BT-Drucksache 16/3494

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung -16/2300, 16/2302, 16/3124, 16/3125 - Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2007 (Haushaltsgesetz 2007)

Vom 21. November 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/3494
16. Wahlperiode 21. 11. 2006

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Anja Hajduk, Alexander Bonde, Anna Lührmann und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 16/2300, 16/2302, 16/3124, 16/3125 –

Entwurf eines Gesetzes
über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2007
(Haushaltsgesetz 2007)

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der wirtschaftliche Aufschwung in Deutschland hat während des Jahres spürbar
an Fahrt aufgenommen. Für das Jahr 2006 wird mit einem Wirtschaftswachstum
von deutlich über zwei Prozent gerechnet. Gesamtstaatliche Steuermehreinnah-
men in 2006 von 19 Mrd. Euro bedeuten für den Bundeshaushalt Mehreinnah-
men in Höhe von 8 Mrd. Euro. Für das Jahr 2007 haben sich die Plandaten eben-
falls erheblich verbessert. Entgegen dem Regierungsentwurf zum Haushalt 2007
wurden die Ansätze für Steuereinnahmen um rund 7 Mrd. nach oben korrigiert.
Durch diese erheblichen Mehreinnahmen öffnet sich ein Reformfenster für eine
nachhaltige Konsolidierungspolitik. Angesichts einer gesamtstaatlichen Schul-
denstandsquote von rund 68 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, angesichts des
gesamtstaatlichen Schuldenstands von mehr als 1,5 Bio. Euro und einem nach
wie vor steten bedenklich hohen Zuwachs dieser Schuld wird die Notwendigkeit
für konsequente und zügige Reformen überdeutlich.

Ziel der Haushaltspolitik muss sein, die wirtschaftliche Belebung zu unterstüt-
zen, konjunkturbedingte Mehreinnahmen zur Reduzierung der Nettokreditauf-
nahme zu verwenden, die Lohnnebenkosten spürbar zu senken sowie mit einer
eindeutigen Schwerpunktsetzung die haushaltspolitischen Weichen für die Zu-
kunft zu stellen. Der von der Bundesregierung vorgelegte Haushaltsentwurf für
das Jahr 2007 wird diesen Anforderungen trotz gutem konjunkturellem Rück-
wind nicht gerecht.

Lohnnebenkosten unter 40 Prozent – Fehlanzeige
Die Große Koalition dreht sich bei den Lohnnebenkosten im Kreis. Die Bun-
desagentur für Arbeit (BA) verbucht erstmals seit Jahrzehnten wieder einen
Überschuss und finanziert dadurch mehrheitlich die Senkung des Beitrages auf
4,2 Prozentpunkte. Die Lohnnebenkosten sind trotzdem noch immer von der
40-Prozent-Marke entfernt. Der vom Bund zu entrichtende Rentenversiche-
rungsbeitrag für ALG-II-Empfänger wird im kommenden Jahr von 78 Euro auf

Drucksache 16/3494 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

40 Euro abgesenkt werden (Minderausgaben: –2,1 Mrd. Euro). Ähnlich sehen
die vermeintlichen Konsolidierungsbemühungen auf Kosten der Gesetzlichen
Krankenversicherung (GKV) aus. Der Steuerzuschuss wird kommendes Jahr
auf 2,5 Mrd. Euro abgeschmolzen (Minderausgaben: –1,7 Mrd. Euro). Im
konzeptionslosen Hauruckverfahren wurde in letzter Minute eine zusätzliche
Steuermilliarde zugeschossen. In der Summe kürzt die Große Koalition bei den
Renten- und den Gesundheitsausgaben rund 3,8 Mrd. Euro. Vollmundig als
Konsolidierung auf der Ausgabenseite verkauft, ist es jedoch nichts anderes als
eine Lastenverschiebung hin zu den Sozialversicherungen. Steigende Beiträge
in der Renten- und Krankenversicherung sind die Folge. Konsequenzen einer
planlosen Politik, die zweifach schmerzt: Die Versicherten im Geldbeutel und
dem Arbeitsmarkt durch hohe Lohnnebenkosten.

