BT-Drucksache 16/3541

Für eine Initiative der Bundesregierung mit dem Ziel einer humanitären, kohärenten und nachhaltigen Ausrichtung der europäischen Flüchtlingspolitik

Vom 22. November 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/3541
16. Wahlperiode 22. 11. 2006

Antrag
der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Omid Nouripour, Claudia Roth (Augsburg)
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Für eine Initiative der Bundesregierung mit dem Ziel einer humanitären,
kohärenten und nachhaltigen Ausrichtung der europäischen Flüchtlingspolitik

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, im Rahmen der
deutschen EU-Präsidentschaft eine Initiative mit folgendem Inhalt zu starten:

1. Verbesserung menschenrechtlicher Standards und der parlamentarischen
Kontrolle bei der Sicherung der EU-Außengrenzen;

2. Ausbau und grenzüberschreitende Vernetzung der nationalen Seenotrettungs-
dienste untereinander als auch mit der EU-Grenzschutzagentur FRONTEX
– insbesondere an den Seeaußengrenzen der EU im Mittelmeer und im Atlan-
tik;

3. Gewährleistung, dass alle Mitgliedstaaten die im Juli 2006 in Kraft getrete-
nen Änderungen der internationalen Konventionen „Safety of Life at Sea“
von 1974 sowie „Maritime Search and Rescue“ von 1979 befolgen, wonach
die Unterzeichnerstaaten Schiffen ein unverzügliches Anlegen und Absetzen
von aus Seenot geretteten Personen ermöglichen müssen;

4. Sicherstellung, dass auf hoher See gerettete bzw. bei grenzpolizeilichen
Kontrollen aufgegriffene Schiffbrüchige Zurückweisungsschutz entspre-
chend der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) bzw. der Gen-
fer Flüchtlingskonvention (GFK) erhalten, so dass sie zunächst auf das Ter-
ritorium entweder des flaggeführenden bzw. des nächst gelegenen Mitglied-
staates verbracht werden, um dort festzustellen, wer schutzbedürftig ist und
wer rückgeführt werden soll;

5. Klarstellung, dass Kapitäne, die – dem internationalen Seerecht folgend –
Menschen aus Seenot retten und diese in dem Hafen eines Mitgliedslandes
absetzen, regelmäßig unter die in Artikel 1 Abs. 2 der Richtlinie über die
illegale Einreise (2002/90/EG) enthaltene humanitäre Klausel fallen, wonach
Personen dann straffrei bleiben sollen, wenn das Ziel ihrer Handlung die
humanitäre Unterstützung der/des unerlaubt Einreisenden ist;

6. Sicherstellung, dass Asylsuchende stets nach den Bestimmungen der sog.
Aufnahme-Richtlinie (2003/9/EG) behandelt werden und dass Migrantinnen

und Migranten die ihnen zustehenden europäischen Grund- und Menschen-
rechte uneingeschränkt und allumfassend gewährt werden – besonders ist
hierbei auf den Zurückweisungsschutz der EMRK bzw. der GFK sowie auf
die Vorschriften der Anti-Folter-Konvention zu achten sowie auf die Be-
dürfnisse schutzbedürftiger Personengruppen (unbegleitete Minderjährige,
Schwangere, Eltern mit Kindern, Menschen mit Behinderungen sowie Trau-
matisierte);

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7. Sicherstellung, dass alle Mitgliedstaaten dem Hohen Flüchtlingskommissar
der Vereinten Nationen (UNHCR) unverzüglich einen jederzeitigen und
ungehinderten Zugang zu allen Asylsuchenden ermöglichen;

8. Sicherstellung, dass Personen nur in solche Drittstaaten zurückverwiesen
bzw. zwangsweise zurückgeschoben werden dürfen, die die Anti-Folter-
Konvention sowie die beiden internationalen Pakte über bürgerliche und
politische sowie über wirtschaftliche und kulturelle Rechte ratifiziert und
umgesetzt haben und diese auch einhalten. Bei Rückführungen sind zu-
dem die Bedürfnisse schutzbedürftiger Personengruppen (z. B. Traumati-
sierte, Schwangere, Eltern mit Kindern) in jedem Einzelfall zu berücksich-
tigen. Personen, die in der EU einen Antrag auf Gewährung von Asyl
bzw. subsidiären Schutz gestellt haben, dürfen nur in solche Drittstaaten
zurückverwiesen bzw. zwangsweise zurückgeschoben werden, die die
GFK vollständig umgesetzt haben, die über ein nachweislich funktionie-
rendes, rechtsstaatliches Asylsystem verfügen, die anerkannten Flüchtlin-
gen die ihnen zustehenden sozialen Rechte gewähren und in denen nicht
die Möglichkeit einer unzulässigen Kettenabschiebung droht. In solchen
Fällen müssen die Betroffenen die rechtsschutzbewehrte Möglichkeit
haben, noch in der EU auf ihren Einzelfall bezogen die Behauptung zu
widerlegen, dass ihre Sicherheit in dem betreffenden Drittland gewahrt
sei. In Drittstaaten, die ihre völkerrechtlichen bzw. vertraglichen Ver-
pflichtungen nicht erfüllen, sollen aus einem Mitgliedstaat keine Personen
rückgeführt werden;

9. Initiierung bzw. Unterstützung von Vorschlägen, die eine Teilung von Ver-
antwortung innerhalb der EU beim Umgang mit Flüchtlingen zum Ziel ha-
ben – insbesondere eine solidarische und humane Verteilung von aus Seenot
geretteten Personen sowie eine verbesserte Aufteilung der finanziellen Kos-
ten zwischen den Mitgliedstaaten;

10. Initiierung bzw. Unterstützung von Vorschlägen, die eine aktive Aufnahme
von Flüchtlingen zum Ziel haben (z. B. Resettlement-Verfahren), um sol-
chen schutzbedürftigen Personen zu ermöglichen, Gefahren auf ihrem
Fluchtweg zu vermeiden;

11. Entwicklung eines ausgewogenen asyl- und migrationspolitischen Gesamt-
konzepts für die EU, das zum einen die Unterstützung einer zielgerichteten
Entwicklungszusammenarbeit, einer fairen Handels- und Agrarpolitik und
eines nachhaltigen Umweltschutzes sowie die Förderung von Demokratie,
Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechtsbildung sowie des kulturellen Aus-
tausches und einer kooperativen Sicherheitspolitik zum Ziel hat – als auch
die Notwendigkeit einer gesteuerten Wirtschaftsmigration;

12. Initiierung bzw. Unterstützung konkreter Vorschläge, die die Schaffung
innovativer und zukunftstauglicher Möglichkeiten der Wirtschaftsmigration
in die EU zum Ziel haben.

