Vom 10. November 2006
I. Teilnehmer
Der deutschen Delegation gehörten folgende Mitglieder
an:
Abg. Joachim Hörster (CDU/CSU), Leiter der Delega-
tion,
Abg. Dr. Wolfgang Wodarg (SPD), stellvertretender
Leiter der Delegation,
Abg. Ulrich Adam (CDU/CSU),
Abg. Doris Barnett (SPD),
Abg. Veronika Bellmann (CDU/CSU),
deraufbau und Entwicklung, Jean Lemierre, der Vizeprä-
sident der Europäischen Kommission, Franco Frattini,
der stellvertretende Vorsitzende des Untersuchungsaus-
schusses des Europäischen Parlaments, Cem Özdemir,
sowie die Sonderberichterstatterin für Gewalt gegen
Frauen der Vereinten Nationen, Yakin Ertürk.
An der Tagung nahmen Parlamentarier aus den 46 Mit-
gliedstaaten des Europarates sowie Beobachter aus Israel,
Kanada und Mexiko teil.
In zwei Dringlichkeitsdebatten wurden die Verfassungs-
reform in Bosnien und Herzegowina sowie die Auswir-
kungen des Referendums in Montenegro diskutiert.
Große Aufmerksamkeit bekam der Bericht des schweize-
rischen Abg. Dick Marty zu den angeblichen CIA-Ge-
Deutscher Bundestag Drucksache 16/3400
16. Wahlperiode 10. 11. 2006
Unterrichtung
durch die Delegation der Bundesrepublik Deutschland in der Parlamentarischen
Versammlung des Europarates
Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
vom 26. bis 30. Juni 2006 in Straßburg
I n h a l t s v e r z e i c h n i s
Seite
I. Teilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
II. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
III. Schwerpunkte der Beratungen . . . . . . . . 2
IV. Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
1. Entschließungen und Empfehlungen . . . . . 8
2. Redebeiträge deutscher Parlamentarier . . . . 77
3. Mitgliedsländer und Funktionsträger . . . . . 89
Abg. Eduard Lintner (CDU/CSU),
Abg. Ingo Schmitt (CDU/CSU),
Abg. Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN).
II. Zusammenfassung
Die Entschließungen und Empfehlungen sind ebenso wie
die Reden und Fragen der Mitglieder der deutschen Dele-
gation im Anhang im Wortlaut abgedruckt.
Den Bericht des Ministerkomitees trug der stellvertre-
tende Außenminister der Russischen Föderation und
Repräsentant des Vorsitzenden des Ministerkomitees,
Alexander Grushko, vor. Zu der Versammlung sprachen
der türkische Ministerpräsident, Recep Tayyip Erdoğan,
der Ratspräsident der Russischen Föderation, Sergey
Mironov, der Präsident der Europäischen Bank für Wie-
Abg. Hubert Deittert (CDU/CSU),
Abg. Axel Fischer (CDU/CSU),
Abg. Herbert Frankenhauser (CDU/CSU),
Abg. Holger Haibach (CDU/CSU),
Abg. Gerd Höfer (SPD),
heimflügen und CIA-Geheimgefängnissen. Weitere
Schwerpunkte der Sitzung waren die Berichte zur Weiter-
verfolgung des Dritten Gipfels der Staats- und Regierung-
schefs vom Mai 2005. In diesem Zusammenhang wurde
auch die gemeinsame Bekämpfung der häuslichen Gewalt
gegen Frauen von den nationalen Parlamenten und die
Kampagne des Europarates zu diesem Thema bespro-
chen. Die Versammlung beschäftigte sich mit den Außen-
Drucksache 16/3400 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
beziehungen des Europarates ebenso wie mit der Mei-
nungsfreiheit und Achtung religiöser Überzeugungen.
Außerdem wurden die Richter des Europäischen Ge-
richtshofes für Finnland, Monaco und die Schweiz ge-
wählt.
III. Schwerpunkte der Beratungen
Dringlichkeitsdebatten
Verfassungsreform in Bosnien und Herzegowina
Anlass für die Dringlichkeitsdebatte waren zum einen das
Scheitern der Verfassungsreform im bosnischen Parla-
ment am 26. April 2006 und zum anderen die anstehen-
den Wahlen am 1. Oktober dieses Jahres. Das Scheitern
der Verfassungsreform sei, so der Berichterstatter Abg.
Kimmo Sasi (Finnland, EPP/CD), darauf zurückzufüh-
ren, dass zwischen den einzelnen Parteien kein Konsens
über die zukünftige Entwicklung des Landes bestehe. In
Bosnien und Herzegowina werde noch immer zu viel
über die Vergangenheit statt über die Zukunft diskutiert.
Dies sei seines Erachtens ein wesentlicher Grund dafür,
dass der Fortschrittsprozess in diesem Land zum Erliegen
gekommen sei. Es sei daher zu befürchten, dass die anste-
henden Wahlen nicht den Anforderungen des Europarates
entsprechen werden. Der Reformprozess werde derzeit
vor allem dadurch erschwert, dass eine verfassungsge-
mäße Notwendigkeit bestehe, die volle Gleichberechti-
gung zwischen den drei Ethnien auf jeder Ebene und in
jedem Bereich gewährleisten zu müssen. Deshalb for-
derte die Versammlung Bosnien und Herzegowina auf,
den Übergang von einer Vertretung der Ethnien zu einer
Vertretung der Bürger in Angriff zu nehmen.
Während der Debatte wurden unterschiedliche Meinun-
gen darüber geäußert, ob der vorgelegte Bericht zum ei-
nen mit dem Dayton-Abkommen von 1995 konform sei
und zum anderen, ob eine Verfassungsreform derzeit
sinnvoll wäre. So gab es Delegierte, die sich dafür aus-
sprachen, dass man zunächst abwarten solle, bis sich die
Beziehungen zwischen den einzelnen Ethnien normali-
siert hätten. Der deutsche Abg. Eduard Lintner (CDU/
CSU) erinnerte jedoch daran, dass Bosnien und Herzego-
wina seinen Verpflichtungen gegenüber der Europäischen
Union (EU) und dem Europarat (ER) nachkommen müsse.
So sei zum Beispiel die Erfüllung des Dayton-Abkommens
ohne eine Verfassungsreform nicht möglich. Diese Refor-
men müssten in seinen Augen aber von den Bewohnern des
Landes selbst in Angriff genommen werden.
Die Versammlung forderte Bosnien und Herzegowina
dazu auf, dass die Reformen nach den Wahlen im Okto-
ber 2006 fortgeführt werden, wobei die Effizienzerhö-
hung der staatlichen Institutionen und Entscheidungspro-
zesse im Mittelpunkt stehen müsse. Für den Fortschritt
des Landes sei es weiterhin unbedingt erforderlich, dass
ein konstruktiver Dialog über den Übergang von einer
ethnischen Vertretung zu einer alle Bürger umfassenden
Repräsentation erfolgreich geführt und eine spätestens im
Auswirkungen des Referendums in Montenegro
Anlass für die Dringlichkeitsdebatte war das Referendum
zur Unabhängigkeit Montenegros vom 21. Mai 2006 und
die Unabhängigkeitserklärung, die die Nationalversamm-
lung Montenegros am 3. Juni 2006 verabschiedet hatte.
In der Debatte wurde der Auflösung des Staatenverban-
des mit Serbien und der Erklärung der Eigenstaatlichkeit
Montenegros allgemein Anerkennung und Respekt entge-
gengebracht, weil die Vorgänge um das Referendum auf
eine geradezu vorbildliche Art und Weise friedlich und
demokratisch abgewickelt worden seien. Kritisch gewer-
tet wurden die von der Europäischen Union aufgestellten
Bedingungen für die Anerkennung der Unabhängigkeit,
wie vor allem das 55-Prozent-Kriterium des Mindeststim-
mensatzes. Diesbezüglich stellt der Europarat fest, dass es
erforderlich sei, eigene Kriterien im Hinblick auf Ergeb-
nis und Mindeststimmenzahl für künftige Referenden zu
erarbeiten. Des Weiteren wurde darauf gedrungen, mit
Montenegro und Serbien verstärkt zusammenzuarbeiten
und sie bei der Bewältigung der aufgrund der Staatentren-
nung anstehenden Herausforderungen zu unterstützen,
um so eine weitere vielversprechende Entwicklung und
die Bildung freundschaftlicher Beziehungen zwischen
den beiden Ländern zu fördern. Ein wichtiger Aspekt in
dieser Hinsicht sei auch die Eröffnung klarer Perspekti-
ven für eine Aufnahme Montenegros in den Europarat
und einer Integration beider Länder in die EU.
Serbien und Montenegro werden dazu aufgerufen, alle Fra-
gen mit Bezug auf die Auflösung des Staatenbundes im
größtmöglichen Einvernehmen zu klären, die internatio-
nale Zusammenarbeit, besonders mit dem Internationalen
Strafgerichtshof (ICTY) sicherzustellen und ihre Institutio-
nen und Verwaltungsstrukturen im Hinblick auf die euro-
päischen demokratischen Standards möglichst schnell und
effizient zu reformieren (Entschließung 1514 (2006)).
