ist dem Einspruchsführer darin zuzustimmen, dass es

§ 3 Satz 5 WStatG ist vielmehr auch die Form der öffent-
lichen Bekanntmachung oder ein Aushang im Wahllokal

trotz dieser Vorkehrungen theoretisch durchaus denkbar ist,
dass die Wahlbeteiligung in einer bestimmten Geburtsjahres-

aus § 5 Abs. 2 Satz 1 WStatG folgt und die Feststellung der
Verfassungswidrigkeit von Wahlrechtsvorschriften durch
den Deutschen Bundestag im Rahmen der Wahlprüfung
nicht in Betracht kommt. Im Übrigen steht der Umstand,
dass eine Teilnahme an der Urnenwahl in einem für die
Durchführung der repräsentativen Wahlstatistik ausgewähl-
ten Wahlbezirk nicht ohne gleichzeitige Teilnahme an der
statistischen Erhebung möglich ist, aber auch nicht im
Widerspruch zum Grundsatz der freien Wahl.

Der Grundsatz der freien Wahl verlangt, dass der Wähler
seine Entscheidung, ob und ggf. wen er wählt, frei, d. h. ohne
Zwang oder sonstige unzulässige Beeinflussung von außen

Verletzung einer seiner wichtigsten institutionellen Ab-
sicherungen, des Grundsatzes der geheimen Wahl (vgl.
dazu BVerfGE 99, 1 [13]), wird aber, wie oben unter II.
gezeigt wurde, durch die Vorgaben des Wahlstatistikgeset-
zes vorgebeugt. Nicht zuletzt der Umstand, dass die Stimm-
abgabe nur mit den für statistische Zwecke gekennzeichne-
ten Stimmzetteln möglich ist, trägt dazu bei, dass es nicht zu
der vom Einspruchsführer befürchteten Situation kommen
kann, dass nur so wenige gekennzeichnete Stimmzettel
abgegeben werden, dass Rückschlüsse auf das Wahlverhal-
ten bestimmter Personen möglich werden (vgl. Schreiber,
a. a. O., § 51 Rn. 9).
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 103 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 103 – Drucksache 16/3600

gruppe so niedrig – im Extremfall: eins – ist, dass unter
Bruch des Verbots einer statistischen Auswertung durch den
Wahlvorstand oder des Verbots der Zusammenführung von
Wählerverzeichnis und Stimmzetteln Rückschlüsse auf das
Wahlverhalten bestimmter Personen möglich sind. Dieses
nach der allgemeinen Lebenserfahrung absolut fernliegende
Szenario rechtfertigt aber nicht die Annahme, die Durchfüh-
rung der repräsentativen Wahlstatistik stehe nicht mit dem
Grundsatz der geheimen Wahl in Einklang. Schließlich ist es
auch theoretisch denkbar, dass in einem Wahlkreis nur ein
Wahlberechtigter seine Stimme abgibt oder dass alle in
einem Wahlkreis abgegebenen Stimmen auf ein und densel-
ben Wahlvorschlag entfallen. Auch dann wäre bekannt, wie
der einzelne Wähler abgestimmt hat, ohne dass man deshalb
sagen könnte, es habe keine geheime Wahl stattgefunden.

III.

Soweit der Einspruchsführer die Pflicht, für statistische
Zwecke gekennzeichnete Stimmzettel zu verwenden, als an
seine Stimmabgabe geknüpfte unzulässige Bedingung cha-
rakterisiert und damit eine Verletzung des Grundsatzes der
freien Wahl aus Artikel 38 Abs. 1 Satz 1 GG rügen möchte,
ist zunächst daran zu erinnern, dass diese Pflicht unmittelbar

ausüben kann (BVerfGE 47, 253 [282]; 95, 335 [350]). Die
Teilnahme an der Durchführung der repräsentativen Wahl-
statistik ist zwar insofern ein Zwang, als der Wähler ohne sie
nicht an der Urnenwahl teilnehmen kann. Dieser Zwang be-
zieht sich aber nicht auf die Entscheidung des Wählers, ob
und ggf. wen er wählt. Durch die Pflicht, einen für statisti-
sche Zwecke gekennzeichneten Stimmzettel zu verwenden,
wird seine Entschließungsfreiheit in Bezug auf seine Wahl-
entscheidung vielmehr ebenso wenig verengt wie etwa durch
die Pflicht, seinen Stimmzettel in der Wahlkabine zu kenn-
zeichnen und zu falten.

Die Notwendigkeit, an der Durchführung der repräsentati-
ven Wahlstatistik teilzunehmen, um seine Stimme abzuge-
ben, würde allenfalls dann eine Gefährdung des Grundsat-
zes der freien Wahl mit sich bringen können, wenn der
Wähler befürchten müsste, dass durch die Durchführung der
repräsentativen Wahlstatistik bekannt wird, wie er persön-
lich abgestimmt hat. Dann bestünde nämlich die Möglich-
keit, ihn wegen seines Abstimmungsverhaltens in irgendei-
ner Weise zur Rechenschaft zu ziehen. Das könnte ihn wie-
derum davon abhalten, seine Wahlentscheidung ausschließ-
lich nach seinen persönlichen Präferenzen zu treffen. Solch
einer Gefährdung des Grundsatzes der freien Wahl über die

den Fehler fest, versandte die Unterlagen jedoch versehent-
lich erneut an die falsche Adresse mit der Hausnummer 3a.

angegeben. Versandt wurden die Unterlagen aber an die
Hausnummer 3a.
Die Einspruchsführerin sieht in diesem Sachverhalt einen
Wahlfehler.

Der Landeswahlleiter des Landes Berlin, der zu dem Ein-
spruch Stellung genommen hat, teilt diese Ansicht. Er
spricht von einem „bedauerlichen Fehler“ und vermutet,
dass dieser auf den hohen Arbeitsanfall kurz vor der Wahl
zurückzuführen sei. In der kurzen Zeit vom 26. August 2005,
als die ersten Stimmzettel für die Briefwahl ausgeliefert wer-
den konnten, bis zwei Tage vor der Wahl seien im Bezirk
Mitte von Berlin insgesamt 34 893 Wahlscheine mit den
zugehörigen Wahlunterlagen ausgegeben worden.

Die Einspruchsführerin, der die Stellungnahme des Landes-
wahlleiters zugänglich gemacht worden ist, hat sich dazu
nicht geäußert.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungs-
gerichts, der sich der Wahlprüfungsausschuss und der Deut-
sche Bundestag stets angeschlossen haben, können jedoch
nur solche Wahlfehler einen Wahleinspruch erfolgreich be-
gründen, die auf die Mandatsverteilung von Einfluss sind
oder hätten sein können (vgl. BVerfGE 89, 243 [254]; Bun-
destagsdrucksache 16/900, Anlage 20). Das kann hier aus-
geschlossen werden. Die Stimme der Einspruchsführerin
hätte das Ergebnis der Bundestagswahl nur so geringfügig
verändert, dass dies keinen Einfluss auf die Sitzverteilung
gehabt hätte.
Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

der Frau I. A., 22391 Hamburg
– Az.: WP 13/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit einem per Telefax übermittelten Schreiben hat die Ein-
spruchsführerin am 20. September 2005 Einspruch gegen die
Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag einge-
legt. Gegenstand des Einspruchs ist der Nichtzugang der von
der Einspruchsführerin beantragten Briefwahlunterlagen.

Die Einspruchsführerin forderte Ende August 2005 Brief-
wahlunterlagen an. Am 31. August 2005 bearbeitete das Be-
zirkswahlamt Mitte von Berlin (Wahlkreis 76) diesen Antrag
und stellte einen Wahlschein aus. Dieser ging der Ein-
spruchsführerin jedoch nie zu. Die Einspruchsführerin ver-
sicherte daraufhin per Telefax am 7. September an Eides
statt, dass sie den Wahlschein nicht erhalten habe. Das Be-
zirkswahlamt erklärte den versandten Wahlschein für ungül-
tig und stellte einen neuen Wahlschein aus. Diese Unterlagen
wurden jedoch nicht an die von der Einspruchsführerin
angegebene Adresse mit der Hausnummer 39a verschickt,
sondern an die Hausnummer 3a. Am 12. September kam
dieser Brief zum Bezirkswahlamt zurück. Dort stellte man

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det. Das Versenden der Briefwahlunterlagen an die Haus-
nummer 3a statt an die von der Einspruchsführerin angege-
bene Hausnummer 39a stellt zwar einen Wahlfehler dar. Die-
ser ist jedoch nicht mandatsrelevant.

Wahlscheine und Briefwahlunterlagen, die gemäß § 28
Abs. 4 des Bundeswahlgesetzes (BWG) durch die Post über-
sandt werden, sind selbstverständlich an die Anschrift zu
versenden, die der Antragssteller zu diesem Zweck angege-
ben hat (vgl. auch Anlage 4 zu § 19 Abs. 2 der Bundes-
wahlordnung). Dies ist hier nicht geschehen. Denn die Ein-
spruchsführerin hat eine Anschrift mit der Hausnummer 39a
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 105 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 105 – Drucksache 16/3600

Anlage 17

Die Einspruchsführerin, der die Stellungnahme des Landes- Es war auch nicht der von der Einspruchsführerin aufgewor-
fenen Frage nachzugehen, ob der Wahlscheinantrag wegen
Das Risiko des Verlusts von Wahlscheinanträgen auf dem
Postweg zur Gemeindebehörde trägt nämlich grundsätzlich
der Antragsteller. Denn in § 27 Abs. 1 Satz 1 der Bundes-

rechts, die weder ein amtliches Wahlorgan ist noch kraft
Gesetzes Aufgaben bei der Vorbereitung oder Durchführung
der Wahl erfüllt (vgl. Bundestagsdrucksache 14/2761, An-
wahlleiters übermittelt worden ist, zieht daraus den Schluss,
dass der Fehler dann an anderer Stelle aufgetreten sein
müsse. Sie bitte daher um weitere Nachforschungen.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det. Darin, dass der Wahlscheinantrag der Einspruchsfüh-
rerin offenbar auf dem Postweg zum Wahlamt der Stadt
Marburg verloren gegangen ist, liegt kein Wahlfehler.

des Fehlers eines Dritten, etwa der Deutsche Post AG, nicht
beim Wahlamt angekommen ist. Selbst wenn – wofür es kei-
nerlei Anhaltspunkte gibt – der Deutsche Post AG Versäum-
nisse bei der Übermittlung des Wahlscheinantrags der Ein-
spruchsführerin unterlaufen sein sollten, könnte darin nicht
ohne weiteres ein Wahlfehler gesehen werden. Wahlfehler
liegen nämlich nur dann vor, wenn die Regelungen über die
Vorbereitung und Durchführung der Wahl nicht eingehalten
werden. Solche Wahlfehler können in erster Linie den amt-
lichen Wahlorganen im Sinne des § 8 Abs. 1 des Bundes-
wahlgesetz (BWG) unterlaufen. Dritte können Wahlfehler
grundsätzlich nur insoweit begehen, als sie unter Bindung an
wahlrechtliche Anforderungen kraft Gesetzes Aufgaben bei
der Organisation der Wahl erfüllen. Bei der Deutsche Post
AG handelt es sich um eine juristische Person des Privat-
Anlage 18

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

der Frau C. S., 35037 Marburg
– Az.: WP 25/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 23. Oktober 2005, das beim Wahlprü-
fungsausschuss am 26. Oktober 2005 eingegangen ist, hat
die Einspruchsführerin Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 16. Deutschen Bundestag am 18. September 2005
eingelegt.

Zur Begründung trägt die Einspruchsführerin vor, sie habe
zwei bis drei Wochen vor der Wahl einen Wahlscheinantrag
bei der Stadt Marburg gestellt. Trotz „vollständiger und frist-
gerechter“ Beantragung seien ihr aber keine Briefwahlunter-
lagen zugegangen. Dadurch sei sie an der Ausübung ihres
Wahlrechts gehindert worden.

Der Landeswahlleiter für Hessen erklärt in seiner Stellung-
nahme, dass die Stadt Marburg Anträge auf Erteilung eines
Wahlscheins und der Briefwahlunterlagen am Tag des Ein-
gangs beim Wahlamt bearbeitet und versandt habe. Da je-
doch kein Antrag der Einspruchsführerin beim Wahlamt der
Stadt Marburg eingegangen sei, habe auch kein Wahlschein
verschickt werden können.

eines Wahlscheins „bei der Gemeindebehörde“ zu stellen ist.
Daraus folgt, dass es dem Antragsteller obliegt, für den recht-
zeitigen Zugang des Antrags bei der Gemeindebehörde zu
sorgen. Hinzu kommt, dass nach ständiger Praxis des Deut-
schen Bundestages in Wahlprüfungsangelegenheiten derje-
nige, der einen Wahlschein beantragt, grundsätzlich sogar
dann das Beförderungsrisiko trägt, wenn die beantragten
Unterlagen auf dem Weg von der Gemeindebehörde zu ihm
verloren gehen (vgl. Bundestagsdrucksachen 13/3927 An-
lage 24 m. w. N.; Schreiber, Kommentar zum BWG, 7. Auf-
lage, 2002, § 36 Rn. 8). Dann kann aber nichts anderes
gelten, wenn – wie im hier zu beurteilenden Fall – schon der
Antrag auf Erteilung eines Wahlscheins auf dem Postweg
verloren geht. Denn dann ist es sogar der Wahlberechtigte
selbst, der einen Dritten mit der Beförderung beauftragt hat,
obwohl er das einem solchen Vorgehen anhaftende Risiko
dadurch hätte vermeiden können, dass er den Antrag persön-
lich bei der Gemeindebehörde abgibt oder bei dieser zur
mündlichen Antragstellung vorstellig wird (vgl. § 27 Abs. 1
Satz 1 BWO).
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107 – Drucksache 16/3600
wahlordnung (BWO) heißt es, dass der Antrag auf Erteilung lage 24).

Wahllokal zu wählen. Dies wurde ihnen trotz ihrer Versiche-
rung, keine Wahlunterlagen erhalten zu haben, unter Hin- Sperrvermerks die Teilnahme an der Urnenwahl verweigert

wurde, ist kein Wahlfehler (I.). Dass die Briefwahlunter-
Wahllokal die Teilnahme an der Wahl verwehrt worden sei,
stehe im Einklang mit den gesetzlichen Regelungen. Da die
Einspruchsführer am Wahltag erst um 17.30 Uhr der Wahl-

Neue Wahlscheine konnten den Einspruchsführern zu die-
sem Zeitpunkt nicht mehr erteilt werden. Denn nach § 28
Abs. 10 Satz 2 BWO können im Falle des Nichtzugangs von
weis auf einen Sperrvermerk im Wählerverzeichnis ver-
wehrt, der dort aufgrund der ausgefertigten Wahlscheine ein-
getragen worden war.

Die Einspruchsführer halten es für nicht hinnehmbar, dass
nicht mehr nachvollziehbar sei, ob ihre Wahlunterlagen in
der Verwaltungsgemeinschaft oder beim Bürgermeister ver-
schwunden seien. Beide seien für eine ordnungsgemäße Zu-
stellung der Wahlunterlagen verantwortlich.

Der Landeswahlleiter des Freistaates Thüringen hat sich un-
ter Bezugnahme auf Stellungnahmen des Kreiswahlleiters
und der Verwaltungsgemeinschaft Oppurg dahingehend ge-
äußert, dass der hier gewählte Weg der amtlichen Zustellung
über den Bürgermeister zulässig gewesen sei, da eine Zustel-
lung der Briefwahlunterlagen auf dem Postweg vom Gesetz-
geber nicht gefordert werde. Dass den Einspruchsführern im

lagen den Einspruchsführern nicht übergeben wurden, stellt
zwar einen Wahlfehler dar, es fehlt aber an dessen Mandats-
relevanz (II.).

I.

Der Wahlvorstand musste die Einspruchsführer von der
Stimmabgabe zurückweisen. Nach § 56 Abs. 6 Nr. 2 BWO
hat der Wahlvorstand den Wähler zurückzuweisen, der trotz
Wahlscheinvermerks im Wählerverzeichnis keinen Wahl-
schein vorlegt, ohne dass festgestellt werden kann, dass er
nicht im Wahlscheinverzeichnis eingetragen ist. Diese
Voraussetzungen lagen hier vor. Die Einspruchsführer konn-
ten keine Wahlscheine vorlegen. Zugleich befanden sich im
Wählerverzeichnis Vermerke, dass den Einspruchsführern
Wahlscheine erteilt worden waren.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 109 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 109 – Drucksache 16/3600

Anlage 19

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

der Eheleute C. und T. G., 07806 Weira
– Az.: WP 49/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Die Einspruchsführer haben mit Schreiben vom 26. Septem-
ber, das dem Wahlprüfungsausschuss am 27. September
2005 per Telefax übermittelt worden ist, Einspruch gegen die
Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag einge-
legt.

Die Einspruchsführer beantragten Wahlscheine, um per
Briefwahl an der Bundestagswahl teilzunehmen. Diese wur-
den am 8. September 2005 gedruckt. Am selben Tag wurden
die Wahlscheine und die Briefwahlunterlagen im Büro des
Gemeinschaftsvorsitzenden der Verwaltungsgemeinschaft
Oppurg deponiert. Dort sollten sie dem Bürgermeister der
zur Verwaltungsgemeinschaft gehörenden Gemeinde Weira,
der sich dort am 8. September 2005 zur Bürgermeisterbera-
tung aufhielt, zur Weiterleitung an die Einspruchsführer
übergeben werden. Dieser kann sich jedoch nicht erinnern,
die Unterlagen in Empfang genommen zu haben. Weil die
Einspruchsführer ihre Wahlunterlagen nicht bekamen, ver-
suchten sie, am Wahltag zwischen 17.00 und 18.00 Uhr im

haben, sei dem Wahlvorstand eine Klärung nicht mehr mög-
lich gewesen. Nach § 28 Abs. 10 Satz 2 der Bundeswahlord-
nung (BWO) könnten Wahlscheine nur bis zum Tag vor der
Wahl bis 12.00 Uhr neu ausgestellt werden. Da dieser Zeit-
punkt bereits verstrichen gewesen sei, sei es nicht mehr mög-
lich gewesen, die Wahlscheine zu ersetzen. Das Verwehren
des Wahlrechts habe daher § 14 des Bundeswahlgesetzes
(BWG) in Verbindung mit § 56 Abs. 6 BWO entsprochen.

Die Einspruchsführer haben sich zur Stellungnahme des
Landeswahlleiters im oben beschriebenen Sinne geäußert.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det. Dass den Einspruchsführern am Wahltag wegen des
handlung hätten nachgehen wollen und auch erst zu diesem
Zeitpunkt versichert hätten, keine Wahlscheine erhalten zu

Wahlscheinen neue Wahlscheine nur bis 12.00 Uhr des Tages
vor der Wahl ausgestellt werden.

Drucksache 16/3600 destag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 destag – 16. Wahlperiode
– 110 – Deutscher Bun– 110 – Deutscher Bun

II.

Es verstieß gegen § 28 Abs. 4 Satz 1 BWO, dass die ausge-
stellten Wahlscheine und Briefwahlunterlagen der Ein-
spruchsführer diesen nicht überbracht wurden. Wie sich aus
dieser Vorschrift ergibt, können der Wahlschein und die
Briefwahlunterlagen sowohl per Post versandt als auch
amtlich überbracht werden. Entscheidet sich die Gemeinde-
behörde für eine Übersendung mit der Post, trägt sie grund-
sätzlich nicht das Risiko, dass die Unterlagen auf dem Weg
zum Empfänger verloren gehen oder diesen zu spät errei-
chen, wenn sie die Unterlagen rechtzeitig erteilt und der Post
übergeben hat (Bundestagsdrucksache 13/3927, Anlage 24;
Schreiber, Kommentar zum BWG, 7. Auflage, 2002, § 36
Rn. 8). Entscheidet sie sich dagegen – wie hier geschehen –
für eine amtliche Überbringung, trägt sie auch die Verant-
wortung für einen ordnungsgemäßen Zugang der Unterlagen
beim Wahlberechtigten. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut
des § 28 Abs. 4 Satz 1 BWO („überbracht“ statt „über-
sandt“). Davon abgesehen entspricht es auch der Interessen-
lage. Denn während bei der Versendung durch die Post ein
Dritter eingeschaltet wird, verbleiben die Unterlagen bei der
amtlichen Überbringung bis zur Aushändigung an den Wahl-
berechtigten im Bereich der Wahlbehörde.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungs-
gerichts, der sich der Wahlprüfungsausschuss und der Deut-
sche Bundestag stets angeschlossen haben, kann eine Wahl-
anfechtung jedoch nur dann Erfolg haben, wenn ein Wahl-
fehler auf die Mandatsverteilung von Einfluss ist oder hätte
sein können (vgl. BVerfGE 89, 243 [254]; Bundestagsdruck-
sache 16/900, Anlage 20). Das ist hier nicht der Fall. Die bei-
den zusätzlich abgegebenen Stimmen der Einspruchsführer
hätten das Ergebnis der Bundestagswahl nur so geringfügig
verändert, dass ein Einfluss auf die Sitzverteilung im Deut-
schen Bundestag ausgeschlossen werden kann.

Druckerei erst an diesem Tag die zu versendenden Stimm-
zettel lieferte. Mit dem Druck der Stimmzettel wiederum

Der Landeswahlleiter für Hessen, der zu dem Einspruch
Stellung genommen hat, erklärt, dass die Briefwahlunter-
lagen am 29. August 2005 an die Einspruchsführer versandt
den. Als sie jedoch am Wahltag im Wahllokal an der Urnen-
wahl teilnehmen wollten, wurden sie vom Wahlvorstand un-
ter Hinweis auf den Wahlscheinvermerk im Wählerverzeich-

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
konnte erst am 25. August 2005 begonnen werden, da an die-
sem Tag der Bundeswahlausschuss noch über Beschwerden
gegen Entscheidungen des hessischen Landeswahlausschus-
ses zu entscheiden hatte. Obwohl den Einspruchsführern auf
ihre telefonische Nachfrage hin am 31. August 2005 erklärt
wurde, dass die Briefwahlunterlagen noch am 29. August
2005 versandt worden waren, kamen sie bis zum 17. Septem-
ber 2005 nicht am Urlaubsort der Einspruchsführer an. Diese
kehrten daraufhin noch am 17. September 2005, einen Tag
früher als ursprünglich geplant, aus dem Urlaub zurück.
Denn sie konnten sich nicht vorstellen, dass beide Briefe mit
den Briefwahlunterlagen bei der Post verloren gegangen sein
sollten. In ihrer Auffassung, dass die Briefwahlunterlagen
erst gar nicht abgeschickt worden seien, fühlten sich die Ein-
spruchsführer bestätigt, als sie am Abend des 17. September
2005 in ihrem Briefkasten Wahlbenachrichtigungen vorfan-

worden seien. Die Ausstellung eines neuen Wahlscheins sei
nach § 28 Abs. 10 BWO nur möglich, wenn der Wahlberech-
tigte bis zum Tag vor der Wahl, 12.00 Uhr, glaubhaft ver-
sichere, dass ihm der beantragte Wahlschein nicht zugegan-
gen sei. Diese Frist sei im Falle der Einspruchsführer bereits
verstrichen gewesen.

Die Einspruchsführer, denen die Stellungnahme des Landes-
wahlleiters zugesandt worden ist, haben sich dazu nicht ge-
äußert.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 111 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 111 – Drucksache 16/3600

Anlage 20

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

der Frau K. S. und des Herrn N. S., 64293 Darmstadt
– Az.: WP 79/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Die Einspruchsführer haben mit Schreiben vom 8. Oktober
2005, das am 11. Oktober 2005 beim Wahlprüfungsaus-
schuss eingegangen ist, Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 16. Deutschen Bundestag eingelegt. Gegenstand
des Einspruchs ist der Nichtzugang der Briefwahlunterlagen
der Einspruchsführer und deren Zurückweisung von der
Urnenwahl.

Die Einspruchsführer hatten bereits ihre Urlaubsreise nach
Frankreich für die Zeit vom 21. August bis zum 18. Septem-
ber 2005 organisiert, als sie „von der inszenierten Auflösung
des Bundestages und dem wahrscheinlichen Wahltermin,
dem 18. September 2005, überrascht wurden“. Da ihnen die
Teilnahme an dieser Wahl besonders wichtig war, bean-
tragten sie am 9. August 2005 Briefwahlunterlagen, die zum
Urlaubsort nach Frankreich geschickt werden sollten. Das
Wahlamt Darmstadt stellte die Briefwahlunterlagen am
29. August 2005 aus. Vorher war dies nicht möglich, weil die

Abs. 10 der Bundeswahlordnung (BWO) die Ausstellung
neuer Wahlscheine verweigerte.

Die Einspruchsführer halten es für möglich, dass die Brief-
wahlunterlagen gar nicht abgeschickt worden seien, sondern
nur im Computer ein entsprechender Eintrag gemacht wor-
den sei. Sie merken an, dass ihnen die Risiken der Briefwahl,
insbesondere der „Fallstrick“ des § 28 BWO, nicht bekannt
gewesen seien. Sonst hätten sie auf die Briefwahl verzichtet
und wären entsprechend früher aus dem Urlaub zurückge-
kommen. Die Einspruchsführer sind der Ansicht, dass ihnen
durch die „übereilte Neuwahl mit unsicherem Wahltag und
chaotischem Verfahren“ eines ihrer wichtigsten Bürgerrechte
genommen worden sei. Sie bezweifeln, dass bei solch einer
Wahl die Gesetze und Vorschriften geeignet seien, das Wahl-
recht der Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten. Insofern
stelle sich die Frage, ob das noch verfassungsgemäß sei. Die
Einspruchsführer weisen ferner darauf hin, dass die Wahlun-
terlagen nicht per E-Mail, sondern über Postwege „mit selbst
in Europa unmöglichen Laufzeiten“ verschickt würden.
nis von der Stimmabgabe zurückgewiesen. Daraufhin bega-
ben sie sich zum Wahlamt, das aber unter Hinweis auf § 28

det. Verstöße gegen Vorgaben des Wahlrechts können nicht
festgestellt werden.