Berlin, den 22. November 2006

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/3541

Begründung

1. Kontrolle der EU-Außengrenzen

Auf Grundlage des Amsterdamer Vertrages wurde der Schutz der EU-Außen-
grenzen zu Recht vergemeinschaftet. Die Einrichtung der Europäischen Grenz-
schutzagentur FRONTEX als eine die Mitgliedstaaten unterstützende Behörde
ohne eigene Eingriffsbefugnis ist ein logischer Schritt. Der Vorschlag der EU-
Kommission für die Ad-hoc-Aufstellung sog. Soforteinsatzteams (KOM (2006)
401 vom 19. Juli 2006) ist insofern stimmig, als die Angehörigen solcher Teams
bei exekutiven Handelungen (etwa bei der Verhinderung unerlaubter Grenzüber-
tritte bzw. bei der Durchführung von Personenkontrollen an den Außengrenzen)
dem Strafrecht des Einsatzstaates unterworfen werden sollen (bzw. dem Zivil-
recht ihres jeweiligen Herkunftslandes). Die Beratungen über diesen Kommis-
sionsvorschlag sollten alsbald abgeschlossen werden.

Die Koordination grenzpolizeilicher Einsätze verschiedener Mitgliedstaaten
durch FRONTEX kann hilfreich sein. Allerdings dürfen die Grenzpolizeien
nicht mit unrealistischen Zielvorgaben überfordert werden – sie allein können
das Problem irregulärer Migration bzw. der Schleuserkriminalität selber nicht
lösen. Weiterhin ist zu beachten, dass verstärkte Kontrollen an den EU-Außen-
grenzen die Fluchtmöglichkeiten für Schutzsuchende nicht unzulässig ein-
schränken dürfen. Zu dem uneingeschränkten und allumfassenden Flüchtlings-
schutz – zu dem sich die EU 1999 in Tampere bekannte – gehört auch die Pflicht
der EU-Staaten sicherzustellen, dass eine spontane Flucht in die EU auch wei-
terhin möglich bleiben muss.

Im Hinblick auf die Kontrollen an den EU-Außengrenzen besteht aus menschen-
rechtlicher Sicht in zweierlei Hinsicht Handlungsbedarf:

● Die Erstellung eines Curriculums für die Ausbildung von Grenzpolizistinnen
und -polizisten in den Mitgliedstaaten fällt in den Zuständigkeitsbereich von
FRONTEX. Der UNHCR hat in seinem 10 Punkte umfassenden Aktionsplan
vom Juni 2006 (Addressing mixed migratory movements) eindringlich dazu
geraten, dass die eingesetzten Angehörigen europäischer Strafverfolgungs-
und Grenzschutzbehörden intensiv auch in Fragen des völkerrechtlichen
Flüchtlingsschutzes geschult werden müssten. Bislang blieben auf EU-Ebene
flüchtlingsrechtliche Aspekte bei der grenzpolizeilichen Ausbildung nämlich
ausgespart (vgl. EU-Ratsdokument Nr. 9134/05 vom 23. Mai 2005).

● Die parlamentarische Kontrolle der Europäischen Grenzschutzagentur muss
verbessert werden – nicht zuletzt weil es bei FRONTEX systematisch zu einer
Vermischung einer (grenz)polizeilichen und einer nachrichtendienstlichen
Tätigkeit kommt. Dies ist umso dringlicher, als sich die Bundesregierung in
ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN über die Europäische Grenzschutzagentur größtenteils für nicht
zuständig erklärte (Bundestagsdrucksache 16/1752). Und FRONTEX selbst
hat in seinem im Juli 2006 veröffentlichten Arbeitsprogramm für 2006 sämt-
liche neun operativen Themenkomplexe geschwärzt (EU-Ratsdokument
Nr. 6941/06 vom 11. Juli 2006). So ist eine parlamentarische Kontrolle nicht
zu gewährleisten.

Die Bundesregierung sollte sich vor diesem Hintergrund im Rahmen der deut-
schen EU-Präsidentschaft nicht nur für den zukünftigen Abschluss der Beratun-
gen über den Vorschlag der EU-Kommission für die Aufstellung sog. Sofortein-
satzteams einsetzen, sondern im gleichen Maße auch die menschenrechtliche
Ausbildung von Grenzpolizistinnen und -polizisten sowie die parlamentarische
Kontrolle von FRONTEX verbessern helfen.

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2. Vernetzung der Seenotrettungsdienste und des Grenzschutzes

Schon in der letzten Legislaturperiode hatte der damalige Bundesminister des
Innern, Otto Schily, in einem am 9. September 2005 veröffentlichten Papier (Ef-
fektiver Schutz für Flüchtlinge, wirkungsvolle Bekämpfung illegaler Migration)
vorgeschlagen, „auf eine Verbesserung der Seenotrettung auf dem Mittelmeer
(z. B. Beitritt aller Anrainer zum Search-and-Rescue-Abkommen) hinzuwirken
sowie (…) Möglichkeiten der Zusammenarbeit von Seenotrettungsdienst und
Grenzschutzdiensten zur Rettung gefährdeter Personen und zur Verhinderung
der illegalen Einwanderung zu prüfen“.

Die Bundesregierung sollte vor dem Hintergrund des tausendfachen Sterbens ir-
regulärer Migrantinnen und Migranten bzw. von Flüchtlingen auf dem Mittel-
meer bzw. Atlantik die deutsche EU-Präsidentschaft für eine Weiterentwicklung
dieser unter der von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gebildeten früheren Bundesregierung begonnenen humanitären Überlegungen
nutzen:

● Existierende (zivile bzw. militärische) Informationsquellen über potentiell
schiffbrüchige Personen sollten zusammengeführt und den nationalen See-
notrettungsdiensten bzw. den Schiffen vor Ort zur Verfügung gestellt werden.

● Eine verbesserte Zusammenarbeit der Seenotrettungsdienste (nicht nur der
Mitgliedsländer, sondern auch von betroffenen Drittstaaten) untereinander
als auch mit der EU-Grenzschutzagentur FRONTEX sollte angestrebt wer-
den – zum einen durch eine Vereinheitlichung des völkerrechtlichen Instru-
mentariums, zum anderen durch Effektivierung der grenzüberschreitenden
Kooperationsstrukturen der nationalen Seenotrettungsdienste und von
FRONTEX.

● Die Mitgliedstaaten sollten nicht nur ermutigt werden, ihre diesbezüglichen
finanziellen Anstrengungen zu intensivieren. Es sollte auch darüber nachge-
dacht werden, inwiefern Maßnahmen von Mitgliedsländern bzw. von Dritt-
staaten zur Effektivierung ihrer Seenotrettungsdienste auch aus EU-Mitteln
zumindest kofinanziert werden können.

Anknüpfungspunkt einer solchen Initiative der Bundesregierung könnte z. B.
die Mitteilung der EU-Kommission „Die künftige Meerespolitik der Euro-
päischen Union“ (KOM (2006) 275 vom 7. Juni 2006) sein. In einem Hinter-
grundpapier hierzu hat sich das Sekretariat der Kommission nämlich eingehend
mit Fragen der Überwachung der Seegrenzen der EU auseinandergesetzt
(SEC(2006) 689 – Volume IV = EU-Ratsdokument Nr. 11510/06 ADD 5 vom
11. Juli 2006).