Angebliche CIA-Geheimflüge und
CIA-Geheimgefängnisse
Der Abg. Dick Marty (Schweiz, SOC) stellte seinen Be-
richt zu den angeblichen CIA-Geheimflügen und CIA-Ge-
heimgefängnissen vor, den er bereits nach der Annahme
durch den Rechts- und Menschenrechtsauschuss am
7. Juni 2006 der Presse vorgestellt und veröffentlicht hat.
Dick Marty erläuterte, dass die unter Mitwirkung oder zu-
mindest Duldung vieler Länder, darunter auch Mitglied-
staaten des Europarates, ein weltweites heimliches „Spin-
nennetz“ geschaffen hätten, dessen Tätigkeiten – geheime
Verhaftungen, Verschleppungsprogramme der CIA sowie
die Nutzung von Militärstützpunkten und Militärflugzeu-
gen zur Verfrachtung von Häftlingen – grundlegende
Prinzipien des Europarates missachteten. Alle Mitglied-
staaten hätten zudem gegen ihre Verpflichtung zur gründ-
lichen Untersuchung der Vorwürfe verstoßen. Als Konse-
quenz fordert Dick Marty die Mitgliedstaaten auf, den
Rechtsrahmen für die Tätigkeit und die Zusammenarbeit
eigener sowie ausländischer Geheimdienste zu überprü-
fen, insbesondere deren Rechenschaftsablegung zu stär-
ken. Alle bilateralen Abkommen zwischen Mitglied-
Oktober 2011 abgeschlossene Verfassungsreform durch-
geführt werde (Entschließung 1513 (2006)).
staaten des Europarates und den USA, insbesondere
Abkommen über die Stationierung von Streitkräften und
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/3400
die Nutzung militärischer Infrastruktur, sollten auf ihre
Übereinstimmung mit den geltenden internationalen
Menschenrechtsnormen überprüft werden. Von den Ver-
einigten Staaten fordert er u. a. eine Entschuldigung bei
den Opfern illegaler Verhaftungen sowie deren Entschä-
digung und die Klarstellung, dass Terrorismus auch mit
rechtmäßigen Mitteln besiegt werden kann. Dem Aus-
schuss für Recht und Menschenrechte schlug Dick Marty
vor, einen Ad-hoc-Unterausschuss einzusetzen, der seine
Untersuchungen weiterführen soll. Falls Staaten nicht in
der Lage seien, Personen, die des Terrorismus verdächtig
sind, strafrechtlich zu verfolgen, könne man prüfen, diese
einem internationalen Gericht, z. B. dem Internationalen
Gerichtshof zu unterstellen (Entschließung 1507 (2006)
und Empfehlung 1754 (2006)).
Im Anschluss an die Vorstellung des Berichts durch Abg.
Dick Marty gab der Vizepräsident der Europäischen
Kommission und Kommissar für Justiz und Sicherheit,
Franco Frattini, eine Erklärung ab. Franco Frattini lobte
die gute Zusammenarbeit zwischen dem Europarat und
dem Untersuchungsausschuss des Europäischen Parla-
ments (EP) zu den Vorwürfen gegen die USA und andere
Länder. Die EU habe den Abg. Dick Marty durch Satelli-
tenaufnahmen und Fluginformationen von Eurocontrol
und das EU-Satellitenzentrum unterstützt. Auch er be-
tonte – wie bereits Dick Marty zuvor – dass es in der Un-
tersuchung nicht darum gehe, einen Staat anzuklagen,
sondern zu verhindern, dass Ähnliches in Zukunft wieder
geschehe. Wichtig sei eine Reform der Geheimdienste
und die Parlamente sollten besser in deren Kontrolle ein-
gebunden werden. Unumgänglich sei es, den Dialog mit
den USA zu verstärken und gemeinsam gegen den inter-
nationalen Terrorismus vorzugehen.
Im Detail über die Arbeit des Untersuchungsausschusses
des EP berichtete auch der Vizepräsident dieses Gre-
miums, Abg. Cem Özdemir. Generalsekretär Terry
Davis äußerte sich ebenfalls zum Bericht von Dick Marty
und konstatierte, dass er zwei Schlussfolgerungen aus den
Untersuchungen ziehe: Geheimflüge und Verschleppun-
gen von Personen hätten definitiv in einigen Mitgliedstaa-
ten des Europarates stattgefunden. Diese Verschleppun-
gen hätten theoretisch in fast allen Mitgliedstaaten
stattfinden können, da kein ausreichender rechtlicher und
administrativer Schutz vor derartigen Menschenrechts-
verletzungen bestehe.
Der deutsche Abg. Holger Haibach (CDU/CSU) schlug
zwei Punkte für die weitere Aufarbeitung der Vorfälle
vor: Zum einen sollten die Delegierten sich als Binde-
glied zwischen der Parlamentarischen Versammlung und
ihren nationalen Parlamenten verstehen. Da nur die natio-
nalen Parlamente über die Möglichkeit der Einsetzung
von Untersuchungsausschüssen verfügen, sollte gegebe-
nenfalls dort die Aufklärung betrieben und die Ergebnisse
wiederum in die Parlamentarische Versammlung einge-
bracht werden. Zum zweiten solle die Parlamentarische
Versammlung auch einen Beitrag zu der seit Jahren auf
Ebene der Vereinten Nationen laufenden Diskussion zur
Definition von Terrorismus leisten.
Deutschen Bundestages zur Aufklärung der Affäre im
Parlamentarischen Kontrollgremium und im eingerichte-
ten Untersuchungsausschuss. Die Aufgabe des Europara-
tes bestünde darin, die nationalen Bemühungen um Auf-
klärung weiterhin einzufordern, zu qualifizieren und zu
begleiten. Auch Abg. Rainder Steenblock (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) betonte in seiner schriftlich
eingereichten Rede, dass die Mitgliedstaaten des Europa-
rates verpflichtet seien, jedem Verdacht auf Menschen-
rechtsverletzungen nachzugehen. Die nationalen Parla-
mente müssten alle notwendigen Informationen erhalten,
um die Vorwürfe restlos aufzuklären.
Außenbeziehungen des Europarates
Der Berichterstatter Abg. Adrian Severin (Rumänien,
SOC) hob bei der Vorstellung seines Berichtes über die
Außenbeziehungen des Europarates hervor, dass der Eu-
roparat befähigt werden sollte, in seinen Außenbeziehun-
gen in einen offenen, die europäischen Grenzen über-
schreitenden Dialog über seine grundlegenden Werte und
Prinzipien einzutreten sowie diese zu fördern und zu ver-
breiten. Der Berichterstatter entwickelte eine Strategie für
die künftige Entwicklung der Außenkontakte des Europa-
rates. So sei durch die Gewährung eines Beobachterstatus
eine enge Beziehung zu Nichtmitgliedstaaten herzustellen
und deren enge Einbindung in die Aktivitäten des
Europarates zu erreichen. Es wurden Erwägungen ange-
stellt, die Konvention zu öffnen und unter bestimmten
Umständen sowie bezüglich bestimmter Angelegenheiten
den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte auch
Nichtmitgliedstaaten zugänglich zu machen. Ausdrück-
lich betont werden die Zusammenarbeit mit der EU und
das geplante Abkommen der beiden Institutionen sowie
die Kooperation mit der Organisation für Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und den Vereinten
Nationen (VN). Die Stärkung der Beziehungen sei von
wesentlicher Bedeutung, so dass die Einrichtung einer
ständigen Präsenz des Europarates in den wichtigsten in-
ternationalen Organisation in New York, Genf und Wien
in Betracht gezogen werden sollte. In ihrer Empfehlung
und Entschließung übernimmt die Parlamentarische Ver-
sammlung zentrale Punkte des Berichtes wie z. B. eine
gesteigerte externe Aktivität z. B. durch die Gründung
von Partnerschaften und Netzwerken mit europäischen
und nichteuropäischen Organisationen und die Stärkung
der bereits bestehenden Verbindungen.
In der Debatte wurde sowohl Zustimmung als auch Wi-
derspruch geäußert, so wurde z. B. angemahnt, dass zu-
erst die internen Probleme mit den eigenen Mitgliedslän-
dern auszuräumen seien, bevor man sich außerhalb des
Europarates betätigen sollte. Auch wurde dem Bericht
vorgeworfen, keine klare Richtung und keine eindeutigen
Prioritäten vorzugeben. Der Abg. Dr. Wolfgang Wodarg
(SPD) äußerte sich erfreut darüber, dass die fundamenta-
len Werte des Europarates im Bericht berücksichtigt wur-
den und empfahl, den Europarat als ein im internationalen
Vergleich attraktives Forum auszugestalten. Keine andere
Institution stehe so für die Durchsetzung der Menschen-
In seiner schriftlich eingereichten Rede erläuterte Abg.
Dr. Wolfgang Wodarg (SPD) die Bemühungen des
rechte und die Bemühungen um Gerechtigkeit, besonders
für die Bevölkerung, wie der Europarat. Gleichzeitig
Drucksache 16/3400 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
warnte er aber davor, den Europarat und seine Ressourcen
durch eine zu starke Öffnung zu überfordern (Entschlie-
ßung 1506 (2006) und Empfehlung 1753 (2006)).
Meinungsfreiheit und Achtung religiöser
Überzeugungen
Die Parlamentarische Versammlung des Europarates wies
darauf hin, dass es keine demokratische Gesellschaft
ohne das grundlegende Recht auf Meinungsfreiheit geben
könne. Dieses Recht umfasse sowohl wünschenswerte
wie auch kritische Äußerungen. Die Meinungsfreiheit
müsse in demokratischen Gesellschaften die Möglichkeit
geben, eine offene Debatte über Religion und Glaube zu-
zulassen. Die Diskussionen, anlässlich der Erscheinung
von Karikaturen des Propheten Mohammed in Dänemark
im Herbst 2005, hätten jedoch gezeigt, wie schmal die
Grenze zwischen Meinungsfreiheit und Blasphemie sei.
Die Berichterstatterin Abg. Sinikka Hurskainen (Finn-
land, SOC) sprach sich aus diesem Grund für einen offe-
nen Dialog und Austausch zwischen den Parlamenten der
Mitgliedstaaten, den Vertretern der Medien und der nicht-
staatlichen Organisationen und den geistlichen Führern
von religiösen Gemeinschaften über dieses Problem aus.
Ihr Bericht, so Abg. Sinikka Hurskainen, beziehe sich vor
allem auf die Verbesserung der Kommunikation zwischen
den verschiedenen Kulturen. Um dieses Ziel zu erreichen,
komme der Bildung eine enorme Bedeutung zu. Informa-
tionen über andere Kulturen seien notwendig, um Vorur-
teile abzubauen und den Respekt und die Toleranz gegen-
über Andersgläubigen zu stärken.