Wahlscheinverzeichnis eingetragen ist. Diese Voraussetzun-
gen einer Zurückweisung lagen hier vor. Die Einspruchs-
führer konnten keine Wahlscheine vorlegen, da ihnen die
Briefwahlunterlagen mit den Wahlscheinen nicht zugegan-
gen waren. Zugleich befanden sich im Wählerverzeichnis
Wahlscheinvermerke. Da die Wahlscheine tatsächlich erteilt
worden waren, war auch die Feststellung ausgeschlossen,
dass sie nicht im Wahlscheinverzeichnis eingetragen waren.

Es war auch nicht mehr möglich, den Einspruchsführern
neue Wahlscheine zu erteilen. Gemäß § 28 Abs. 10 Satz 2
BWO können nicht zugegangene Wahlscheine zwar ersetzt
werden, aber nur bis 12.00 Uhr des Tages vor der Wahl. Die
Einspruchsführer wandten sich aber erst am Wahltag, nach-
dem sie von der Stimmabgabe zurückgewiesen worden wa-
ren, an das Wahlamt, um neue Wahlscheine zu bekommen.

Soweit die Einspruchsführer mit ihrer Anmerkung, sie seien
bei der Beantragung der Briefwahlunterlagen nicht über die
„Fallstricke“ des § 28 BWO informiert gewesen, rügen wol-
len, dass die Wahlorgane eine entsprechende Information
unterlassen hätten, ist darauf zu verweisen, dass die Ge-
meindebehörden gemäß § 20 Abs. 1 BWO spätestens am
24. Tage vor der Wahl, also am 24. August 2005, öffentlich
bekannt gemacht haben, dass nicht zugegangene Wahl-
scheine bis 12.00 Uhr des Tages vor der Wahl ersetzt wer-
den (vgl. Punkt 5.2 der Anlage 5 zu § 20 Abs. 1 BWO).

II.

Auch darin, dass die am 9. August 2005 beantragten Brief-
wahlunterlagen bis zum 17. September 2005 nicht bei der
von den Einspruchsführern angegebenen Adresse einge-
gangen waren, liegt kein Wahlfehler. Denn nach ständiger
Praxis des Deutschen Bundestages in Wahlprüfungsange-
legenheiten trägt der Briefwähler das Risiko, dass Wahl-
schein und Briefwahlunterlagen ihn nicht oder nicht recht-
zeitig erreichen, sofern die Gemeindebehörde die Unter-
lagen ordnungsgemäß und rechtzeitig erteilt und der Post
übergeben hat (vgl. Bundestagsdrucksachen 13/3035, An-
lage 17; 13/3927, Anlage 24; Schreiber, Kommentar zum
BWG, 7. Auflage, 2002, § 36 Rn. 8). Das war hier der Fall.

Die Einspruchsführer halten es zwar für möglich, dass die
Unterlagen gar nicht zur Post gegeben wurden. Für den
Wahlprüfungsausschuss besteht aber kein Grund, an den
gegenteiligen Angaben in der – unwidersprochen gebliebe-

schein und Briefwahlunterlagen beantragt hatten, sondern
nur bei denen, die gemäß § 16 Abs. 2 BWO nur auf Antrag
ins Wählerverzeichnis eingetragen werden.

Die Erteilung und Versendung der Unterlagen erfolgte auch
rechtzeitig. Die Unterlagen wurden 20 Tage vor dem Wahl-
tag, am 29. August 2005, ausgestellt und versandt. Das war
der frühestmögliche Termin. Denn erst an diesem Tag erhielt
das Wahlamt die zu versendenden Stimmzettel. Diese konn-
ten ihrerseits erst gedruckt werden, nachdem der Bundes-
wahlausschuss am 25. August 2005 über Beschwerden ge-
gen Entscheidungen des Landeswahlausschusses entschie-
den hatte (vgl. § 28 Abs. 2 Satz 5 BWG i. V. m. § 52 Abs. 3
BWG, § 1 der Verordnung über die Abkürzung von Fristen
im Bundeswahlgesetz für die Wahl zum 16. Deutschen Bun-
destag vom 21. Juli 2005 [BGBl. I S. 2179]).

Eine Versendung von Wahlscheinen und Briefwahlunter-
lagen per E-Mail, wie sie die Einspruchsführer offenbar für
wünschenswert erachten, ist in § 28 Abs. 4 BWO nicht vor-
gesehen. Ob sie durch eine Gesetzesänderung ermöglicht
werden sollte, ist eine Frage, über die nicht im Wahlprü-
fungsverfahren zu entscheiden ist.

III.

Soweit die Einspruchsführer die Verfassungsmäßigkeit der in
ihren Augen „übereilten Neuwahl mit unsicherem Wahltag
und chaotischem Verfahren“ anzweifeln, ist darauf zu ver-
weisen, dass das Bundesverfassungsgericht am 25. August
2005 entschieden hat, dass die Auflösung des 15. Deutschen
Bundestages und die Ansetzung von Neuwahlen für den
18. September 2005 verfassungsmäßig war (vgl. BVerfG,
NJW 2005, S. 2669 ff.). Hieran ist der Bundestag gemäß § 31
Abs. 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) gebun-
den. Soweit die Einspruchsführer die Verfassungsmäßigkeit
der für die Vorbereitung und Durchführung der Neuwahlen
geltenden Vorschriften in Frage stellen wollen, ist daran zu
erinnern, dass sich der Deutsche Bundestag im Rahmen der
Wahlprüfung nicht dazu berufen sieht, die Verfassungswid-
rigkeit von Wahlrechtsvorschriften festzustellen. Diese Kon-
trolle ist stets dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten
worden (vgl. Bundestagsdrucksachen 15/2400, Anlage 11,
S. 49; 16/1800, Anlage 57, S. 280; ferner BVerfGE 89,
291 [300]).
Drucksache 16/3600 – 112 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 112 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

I.

Der Wahlvorstand musste die Einspruchsführer von der
Stimmabgabe bei der Urnenwahl zurückweisen. Denn ge-
mäß § 56 Abs. 6 Nr. 2 BWO hat der Wahlvorstand einen
Wähler zurückzuweisen, der keinen Wahlschein vorlegt,
obwohl sich im Wählerverzeichnis ein Wahlscheinvermerk
befindet, es sei denn, es wird festgestellt, dass er nicht im

nen – Stellungnahme des Landeswahlleiters zu zweifeln.
Insbesondere kann aus dem Umstand, dass den Einspruchs-
führern Wahlbenachrichtigungen übersandt wurden, obwohl
sie bereits Briefwahlunterlagen beantragt hatten, nichts Ge-
genteiliges gefolgert werden. Denn gemäß § 19 Abs. 3 BWO
unterbleibt die Versendung einer Wahlbenachrichtigung kei-
nesfalls bei allen Wahlberechtigten, die bereits einen Wahl-

fehler. werden.

Der Landeswahlleiter des Landes Sachsen-Anhalt, der unter
Einbeziehung der Kreiswahlleiterin des Wahlkreises 72 zu
dem Einspruch Stellung genommen hat, geht demgegenüber
unter Hinweis auf § 56 Abs. 6 Nr. 2 der Bundeswahlordnung
(BWO) davon aus, dass die Einspruchsführerin zu Recht von
der Stimmabgabe zurückgewiesen wurde.

Die Einspruchsführerin hat sich zu der ihr zugänglich ge-
machten Stellungnahme des Landeswahlleiters nicht mehr
geäußert.

Auch darin, dass die am 12. September 2005 beantragten und
bereits am 13. September 2005 abgeschickten Briefwahl-
unterlagen offenbar auf dem Postweg zur Einspruchsfüh-
rerin verloren gegangen sind, liegt kein Wahlfehler. Denn
das Risiko, dass ordnungsgemäß und rechtzeitig ausgestellte
und der Post übergebene Briefwahlunterlagen und Wahl-
scheine dem Wahlberechtigten nicht rechtzeitig zugehen,
trägt grundsätzlich der Wahlberechtigte (vgl. Bundestags-
drucksache 13/3927, Anlage 24).
der Frau U. L., 06193 Petersberg
– Az.: WP 101/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Die Einspruchsführerin hat mit Schreiben an die Kreiswahl-
leiterin des Wahlkreises 72 (Bernburg – Bitterfeld – Saal-
kreis) vom 19. September 2005, das am 14. Oktober 2005
beim Wahlprüfungsausschuss eingegangen ist, Einspruch
gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
eingelegt. Gegenstand des Einspruchs ist die Zurückweisung
der Einspruchsführerin von der Stimmabgabe.

Da die Einspruchsführerin am Wahltag ärztlichen Bereit-
schaftsdienst hatte, stellte sie am 12. September 2005 einen
Wahlscheinantrag. Dieser wurde am 13. September bearbei-
tet. Am selben Tag wurden der Wahlschein und die Brief-
wahlunterlagen versandt. Diese gingen der Einspruchsführe-
rin jedoch aus ungeklärten Gründen nie zu. Als sie daraufhin
am Wahltag gegen 17.25 Uhr im Wahllokal wählen wollte,
verweigerte der Wahlvorstand ihr unter Hinweis auf den
Wahlscheinvermerk im Wählerverzeichnis die Teilnahme an
der Urnenwahl.

In den Augen der Einspruchsführerin liegt hierin ein Wahl-

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det. Ein Wahlfehler liegt nicht vor.

Der Wahlvorstand musste nach § 56 Abs. 6 Nr. 2 BWO die
Einspruchsführerin von der Stimmabgabe zurückweisen.
Denn sie konnte keinen Wahlschein vorlegen, obwohl sich
im Wählerverzeichnis ein Wahlscheinvermerk befand.

Ein neuer Wahlschein, der ihr die Teilnahme an der Urnen-
wahl ermöglicht hätte, konnte der Einspruchsführerin zu
diesem Zeitpunkt nicht mehr erteilt werden. Denn nach § 28
Abs. 10 Satz 2 BWO können nicht zugegangene Wahl-
scheine nur bis 12.00 Uhr des Tages vor der Wahl ersetzt
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113 – Drucksache 16/3600

Anlage 21

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

Stadt seien jedoch weder ein Antrag auf Ausstellung eines
Wahlscheins und Zusendung von Briefwahlunterlagen ein-

für die Ausstellung und Übersendung von Wahlschein und
Briefwahlunterlagen ein entsprechender Antrag. Ein solcher
gegangen noch eine schriftliche Anfrage nach den Möglich-
keiten der Teilnahme an der Bundestagswahl trotz urlaubs-
bedingten Auslandsaufenthalts. Ob eine derartige fernmünd-
liche Anfrage gestellt worden sei, lasse sich bei der Vielzahl
der im Vorfeld der Wahl bei den Wahlämtern eingehenden
telefonischen Anfragen nicht mehr ermitteln. Ein solches
Telefonat hätte auch nur der Beratung dienen können. An-
träge auf Ausstellung eines Wahlscheins und Zusendung von
Briefwahlunterlagen seien immer schriftlich zu stellen. Ein
fehlerhaftes Verhalten des Wahlamtes der Stadt Lünen sei
daher nicht zu erkennen.

wurde hier nicht wirksam gestellt. Das liegt auf der Hand,
wenn – wie die Landeswahlleiterin behauptet – bei der Stadt
Lünen seitens der Einspruchsführerin überhaupt kein Antrag
einging. Doch auch wenn – wie die Einspruchsführerin
behauptet – dieser per Internet von ihrer Freundin für sie
gestellt wurde, kann die Beurteilung keine andere sein. Denn
dann hätte es jedenfalls an der gemäß § 27 Abs. 3 BWO
erforderlichen Vorlage einer schriftlichen Vollmacht gefehlt,
der zu entnehmen gewesen wäre, dass die Freundin der
Einspruchsführerin dazu berechtigt war, für die Einspruchs-
führerin den Antrag zu stellen.
Zum Wahleinspruch

der Frau M. M. d. l. F., 81479 München
– Az.: WP 65/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 3. Oktober 2005, das am 19. Oktober
2005 beim Wahlprüfungsausschuss eingegangen ist, hat die
Einspruchsführerin Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl
zum 16. Deutschen Bundestag am 18. September 2005 ein-
gelegt.

Die Einspruchführerin trägt vor, trotz frühzeitiger Anfrage
bei der Stadt Lünen keine Briefwahlunterlagen erhalten zu
haben. Den Antrag habe eine Freundin per Internet gestellt.
Diese habe ihr die Unterlagen zusenden wollen, da sich die
Einspruchsführerin in Italien aufgehalten habe. Bei einer frü-
heren Wahl habe alles geklappt.

Die Landeswahlleiterin von Nordrhein-Westfalen, die unter
Einbeziehung der Stadt Lünen eine Stellungnahme abgege-
ben hat, erklärt, dass die Einspruchsführerin in Lünen mit
Hauptwohnsitz gemeldet gewesen sei. Folglich sei sie auch
in das Wählerverzeichnis eingetragen worden und habe eine
Wahlbenachrichtigungskarte erhalten. Beim Wahlamt der

Nachdem die Übersendung der Stellungnahme an die
Adresse der Einspruchsführerin in Deutschland fehlgeschla-
gen ist, ist sie ihr an die von ihr angegebene italienische
Adresse übersandt worden. Die Einspruchsführerin hat sich
zu der Stellungnahme nicht geäußert.

Nach Prüfung der Sach- und Rechtslage hat der Wahl-
prüfungsausschuss beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des
Wahlprüfungsgesetzes von einer mündlichen Verhandlung
abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det. Der Umstand, dass die Einspruchsführerin keinen Wahl-
schein und keine Briefwahlunterlagen erhalten hat, ist nicht
auf einen Wahlfehler der Stadt Lünen zurückzuführen.

Denn gemäß § 17 Abs. 2 des Bundeswahlgesetzes (BWG)
und § 25 der Bundeswahlordnung (BWO) ist Voraussetzung
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 115 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 115 – Drucksache 16/3600

Anlage 22

Beschlussempfehlung

den, dass sie „laut vorliegenden Unterlagen“ bereits gewählt
habe und nur noch die Möglichkeit bestehe, ins Wahlamt zu

wurde, nicht geäußert.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Einspruchsführerin eine Ersatz-Wahlbenachrichtigungskarte
angeboten und ihr zugeschickt. Die Einspruchsführerin habe
dann per Fax Briefwahlunterlagen beantragt, die ihr umge-

nen Wahlschein vorlegt, obwohl sich im Wählerverzeichnis
ein Wahlscheinvermerk befindet, es sei denn, es wird festge-
stellt, dass er nicht im Wahlscheinverzeichnis eingetragen
gehen und die Angelegenheit dort zu klären. Im Wahlamt
habe sie aber niemanden vorgefunden, mit dem sie die An-
gelegenheit hätte klären können.

Der stellvertretende Kreiswahlleiter des Wahlkreises 24 hat
unter Einbeziehung eines Berichts des kommissarischen
Ortsamtsleiters des Ortsamts Wilhelmsburg, der die Dienst-
aufsicht über die für die Einspruchsführerin zuständige
Briefwahlstelle innehatte, zu dem Einspruch Stellung ge-
nommen. Er führt aus, dass es im Vorfeld der Wahl zwischen
der Wahldienststelle und der Einspruchsführerin zwei Tele-
fongespräche gegeben habe. Im ersten Telefonat habe sie
sich darüber beschwert, dass sie keine Wahlbenachrichti-
gungskarte erhalten habe. Da die Wahlbenachrichtigungs-
karte nicht mit dem Vermerk „unbekannt“ oder einem ähn-
lichen Vermerk zurückgekommen sei, habe man der

Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

I.

Die Zurückweisung der Einspruchsführerin von der Stimm-
abgabe bei der Urnenwahl stellt keinen Wahlfehler dar. Denn
gemäß § 56 Abs. 6 Nr. 2 der Bundeswahlordnung (BWO)
hat der Wahlvorstand einen Wähler zurückzuweisen, der kei-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 117 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 117 – Drucksache 16/3600

Anlage 23

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

der Frau C. M., 21107 Hamburg
– Az.: WP 66/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 21. September 2005, das der stellver-
tretende Kreiswahlleiter des Wahlkreises 24 (Hamburg –
Bergedorf – Harburg) am 30. September 2005 per Telefax
an den Deutschen Bundestag weitergeleitet hat, hat die Ein-
spruchsführerin Einspruch gegen die Wahl zum 16. Deut-
schen Bundestag am 18. September 2005 eingelegt.

Die Einspruchsführerin trägt vor, dass sie ihr Recht, an der
Wahl teilzunehmen, nicht habe ausüben können. Zunächst
habe sie keine Wahlbenachrichtigungskarte und erst auf tele-
fonische Anforderung eine Ersatzkarte erhalten. Da sie am
Wahltag Termine gehabt habe, habe sie per Telefax Brief-
wahlunterlagen beantragt, diese jedoch nie erhalten. Als sie
deshalb telefonisch nachgefragt habe, habe man ihr gesagt,
dass sie, wenn sie nicht vor dem Wahltag ins Ortsamt
komme, am Wahltag zur Urnenwahl gehen müsse. Die Ein-
spruchsführerin habe deshalb alle ihre Termine abgesagt und
sei am Wahltag ins Wahllokal gegangen. Dort habe man sie
allerdings nicht wählen lassen. Vielmehr sei ihr erklärt wor-

der Wahldienststelle mitgeteilt, dass die Wahlunterlagen
nicht bei ihr angekommen seien. Trotz eines Hinweises auf
eventuelle Schwierigkeiten auf dem Postweg sei die Ein-
spruchsführerin kaum zu beruhigen gewesen und habe damit
gedroht, alle anzuzeigen. Man habe ihr angeboten, in die
Wahldienststelle zu kommen, damit man ihr dort einen Er-
satzwahlschein ausstellen könne. Dazu sei sie jedoch nicht
bereit gewesen. Die Aussage, dass sie, wenn sie nicht bis
zum Wahltag in die Wahldienststelle komme, am Wahltag im
Wahllokal wählen könne, sei von der Wahldienststelle nie
gemacht worden. Am Wahltag sei die Einspruchsführerin
tatsächlich im Wahllokal gewesen, jedoch nicht in der Wahl-
dienststelle des Ortsamts. Die Einspruchsführerin habe sich
„selbst ihr Wahlrecht genommen“, da sie zu keiner Zeit be-
reit gewesen sei, ihr aufgezeigte Lösungsmöglichkeiten in
Betracht zu ziehen. Es sei kein schuldhaftes Verhalten der
Verwaltung erkennbar.

Die Einspruchsführerin hat sich zu der Stellungnahme des
stellvertretenden Kreiswahlleiters, die ihr bekannt gegeben
hend zugesandt worden seien. Im zweiten Telefonat einige
Tage später habe die Einspruchsführerin sehr aufgebracht

ist. Diese Voraussetzungen einer Zurückweisung lagen hier
vor. Die Einspruchsführerin konnte keinen Wahlschein vor-

ber, Kommentar zum BWG, 7. Auflage, 2002, § 36 Rn. 8).
Das war nach dem insoweit unbestrittenen Vortrag des stell-
vertretenden Kreiswahlleiters hier der Fall.

III.

Der Umstand, dass die Einspruchsführerin zunächst keine
Wahlbenachrichtigungskarte erhielt, hat sich nicht auf die
Möglichkeit, ihr Wahlrecht auszuüben, ausgewirkt, weil sie
auf Nachfrage eine Ersatzbenachrichtigungskarte bekam
und ihren Antrag auf Ausstellung von Briefwahlunterlagen
damit noch rechtzeitig stellen konnte. Im Übrigen ist das
Risiko, dass ordnungsgemäß verschickte Wahlbenachrichti-

dass die Einspruchsführerin sich ohne diese Auskunft einen
neuen Wahlschein besorgt und mit ihm ihr Wahlrecht ausge-
übt hätte. Jedoch hätte die Stimme der Einspruchsführerin
das Ergebnis der Bundestagswahl nur so geringfügig verän-
dert, dass ein Einfluss des Wahlfehlers auf die Sitzverteilung
im Deutschen Bundestag ausgeschlossen werden könnte.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungs-
gerichts, der sich der Deutsche Bundestag stets angeschlos-
sen hat, können aber nur solche Wahlfehler einen Wahlein-
spruch erfolgreich begründen, die auf die Mandatsverteilung
von Einfluss sind oder hätten sein können (vgl. nur BVerfGE
89, 243 [254]; Bundestagsdrucksache 16/900, Anlage 1).
Drucksache 16/3600 – 118 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 118 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

legen, da ihr die Briefwahlunterlagen mit dem Wahlschein
nicht zugegangen waren. Zugleich befand sich im Wähler-
verzeichnis ein Wahlscheinvermerk. Da der Wahlschein tat-
sächlich erteilt worden war, war auch die Feststellung aus-
geschlossen, dass sie nicht im Wahlscheinverzeichnis einge-
tragen war. Ein neuer Wahlschein, der ihr die Teilnahme an
der Wahl ermöglicht hätte (vgl. § 14 Abs. 1 des Bundeswahl-
gesetzes (BWG)), konnte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr
ausgestellt werden. Gemäß § 28 Abs. 10 Satz 2 BWO kön-
nen nicht zugegangene Wahlscheine zwar ersetzt werden,
aber nur bis 12.00 Uhr des Tages vor der Wahl.

II.

Dass der mit den Briefwahlunterlagen beantragte Wahl-
schein die Einspruchsführerin nicht rechtzeitig erreichte, ist
ebenfalls nicht auf einen Wahlfehler zurückzuführen. Nach
ständiger Auffassung des Deutschen Bundestages in Wahl-
prüfungsangelegenheiten trägt der Wähler das Risiko, dass
Wahlschein und Briefwahlunterlagen ihn nicht oder nicht
rechtzeitig erreichen, sofern die Gemeindebehörde die Un-
terlagen ordnungsgemäß und rechtzeitig ausgestellt und der
Post übergeben hat (vgl. Bundestagsdrucksachen 13/3035,
Anlage 17; 13/3927, Anlage 24; 15/4750, Anlage 6; Schrei-

gungen auf dem Postweg verloren gehen können, nicht der
Wahlbehörde zuzurechnen. Denn wie sich aus § 19 Abs. 1
Satz 3 BWO, der von einer „Versendung“ spricht, ergibt,
handelt es sich – wie bei Wahlschein und Briefwahlunter-
lagen – nur um eine „Schickschuld“, nicht um eine „Bring-
schuld“. Gegenüber Bürgerinnen und Bürgern, die im Vor-
feld einer Bundestagswahl keine Wahlbenachrichtigung er-
halten haben, besteht vielmehr die Erwartung, dass sie sich
um die Wahrnehmung ihres Wahlrechts kümmern (vgl. Bun-
destagsdrucksache 15/1150, Anlage 40). Dies hat die Ein-
spruchsführerin im Hinblick auf die Wahlbenachrichtigung
auch erfolgreich getan.

IV.

Ob der in der Einspruchsschrift erhobene Vorwurf, man habe
der Einspruchsführerin telefonisch mitgeteilt, dass sie, auch
ohne sich einen neuen Wahlschein zu besorgen, am Wahltag
an der Urnenwahl teilnehmen könne, entgegen der von der
Einspruchsführerin unwidersprochenen Aussage des stell-
vertretenden Kreiswahlleiters, zutrifft, kann dahingestellt
bleiben. Zwar wäre solch eine Auskunft falsch gewesen, wie
sich aus § 56 Abs. 6 Nr. 2 BWO und dem unter I. Gesagten
ergibt. Es könnte ferner auch nicht ausgeschlossen werden,

Kenntnis gesetzt, als er sich per E-Mail beim Kreisverwal-
tungsreferat nach dem Verbleib der Unterlagen erkundigte.

E- Mail vom 11. September 2005 entgegen der Auffassung
des Einspruchsführers keine Anregung zur Zusendung der
Briefwahlunterlagen habe entnommen werden können. Der
Diese E-Mail blieb unbeantwortet und es wurde auch sonst
nichts vom Kreisverwaltungsreferat veranlasst. Da die Brief-

Entscheidungsgründe
Am Sonntag, den 11. September 2005, wandte sich der Ein-
spruchsführer erneut mit einer E-Mail an das Kreisverwal-
tungsreferat. Darin heißt es:

„Sehr geehrter Herr …,

vielen Dank fuer Ihre Antwort. Leider habe ich aber bis
heute meine Briefwahlunterlagen noch nicht erhalten.

Ich hoffe, dass ich die Wahlunterlagen noch rechtzeitig be-
komme, um an der Wahl teilzunehmen. Wenn ich die Unter-
lagen bis zumindest Mittwoch dieser Woche erhalten sollte,
kann ich sie mit ‚global priority mail‘ innerhalb von drei
Tagen nach München zurücksenden.

Vielen Dank für Ihre Unterstützung.

Beste Gruesse …“.

Einspruchsführer habe darin lediglich seine Hoffnung zum
Ausdruck gebracht, dass die Wahlunterlagen ihn noch
rechtzeitig erreichen. Zwar hätte der Einspruchsführer am
12. September 2005 noch über die Möglichkeit der Beantra-
gung eines Ersatzwahlscheins informiert werden können.
Diesen hätte er aber bei Standardversand mit Luftpost nicht
mehr rechtzeitig erhalten oder gar zurücksenden können.

