BT-Drucksache 16/3592

Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes während Studium und Ausbildung

Vom 27. November 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/3592
16. Wahlperiode 27. 11. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Cornelia Hirsch, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Petra Sitte,
Volker Schneider (Saarbrücken), Katja Kipping, Jörn Wunderlich, Dr. Lothar Bisky,
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und der Fraktion DIE LINKE.

Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes während Studium
und Ausbildung

Nach § 7 Abs. 5 SGB II erlischt bis auf wenige Ausnahmen mit einem An-
spruch auf Leistungen nach BAföG der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Diese Regelung stellt viele Betroffene
vor gravierende finanzielle Probleme. Der Hauptgrund sind die Unzulänglich-
keiten beider Gesetze. Dazu kommen Abstimmungsschwierigkeiten und Ver-
zögerungen bei der Auszahlung der Sozialleistungen aufgrund der unterschied-
lichen Zuständigkeiten. Lösungsvorschläge der Bundesregierung sind bisher
nicht bekannt.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Womit begründet die Bundesregierung die Tatsache, dass nach § 7 Abs. 5
SGB II bis auf wenige Ausnahmen ein Anspruch auf Leistungen zur Siche-
rung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II erlischt, sobald der oder die
Betroffene eine dem Grunde nach BAföG-förderungswürdige Ausbildung
beginnt?

2. Womit sollen Studierende ihren Lebensunterhalt bestreiten, die dem Grunde
nach BAföG-berechtigt sind, aber ihren BAföG-Anspruch – etwa durch
Überschreiten der Regelstudienzeit – verloren haben?

3. a) Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, dass fehlende Mittel zur
Sicherung des Lebensunterhaltes ein erfolgreiches Studium erschweren
und als einer der zentralen Gründe für einen Studienabbruch anzusehen
sind?

Falls nein, warum nicht?

b) Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, dass die Zahl der
Studienabbrüche gesenkt werden könnte, sofern Studierende, die dem

Grunde nach BAföG-berechtigt sind, aber ihren BAföG-Anspruch ver-
loren haben, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem
SGB II beantragen könnten?

Falls nein, warum nicht?

Drucksache 16/3592 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

4. a) Plant die Bundesregierung eine Ausweitung des Anspruchs auf Leistun-
gen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für Studie-
rende, die dem Grunde nach BAföG-berechtigt sind, aber ihren BAföG-
Anspruch verloren haben?

Falls nein, warum nicht?

b) Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Mehrkosten, die durch eine
entsprechende Gesetzesänderung entstehen würden?

5. Plant die Bundesregierung eine Ausweitung der förderungsfähigen Aus-
bildungsgänge, des Kreises der anspruchsberechtigten Personen, des Förde-
rungsumfanges und/oder der Förderungshöchstdauer nach dem BAföG?

6. a) Welche finanziellen Folgen hat es für eine Bedarfsgemeinschaft nach
SGB II, wenn eines ihrer Mitglieder – etwa durch die Aufnahme eines
Studiums oder einer Ausbildung – dem Grunde nach eine Förderungs-
würdigkeit nach dem BAföG erwirbt?

b) Kann die Bundesregierung garantieren, dass es in diesen Fällen durch die
gegebenenfalls erforderliche Neuberechnung der Leistungszahlungen
nach dem SGB II für die gesamte Bedarfsgemeinschaft nicht zu einer zeit-
weisen Einstellung oder Reduzierung der Leistungszahlungen kommt?

Falls nein, welche Lösungen schlägt die Bundesregierung vor, um dieses
Problem zu beheben?

7. a) Wie bewertet die Bundesregierung in diesem Zusammenhang den Vor-
schlag, in der Sozialgesetzgebung durchgängig einen Individualanspruch
auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu verankern?

b) Plant die Bundesregierung entsprechende Gesetzesänderungen?

Falls nein, warum nicht?

8. a) Müssen Jugendliche, die über eine Hochschulzugangsberechtigung ver-
fügen und Leistungen nach dem SGB II beziehen, sich um Studienplätze
bewerben, um zu verhindern, dass ihnen die Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhaltes nach SGB II mit der Begründung unzureichender
Bemühungen um einen Ausbildungsplatz bzw. Nichtannahme einer zu-
mutbaren Ausbildung gekürzt werden?

Falls ja, wie begründet die Bundesregierung diese Regelung?

b) Wie verhält es sich bei einer beruflichen Ausbildung, die mit einem
BAföG-Anspruch verbunden ist?

Wie ist hier die Zumutbarkeit geregelt, und welche Erfahrungen hat die
Bundesregierung mit dieser Regelung gemacht?

9. a) Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung kurzfristig, um die Ab-
stimmungen zwischen BAföG-Ämtern und Jobcentern zu verbessern und
Unklarheiten und Verzögerungen bei der Leistungsauszahlung zu ver-
hindern?

b) Ist der Bundesregierung das Problem bekannt, dass BAföG-Berechtigte
von den Arbeitsagenturen generell abgewiesen werden bzw. vor Ort
unklar ist, wer für sie zuständig ist, was die Beantragung von Mitteln in
besonderen Härtefällen nach § 7 Abs. 5 SGB II erschwert bzw. zu Falsch-
informationen unter anderem bezüglich der Ausnahmen bei Schülerinnen
und Schülern führt?
Falls ja, welche Probleme treten besonders häufig auf, und was schlägt
die Bundesregierung als Lösung vor?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/3592

10. a) In welchem Umfang werden Leistungen zur Sicherung des Lebens-
unterhaltes in besonderen Härtefällen nach § 7 Abs. 5 SGB II beantragt,
und in welchem Umfang werden sie bewilligt?

b) Was sind die Hauptgründe, die zu einer Ablehnung eines entsprechen-
den Antrages führen?

11. a) Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass Leistungen nach
§ 7 Abs. 5 SGB II lediglich als Darlehen zur Verfügung stehen, was für
betroffene Studierende, die auch mit Rückzahlungsanforderungen des
BAföG sowie gegebenenfalls von Studienkrediten konfrontiert sind, be-
deutet, nach ihrem Studium einem noch größeren Schuldenberg gegen-
über zu stehen?

b) Wie vertragen sich die Darlehensleistungen zur Sicherung des Lebens-
unterhaltes in besonderen Härtefallen nach § 7 Abs. 5 SGB II insbeson-
dere mit der in § 17 Abs. 2 BAföG vorgesehenen Deckelung der Dar-
lehensschulden in Höhe von 10 000 Euro?

12. Wie positioniert sich die Bundesregierung mittelfristig zu dem Vorschlag,
das BAföG generell in die übrige Systematik der Sozialgesetzgebung zu
integrieren?

Berlin, den 27. November 2006

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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