Mit der Großen Koalition steigen daher nicht nur die Mehrwertsteuer um 3 Pro-
zentpunkte, sondern auch die Beiträge zur Rentenversicherung (+0,4 Prozent-
punkte) und zur Krankenversicherung (bis zu +0,7 Prozentpunkte). Mit ihrer
Mutlosigkeit bei der Senkung der Lohnnebenkosten verpasst die Große Koalition
die Chance, dauerhafte Impulse für die Reduzierung der Arbeitslosigkeit zu
setzen.

Übersicht über Entwicklung SV-Beiträge vor und mit Großer Koalition

Haushaltskonsolidierung – nicht erkennbar

Die haushaltspolitische Bilanz der Großen Koalition glänzt nur auf den ersten
Blick. Doch wehe, man kratzt am Lack. Die Neuverschuldung konnte gegenüber
dem Haushaltsjahr 2006 trotz Steuermehreinnahmen in Höhe von 17,9 Mrd. Euro
und Erlösen aus Privatisierungen von 9,2 Mrd. Euro, nur um 11,4 Mrd. Euro zu-
rückgeführt werden. Trotz sehr guter wirtschaftlicher Rahmendaten senkt die
Große Koalition die Nettokreditaufnahme gerade einmal auf 19,6 Mrd. Euro.

Entwicklung ohne
Maßnahmen und

ohne MwSt-Erhö-
hung der Großen

Koalition

Entwicklung mit
Maßnahmen und
mit MwSt-Erhö-
hung der Großen

Koalition

Bemerkung

AL-Versicherung 5,2 4,2

Absenkung um
1,3 Prozentpunkte
kann die BA aus
eigenen Mitteln

finanzieren.

Rentenversicherung 19,5 19,9 Steigerung +0,4 %
zum 1. Januar 2007

Krankenversicherung 14,3 15,0

Schätzerkreis der
Kasse rechnet mit
Steigerung bis zu

0,74 Prozentpunkte

Pflegeversicherung 1,7 1,7 ohne Änderung

Summe 40,7 40,8

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/3494

Übersicht über Haushaltseckdaten 2006 und 2007 in Mrd. Euro

* Soll-Ansatz
** derzeit realistisches Ist-Ergebnis

*** laut Bereinigungssitzung vom 9. November 2006

Finanzplanung ambitionslos

Die Finanzplanung ist trotz anderer Bekundungen völlig perspektivlos. Nach
dem vorgelegten Finanzplan soll die Neuverschuldung jährlich um lediglich
500 Mio. Euro gesenkt werden. Bei einer kontinuierlichen Fortsetzung dieser
mutlosen Konsolidierungsstrategie würde ein ausgeglichener Haushalt frühes-
tens im Jahr 2051 erreicht werden können. Deshalb ist es angesichts positiver
konjunktureller Rahmenbedingungen geboten, entsprechend der Maßgabe der
Maastrichtverträge einen ausgeglichenen Bundeshaushalt im Jahr 2010 zu be-
schließen. Die Finanzplanung muss umgehend diesen Zielen angepasst werden.

II. Der Deutsche Bundestag beschließt:

Zu einer erfolgreichen nachhaltigen Konsolidierung des Bundeshaushaltes ist
eine durchdachte und in ihren Maßnahmen aufeinander abgestimmte Vorgehens-
weise erforderlich. Ziel muss es sein, weiteres Schuldenmachen zu begrenzen
und bis zum Jahr 2010 einen ausgeglichenen Haushalt zu vollziehen. Auf mitt-
lere Sicht müssen in konjunkturell guten Jahren Überschüsse erwirtschaftet wer-
den, um ausreichend Spielräume für das Auffangen der Probleme aus der demo-
graphischen Entwicklung, aber auch grundsätzlich für konjunkturell schlechte
Zeiten zur Verfügung zu haben.