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm übermittelten Stel-
lungnahme nicht mehr geäußert.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 119 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 119 – Drucksache 16/3600

Anlage 24

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn Dr. U. S., NY 10029 New York, USA
– Az.: WP 129/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit Schreiben vom 31. Oktober
2005, das am 1. November 2005 per Telefax beim Deutschen
Bundestag eingegangen ist, Einspruch gegen die Gültigkeit
der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag eingelegt. Der Ein-
spruch betrifft die Versendung der Briefwahlunterlagen des
Einspruchsführers.

Der seit 2003 in New York lebende Einspruchsführer stellte
am 6. August 2005 einen Antrag auf Eintragung ins Wähler-
verzeichnis beim Kreisverwaltungsreferat der Stadt Mün-
chen, seinem letzten Wohnort in Deutschland. Am 31. Au-
gust 2005 wurde der Einspruchsführer antragsgemäß ins
Wählerverzeichnis eingetragen, Wahlschein und Briefwahl-
unterlagen wurden ausgestellt und per Luftpost an die vom
Einspruchsführer angegebene Adresse versendet. Eine frü-
here Versendung war nicht möglich, weil dem Kreisverwal-
tungsreferat die Stimmzettel erst am 31. August 2005 zur
Verfügung standen. Über die Versendung am 31. August
2005 wurde der Einspruchsführer am 7. September 2005 in

Der Einspruchsführer ist der Auffassung, dass seine E-Mail
vom 11. September 2005 als Anregung zur erneuten Versen-
dung seiner Briefwahlunterlagen hätte verstanden werden
müssen. Er meint, wenn das Kreisverwaltungsreferat ihm
daraufhin sofort die Unterlagen per Kurier/Eilpost zugesandt
hätte, hätte er noch die Möglichkeit zur Ausübung seines
Wahlrechts gehabt. Denn die Unterlagen hätten ihn durchaus
noch bis zum 14. September 2005 erreichen können, und die
US-Post sichere zu, dass mit „global priority mail“ von New
York versandte Briefe innerhalb von drei Tagen ihren Emp-
fänger in Deutschland erreichten. Das Verhalten des Kreis-
verwaltungsreferats München habe ihn in seinem ihm aus
der Verfassung zustehendem Wahlrecht verletzt. Dies sei
umso ärgerlicher, als er neben der Briefwahl rechtlich keine
andere Möglichkeit der Wahlteilnahme – etwa nach
Deutschland zu fliegen und dort vor Ort zu wählen – gehabt
habe.

Das Kreisverwaltungsreferat München, das zu dem Ein-
spruch Stellung genommen hat, ist der Ansicht, dass der
wahlunterlagen nicht mehr beim Einspruchsführer ankamen,
nahm dieser nicht an der Wahl teil.

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Drucksache 16/3600 – 120 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 120 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

I.

Es ist dem Kreisverwaltungsreferat der Stadt München nicht
als Wahlfehler zuzurechnen, dass die am 31. August 2005
verschickten Wahlunterlagen dem Einspruchsführer nicht
zugegangen sind. Denn nach ständiger Praxis des Deutschen
Bundestages in Wahlprüfungsangelegenheiten trägt der
Briefwähler das Risiko, dass Wahlschein und Briefwahl-
unterlagen ihn nicht oder nicht rechtzeitig erreichen, sofern
die Gemeindebehörde die Unterlagen ordnungsgemäß und
rechtzeitig erteilt und der Post übergeben hat (vgl. Bundes-
tagsdrucksachen 13/3035, Anlage 17; 13/3927, Anlage 24;
15/4750, Anlage 6; Schreiber, Kommentar zum Bundes-
wahlgesetz, 7. Auflage, 2002, § 36 Rn. 8). Das war hier der
Fall.

Die Unterlagen wurden am 31. August 2005, 18 Tage vor der
Wahl, ausgestellt und versandt. Eine frühere Versendung war
nicht möglich, da die mit zu versendenden Stimmzettel (vgl.
§ 28 Abs. 3 Nr. 1 der Bundeswahlordnung [BWO]) erst am
31. August 2005 zur Verfügung standen. Die Versendung er-
folgte auch, wie es § 28 Abs. 4 Satz 4 BWO für eine Versen-
dung in außereuropäische Gebiete vorschreibt, mit Luftpost.

II.

Es stellt auch keinen Wahlfehler dar, dass das Kreisverwal-
tungsreferat der Stadt München dem Einspruchsführer auf
seine E-Mail vom 11. September 2005 hin keinen neuen
Wahlschein nebst Briefwahlunterlagen ausstellte und über-
sandte.

Zwar kann gemäß § 28 Abs. 10 Satz 2 BWO bis zum Tage
vor der Wahl, 12.00 Uhr, ein neuer Wahlschein ausgestellt
werden, wenn ein Wahlberechtigter glaubhaft versichert,
dass ihm der beantragte Wahlschein nicht zugegangen ist.
Mit seiner E-Mail vom 11. September 2005 hatte der Ein-
spruchsführer auch glaubhaft dargelegt, dass ihm die am
31. August 2005 abgeschickten Wahlunterlagen mit dem
Wahlschein nicht zugegangen waren. Ferner hätte auch der
Umstand, dass sich der Einspruchsführer des Kommunika-
tionsmittels der E-Mail bediente, der Ausstellung eines
neuen Wahlscheins gemäß § 28 Abs. 10 Satz 2 BWO nicht
entgegengestanden. Denn gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 BWO
kann die Erteilung eines Wahlscheins auch durch eine
E- Mail beantragt werden. Für die Erteilung eines neuen
Wahlscheins nach § 28 Abs. 10 Satz 2 BWO kann nichts an-
deres gelten (vgl. Bundestagsdrucksache 15/4750, Anlage 6,
S. 30).

Jedoch war die E-Mail nicht als Aufforderung zur Ausstel-
lung und Übersendung eines neuen Wahlscheins nebst Brief-
wahlunterlagen zu verstehen. Dies folgt zwar noch nicht
daraus, dass der Einspruchsführer auf die Verwendung von
Begriffen wie „Antrag“ oder „Aufforderung“ verzichtete.
Denn es genügt, wenn der Wille, einen neuen Wahlschein zu
bekommen, sich erst durch Interpretation des ausdrücklich
Erklärten ergibt. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass
aus Sicht eines die Interessenlage des Erklärenden berück-
sichtigenden Empfängers eindeutig der Wille des Erklären-
den erkennbar wird, einen neuen Wahlschein zu erhalten.
Dies war hier nicht der Fall. Zwar war erkennbar, dass der
Einspruchsführer vom Kreisverwaltungsreferat weitere
Schritte erwartete, um ihm eine Wahlteilnahme zu ermög-

die Auskunft des Kreiswahlreferats vom 7. September 2005
bereits am Anfang seine E-Mail bedankt hatte, ergibt der
Dank für die Unterstützung am Ende der E-Mail nur Sinn,
wenn man ihn auf eine noch zu leistende Unterstützung be-
zieht. Indes konnte diese Bitte um Unterstützung nicht ohne
weiteres als auf die Ausstellung und Übersendung eines
neuen Wahlscheines gerichtet verstanden werden. Denn die
Ausstellung eines neuen Wahlscheins hätte bedeutet, dass der
bereits am 31. August 2005 versandte Wahlschein gemäß
§ 28 Abs. 10 Satz 2 i. V. m. Abs. 8 Satz 1 BWO seine Gültig-
keit verloren hätte und damit gemäß § 59 bzw. § 75 Abs. 1
BWO nicht mehr zur Abgabe einer gültigen Stimme hätte be-
nutzt werden können. Da ein neuer Wahlschein frühestens am
Montag, den 12. September 2005, hätte ausgestellt und ver-
sandt werden können, und zwar allenfalls mit normaler Luft-
post (vgl. § 28 Abs. 4 Satz 4 BWO), wäre der Einspruchsfüh-
rer mit der Beantragung eines neuen Wahlscheins also das
Risiko eingegangen, dass ihn der neue – gültige – Wahlschein
nicht mehr rechtzeitig erreicht und der ihm vielleicht noch
zugehende alte Wahlschein nicht mehr gültig ist. Bei dieser
Interessenlage hätte die E-Mail des Einspruchsführers nur
dann als Aufforderung zur Ausstellung eines neuen Wahl-
scheins verstanden werden müssen, wenn er dies explizit ver-
langt hätte oder sonst zum Ausdruck gekommen wäre, dass er
bereit ist, das beschriebene Risiko einzugehen. So hat aber
nicht einmal der Einspruchsführer selbst seine E- Mail ver-
standen. Denn er interpretiert sie lediglich als Anregung zur
erneuten Versendung von Briefwahlunterlagen.

III.

Allerdings hätte das Kreiswahlreferat die E-Mail vom
11. September 2005 auch nicht einfach unbeantwortet lassen
dürfen. Denn auch wenn die E-Mail, wie unter II. gezeigt,
nicht als Antrag auf Ausstellung neuer Wahlunterlagen ver-
standen werden konnte, kam doch deutlich die Erwartung
des Einspruchsführers zum Ausdruck, dass das Kreiswahl-
referat das in seiner Macht Stehende tun werde, um ihm die
Ausübung seines Wahlrechts zu ermöglichen. Da es vorlie-
gend mehrere Wege gab, von dem jeder mit Risiken, Kosten
oder Unzuträglichkeiten behaftet war, und die E-Mail nicht
erkennen ließ, welche Risiken, Kosten oder Unzuträglich-
keiten der Einspruchsführer in Kauf zu nehmen bereit war,
hätte die Aufgabe des Kreiswahlreferats darin bestanden,
dem Einspruchsführer die verschiedenen Möglichkeiten auf-
zuzeigen. D. h., dem Einspruchsführer hätte zum einen mit-
geteilt werden müssen, dass die Ausstellung und Versendung
neuer Wahlunterlagen auf seinen Antrag hin zwar möglich
ist, dass die bereits versandten Unterlagen dadurch aber ihre
Gültigkeit verlieren und die neuen Unterlagen nur mit nor-
maler Luftpost an ihn versandt werden. Zum anderen hätte er
davon in Kenntnis gesetzt werden müssen, dass die neu aus-
gestellten Unterlagen auch persönlich bei der Gemeinde-
behörde in Deutschland abgeholt werden können und dann
das Wahlrecht an Ort und Stelle ausgeübt werden kann (vgl.
§ 28 Abs. 5 BWO). Auf der Grundlage dieser Informationen
hätte der Einspruchsführer dann entscheiden können, ob er
neue Unterlagen beantragt, ob er diese sich zusenden lässt
oder selbst nach Deutschland kommt, oder ob er sich doch
darauf beschränkt zu hoffen, dass die beantragten Unter-
lagen noch ankommen.
lichen. Dies folgt insbesondere aus der Dankesformel am
Schluss der E-Mail. Denn da sich der Einspruchsführer für

Der in der Nichtbeantwortung der E-Mail liegende Wahlfeh-
ler ist jedoch nicht mandatsrelevant. Denn selbst wenn der

Deutscher Bundestag – 16. rucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. rucksache 16/3600
Wahlperiode – 121 – D Wahlperiode – 121 – D

Einspruchsführer sich auf die Information des Kreiswahl-
referats hin etwa dafür entschieden hätte, neue Briefwahl-
unterlagen zu beantragen und nach Deutschland zu kommen,
um gemäß § 28 Abs. 5 BWO vor Ort sein Wahlrecht aus-
zuüben, hätte seine Stimme das Ergebnis der Bundestags-
wahl nur so geringfügig beeinflusst, dass ein Einfluss auf die
Sitzverteilung im 16. Deutschen Bundestag ausgeschlossen
werden kann. Nur solche Wahlfehler, die auf die Sitzvertei-
lung nachweisbar von Einfluss sind oder bei denen zumin-
dest mehr als nur die theoretische Möglichkeit eines solchen
Einflusses besteht, vermögen aber nach ständiger Rechtspre-
chung des Bundesverfassungsgerichts, der sich der Deutsche
Bundestag stets angeschlossen hat, die Gültigkeit der Wahl
in Frage zu stellen (vgl. nur BVerfGE 89, 291 [304]; Bundes-
tagsdrucksache 16/900, Anlage 1, S. 6).

wahlunterlagen am 31. August 2005 mit Luftpost exakt an
die von der Einspruchsführerin angegebene Adresse ver-

prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.
Der Einspruchsführer trägt vor, er habe seinen Antrag auf
Eintragung in das Wählerverzeichnis der Gemeinde See-

die Unterlagen ordnungsgemäß und rechtzeitig ausge-
stellt und der Post übergeben hat (vgl. Bundestagsdruck-
sachen 13/3035, Anlage 17; 13/3927, Anlage 24; 15/4750,
sandt worden seien. Weshalb sie dort nicht eingegangen
seien, wisse das Kreisverwaltungsreferat nicht. Die Unter-
lagen seien jedenfalls nicht mit dem Vermerk „unzustellbar“
zurückgekommen. Hätte die Einspruchsführerin den Nicht-
erhalt der Briefwahlunterlagen rechtzeitig moniert, hätte ihr
die Möglichkeit der Beantragung eines Ersatzwahlscheins
aufgezeigt und ihr so eventuell noch die Ausübung ihres
Wahlrechts ermöglicht werden können. Im Übrigen könne
die Behauptung, dass viele Freunde und Bekannte der Ein-
spruchsführer ihre Briefwahlunterlagen bereits Mitte August
erhalten hätten, nicht richtig sein. Denn die Freigabe zum
Stimmzetteldruck sei erst am 25. August 2005 erfolgt, so
dass die Stimmzettel in der Regel nicht vor dem 29. August
2005 vorgelegen hätten.

II.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

I.

Dass die Einspruchsführerin keine Briefwahlunterlagen er-
halten hat, kann nicht auf einen Wahlfehler des Kreis-
verwaltungsreferats München zurückgeführt werden. Denn
nach ständiger Praxis des Deutschen Bundestages in Wahl-
prüfungsangelegenheiten trägt der Briefwähler das Risiko,
dass Wahlschein und Briefwahlunterlagen ihn nicht oder
nicht rechtzeitig erreichen, sofern die Gemeindebehörde
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 123 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 123 – Drucksache 16/3600

Anlage 25

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

der Frau K. S. und des Herrn Dr. J. Z., CT2 9 DX Blean, Großbritannien
– Az.: WP 133/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Die Einspruchsführer haben mit Schreiben vom 29. Okto-
ber 2005, das am 2. November 2005 beim Wahlprüfungs-
ausschuss eingegangen ist, Einspruch gegen die Wahl zum
16. Deutschen Bundestag am 18. September 2005 eingelegt.
Die beiden in Großbritannien lebenden Einspruchsführer
monieren, dass sie ihr Wahlrecht nicht ausüben konnten.

I.

Die Einspruchsführerin trägt vor, sie habe sich Ende Juli
2005 in das Wählerverzeichnis der Stadt München eintragen
lassen. Nach Angaben des Kreisverwaltungsreferats der
Stadt München seien die Briefwahlunterlagen am 2. Septem-
ber 2005 an sie abgeschickt worden. Sie habe diese jedoch
nie erhalten. Viele Freunde und Bekannte in Deutschland
hätten dagegen ihre Briefwahlunterlagen bereits Mitte Au-
gust erhalten.

Das Kreisverwaltungsreferat der Stadt München erklärt in
seiner Stellungnahme zu dem Einspruch, dass die Brief-

Rückfrage am 14. September 2005 habe er dann aber fest-
stellen müssen, dass keine Eintragung erfolgt sei.

Der Landeswahlleiter für Hessen erklärt in seiner Stellung-
nahme zu dem Einspruch, dass beim Wahlamt der Gemeinde
kein Antrag des Einspruchsführers auf Eintragung ins Wäh-
lerverzeichnis eingegangen sei, so dass er auch nicht in das
Wählerverzeichnis eingetragen worden sei. Auch das in der
Einspruchsschrift erwähnte Telefonat sei den Mitarbeiterin-
nen der Gemeinde Seeheim-Jugenheim nicht bekannt. Die
Gemeinde habe aber darauf hingewiesen, dass alle Anträge,
die dem Wahlamt und dem Bürgerbüro vorgelegen hätten,
ordnungs- und fristgemäß bearbeitet worden seien. Anträge
auf Erteilung von Wahlscheinen und Briefwahlunterlagen
aus dem Ausland seien wegen der zu erwartenden längeren
Postlaufzeiten vordringlich bearbeitet worden.

Die Einspruchsführer haben sich zu den ihnen übersandten
Stellungnahmen nicht geäußert.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
heim-Jugenheim am 4. Juli 2005 persönlich in den Amts-
briefkasten der Gemeinde geworfen. Bei einer telefonischen

Anlage 6; Schreiber, Kommentar zum Bundeswahlgesetz,
7. Auflage, 2002, § 36 Rn. 8). Das war hier der Fall. Die

Drucksache 16/3600 destag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 destag – 16. Wahlperiode
– 124 – Deutscher Bun– 124 – Deutscher Bun

Unterlagen wurden am 31. August 2005, also mehr als zwei
Wochen vor dem Wahltag, mit Luftpost an die von der
Einspruchsführerin angegebene Adresse versandt. Selbst
wenn die Unterlagen – wie die Einspruchsführer behaupten –
erst am 2. September 2005 abgeschickt worden wären, wäre
dies noch rechtzeitig gewesen.

II.

Ob die Nichtteilnahme des Einspruchsführers an der Bun-
destagswahl auf einem Wahlfehler beruht, hängt davon ab,
ob die vom hessischen Landeswahlleiter bestrittene Be-
hauptung des Einspruchsführers zutrifft, dass der Ein-
spruchsführer am 4. Juli 2005 einen Antrag auf Eintragung
ins Wählerverzeichnis in den Amtsbriefkasten der Gemeinde
geworfen hat. Denn dann hätte er gemäß § 16 Abs. 2
Nr. 2, § 17 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 der Bundeswahlordnung
(BWO) i. V. m. § 12 Abs. 2 Satz 1 des Bundeswahlgesetzes
(BWG) ins Wählerverzeichnis eingetragen werden müssen.
Dies wiederum hätte ihm gemäß § 14 Abs. 1 BWG die Teil-
nahme an der Wahl ermöglicht. Im Ergebnis kann hier aber
offen bleiben, ob ein Wahlfehler vorliegt.

Selbst wenn die Behauptung der Einspruchsführer nämlich
zutreffen sollte, könnte der dann festzustellende Wahlfehler
dem Einspruch nicht zum Erfolg verhelfen. Denn nach stän-
diger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der
sich der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bun-
destag stets angeschlossen haben, können nur solche Wahl-
fehler einen Wahleinspruch erfolgreich begründen, die auf
die Mandatsverteilung von Einfluss sind oder hätten sein
können (vgl. nur BVerfGE 89, 243 [254]; Bundestagsdruck-
sache 16/900, Anlage 20). Die Stimme des Einspruchsfüh-
rers hätte das Ergebnis der Bundestagswahl aber nur so ge-
ringfügig verändert, dass ein Einfluss auf die Sitzverteilung
im 16. Deutschen Bundestag ausgeschlossen werden kann.

lande, um sie dort ihrem Vertragspartner, der Firma TPG
bzw. – nach ihrer Umbenennung – TNT, zu übergeben, die

tik der israelischen Post, die von der mehrjährigen Erfahrung
des Einspruchsführers bestätigt werde, Briefsendungen, die
spruch Stellung genommen hat, vermag hingegen kein Ver-
schulden des Bezirkswahlamtes oder der PIN AG zu erken-
nen. Insbesondere sei der Poststempel vom 6. September

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
sie nach Israel bringen sollte. In den Niederlanden wurden
die Unterlagen am Dienstag, den 6. September 2005, mit
dem Stempel der TPG versehen. Erst am 10. Oktober 2005
kamen die Unterlagen beim Einspruchsführer an.

Der Einspruchsführer ist der Auffassung, dass die lange
Postlaufzeit darauf zurückzuführen sei, dass der Brief über
die Weltfirma PIN AG versandt worden sei, die ihrerseits auf
die Weltfirma TPG zurückgegriffen habe, um den Brief nach
Israel zu befördern. Denn normalerweise benötige Post von
Deutschland nach Israel höchstens eine Woche. Er sei also
letztlich durch „unverantwortlich nachlässiges Handeln“ der
zuständigen Behörde an der Ausübung seines Wahlrechts ge-
hindert worden.

Der Landeswahlleiter des Landes Berlin, der zu dem Ein-

von der Deutsche Post AG und der israelischen Post trans-
portiert würden, zwischen Deutschland und Israel sechs,
maximal sieben Tage benötigten. Auch er sei bei der Bean-
tragung seiner Briefwahlunterlagen davon ausgegangen,
dass sie von der Deutsche Post AG befördert würden, wie
dies auch bei der Post anderer Berliner Behörden, z. B. dem
Amtsgericht Charlottenburg oder der Technischen Universi-
tät Berlin, der Fall sei. Das Bezirkswahlamt habe hingegen
trotz offenbar fehlender Erfahrung mit der PIN AG und trotz
bestehenden E-Mail-Kontakts mit ihm nicht einmal Rück-
sprache genommen, welcher Versandweg für die Wahlunter-
lagen am besten geeignet sei.

Im Hinblick auf den Sach- und Streitstand im Übrigen wird
auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 125 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 125 – Drucksache 16/3600

Anlage 26

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn Dr. U. M., 10115 Berlin
– Az.: WP 163/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 15. November 2005, das am 17. Novem-
ber 2005 beim Wahlprüfungsausschuss eingegangen ist, hat
der Einspruchsführer Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 16. Deutschen Bundestag eingelegt. Gegenstand
des Einspruchs ist der verspätete Zugang der Briefwahl-
unterlagen des Einspruchsführers.

Der Einspruchsführer, der sich zum Zeitpunkt der Bundes-
tagswahl aus beruflichen Gründen in Jerusalem aufhielt, be-
antragte am 30. August 2005 per E-Mail Briefwahlunter-
lagen beim Bezirkswahlamt Mitte von Berlin. Dieses stellte
die Unterlagen am 1. September 2005 aus und kuvertierte sie
als Luftpostbrief an die vom Einspruchsführer angegebene
Adresse. Spätestens am Freitag, den 2. September 2005,
wurde der Brief von der PIN AG abgeholt. Diese war mit
dem Transport betraut und hatte zugesichert, dass die Un-
terlagen spätestens zwei Werktage nach Abholung im Be-
stimmungsland ankommen würden. Die PIN AG brachte die
Unterlagen des Einspruchsführers zunächst in die Nieder-

gehe, dass die PIN AG den Brief am Freitag, den 2. Septem-
ber 2005, vom Bezirkswahlamt bekommen habe, sei Diens-
tag, der 6. September 2005, genau der zweite Werktag gewe-
sen, der mit der PIN AG für die Übergabe an die Post des
Bestimmungslandes vereinbart worden sei. Die Verzögerung
müsse daher beim weiteren Transport aufgetreten sein, für
den weder das Bezirkswahlamt noch die PIN AG verant-
wortlich seien.

Der Einspruchsführer hält auch im Hinblick auf die Stellung-
nahme des Landeswahlleiters an seiner Auffassung fest, dass
die verspätete Ankunft seiner Briefwahlunterlagen den
Wahlbehörden bzw. der von ihnen eingeschalteten PIN AG
zuzurechnen sei. Der Poststempel vom 6. September 2005
belege, wenn man die allgemeinen Gepflogenheiten zu-
grunde lege, lediglich den Eingang bei der von der PIN AG
mit dem Weitertransport beauftragten TPG. Er sei jedoch
kein Beleg dafür, dass diese den Brief auch fristgerecht an die
israelische Post weitergeleitet habe. Gegen Letzteres spreche
zudem, dass nach der zuletzt veröffentlichten Qualitätsstatis-
2005 kein Beleg dafür, dass die PIN AG den Brief nicht
rechtzeitig weitergeleitet habe. Denn wenn man davon aus-

prüfungsgesetzes von einer mündlichen Verhandlung abzu-
sehen.

lage 17; 13/3927, Anlage 24; 15/4750, Anlage 6; Schreiber,
Kommentar zum Bundeswahlgesetz, 7. Auflage, 2002, § 36
Rn. 8).

Diesen Anforderungen sind die Berliner Wahlbehörden ge-
recht geworden. Das Bezirkswahlamt hat die am 31. August
2005 beantragten Unterlagen bereits am 1. September 2006
ausgestellt und spätestens am 2. September 2006 der mit
dem Transport beauftragten PIN AG übergeben. Die Versen-
dung erfolgte auch, wie es § 28 Abs. 4 Satz 4 BWO für die
Versendung ins außereuropäische Ausland vorschreibt, per
Luftpost.

PIN AG der jeweiligen Post im Bestimmungsland übergeben
werden, dass der Zweck der Versendung der Briefwahlunter-
lagen bei der Auswahlentscheidung nicht aus dem Blick ge-
raten war.

Die Frage, wodurch die trotz rechtzeitiger und ordnungs-
gemäßer Versendung durch die Gemeindebehörde aufge-
tretene Verzögerung im Falle des Einspruchsführers zurück-
zuführen ist, ob auf ein Versagen der PIN AG, der von dieser
eingeschalteten TPG bzw. TNT oder der israelischen Post,
kann somit auf sich beruhen. Sie fällt in den Risikobereich
des Einspruchsführers, nicht der Wahlbehörde.
Drucksache 16/3600 – 126 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 126 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det. Ein Wahlfehler liegt nicht vor.