Die Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung erin-
nerten daran, dass die kritische Auseinandersetzung mit den
verschiedenen Kulturen und Religionen eine wichtige Vor-
aussetzung für die Weiterentwicklung der demokratischen
Gesellschaft gewesen wäre und bis heute sei. Nur totalitäre
Systeme müssten diese kritische Auseinandersetzung fürch-
ten. Kritische Auseinandersetzung und Satire sollten in die-
sem Rahmen einen höheren Grad an Meinungsfreiheit zu-
gesprochen bekommen und das Mittel der Übertreibung
sollte nicht notwendigerweise als Provokation betrachtet
werden. Deshalb beschloss die Parlamentarische Versamm-
lung, dass die Meinungsfreiheit, wie sie in Artikel 10 der
Europäischen Menschenrechtskonvention festgeschrieben
ist, auch mit Rücksichtnahme auf bestimmte religiöse Grup-
pen nicht weiter eingeschränkt werden sollte. Artikel 10 be-
inhalte zu Recht die Möglichkeit, seine Meinung sowohl
kritisch als auch satirisch im Hinblick auf religiöse Über-
zeugungen äußern zu können. Hassreden seien jedoch nicht
mit dem fundamentalen Recht auf Meinungsfreiheit kon-
form (Entschließung 1510 (2006)).
Beitrag der Europäischen Bank für Wiederaufbau
und Entwicklung zur wirtschaftlichen Entwicklung
in Mittel- und Osteuropa
Der Berichterstatter Abg. Bernard Schreiner (Frank-
reich, EPP/CD) stellte den jährlichen Tätigkeitsbericht
der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwick-
EBWE und dem Europarat. Die Parlamentarische Ver-
sammlung des Europarates biete der EBWE seit der
Kooperationsvereinbarung aus dem Jahre 1992 ein wich-
tiges Forum zur öffentlichen Diskussion. Beide Institutio-
nen würden mit der Entwicklung der Wirtschaft, dem
Schutz und Aufbau der Demokratie und der Sicherung
der Menschenrechte die gleichen Ziele verfolgen.
In seinem Bericht erläuterte der Berichterstatter die ver-
schiedenen Tätigkeitsbereiche der EBWE. Im vergange-
nen Jahr wurde vor allem in den Bereichen Umwelt und
Landwirtschaft investiert. Ziel sei es dabei gewesen, die
Volkswirtschaften langfristig zu stabilisieren, z. B. durch
den Ausbau der Infrastruktur, die Schaffung von Arbeits-
plätzen in allen Bereichen und die Förderung der Energie-
effizienz.
Der Präsident der EBWE, Jean Lemierre, erklärte, dass
die Bank 2005 in 27 Ländern tätig gewesen sei. Der
Schwerpunkt der Bemühungen habe dabei noch bei jenen
acht Ländern gelegen, die zuletzt der Europäischen Union
beigetreten waren. Bis zum Jahre 2010 wolle man seine
Anstrengungen hier beenden. Der Schwerpunkt der Be-
mühungen werde sich in den kommenden Jahren auf die
Länder Ost- und Südosteuropas verlagern. Im Mittel-
punkt stünden dabei vor allem die Regionen des Kauka-
sus, des Balkans und auch Russland. Die Bemühungen
der EBWE in den Bereichen Transport, Energie und Han-
del seien hier wichtige Voraussetzungen dafür, um in den
einzelnen Regionen dauerhaft Stabilität, Wachstum und
Wohlstand gewährleisten zu können. Das Investitionsvo-
lumen werde konstant bei 4 Mrd. Euro bleiben.
Abschließend appellierte Präsident Jean Lemierre an die
Mitgliedstaaten des Europarates, in ihren Ländern durch
das Verabschieden entsprechender Gesetze und durch die
ausreichende Bereitstellung finanzieller Mittel die Ener-
gieeffizienz zu fördern (Entschließung 1508 (2006)).
Beglaubigungsschreiben der aserbaidschanischen
Delegation
Bei der Eröffnung der ersten Tagung der Parlamentari-
sche Versammlung des Europarates im Januar 2006 wur-
den die nicht ratifizierten Beglaubigungsschreiben der
aserbaidschanischen Delegation aus substantiellen Grün-
den gemäß Vorschrift 8 der Geschäftsordnung angefoch-
ten. Als Grund wurden die am 6. November 2005 durch-
geführten Parlamentswahlen genannt, die trotz einiger
Verbesserungen in der Wahlkampfphase in schwerwie-
gender Form unzulänglich gewesen seien und eine Reihe
internationaler Standards für demokratische Wahlen nicht
beachtet hätten. Die Versammlung beschloss, die Beglau-
bigungsschreiben der parlamentarischen Delegation Aser-
baidschans zu ratifizieren, die Nachwahlen am 13. Mai
2006 zu beobachten und auf der Tagung im Juni 2006 auf
der Grundlage eines Berichts des Monitoringausschusses
die Fortschritte zu prüfen.
Die beiden Berichterstatter des Monitoringausschusses,
der estnische Abg. Andres Herkel (EPP/CD) und der
schweizerische Abg. Andreas Gross (SOC) berichteten,
lung (EBWE) für das Jahr 2005 vor. Dabei betonte er die
große Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen der
dass es bei den Teilneuwahlen vom 13. Mai 2006 einige
Fortschritte gegeben habe. Allerdings hätte Aserbaid-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/3400
schan weder das Wahlgesetz geändert noch habe man die
Wahlbestechung verfolgt. Besorgniserregend bliebe aber
die Kontrolle des Wahlvorgangs durch Dritte, darunter
Vertreter der kommunalen Exekutive. Auch der Umgang
mit der Presse- und Meinungsfreiheit sei zu kritisieren, da
die Medien einseitig zugunsten der Regierungsparteien
berichteten und nach den Wahlen einige Journalisten Op-
fer von Gewalt geworden seien. Im Ergebnis müsse die
Entscheidung über die Erteilung der Beglaubigungs-
schreiben vertagt werden, bis in einem Jahr ein weiterer
Bericht vorläge. Die Berichterstatter des Monitoringaus-
schusses schlugen daher der Parlamentarischen Versamm-
lung vor, in diesem Stadium die Beglaubigungsschreiben
der parlamentarischen Delegation Aserbaidschans nicht
erneut zu prüfen. Der Monitoringausschuss solle weiter-
hin die Entwicklungen in dem Land genau verfolgen und
auf der Plenartagung im Frühjahr 2007 über Fortschritte
bei der Einhaltung der Pflichten und Verpflichtungen
– einschließlich der in Bezug auf die Wahlrechtsreform –
durch Aserbaidschan berichten.
Auf der Grundlage des Berichtes debattierte die Versamm-
lung die aktuellen Herausforderungen hinsichtlich des
Demokratisierungsprozesses in Aserbaidschan und die
möglichen Verbesserungen des Monitoringverfahrens. Der
britische Abg. Robert Walter (EDG) wies darauf hin, dass
es überhaupt erst drei Wahlen in Aserbaidschan gegeben
habe, vor diesem Hintergrund erschienen ihm das Ergebnis
des Berichtes als zu negativ und die geschilderten Vor-
kommnisse sowie einige Äußerungen bestimmter Perso-
nenkreise als überinterpretiert. Insbesondere die Kritik in-
tellektueller Kreise ließe sich ohne weiteres auf jede
westliche gefestigte Demokratie übertragen. Der deutsche
Abg. Eduard Lintner (CDU/CSU) schloss sich dieser
Einschätzung an und betonte, dass sich Aserbaidschan in
einem Entwicklungsprozess befinde und die Aufgabe des
Europarates darin bestehen müsse, diese Entwicklung kri-
tisch zu begleiten, das Parlament in seinen Anstrengungen
zu unterstützten und die Regierung zu kontrollieren. Insge-
samt wertete er den Bericht als konstruktiv und die darin
vorgeschlagenen Maßnahmen als gute Basis für die weitere
Arbeit. Die Parlamentarische Versammlung stimmte mehr-
heitlich dem Vorschlag der Berichterstatter zu, die Ent-
wicklungen in Aserbaidschan weiter zu verfolgen und die
Beglaubigungsschreiben der Delegation nicht erneut zu
prüfen (Entschließung 1505 (2006)).
Weiterverfolgung des Dritten Gipfels
Die Parlamentarische Versammlung diskutierte anhand
diverser Berichte die Weiterverfolgung der Beschlüsse
des Dritten Gipfels der Staats- und Regierungschefs in
Warschau im Mai 2005.
Umsetzung der Beschlüsse des Dritten Gipfels
des Europarates
Im Auftrag des Politischen Ausschusses zog Abg.
Konstantin Kosachev (Russland, EDG) Bilanz im Hin-
blick auf die Umsetzung der auf dem Dritten Gipfel ge-
sende Strategie zur Reform des Europäischen Gerichtsho-
fes für Menschenrechte (EGMR) ausarbeiten solle sowie
ein Forum für die Zukunft der Demokratie eingerichtet
worden sei. Ebenfalls begrüßte er die Schlussfolgerungen
des sog. Juncker-Berichts und die Einrichtung des Aus-
schusses zur Weiterverfolgung des Dritten Gipfels des
Ministerkomitees. In der Empfehlung werden vielfältige
Forderungen aufgestellt, wie diese Gremien noch effekti-
ver arbeiten und wie die Beschlüsse noch besser umge-
setzt werden können (Empfehlung 1756 (2006)).
Die deutsche Abg. Doris Barnett (SPD) sprach sich in
ihrer Rede insbesondere für die Stärkung des EGMR aus.