Um den Bundeshaushalt langfristig zu konsolidieren und für kommende Gene-
rationen zukunftsfest zu gestalten, ist also eine konsistente und nachhaltige haus-
haltspolitische Strategie notwendig. Das strukturelle Defizit kann nur durch
konsequente Ausgabenkürzung und Einnahmeverbesserung gesenkt werden.
Mittelfristig ist eine Deckung der laufenden Ausgaben durch laufende Ein-
nahmen anzustreben. Die haushaltspolitisch relevanten Reformen müssen jetzt
in der Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs eingeläutet werden.

Zur Erreichung des Konsolidierungsziels gehört daneben gleichermaßen, In-
vestitionen in Klimaschutzmaßnahmen, in Bildung und Forschung und in der
Entwicklungszusammenarbeit zu konzentrieren. Nur durch Investition in diese
Zukunftsbereiche trägt die deutsche Volkswirtschaft zur Lösung dieser drängen-
den Probleme bei und nur durch eine Investition in diese Bereiche kann die deut-
sche Volkswirtschaft im globalisierten Miteinander Arbeitsplätze und Wohlstand
sichern.

Eine solche auf Konsolidierung und Zukunftsinvestition ausgerichtete Haus-
haltspolitik bedeutet also, Deutschland fit für morgen zu machen. Der Deutsche
Bundestag bekennt sich zu diesen Zielen und orientiert konkret das Haushalts-
gesetz 2007 an nachfolgenden fünf Maßnahmenpakten. Mit diesen fünf Pake-
ten wird der Haushalt 2007 zukunftsfähig. Der Deutsche Bundestag beschließt
nachfolgenden Zukunftshaushalt.

2006 2007 Änderung (in Mrd. Euro)

Steuereinnahmen 202,6 220,5*** +17,9

Privatisierungserlöse 6,8* 9,2* + 2,4

Nettokreditaufnahme 31,0** 19,6* – 11,4

Ausgaben 261,6* 270,5 + 8,9

Drucksache 16/3494 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

1) Strukturelle Potenziale nutzen – Subventionen abbauen

Der Abbau von Subventionen (mindestens 7,5 Mrd. Euro – nachfolgende Ta-
belle) ist konsequent anzugehen. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundes-
regierung auf, ein Gesetz vorzulegen, welches die Aufhebung nachfolgender
Subventionstatbestände zum Inhalt hat.

Verbesserung des Haushalts durch Subventionsabbau

2) Investitionen in Zukunftsbereiche stärken – Nachhaltig Grün investieren

Ökologische Modernisierung: Zug um Zug weg vom Öl

Wir brauchen eine ambitionierte nationale Klimapolitik. Die riesigen Poten-
ziale der Energieeinsparung werden unzureichend genutzt. Dabei sind sie ein
zentraler Baustein für den Klimaschutz. Wer Energie spart, spart gerade in Zeiten
explodierender Öl-, Gas- und Strompreise auch Kosten. Auch gesamtwirt-
schaftlich hat die Energieeinsparung enorme Vorteile, denn sie ersetzt teure Öl-
und Gasimporte durch inländischen Ingenieursverstand, Handwerksleistungen
und Industrieproduktion. Die meisten Maßnahmen zur Energieeinsparung kom-
men dem Handwerk und dem Mittelstand zugute. Die Auflage eines Klima-
schutzfonds, der durch praktische Anleitungen, Information und finanzielle
Unterstützung für mehr Energieeffizienz und -einsparung sorgt, ist daher drin-
gend notwendig. Nach Prognosen des Wuppertal Institut für Klima, Energie
und Umwelt können bis 2010 bis zu 40 TWh/Jahr Strom und über 50 TWh/Jahr
Gas gegenüber dem Trend in Deutschland eingespart werden, wenn der Klima-
schutzfonds jeweils jährlich mit rund 500 Mio. Euro für Strom und Gas aus-
gestattet wird. Die Einrichtung solcher Fonds wird von der EU-Kommission
ausdrücklich erwünscht. Sie verlangt von den Mitgliedstaaten in Zukunft eine
jährliche Energieeinsparung von mindestens 1 Prozent des Verbrauchs.