Ohne hierzu verfassungsrechtlich verpflichtet zu sein (vgl.
Bundesverfassungsgericht, BVerfGE 12, 139 [142 f.]; 15,
165 [167]), hat der Gesetzgeber für die Wahlberechtigten,
die am Wahltag nicht das Wahllokal aufsuchen können, die
Briefwahl geschaffen und ihnen dabei die Möglichkeit ein-
geräumt, sich die hierfür erforderlichen Unterlagen zuschi-
cken zu lassen (vgl. Anlagen 3 und 4 zu § 19 Abs. 1 bzw. 2
der Bundeswahlordnung [BWO]). Wer von dieser Möglich-
keit Gebrauch macht und die Unterlagen nicht persönlich bei
der Gemeindebehörde abholt (vgl. § 28 Abs. 5 BWO), trägt
dann allerdings auch das Risiko, dass die Unterlagen auf-
grund des Transports verloren gehen oder nicht rechtzeitig
zugehen. Die Gemeindebehörde trifft keine „Bringschuld“,
sondern lediglich eine „Schickschuld“. Sie hat das ihrerseits
Erforderliche getan, wenn sie die Unterlagen ordnungs-
gemäß und rechtzeitig ausgestellt und – ggf. per Luftpost –
auf ihre Kosten versandt hat. Dies ergibt sich insbesondere
aus § 28 Abs. 4 Satz 3 und 4 BWO und entspricht der stän-
digen Praxis des Deutschen Bundestages in Wahlprüfungs-
angelegenheiten (vgl. Bundestagsdrucksachen 13/3035, An-

Die Ordnungsmäßigkeit der Versendung wird nicht dadurch
in Frage gestellt, dass die PIN AG und nicht die Deutsche
Post AG mit dem Transport beauftragt wurde oder dass der
Einspruchsführer nicht gefragt wurde, mit welchem Unter-
nehmen seiner Auffassung nach die Unterlagen am besten
befördert werden sollten. Die Art und Weise des Transports
und damit auch die Auswahl des Beförderungsunternehmens
obliegt dem pflichtgemäßen Ermessen der Gemeindebe-
hörde. Nur im Hinblick auf die Frage, wann die Unterlagen
per Luftpost zu versenden sind, werden im Hinblick auf die
Art und Weise des Transports durch § 28 Abs. 4 Satz 4 BWO
gesetzliche Vorgaben gemacht. Die Gemeindebehörde, wel-
che gemäß § 28 Abs. 4 Satz 3 BWO die Kosten der Versen-
dung zu tragen hat, darf bei ihrer Auswahlentscheidung auch
Kostengesichtspunkte berücksichtigen. Sie muss nicht die
schnellste und sicherste Beförderung, die auf dem Markt zu
haben ist, wählen. Ermessensfehlerhaft wird ihre Auswahl
erst dann, wenn der Zweck der Versendung – dem Wähler
die Ausübung seines Wahlrechts zu ermöglichen – bei ihrer
Entscheidung gar keine oder nur eine untergeordnete Rolle
spielt. Dafür ist hier nichts ersichtlich. Vielmehr zeigt der
Umstand, dass sich die Berliner Wahlbehörden von der
PIN AG haben zusichern lassen, dass die Briefwahlunter-
lagen spätestens am zweiten Werktag nach Übergabe an die

wurde er von der Stadt darauf hingewiesen, dass dem Antrag
wegen der fehlenden Eintragung ins Wählerverzeichnis Da der Einspruchsführer nur über eine Postfachadresse pos-
erfolglos die Europawahl 2004 angefochten hatte (vgl. Bun-
destagsdrucksache 15/4250, Anlage 6), ist der Ansicht, dass
er durch die Weigerung der Stadt, ihm Briefwahlunterlagen

Entscheidungsgründe

Es bestehen bereits Bedenken gegen die Zulässigkeit des
nicht entsprochen werden könne. Er könne aber einen An-
trag auf Eintragung ins Wählerverzeichnis stellen, wenn er
sich, ohne eine Wohnung innezuhaben, im Wahlgebiet ge-
wöhnlich aufhalte. Das Schreiben wurde an das Postfach
übermittelt. Am 6. September 2005 ging dann eine Kopie des
Antrags des Einspruchsführers vom 12. August 2005 bei der
Stadt ein. Diese erteilte noch am selben Tag einen mit einer
Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid über die Ver-
sagung des Wahlscheins. Dieser wurde an die Postfach-
anschrift und mit Datum vom 12. September 2005 an die
frühere Wohnungsanschrift mit Zustellungsurkunde über-
sandt. Ein Rechtsmittel wurde nicht eingelegt. Die Zustel-
lungsurkunde kam mit dem Vermerk „Adresse unter der
angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln“ zurück.

Der Einspruchsführer, der mit ähnlicher Begründung bereits

talisch zu erreichen ist, hat ihn das Sekretariat des Wahl-
prüfungsausschusses gebeten, eine zustellfähige postalische
Anschrift anzugeben. Darauf hat der Einspruchsführer er-
widert, dass in seinem Falle der Deutsche Bundestag die
Vorschriften der Zivilprozessordnung ausnahmsweise ein-
mal werde umgehen müssen oder aber die Zustellung an den
Oberbürgermeister der Stadt Esslingen werde richten müs-
sen. Der Beschluss des Deutschen Bundestages werde dann
dort persönlich abgeholt.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 127 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 127 – Drucksache 16/3600

Anlage 27

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn W. D., 73710 Esslingen
– Az.: WP 43/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 19. September 2005, das beim Deut-
schen Bundestag am 27. September 2005 eingegangen ist,
hat der Einspruchsführer Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 16. Deutschen Bundestag eingelegt. Gegenstand
des Einspruchs ist die Weigerung der Stadt Esslingen am
Neckar, dem Einspruchsführer Briefwahlunterlagen auszu-
stellen.

Der Einspruchsführer steht nicht im Melderegister der Stadt
Esslingen, da er aufgrund einer – dem Wahlprüfungsaus-
schuss in Kopie vorliegenden – Auszugsmitteilung des Ver-
mieters am 16. August 2003 rückwirkend auf den 14. August
2003 nach unbekannt abgemeldet wurde. Aus diesem
Grunde wurde er auch nicht ins Wählerverzeichnis eingetra-
gen. Mit Schreiben vom 12. August 2005, das am 15. August
2005 bei der Stadt Esslingen einging, beantragte der Ein-
spruchsführer unter Angabe der früheren Wohnungs-
anschrift die Übersendung von Briefwahlunterlagen an
eine Postfachanschrift. Mit Schreiben vom 17. August 2005

zeichnung der „Ausstellungsmitteilung“ – gemeint ist offen-
bar die Auszugsmitteilung des Vermieters – sei es zu Falsch-
beurkundungen im Amt gekommen. Damit sei eine verfas-
sungswidrige Ausbürgerung in die Wege geleitet worden.
Diese nehme er ebenso wenig hin wie er bereit sei, Wohnung
und Wohnsitz aufzugeben.

Die Landeswahlleiterin des Landes Baden-Württemberg, die
zu dem Einspruch Stellung genommen hat, ist der Auffas-
sung, dass die Voraussetzungen für eine Eintragung ins Wäh-
lerverzeichnis nicht vorgelegen hätten. Eine Eintragung von
Amts wegen sei nicht in Betracht gekommen, weil der Ein-
spruchsführer am 14. August 2005, dem nach § 16 Abs. 1
der Bundeswahlordnung (BWO) maßgeblichen Stichtag, tat-
sächlich nicht gemeldet gewesen sei. Für eine Eintragung auf
Antrag habe es an einem entsprechenden Antrag des Ein-
spruchsführers gefehlt.

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm bekannt gegebenen
Stellungnahme der Landeswahlleiterin im oben dargestellten
Sinne geäußert.
auszustellen, von der Ausübung seines Wahlrechts ausge-
schlossen worden sei. Im Zusammenhang mit der Unter-

Einspruchs, die jedoch zurückgestellt werden können, weil
der Einspruch jedenfalls offensichtlich unbegründet ist.

offengelassen (vgl. Bundestagsdrucksache 16/1800, An-
lage 58). Auch der vorliegende Fall zwingt insoweit nicht
zu einer Entscheidung, da der Einspruch jedenfalls offen-
sichtlich unbegründet ist.

Die Stadt Esslingen hat dem Einspruchsführer nämlich zu
Recht keine Briefwahlunterlagen ausgestellt. Sie wäre
hierzu nicht berechtigt gewesen.

Die Ausübung des Wahlrechts durch Briefwahl setzt gemäß
§ 14 Abs. 3b des Bundeswahlgesetzes (BWG) den Besitz
eines Wahlscheins voraus. Der Wahlschein – und mit ihm
gemäß § 28 Abs. 3 Satz 1 BWO in der Regel die Briefwahl-
unterlagen – werden nach § 26 BWO von derjenigen Ge-
meindebehörde ausgestellt, in deren Wählerverzeichnis der
Wahlberechtigte eingetragen ist oder hätte eingetragen wer-
den müssen. Der Einspruchsführer war aber weder im Wäh-
lerverzeichnis der Stadt Esslingen eingetragen noch hätte er
in deren Wählerverzeichnis eintragen werden müssen.

Eine Eintragung von Amts wegen nach § 16 Abs. 1 Nr. 1
BWO kam nicht in Betracht, weil der Einspruchsführer seit
seiner Abmeldung nach unbekannt im August 2003 nicht

Anlage 37). Abgesehen davon gab es aber auch überhaupt
keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Einspruchsführer in
Esslingen tatsächlich einen Wohnsitz hatte. Zwar verwen-
dete der Einspruchsführer im Schriftverkehr weiterhin seine
alte Wohnungsanschrift, Zustellungsversuche der Stadt an
diese Adresse schlugen jedoch fehl.

Auch auf Antrag hätte der Einspruchsführer nicht in das
Wählerverzeichnis der Stadt Esslingen eingetragen werden
müssen. Hierzu hätte er einen Antragstatbestand gegenüber
der Stadt Esslingen darlegen müssen, etwa, dass er, ohne
eine Wohnung innezuhaben, sich im Wahlgebiet sonst ge-
wöhnlich aufhält (vgl. § 16 Abs. 2 Nr. 1b, § 17 Abs. 2 Nr. 2
BWO). Dies hat er aber trotz Aufforderung durch die Stadt
Esslingen mit Schreiben vom 17. August 2005 nicht getan.
Die Schreiben des Einspruchsführers vom 12. August und
6. September 2005 an die Stadt Esslingen ließen sich nicht in
diesem Sinne interpretieren. Zwar ließ es der Umstand, dass
der Einspruchsführer nur unter einer Postfachadresse zu er-
reichen war, denkbar erscheinen, dass er keine Wohnung
innehatte. Eine ebenso schlüssige Erklärung konnte aber
sein, dass er seinen neuen Wohnsitz nicht offenlegen wollte.
Drucksache 16/3600 – 128 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 128 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Die Zulässigkeit des Einspruchs ist deshalb zweifelhaft, weil
der Einspruchsführer keine Wohnungsanschrift angegeben
hat, unter der er tatsächlich zu erreichen ist, sondern ledig-
lich ein Postfach. Zwar wird die Angabe einer so genannten
ladungsfähigen Anschrift vom Wortlaut des WPrüfG nicht
ausdrücklich verlangt. Dies ist jedoch auch im Falle der
Zivilprozess- und der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an-
ders. Gleichwohl ist für beide Prozessarten anerkannt, dass
eine ordnungsgemäße Klageerhebung zumindest im Regel-
fall die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift voraussetzt
(vgl. Bundestagsdrucksache 16/1800, Anlage 58 und die
dort angeführten Nachweise) und dass die Angabe eines
Postfachs diesem Erfordernis grundsätzlich nicht genügt
(vgl. BVerwG, NJW 1999, S. 2608 [2609]; Zöller/Greger,
Zivilprozessordnung, Kommentar, 25. Auflage, 2005, § 253
Rn. 8; Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Kom-
mentar, 14. Auflage, 2005, § 82 Rn. 4). Wahlprüfungsaus-
schuss und Deutscher Bundestag haben die Frage, ob diese
Grundsätze auch im Wahlprüfungsverfahren gelten, bislang

mehr im Melderegister der Stadt Esslingen stand. Zwar ist
der Einspruchsführer offenbar der Ansicht, dass diese Ab-
meldung zu Unrecht erfolgte. Denn er spricht im Zusammen-
hang mit der Auszugsmitteilung seines damaligen Vermie-
ters von Falschbeurkundungen. Ferner betont er, dass er
nicht zur Aufgabe seiner Wohnung und seines Wohnsitzes
bereit sei.

Ob eine Abmeldung zu Recht oder zu Unrecht erfolgte, ist
jedoch für die Eintragung ins Wählerverzeichnis nach
§ 16 Abs. 1 Nr. 1 BWO unerheblich. Denn ausweislich des
Wortlauts dieser Vorschrift werden ins Wählerverzeichnis
eingetragen nur die Wahlberechtigten, die gemeldet sind,
nicht auch diejenigen, die gemeldet sein müssten. Der Grund
dafür ist, dass nur im erstgenannten Fall in Gestalt des
Melderegisters eine praktisch handhabbare Grundlage für
eine Eintragung von Amts wegen zur Verfügung steht
(vgl. Schreiber, Kommentar zum Bundeswahlgesetz, 7. Auf-
lage, 2002, § 12 Rn. 15; Bundestagsdrucksache 16/1800,

Der Einspruchführer sieht in der Verweigerung des Wahl-
als Folge einer Verurteilung wegen einer Straftat verloren
gehen. Vielmehr muss das Gericht diese Nebenfolge aus-
scheins einen Wahlfehler. Es habe kein Richterspruch vorge-
legen, der ihm das aktive Wahlrecht aberkannt habe.

Der niedersächsische Landeswahlleiter, der zu dem Ein-
spruch Stellung genommen hat, teilt die Auffassung des
Einspruchsführers. Nur das passive Wahlrecht könne als
Nebenfolge der Verurteilung automatisch gemäß § 45 des
Strafgesetzbuches (StGB) verloren gehen. Für den Verlust
des aktiven Wahlrechts bedürfe es eines entsprechenden
Richterspruchs, der hier nicht vorgelegen habe.

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm bekannt gegebenen
Stellungnahme des Landeswahlleiters nicht mehr geäußert.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-

drücklich gemäß § 45 Abs. 5 StGB anordnen (vgl. Stree, in:
Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, Kommentar, 27. Auf-
lage, 2006, § 45 Rn. 13). Dies ist hier nicht geschehen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungs-
gerichts, der sich der Wahlprüfungsausschuss und der Deut-
sche Bundestag stets angeschlossen haben, kann eine Wahl-
anfechtung jedoch nur dann Erfolg haben, wenn sie auf
Wahlfehler gestützt wird, die auf die Sitzverteilung von
Einfluss sind oder hätten sein können (vgl. BVerfGE 89,
243 [254]; Bundestagsdrucksache 16/900, Anlage 20). Das
ist hier nicht der Fall. Eine Wahlteilnahme des Einspruchs-
führers hätte das Ergebnis der Bundestagswahl nur so ge-
ringfügig verändert, dass ein Einfluss auf die Sitzverteilung
ausgeschlossen werden kann.
Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn H. B., 29221 Celle
– Az.: WP 121/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit einem an den Oberbürgermeister der Stadt Celle gerich-
teten Schreiben vom 26. September 2005, das am 26. Okto-
ber 2005 beim Deutschen Bundestag eingegangen ist, hat der
Einspruchsführer Einspruch gegen die Wahl zum 16. Deut-
schen Bundestag eingelegt. Gegenstand seines Einspruchs
ist die Weigerung der Stadt Celle, ihm einen Wahlschein zu
erteilen.

Der Einspruchsführer verbüßt eine Haftstrafe in einer Justiz-
vollzugsanstalt in Celle. Am 1. September 2005 beantragte
er einen Wahlschein bei der Stadt Celle. Die Stadt Celle
lehnte diesen Antrag ab, weil sie der Ansicht war, dass der
Einspruchsführer durch die Verurteilung das aktive Wahl-
recht verloren hatte. Zwar wurde das Wahlrecht in dem
Urteil nicht ausdrücklich aberkannt. Die Stadt Celle ging
aufgrund einer entsprechenden Information der Staats-
anwaltschaft jedoch davon aus, dass der Verlust des aktiven
Wahlrechts des Einspruchsführers eine automatische Neben-
folge seiner Verurteilung sei.

prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det. Ein Wahlfehler liegt zwar vor, dieser ist jedoch nicht
mandatsrelevant.

Zu Unrecht hat die Stadt Celle die Ausstellung eines Wahl-
scheins mit der Begründung verweigert, der Einspruchsfüh-
rer sei vom Wahlrecht ausgeschlossen. Zwar werden gemäß
§ 17 Abs. 2 des Bundeswahlgesetzes (BWG) Wahlscheine
nur Wahlberechtigten erteilt. Der Einspruchsführer war je-
doch wahlberechtigt. Denn er war entgegen der Annahme
der Stadt Celle nicht gemäß § 13 Nr. 1 BWG infolge Rich-
terspruchs vom Wahlrecht ausgeschlossen. Im Gegensatz
zum passiven Wahlrecht (vgl. § 45 Abs. 1 StGB) kann das
aktive Wahlrecht nämlich nicht automatisch kraft Gesetzes
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 129 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 129 – Drucksache 16/3600

Anlage 28

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-

gleichen Wahl nicht vereinbar, und bei rund 60 Millionen
Wahlberechtigten auch nicht durchführbar, wenn etwa in
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det. Ein Wahlfehler kann dem vorgetragenen Sachverhalt
nicht entnommen werden.

Zwar hätte ein Ausschluss vom Wahlrecht in der Tat gemäß
§ 17 Abs. 1 des Bundeswahlgesetzes (BWG), § 16 Abs. 7

jedem Einzelfall zu überprüfen wäre, ob der Wähler geistig
in der Lage ist, die Bedeutung der Wahl zu würdigen und
dementsprechend zu wählen (Schreiber, Kommentar zum
BWG, 7. Auflage, § 13 Rn. 3).

Dem Anliegen des Einspruchsführers, die ärztlichen Diag-
nosen zu überprüfen und ihn ggf. zu rehabilitieren, kann im
Wahlprüfungsverfahren nicht entsprochen werden. Denn das
Wahlprüfungsverfahren betrifft ausschließlich Entscheidun-
gen und Maßnahmen, die sich auf die Vorbereitung oder
Durchführung der Wahl beziehen.
Zum Wahleinspruch

des Herrn W. M., 64331 Weiterstadt
– Az.: WP 87/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit Schreiben vom 20. September
2005, das beim Wahlprüfungsausschuss am 12. Oktober
2005 eingegangen ist, Einspruch gegen die Gültigkeit der
Wahl zum 16. Deutschen Bundestag eingelegt.

Zur Begründung trägt der Einspruchsführer vor, dass bei ihm
unter anderem schwere Geisteskrankheiten diagnostiziert
worden seien und er aus diesem Grunde auch schon gegen
seinen Willen in die geschlossene Psychiatrie verbracht wor-
den sei. Unter Betreuung habe er zum Zeitpunkt der Wahl
zwar nicht gestanden. Gleichwohl könne er – wenn die er-
wähnten Diagnosen richtig sein sollten – unmöglich wahl-
berechtigt sein. Eine Betreuung könne nicht das alleinige
Kriterium sein. Deshalb habe er auch seine Streichung aus
dem Wählerverzeichnis beantragt. Dies sei aber abgelehnt
worden und er habe auch gewählt. Entweder sei damit das
Ergebnis der Bundestagswahl unrichtig, weil ein Nichtwahl-
berechtigter eine Stimme abgegeben habe, oder aber die ge-
stellten Diagnosen seien falsch und er sei zu rehabilitieren.

Satz 1 der Bundeswahlordnung (BWO) sowie § 56 Abs. 7
BWO zur Folge gehabt, dass der Einspruchsführer nicht in
das Wählerverzeichnis hätte eingetragen und auch keine
Stimme hätte abgeben dürfen. Der Einspruchsführer war je-
doch nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen. Die Tatbestände
für einen Ausschluss vom Wahlrecht sind in § 13 BWG auf-
geführt. Daraus ergibt sich, dass eine psychische Erkrankung
als solche nicht zum Ausschluss vom Wahlrecht führt. Ent-
scheidend ist vielmehr allein, ob der Erkrankte zum Zeit-
punkt der Wahl unter Betreuung steht oder sich aufgrund
einer Maßregel der Besserung und Sicherung im Sinne der
§§ 63, 20 des Strafgesetzbuches in einem psychiatrischen
Krankenhaus befindet. Beides war hier nicht der Fall.

Entgegen der vom Einspruchsführer offenbar vertretenen
Auffassung sind die in § 13 BWG aufgeführten Ausschluss-
tatbestände auch abschließend und nicht um einen unge-
schriebenen – allein an die mangelnden Einsichts- oder
Geschäftsfähigkeit anknüpfenden – Ausschlussgrund zu er-
weitern. Es wäre mit den Prinzipien der allgemeinen und
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 131 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 131 – Drucksache 16/3600

Anlage 29

Beschlussempfehlung

Partei zu wählen. Am Tag der Wahl habe er jedoch feststellen
müssen, dass diese Partei in seinem Wahlkreis nicht zur

führte Parteienregister (VGH Kassel, NJW 1989, 2706) zu
gewähren und Abschriften auf Anforderung gebührenfrei zu
die anstehende Bundestagswahl um Herausgabe von Partei-
unterlagen gebeten habe. Soweit erinnerlich, habe er die Par-
teiunterlagen sämtlicher mit Landeslisten an der Wahl teil-

Da der Einspruchsführer genau die Informationen bekam,
die er nach dem objektiven Inhalt seiner Erklärung haben
wollte, kann auch von einer Verletzung des in Artikel 38
Wahl stand. Daraufhin habe er „in der Aufregung und der
Eile“ den Stimmzettel ungültig gemacht.

Der Einspruchsführer sieht in der Aushändigung eines
Programms einer Partei, die in seinem Wahlkreis nicht zur
Wahl stand, einen „großen Fehler“, der die in Artikel 38 des
Grundgesetzes (GG) verankerte Freiheit der Wahl verletzt
habe. Dieser Grundsatz umfasse auch die freie Meinungs-
bildung im Vorfeld der Wahl. Diese sei ihm hier nicht mög-
lich gewesen, weil er nicht die richtigen Informationen be-
kommen habe.

Der Bundeswahlleiter hat bei der Weiterleitung des Ein-
spruchs an den Wahlprüfungsausschuss bestätigt, dass An-
fang September 2005 ein Bürger, bei dem es sich vermutlich
um den Einspruchsführer gehandelt habe, unter Hinweis auf

erteilen. Diese Pflicht hat der Bundeswahlleiter erfüllt,
indem er dem Einspruchsführer Unterlagen über alle mit
Landeslisten an der Bundestagswahl teilnehmenden Parteien
aushändigte. Denn genau hierauf bezog sich die Anfor-
derung des Einspruchsführers. Dieser fragte nach eigenem
Bekunden gerade nicht, welche Parteien im Wahlkreis Wies-
baden zur Wahl stehen, sondern, „welche Parteien an der
Bundestagswahl 2005 so teilnehmen“. Es sind auch keinerlei
Umstände vorgetragen worden, die die Mitarbeiter des
Bundeswahlleiters dazu hätten veranlassen müssen, anzu-
nehmen, dass der Einspruchsführer in Wirklichkeit wissen
wollte, welche Parteien in seinem Wahlkreis zur Wahl stan-
den. Dies gilt umso mehr, als der Einspruchsführer nicht ein-
mal mitteilte, in welchem Wahlkreis er sein Wahlrecht aus-
zuüben berechtigt ist.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 133 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 133 – Drucksache 16/3600

Anlage 30

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn M. D., 65183 Wiesbaden
– Az.: WP 104/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem vom Bundeswahlleiter
an den Wahlprüfungsausschuss weitergeleiteten und dort am
17. Oktober 2005 eingegangenen Schreiben Einspruch ge-
gen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
eingelegt. Er begründet seinen Einspruch damit, dass ihn der
Bundeswahlleiter im Vorfeld der Wahl falsch informiert
habe.

Er habe sich am 5. September 2005 zum Bundeswahlleiter in
Wiesbaden begeben und dort gefragt, „welche Parteien an
der Bundestagswahl 2005 so teilnehmen“. Damit habe er
erstrangig die Parteien gemeint, die in seinem Wahlkreis in
Wiesbaden auf dem Stimmzettel stehen würden. Man habe
ihm jedoch, ohne dass ihm das bewusst gewesen sei, eine
Auflistung aller 25 Parteien, die an der Bundestagswahl mit
Landeslisten teilgenommen hätten, sowie fast alle Partei-
programme ausgehändigt. Bei der Durchsicht dieser Pro-
gramme habe er das Programm der „Feministischen Partei
DIE FRAUEN“ gelesen und sich dafür entschieden, diese

worden. Ein auf die Wahlvorschläge im Wahlkreis 180
(Wiesbaden) beschränktes Auskunftsersuchen des Ein-
spruchsführers sei nicht bekannt gewesen.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det. Ein Verstoß gegen wahlrechtliche Vorschriften ist dem
vorgetragenen Sachverhalt nicht zu entnehmen.

Nach § 6 Abs. 3 Satz 3 und 4 des Gesetzes über die politi-
schen Parteien (PartG) hat der Bundeswahlleiter jedermann
Einsicht in das von ihm gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 PartG ge-
nehmenden Parteien nebst deren Anschriften gewollt. Solch
eine Zusammenstellung sei ihm daraufhin auch übergeben

Abs. 1 Satz 1 GG verankerten Grundsatzes der Freiheit der
Wahl nicht die Rede sein.