Sie begrüßte es nachdrücklich, dass Russland inzwischen
das 14. Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschen-
rechtskonvention (EMRK) unterzeichnet habe und hoffe,
dass es auch bald ratifiziert werde. Wichtig sei, dem
EGMR endlich die notwendigen Haushaltsmittel zur Ver-
fügung zu stellen, damit er seinen Überhang an Fällen
schnell abbauen könne. Ebenso müsse aber auch die Jus-
tiz in einigen Mitgliedstaaten gestärkt werden, aus denen
die meisten Beschwerden an den EGMR eingingen. Des
Weiteren sprach sie die geplante EU-Grundrechteagentur
an und bat die Abgeordneten, in ihren nationalen Parla-
menten auf ihre Regierungen Einfluss zu nehmen.
Der deutsche Abg. Dr. Wolfgang Wodarg (SPD) lobte in
seiner Rede den Bericht des Abg. Lluis Maria de Puig
(Spanien, SOC), der sich mit den auf dem Dritten Gipfel
festgelegten Prioritäten für die kulturelle Zusammenar-
beit befasse. Er betonte, wie wichtig Bildung und For-
schung für die Demokratie seien. Funktionierende Me-
dien seien in einem wachsenden Europa wichtig und
dürften nicht missachtet werden, um an der Demokratie
vorbei Macht auszuüben.
Gemeinsame Bekämpfung der häuslichen Gewalt
gegen Frauen durch die Parlamente
Bei der Weiterverfolgung des Dritten Gipfels der Staats-
und Regierungschefs der Mitgliedstaaten des Europarates
bildete die gemeinsame Bekämpfung der Gewalt gegen
Frauen einen Diskussionsschwerpunkt. Die Staats- und
Regierungschefs hätten einer paneuropäischen Kampagne
zur Lösung dieses Problems zugestimmt. Die Bericht-
erstatterin Abg. Minordora Cliveti (Rumänien, SOC)
wies darauf hin, dass häusliche Gewalt noch immer in al-
len europäischen Ländern ein Problem darstelle. Häusli-
che Gewalt werde noch immer oft als eine Privatangele-
genheit angesehen. Die Mitglieder der Parlamentarischen
Versammlung betrachten diese Form der Gewalt jedoch
als Verletzung der Menschenrechte der Frauen und Kin-
der, die davon betroffen seien. Jedes Mitglied des Europa-
rates habe die Pflicht, so die Berichterstatterin, sich aktiv
am Kampf gegen diese Gewalt zu beteiligen. Aus diesem
Grund begrüßte sie die Schaffung einer paneuropäischen
Kampagne.
Die Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen über
Gewalt gegen Frauen, Yakin Ertürk, wies darauf hin,
dass häusliche Gewalt nicht auf eine bestimmte Gruppe
fassten Beschlüsse. Er stellte mit Befriedigung fest, dass
eine Gruppe der Weisen eingesetzt wurde, die eine umfas-
oder einen bestimmten Bereich der Gesellschaft begrenzt
sei sondern dass dies vielmehr ein Problem sei, das unab-
Drucksache 16/3400 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
hängig von Klasse, Rasse, ethnischer Gruppe oder Nation
existiere. Sie begrüßte deshalb den Vorschlag der Abg.
Minordora Cliveti, die Zusammenarbeit der Mitgliedstaa-
ten auf diesem Gebiet zu intensivieren.
Die Parlamentarische Versammlung beschloss, dass diese
Zusammenarbeit als erstes die Organisation eines ge-
meinsamen Aktionstages am 24. November 2006 umfas-
sen solle, bei dem auf Ursachen und mögliche Auswege
aus der häuslichen Gewalt öffentlich hingewiesen werde.
Die Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung ap-
pellierten an die Parlamente und an das Ministerkomitee
des Europarates, dieser Thematik im Jahre 2007 höchste
Priorität zukommen zu lassen. Durch das Erlassen ent-
sprechender gesetzlicher Vorgaben und die Gewährung
von finanziellen Mitteln müsse dieser Kampf gegen Ge-
walt gegen Frauen unterstützt werden. Die Regierungen
sollten sich aktiv an diesem Kampf beteiligen, indem sie
die Erstellung von Studien und Statistiken zur häuslichen
Gewalt förderten. Ein Austausch auf parlamentarischer
Ebene über die Verabschiedung möglicher gesetzlicher
Rahmenbedingungen und die gegenseitige Unterstützung
bei der Schaffung dieser sei eine wesentliche Aufgabe der
Parlamente (Entschließung 1512 (2006) und Empfehlung
1759 (2006)).
Menschenrechte irregulärer Einwanderer
Der Berichterstatter Abg. Ed van Thijn (Niederlande,
SOC) führte aus, dass es das Recht eines jeden Mitglied-
staates sei, den Zustrom von Ausländern zu regulieren
und irreguläre Einwanderer in ihr Heimatland zurückzu-
schicken, solange dies in Übereinstimmung mit den
Menschenrechten geschehe. Es gebe zwar zahlreiche in-
ternationale und europäische Instrumente, deren Bestim-
mungen gebraucht werden könnten, um ein Minimum an
Rechten zu garantieren, bisher existiere aber kein einzi-
ges Instrument, das ausdrücklich die Rechte irregulärer
Einwanderer betrifft. Hinsichtlich der zivilen und politi-
schen Rechte beinhalte die EMRK ein Minimum an Si-
cherheiten. Wirtschaftliche und soziale Rechte müssten
aber ebenso garantiert werden. Die Parlamentarische Ver-
sammlung fordert daher die Regierungen der Mitglied-
staaten auf, alle relevanten Menschenrechtsinstrumente
zu unterschreiben und zu ratifizieren und deren Imple-
mentierung sicherzustellen. Dem Ministerkomitee wird
empfohlen, die relevanten intergouvernementalen Komi-
tees anzuweisen, eine Liste minimaler Rechte der irregu-
lären Einwanderer zu erstellen, zur Vorbereitung einer
Empfehlung oder von Leitprinzipien, die das Minister-
komitee dann annehmen könne (Entschließung 1509 (2006)
und Empfehlung 1755 (2006)).
Ansprache des türkischen Ministerpräsidenten
In seiner Rede betonte der türkische Ministerpräsident,
Recep Tayyip Erdoğan, dass es in Anbetracht der Mi-
grationsbewegungen für die Zukunft Europas von großer
Wichtigkeit sei, einer multikulturellen Gesellschaft Raum
zu geben. Das Schlagwort müsse „Einheit in Vielfalt“
die Meinungsfreiheit betonte er, dass diese das notwen-
dige Fundament von Demokratie sei, es aber auch Gren-
zen geben müsse, wie der Karikaturenstreit deutlich ge-
zeigt habe. Der Karikaturenstreit habe überdies die tiefen
Gräben zwischen der westlichen und islamischen Welt
unterstrichen und habe verdeutlicht, dass diese den Boden
für Extremismus auf beiden Seiten bereiteten. In diesem
Zusammenhang müsse man Freiheit immer auch so defi-
nieren, dass sie den Respekt und die Achtung für den
Andersdenkenden beinhalte. Die Grenze der Meinungs-
freiheit sei aus seiner Sicht bei Äußerungen mit belei-
digendem Charakter erreicht. Der Ausarbeitung von Per-
spektiven und Herausforderungen zur Verbesserung des
Verständnisses widme sich die Allianz der Zivilisationen,
deren Mitinitiator und stellvertretender Vorsitzender er
sei. Um den Dialog der Kulturen zu verbessern, müsse
vor allem in Bildung investiert werden, da diese einen
Schlüssel zu Verständnis und Toleranz darstelle.
Ansprache des Ratspräsidenten der Russischen
Föderation
Ratspräsident Sergey Mironov skizzierte kurz die Chan-
cen und Herausforderungen, vor denen der Europarat
aktuell stehe. So könne sich der Europarat nicht mehr nur
auf das Thema Menschenrechte konzentrieren, sondern
müsse sein Augenmerk auch auf die Angleichung der Le-
bensverhältnisse richten. Ziel sei ein Europa ohne Trenn-
linien. Er betonte die Notwendigkeit der Bekämpfung des
Terrorismus und forderte einen verstärkten Dialog der
Kulturen. Im Hinblick auf die Demokratie mahnte er ein-
heitliche Standards für Wahlen und Walbeobachtung an
und forderte einen besonnenen Umgang mit Weißruss-
land, um dessen Bürger nicht zu isolieren. Demokratie
müsse sich entwickeln und könne nicht „von oben“ ver-
ordnet werden.
Erklärung des stellvertretenden Außenministers
der Russischen Föderation
Der stellvertretende Außenminister der Russischen Föde-
ration, Alexander Grushko, betonte, dass der Europarat
auch unter russischem Vorsitz eine unabhängige und
durch und durch demokratische Organisation bleibe, die
auf die Interessen jedes Einzelnen ihrer Mitglieder Rück-
sicht nehme. Russland wolle während seines Vorsitzes ein
Europa ohne Trennlinien fördern und sehe sich damit
dem Gründungsstatut des Europarates verpflichtet. Die
Umsetzung der wichtigsten Ziele des Europarates in Fra-
gen des Schutzes und der Gewährleistung der Menschen-
rechte sowie bei der Entwicklung vielgestaltiger Zusam-
menarbeit von Mitgliedstaaten unter der Schirmherrschaft
der Organisation erfordere multifunktionelles Vorgehen
in allen Bereichen. Darin sei der richtige Weg zur Wah-
rung und Stärkung der Rolle des Europarates zu sehen.