Für den Klimaschutz genauso wichtig sind Erneuerbare Energien. Daher wol-
len wir gegenfinanziert die Ausgaben für das Marktanreizprogramm und die
Forschungsförderung für Erneuerbare Energien gegenüber dem Regierungs-
entwurf für 2006 und 2007 um 165 Mio. Euro steigern. Wir setzen uns weiter
für ein Wärmegesetz ein, welches den entscheidenden Ausbauschub für er-
neuerbare Wärme bringen wird und kritisieren, dass der Umweltminister bei
diesem Thema untätig bleibt.

Maßnahme
2007 2008 2009

Mio. Euro

Schrittweiser Abbau von Steuervergünstigungen
bei der Ökosteuer für produzierendes Gewerbe/
Land- und Forstwirtschaft

800 1 600 2 400

Aufhebung der Steuerbefreiung von Kerosin 400 400 400

Aufhebung Herstellerprivileg 400 400 400

Betriebsstoff gewerbliche Binnenschifffahrt 20 60 128

Einführung Kontrollmitteilungen Kapitalerträge 454 272 363

Auflösung Jubiläumsrückstellungen 377 191 515

Abschmelzen Ehegattensplitting (zweckgebunden
für Einführung der Kinderbetreuungskarte)

5 000 5 000 5 000

Steinkohle 593 und mittelfristig bis zu 1 900

Summe 8 044 9 823 11 106

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/3494

Bildung und Forschung finanziell stark ausstatten

Deutschlands Akademikerquote ist im internationalen Vergleich zu gering. Um
die Chancen einer zunehmend wissensbasierten Ökonomie zu nutzen und in-
ternational wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen deutlich mehr Menschen in
Deutschland ein Studium beginnen. Nach Vorausberechnungen für die nächsten
Jahre ist ein Anstieg der Studierendenzahlen von derzeit 2 Millionen auf über
2,7 Millionen bis 2020 möglich. Allein bis zum Jahr 2010 werden voraus-
sichtlich 90 000 Studierende mehr als bisher ein Hochschulstudium aufnehmen
wollen. Diese Chance muss genutzt werden. Der Bund ist daher gefordert, die
Länder beim Ausbau der Studienplatzkapazitäten und damit einhergehender
qualitativer Strukturverbesserungen zu unterstützen. Die von der Bundesregie-
rung bisher im Haushalt 2007 eingestellten 60 Mio. Euro für einen Förderbe-
ginn zum Wintersemester 2007 reichen dafür aber bei weitem nicht aus. Bereits
zum Sommersemester 2007 müssen zusätzliche Studienplätze geschaffen und
auskömmlich finanziert werden. Um dies zu erreichen, sind zusätzliche Bun-
desmittel in Höhe von 120 Mio. Euro von Nöten.

Für die zielgerichtete Verteilung der Mittel an die Länder muss ein wirksames
und intelligentes Steuerungsverfahren vereinbart werden, das die unterschied-
lichen Ausgangslagen der Länder angemessen berücksichtigt. Die Mittelver-
gabe muss für die Länder Anreize schaffen, je nach eigener Lage entweder die
notwendigen zusätzlichen Studienplätze zu schaffen oder sie trotz regional sin-
kender Bewerberzahlen zu erhalten. Während der Verhandlungen zur Föde-
ralismusreform strotzten die Länder vor Selbstbewusstsein – nun müssen sie
beweisen, dass sie ihrer gewachsenen gesamtstaatlichen Verantwortung gerecht
werden und gegensätzliche Einzelinteressen zum Wohle des Ganzen überwin-
den. Nur so erhalten zukünftige Bewerberinnen und Bewerber die tatsächliche
Chance auf einen Studienplatz. Deutschland kann es sich nicht leisten, die
Potenziale junger Menschen zu vergeuden.