3. Anwendung der humanitären Seerechts

Am 1. Juli 2006 sind Änderungen der internationalen Konventionen „Safety of
Life at Sea“ von 1974 (SOLAS) sowie „Maritime Search and Rescue“ von 1979
(SAR) in Kraft getreten (Resolutions MSC 153 (78) und MSC 155 (78)). Die
Unterzeichnerstaaten dieser Konventionen sind nunmehr dazu verpflichtet, mit
den Kapitänen zusammenzuarbeiten, die Menschen aus Seenot gerettet haben.
Ihren Schiffen sind das unverzügliche Anlegen und Absetzen von Schiffbrüchi-
gen zu ermöglichen.

Auf die Notwendigkeit einer solchen Regelung hatte der Generalsekretär der
„International Chamber of Shipping“ in einem Schreiben vom 7. Mai 2004 an
den Generalsekretär der Vereinten Nationen, Kofi Annan, eindringlich hingewie-
sen: Weil die eigentlich zuständigen Länder die Aufnahme von Schiffbrüchigen
verweigerten, würden zivile Handelsschiffe immer häufiger an Booten, in denen

sich Schiffbrüchige befänden, vorbeifahren, ohne Hilfe zu leisten.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/3541

Schlaglichtartig wurde diese Problematik für die europäische Öffentlichkeit
deutlich, als die Behörden Maltas und Italiens im Sommer 2004 dem deutschen
Rettungsschiff „Cap Anamur“ über drei Wochen hinweg das Absetzen von 37
aus Seenot geretteten Afrikanerinnen und Afrikanern verwehrten.

Aber auch nach dem 1. Juli 2006 halten sich nicht alle Mitgliedstaaten an ihre
aus dem Inkrafttreten der Änderungen von SOLAS und SAR erwachsenen
Rechtspflichten: So gestattete Malta im Juli 2006 dem spanischen Trawler
„Francisco Catalina“ das Anlegen und Absetzen von 51 Schiffbrüchigen erst, als
La Valletta nach tagelangen Verhandlungen eine Übernahme der Schiffbrüchi-
gen durch andere Mitgliedstaaten erreicht hatte. Daran beteiligte sich begrü-
ßenswerterweise auch Deutschland – völkerrechtskonform aber war das Vorge-
hen Maltas nicht.

Insofern hat die Bundesregierung offenkundig Anlass, im Rahmen ihrer EU-
Präsidentschaft eine Initiative zu starten, die ein einheitliches, völkerrechtskon-
formes Agieren innerhalb der EU in dieser Frage zum Ziel hat.

4. Anwendung der völkerrechtlichen Flüchtlings- und Menschenrechte

Bei Seenotrettungsaktionen bzw. bei Kontrollaktionen durch Grenzschützerin-
nen und -schützer aus den Mitgliedstaaten der EU auf hoher See wird in aller
Regel ein heterogener Personenkreis gerettet.

Wie aus diesem heterogenen Personenkreis möglichst frühzeitig zwischen irre-
gulären Migrantinnen/Migranten und Flüchtlingen unterschieden werden kann
und soll, ist innerhalb der EU bislang nicht geregelt.

In ihrem Aktionsplan zur Verbesserung des Schutzes der EU-Seegrenzen hat-
ten die Innen- und Justizministerinnen bzw. -minister der EU vorgeschlagen,
dass all diese Menschen grundsätzlich in die Transitländer zurücktransportiert
werden sollten, wo sie ihre Schiffsreise begonnen hatten. Dort sollten sie in
Auffanglagern auf ihre endgültige Abschiebung in ihre Herkunftsländer war-
ten. Aber – so heißt es in dem Aktionsplan ausdrücklich – in diese Auffang-
zentren dürften „keine Asylbewerber aufgenommen werden“ (EU-Ratsdoku-
ment Nr. 15445/03 vom 28. November 2003, S. 11).

Der UNHCR hat zu größter Sorgfalt beim Umgang geraten, wie mit Schiffbrü-
chigen auf hoher See verfahren werden soll, unter denen sich immer wieder Per-
sonen befänden, die unter dem Schutzbereich der GFK stünden.

Die Bundesregierung hatte in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN behauptet, dass das Non-Refoulment-Gebot
der GFK „nach ganz überwiegender Staatenpraxis“ seine Wirkung nicht bei der
Äußerung eines Asylgesuchs gegenüber deutschen Hoheitsträgern auf einem
unter deutscher Flagge fahrenden Schiff, dass sich auf hoher See oder in
Hoheitsgewässern anderer Staaten befindet, sondern diese erst bei einem territo-
rialen Gebietskontakt der/des Asylsuchenden entfalte (also an der Grenze oder
im Landesinnern; vgl. Bundestagsdrucksache 16/2723). Der Verweis der Bun-
desregierung auf die Staatenpraxis ersetzt aber nicht die Antwort auf die in Rede
stehende Rechtsfrage. Tatsächlich kennt das Non-Refoulement-Gebot der GFK
keine geographischen Begrenzungen, sondern erstreckt sich auf alle Hoheitsträ-
ger (government agents), innerhalb wie außerhalb des Territoriums – und sollte
somit auch für die deutschen Beamtinnen und Beamten gelten, die auf einem
unter deutscher Flagge fahrenden Schiff eingesetzt sind.

Aber unabhängig davon dürfte unstreitig sein, dass in der o. g. Fallkonstruktion
die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) Anwendung findet, dass
sich die betroffenen Bootsflüchtlinge somit auf den aus Artikel 3 resultierenden
Zurückweisungsschutz (Gefahr von Folter oder unmenschlicher oder erniedri-

gender Strafe oder Behandlung) sowie auf den sich aus Artikel 13 ergebenden
Anspruch auf Rechtsschutzgewährung berufen können.

Drucksache 16/3541 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Der UNHCR hat stets große Bedenken geäußert, wenn bei Kontrollen auf hoher
See eine Prüfung von Asylgesuchen durchgeführt wird. Asylsuchende sollten so
schnell wie möglich an sichere Orte gebracht werden.

● Sofern es sich bei dem Rettungsschiff um ein ziviles Handelsschiff handelt,
sei dem UNHCR zufolge der nächstgelegene geeignete Hafen in dem Land
anzulaufen, in dem die Rechte von Flüchtlingen effektiv gewahrt würden und
deren Versorgung voll gewährleistet sei.

● Wenn diese Personen bei grenzpolizeilichen Kontrollen auf hoher See aufge-
griffen würden, läge – so der UNHCR – der nächstgelegene sichere Hafen
letztlich im Flaggenstaat des Patrouillenbootes (vgl.“Background Note on the
Protection of Asylum-Seekers and Refugees rescued at Sea” vom 18. März
2002, S. 8, zit. nach: Europarats-Dokument CAHAR (2005) 16, vom
23. Oktober 2005; vgl. hierzu auch die in 2006 vom UNHCR und der „Inter-
national Maritime Organization“ herausgegebene Publikation: „Rescue at Sea
– A guide to principles and practice as applied to migrants and refugees“).