Zu den russischen Prioritäten gehörten deshalb die Stär-
kung der nationalen Mechanismen zum Schutz der Men-
schenrechte, die Entwicklung der Bildung im Bereich der
Menschenrechte und der Schutz der Rechte nationaler
oder „Pluralismus in Einigkeit“ sein. Ein gutes Beispiel
für gelebten Pluralismus sei die Türkei. Im Hinblick auf
Minderheiten, die Einrichtung eines gemeinsamen euro-
päischen Rechtsraums zum Schutz des Einzelnen vor den
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/3400
aktuellen Bedrohungen und Herausforderungen, die Ver-
besserung des Zugangs zu sozialen Rechten sowie der
Schutz sozial schwacher Gruppen. Weitere Prioritäten
seien die Entwicklung effizienter Formen der Demokratie
und der Bürgerbeteiligung, die Förderung von Good Go-
vernance, die Verstärkung der Toleranz und des gegensei-
tigen Verständnisses durch die Entwicklung des Dialogs
und die Zusammenarbeit im Bereich Kultur, Bildung,
Wissenschaft, Jugend und Sport.
Im Hinblick auf die zukünftigen Herausforderungen des
Europarates betonte er die Notwendigkeit einer weiteren
Annäherung an die Europäische Union, dazu wolle Russ-
land die Arbeit am Memorandum of Understanding wie-
der aufnehmen. Daneben gelte es in den nächsten Mona-
ten, die Entwicklungen in Serbien und Montenegro nach
dem Referendum zu begleiten und die Lage im Südkau-
kasus zu beobachten. Positiv bewertete er die konstruk-
tive Arbeit des Europarates hinsichtlich Weißrusslands.
Für die kommenden Monate stellte er einen engen und
vertrauensvollen Dialog mit der Parlamentarischen Ver-
sammlung in Aussicht.
Joachim Hörster,
MdB
Leiter der Delegation
Dr. Wolfgang Wodarg,
MdB
Stellvertretender Leiter der
Delegation
Drucksache 16/3400 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
IV. Anhang
1. Entschließungen und Empfehlungen
Nummer Beschreibung Seite
Entschließung 1505 (2006) Umsetzung von Entschließung 1480 (2006) über das Problem der Be-
glaubigungsschreiben der parlamentarischen Delegation Aserbaid-
schans 9
Entschließung 1506 (2006) Die Außenbeziehungen des Europarates 12
Entschließung 1507 (2006) Angebliche geheime Verhaftungen und die unrechtmäßige Verbrin-
gung von Häftlingen zwischen Staaten mit Beteiligung von
Mitgliedstaaten des Europarates 20
Entschließung 1508 (2006) Der Beitrag der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwick-
lung (EBWE) zur wirtschaftlichen Entwicklung in Mittel- und
Osteuropa 25
Entschließung 1509 (2006) Menschenrechte irregulärer Einwanderer 28
Entschließung 1510 (2006) Meinungsfreiheit und Achtung religiöser Überzeugungen 33
Entschließung 1511 (2006) Wanderbewegungen, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen im Rah-
men des Dritten Gipfels der Staats- und Regierungschefs der Mit-
gliedstaaten des Europarates (Warschau, 16.–17. Mai 2005) 36
Entschließung 1512 (2006) Die Einigkeit der Parlamente bei der Bekämpfung häuslicher Gewalt
gegen Frauen 38
Entschließung 1513 (2006) Verfassungsreform in Bosnien und Herzegowina 41
Entschließung 1514 (2006) Auswirkungen des Referendums in Montenegro 45
Entschließung 1515 (2005) Fortschritte des Überwachungsverfahrens der Versammlung
(Mai 2005 – Juni 2006) 49
Empfehlung 1753 (2006) Die Außenbeziehungen des Europarates 54
Empfehlung 1754 (2006) Angebliche geheime Verhaftungen und die unrechtmäßige Verbrin-
gung von Häftlingen zwischen Staaten mit Beteiligung von
Mitgliedstaaten des Europarates 56
Empfehlung 1755 (2006) Menschenrechte irregulärer Einwanderer 57
Empfehlung 1756 (2006) Umsetzung der Beschlüsse des Dritten Gipfels des Europarates 58
Empfehlung 1757 (2006) Wanderbewegungen, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen im Rah-
men des Dritten Gipfels der Staats- und Regierungschefs der Mit-
gliedstaaten des Europarates (Warschau, 16.–17. Mai 2005) 63
Empfehlung 1758 (2006) Weiterverfolgung des Dritten Gipfels: Prioritäten der kulturellen
Zusammenarbeit 64
Empfehlung 1759 (2006) Einigkeit der Parlamente bei der Bekämpfung häuslicher Gewalt
gegen Frauen 67
Empfehlung 1760 (2006) Haltung der Parlamentarischen Versammlung im Hinblick auf die
Mitglied- und Beobachterstaaten, die die Todesstrafe nicht
abgeschafft haben 68
Empfehlung 1761 (2006) Das Verhindern von Waldbränden 71
Empfehlung 1762 (2006) Akademische Freiheit und universitäre Autonomie 73
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/3400
Entschließung 1505 (2006)
1
betr.
die Umsetzung der Entschließung 1480 (2006) über die Anfechtung der
Beglaubigungsschreiben der parlamentarischen Delegation Aserbaidschans
1. Bei der Eröffnung der ersten Tagung der Parlamentarischen Versammlung im Jahre 2006
wurden die nicht ratifizierten Beglaubigungsschreiben der aserbaidschanischen Delegation
aus substantiellen Gründen gemäß Vorschrift 8 der Verfahrensordnung der Versammlung in
Verbindung mit den Parlamentswahlen angefochten, die am 6. November 2005 stattfanden.
Diese Wahlen waren trotz einiger Verbesserungen in der Wahlkampfphase in schwer
wiegender Form unzulänglich und erfüllten eine Reihe internationaler Standards für
demokratische Wahlen nicht.
2. In der Entschließung 1480 (2006), die am 25. Januar 2006 angenommen wurde, kam die
Versammlung zu dem Schluss, dass die Durchführung der Parlamentswahlen vom
November 2005 in Aserbaidschan unter die Bestimmungen von Art. 8.2.b der
Geschäftsordnung der Versammlung fielen, da es sich um eine „anhaltende Nichteinhaltung
von Pflichten und Verpflichtungen“ handele. Da die Ergebnisse in 10 (von 125)
Wahlkreisen für ungültig erklärt und teilweise Neuwahlen für den 13. Mai 2006 angesetzt
wurden, führte die Versammlung in Art. 9 der Entschließung 1480 (2006) eine Reihe von
Maßnahmen auf, die von den aserbaidschanischen Behörden dringend ergriffen werden
müssten, um sicherzustellen, dass die Nachwahlen voll und ganz demokratischen Prinzipien
genügen, und zwar dass:
2.1. Ermittlungen über Wahlbetrug völlig unparteiisch und professionell sowie ohne
politischen oder administrativen Druck betrieben werden;
2.2. die Ergebnisse dieser Ermittlungen veröffentlicht werden und in gleichermaßen
unparteiischer und professioneller Art und Weise sowie ohne politischen und
administrativen Druck Recht gesprochen wird;
2.3. das neu gewählte Parlament die Wahlgesetzgebung entsprechend den Empfehlungen
der Venedig-Kommission abändert, insbesondere im Hinblick auf die
Zusammensetzung der Wahlkommissionen;
2.4. die Versammlungsfreiheit in vollem Umfang gewährleistet sein sollte;
2.5. der Medienpluralismus in den elektronischen Medien und die Meinungsfreiheit
ebenfalls in vollem Umfang garantiert sein sollten.
3. Die Versammlung beschloss,
3.1. die Beglaubigungsschreiben der parlamentarischen Delegation Aserbaidschans zu
ratifizieren;
3.2. die Nachwahlen am 13. Mai 2006 zu beobachten;
1
Versammlungsdebatte am 26. Juni 2006 (16. Sitzung) (siehe Dok. 10959, Bericht des Ausschusses für die Einhaltung
der Pflichten und Verpflichtungen durch die Mitgliedstaaten des Europarates (Überwachungsausschuss), Ko-
Berichterstatter: Herr Andreas Gross und Herr Andres Herkel). Von der Versammlung am 26. Juni 2006
verabschiedeter Text (16. Sitzung).
Drucksache 16/3400 – 10 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
3.3. auf seiner Tagung im Juni 2006 auf der Grundlage eines Berichts seines Ausschusses
für die Einhaltung der Pflichten und Verpflichtungen der Mitgliedstaaten die
Fortschritte auf den fünf Gebieten, die in Art. 9 seiner Entschließung 1480 (2006)
genannt werden, zu prüfen, ob die zuvor ratifizierten Beglaubigungsschreiben gemäß
Art. 9 der Geschäftsordnung aus substanziellen Gründen neu bedacht werden
müssen.
4. Die Wahlkampfdelegation der Versammlung, die Aserbaidschan vom 27. bis zum 28. April
2006 besuchte, zeigte sich besorgt über die fehlenden Anzeichen von Fortschritten auf den
in der Entschließung 1480 erwähnten Gebieten (2006). Seitdem hat es einige positive
Entwicklungen gegeben, und die Beobachter der Versammlung sind bei den Teilneuwahlen
vom 13. Mai zu dem Schluss gelangt, dass es bei der Abstimmung am Wahltag Fortschritte
gegeben hat, auch wenn die Kontrolle des Wahlvorgangs durch Dritte, darunter Vertreter der
kommunalen Exekutive, sowie wirtschaftlicher Druck weiterhin Besorgnis erregend blieben.
5. Die Beobachter der Versammlung hoben außerdem hervor, dass Wahlbetrug das Ergebnis
der Wahlen vom November 2005 offiziell zwar nur in 10 Wahlkreisen verändert hatte, die
Wahlergebnisse in einer beträchtlichen Zahl anderer Wahlkreise jedoch ebenfalls fraglich
erschienen. Deshalb sollte die Bewertung der Durchführung der Nachwahlen als
integrierender Bestandteil der Gesamtbeurteilung der Parlamentswahlen in Aserbaidschan
betrachtet werden.