Entwicklungszusammenarbeit: 0,7 Prozent-Ziel einhalten

Deutschland hat sich verpflichtet, bis 2015 mindestens 0,7 Prozent des Brutto-
inlandsproduktes für die Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe
(ODA) bereitzustellen. Für den Deutschen Bundestag ist dieses Versprechen
bindend. Entwicklungszusammenarbeit muss ressortübergreifend formuliert
sein und unter Berücksichtigung des hohen Stellenwertes von Krisenprävention
und interkulturellen Beziehungen. Der Deutsche Bundestag ist sich darüber im
Klaren, dass aus Haushaltsmitteln allein dieses Ziel nicht erreicht werden kann.
Deshalb soll Deutschland wie schon Frankreich und Großbritannien kurzfristig
eine Abgabe auf Flugtickets einführen und sich darüber hinaus für die europa-
weite Einführung der Kerosinsteuer und einer Devisenumsatzsteuer einsetzen.
Auch die weitere Entschuldung ist eine Option.

Konkret ist die ODA-Quote im Haushalt 2007 um insgesamt 43 Mio. Euro zu
erhöhen. Die Mittel werden aufgeteilt auf ODA-anrechenbare Titel im Bundes-
ministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Höhe von
29 Mio. Euro und im Auswärtigen Amt in Höhe von 14 Mio. Euro.

3) Haushaltskonsolidierung konkret – Sparen bleibt erforderlich

Im alltäglichen allgemeinen Verwaltungshandeln liegen noch erhebliche Ein-
spar- und damit Konsolidierungspotenziale. Zwar wird bei Ausführung mancher
titelscharfen Aufgabe durchaus schon an der Grenze der Belastung gewirtschaf-
tet, über die Summe aller Ausgabenpositionen hinweg ist aber ausreichend Spiel-
raum vorhanden. Da weite Teile der Verwaltungsausgaben flexibilisierte Titel
sind, ist eine Einsparmaßgabe von 10 Prozent trotz des einen oder anderen zu

erwartenden konkreten finanziellen Engpasses umsetzbar. Die laufenden Ver-

Drucksache 16/3494 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

waltungsausgaben werden daher pauschal für alle Bereiche um 10 Prozent
gekürzt. Dies betrifft die nachfolgenden Titelgruppen:

511 01/51155 Geschäftsbedarf und Kommunikation sowie Geräte, Ausstat-
tungs- und Ausrüstungsgegenstände, sonstige Gebrauchsgegen-
stände

514 01 Verbrauchsmittel, Haltung von Fahrzeugen und dgl.

517 01 Bewirtschaftung der Grundstücke, Gebäude und Räume

518 xx Mieten und Pachten

519 01 Unterhaltung der Grundstücke und baulichen Anlagen

526 02 Sachverständige

527 01 Dienstreisen

539 xx Vermischte Verwaltungsausgaben

542 01 Öffentlichkeitsarbeit

543 01 Veröffentlichung und Dokumentation

Ausgenommen von dieser generellen Einsparvorgabe sind nachfolgende
Bereiche:

02 Deutscher Bundestag

0501 Auswärtiges Amt

0710 Deutsches Patent- und Markenamt

0908 Bundeskartellamt

19 Bundesverfassungsgericht

Das Einsparvolumen macht eine Summe von rund 334 Mio. Euro in 2007 aus.

Einsparungen im Personalwesen

Der Bundestag kritisiert die im Regierungsentwurf vorgenommene Zurück-
nahme des über Jahre hinweg vollzogenen Stelleneinsparziels von 1,5 Prozent
auf nun nur noch 1,0 Prozent (HG 2007 § 20 Abs. 1). Anstelle eines pauschalen
Rasenmähers muss im Personalwesen differenziert gespart werden, in einzel-
nen Haushaltsbereichen mehr in anderen weniger. Das Volumen der Einsparun-
gen soll in der Summe 1,5 Prozent betragen.

Die für die Kürzung von 1,5 Prozent auf nur noch 1,0 Prozent von der Bundes-
regierung dargelegte Begründung, die Verwaltung verliere ihre Funktionsfähig-
keit, wenn der generelle Stellenabbau über 1,0 Prozent liege, ist in Anbetracht
eines nach wie vor hohen Stellenüberhangs und in Anbetracht der riesigen
Haushaltslöcher nicht stichhaltig. Besonders die Argumentation, dass die natür-
liche Fluktuation innerhalb der Verwaltung bei rund 2 Prozent liege und dass
dies bei dauerhaft höherem Stellenkürzungsziel als 1 Prozent (inkl. § 21 HG
2007 „Stelleneinsparung aufgrund Verlängerung der Wochenarbeitszeit“
1,4 bzw. 1,35 Prozent) zu erheblichen Problemen führe, wird abgelehnt.