Die von der EU in Auftrag gegebene Durchführbarkeitsstudie zur Intensivierung
der europäischen Seegrenzkontrollen kam im Jahr 2003 insofern zu demselben
Ergebnis. Auch sie empfahl, dass Asylanträge von Personen, die bei Kontrollen
durch Organe der EU auf hoher See aufgegriffen worden sind, in den zuständi-
gen Einrichtungen der Mitgliedstaaten bearbeitet werden sollten (EU-Ratsdoku-
ment Nr. 11490/1/03 vom 19. September 2003, S. 64).

Die Bundesregierung sollte vor diesem Hintergrund im Rahmen der deutschen
EU-Präsidentschaft eine Initiative starten, die klarstellt,

● dass Schiffbrüchige, die durch ein unter der Flagge eines Mitgliedstaates
fahrendes Schiff auf hoher See gerettet bzw. bei einer grenzpolizeilichen
Kontrolle aufgegriffen worden sind, Zurückweisungsschutz entsprechend der
EMRK bzw. der GFK erhalten und

● dass diese Personen zunächst auf das Territorium entweder des flaggeführen-
den bzw. des nächstgelegenen Mitgliedstaates verbracht werden, um dort
festzustellen, wer schutzbedürftig ist und wer rückgeführt werden soll.

5. Straffreiheit für seenotrettungleistende Kapitäne

Kapitäne die aus Seenot gerettete Personen – in Anwendung der Vorschriften
von SOLAS und SAR – in der EU absetzen, werden von einzelnen Mitgliedstaa-
ten mitunter wegen angeblicher Beihilfe zur illegalen Einreise strafrechtlich ver-
folgt. Prominentes Beispiel hierfür ist die jüngste Entscheidung eines sizilia-
nischen Gerichts, im November 2006 die Hauptverhandlung gegen den Kapitän
der „Cap Anamur“ sowie den früheren Chef der deutschen Hilfsorganisation
Cap Anamur zu eröffnen.

Artikel 1 Abs. 2 der Richtlinie über die illegale Einreise (2002/90/EG) enthält
eine humanitäre Klausel, wonach Personen straffrei bleiben sollen, wenn das
Ziel ihrer Handlung die humanitäre Unterstützung der/des unerlaubt Einreisen-
den ist.

Die Bundesregierung hatte auf eine Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN geantwortet, dass sich die Frage nicht abstrakt beantworten
ließe, unter welchen Voraussetzungen ein Schiffsführer sich wegen der Beihilfe
zur illegalen Einreise strafbar machen würde (z. B. weil sich die angeblich
Schiffbrüchigen in Wahrheit nicht in Seenot befunden hatten und somit keine
Verpflichtung bestand, diese Personen nach Deutschland an Land zu bringen).
Dies würde – so die Bundesregierung – maßgeblich von den Umständen des
Einzelfalles abhängen (Bundestagsdrucksache 16/2723). Diese allgemein gehal-

tene Antwort der Bundesregierung beantwortet aber nicht die eigentliche Frage,
inwiefern nämlich der Kapitän unter die humanitäre Klausel der Richtlinie

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/3541

2002/90/EG fällt, wenn sich die nach Deutschland verbrachten Personen tat-
sächlich in Seenot befanden bzw. wie in anderen Mitgliedstaaten in solchen Fäl-
len verfahren wird.

Die Bundesregierung sollte daher im Rahmen der EU-Präsidentschaft einen
klarstellenden Beschluss vorschlagen, wonach Kapitäne in allen Mitgliedstaaten
unter die humanitäre Klausel der Richtlinie 2002/90/EG fallen sollen, wenn ihre
Seenotrettungsleistung und das Absetzen der schiffbrüchigen Personen in dem
jeweiligen Mitgliedstaat erkennbar im Einklang mit den humanitären Verpflich-
tungen aus SOLAS, SAR bzw. der GFK stand.

6. Aufnahmebedingen in der EU

Die Parlamentarische Versammlung des Europarates hatte in ihrer Empfehlung
vom 29. Januar 2004 die Mitgliedsländer dazu aufgefordert, dafür Sorge zu tra-
gen, dass Personen, die in Seehäfen und Küstengebieten Asyl beantragen wol-
len, ungehinderten Zugang zum Asylverfahren erhalten, dass geeignete und auf
Dauer angelegte Aufnahmeeinrichtungen vorgehalten werden und dass beson-
ders gefährdete Personen (also alleinreisende/unbegleitete Kinder, alte Men-
schen, Kranke sowie schwangere Frauen), die in Seehäfen oder Küstengebieten
eintreffen, in angemessener Form Hilfe und eine Unterkunft erhalten – auch
wenn sie kein Asyl beantragen würden; außerdem sollten alleinreisende/unbe-
gleitete Kinder unter wirksame gesetzliche Vormundschaft gestellt werden (vgl.
Bundestagsdrucksache 15/2788 vom 25. März 2004, S. 34 f.).

Gerade in den Mitgliedstaaten in denen sog. Bootsflüchtlinge häufig anlanden,
gibt es immer wieder Erkenntnisse über eine Behandlung dieser Personen-
gruppe, die gegen das Völkerrecht und auch gegen geltendes EU-Recht verstößt.

Beispiel Italien: Der Jahresbericht von Amnesty International 2006 und das
Europäische Parlament haben die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende
(z. B. auf Lampedusa) und die nach Libyen durchgeführten kollektiven Ab-
schiebungen scharf kritisiert (vgl. P6_TA(2005)0138). Bemängelt wurden die
räumlich beengten und unhygienischen sowie die unzureichenden medizini-
schen Aufnahmebedingungen sowie unzulässige Einschränkungen beim Zugang
zur rechtlichen Beratung. Mängel bei den Aufnahmebedingungen und dem
Rechtsschutz für Asylsuchende wurden auch der Innenausschuss-Delegation des
Deutschen Bundestages vorgetragen, die im Oktober 2006 nach Lampedusa und
Rom gereist war.

Beispiel Griechenland: Dem Jahresbericht von Amnesty International 2006 zu-
folge unterließ es auch Athen, seine völkerrechtlichen Verpflichtungen hinsicht-
lich der Sicherstellung des Zugangs zum Asylverfahren einzuhalten. Außerdem
verstieß Griechenland wiederholt gegen das in der GFK enthaltene Prinzip des
Non-Refoulement. Amnesty International hat mehrfach Berichte darüber erhal-
ten, dass Asylsuchenden bei ihrer Ankunft an der griechischen Küste, auf grie-
chischen Inseln bzw. in der Grenzregion Evros der Zugang zum Asylverfahren
verwehrt worden ist bzw. dass sie unzulässigerweise ausgewiesen wurden.

Beispiel Malta: Der Besuch einer Delegationen des EP-Ausschusses für bürger-
liche Freiheiten, Justiz und Inneres in Gewahrsamseinrichtungen auf Malta hat
gezeigt, dass Migrantinnen und Migranten sowie Asylsuchende dort unter „un-
haltbaren Lebensbedingungen“ festgehalten würden, die „weit unter internatio-
nal anerkannten Normen liegen, und dass auch ihre körperliche Verfassung so-
wie unzureichender oder nicht vorhandener Zugang zu grundlegenden Leistun-
gen wie medizinische Versorgung, Sozialhilfe und rechtlicher Beistand beson-
deren Anlass zur Sorge geben“. Zudem verfüge Malta – so das EP weiter – nicht
über genügend Personal, um die Asylanträge innerhalb einer vertretbaren Frist

zu bearbeiten (vgl. EP-Entschließung P6_TA(2006)0136 vom 6. April 2006).