6. Gleichzeitig beschränkte der Umstand, dass es nur um 10 von insgesamt 125 Wahlkreisen
ging, die Bedeutung der Nachwahlen im innenpolitischen Bereich. Umso bedauerlicher ist
es, dass trotz einer Reihe technischer Verbesserungen auch während der Teilnachwahlen
einige Betrugsfälle vorkamen.
7. Die Versammlung bedauert, dass einige Oppositionsparteien trotz ihrer Aufrufe zu einem
gegenteiligen Verhalten beschlossen, die Teilnachwahlen zu boykottieren, wodurch die
Wahlmöglichkeiten am Wahltag eingeschränkt wurden.
8. Der Teilboykott der Opposition, der geringe Einsatz, um den es bei diesen Wahlen ging,
aber auch der Mangel an öffentlichem Vertrauen in den Wahlprozess nach den Wahlen vom
November 2005 sind Faktoren, die die geringe „Sichtbarkeit“ des Wahlkampfs und das
begrenzte Interesse der Öffentlichkeit und der Medien erklären können.
9. Im Hinblick auf die in Ziffer 9 ihrer Entschließung 1480 (2006) erwähnten fünf Bereiche
stellt die Versammlung im Einzelnen Folgendes fest:
9.1. Ermittlungen über Wahlbetrug haben nur in sehr wenigen Fällen zu einer Straf-
verfolgung und noch seltener zu Verurteilungen geführt. Die Versammlung begrüßt
es jedoch, dass erstmals in der Geschichte des Landes Wahlbetrug und Verstöße
gegen das Wahlgesetz in gewissem Umfang verfolgt und nach dem Gesetz bestraft
worden sind.
9.2. Die Staatsanwaltschaft und die Zentrale Wahlkommission haben Zahlen über die
eingegangenen Beschwerden und die Ergebnisse von Ermittlungen veröffentlicht, die
über Gesetzesverstöße während des Wahlkampfs durchgeführt wurden. Die
Versammlung fordert die aserbaidschanischen Behörden dringlich auf, der
Öffentlichkeit und der internationalen Gemeinschaft weiterhin in vollem Umfang
Angaben zu der Behandlung von Beschwerden und dem Ermittlungsprozess sowie in
Bezug auf die Unregelmäßigkeiten vorzulegen, die Berichten zufolge im Laufe der
Nachwahlen stattgefunden haben.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 11 – Drucksache 16/3400
9.3. Die Wahlgesetzgebung ist nicht nach den Empfehlungen geändert worden, die die
Europäische Kommission für Demokratie durch das Recht (Venedig-Kommission)
wiederholt ausgesprochen hatte. Allerdings begrüßt die Versammlung den Umstand,
dass die aserbaidschanischen Behörden nun, wenn auch spät, die Hilfe der Venedig-
Kommission bei der Reform des aserbaidschanischen Wahlgesetzes angefordert
haben. Die Versammlung wiederholt ihre Ansicht, dass eine solche Reform eine
entscheidende Voraussetzung für Wahlen in Aserbaidschan darstellt, die in
Übereinstimmung mit den Standards des Europarates und dessen Verpflichtungen
stattfinden. Insbesondere fordert die Versammlung die Behörden Aserbaidschans
nachdrücklich auf:
9.3.1. die Bestimmungen zu ändern, die sich auf die Zusammensetzung der Wahl-
kommission auf allen Ebenen beziehen, um eine Wahlverwaltung
aufzubauen, die das Vertrauen der Wählerschaft und aller an der Wahl
interessierten Kreise genießt.
9.3.2. das Verfahren zum effizienten Umgang mit die Wahlen betreffenden Be-
schwerden und Eingaben mit der Hilfe der Venedig-Kommission weiter-
zuentwickeln;
9.4. Es hat, anders als bei den Wahlen vom November 2005, keine gewalttätigen
Vorfälle und nur wenige Behinderungen der Versammlungsfreiheit gegeben.
Allerdings lässt sich angesichts des generell zurückhaltenden Wahlkampfs und des
Teilboykotts durch einige Oppositionsparteien nicht der Schluss ziehen, die
Einschränkungen der Versammlungsfreiheit seien wirklich auf die Probe gestellt
worden.
9.4.1. Änderungen zu den Vorschriften über die Versammlungsfreiheit wurden
nicht eingeführt. Damit haben die örtlichen Behörden weiterhin einen
unverhältnismäßig großen Spielraum bei der Annahme oder Ablehnung von
Anträgen auf die Abhaltung von Versammlungen und die Entscheidung über
die Versammlungsstätten;
9.4.2. Die Versammlung fordert die aserbaidschanischen Behörden deshalb dring-
lich auf, unverzüglich das Gesetz über die Versammlungsfreiheit zu ändern
und begrüßt es, dass in der Bitte um Unterstützung an die Venedig-
Kommission ausdrücklich auf dieses Gesetz Bezug genommen wird.
9.5. Seit den Wahlen von November 2005 sind beim Medienpluralismus keine nennens-
werten Veränderungen zu verzeichnen gewesen. Außerdem wurde über den
Wahlkampf wegen des geringen Einsatzes bei den Nachwahlen in den elektronischen
Medien nur wenig berichtet, während die meisten elektronischen Medien weiterhin
in ihren Hauptabendnachrichten und aktuellen Programmen die Regierungspartei
bevorzugten.
9.5.1. Die Versammlung unterstreicht, wie wichtig es ist, für die Achtung medien-
bezogener Bestimmungen im Wahlgesetzbuch während des Wahlkampfs zu
sorgen, einschließlich der ausgewogenen Berichterstattung über Parteien und
Kandidaten, und ruft die zuständigen Behörden, insbesondere die Zentrale
Wahlkommission, auf, gegen Verstöße schnell und effektiv vorzugehen.
9.5.2. Die Versammlung ist außerdem aufs Äußerste besorgt über vor kurzem
erfolgte Gewalttaten gegen Journalisten: Am 6. März 2006 wurde Fikret
Huseynli, Korrespondent der Zeitung Azadlig, entführt und zusammen-
geschlagen, und am 3. Mai wurde auch der Sportberichterstatter der
Drucksache 16/3400 – 12 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
russischsprachigen Zeitung Serkalo zusammengeschlagen. Nach einem
brutalen Angriff am 18. Mai befindet sich Bahaddin Haziyev, der
stellvertretende Vorsitzende der Aserbaidschanischen Volksfrontpartei und
Herausgeber der Zeitung Bizim Yol, zurzeit in einem Krankenhaus in Baku
auf der Intensivstation. Es gibt bisher keine Fortschritte dabei, die
Verantwortlichen für die Ermordung von Elmar Huseynov, des
Chefredakteurs der Zeitschrift Monitor, der im März 2005 niedergeschossen
wurde, vor Gericht zu bringen.
9.5.3. Die Versammlung erinnert daran, dass eine freie Presse ein Rückgrat jeder
funktionierenden Demokratie darstellt. Es ist deshalb äußerst wichtig, dass
Angriffe auf Journalisten schnell und gründlich untersucht und die Täter vor
Gericht gestellt werden.
10. Im Lichte der obigen Ausführungen kommt die Versammlung zu dem Schluss, dass die
meisten der in Absatz 9 ihrer Entschließung 1480 (2006) erwähnten Anforderungen noch
nicht erfüllt worden sind. Trotz aller jüngsten Hinweise auf den Willen der Behörden zu
einer weiteren Reform der entsprechenden Gesetzgebung und Praxis ist weiterhin ein starker
politischer Wille erforderlich, um sicherzustellen, dass die nächsten Präsidentschaftswahlen
2008 den Standards des Europarates voll und ganz entsprechen werden.
11. Die Versammlung unterstreicht, dass die erforderliche Wahlrechtsreform deutlich vor der
Präsidentschaftswahl von 2008 durchgeführt werden sollte; nicht nur, um einer Forderung
der internationalen Gemeinschaft zu entsprechen, sondern vor allem, um das Vertrauen des
aserbaidschanischen Volkes in den Wahlprozess und ganz allgemein in den demokratischen
Prrozess des Landes wiederherzustellen.
12. Die Versammlung ist der Auffassung, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Europarat
und Aserbaidschan weiterhin von wesentlicher Bedeutung für die Förderung der
Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der Menschenrechte in dem Land ist.
Sie muss weitergehen, um die Wahlen von 2008 vorzubereiten, damit die bisher erreichten
Fortschritte gefestigt werden können. Die Versammlung beschließt dementsprechend, in
diesem Stadium die Beglaubigungsschreiben der parlamentarischen Delegation
Aserbaidschans nicht erneut zu prüfen. Die Versammlung weist ihren Über-
wachungsausschuss an, die Entwicklungen in dem Land genau zu verfolgen und auf der
Plenartagung im Frühjahr 2007 über Fortschritte bei der Einhaltung der Pflichten und
Verpflichtungen – einschließlich der in Bezug auf die Wahlrechtsreform – durch
Aserbaidschan zu berichten.
Entschließung 1506
2
betr.
die Außenbeziehungen des Europarates
1. Der Europarat ist die praktische Verkörperung des Grundsatzes, wonach Nationen, die die
gleichen demokratischen Werte teilen und um vergleichbare Institutionen herum organisiert
sind, keinen Grund haben, gegeneinander Krieg zu führen und besser in der Lage sind, ihren
Lebensstil gegen Bedrohungen und Herausforderungen von außen zu verteidigen.
2
Versammlungsdebatte am 26. Juni 2006 (16. Sitzung) (siehe Dok. 10956, Bericht des Politischen Ausschusses,
Berichterstatter: Herr Adrian Severin). Von der Versammlung am 26. Juni 2006 verabschiedeter Text (16. Sitzung).
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 13 – Drucksache 16/3400
2. Der Europarat wurde von Staaten gegründet, die sich den Werten der Demokratie, der
Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der Menschenrechte verpflichtet fühlen und hat eine
entscheidende Rolle bei der Wahrung und Sicherung dieser Werte in seinen Mitgliedstaaten
gespielt, die heute einen wesentlichen Bestandteil der gemeinsamen Identität Europas
bilden.