Den Kreiswahlvorschlag habe er gemäß § 19 BWG bis
spätestens 15. August 2005, 18.00 Uhr beim Kreiswahlleiter

aufstellung an der Wahl teilgenommen. Dies solle – so ver-
mutet der Einspruchsführer – bundesweit wohl kein Einzel-
gen ist, beanstandet der Einspruchsführer, dass in den Wahl-
kreisen 143 und 144 in Dortmund weit über 10 000, mög-
licherweise sogar 25 000 Briefwahlunterlagen vertauscht

Das Bundesministerium des Innern sei gemäß § 52 Abs. 3
BWG ermächtigt gewesen, im Falle einer Auflösung des
Deutschen Bundestages die im Bundeswahlgesetz und in der
schriftlich einreichen müssen. Die Zeit bis zur Abgabefrist
sei seiner Ansicht nach eng bemessen gewesen. Erst nach
Abweisung der Klage von zwei Bundestagsabgeordneten
durch das Bundesverfassungsgericht am 27. August 2005 sei
der Wahltag 18. September 2005 gültig geworden.

Ein weiterer Hinderungsgrund für den Einspruchsführer sei
gewesen, dass finanzielle Aufwendungen für Wahlwerbung
notwendig geworden wären und er diese Kosten nicht habe
abschätzen können. Da er als Rentner nicht sehr vermögend
sei, habe er erst einmal abwarten müssen, da ein eventuell
verschobener Wahltag für ihn weitere Kosten hätte verur-
sachen können, die er sich nicht habe leisten können.

In einem weiteren Schreiben, das ausweislich des Post-
eingangsstempels der zentralen Postauszeichnungsstelle des
Deutschen Bundestages am 21. November 2005 eingegan-

fall gewesen sein. Zum weiteren Vorbringen hierzu wird auf
den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Schließlich macht der Einspruchsführer auf eine Unstimmig-
keit in einer vom Bundeswahlleiter herausgegebenen Bro-
schüre aufmerksam.

Die Landeswahlleiterin des Landes Nordrhein-Westfalen hat
zum Vorbringen des Einspruchsführers wie folgt Stellung
genommen:

Die Verkürzung der in § 19 BWG bestimmten Einreichungs-
frist auf den 34. Tag vor der Wahl (15. August 2005) sei zu-
lässig aufgrund der Verordnung über die Abkürzung von
Fristen für die Wahl zum 16. Deutschen Bundestag vom
21. Juli 2005, bekannt gegeben im Bundesgesetzblatt am
23. Juli 2005 (BGBl. I S. 2179).
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 135 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 135 – Drucksache 16/3600

Anlage 31

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn W. R., 45731 Waltrop
– Az.: WP 184/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird teilweise als unzulässig,
teilweise als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit drei Schreiben vom 16. November 2005, die beim Deut-
schen Bundestag am 18. und 21. November 2005 eingegan-
gen sind, hat der Einspruchsführer Einspruch gegen die Gül-
tigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag am 18. Sep-
tember 2005 eingelegt.

Zur Begründung trägt der Einspruchsführer vor, dass es ihm
nicht möglich gewesen sei, die gemäß § 20 Abs. 3 des Bun-
deswahlgesetzes (BWG) i. V. m. § 34 Abs. 4 der Bundes-
wahlordnung (BWO) erforderlichen 200 Unterstützungs-
unterschriften beizubringen. Er habe in seinem Wahlkreis als
unabhängiger Einzelkandidat an der Wahl teilnehmen
wollen. Der Bundespräsident habe durch Anordnung vom
21. Juli 2005 den Deutschen Bundestag aufgelöst und als
Termin für die Neuwahl den 18. September 2005 bestimmt.
Der Einspruchsführer habe frühestens am 28. Juli 2005 alle
Formblätter zur Einreichung seines Kreiswahlvorschlages
beantragen können. Es habe seiner Ansicht nach noch zwei
bis drei Tage gedauert, bis er alle Formblätter erhalten habe.

informiert gewesen. Somit müsse davon ausgegangen wer-
den, dass ein unrechtmäßiges Wahlergebnis in diesen beiden
Wahlkreisen zustande gekommen sei.

Der Einspruchsführer führt in diesem Schreiben weiter aus,
dass im Wahlkreis Recklinghausen (Wahlkreis 122) den an
die Wahlberechtigten übersandten Briefwahlunterlagen der
Stimmzettel nicht beigefügt worden sei. Nach Reklamatio-
nen sei dieser Fehler bemerkt worden, es könne aber nicht
mehr festgestellt werden, ob alle Personen ihren Stimmzettel
erhalten hätten oder ob einige einen zweiten Stimmzettel mit
ihren Unterlagen erhalten hätten. Auch hier könne davon
ausgegangen werden, dass ein unrechtmäßiges Wahlergeb-
nis in diesem Wahlkreis zustande gekommen sei.

In einem dritten Schreiben, das ebenfalls am 21. November
2005 eingegangen ist, trägt der Einspruchsführer vor, dass es
bei der Aufstellung des Wahlkreisbewerbers der Partei DIE
LINKE. in den Wahlkreisen 122 und 123 zu Unstimmig-
keiten gekommen sein soll. Dabei hätten vermutlich aus der
Partei WASG ausgetretene Mitglieder bei der Kandidaten-
gewesen sein sollen. Viele Wahlberechtigte hätten danach
einen nochmaligen Urnengang gescheut oder seien nicht

Bundeswahlordnung bestimmtem Fristen und Termine
durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates

ist sein Einspruch zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Die bei der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag aufgrund der
zuvor erfolgten Auflösung des Deutschen Bundestages er-
forderlich gewordene Fristverkürzung für die Einreichung
von Unterstützungsunterschriften stellt keinen Verstoß ge-
gen § 20 Abs. 3 BWO dar.

Die in Artikel 39 Abs. 1 Satz 4, Artikel 63 Abs. 4 Satz 3,
Artikel 68 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) für den Fall der
Auflösung des Deutschen Bundestages angeordnete Durch-
führung von Neuwahlen kann zu einer Verkürzung der in
§ 16 ff. BWG für den Normalfall einer Neuwahl vorge-
sehenen Fristen und Termine führen (vgl. Schreiber, Hand-
buch des Wahlrechts zum Deutschen Bundestag, 7. Auflage,
2002, § 52 Rn. 5). Aus diesem Grunde ermächtigt § 52
Abs. 3 BWG das Bundesministerium des Innern (BMI)
dazu, „im Falle einer Auflösung des Deutschen Bundestages
die in dem Bundeswahlgesetz und in der Bundeswahlord-
nung bestimmten Fristen und Termine durch Rechtsverord-
nung ohne Zustimmung des Bundesrates abzukürzen.“ Im
Jahr 2005 hat der Bundespräsident den Deutschen Bundes-
tag am letzten Tag der 21-Tage-Frist nach Artikel 68 Abs. 1
Satz 1 GG aufgelöst, so dass der letzte Sonntag innerhalb der
60-Tage-Frist nach Artikel 39 Abs. 1 Satz 4 GG der 18. Sep-
tember 2005 war, an dem dann die Wahl zum 16. Deutschen
Bundestag stattfand. Das BMI hat die entsprechende Rechts-
verordnung über die Abkürzung von Fristen für die Wahl

Halbsatz 1 BWG für den Fall der vorzeitigen Beendigung
der Wahlperiode geschaffen. Danach gelten die Fristen, nach
deren Ablauf die Parteien frühestens mit der Aufstellung von
Parteibewerbern beginnen dürfen, nicht im Fall des vorzei-
tigen Endes der Wahlperiode. Mit dieser auch auf den Auf-
lösungsfall nach Artikel 68 GG anzuwendenden Sonder-
regelung (vgl. Bundestagsdrucksache 7/2873, S. 39) hat der
Gesetzgeber deutlich gemacht, dass er die wahlrechtlichen
Folgen einer Bundestagsauflösung nach Artikel 68 GG, die
aus der Fristverkürzung des Artikels 39 Abs. 1 Satz 4 GG
resultieren, bedacht hat. Dabei hat er davon abgesehen, ent-
sprechende Ausnahmetatbestände zum Erfordernis der Un-
terstützungsunterschriften – z. B. in Form einer Absenkung
oder Suspendierung des Quorums – zu schaffen.

Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht darauf hin-
gewiesen, dass „äußerst knappe Zeiträume“ hinzunehmen
seien, „wenn sie – wie etwa bei vorzeitiger Auflösung des
Bundestages – für alle betroffenen Parteien im gesamten
Wahlgebiet in gleicher Weise gelten“ (BVerfGE 82, S. 353,
368).

Die mit den beiden weiteren Schreiben vom 16. November
2006 eingelegten Wahleinsprüche sind unzulässig, da sie
jeweils erst am 21. November 2005 beim Deutschen Bun-
destag eingegangen sind. Gemäß § 2 Abs. 4 Satz 1 WPrüfG
hätten die Einspruchsschreiben aber binnen einer Frist von
zwei Monaten nach dem Wahltag, also spätestens am 18. No-
vember 2005, beim Deutschen Bundestag eingehen müssen.
Drucksache 16/3600 – 136 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 136 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

abzukürzen. Die Fristverkürzung sei rechtmäßig gewesen
und vom Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom
23. August 2005 (2 BvE 5/05) nicht beanstandet worden.

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm bekannt gegebenen
Stellungnahme nicht geäußert.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Soweit der Einspruchsführer die Verkürzung der Einrei-
chungsfrist für die Wahl zum 16. Deutschen Bundestag rügt,

zum 16. Deutschen Bundestag an dem Tag (21. Juli 2005) er-
lassen, an dem der Bundespräsident den Deutschen Bundes-
tag aufgelöst hat, so dass ein Wahlfehler nicht zu erkennen
ist.

§ 52 Abs. 3 BWG ist bereits 1985 in das Bundeswahlgesetz
eingefügt worden. Mit dem Gesetz zur Änderung des Bun-
deswahlgesetzes vom 8. März 1985 (BGBl. I S. 521) hat der
Bundesgesetzgeber zum Ausdruck gebracht, an dem Erfor-
dernis eines Unterschriftenquorums ausnahmslos – und da-
mit auch im Fall der Wahlvorbereitung nach einer Auflösung
des Deutschen Bundestages – festhalten zu wollen (vgl.
hierzu BVerfG, 2 BvE 5/05 vom 23. August 2005, Ab-
sätze 21 und 43). Durch die Einführung des heutigen § 21
Abs. 3 Satz 4 BWG hat der Gesetzgeber nämlich eine Son-
derregelung in Bezug auf die Frist des § 21 Abs. 3 Satz 4

spruchsführer mit Schreiben vom 28. September 2005 da-
rauf hingewiesen, dass sein sich auf die Wahlbenachrichti-

tigungskarten vertauscht und somit ungültig geworden seien,
lässt sich kein mandatsrelevanter Wahlfehler entnehmen.
berechtigten im Wahllokal ausweisen mussten. Ausweisen
müssen sich nach § 59 Satz 1 der Bundeswahlordnung
(BWO) die Inhaber von Wahlscheinen. Ansonsten hat sich

Wahllokal verwiesen werden.

Auch für den Fall, dass der Einspruchsführer mit dem Vor-
gungskarten beziehender Vortrag erläuterungsbedürftig sei.
Der Einspruchsführer hat darauf nicht reagiert.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes von einer mündlichen Verhandlung abzu-
sehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

I.

Es entspricht geltendem Recht, dass sich nicht alle Wahl-

Zum einen ist der Besitz einer Wahlbenachrichtigung für die
Teilnahme an der Wahl nicht zwingend erforderlich. Kann
ein Wähler keine Wahlbenachrichtigung vorlegen, ist der
Wahlvorstand lediglich gehalten, von ihm zu verlangen, dass
er sich über seine Person ausweist (vgl. § 56 Abs. 3 Satz 2
BWO). Zum anderen ist es auch kaum vorbestellbar, dass die
Stimmabgabe eines Wählers durch aus seiner Sicht falsche
Angaben auf der Wahlbenachrichtigung – etwa in Bezug auf
den Wahlraum (vgl. § 19 Abs. 1 Nr. 2 BWO) – vereitelt
wird. Denn auf der Wahlbenachrichtigung wird der Name
des Wahlberechtigten, für den sie bestimmt ist, angegeben,
so dass ein Wähler, der die Wahlbenachrichtigung eines an-
deren erhält, dies sofort bemerken und die dort gemachten
Angaben hinterfragen dürfte. Selbst wenn der Irrtum erst am
Wahltag im Wahllokal bemerkt werden würde, könnte er
noch behoben und der Wähler an das für ihn bestimmte
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 137 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 137 – Drucksache 16/3600

Anlage 32

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn G. R., 68766 Hockenheim
– Az.: WP 30/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 20. September 2005, das am 21. Septem-
ber 2005 beim Deutschen Bundestag eingegangen ist, hat der
Einspruchsführer Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl
zum 16. Deutschen Bundestag am 18. September 2005 ein-
gelegt.

Zur Begründung trägt der Einspruchsführer vor, dass er fest-
gestellt habe, dass man im Wahllokal seinen Personalaus-
weis nicht habe vorzeigen müssen. Dies lasse ihn vermuten,
dass die Wahl nicht ordnungsgemäß verlaufen sei. Denn je-
der, der nicht an der Wahl teilgenommen habe, habe seine
Wahlbenachrichtigung einer anderen Person aushändigen
können. Dadurch habe die Wahl manipuliert werden können.
Weiterhin trägt der Einspruchsführer vor, dass „durch Post-
zustellung Wahlbenachrichtigungskarten vertauscht wurden
und somit ungültig“ seien. Sollten sich diese Verdächtigun-
gen als richtig erweisen, müsse die Bundestagswahl für un-
gültig erklärt werden.

Das Sekretariat des Wahlprüfungsausschusses hat den Ein-

stand verlangt dies insbesondere dann, wenn der Wähler
seine Wahlbenachrichtigung nicht vorlegt. Ist der Name des
Wählers im Wählerverzeichnis aufgeführt, die Wahlberech-
tigung festgestellt und besteht außerdem kein Anlass zur Zu-
rückweisung des Wählers, gibt der Wahlvorstand die Wahl-
urne frei (§ 56 Abs. 4 Satz 1 BWO). In der Regel ist somit
die Vorlage der Wahlbenachrichtigung zur Feststellung der
Identität ausreichend. Diese Art der Kontrolle bietet hinrei-
chend Gewähr dafür, dass die Identität der Wählerinnen und
Wähler überprüft und Manipulationen durch mehrfache
Teilnahme an der Wahl verhindert werden (Bundestags-
drucksache 15/1150, Anlage 33). Daher bestehen auch an
ihrer Vereinbarkeit mit dem Bundeswahlgesetz und mit der
Verfassung keine Zweifel (vgl. Bundestagsdrucksachen
15/1150, Anlagen 31, 33; 16/900, Anlage 22).

II.

Auch der Behauptung des Einspruchsführers, ihm sei be-
kannt geworden, dass durch Postzustellung Wahlbenachrich-
der Wahlberechtigte nach § 56 Abs. 3 Satz 2 BWO nur auf
Verlangen des Wahlvorstandes auszuweisen. Der Wahlvor-

wurf der fehlerhaften Zustellung von Wahlbenachrichti-
gungskarten die Vorfälle in Dortmund meint, wo am 2. Sep-

Drucksache 16/3600 destag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 destag – 16. Wahlperiode
– 138 – Deutscher Bun– 138 – Deutscher Bun

tember 2005 rund 50 000 Briefwahlunterlagen der Wahl-
kreise Dortmund I und II vertauscht worden sind, könnte
sein Einspruch keinen Erfolg haben. Denn insoweit hat der
Deutsche Bundestag bereits festgestellt, dass es bei der Ver-
sendung der Briefwahlunterlagen zwar zu Wahlfehlern ge-
kommen ist, diese sich aber nicht auf die Sitzverteilung im
Deutschen Bundestag ausgewirkt haben (vgl. Bundestags-
drucksache 16/900, Anlagen 1 bis 10). Eine Wahlanfechtung
kann aber nur dann Erfolg haben, wenn ein Wahlfehler fest-
gestellt wird und dieser auf die Sitzverteilung von Einfluss
ist oder sein könnte (vgl. BVerfGE 89, 243 [254]; Bundes-
tagsdrucksache 16/900, Anlage 20, S. 52).

dass im Vorfeld der Wahl die Stadt Hameln alle privaten
Eigentümer von Räumlichkeiten, in denen Wahllokale ein-

dass der Wahlraum sich in einem privaten Einkaufszentrum
befand. Das ergibt sich aus § 46 Abs. 1 Satz 2 BWO, wonach
gewesen sei, hätte auch keineswegs zwangsläufig eine Zu-
rückweisung des Einspruchsführers von der Stimmabgabe
zur Folge haben müssen. Zwar habe die dem Einspruchs-

gerichtet worden waren, informiert.

Die Aufforderung auf der Wahlbenachrichtigung, den Per-
sonalausweis oder Reisepass mitzubringen, entsprach den
gerichtet gewesen seien, darauf hingewiesen habe, dass ge-
gebenenfalls verhängte Hausverbote für die Zeit der Stimm-
abgabe auszusetzen seien. In diesem Zusammenhang sei es
am Wahltag auch zu keinerlei Problemen gekommen. Im
Übrigen habe Betroffenen, die von der Aussetzung des
Hausverbots keine Kenntnis erlangt hätten, die Möglichkeit
der Briefwahl offengestanden.

Soweit der Einspruchsführer behaupte, dass er mangels Per-
sonalausweis nicht habe wählen können, beziehe sich sein
Vortrag nicht auf eine konkrete Zurückweisung. Denn am
Wahltag sei es im Kontext der Ausweispflicht zu keinerlei
Vorkommnissen gekommen. Der Umstand, dass der Ein-
spruchsführer, der mehrmals erfolglos dazu aufgefordert
worden sei, seinen 1992 abgelaufenen Personalausweis zu
verlängern, nicht im Besitz eines gültigen Personalausweises

nur soweit möglich, Wahlräume in Gemeindegebäuden zur
Verfügung gestellt werden sollen. Demgemäß gehören auch
die durch die zusätzliche Anmietung von Wahllokalen ent-
stehenden Kosten zu den nach § 50 Abs. 1 des Bundeswahl-
gesetzes (BWG) zu erstattenden Ausgaben der Gemeinden
(vgl. Schreiber, Kommentar zum BWG, 7. Auflage, 2002,
§ 50 Rn. 5, 10). Entgegen der Ansicht des Einspruchsführers
wirft die Nutzung privater Räumlichkeiten auch keine Pro-
bleme im Hinblick auf das an solchen Räumen unter norma-
len Umständen bestehende Hausrecht des Inhabers auf.
Denn dieses wird für die Zeit der Wahl durch § 31 Satz 1
BWG und § 54 BWO, wonach jedermann Zutritt zum Wahl-
raum haben muss (vgl. dazu Schreiber, a. a. O., § 31 Rn. 3),
überlagert. Hierüber wurden vorbeugend auch alle privaten
Eigentümer von Räumlichkeiten, in denen Wahllokale ein-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 139 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 139 – Drucksache 16/3600

Anlage 33

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn T. D., 31789 Hameln
– Az.: WP 38/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mittels Telefax am 10. Oktober
2005 Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deut-
schen Bundestag eingelegt.

Zur Begründung trägt der Einspruchsführer vor, dass auf
seiner Wahlbenachrichtigung gestanden habe, man habe die
Wahlbenachrichtigung und einen Personalausweis mitzu-
bringen. Da er keinen Personalausweis besitze, habe er folg-
lich nicht wählen können. Darüber hinaus moniert der Ein-
spruchsführer, dass sich ein Wahllokal in einem privat betrie-
benen Einkaufszentrum in Hameln befunden habe. Denn da-
durch habe die Gefahr bestanden, dass der Inhaber, der öfter
mit Hausverboten drohe, gegen einige Bürger ein Hausver-
bot ausgesprochen und diese damit an einer Wahlteilnahme
gehindert habe. Ohnehin dürfte ein Wahllokal, für das ein
privates Hausrecht gelte, wohl nicht zulässig sein.

Der Niedersächsische Landeswahlleiter hat unter Einbezie-
hung des Kreiswahlleiters des Wahlkreises 46 (Hameln-
Pyrmont – Holzminden) in seiner Stellungnahme erklärt,

halten, bei der Urnenwahl Personalausweis oder Reisepass
bereitzuhalten. Nach § 56 Abs. 3 Satz 2 BWO stehe es aber
im Ermessen des Wahlvorstandes, sich Personalausweis oder
Pass vorlegen zu lassen. Davon solle der Wahlvorstand nur
in Ausnahmefällen Gebrauch machen.

Der Einspruchsführer, dem die Stellungnahme des Landes-
wahlleiters zugesandt worden ist, hat von der Möglichkeit,
sich dazu zu äußern, keinen Gebrauch gemacht.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det. Es können keine Wahlfehler festgestellt werden.

Es stand mit den Regelungen des Wahlrechts im Einklang,
führer übersandte Wahlbenachrichtigung gemäß § 19 Abs. 1
Nr. 5 der Bundeswahlordnung (BWO) die Aufforderung ent-

Vorgaben des § 19 Abs. 1 Nr. 5 BWO. Eine rechtswidrige
Einschränkung des Wahlrechts kann hierin nicht gesehen

Drucksache 16/3600 destag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 destag – 16. Wahlperiode
– 140 – Deutscher Bun– 140 – Deutscher Bun

werden. Denn das Risiko, gemäß § 56 Abs. 7, Abs. 3 Satz 2
BWO von der Stimmabgabe zurückgewiesen zu werden,
weil Zweifel des Wahlvorstandes an der Identität des Wäh-
lers nicht durch Vorlage eines Ausweispapiers ausgeräumt
werden können (vgl. Schreiber a. a. O., § 34 Rn. 6), ist
demjenigen zuzurechnen, der entgegen § 1 des Personalaus-
weisgesetzes weder einen Personalausweis noch einen gülti-
gen Pass besitzt.

Zweitens habe sich die Reihenfolge der Landeslisten auf
dem Stimmzettel nach den jeweiligen vorhergehenden Wahl-

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
Listen dieser Parteien. Die Plätze 6 und 7 blieben in der
Spalte „Erststimme“ frei. In der Spalte „Zweitstimme“ stan-
den dort die Listen der Parteien DIE REPUBLIKANER und

Verfassungswidrigkeit von Wahlrechtsvorschriften festzu-
stellen. Diese Kontrolle ist stets dem Bundesverfassungs-
gericht vorbehalten worden (vgl. Bundestagsdrucksachen
ergebnissen gerichtet. Dadurch sei die „gebotene basisdemo-
kratische Chancengleichheit aller politischen Parteien hin-
tertrieben“ worden. Der Einspruchsführer ist der Auffas-
sung, dass sich die Reihenfolge entweder nach dem Alphabet
(von A bis Z oder von Z bis A) oder dem „Zufallsprinzip
nach Los“ richten müsse. Zur Untermauerung seines Vortra-
ges hat der Einspruchsführer seiner Einspruchsschrift einen
Stimmzettel des Wahlkreises 93 (Euskirchen – Erftkreis II)
beigefügt.

Drittens wendet sich der Einspruchsführer dagegen, dass auf
den Stimmzetteln dieses Wahlkreises „der einzig real kan-
didierende Einzelkandidat“ erst auf Platz 17 der Spalte
„Erststimme“ aufgeführt war. Auf den Plätzen 1 bis 5 stan-
den die Kreiswahlvorschläge der Parteien SPD, CDU, FDP,
GRÜNE, DIE LINKE. – jeweils neben den entsprechenden

det. Ein Wahlfehler kann nicht festgestellt werden.

I.

Der Umstand, dass bei der Bundestagswahl jeder Wähler
zwei Stimmen hatte, entsprach den gesetzlichen Vorgaben.
Denn nach § 4 des Bundeswahlgesetzes (BWG) hat jeder
Wähler zwei Stimmen, eine Erststimme für die Wahl eines
Wahlkreisabgeordneten und eine Zweitstimme für die Wahl
einer Landesliste.

Soweit der Einspruchsführer mit seiner Berufung auf den
Grundsatz „one man, one vote“ verfassungsrechtliche Ein-
wände gegen diese Vorschrift geltend zu machen beabsich-
tigt, ist daran zu erinnern, dass sich der Deutsche Bundestag
im Rahmen der Wahlprüfung nicht dazu berufen sieht, die
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 141 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 141 – Drucksache 16/3600

Anlage 34

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn R. A., 53902 Bad Münstereifel
– Az.: WP 117/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Einspruchsführer hat mit einem Telefax, das am 24. Ok-
tober 2005 beim Wahlprüfungsausschuss eingegangen ist,
Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen
Bundestag eingelegt.

Der Einspruchsführer stützt seinen Einspruch auf drei
„Kernargumente“.

Erstens habe bei der Bundestagswahl im Gegensatz zu den
meisten Landtagswahlen das „Zwei-Stimmen-Verfahren“
gegolten. Dies habe gegen den Grundsatz „ONE MAN,
ONE VOTE“ verstoßen. Es liege daher „eine basisdemo-
kratische Grundsatzverletzung, die strukturell Wähler(in-
nen)willen verzerren muß“, vor. Das Zwei-Stimmen-Verfah-
ren müsse deshalb bei künftigen Bundestagswahlen durch
ein „‚Sie haben eine Stimme‘-Prinzip“ ersetzt werden. Der
Einspruchsführer nimmt in diesem Zusammenhang auch
Bezug auf die „austrische Diskussion“ und verweist bei-
spielhaft auf eine Internetadresse.

bis 16 waren in der Spalte „Erststimme“ wieder unbesetzt. In
der Spalte „Zweitstimme“ standen dort Listen von Parteien.
Auf Platz 17 folgte dann in der Spalte „Erststimme“ ein
Kreiswahlvorschlag. Die Spalte „Zweistimme“ blieb leer.
Der Einspruchsführer ist der Ansicht, dass dieser Wahlkreis-
bewerber durch die dargestellte Reihenfolge überhaupt keine
basisdemokratische Chance gehabt habe, sondern gleich
dreifach diskriminiert worden sei. Er fordert insoweit die
Wiederholung der Erststimmenabgabe im Wahlkreis 93.