Drucksache 16/3541 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beispiel Spanien: In einem am 26. Oktober 2006 vorgestellten Bericht doku-
mentiert Amnesty International gravierende Probleme bei der Aufnahme von
Asylsuchenden in Spanien, insbesondere im Hinblick auf die notwendige Unter-
richtung über die Asylsuchenden zustehenden Rechte und den Zugang zu einem
rechtsstaatlichen Asylverfahren („Spain and Morocco: Failure to protect the
rights of migrants – one year on“).

Die Bundesregierung sollte vor diesem Hintergrund die deutsche EU-Präsident-
schaft nutzen, um sicherzustellen, dass in allen Mitgliedstaaten

● Asylsuchende nach den Bestimmungen der sog. Aufnahme-Richtlinie
2003/9/EG behandelt werden,

● dass Migrantinnen und Migranten die ihnen zustehenden europäischen
Grund- und Menschenrechte uneingeschränkt und allumfassend gewährt
werden und

● dass auf die spezifischen Bedürfnisse schutzbedürftiger Personengruppen
(unbegleitete Minderjährige, Schwangere, Eltern mit Kindern, Menschen mit
Behinderungen sowie Traumatisierte) in besonderer Weise Rücksicht genom-
men wird.

7. Zugang des UNHCR zu Asylsuchenden

Mehrfach bereits hat sich der UNHCR darüber beklagt, dass dem Amt entgegen
den Vorschriften der GFK bzw. entgegen Artikel 21 der sog. Asylverfahrens-
Richtlinie (2005/85/EG) der Zugang zu Asylsuchenden

● auf Malta (vgl. EP-Entschliessung P6_TA(2006)0136 vom 6. April 2006)

● auf Lampedusa (vgl. EP-Entschliessung P6_TA(2005)0138 vom 14. April
2005) und

● auf Sizilien (UNHCR-Pressemitteilung vom 23. Juli 2004)

verwehrt worden sei.

Die Bundesregierung sollte im Rahmen der deutschen Präsidentschaft eine Ini-
tiative mit dem Ziel starten, dass der UNHCR in allen Mitgliedstaaten jederzeit
ungehinderten Zugang zu Asylsuchenden erhalten muss.

8. Rückführungen

Unstreitig befinden sich unter den Personen, die irregulär in die EU einwandern
bzw. sich nach Europa flüchten, solche, die nicht unter den Schutzbereich der
GFK fallen bzw. denen kein subsidiärer Schutz im Sinne der sog. Qualifikations-
Richtlinie 2004/83/EG gewährt werden kann. Diese Personen können nicht da-
mit rechnen, in der EU ein Aufenthaltsrecht zu erhalten.

Die EU-Kommission hat aber z. B. im Hinblick auf die Situation in Marokko
Zweifel, ob Rabat in der Lage sei, einen effektiven Flüchtlingsschutz zu gewähr-
leisten. Das dortige Asylverfahren – so das Fazit der Kommission – sei „kon-
fus“. Es gibt für abgelehnte Asylsuchende kein Widerspruchsverfahren. Und
schließlich – so die EU-Kommission weiter – habe der UNHCR seine Sorge
über die nicht ordnungsgemäße Anwendung der GFK geäußert: So hätte
Marokko Personen abgeschoben, die Asyl beantragt hätten, ja sogar solche, die
vom UNHR als Flüchtlinge anerkannt worden waren („Mission Report – Tech-
nical mission to Morocco on illegal immigration“, Brüssel 19. Oktober 2005,
S. 5 f.).

Und der am 26. Oktober 2006 vorgestellte Bericht von Amnesty International
(„Spain and Morocco: Failure to protect the rights of migrants – one year on“)

weist ausführlich auf zahlreiche schwerwiegende Probleme bei Rückführungen

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/3541

aus Spanien nach Marokko bzw. im Hinblick auf die Behandlung von rückge-
schobenen Personen in Marokko hin.

Vor diesem Hintergrund erscheint es unerlässlich, dass die Bundesregierung im
Rahmen der deutschen EU-Präsidentschaft eine Initiative startet, deren Ziel es
ist, sicherzustellen

● dass Personen nur in solche Drittstaaten zurückverwiesen bzw. zwangsweise
zurückgeschoben werden dürfen, die die Anti-Folter-Konvention sowie die
beiden internationalen Pakte über bürgerliche und politische sowie über wirt-
schaftliche und kulturelle Rechte ratifiziert und umgesetzt haben und diese
auch einhalten. Bei Rückführungen sind zudem die Bedürfnisse schutzbedürf-
tiger Personengruppen (z. B. Traumatisierte, Schwangere, Eltern mit Kindern)
in jedem Einzelfall zu berücksichtigen. Personen, die in der EU einen Antrag
auf Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz gestellt haben, dürfen nur
in solche Drittstaaten zurückverwiesen bzw. zwangsweise zurückgeschoben
werden, die die GFK vollständig umgesetzt haben, die über ein nachweislich
funktionierendes, rechtsstaatliches Asylsystem verfügen, die anerkannten
Flüchtlingen die ihnen zustehenden sozialen Rechte gewähren und in denen
nicht die Möglichkeit einer unzulässigen Kettenabschiebung droht. In sol-
chen Fällen müssen die Betroffenen die rechtsschutzbewehrte Möglichkeit
haben, noch in der EU auf ihren Einzelfall bezogen die Behauptung zu wider-
legen, dass ihre Sicherheit in dem betreffenden Drittland gewahrt sei, und

● dass in Drittstaaten, die ihre völkerrechtlichen bzw. vertraglichen Verpflich-
tungen nicht erfüllen, aus einem Mitgliedstaat heraus keine Personen rück-
geführt werden sollen.

9. Verantwortungsteilung

Auf dem informellen Treffen des Europäischen Rates für Justiz und Inneres am
20. bis 22. September 2006 in Tampere hat Bundesminister des Innern,
Dr. Wolfgang Schäuble (CDU), die Bitte der spanischen Regierung nach finan-
zieller Unterstützung angesichts der vielen Bootsflüchtlinge auf den Kanari-
schen Inseln zurückgewiesen. „Bevor über EU-Hilfen gesprochen werden
könne“ so wird Dr. Wolfgang Schäuble in der „taz“ vom 23. September 2006
zitiert, „müsse Spanien sicherstellen, dass jeder Flüchtling in der Fingerab-
druck-Datenbank Eurodac registriert und hinterher abgeschoben werde. Weil
dann Freunde und Bekannte sehen, dass es keinen Erfolg und keinen Sinn hat,
die gefährliche Reise übers Meer anzutreten“. „Anfreunden“ könne sich der
Bundesminister allenfalls mit dem Vorschlag des EU-Innenkommissars Franco
Frattini, Spanien und Italien mit Geldern aus dem EU-Katastrophenfonds zu
helfen (FTD, 22. September 2006).