Rechnet man mit maximal 40 Altersjahrgängen innerhalb der Verwaltung – im
Durchschnitt dürften dies bedeutend weniger sein – so entsteht eine natürliche
Fluktuationsrate von mindestens 2,5 Prozent.

Nach wie vor bleibt Stellenabbau sinnvolles und notwendiges Ziel. Dieser soll
kegelgerecht erfolgen, also gleichermaßen verteilt auf alle Hierarchieebenen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/3494

a) Aus diesem Grund wird § 20 Abs. 1 HG 2007 wie folgt gefasst:

„Im Haushaltsjahr 2007 sind beim Gesamtvolumen der Bundesverwaltung
1,5 Prozent der im Bundeshaushaltsplan ausgebrachten Planstellen für Be-
amtinnen und Beamte und Stellen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
kegelgerecht einzusparen.“

b) Die Titelgruppe 453 xx – Trennungsgeld – wird pauschal um 10 Prozent ge-
kürzt. Ausgenommen hiervon werden Trennungsgelder, welche durch Dienst
im Ausland entstehen.

c) Die Ministerialzulage nach § 42 Abs. 1 des Bundesbesoldungsgesetzes
(BBesG) wird gestrichen. Die Bundesregierung wird aufgefordert, ein
entsprechendes Gesetz vorzulegen.

d) Stellen von Staatssekretäre sind in folgenden Einzelplänen einzusparen:
09, 11, 15 und 30.

Das Einsparvolumen dieser Maßnahmen macht eine Summe von rund 120 Mio.
Euro aus.

In der Summe aller aufgelisteten Maßnahmen werden strukturell demnach rund
454 Mio. Euro pro Haushaltsjahr nachhaltig eingespart.

4) Wirtschafts- und Haushaltspolitik besser verzahnen –
Haushaltspolitik volkswirtschaftlich gedacht

Eine wachstumsorientierte Haushaltspolitik erfordert eine in den Bereichen
Steuern und Sozialabgaben aufeinander abgestimmte Politik. Die zum 1. Januar
2007 geplante abrupte dreiprozentige Mehrwertsteuererhöhung ist wirtschafts-
politisch falsch. Der Deutsche Bundestag spricht sich für eine schrittweise
Anhebung aus – zum Beispiel in drei Jahresschritten. Die Mehreinnahmen aus
einem Mehrwertsteuerpunkt plus rund 8 Mrd. Euro der Überschüsse der Bun-
desagentur für Arbeit im Jahr 2006 werden zur Einführung des Progressiv-
modells verwendet, um schwerpunktmäßig geringe Einkommen deutlich von
den Sozialabgaben zu entlasten. Mittels dieses Konzepts werden höhere Be-
schäftigungserfolge als durch die von der Großen Koalition geplante lineare
Beitragssatzsenkung erzielt. Ein solches Maßnahmenpaket zur Senkung der
Lohnnebenkosten unterstützt zielgerichtet den Arbeitsmarkt und bietet ein wirt-
schaftsfreundliches, sozialverträgliches Alternativkonzept zu den widersprüch-
lichen Vorschlägen der Koalition.

5) Haushaltsgesetzgebung reformieren –
Rahmenbedingungen an das 21. Jahrhundert anpassen

Die galoppierende Staatsverschuldung zeigt, dass die vorhandenen institutio-
nellen Schranken im Grundgesetz nahezu wirkungslos sind. Es bedarf einer
Neuausrichtung und einer stärkeren Verbindlichkeit der institutionellen Rah-
menbedingungen. Eine Ausgabenregel, die an die Entwicklung der Einnahmen
gekoppelt ist, trägt dazu bei, eine größere Verbindlichkeit bei der Begrenzung
der Neuverschuldung zu erreichen. Gleichzeitig ist jedoch auch sicherzustellen,
dass diese Regel makroökonomische Aspekte berücksichtigt. In Zeiten eines
konjunkturellen Abschwungs müssen Ausgaben relativ zu den Einnahmen stei-
gen können. In Zeiten des konjunkturellen Aufschwungs jedoch sind verbind-
liche Konsolidierungsmaßnahmen notwendig. Einen solchen Regelmechanis-
mus besitzt beispielsweise die Schweizer Schuldenbremse.