3. Dank dieser Wertegemeinschaft konnte in Westeuropa jahrhundertealte Feindseligkeit
beigelegt werden, und hierdurch wurde ein großer Beitrag zum Frieden zwischen den
europäischen Nationen und zu ihrem Wohlstand geleistet. Mit ihrer beispielgebenden Kraft
hat sie außerdem zu dem Zusammenbruch der totalitären Regime in Ost- und Westeuropa
beigetragen.
4. Die Aufnahme der mittel- und osteuropäischen Staaten, die der Gemeinschaft europäischer
Demokratien beitreten wollen, in den Europarat ist ein wesentliches Merkmal der
demokratischen Umwandlung dieser Staaten und hat den Werten der Demokratie in jedem
europäischen Staat – mit der Ausnahme Weißrusslands – zum Sieg verholfen.
5. Die Grenzen der geografischen Expansion des Europarates sind mittlerweile erreicht, und
seine Erweiterung ist nahezu abgeschlossen.
6. Der demokratische Fortschritt lässt sich nicht auf die geografischen Grenzen Europas
beschränken. Die Demokratie ist kein ausschließliches Privileg der Europäer, und ihre
Vorteile sollten allen Völkern zukommen, die den Erfolg demokratischer Nationen
anziehend finden. Allerdings ist zu unterstreichen, dass die Demokratie nur Wurzeln
schlagen kann, wenn sie von dem Volk frei gewählt wurde.
7. Die Versammlung ist der Überzeugung, dass der Europarat angesichts seiner Erfahrung mit
dem Übergang zur Demokratie und der Errichtung demokratischer Institutionen in ganz
Europa gut aufgestellt ist, um zur Verbreitung der Werte beizutragen, die seine
Mitgliedstaaten als auch jenseits seiner Grenzen universell gültig betrachten.
8. Über seine Außenbeziehungen kann der Europarat dafür sorgen, dass diese Werte bekannter,
besser verstanden und akzeptiert und von breiteren Kreisen geteilt werden, wodurch sich die
Zahl der Nationen erhöht, die sich der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Achtung
der Menschenrechte verpflichtet fühlen. Auf diese Weise würde der Rat zu dem Frieden und
der Stabilität seiner Mitgliedstaaten und externen Partner beitragen.
9. Das europäische Demokratiemodell, das auf den Grundwerten des Europarates beruht,
erweist sich immer noch weit über Europa hinaus als anziehend. Eine Reihe
nichteuropäischer Staaten, darunter auch solche mit Beobachterstatus beim Europarat,
streben engere Beziehungen zu unserer Organisation und eine engere Einbeziehung in
unsere Aktivitäten an. Der Europarat sollte auf diesem Interesse aufbauen, um den Kreis
seiner Partner zu erweitern und die Beziehungen zu den bestehenden Partnern auszubauen.
Gleichzeitig sollte er Wege finden, um die nationalen und internationalen Akteure in seine
Umsetzungsstrategien für den Aufbau der Demokratie einzubinden, die gegenwärtig kein
Interesse an der Zusammenarbeit mit dem Europarat zeigen oder ihr sogar skeptisch
gegenüberstehen.
10. Die wichtigsten institutionellen Partner des Europarates, insbesondere die Europäische
Union und die OSZE, setzen sich aktiv für die Förderung dieser Werte durch externe
Drucksache 16/3400 – 14 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Aktivitäten ein, vor allem in den Grenzgebieten zum Europarat. Da diese Tätigkeiten eine
Reihe von Bereichen betreffen, in denen der Europarat Sachverstand erlangt hat, kommt es
für die Organisation entscheidend darauf an, Wege zu finden, um dieses Wissen und diese
Fertigkeiten ihren Partnern und Nachbarn verfügbar zu machen. Damit entstünden
Synergieeffekte zwischen den Aktivitäten der verschiedenen europäischen Organisationen
und würde ein Beitrag zur Festigung des internationalen Ansehens, der Sichtbarkeit und der
Effektivität des Europarates geleistet. In diesem Zusammenhang verweist die Versammlung
auf ihre Empfehlung 1724 (2005) über den Europarat und die Europäische Nachbarschafts-
politik der Europäischen Union.
11. Um den Partnern die Rolle des Europarates näher zu bringen, unproduktive Rivalitäten zu
vermeiden und eine möglichst festgefügte Grundlage für die Zusammenarbeit mit ihnen zu
schaffen, müssen sein besonderer Tätigkeitsbereich und die Aufteilung der Zuständigkeiten
auf die wichtigsten europäischen Organisationen neu umrissen und klar dargestellt werden.
Allerdings muss die Versammlung dabei unterstreichen, dass der europäische demokratische
Raum, der auf den Werten des Europarates, seinen Normen und Rechtsinstrumenten aufbaut,
unteilbar bleiben muss.
12. Schließlich ist das europäische Demokratiemodell nicht das einzige, das es auf der Welt
gibt. Viele Staaten mit demokratischen Regimen sehen die Grundwerte anders als der
Europarat. Zwar gibt es, sieht man von einigen demokratischen Prinzipien ab, die
universelle Geltung haben müssen, durchaus demokratische Vielfalt, doch ist auch darauf
hinzuweisen, dass diese Unterschiedlichkeit oft eine Quelle internationaler Konflikte
darstellt und letztlich die Sicherheit und den demokratischen Charakter der internationalen
Beziehungen und der internationalen Ordnung untergraben könnte. Da die Notwendigkeit
eines demokratischen Umbaus in vielen Teilen der Welt immer offensichtlicher wird, muss
der Europarat seine Präsenz in den verschiedenen weltweiten demokratischen Bündnissen
verstärken und dafür Sorge tragen, dass seine Grundwerte von möglichst vielen
Demokratien geteilt werden. Zumindest sollten ein gegenseitiges Verständnis für die
verschiedenen Demokratiemodelle und gegenseitige Achtung vor ihnen erreicht werden, um
auf diese Weise den internationalen Rahmen für ihre friedliche Koexistenz zu schaffen.
13. Die Versammlung unterstützt deshalb ein aktiveres Engagement des Europarates für
auswärtige Aktivitäten mit den Schwerpunkten:
13.1 Ausbau von Partnerschaften und Netzwerken europäischer Organisationen auf der
Grundlage ihrer jeweiligen Vorteile;
13.2 Ausbau von Partnerschaften und Netzwerken nichteuropäischer
Regionalorganisationen auf der Grundlage ihrer Komplementarität und im Rahmen
ihrer Vereinbarkeit;
13.3 Hilfe beim Aufbau eines demokratischen Staates;
13.4 interkultureller Dialog und Integration;
13.5 allmähliche Schaffung der Grundlagen der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit
auf transnationaler Ebene.
14. In diesem Zusammenhang begrüßt die Versammlung die Maßnahmen zur Förderung der
Werte des Europarates, die von seinen verschiedenen Gremien und Institutionen bereits
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 15 – Drucksache 16/3400
ergriffen worden sind, insbesondere von dem Ministerkomitee, dem Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte, dem Kongress der Gemeinden Europas des Europarates,
dem Menschenrechtskommissar, der Venedig-Kommission und dem Nord-Süd-Zentrum. Sie
ist jedoch der Ansicht, dass diese Tätigkeiten, um maximale Effektivität zu erreichen, auf
geeigneten Instrumenten beruhen und Teil einer kohärenten und koordinierten Strategie sein
sollten.
15. Die Strategie des Europarates im Bereich der auswärtigen Beziehungen sollte die nach-
stehenden Ziele verfolgen:
15.1 Festigung der bestehenden Partnerschaften, insbesondere mit Beobachterstaaten, und
Streben nach dem Aufbau neuer Partnerschaften mit Ländern, die die gleichen oder
ähnliche demokratische Werte hochhalten;
15.2 Förderung europäischer demokratischer Werte als Teil eines verstärkten
interkulturellen Dialogs mit Nachbarn des Europarates, insbesondere im
Mittelmeerraum, dem Nahen Osten und in Zentralasien, und Unterstützung
bestimmter Nachbarländer, vor allem von Teilnehmern an der Europäischen
Nachbarschaftspolitik der EU, auf dem Weg hin zur Demokratie über eine auf
Zusammenarbeit aufbauende Politik;
15.3 Aufbau eines Netzwerks von Beziehungen, eines ständigen, strukturierten Dialogs
sowie einer spezifischen Vorgehensweise bei Organisationen, die sich für die
Förderung demokratischer Prinzipien einsetzen.