Der UNHCR hingegen fordert immer wieder eine Vereinbarung über Verant-
wortungsteilung zwischen den EU-Ländern, mit dem Ziel, aus Seenot gerettete
Asylsuchende aufzunehmen und so das Asylsystem des an sich zuständigen Mit-
gliedstaates zu entlasten (vgl. “Background Note on the Protection of Asylum-
Seekers and Refugees rescued at Sea” vom 18. März 2002, S. 9, zitiert nach:
Europarats-Dokument CAHAR (2005) 16, vom 23. Oktober 2005).

Und auch das Europaparlament setzt sich in seiner Entschließung zur gemein-
samen Einwanderungspolitik vom 28. September 2006 dafür ein,

● dass den von derartigen Notfällen unmittelbar betroffenen Mitgliedstaaten
Zugang zur technischen Hilfe bzw. zu Mitteln, wie dem ARGO-Programm
bzw. zu den geplanten Europäischen Flüchtlings-, Außengrenzen-, Integra-
tions- bzw. Rückführungsfonds gewährt werden sollte;

Drucksache 16/3541 – 10 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

● dass so schnell wie möglich ein Notfonds geschaffen werden sollte, aus dem
„Experten-Unterstützungsteams“ (zur Hilfe bei der Aufnahme an den Gren-
zen) finanziert werden sollen;

● dass NGOs, die vor Ort Nothilfe leisten, finanziell unterstützt werden sollten;

● dass der Grundsatz der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (dass nämlich immer
der Mitgliedstaat für die Behandlung eines Asylantrags zuständig ist, in das
der/die jeweilige Asylsuchende eingereist ist) so schnell wie möglich ge-
ändert werden sollte – denn die bisherige Regelung würde den Mitgliedstaaten
im Süden und im Osten der EU „eine unerträgliche Last aufbürden“. Statt-
dessen solle ein „gerechter Mechanismus für eine gemeinsame Verantwor-
tung der Mitgliedstaaten“ eingeführt werden.

Die Bundesregierung sollte daher die deutsche EU-Präsidentschaft nutzen, um
eine Initiative mit dem Ziel zu starten, eine verbesserte Aufteilung der finan-
ziellen Kosten sowie einer humanen Verteilung von aus Seenot geretteten Per-
sonen zwischen den Mitgliedstaaten zu erreichen – wobei im Hinblick auf die
Verteilung von Asylsuchenden sichergestellt sein muss, dass humanitäre Grund-
sätze beachtet und integrationsfördernde Faktoren berücksichtigt werden. Dies
betrifft insbesondere den Schutz von Minderjährigen und die Gewährleistung
der Familieneinheit. Eine solche Initiative wäre nicht nur ein Akt der Solidarität,
sondern ist auch (so wie dies die Bundesregierung im Falle von Malta im Juli
2006 auch unter Beweis gestellt hat) ein sinnvoller Beitrag, die Asylsysteme der
an sich zuständigen Mitgliedstaaten zu entlasten.

10. Aktive Aufnahme von Flüchtlingen

Die EU-Kommission hatte in ihrer Mitteilung über die „Verbesserung des Zu-
gangs zu dauerhaften Lösungen“ (KOM (2004) 410 vom 4. Juni 2004) Folgen-
des vorgeschlagen:

● ein geschütztes Zulassungsverfahren für Flüchtlinge in Herkunftsregionen
bzw. Transitstaaten (durch Außenstellen der Asylbehörden in den Botschaf-
ten der Mitgliedstaaten) zu gewährleisten bzw.

● die freiwillige Aufnahme von Flüchtlingen, die der UNHCR in Drittstaaten
zuvor bereits anerkannt hat (das sog. Resettlement-Verfahren) zu entwickeln.

Solche Vorschläge sind dann sinnvoll, wenn sie als freiwilliges und ergänzendes
Instrument einer humanitären Aufnahme angelegt sind. Sie dürfen also die Mög-
lichkeit einer spontanen Flucht in die EU nicht einschränken.

Das kurz darauf verabschiedete Haager Programm zur Stärkung von Freiheit,
Sicherheit und Recht sah vor, dass die 2005 einzuleitenden regionalen Schutz-
programme der EU auch ein gemeinsames Neuansiedlungsprogramm umfassen
sollten (EU-Ratsdokument Nr. 16054/04 vom 13. Dezember 2004).

Der Ratsbeschluss über die Einrichtung regionaler Schutzprogramme in der
Ukraine, Moldau und Belarus sowie für Subsahara-Afrika (insbesondere die
Region der Großen Seen/Ostafrika) sieht dementsprechend auch ein „von den
Mitgliedstaaten auf freiwilliger Basis durchzuführendes gemeinsames Neuan-
siedlungsprogramm“ vor (EU-Ratsdokument 12645/05 vom 12. Oktober 2005).

Die EU-Kommission hat in ihrem im Mai 2006 geänderten Vorschlag über die
Errichtung des Europäischen Flüchtlingsfonds für den Zeitraum 2008 bis 2013
innerhalb des geplanten Rahmenprogramms „Solidarität und Steuerung der
Migrationsströme“ empfohlen, freiwillige Wiederansiedlungsmaßnahmen künf-
tig über den Europäischen Flüchtlingsfond zu unterstützen (KOM (2005) 123/2
vom 24. Mai 2006). Die Bundesregierung hat in ihrer Antwort auf eine Kleine
Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärt, sie unterstütze – vor-

behaltlich von Änderungen in Detailfragen – diesen Vorschlag der EU-Kommis-
sion (Bundestagsdrucksache 16/2060).

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 11 – Drucksache 16/3541

Im Rahmen der deutschen EU-Präsidentschaft sollten daher die Verhandlungen
über den Kommissionsvorschlag (KOM (2005) 123/2) abgeschlossen und dann
unmittelbar mit Resettlements-Aktionen begonnen werden (entweder im EU-
Rahmen oder – als Vorbildmaßnahme – durch die deutsche EU-Präsident-
schaft) – so wie dies die ehemalige Bundesregierung schon in der letzten Wahl-
periode vorgeschlagen hatte.

11. Ein ausgewogenes asyl- und migrationspolitisches Gesamtkonzept der EU

„Die Europäische Union verfügt auch sieben Jahre nach der Annahme des
Programms von Tampere noch nicht über eine kohärente Einwanderungspoli-
tik“, so die Feststellung des Europäischen Parlaments in seiner Entschließung
zur gemeinsamen Einwanderungspolitik der EU vom 28. September 2006
(P6_TA-Prov(2006)0386).

Dabei braucht die EU ein flüchtlings- und einwanderungspolitisches Gesamt-
konzept. Dieses sollte zum einen die Unterstützung einer zielgerichteten Ent-
wicklungszusammenarbeit, einer fairen Handels- und Agrarpolitik und eines
nachhaltigen Umweltschutzes sowie die Förderung von Demokratie, Rechts-
staatlichkeit und Menschenrechtsbildung sowie des kulturellen Austausches und
einer kooperativen Sicherheitspolitik zum Ziel haben.