Darüber hinaus merkt der Einspruchsführer an, dass nach
seiner Auffassung die Auflösung des 15. Deutschen Bundes-
tages „so illegal wie illegitim“ gewesen sei.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.
MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ. Auf Platz 8 standen
der Kreiswahlvorschlag und die Liste der NPD. Die Plätze 9

15/2400, Anlage 11, S. 49; 13/3035; 16/1800, Anlage 57,
S. 280; ferner BVerfGE 89, 291 [300]).

mehr als eine Stimme hat. Entscheidend ist vielmehr, dass je-
der Wähler gleich viele Stimmen wie jeder andere hat und
jede Stimme grundsätzlich gleiche Kraft (Maunz, in: Maunz/
Dürig, Grundgesetz, Artikel 38 Rn. 48). Das ist bei dem in
§ 4 BWG verankerten Zweistimmensystem gewährleistet,
weil eben jeder Wähler zwei Stimmen – eine Erst- und eine
Zweitstimme – hat. Zwar wird durch das Zusammenspiel
von § 4 BWG mit § 6 Abs. 5 BWG die Entstehung von
Überhangmandaten ermöglicht. Die damit verbundene Dif-
ferenzierung im Hinblick auf den Erfolgswert von Wähler-
stimmen ist jedoch mit dem Grundsatz der Wahlgleichheit
aus Artikel 38 Abs. 1 Satz 1 GG vereinbar (vgl. BVerfGE 95,
335 [357 ff.]; Bundestagsdrucksache 16/900, Anlagen 11,
12). Denn sie rechtfertigt sich aus der Entscheidung des
Gesetzgebers für eine personalisierte Verhältniswahl (vgl.
§ 1 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BWG) mit ihrem besonderen An-
liegen, durch die Wahl der Wahlkreiskandidaten eine engere
persönliche Beziehung zumindest der Hälfte der Abgeordne-
ten des Deutschen Bundestages zu ihrem Wahlkreis zu ge-
währleisten (vgl. BVerfGE 95, 335 [358 ff.]).

II.

Die Platzierung des Einzelkandidaten des Wahlkreises 93
auf Platz 17 des Stimmzettels entsprach ebenfalls den ge-
setzlichen Vorgaben. Nach § 30 Abs. 3 Satz 3 BWG richtet
sich die Reihenfolge der Kreiswahlvorschläge nach der Rei-
henfolge der entsprechenden Landeslisten. Kreiswahlvor-
schläge, denen – wie hier – keine Landesliste entspricht,
schließen sich nach § 30 Abs. 3 Satz 4 BWG an. Damit war
es ausgeschlossen, den Einzelkandidaten neben den Listen-
vorschlag einer weiter oben stehenden Partei, für die selbst
kein Kreiswahlvorschlag zur Wahl stand, zu setzen. Denn
dann wäre angesichts der Regelung des § 30 Abs. 3 Satz 3

keine Verletzung des Grundsatzes der gleichen Wahl aus
Artikel 38 Abs. 1 Satz 1 GG und des daraus abzuleitenden
Anspruchs auf Chancengleichheit der Wahlbewerber zu
sehen. Abgesehen davon, dass sich die Platzierung – wie
gezeigt – zwingend aus gesetzlichen Vorgaben ergab und
die Feststellung der Verfassungswidrigkeit von Wahlrechts-
normen dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten ist, ist
auch eine rechtfertigungsbedürftige Beeinträchtigung der
Wahlchancen gegenüber weiter oben platzierten Wahl-
vorschlägen nicht ersichtlich. Denn die Wähler orientieren
sich bei ihrer Wahlentscheidung regelmäßig nicht an der
Reihenfolge der Wahlvorschläge auf dem Stimmzettel,
sondern an den jeweils verfolgten Zielen der Parteien und
Kandidaten (vgl. BVerfGE 29, 154 [164]; Bundestags-
drucksache 16/1800, Anlage 45, S. 252; Schreiber, Kom-
mentar zum BWG, 7. Auflage, 2002, § 30 Rn. 8).

Aus denselben Gründen kann auch darin, dass nach § 30
Abs. 3 Satz 1 BWG die Zahl der Zweitstimmen, die eine Par-
tei bei der letzten Bundestagswahl im Land erreicht hat, aus-
schlaggebendes Kriterium für ihre Platzierung auf dem
Stimmzettel ist, kein Verstoß gegen Artikel 38 Abs. 1 Satz 1
GG gesehen werden.

III.

Soweit der Einspruchsführer die Rechtmäßigkeit der Auf-
lösung des 15. Deutschen Bundestages anzweifelt, ist da-
rauf zu verweisen, dass das Bundesverfassungsgericht am
25. August 2005 entschieden hat, dass die Auflösung des
15. Deutschen Bundestages und die Ansetzung von Neu-
wahlen für den 18. September 2005 verfassungsmäßig war
(vgl. BVerfG, NJW 2005, S. 2669 ff.). Hieran ist der Deut-
sche Bundestag gemäß § 31 Abs. 1 des Bundesverfassungs-
gerichtsgesetzes gebunden.
Drucksache 16/3600 – 142 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 142 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Abgesehen davon ist an der Verfassungsmäßigkeit des § 4
BWG aber auch nicht zu zweifeln. Zwar hat der Grundsatz
„one man, one vote“ durchaus seinen Niederschlag im
Grundgesetz (GG) gefunden, nämlich im Grundsatz der glei-
chen Wahl (Artikel 38 Abs. 1 Satz 1 GG), der sich gegen
eine unterschiedliche Gewichtung der Stimmen nach der
Person des Wählers, seiner Zugehörigkeit zu einer Klasse
oder seinen Vermögensverhältnissen wendet (vgl. BVerfGE
95, 335 [353]; H.-P. Schneider, in: Denninger u. a. [Hrsg.]
Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik
Deutschland, Loseblatt, Artikel 38 Rn. 67 [Stand: August
2002]). Anders als der Einspruchsführer offenbar annimmt,
gebietet dieser Grundsatz aber nicht, dass jeder Wähler nicht

BWG, wonach die Reihenfolge der Kreiswahlvorschläge der
der entsprechenden Landeslisten folgt, der Eindruck entstan-
den, es handele sich um einen Kreiswahlvorschlag dieser
Partei. Es wäre aber auch nicht zulässig gewesen, den Ein-
zelkandidaten dadurch weiter oben zu platzieren, dass man
die durchgehende Reihe der Listen unterbricht, um so eine
freie Zeile für den Einzelkandidaten zu gewinnen. Denn aus
§ 30 Abs. 3 Satz 1 und 2 BWG folgt, dass die Landeslisten in
einer durchgehenden Reihenfolge aufgeführt werden müs-
sen.

In der Platzierung des Einzelkandidaten in der 17. Zeile
des Stimmzettels vermag der Deutsche Bundestag auch

hingewiesen, dass der Einspruchsführer keineswegs vom
Wahlrecht ausgeschlossen, sondern vielmehr im Wähler-

Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
ihre eigene Daseinsberechtigung zum Ausdruck bringe. Der
„selbst verordnete Ausschluß vom Wahlrecht kongruent mit
dem 8. Wahlgesetz gemäß § 13“ sei nach einer Klärung der

treuung bezieht sich nur auf bestimmte Angelegenheiten.

Auch die Verfahrensfähigkeit des Einspruchsführers wird
verzeichnis eingetragen gewesen sei. Bedauerlicherweise
habe er offenbar die Kennzeichnung auf der Wahlbenach-
richtigungskarte missverstanden. Das Rollstuhlfahrersym-
bol werde nach Angaben der Stadt Köln seit der Bundestags-
wahl 2005 als Hinweis auf die Barrierefreiheit eines Wahl-
lokals verwendet. Dies entspreche § 46 Abs. 1 der Bundes-
wahlordnung (BWO), der die Gemeindebehörden zu solch
einem Hinweis verpflichte, ohne die Form dieses Hinweises
ausdrücklich vorzuschreiben. Das von der Stadt Köln ge-
wählte Piktogramm sei auch geeignet, die Wahlberechtigten
über die behindertengerechte Zugänglichkeit des Wahlrau-
mes zu informieren.

Der Einspruchsführer hat sich zu der Stellungnahme der
Landeswahlleiterin dahingehend geäußert, dass ihr angeb-
liches Bedauern über ein Missverständnis nur die Sorge um

lung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

1. Der Zulässigkeit des Einspruchs steht nicht entgegen, dass
der Einspruchsführer unter Betreuung steht.

Die Einspruchsberechtigung knüpft gemäß § 2 Abs. 2
WPrüfG an die Wahlberechtigung an. Eine Betreuung kann
gemäß § 13 Nr. 2 BWG zwar zum Ausschluss vom Wahl-
recht führen. Voraussetzung ist jedoch, dass dem Betroffe-
nen ein Betreuer zur Besorgung aller seine Angelegenheiten
bestellt worden ist. Dies ist hier nicht der Fall. Denn die Be-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 143 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 143 – Drucksache 16/3600

Anlage 35

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn J.-E. M., 51145 Köln
– Az.: WP 154/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 14. November 2005, das am 16. No-
vember 2005 beim Wahlprüfungsausschuss des Deutschen
Bundestages eingegangen ist, hat der Einspruchsführer
Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen
Bundestag am 18. September 2005 eingelegt.

Der Einspruchsführer moniert die Gestaltung seiner Wahl-
benachrichtigung, die er seiner Einspruchsschrift beigefügt
hat. Auf der Wahlbenachrichtigung der Stadt Köln ist un-
terhalb des Namens des Wahlberechtigten und neben der
Adresse des Wahllokals ein Rollstuhlfahrersymbol zu sehen,
das mit einem grünen Leuchtstift besonders hervorgehoben
ist. Der Einspruchsführer ist der Auffassung, dass er wegen
der seiner Auffassung nach „unzulässigen Markierung –
Rollstuhl (Par)“ nach § 13 des Bundeswahlgesetzes (BWG)
vom Wahlrecht ausgeschlossen worden sei und dass es sich
um eine Manipulation des Wählerwillens gehandelt habe.

Die Landeswahlleiterin des Landes Nordrhein-Westfalen,
die zu dem Einspruch Stellung genommen hat, hat darauf

führer dem Bundesnachrichtendienst verschiedene Strafta-
ten vor. Es wird insoweit auf den Inhalt der Akte Bezug ge-
nommen. In weiteren Schreiben bekräftigt der Einspruchs-
führer seinen Standpunkt und berichtet über seine Betreu-
ungssache vor dem Amtsgericht Köln. Aus einem in Kopie
beigefügten Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 27. April
2006 ergibt sich, dass die für den Einspruchsführer geführte
Betreuung aufrechterhalten wird mit der Maßgabe, dass der
Aufgabenkreis des Betreuers die Aufenthaltsbestimmung,
die Gesundheitsfürsorge, alle Vermögensangelegenheiten,
die Vertretung bei Behörden, die Befugnis zum Empfang
von Post und das Zutrittsrecht zur Wohnung umfasst. Für die
Vermögensangelegenheiten ist ein Einwilligungsvorbehalt
angeordnet.

Der Betreuer des Einspruchsführers hat fernmündlich ge-
genüber dem Sekretariat des Wahlprüfungsausschusses mit-
geteilt, dass Interessen des Einspruchsführers einer Fortfüh-
rung des Wahlprüfungsverfahrens nicht entgegenstehen.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Sachlage beim Amtsgericht Köln mit einem Bericht vom
23. Mai 2006 „logisch“. Des Weiteren wirft der Einspruchs-

durch die Betreuung nicht beeinträchtigt. Zwar gehört zum
Aufgabenkreis des Betreuers auch die Vertretung bei Behör-

Vermögensangelegenheiten, zu denen das Wahlprüfungs-
verfahren nicht gehört. Der Betreuer hat das Verfahren auch
nicht an sich gezogen.

zu § 19 Abs. 1 BWO entspricht – der Satz: „Sie sind in das
Wählerverzeichnis eingetragen und können im unten ange-
gebenen Wahllokal wählen.“
Drucksache 16/3600 – 144 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 144 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

den. Ferner spricht einiges dafür, dass darunter auch die Ver-
tretung im Wahlprüfungsverfahren zu verstehen ist. Denn
die Formulierung „Vertretung bei Behörden“ in Betreuungs-
beschlüssen wird im Allgemeinen weit ausgelegt, so dass
zum Beispiel auch die Vertretung in gerichtlichen Verfahren
dazu gehört (vgl. Deuing, in: Jurgeleit [Hrsg.], Betreuungs-
recht, Handkommentar, 2006, § 1902 BGB, Rn. 96). Jedoch
führt der Umstand, dass der Aufgabenkreis eines Betreuers
auch das Wahlprüfungsverfahren umfasst, nicht automatisch
dazu, dass der Betreute insoweit ohne Zustimmung des Be-
treuers keine wirksamen Prozesserklärungen mehr abgeben
könnte. Vielmehr ist ein Verlust der Verfahrensfähigkeit in
entsprechender Anwendung der in anderen Prozessordnun-
gen geltenden Grundsätze erst dann in Betracht zu ziehen,
wenn auch ein sich auf das Wahlprüfungsverfahren bezie-
hender Einwilligungsvorbehalt nach § 1903 Abs. 1 BGB
angeordnet ist oder der Betreuer als gesetzlicher Vertreter
gemäß § 1902 BGB das Verfahren an sich gezogen hat
(vgl. für den Zivilprozess § 52 f. ZPO sowie Weth, in:
Musielak [Hrsg.], Kommentar zur Zivilprozessordnung,
4. Auflage, 2005, § 52 Rn. 3, § 53 Rn. 1 ff.; für das ver-
waltungsgerichtliche Verfahren § 62 Abs. 2 und 4 VwGO
sowie Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Kom-
mentar, 14. Auflage, 2005, § 62 Rn. 13; für das Verwal-
tungsverfahren § 12 Abs. 2 und 3 VwVfG sowie Kopp/
Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage, 2005,
§ 12 Rn. 15 ff.). Beides ist hier nicht der Fall. Zwar besteht
ein Einwilligungsvorbehalt. Dieser bezieht sich aber nur auf

2. Der Einspruch ist offensichtlich unbegründet, weil sich
dem Vortrag des Einspruchsführers kein Wahlfehler entneh-
men lässt.

Wie dargelegt, war der Einspruchsführer nicht gemäß § 13
Nr. 2 BWG vom Wahlrecht ausgeschlossen. Demzufolge
wurde er auch zu Recht gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 BWO ins
Wählerverzeichnis eingetragen und ihm zu Recht gemäß
§ 19 Abs. 1 Satz 1 BWO eine Wahlbenachrichtigung über-
sandt.

Die Wahlbenachrichtigung entsprach auch den gesetzlichen
Anforderungen. Insbesondere ist – wie die Landeswahl-
leiterin zutreffend dargelegt hat – das Rollstuhlfahrersymbol
nicht zu beanstanden. Gemäß § 46 Abs. 1 Satz 4 BWO war
die Gemeindebehörde im Hinblick auf die Erleichterung der
Wahlteilnahme behinderter oder anderer Menschen mit Mo-
bilitätsbeeinträchtigung verpflichtet, frühzeitig in geeigneter
Weise mitzuteilen, welche Wahlräume barrierefrei sind. Das
Rollstuhlfahrersymbol auf der Wahlbenachrichtigung war
ein geeignetes Mittel in diesem Sinne. Zum einen ist es das
verkehrsübliche Zeichen, um zu signalisieren, dass be-
stimmte Einrichtungen behindertengerecht sind. Zum ande-
ren war durch den Aufdruck auf der Wahlbenachrichtigung
eine frühzeitige Information sichergestellt. Die Annahme,
das Rollstuhlfahrersymbol bedeute, dass Behinderte nicht an
der Wahl teilnehmen dürfen, war hingegen fern liegend.
Denn auf der Wahlbenachrichtigung stand – wie es Anlage 3

rin unter Bezugnahme auf zwei beigefügte Zeitungsartikel
gegen die Ernennung eines Ministers und eines Staatssekre-
tärs gewandt und die Absetzung des bayerischen Minister-

i. V. m. § 16 Abs. 1 der Bundeswahlordnung (BWO) ergibt
sich zwar, dass eine Versendung der Wahlbenachrichtigung
nicht vor einem bestimmten Termin, nämlich nicht vor dem
Wahlfehler entnehmen.

I.

§§ 19 und 20 Abs. 1 BWO sehen einen solchen Vorbehalt
nicht vor. Er wäre im Übrigen auch nicht sachdienlich gewe-
sen, weil er das Missverständnis hätte erwecken können, die
präsidenten gefordert. Die Bundestagswahl wird in diesen
Schreiben nicht erwähnt. Im Hinblick auf die Ausführungen
der Einspruchsführerin im Einzelnen wird auf den Inhalt der
Akte Bezug genommen.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det. Dem Vortrag der Einspruchsführerin lässt sich kein

35. Tag vor der Wahl, möglich ist. Denn erst dann kann das
Wählerverzeichnis erstellt werden und damit jedem dort
Eingetragenen eine Wahlbenachrichtigung unter Angabe der
Nummer, unter der er im Wählerverzeichnis eingetragen ist,
übermittelt werden. Der 35. Tag vor der Wahl war hier je-
doch der 14. August, lag also deutlich vor dem 25. August.

II.

Entgegen der Auffassung der Einspruchsführerin waren
auch weder die Wahlbenachrichtigung noch die Bekannt-
machungen in den Amtsblättern der Gemeinden mit einem
Vorbehalt bezüglich der ausstehenden Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts zu versehen. Denn die den Inhalt
der Wahlbenachrichtigung und Bekanntmachung regelnden
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 145 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 145 – Drucksache 16/3600

Anlage 36

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

der Frau A. B., 72336 Balingen
– Az.: WP 171/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 7. November 2005, das beim Deutschen
Bundestag am 14. November 2005 eingegangen ist, hat die
Einspruchsführerin Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl
zum 16. Deutschen Bundestag eingelegt.

Die Einspruchsführerin moniert, dass ihre Wahlbenachrich-
tigung vorzeitig verschickt worden sei, nämlich vor der Ent-
scheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25. August
2005 über die Verfassungsmäßigkeit der Anordnungen des
Bundespräsidenten, den 15. Deutschen Bundestag aufzulö-
sen und Neuwahlen am 18. September 2005 durchzuführen
(2 BvE 4/05, 2 BvE 7/05, vgl. NJW 2005, S. 2669 ff.). Zu-
mindest hätte die ausgegebene Wahlbenachrichtigung – wie
auch die Amtsblattveröffentlichung der Städte Balingen,
Albstadt und Hechingen – mit einem Vorbehalt bezüglich
der Neuwahlentscheidung versehen werden müssen.

In zwei weiteren Schreiben an den Deutschen Bundestag
vom 1. und 2. Dezember 2005 hat sich die Einspruchsführe-

gericht über die gegen die Auflösung des 15. Deutschen
Bundestages gerichteten Organklagen entschieden hatte.

Denn die Einleitung der Organstreitverfahren am 29. Juli
bzw. 1. August 2005 hatte nicht zur Folge, dass die angelau-
fene Wahlvorbereitung bis zur Entscheidung des Gerichts
auszusetzen war. Anders als z. B. die Erhebung einer An-
fechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt hat die Einlei-
tung eines Organstreitverfahrens gemäß Artikel 93 Abs. 1
Nr. 1 des Grundgesetzes (GG), § 13 Nr. 5 und § 63 ff. des
Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) als solche
nämlich keine aufschiebende Wirkung. Eine dem § 80
Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ent-
sprechende Regelung enthält das BVerfGG nicht (vgl. auch
schon Bundestagsdrucksache 16/1800, Anlage 52, S. 268).

Auch aus anderen Gründen war es nicht geboten, mit der
Versendung der Wahlbenachrichtigungen bis zum 25. Au-
gust 2005, dem Tag der Bundesverfassungsgerichtsent-
scheidung, zu warten. Aus § 19 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 4
So war es nicht erforderlich, mit der Versendung der Wahl-
benachrichtigungen zu warten, bis das Bundesverfassungs-

Einreichung der Organklagen hätte aufschiebende Wirkung
in Bezug auf die Wahlvorbereitung.

Drucksache 16/3600 destag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 destag – 16. Wahlperiode
– 146 – Deutscher Bun– 146 – Deutscher Bun

III.

Die Einspruchsführerin trägt im Zusammenhang mit der von
ihr geforderten Entlassung eines Ministerpräsidenten, eines
Bundesministers und eines Staatssekretärs keinerlei Tat-
sachen vor, die einen Bezug zur Bundestagswahl erkennen
lassen. Gegenstand des Wahlprüfungsverfahrens können
jedoch nur Entscheidungen und Maßnahmen sein, die sich
unmittelbar auf die Vorbereitung oder Durchführung der
Bundestagswahl beziehen (vgl. Schreiber, Kommentar zum
BWG, 7. Auflage, 2002, § 49 Rn. 14).

über Verfahrensweisen und Fristen informiert werden müs-
sen.

Entscheidungsgründe
netangebot bereitgestellt. Auf dieses Angebot habe die Lan-
deswahlleiterin im Rahmen ihres Internetangebots hinge-
wiesen. Soweit die Einspruchsführerin Unzulänglichkeiten

kann nur wählen, wer in ein Wählerverzeichnis eingetragen
ist oder einen Wahlschein hat. Wahlberechtigte, die wie die
Einspruchsführerin im Ausland leben, werden nicht von
Darüber hinaus ist die Einspruchsführerin der Auffassung,
dass „aufgrund der Nachwahlen in Dresden als auch in Dort-
mund aufgrund Unzulänglichkeiten der Bürokratie“ die
Wahl „eine Farce und nicht im geringsten demokratisch ver-
laufen“ sei. In diesem Zusammenhang weist die Einspruchs-
führerin auf Artikel 20 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) hin.

Die Landeswahlleiterin des Landes Nordrhein-Westfalen,
die zu dem Einspruch Stellung genommen hat, vermag kei-
nen Wahlfehler zu erkennen. Die der Einspruchsführerin er-
teilte Auskunft, die Frist sei am 28. August 2005 verstrichen,
sei zutreffend gewesen. Dies ergebe sich aus den §§ 16, 18
der Bundeswahlordnung (BWO). Auch habe der Bundes-
wahlleiter frühzeitig Informationen für Auslandsdeutsche
sowie ein Antragsformular für die Eintragung in das Wähler-
verzeichnis der früheren Heimatgemeinde in seinem Inter-

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det. Mandatsrelevante Verstöße gegen Vorgaben des Wahl-
rechts liegen nicht vor.

I.

Der Umstand, dass die Einspruchsführerin nicht an der Wahl
teilnehmen konnte, ist nicht auf ein gesetzwidriges Verhalten
von Wahlbehörden zurückzuführen. Die der Einspruchsfüh-
rerin zwischen dem 29. und 31. August 2005 erteilte Aus-
kunft des Wahlamts Dortmund und der Botschaft in Stock-
holm, dass eine Wahlteilnahme eine Eintragung ins Wähler-
verzeichnis voraussetzt und dass die Frist hierzu bereits am
28. August 2005 abgelaufen sei, war zutreffend.

Denn gemäß § 14 Abs. 1 des Bundeswahlgesetzes (BWG)
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 147 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 147 – Drucksache 16/3600

Anlage 37

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

der Frau U. D., S-57793 Hultsfred, Schweden
– Az.: WP 44/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit einem am 27. September 2005 beim Deutschen Bundes-
tag eingegangenen Schreiben hat die Einspruchsführerin
Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen
Bundestag eingelegt.

Die in Schweden lebende Einspruchsführerin wollte an der
Bundestagswahl teilnehmen. Zu diesem Zwecke wandte sie
sich Ende August 2005 an die deutsche Botschaft in Stock-
holm und das Kreiswahlamt Dortmund. Dort sagte man ihr,
dass die Frist für Anträge auf Eintragung ins Wählerver-
zeichnis bereits am 28. August 2005 verstrichen sei.

Die Einspruchsführerin sieht sich dadurch ihres Wahlrechts
beraubt. Denn erst mit dem Urteil des Bundesverfassungs-
gerichts über die Organklagen gegen die Auflösung des
15. Deutschen Bundestages vom 25. August 2005 (NJW
2005, S. 2669 ff.) habe festgestanden, dass die Wahl stattfin-
den könne. Unter diesen Umständen hätte sie als Auslands-
deutsche zumindest vorsichtshalber vom Bundeswahlleiter

unterlagen aufgetretenen Fehler meinen. Dieser Fehler habe
nach Modellrechnungen nicht zu mandatsrelevanten Ver-
schiebungen im Wahlergebnis geführt. Die Landeswahlleite-
rin verweist hierzu auf eine Stellungnahme, die sie zu dem
Einspruch mit dem Aktenzeichen WP 93/05 abgegeben
habe.