Schuldenbremse einführen

Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Gesetzesentwurf zur Veranke-

rung eines Modells der Schuldenbremse in deutsches Haushaltsrecht vorzule-
gen. Auf Basis eines Konjunkturfaktors bindet dann die Haushaltsgesetzgebung

Drucksache 16/3494 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
ihre Ausgaben an makroökonomische Rahmendaten und erreicht so das Ziel
antizyklischer Politik. So wird bei steigendem BIP eine Ausgabenkürzung
festgeschrieben, um Haushaltskonsolidierung zu betreiben. Bei weniger stark
steigenden oder sinkenden BIP-Raten wird antizyklisch eine Ausweitung der
Ausgaben möglich. Das Instrumentarium steht unter dem Leitmotiv der über
eine Langfristperspektive einzuhaltenden ausgeglichenen Haushalte und orien-
tiert sich am Konzept der 2003 eingeführten Schweizer Schuldenbremse.

Bei der Festlegung der Ausgaben ist das derzeitig hohe strukturelle Defizit zu
berücksichtigen. Ziel muss es sein, das strukturelle Defizit im Bundesetat schritt-
weise abzubauen.

WNA-Budget verankern

Ausgaben des Staates unterscheiden sich deutlich in ihrer Qualität. Zu unterschei-
den sind vergangenheitsbezogenen Ausgaben wie Zinszahlungen, gegenwärtiger
Konsum und zukunftsorientierte Ausgaben wie Klimaschutz oder Bildung und
Forschung. Das Konzept der wachstums- und nachhaltigkeitswirksamen Aus-
gaben (WNA) erlaubt die Strukturierung des Haushalts entlang dieser unter-
schiedlichen Ausprägung der Ausgaben. Das WNA-Budget trägt deshalb dazu
bei, aussagekräftigere Haushaltskennzahlen zu entwickeln.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, ab dem Haushaltsjahr 2008 das klassi-
sche Haushaltszahlenwerk um ein WNA-Budget zu ergänzen.

Investitionsbegriff neu fassen

Investitionen können den Vermögensbestand einer Volkswirtschaft steigern. Da
dies jedoch nicht uneingeschränkt gilt, muss für ein getreues Abbild der Vermö-
genszuwachs wertmäßig erfasst werden. Dem gegenüber ist der Werteverzehr
des Kapitalstocks auszuweisen, um so eine aussagekräftige Vermögensbilanz
zu erhalten. Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Vorschlag zu unter-
breiten, wie die bestehenden Gesetze derart verändert werden können, diesen
Grundsätzen zu genügen.

Finanzplanung verbindlich machen

Das Konzept der Finanzplanung krankt an der mangelnden Voraussehbarkeit
sowie an den mangelnden objektiven wie technischen Möglichkeiten einer zeit-
lich verbindlichen Aufgabenplanung. Das Instrument der Finanzplanung muss
deshalb so geändert werden, dass Planungsdaten verbindlicher werden. Der
Finanzplan muss in Zukunft so wie Haushaltsgesetz und Haushaltsplan ein
parlamentarisches Verfahren durchlaufen, welches eine Auseinandersetzung
zwischen Bundestag und Bundesregierung über die Finanzplanungskennzahlen
und deren Eckdaten ermöglicht. Abweichungen von Plankennziffern müssen
dann ebenso einem verbindlichen parlamentarischen Verfahren unterworfen
werden.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, zur Erreichung dieses Zieles notwen-
dige Gesetzesvorschläge einzubringen.

Berlin, den 21. November 2006

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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