Begreift man den Aspekt der Schaffung neuer legaler Möglichkeiten der Wirt-
schaftsmigration als einen unverzichtbaren Parameter für die Ausgewogenheit
eines Migrationskonzeptes, dann richtet sich die o. g. Kritik des Europäischen
Parlaments vor allem an die Arbeit des Rates bzw. Europäischen Rates.

Derzeit sind fünf Beschlüsse des Rates bzw. Europäischen Rates einschlägig:

In drei Ratsbeschlüssen taucht der Aspekt der Wirtschaftsmigration nur in Form
einer unverbindlichen Bereitschaft auf, Vorschläge zur befristeten bzw. zirkulä-
ren Migration (also das Pendeln von bereits in der EU lebenden Migrantinnen
und Migranten mit ihren Herkunftsländern) ausloten bzw. prüfen zu wollen:

● Beschluss des Rates für Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehun-
gen „Migration und Außenbeziehungen“ (EU-Ratsdokument Nr. 14172/05
vom 21./22. November 2005)

● Beschluss des Rates für Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehun-
gen „Strategie für die externe Dimension der JI-Politik“ (EU-Ratsdokument
Nr. 14960/05 vom 12. Dezember 2005 i. V. m. EU-Ratsdokument Nr. 15446/
05 vom 6. Dezember 2005)

● Beschluss des Europäischen Rates für Justiz und Inneres „Position der EU im
Rahmen des hochrangigen Dialogs der Vereinten Nationen über internatio-
nale Migration und Entwicklung“ (EU-Ratsdokument Nr. 11740/06 vom
17. Juli 2006).

In den beiden Beschlüssen des Europäischen Rates vom 15./16. Dezember 2005

● „Gesamtansatz zur Migrationsfrage: Vorrangige Maßnahmen mit Schwer-
punkt Afrika und Mittelmeerraum“ (EU-Ratsdokument Nr. 15914/1/05 vom
30. Januar 2006) und

● „Die EU und Afrika auf dem Weg zu einer strategischen Partnerschaft (EU-
Ratsdokument Nr. 15914/1/05 vom 30. Januar 2006 i. V. m. EU-Ratsdoku-
ment Nr. 15702/1/05 vom 14. Dezember 2005)

wird das Anliegen der Erleichterung der Wirtschaftsmigration gar nicht behan-
delt.

Dass dies auch die Absicht des Rates war, ergibt sich daraus, dass der Rat im

Zuge seiner Beratungen aus den Vorarbeiten der EU-Kommission stets die
Passagen gestrichen hat, in denen die Zulassung von Wirtschaftsmigration

Drucksache 16/3541 – 12 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

empfohlen wurde (vgl. z. B. KOM (2005) 621 vom 30. November 2005 und
KOM (2006) 409 vom 14. Juli 2006).

Auf der Grundlage der o. g. Ratsbeschlüsse bewegt sich auch der Vorschlag, den
Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble gemeinsam mit seinem französischen
Amtskollegen Nicolas Sarkozy am 26. Oktober 2006 der Öffentlichkeit vor-
gestellt hat („Deutsch-Französische Initiative für eine neue europäische Migra-
tionspolitik“): Darin schlagen die Minister Dr. Wolfgang Schäuble und Nicolas
Sarkozy Quoten der Arbeitsmigration für bestimmte Berufe vor – was für die
Haltung der Bundesregierung einen begrüßenswerten Richtungswandel dar-
stellt.

Gleichzeitig will die deutsch-französische Initiative aber lediglich die Möglich-
keit eines befristeten Aufenthalts für Arbeitsmigrantinnen und -migranten zulas-
sen.

Dieser Vorschlag ist insofern unzureichend, als sich die Frage befristeter Ar-
beitsaufenthalte nur für zwei Bereiche der Arbeitsmigration stellt (namentlich
der Saisonarbeit und bei der Erteilung von Mehrfachvisa, z. B. für ausländische
Führungskräfte). Im Hinblick auf qualifizierte Arbeitsmigrantinnen und -mig-
ranten wäre der von Minister Dr. Wolfgang Schäuble und Nicolas Sarkozy ver-
tretene Ansatz in zweierlei Hinsicht kontraproduktiv: Aus wirtschaftlicher Sicht
ist klar, dass unter diesen Voraussetzungen qualifizierte Arbeitskräfte aus Dritt-
staaten die EU meiden und die Länder bevorzugen würden, die ihnen günstigere
Aufnahmebedingungen bieten. Und zweitens wiederholt Dr. Wolfgang Schäuble
mit seinem Vorschlag – allen wohlfeilen Worten beim Integrationsgipfel zum
Trotz – den Fehler der alten deutschen „Gastarbeiter“-Politik, die 50 Jahre lang
die Augen davor verschloss, dass eben Menschen kamen – und auch blieben.

Im Vergleich zu den Ansätzen des Rates bzw. der deutsch-französischen Initia-
tive verfolgt die EU-Kommission ein tatsächlich ausgewogenes Migrationskon-
zept. Dieses lässt sich z. B. anhand des EU-Programms AENEAS darstellen:
Dieses will in Herkunfts- und Transitstaaten bis Ende 2006 Projekte zum sog.
capacity building in den Bereichen Migration und Asyl finanzieren (Erlass von
Rechtsvorschriften zur legalen Einwanderung, Asyl und Integration sowie zur
Bekämpfung der illegalen Einwanderung – aber auch Vorhaben zur Verbesse-
rung der Grenzkontrollen bzw. der operativen (grenz)polizeilichen Zusammen-
arbeit).

Die EU-Kommission schlägt nun vor, das AENEAS-Programm in ein sog. The-
matisches Programm für die Zusammenarbeit mit Drittländern in den Bereichen
Migration und Asyl zu überführen (KOM (2006) 26 vom 25. Januar 2006). Die
Kommission setzt sich für ein Konzept ein, „das über Fragen der Grenzkontrolle
und der Bekämpfung der illegalen Einwanderung hinausgeht“: Künftig sollten
alle Facetten der Migration abdeckt werden, wobei – so die EU-Kommission –
die „Bezüge zu Migration und Entwicklung und zur Wirtschaftsmigration die
größten Neuerungen mit sich bringen“ werden. Damit solle dem „Erfordernis“
Rechnung getragen werden, dass in Zukunft „Arbeitsmigranten das Funktionie-
ren unserer Wirtschaft in Sektoren gewährleisten müssen, in denen die EU mit
einem Mangel an Arbeitskräften und Qualifikationen konfrontiert ist, und mit
denen gleichzeitig die durch die Migration entstehenden Vorteile sowohl für die
Migranten und als auch für ihre Herkunftsländer maximiert werden“.

Ihr Migrationskonzept will die EU-Kommission auf fünf Säulen aufbauen:

● Förderung der Wechselwirkungen zwischen Migration und Entwicklung,

● Förderung einer gut organisierten Steuerung der Arbeitskräftemigration,

● Bekämpfung der illegalen Einwanderung und Erleichterung der Rücküber-

nahme illegaler Einwanderer,

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 13 – Drucksache 16/3541

● Schutz von Migranten vor Ausbeutung und Ausgrenzung,

● Förderung von Asyl und internationalem Schutz, einschließlich regionaler
Schutzprogramme.