Die Einspruchsführerin hat auf die ihr zugänglich gemachte
Stellungnahme der Landeswahlleiterin erwidert, sie habe
keinen Zugang zum Internet gehabt. Sie nehme für sich das
Recht in Anspruch, auch ohne Internet die für eine Wahlteil-
nahme erforderlichen Auskünfte zu erhalten, und empfinde
es daher als Frechheit, dass sich der Bundeswahlleiter und
die Landeswahlleiterin auf diese Weise ihrer Verantwortung
entzogen hätten.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.
der Bürokratie in Dortmund anspreche, dürfte sie damit den
dort in den ersten Tagen der Versendung von Briefwahl-

Amts wegen in das Wählerverzeichnis eingetragen, sondern
müssen die Eintragung bis zum 21. Tage vor der Wahl bei der

Eine dem § 80 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsord-
nung (VwGO) entsprechende Regelung fehlt nämlich im
Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG). Um den Fort-
gang der Wahlvorbereitungen oder den Lauf von Fristen
bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu stoppen, hätte
es einer einstweiligen Anordnung des Bundesverfassungs-
gerichts nach § 32 BVerfGG bedurft.

Zwar kann auch nach Ablauf der 21-Tage-Frist des § 18
Abs. 1 Satz 1 BWO noch eine Wahlteilnahme ermöglicht
werden, indem dem Wahlberechtigten ein Wahlschein erteilt
wird (vgl. § 27 Abs. 4 BWO). Dies setzt aber voraus, dass
der Wahlberechtigte einen entsprechenden Antrag stellt und
nachweist, dass er ohne Verschulden die Frist für die Eintra-
gung ins Wählerverzeichnis versäumt hat (vgl. § 25 Abs. 2
Nr. 1 BWO). Das war bei der Einspruchsführerin nicht der
Fall. Denn es ist der Einspruchsführerin zuzurechnen, wenn
sie mit der Stellung ihres Antrags auf Eintragung ins Wäh-
lerverzeichnis bis zur erwähnten Entscheidung des Bundes-
verfassungsgerichts wartete. Das gilt umso mehr, als von
Seiten der Wahlbehörden keineswegs der Eindruck erweckt
wurde, dass die anhängigen Organklagen Einfluss auf den
Lauf von Fristen hätten. Die bereits angelaufenen Wahlvor-
bereitungen wurden auch nach Erhebung der Organklagen
fortgesetzt. Ferner wurde frühzeitig entsprechend den ge-
setzlichen Vorgaben über die Voraussetzungen und Modali-

registriert sind.

II.

Soweit sich die Einspruchsführerin gegen die Nachwahl im
Wahlkreis 160 (Dresden I) wendet, ist darauf zu verweisen,
dass der Deutsche Bundestag bereits entschieden hat, dass
weder durch die Absage der gesamten Wahl im Wahl-
kreis 160 noch durch die Ermittlung und Feststellung des
Wahlergebnisses am 18. September 2005 noch durch die
sofortige Bekanntmachung der Ergebnisse der Hauptwahl
ein Wahlfehler begangen wurde (vgl. Bundestagsdrucksache
16/1800 Anlagen 1 bis 25). Auch soweit sie Unzulänglich-
keiten der Bürokratie in Dortmund und damit das Vertau-
schen von Stimmzetteln bei der Versendung der Briefwahl-
unterlagen der beiden Dortmunder Wahlkreise rügt, kann
ihrem Einspruch kein Erfolg beschieden sein. Denn insoweit
hat der Deutsche Bundestag bereits festgestellt, dass es bei
der Versendung der Briefwahlunterlagen zwar zu Wahl-
fehlern gekommen ist, dass diese sich aber nicht auf die
Sitzverteilung im Deutschen Bundestag ausgewirkt haben
(vgl. Bundestagsdrucksache 16/900 Anlagen 1 bis 10). Eine
Wahlanfechtung kann aber nur dann Erfolg haben, wenn ein
Wahlfehler festgestellt wird und dieser auf die Sitzverteilung
von Einfluss ist oder sein könnte (vgl. nur BVerfGE 89, 243
[254]; Bundestagsdrucksache 16/900 Anlage 20, S. 52).
Drucksache 16/3600 – 148 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 148 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

deutschen Gemeinde, in der sie vor ihrem Fortzug aus dem
Wahlgebiet zuletzt gemeldet waren, beantragen (vgl. § 16
Abs. 2 Nr. 2, § 17 Abs. 2 Nr. 5, § 18 Abs. 1 Satz 1 BWO).
Diese 21-Tage-Frist endete vorliegend am 28. August 2005.
Die Einspruchsführerin bemühte sich aber erst kurz danach
um ihre Wahlteilnahme.

Der Umstand, dass seit dem 29. Juli bzw. 1. August 2005 bis
zum 25. August 2005 beim Bundesverfassungsgericht Or-
ganklagen gegen die Anordnungen des Bundespräsidenten
vom 21. Juli 2005, den 15. Deutschen Bundestag aufzulösen
und am 18. September 2005 Neuwahlen durchzuführen
(BGBl. I S. 2169 f.), anhängig waren, hatte auf den Ablauf
der Frist des § 18 Abs. 1 Satz 1 BWO keine Auswirkungen.
Denn anders als z. B. die Erhebung einer Anfechtungsklage
gegen einen Verwaltungsakt hat die Einleitung eines Organ-
streitverfahrens als solche keine aufschiebende Wirkung.

täten einer Wahlteilnahme für Auslandsdeutsche informiert,
und zwar keineswegs nur über das Internet. Denn unverzüg-
lich nach der Bestimmung des Wahltags durch den Bundes-
präsidenten am 21. Juli 2005 (BGBl. I S. 2170) hatten die
Botschaften durch mindestens eine deutschsprachige An-
zeige in jeweils einer überregionalen Tages- und Wochen-
zeitung und die Berufskonsulate durch mindestens eine
deutschsprachige Anzeige in einer regionalen Tageszeitung
insbesondere auch die Frist für die Eintragung ins Wähler-
verzeichnis öffentlich bekannt zu machen (§ 20 Abs. 2
BWO). Eine individuelle Information jedes im Ausland le-
benden Wahlberechtigten durch den Bundeswahlleiter – wie
sie der Einspruchsführerin offenbar vorschwebt – ist im
Bundeswahlgesetz oder der Bundeswahlordnung nicht vor-
gesehen. Sie wäre praktisch auch kaum durchführbar, weil
die im Ausland lebenden Wahlberechtigten nicht in einer
dem Meldeverzeichnis vergleichbaren Form in Deutschland

schieden worden sei. Als er am 14. September 2005 verlangt
habe, dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Amts-

führer konnte, wie die Landeswahlleiterin zu Recht ausführt,
sein Wahlrecht ohnehin nur durch Briefwahl ausüben. Das
gerichts Rosenheim erneut vorgeführt zu werden, sei dieser
erst am 19. September 2005 in der Justizvollzugsanstalt er-
schienen.

Die Landeswahlleiterin des Freistaates Bayern, die zu dem
Einspruch Stellung genommen hat, weist auf § 29 Abs. 2
Nr. 2 der Bundeswahlordnung (BWO) hin. Dieser bestimme,
dass wahlberechtigte Personen, die sich in einer Justiz-
vollzugsanstalt befänden und die in Wählerverzeichnissen
anderer Wahlkreise geführt würden, ihr Wahlrecht nur durch

ergibt sich aus § 29 Abs. 2 Nr. 2 BWO, wonach die sich in
einer Justizvollzugsanstalt befindlichen Wahlberechtigten,
die in Wählerverzeichnissen von Gemeinden anderer Wahl-
kreise geführt werden, ihr Wahlrecht nur durch Briefwahl in
ihrem Heimatwahlkreis ausüben können. Die Justizvollzugs-
anstalt Bernau am Chiemsee befand sich im Wahlkreis 224,
während die Stadt München, in deren Wählerverzeichnis
der Einspruchsführer eingetragen war, die Wahlkreise 219
bis 223 umfasste.
des Herrn J. H., 81369 München
– Az.: WP 56/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 19. September 2005, das – weitergeleitet
durch das Kreisverwaltungsreferat der Stadt München – am
28. September 2005 beim Wahlprüfungsausschuss eingegan-
gen ist, hat der Einspruchsführer Einspruch gegen die Wahl
zum 16. Deutschen Bundestag vom 18. September 2005 ein-
gelegt.

Der Einspruchsführer, der im Wählerverzeichnis der Stadt
München (Wahlkreise 219 bis 223) eingetragen war, ver-
büßte zum Zeitpunkt der Bundestagswahl eine Haftstrafe in
der Justizvollzugsanstalt Bernau am Chiemsee (Wahlkreis
224). Er behauptet, an der Wahrnehmung seines Wahlrechts
gehindert worden zu sein. Am 27. August habe er einen
Antrag auf Ausgang für den Wahltag gestellt. Dieser sei
durch einen ihm am 14. September 2005 bekannt gegebenen
Bescheid abgelehnt worden. Am 12. September 2005 habe er
zur Niederschrift vor dem Urkundsbeamten der Geschäfts-
stelle des Amtsgerichts Rosenheim einen Antrag auf Erlass
einer einstweiligen Verfügung gestellt, der bislang nicht be-

Briefwahl in ihrem Heimatwahlkreis ausüben könnten.
Hierzu müssten sie bei der Gemeindebehörde, in deren Wäh-
lerverzeichnis sie eingetragen seien, einen Wahlschein mit
Briefwahlunterlagen beantragen. Einen solchen Antrag habe
der Einspruchsführer jedoch nicht gestellt.

Der Einspruchsführer hat sich zu der ihm bekannt gegebenen
Stellungnahme der Landeswahlleiterin nicht geäußert.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det. Dadurch, dass ihm am Wahltag kein Ausgang gewährt
wurde, konnte der Einspruchsführer nicht in der Ausübung
seines Wahlrechts behindert werden. Denn der Einspruchs-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 149 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 149 – Drucksache 16/3600

Anlage 38

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

Der Justizvollzugsanstalt waren – wie allen anderen Berliner
den Verdacht, dass es vielen anderen „frisch Inhaftierten“
ähnlich ergangen sei.
Schriftliche Vermerke darüber, ob ein Insasse die Annahme
bzw. die Rückgabe des Antrags auf Übersendung der Brief-
wahlunterlagen abgelehnt hat, wurden im Unterschied zur

(bis Samstag) aufgrund der nur begrenzt zur Verfügung ste-
henden Zeit unwahrscheinlich sei. Deshalb habe der Ein-
spruchsführer auf die Entgegennahme des Antragsformulars
Justizvollzugsanstalten – mit Schreiben vom 25. Juli 2005
von der Berliner Senatsverwaltung für Justiz Weisungen zur
Vorbereitung und Durchführung der Bundestagswahl erteilt
worden. Darin hieß es unter anderem, dass wahlberechtigten
Inhaftierten, die in der Zeit vom 13. bis 16. September 2005
in eine Justizvollzugsanstalt des Landes Berlin aufgenom-
men würden und ausdrücklich auf einem Antrag zum Erhalt
der Briefwahlunterlagen zwecks Teilnahme an der Wahl be-
stünden, die Antragstellung mittels eines entsprechenden
Formulars zu ermöglichen sei. Es sei aber auch der Hinweis
zu erteilen, dass wegen der späten Antragstellung nicht mit
der angestrebten Briefwahlteilnahme gerechnet werden
könne. Die Beförderung der Wahlunterlagen zum zuständi-
gen Wahlamt sei ggf. durch besondere Frankierung (Eilbrief)
oder durch besonderen Boten zu beschleunigen.

Die Berliner Senatsverwaltung für Justiz, die zu dem Ein-
spruch Stellung genommen hat, und der Landeswahlleiter
des Landes Berlin, der sich bereits in einem dem Wahlprü-
fungsausschuss vorliegenden Schreiben vom 28. Oktober
2005 unmittelbar gegenüber dem Einspruchsführer zu des-
sen Vorwürfen geäußert hatte, behaupten, dass der Ein-
spruchsführer entsprechend der erwähnten den Justizvoll-
zugsanstalten erteilten Weisung vom 25. Juli 2005 sofort
nach seiner Aufnahme am 15. September 2005 in der Justiz-
vollzugsanstalt über die Möglichkeit zur Briefwahl infor-
miert worden sei. Wegen des kurz bevorstehenden Wahl-
termins sei er jedoch auch darauf hingewiesen worden, dass
bei Antragstellung am selben Tage (Donnerstag, per Post an
das zuständige Bezirkswahlamt) eine rechtzeitige Übersen-
dung der Briefwahlunterlagen durch das Bezirkswahlamt
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 151 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 151 – Drucksache 16/3600

Anlage 39

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn K. B., 10997 Berlin
– Az.: WP 150/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 9. November 2005, das am 11. Novem-
ber 2005 beim Wahlprüfungsausschuss eingegangen ist, hat
der Einspruchsführer Einspruch gegen die Wahl zum
16. Deutschen Bundestag eingelegt. Der Einspruchsführer,
der am 15. September 2005 verhaftet und in die Justizvoll-
zugsanstalt Plötzensee verbracht wurde, ist der Auffassung,
dass dort keine ausreichenden Vorkehrungen getroffen wor-
den waren, um ihm noch die Ausübung seines Wahlrechts zu
ermöglichen.

Der Einspruchsführer wurde mit Schreiben vom 6. Januar
2005 von der Staatsanwaltschaft Berlin zum Haftantritt auf-
gefordert. Dieser Aufforderung und einer erneuten Ladung
(zugestellt mit Postzustellungsurkunde vom 3. März 2005)
kam er nicht nach. Er wurde daraufhin am 15. September
2005 verhaftet und zur Verbüßung seiner Ersatzfreiheits-
strafe in die Justizvollzugsanstalt Plötzensee in Berlin ver-
bracht, in der es keinen beweglichen Wahlvorstand gab.

Der Einspruchsführer, der weder vor noch nach seiner Ver-
haftung einen Antrag auf Übersendung von Briefwahlunter-
lagen gestellt hatte und deshalb auch nicht an der Wahl teil-
nahm, behauptet, er habe am 16. September 2005 gefragt,
wie es mit den Wahlen ausschaue. Als Antwort habe er
jedoch nur ein Achselzucken erhalten. Auch an den sog.
schwarzen Brettern habe er keine Informationen über die
Ausübung des Wahlrechts gefunden. Gerüchteweise habe er
erfahren, dass lediglich zwei oder drei Wochen vor der Wahl
alle Gefängnisinsassen einmalig über die Teilnahme an der
Wahl und die Fristen für die Briefwahl informiert worden
seien. Vor allem sei er aber erstaunt darüber, dass in den Jus-
tizvollzugsanstalten offenbar keine Wahlurnen aufgestellt
würden und das Wahlrecht nur durch Briefwahl ausgeübt
werden könne. Denn daraus ergebe sich notwendigerweise,
dass „frisch Inhaftierte“ nicht an Wahlen teilnehmen könn-
ten, da die Anforderung der Briefwahlunterlagen und das
anschließende Verschicken des Stimmzettels schließlich
mindestens drei Tage in Anspruch nähmen. Der Einspruchs-
führer hält diesen Zustand für grundgesetzwidrig und äußert
bis 1995 geltenden Praxis aufgrund von Bedenken des Ber-
liner Datenschutzbeauftragten bewusst nicht gemacht.

für die Übersendung von Briefwahlunterlagen verzichtet.
Seine Behauptung, dass er nicht über die Ausübung seines

Drucksache 16/3600 – 152 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 152 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Wahlrechts informiert worden sei, sei daher nicht zutreffend.
Dies könne allerdings wegen des erwähnten Verzichts auf
eine Dokumentation aus Gründen des Datenschutzes nicht
belegt werden. Im Übrigen könnten die Bezirkswahlämter
und Justizvollzugsanstalten bei Verurteilten, die kurz vor
einer Wahl in eine Haftanstalt verbracht würden, eine frist-
gerechte Abwicklung des Briefwahlverfahrens nicht garan-
tieren. Das entsprechende Risiko trage vielmehr der Inhaf-
tierte, weil er bereits vor der Inhaftierung Briefwahlunter-
lagen anfordern könne. So hätte der Einspruchsführer, der
spätestens seit Mitte März 2005 davon habe ausgehen müs-
sen, verhaftet zu werden, rechtzeitig Briefwahlunterlagen
beantragen und die Briefwahl sogar schon beim zuständigen
Bezirkswahlamt durchführen können. Ausgefüllte Brief-
wahlunterlagen wären von der Justizvollzugsanstalt mit der
Deutsche Post oder der Dienstpost versandt worden. Selbst
am Wahltag stellten die Berliner Justizvollzugsanstalten ei-
nen Kurierdienst zur Verfügung, der bis unmittelbar vor
Schließung der Wahllokale Wahlbriefe direkt zu den zustän-
digen Bezirkswahlämtern transportiere.

Der Einspruchsführer sieht in der Stellungnahme des Lan-
deswahlleiters Ungereimtheiten, die seiner Ansicht nach
seine Behauptung bestätigen, er sei nicht über die Möglich-
keit der Ausübung des Wahlrechts informiert worden. Wenn
nämlich am 15. September 2005 bereits klar gewesen sei,
dass eine Wahlteilnahme für ihn nicht mehr möglich sei, sei
an sich auch die Notwendigkeit entfallen, ihn darüber sofort
zu informieren. Man informiere die Leute gemeinhin auch
sonst nicht über andere Unmöglichkeiten, etwa nachts bei
Vollmond auf dem Dach der Justizvollzugsanstalt ein
schwarzes dreibeiniges Schaf zu scheren. Zur angeblichen
Unmöglichkeit der Ausübung des Wahlrechts passe ferner
nicht die Aussage über den Kurierdienst, der noch am Wahl-
tag Wahlbriefe zu den Anstalten transportiere. Unabhängig
davon bestätige die Stellungnahme des Landeswahlleiters
den Missstand, den er in erster Linie rüge, dass Bürger, die
vier Tage vor der Wahl in eine Justizvollzugsanstalt kämen,
an Wahlen nicht teilnehmen könnten. Das Argument, er hätte
sich vor seiner Inhaftierung um Briefwahlunterlagen bemü-
hen können, widerspreche nicht nur seinem Grundrecht auf
Wahlteilnahme, sondern auch der Strafvollzugsordnung, in
der seines Wissens nach stehe, dass die Justizvollzugsanstalt
verpflichtet sei, den Insassen die Teilnahme an der Wahl zu
ermöglichen.

Im Hinblick auf den Sach- und Streitstand im Übrigen wird
auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det. Mandatsrelevante Wahlfehler liegen nicht vor.

1. Die Gemeindebehörde war nicht zur Einrichtung eines be-
weglichen Wahlvorstandes in der Justizvollzugsanstalt ver-
pflichtet, um so dem Einspruchsführer und anderen kurz vor

Gemäß § 64 Abs. 1 der Bundeswahlordnung (BWO) sollen
bei entsprechendem Bedürfnis und soweit möglich in Justiz-
vollzugsanstalten zwar bewegliche Wahlvorstände gebildet
werden, vor denen die in der Anstalt anwesenden Wahlbe-
rechtigten, die einen für den Wahlkreis gültigen Wahlschein
besitzen, ihre Stimme abgeben können. Anders als der Ein-
spruchsführer offenbar meint, kann ein solches Bedürfnis
jedoch nicht aus der Situation abgeleitet werden, in der sich
kurz vor dem Wahltag inhaftierte Wahlberechtigte häufig be-
finden mögen. Denn das spezifische Problem, mit dem sich
solche Wahlberechtigte infolge ihrer kurzfristigen Verhaf-
tung konfrontiert sehen können und mit dem sich der Ein-
spruchsführer tatsächlich konfrontiert sah, besteht darin, sich
noch kurzfristig einen Wahlschein und Briefwahlunterlagen
besorgen zu müssen. Dieses Problem würde durch einen
beweglichen Wahlvorstand aber nicht gelöst. Um vor dem
beweglichen Wahlvorstand wählen zu können, braucht der
Gefangene nämlich – ebenso wie bei der Briefwahl – einen
Wahlschein, und zwar – im Unterschied zur Briefwahl –
sogar einen, der gerade für den Wahlkreis, in dem die
Justizvollzugsanstalt liegt, gültig ist. Darüber hinaus be-
gründet § 64 Abs. 1 BWO nach bisheriger Praxis des Deut-
schen Bundestages in Wahlprüfungsangelegenheiten ohne-
hin keine gesetzliche Pflicht zur Einrichtung beweglicher
Wahlvorstände in Justizvollzugsanstalten, sondern räumt der
Gemeindebehörde insoweit einen großen – nur auf Ermes-
sensfehler hin überprüfbaren – Entscheidungsspielraum ein
(vgl. Bundestagsdrucksachen 13/2029, Anlage 33, S. 104;
14/2762, Anlage 15, S. 66; 15/2400, Anlage 6, S. 31;
15/4750, Anlage 9, S. 47).

Soweit der Einspruchsführer diese aus dem einfachen Recht
resultierende Rechtslage, wonach „frisch Inhaftierte“ keinen
Anspruch auf Ausübung ihres Wahlrechts im Wege der
Urnenwahl in der Haftanstalt haben, für grundgesetzwidrig
hält, ist daran zu erinnern, dass sich der Deutsche Bundestag
nicht dazu berufen sieht, im Wahlprüfungsverfahren die Ver-
fassungswidrigkeit von Rechtsvorschriften festzustellen.
Diese Kontrolle ist stets dem Bundesverfassungsgericht vor-
behalten worden (vgl. nur Bundestagsdrucksache 16/1800,
Anlage 26, S. 188 mit weiteren Nachweisen). Abgesehen da-
von ist aber auch nicht daran zu zweifeln, dass es aus verfas-
sungsrechtlicher Sicht, etwa im Hinblick auf den Grundsatz
der allgemeinen Wahl (Artikel 38 Abs. 1 Satz 1 GG), nicht
geboten ist, „frisch Inhaftierten“ die Möglichkeit der Urnen-
wahl in der Haftanstalt zu eröffnen. Denn, wie bereits aus
den oben Gesagten folgt, würde eine Urnenwahl in der Haft-
anstalt das spezifische Problem von kurz vor dem Wahltag
Verhafteten nur dann lösen, wenn die Teilnahme an der
Urnenwahl nicht von der Erfüllung bestimmter formaler Vo-
raussetzungen – etwa den Besitz eines für den Wahlkreis
gültigen Wahlscheins – abhängen würde. Solche formalen
Zulassungshürden sind aber zur Vermeidung mehrfacher
Stimmabgaben und damit zur Gewährleistung des Grund-
satzes der geheimen Wahl (Artikel 38 Abs. 1 Satz 1 GG) und
des Schutzes der Integrität der Wahl unverzichtbar (vgl.
Schreiber, Kommentar zum BWG, 7. Auflage, 2002, § 1
Rn. 7; § 12 Rn. 4.5; Dreier [Hrsg.], Grundgesetz, Kommen-
tar, 2. Auflage, 2006, Artikel 38 Rn. 69).

2. Ein mandatsrelevanter Verstoß gegen § 73 des Strafvoll-
zugsgesetzes (StVollzG) liegt ebenfalls nicht vor.
dem Wahltag Inhaftierten die Ausübung ihres Wahlrechts im
Wege der Urnenwahl zu ermöglichen.

Gemäß § 73 StVollzG ist der Gefangene in dem Bemühen zu
unterstützen, seine Rechte und Pflichten wahrzunehmen, na-

dann festzustellende Wahlfehler dem Einspruch nicht zum
Erfolg verhelfen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bun-
desverfassungsgerichts, der sich der Wahlprüfungsausschuss
und der Deutsche Bundestag stets angeschlossen haben,
können nämlich nur solche Wahlfehler einen Wahleinspruch
erfolgreich begründen, die auf die Sitzverteilung im Deut-
schen Bundestag von Einfluss sind oder hätten sein können
(vgl. nur BVerfGE 89, 243 [254]; Bundestagsdrucksache
16/900, Anlage 20). Solch eine Mandatsrelevanz wäre vor-
liegend nicht gegeben. Selbst bei umgehender Information

Durchprüfung der gesamten Wahl. Vielmehr erfolgt sie nach
§ 2 Abs. 1 und 3 WPrüfG nur auf Einspruch, der zu begrün-
den ist. Hierbei muss die Begründung mindestens den Tat-
bestand, auf den die Anfechtung gestützt wird, erkennen las-
sen und genügend substantiierte Tatsachen enthalten. Wer-
den demgegenüber – wie vorliegend – keine substantiierten
Tatsachen vorgetragen, gilt die Vermutung, dass die Wahl-
behörden und die Justizvollzugsanstalten die wahlrecht-
lichen Vorschriften befolgt haben (vgl. auch Bundestags-
drucksache 15/4750, Anlage 9, S. 47; Anlage 16, S. 73).
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 153 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 153 – Drucksache 16/3600

mentlich sein Wahlrecht auszuüben. Das bedeutet, dass der
Gefangene hierüber – vor allem über die Möglichkeit der
Briefwahl – zu unterrichten ist und dass ihm bei der Erle-
digung notwendiger Formalitäten geholfen wird (vgl.
Bundestagsdrucksache 7/3998, S. 30; Calliess/Müller-Dietz,
Strafvollzugsgesetz, 10. Auflage, 2005, § 73 Rn. 2; Bertram/
Huchting, in: Feest [Hrsg.], StVollzG, Kommentar zum
Strafvollzugsgesetz [AK-StVollzG], 5. Auflage, 2006, § 73
Rn. 11; Wahlprüfungsausschuss, Bundestagsdrucksache
15/4750, Anlage 16, S. 73). Ob der Einspruchsführer bei
seiner Ankunft in der Justizvollzugsanstalt am 15. Septem-
ber 2005 über die Möglichkeit der Briefwahl informiert
wurde und die Entgegennahme eines entsprechenden An-
tragsformulars ablehnte, wie die Senatsverwaltung für Justiz
behauptet, oder ob keine solche Information erfolgte und
eine Frage des Einspruchsführers am 16. September 2005,
wie es mit der Wahl aussehe, sogar mit einem Achselzucken
erwidert wurde, wie der Einspruchsführer behauptet, lässt
sich nicht mehr klären, weil entsprechende Vorgänge aus
Gründen des Datenschutzes in Berlin nicht mehr schriftlich
festgehalten werden.

Die Frage kann aber auch dahingestellt bleiben. Denn selbst
wenn die Darstellung des Einspruchsführers zuträfe und man
einen Verstoß gegen § 73 StVollzG bejahte, könnte dieser

und Beantragung von Briefwahlunterlagen wäre es nämlich
– wie der Einspruchsführer selbst einräumt – sehr unwahr-
scheinlich gewesen, dass ihn Wahlschein und Briefwahl-
unterlagen noch rechtzeitig erreicht hätten, um eine gültige
Stimme abgeben zu können. Nicht der Wahlfehler hätte also
dazu geführt, dass der Einspruchsführer sein Wahlrecht nicht
ausüben konnte, sondern – wie die Senatsverwaltung und der
Landeswahlleiter überzeugend ausgeführt haben – sein ei-
genes Versäumnis, rechtzeitig vor seinem Haftantritt Brief-
wahlunterlagen zu beantragen. Im Übrigen hätte die Stimme
des Einspruchsführers – unterstellt, er hätte sie rechtzeitig
abgeben können – das Ergebnis der Bundestagswahl nur so
geringfügig beeinflusst, dass auch aus diesem Grunde Aus-
wirkungen auf die Sitzverteilung im Deutschen Bundestag
ausgeschlossen werden können.

3. Dem Einspruch kann schließlich auch kein Erfolg beschie-
den sein, soweit der Einspruchsführer den Verdacht äußert,
dass es vielen anderen „frisch Inhaftierten“ ähnlich ergangen
sei wie ihm. Insoweit trägt er keine konkreten Tatsachen vor,
die diese Behauptung untermauern könnten. Pauschalen Be-
hauptungen und Vermutungen geht der Wahlprüfungsaus-
schuss nicht nach. Die Wahlprüfung findet nämlich weder
von Amts wegen statt noch erfolgt sie stets in Gestalt einer

zu lesen, dass 858 500 einen Wahlschein besessen hätten.
10 Prozent von 8 623 600 seien aber nicht 858 500. Im Hin-

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
blick auf die zahlreichen weiteren Kontrollrechnungen die-
ser Art, unter anderem mit Daten zu den Europawahlen 1999
und 2004, aber auch mit volkswirtschaftlichen Daten, wird
auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Der Bundeswahlleiter, der zu dem Einspruch Stellung ge-
nommen hat, erklärt, dass die vom Einspruchsführer zum
Gegenstand seiner Berechnungen gemachten Angaben in
den Statistischen Jahrbüchern 2003 und 2004 zu den Europa-
wahlen 1999 und 2004 sowie den Bundestagswahlen 1990
und 2002 rechnerisch richtig seien. Allerdings handele es
sich um nach den mathematischen Regeln gerundete Werte
und bei den absoluten Zahlen um Angaben in Tausend. Des-
halb wichen die mit diesen Angaben und Prozentwerten bei
selbständigem Nachrechnen ermittelten Zahlen vom tatsäch-

det. Die vom Einspruchsführer angestellten Berechnungen
stützen in keiner Weise dessen Vermutung, dass der Rechner
des Statistischen Bundesamtes fehlerhaft programmiert oder
manipuliert sein könnte, und sind schon deshalb nicht ge-
eignet, Zweifel an der Richtigkeit des vom Bundeswahlleiter
gemäß § 78 der Bundeswahlordnung (BWO) ermittelten
und festgestellten Ergebnisses der Bundestagswahl 2005 zu
wecken. Zwar ergeben in den vom Einspruchsführer ange-
führten Beispielen die im Statistischen Jahrbuch angege-
benen absoluten Zahlen in der Tat nie exakt die dort angege-
benen Prozentwerte, und dies dürfte auch sonst nur äußerst
selten der Fall sein. Das ist jedoch – wie der Bundeswahl-
leiter überzeugend dargelegt hat – nicht auf Rechenfehler
zurückzuführen, sondern darauf, dass es sich bei den Anga-
ben im Statistischen Jahrbuch um gerundete Werte handelt.
Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn G. N., 49078 Osnabrück
– Az.: WP 138/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 10. Oktober 2005, das weitergeleitet
durch das Bundespräsidialamt am 3. November 2005 beim
Wahlprüfungsausschuss eingegangen ist, hat der Ein-
spruchsführer gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deut-
schen Bundestag am 18. September 2005 Einspruch einge-
legt.

Der Einspruchsführer hat den Verdacht, dass aufgrund einer
falschen Programmierung oder einer Manipulation des
Rechners des Statistischen Bundesamtes ein falsches Wahl-
ergebnis ermittelt worden sein könnte. Grundlage dieses
Verdachts sind eine Reihe von Kontrollrechnungen, die der
Einspruchsführer mit in den Statistischen Jahrbüchern 2003
und 2004 angegebenen Zahlen manuell, mit Hilfe von
Logarithmen und per Taschenrechner durchgeführt hat. So
würde im Statistischen Jahrbuch 2004 auf Seite 108 im
Hinblick auf die Bundestagswahl 1990 für Bayern einerseits
angegeben, dass von 8 623 600 Wahlberechtigten 10 Prozent
einen Wahlschein besessen hätten. Andererseits sei dort aber

lichen Ergebnis ab. Die genauen Zahlen seien vom Statis-
tischen Bundesamt in eigenen Publikationen veröffentlicht
worden.

Der Einspruchsführer hat sich zu der Stellungnahme des
Bundeswahlleiters dahingehend geäußert, dass der Bundes-
wahlleiter die Grundsätze der Fehlerrechnung außer Acht
gelassen habe. Angesichts der von ihm angestellten Kon-
trollrechnungen hätten die Prozentangaben des Statistischen
Bundesamtes keine Aussagekraft und seien wertlos. Im Hin-
blick auf die Einzelheiten des Vortrages des Einspruchs-
führers, der wiederum eine Reihe von Rechenbeispielen an-
führt, wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
lung abzusehen.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 155 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 155 – Drucksache 16/3600

Anlage 40

das Monopoly-Syndrom“. Der Einspruchsführer entzieht da-
her bis auf weiteres dem 16. Deutschen Bundestag und dem

lung abzusehen.
28. Oktober 2005 versichert, dass das „k. U.“ aus seiner
Feder stamme, und erklärt, dass es sich um eine Unterschrift
in Form einer „Nicht-Unterschrift“ handele. Es gehe nicht

führers bzw. seines Verfahrensbevollmächtigten (vgl. zuletzt
Bundestagsdrucksache 16/1800, Anlage 58, S. 283). Eine
eigenhändige Unterschrift soll dabei voraussetzen, dass
von diesem zu wählenden Kanzler seine „stillschweigende
Legitimierung in Sachen Machtausübung/Staatsgewalt“.

Die am Computer erstellte Einspruchsschrift enthält am
Ende – ebenfalls maschinenschriftlich – den Vermerk „gez.“
und darunter den Vor- und Nachnamen des Einspruchs-
führers. Daneben befindet sich handschriftlich das Kürzel
„k. U.“, das nicht den Initialen des Einspruchsführers ent-
spricht.

Mit Schreiben vom 30. September und 17. Oktober 2005
wurde der Einspruchsführer aufgefordert, bis zum 18. No-
vember 2005 den Einspruch eigenhändig zu unterschreiben
und die von ihm behaupteten Unregelmäßigkeiten zu kon-
kretisieren.

Daraufhin hat der Einspruchsführer mit Schreiben vom

Entscheidungsgründe

Es bestehen bereits Bedenken an der Zulässigkeit des Ein-
spruchs, die jedoch zurückgestellt werden können, da der
Einspruch jedenfalls offensichtlich unbegründet ist.

1. Die Zulässigkeit des Einspruchs ist deshalb zweifelhaft,
weil der Einspruch nicht mit dem handschriftlichen Namens-
zug des Einspruchsführers unterzeichnet ist, sondern hand-
schriftlich nur mit dem Kürzel „k. U.“.

Nach ständiger Praxis von Wahlprüfungsausschuss und
Deutschem Bundestag, die sich insoweit an der Auslegung
vergleichbarer Vorgaben anderer Prozessordnungen orien-
tiert, gehört zur Schriftform im Sinne des § 2 Abs. 3 WPrüfG
grundsätzlich die eigenhändige Unterschrift des Einspruchs-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157 – Drucksache 16/3600

Anlage 41

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn A. R., 71131 Jettingen
– Az.: WP 54/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 22. September 2005, das am 28. Sep-
tember 2005 beim Wahlprüfungsausschuss des Deutschen
Bundestages eingegangen ist, hat der Einspruchsführer
Einspruch gegen die Wahl zum 16. Deutschen Bundestag am
18. September 2005 eingelegt.

Zur Begründung trägt er vor, dass die Wahl auf „einer mani-
pulierten Vertrauensfrage“ und „auf einer Legitimierung
durch Rechtsverdrehung“ beruht habe. Die Wählerinnen und
Wähler hätten sich mit einem „Kreuzchen-Machen“ zufrie-
dengegeben, ohne sich bewusst gemacht zu haben, was sie
damit anrichteten. Von den Gewählten sei zu erwarten, dass
sie „Rechtsbeugung und Amtsmissbrauch praktizieren wer-
den“. Ohne es zu merken, hätten sie „die millionenfache(n)
Täuschung, Diskriminierung, Betrug u./o. Diebstahl schon
initiiert“. Die Wahlleiter hätten „überhaupt keine Qualitäts-
sicherung in Sachen mündige Wahlbürger“ durchgeführt.
Schließlich lasse das Wahlsystem „20-40 (manchmal auch
mehr)% des Volkes aussen vor“ und bediene „ausschließlich

18. September 2005 sei das Wahlgeheimnis verletzt worden,
da mindestens eine Partei in Bezug auf die Nachwahl in
Dresden durch einen gezielten Aufruf an ihre Anhänger-
schaft den Ausgang der Gesamtwahl zu ihren Gunsten beein-
flusst habe. Im Hinblick auf die Abgeordneten des Deut-
schen Bundestages wirft der Einspruchsführer die Frage auf,
ob diese nicht andauernd einige Vorschriften des Grundge-
setzes verletzten. Ferner sei auf dem Wahlschein nicht darauf
hingewiesen worden, was ein guter Demokrat eigentlich sei,
dass die beiden Stimmen sich auch „kannibalisieren“ könn-
ten und dass es eine „Überhangsregelung“ gebe. Außerdem
habe bei der Zweitstimme Unklarheit über deren Intention
geherrscht. Das Schreiben schließt wie die Einspruchsschrift
mit dem Namen des Einspruchsführers vor dem Vermerk
„gez.“ – beides in Maschinenschrift – und dem handschrift-
lichen Kürzel „k. U.“.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes (WPrüfG) von einer mündlichen Verhand-
anders. Darüber hinaus hat er seine „Einspruchsliste“ er-
gänzt. Durch die Veröffentlichung der Wahlergebnisse vom

zumindest der Familienname voll ausgeschrieben wird; eine
abgekürzte Buchstabenfolge – wie hier – soll hingegen nicht

Unterschrift unschädlich sein, wenn sich aus anderen An-
haltspunkten eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für
die Urheberschaft und den Willen, das Schreiben in den Ver-
kehr zu bringen, ergibt (vgl. BVerwG, NJW 1998, S. 1175
[1176 f.]; Greger, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 25. Auf-
lage, 2005, § 130 Rn. 19).

Ob die in dem Schreiben vom 28. Oktober 2005 erklärte Ver-
sicherung, dass das „k. U.“ aus der Feder des Einspruchs-
führers stamme, angesichts der gleichzeitigen Erläuterung,
es handele sich um eine Unterschrift in Form einer „Nicht-
Unterschrift“, solch einen Anhaltspunkt darstellt, kann indes
dahingestellt bleiben. Denn der Einspruch ist jedenfalls of-
fensichtlich unbegründet.

2. Dem Vortrag des Einspruchsführers lässt sich nämlich
kein Wahlfehler entnehmen.

Soweit der Einspruchsführer mit seiner Behauptung, die
Wahl beruhe auf einer „manipulierten Vertrauensfrage“ und
„einer Legitimierung durch Rechtsverdrehung“, die Verfas-
sungsmäßigkeit der Auflösung des 15. Deutschen Bundes-
tages (BGBl. I 2005, S. 2169), die in der am 27. Juni 2005
gestellten Vertrauensfrage des Bundeskanzlers (Bundestags-
drucksache 15/5825) ihren Ausgangspunkt hatte, in Frage
stellen möchte, ist darin zu erinnern, dass das Bundesverfas-
sungsgericht am 25. August 2005 entschieden hat, dass die
Auflösung des 15. Deutschen Bundestages und die Anset-
zung von Neuwahlen für den 18. September 2005 verfas-
sungsmäßig war (BVerfG, NJW 2005, 2669 ff.). An diese
Entscheidung sind nach § 31 Abs. 1 des Bundesverfassungs-
gerichtsgesetzes (BVerfGG) alle Verfassungsorgane, also
auch der Deutsche Bundestag, gebunden.

Soweit der Einspruchsführer vorträgt, von Seiten der Wahl-
leiter habe „keine Qualitätssicherung in Sachen mündiger
Bürger“ stattgefunden und letztere hätten sich mit einem
„Kreuzchen-Machen“ zufriedengegeben, ohne sich die Fol-
gen bewusst zu machen, ist darauf zu verweisen, dass das
Wahlrecht eine derartige Überprüfung der „Qualität“ des
Wählers oder seiner Entscheidung nicht erlaubt, geschweige
denn, vorschreibt. Das aktive Wahlrecht hängt vielmehr
allein von den in Artikel 38 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG),
§ 12 f. des Bundeswahlgesetzes (BWG) geregelten Voraus-
setzungen ab. Wem und aufgrund welcher Überlegungen ein
nach diesen Vorschriften Wahlberechtigter seine Stimme
gibt, liegt gemäß Artikel 38 Abs. 1 Satz 1 GG ausschließlich
in seiner freien Entscheidung, über die er niemanden Re-
chenschaft schuldet.

Dies gilt im Übrigen auch für die Frage, ob der Wahlberech-
tigte sich überhaupt an der Wahl beteiligt. Aus diesem

16. Deutschen Bundestag am 18. September 2005, Heft 3,
Endgültige Ergebnisse nach Wahlkreisen, 2005, S. 6), kriti-
sieren möchte, nicht die Darlegung eines Wahlfehlers ent-
nommen werden. Die Einführung einer Wahlpflicht, wie sie
in anderen Ländern besteht, wäre mit Artikel 38 Abs. 1
Satz 1 GG nicht vereinbar (vgl. Schreiber, Kommentar zum
BWG, 7. Auflage, 2002, § 1 Rn. 13a).

Ebenso wenig lässt sich der Behauptung, die Gewählten
würden Rechtsbeugung und Amtsmissbrauch praktizieren,
hätten schon millionenfach Täuschung, Diskriminierung,
Betrug und Diebstahl initiiert und würden andauernd Vor-
schriften des Grundgesetzes verletzen, die Darlegung eines
Wahlfehlers entnehmen. Zwar kann die Begehung von Straf-
taten durchaus dazu führen, dass der Täter die Wählbarkeit
verliert. Voraussetzung hierfür ist aber gemäß § 15 Abs. 2
Nr. 1 i. V. m. § 13 Nr. 1 BWG und § 15 Abs. 2 Nr. 2 BWG
stets ein entsprechender Richterspruch. Dass Personen zur
Wahl standen, die infolge Richterspruchs das Wahlrecht, die
Wählbarkeit oder die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher
Ämter nicht besaßen, hat der Einspruchsführer indes nicht
vorgetragen.

Kein Wahlfehler lag auch in der vom Einspruchsführer mo-
nierten Veröffentlichung des Ergebnisses der Hauptwahl am
18. September 2005, vor der Nachwahl im Wahlkreis 160
(Dresden I) am 2. Oktober 2005. Wie der Deutsche Bun-
destag bereits festgestellt hat, entsprach dies zwingenden
Vorgaben des einfachen Rechts und war auch aus verfas-
sungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden (vgl. Bundes-
tagsdrucksache 16/1800, Anlage 1, S. 12; ferner Anlagen 2
bis 25).

Schließlich entsprach auch die vom Einspruchsführer ge-
rügte Gestaltung des Wahlscheins den Vorgaben der An-
lage 9 zu § 26 der Bundeswahlordnung (BWO). Die vom
Einspruchsführer vermissten Hinweise darauf, was ein guter
Demokrat eigentlich sei und dass die beiden Stimmen sich
„kannibalisieren“ können – gemeint ist vermutlich die Ab-
rechnung der Zahl der von einer Partei in den Wahlkreisen
des Landes errungenen Sitze von der für die entsprechende
Landesliste der Partei ermittelten Abgeordnetenzahl gemäß
§ 6 Abs. 4 Satz 1 BWG –, ist dort nämlich ebenso wenig vor-
gesehen wie ein Hinweis auf die Überhangmandatsregelung
des § 6 Abs. 5 BWG und die Intention der Zweitstimme. Un-
klarheiten über deren Intention können – anders als der Ein-
spruchsführer annimmt – deshalb allerdings nicht entstehen.
Denn auf dem Stimmzettel findet sich gemäß Anlage 26 zu
§ 28 Abs. 3 und § 45 Abs. 1 BWO der Hinweis, dass sie der
Wahl einer Landesliste dient und die maßgebende Stimme
für die Verteilung der Sitze auf die einzelnen Parteien ist.
Drucksache 16/3600 – 158 – Deutscher Bundestag – 16. WahlperiodeDrucksache 16/3600 – 158 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

genügen (vgl. Leipold, in: Stein/Jonas, Kommentar zur
Zivilprozessordnung, 22. Auflage, 2005, § 130 Rn. 35).
Andererseits gelten diese Erfordernisse nicht ausnahmslos.
So soll insbesondere nach der Rechtsprechung des Bun-
desverwaltungsgerichts das Fehlen einer eigenhändigen

Grunde kann auch der Behauptung des Einspruchsführers,
das Wahlsystem lasse zwanzig bis vierzig Prozent des Volkes
außen vor und bediene ausschließlich das „Monopoly-
Syndrom“, mit der er offenbar die Wahlbeteiligung, die bei
77,7 Prozent lag (Statistisches Bundesamt, Wahl zum

tages Nordrhein-Westfalen, in dem ihm mitgeteilt wird, dass
sein Wahleinspruch gegen die Gültigkeit der Landtagswahl Entscheidungsgründe
Durchführung der Bundestagswahl sehe. lagen.
vom 22. Mai 2005 zurückgewiesen worden sei und er hier-
gegen Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof für das
Land Nordrhein-Westfalen einlegen könne. Im Hinblick auf
den Inhalt der anderen beigefügten Schreiben wird auf den
Inhalt der Akten Bezug genommen. Der Einspruchsführer
beantragt „Beiziehung aller Akten, Unterlagen und Einsicht
in diese Akten und Unterlagen“.

Mit Schreiben vom 14. Oktober 2005 hat das Sekretariat des
Wahlprüfungsausschusses den Einspruchsführer darauf hin-
gewiesen, dass mögliche Fehler bei Landtags- oder Kommu-
nalwahlen als solche nicht Gegenstand eines Wahlprüfungs-
verfahrens vor dem Deutschen Bundestag seien. Falls er an
seinem Einspruch festhalten wolle, solle er daher bis zum
Ablauf der Einspruchsfrist am 18. November 2005 mitteilen,
worin er Unregelmäßigkeiten bei der Vorbereitung oder

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det.

Ein Verstoß gegen rechtliche Vorgaben für die Vorbereitung
oder Durchführung der Bundestagswahl wird aus dem Vor-
trag des Einspruchsführers nicht ersichtlich. Es gibt keine
Vorschrift, die die Vorbereitung oder Durchführung von
Wahlen zum Deutschen Bundestag davon abhängig machen
würde, dass vorher stattgefundene Kommunal- oder Land-
tagswahlen ordnungsgemäß durchgeführt oder sich hierauf
beziehende Wahlprüfungsverfahren abgeschlossen worden
sind.

Aus diesem Grunde erübrigt sich auch die vom Einspruchs-
führer beantragte Beiziehung weiterer Akten und Unter-
Anlage 42

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn F. V., 48282 Emsdetten
– Az.: WP 97/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 11. Oktober 2005 hat der Einspruchsfüh-
rer Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deut-
schen Bundestag am 18. September 2005 unter Einschluss
der Nachwahl am 2. Oktober 2005 im Wahlkreis 169 (Dres-
den I) eingelegt.

Zur Begründung trägt er vor, dass über seine Einsprüche ge-
gen die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 22. Mai
2005 sowie gegen die Bürgermeister- und Gemeindewahlen
in Emsdetten und die Landrats- und Kreiswahlen im Kreis
Steinfurt am 26. September 2004 noch nicht „nach Recht
und Gesetz“ entschieden worden sei. Damit gebe auch das
Ergebnis der Bundestagswahl nicht den tatsächlichen Willen
der Wählerinnen und Wähler wieder. Zur Untermauerung
seines Vortrags verweist der Einspruchsführer unter Bei-
fügung von Kopien auf seine Schriftwechsel mit dem Bun-
despräsidenten, dem Bundesverfassungsgericht, dem Deut-
schen Presserat und dem Rundfunkrat des WDR sowie auf
ein an ihn gerichtetes Schreiben der Präsidentin des Land-

Der Einspruchsführer hat hierauf mit Schreiben vom 24. Ok-
tober 2005 mitgeteilt, dass er mit dem Schreiben nicht ein-
verstanden sei. Er könne lediglich bestätigen, dass eine Per-
son im Auftrag des Wahlprüfungsausschusses ein Schreiben
verfasst und unterzeichnet habe. Zu Schreiben von Behör-
den, in denen der Auftraggeber nicht genannt werde und der
Verfasser und Unterzeichner den Beruf und die Stellung
nicht angebe, äußere er sich inhaltlich nicht. Er erwarte eine
Eingangsbestätigung vom Berichterstatter des Wahlprü-
fungsausschusses. Dem Schreiben sind weitere Kopien des
Schriftwechsels des Einspruchsführers mit dem Bundesprä-
sidenten, dem Bundesverfassungsgericht und dem Rund-
funkrat des WDR beigefügt. Es wird insoweit auf den Inhalt
der Akten Bezug genommen.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes von einer mündlichen Verhandlung abzu-
sehen.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 159 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 159 – Drucksache 16/3600

vertrages im Jahre 1957 und dessen bis heute mit diversen
Änderungen andauernde Anwendung, sowie ein Beschluss

Der Einspruch ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegrün-
det. Die Gültigkeit der Bundestagswahl kann nur durch
des Amtsgerichts Bergen vom 31. August 1962, durch den
der Einspruchsführer „als Rechtsperson gelöscht worden“
sei. Ferner hätten sich die Abgeordneten vor den Wahlen da-
rauf geeinigt, die Schaffung von Arbeitsplätzen im großen
Stil zu fördern, das Wirtschaftswachstum voranzutreiben

Rechtsverstöße im Zusammenhang mit der Vorbereitung
oder Durchführung der Wahl berührt werden. Die vom Ein-
spruchsführer vorgetragenen Sachverhalte weisen solch ei-
nen Bezug zur Vorbereitung oder Durchführung der Bundes-
tagswahl 2005 nicht auf.
am 18. September 2005

hat der Wahlprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 30. November 2006 beschlossen,
dem Bundestag folgenden Beschluss zu empfehlen:

Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 16. November 2005, das am 18. Novem-
ber 2005 beim Deutschen Bundestag eingegangen ist, hat der
Einspruchsführer Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl
zum 16. Deutschen Bundestag am 18. September 2005 ein-
gelegt.

Der Einspruchsführer wendet sich gegen die in seinen Augen
„unerträglichsten Missbräuche der deutschen Herrschafts-
gewalt …, die in den letzten Jahren in der BRD praktiziert
und von allen drei Staatsgewalten (Legislative, Exekutive
und Judikative) sowohl im Bund als auch in den Bundeslän-
dern entweder verursacht oder gedeckt wurden und deshalb
von allen drei Staatsgewalten der BRD zu verantworten
sind“. Dazu gehört nach seiner Auffassung eine Entschei-
dung des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mai 1975
(2 BvL 13/73), die Verurteilung eines ehemaligen SS-Unter-
sturmführers wegen Mordes durch das Landgericht Ravens-
burg im Jahre 2000, die Ausrichtung der gesetzlichen Ren-
tenversicherung auf das Konzept des sog. Generationen-

und die Ausbildung in den Schulen so zu gestalten, dass die
heranwachsenden Kinder und Jugendlichen für die Anfor-
derungen in der Industriegesellschaft „besser verwendbar“
seien. Die Umsetzung dieser Ziele bedeute aber die fortge-
setzte Schädigung und langfristige Zerstörung der „Stabili-
satoren dieser Erde“ und führe dazu, dass die Kinder „aus
dem Leben entfernt und sie zu funktionierenden Apparaten
lebensvernichtender und damit letztlich weltvernichtender
Wirtschaftssysteme“ gemacht würden. Im Hinblick auf die
Einzelheiten des Vortrags des Einspruchsführers und die sei-
ner Einspruchsschrift beigefügten umfänglichen Anlagen
wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Der Wahlprüfungsausschuss hat nach Prüfung der Sach- und
Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahl-
prüfungsgesetzes von einer mündlichen Verhandlung abzu-
sehen.

Entscheidungsgründe
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 161 – Drucksache 16/3600Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 161 – Drucksache 16/3600

Anlage 43

Beschlussempfehlung

Zum Wahleinspruch

des Herrn R. P., 78467 Konstanz
– Az.: WP 176/05 –

gegen die Gültigkeit der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag

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