Das Europäische Parlament übernimmt in seinen beiden Entschließungen

● „Entwicklung und Migration“ (P6_TA-PROV(2006)0319 vom 6. Juli 2006)
und

● „Zur gemeinsamen Einwanderungspolitik der EU“ (P6_TA-Prov(2006)0386
vom 28. September 2006)

den konzeptionellen Ansatz der EU-Kommission.

So empfiehlt das Europäische Parlament – ausgehend von dem Ansatz, dass
„Mobilität ein Menschenrecht“ sei:

● Die Gewährleistung der „Mobilität von Intelligenz“ bzw. die „vollständige
Teilhabe der Entwicklungsländer am Austausch von Kompetenzen auf dem
weltweiten Arbeitsmarkt“ sowie „konkrete Initiativen [der EU-Kommission
bzw. der Mitgliedstaaten] zur Förderung des Zugangs zu den legalen Zuwan-
derungskanälen“.

● Vor diesem Hintergrund müsse das AENEAS-Nachfolgeprogramm seine
Mittel ab 2007 „für eine Entwicklungsstrategie, insbesondere durch die Finan-
zierung von Maßnahmen im Bereich der gemeinsamen Entwicklung verwen-
den, um beispielsweise Ausgaben für den weiteren Schutz der EU-Außen-
grenzen zu vermeiden“.

Die Bundesregierung sollte vor diesem Hintergrund die deutsche EU-Präsident-
schaft dafür nutzen,

● die bisherigen Migrationskonzepte des Rates um den Aspekt der Schaffung
neuer legaler Möglichkeiten der (Wirtschafts-)Migration zu ergänzen,

● den Vorschlag der EU-Kommission für die Überführung von AENEAS in ein
ausgewogenes und kohärentes thematisches Programm für die Zusammen-
arbeit mit Drittländern in den Bereichen Migration und Asyl zu unterstützen.

12. Neue Instrumente für die Zulassung von Wirtschaftsmigration

Nach Artikel III-168 Abs. 5 des EU-Verfassungsentwurfs sollen die Mitglied-
staaten „selber festlegen, wie viele Drittstaatsangehörige aus Drittstaaten in ihr
Hoheitsgebiet einreisen dürfen, um dort als Arbeitnehmer oder Selbstständige
Arbeit zu suchen“.

Auf Grundlage dieses verfassungsrechtlichen Ansatzes hatte die EU-Kommis-
sion am 21. Dezember 2005 einen „Strategischen Plan zur legalen Zuwande-
rung“ (KOM (2005) 669) vorgelegt. Darin schlägt sie zum einen eine Rahmen-
richtlinie vor, welche die Schaffung einer EU-weit einheitlichen Arbeits- und
Aufenthaltsgenehmigung zum Ziel hat sowie Regelungen zur Anerkennung aus-
ländischer Diplome und beruflicher Qualifikationen.

Diese Rahmenrichtlinie will die Kommission durch vier Richtlinien ergänzen:

● Schaffung eines gemeinsamen Verfahrens für die Auswahl, Zulassung und die
aufenthaltsrechtlichen Bedingungen von hochqualifizierten Zuwanderinnen
und Zuwanderern; Gewährleistung beruflicher Mobilität im Binnenmarkt so-
wie Prüfung einer Öffnungsklausel für Arbeitsmigrantinnen und -migranten
mit anderweitigen beruflichen Qualifikationen;

● Schaffung einer Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung für Saisonarbeitneh-
merinnen und -arbeiter;

Drucksache 16/3541 – 14 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

● Schaffung gemeinsamer Verfahren zur Regelung der Einreise und des befris-
teten Aufenthalts für Führungskräfte und Spezialisten internationaler Unter-
nehmen aus Drittstaaten innerhalb der EU;

● Regelungen für bezahlte Auszubildende.

Ergänzend hierzu plant die EU-Kommission dreierlei:

● die Verbesserung der aufenthaltsrechtlichen Situation für in der EU lebende
Migrantinnen und Migranten (etwa durch die Vergabe von Langzeit- bzw.
Mehrfachvisa), damit sie in ihren Herkunftsländern z. B. arbeiten oder inves-
tieren bzw. wissenschaftlich tätig sein können, ohne ihren legalen Aufent-
haltsstatus in einem Mitgliedstaat zu verlieren;

● ein umfassendes und kohärentes Konzept zur ethischen Anwerbung von Per-
sonal für die Bereiche, die besonders anfällig für die Abwanderung von Fach-
kräften sind (vgl. den Vorschlag der EU-Kommission KOM (2005) 642 vom
12. Dezember 2005);

● die gezielte Förderung der wissenschaftlichen und beruflichen Qualifizierung
künftiger legaler Arbeitsmigrantinnen und -migranten im Herkunftsland
– etwa durch institutionelle Partnerschaften z. B. zwischen Forschungsein-
richtungen und Universitäten (aber auch zwischen Krankenhäusern) der Ent-
wicklungsländer und der Mitgliedstaaten. Gleichzeitig will die Kommission
Austauschprogramme für Studierende und junge Hochschulabsolventen aus
Entwicklungsländern ebenso unterstützen wie die gemeinsame Anerkennung
von Ausbildungsabschlüssen und Diplomen.

Sinnvoll abgerundet werden müsste eine ausgewogene europäische Wirtschafts-
migration – so die EU-Kommission – durch die energische Beseitigung entspre-
chender Pull-Faktoren innerhalb der EU. So hat die EU-Kommission in ihrer
„Mitteilung über politische Prioritäten bei der Bekämpfung der illegalen Ein-
wanderung von Drittstaatsangehörigen“ darauf hingewiesen, dass in der EU ein
signifikanter Schwarzarbeitsmarkt existiert, auf dem nicht nur Unionsbürgerin-
nen und -bürger, sondern systematisch auch unerlaubt eingereiste Migrantinnen
und Migranten ausgebeutet werden. Die Anstrengungen der EU bzw. der Mit-
gliedstaaten gegen die Schwarzarbeits-Unternehmer sind erheblich zu verstär-
ken. Diese müssen in einem angemessenen Verhältnis zu anderweitigen Maß-
nahmen stehen, mit denen die ungesteuerte Zuwanderung in die EU unterbun-
den werden soll (KOM (2006) 402 vom 19. Juli 2006, S. 10 f.).

Die Bundesregierung sollte die deutsche EU-Präsidentschaft nutzen, um

● die Beratungen um den strategischen Plan der EU-Kommission zur legalen
Zuwanderung abzuschließen,

● ergänzende Initiativen zugunsten der legalen Zuwanderung qualifizierter Ar-
beitsmigrantinnen und -migranten sowie zur aufenthaltsrechtlichen Erleich-
terung der Pendelmigration zu starten und

● Vorschläge zu einer verbesserten und kohärenten Bekämpfung der Schwarz-
arbeit in allen Mitgliedstaaten vorzulegen.

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