16. Bei den Beziehungen zu Nichtmitgliedstaaten des Europarates verhält sich die Versammlung
wie folgt: Sie
16.1 misst dem Ausbau der Beziehungen zu Staaten, die beim Europarat Beobachterstatus
haben, große Bedeutung bei und sieht es als entscheidend wichtig an, alle
Möglichkeiten zu nutzen, die sich aus diesem Status ergeben;
16.2 hält es für wichtig, bestehende Kooperationsbeziehungen mit festgefügten und im
Aufbau begriffenen demokratischen Regimen in der Republik Korea, in Südafrika,
Argentinien, Chile und Uruguay zu festigen und gegebenenfalls zu
institutionalisieren und solche Beziehungen mit Demokratien anzubahnen, die noch
keine Beziehungen zum Europarat unterhalten, wie Australien, Neuseeland, Indien,
Brasilien und bestimmte andere lateinamerikanische Staaten;
16.3 bekräftigt ihre Vorschläge in der Empfehlung 1724 (2005) über den Europarat und
die Europäische Nachbarschaftspolitik der Europäischen Union in Bezug auf die
Beziehungen mit den Staaten des südlichen Mittelmeerraums und des Nahen Osten;
16.4 betrachtet es auch als wichtig, dass den Staaten Zentralasiens der Übergang zur
Demokratie gelingt, ohne im Chaos zu versinken, hebt hervor, dass diese Staaten
Mitglieder der OSZE sind und zur Beachtung der Grundsätze der Demokratie und
der Menschenrechte verpflichtet sind und glaubt, dass der Europarat zum Fortschritt
dieser Länder hin zur Demokratie abgestimmt mit der OSZE einen Beitrag zu leisten
hat, der auf der gemeinsamen Übernahme von Verantwortung entsprechend dem
nachstehenden Absatz 21.2 beruht;
Drucksache 16/3400 – 16 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
16.5 bedauert, dass Weißrussland bisher keine Fortschritte bei der Einhaltung der
grundlegenden Prinzipien des Europarates, in den das Land die Aufnahme beantragt
hat, erzielt hat und schlägt vor, dass Weißrussland aufgefordert wird, die
Europäische Menschenrechtskonvention zu unterzeichnen und das Urteil des
Gerichtshofs anzunehmen, bevor es Mitglied des Europarates wird;
16.6 verweist auf die wachsende Bedeutung Chinas, hält es für angemessen, mit dem
Land einen Dialog auf der Grundlage der Achtung universeller Werte aufzunehmen
und dazu die Möglichkeit zu prüfen, China einen Status anzubieten, wie er in der
nachstehenden Ziffer 17.2 definiert wird.
17. die Versammlung ist der Auffassung, dass sie, um externe Partner zur Zusammenarbeit mit
dem Europarat zu bewegen, folgende Maßnahmen ergreifen sollte:
17.1 Überprüfung der Funktionsweise des Beobachterstatus beim Europarat, um diesem
Status größere Effektivität zu verleihen;
17.2 Erwägung der Einführung eines neuen Status für Nichtmitgliedstaaten, die mit dem
Europarat zusammenarbeiten möchten, um von seinen Erfahrungen beim Aufbau der
Demokratie und möglicherweise auch von seinen Rechtsinstrumenten und seinem
rechtlichen Apparat zu profitieren, aber noch nicht in der Lage sind, die
uneingeschränkte Einhaltung seiner Grundsätze zu garantieren;
17.3 Öffnung einiger der Instrumente des Europarates für bestimmte Nichtmitgliedstaaten
je nach ihrem Status.
18. Die Menschenrechtsinstrumente des Europarates, die nur Personen zugänglich sind, die
unter die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, sind eine der größten Stärken der
Organisation und sollten als Beispiel dienen. Die Versammlung bestärkt den Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte in der Fortführung seiner Bemühungen um die Förderung
der europäischen Erfahrungen mit dem rechtlichen Schutz der Menschenrechte.
19. Sie ist jedoch auch der Ansicht, dass in Verbindung mit jeder Reform der EMRK und des
Gerichtshofs die Konvention geöffnet und der Gerichtshof für Nichtmitgliedstaaten und
Personen unter deren Zuständigkeit zugänglich gemacht werden sollte. Dieser Zugang
könnte primär den unmittelbaren Nachbarn des Europarates, nämlich Weißrussland um den
Staaten am Südrand des Mittelmeers, gewährt und auf klar umrissene Streitigkeiten
beschränkt sowie von einem finanziellen Beitrag des betreffenden Staates abhängig gemacht
werden. Darüber hinaus könnte eine Möglichkeit zur Schaffung eines Netzes
regionaler/nationaler Menschenrechtsgerichte erkundet werden, wobei diese als
erstinstanzliche europäische Gerichte arbeiten würden, während der Gerichtshof in
Straßburg als Berufungsgericht oder Oberster Gerichtshof fungieren würde.
20. Außerdem könnte mit dem Europarat zusammenarbeitenden Partnern Zugang zu bestimmten
nichtgerichtlichen Einrichtungen, wie z.B. dem Büro des Menschenrechtskommissars,
gewährt werden.
21. Was die Beziehungen zu anderen Institutionen angeht, gilt Folgendes: Die Versammlung
21.1 misst den Beziehungen zur Europäischen Union besondere Bedeutung bei und
verweist in diesem Zusammenhang auf ihre Empfehlung 1743 (2006) über das
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 17 – Drucksache 16/3400
Memorandum of Understanding zwischen dem Europarat und der Europäischen
Union. Sie begrüßt die Vorschläge in dem von Herrn Jean-Claude Junker, dem
luxemburgischen Ministerpräsidenten, vorgelegten Bericht für die Förderung der
Beziehungen auf einer festen Grundlage mit der Perspektive eines Beitritts der
Europäischen Union zum Europarat. Sie ist außerdem davon überzeugt, dass der
Europarat und die Europäische Union als dessen „innerer Nachbar“ eine gemeinsame
Sicht eines gesamteuropäischen konföderalen Gremiums entwickeln sollte, in dem
die beiden Partner sich auf der Grundlage gemeinsamer Werte integrieren würden
und in der Lage wären, diese Werte innerhalb und außerhalb des größeren Europas
zu verteidigen, zu entwickeln und zu fördern. Um dies zu ermöglichen, hält sie es für
erforderlich:
21.1.1 eine klare Abgrenzung der Zuständigkeiten entsprechend dem Spezialgebiet
und dem Sachverstand eines jeden Partners vorzunehmen einschließlich der
Anerkennung der spezifischen Verantwortung des Europarates für die
Festlegung europäischer Normen auf den Gebieten der Demokratie, der
Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der Menschenrechte und seiner
führenden Rolle bei der Unterstützung und Sicherung ihrer Umsetzung wie
auch bei der Organisation des weltweiten interkulturellen und interreligiösen
Dialogs;
21.1.2 für eine Zusammenlegung der Normen und Zuständigkeiten auf dem Gebiet
der europäischen Grundrechte zu sorgen, unter Einschluss des Beitritts der
EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention;
21.1.3 einen geeigneten Subsidiaritätsmechanismus einzuführen, wenn es um die
Förderung politischer Maßnahmen zur Konsolidierung und Verteidigung der
Einhaltung demokratischer Prinzipien, der Rechtsstaatlichkeit und der
Menschenrechte geht;
21.1.4 ein strukturiertes und dauerhaftes Kommunikations-, Konsultations-,
Koordinierungs- und Kooperationssystem aufzubauen, um Standards und
politische Maßnahmen auf dem Gebiet der europäischen Grundrechte
festzulegen und zu fördern;
21.1.5 einen geeigneten Mechanismus zur gemeinsamen Mobilisierung der Mittel
und der gemeinsamen Identifizierung der Wege festzulegen, mit denen sich
die europäischen Grundrechte fördern und verteidigen lassen;
21.1.6 die externen Maßnahmen des Europarates und der EU zu koordinieren, die
entsprechend den Zuständigkeiten eines jeden der Partner betrieben werden
sollen, um durch optimale Synergieeffekte maximale Effektivität zu
erreichen;
21.1.7 sicherzustellen, dass alle diese Vorstellungen sich in dem künftigen
Memorandum of Understanding (MoU), dass zwischen dem Europarat und
der EU vereinbart werden soll, angemessen wiederspiegeln, spezifiziert und
künftig weiterentwickelt werden, das die politische Vision einer
gemeinsamen Zukunft der beiden Partner darlegen sollte. Gegebenenfalls
sollte ein vorläufiges Protokoll vereinbart werden, in dem die Vorbereitung
des MoU organisiert wird, Konsultationen und Gespräche auf politischer wie
Drucksache 16/3400 – 18 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
auf fachlicher Ebene anberaumt und Verfahren und Modalitäten geschaffen
werden, die zum Abschluss des MoU führen;
21.2 bekräftigt ihre Unterstützung für eine enge Zusammenarbeit mit der OSZE auf der
Grundlage der Ausarbeitung gemeinschaftlicher Ziele und der Bewertung der
komparativen Vorteile in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich, wobei der
Europarat primär damit beschäftigt ist, Hilfestellung bei der Annahme der
erforderlichen Gesetzgebung, dem Aufbau demokratischer Institutionen, der
Förderung des demokratischen Bewusstseins in der Öffentlichkeit und einer
entsprechenden Aufklärung zu leisten und generell für das demokratische „Nation-
building“ zu sorgen, während die OSZE sich auf die Konfliktverhütung, das
Krisenmanagement und die Krisenaufarbeitung (post-crisis rehabilitation)
konzentriert;
21.3 befürwortet eine engere Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen und ihren
Sonderorganisationen, die jedem der Partner die Möglichkeit bieten, die Erfahrungen
und den Sachverstand des jeweils anderen zu nutzen, wobei die Priorität bei der
Förderung universeller Werte, der Verwirklichung der Millennium-
Entwicklungsziele und dem Beitrag zu den Bemühungen um den Aufbau der
Demokratie liegt und erachtet es unter Verweis auf ihre einschlägigen
Entschließungen und Empfehlungen als angemessen, die Errichtung eines
Beratungsgremiums beim Generalsekretär der Vereinten Nationen zu erwägen, der
sich aus Vertretern regionaler Organisationen zusammensetzen würde sowie eines
Beirats der VN-Generalversammlung zu erwägen, dem Vertreter der nationalen
Parlamente und regionaler parlamentarischer Versammlungen angehören würden;
21.4 unterstützt die Ausweitung der Zusammenarbeit mit europäischen, transatlantischen
und euroasiatischen Organisationen, wenn diese Beziehungen auf gemeinsamen
Werten beruhen oder zur Förderung der Grundsätze des Europarates beitragen
können;
21.5 ist der Ansicht, dass die Mitgliedstaaten des Europarates versuchen sollten, ihre
Positionen in verschiedenen internationalen Foren, insbesondere bei den VN, zu
koordinieren was die Organisation betreffende Fragen anbelangt, um eine effektivere
und kohärentere Verteidigung der Haltung des Europarates angeht;
21.6 ist der Auffassung, dass eine Präsenz des Europarates in den wichtigsten
internationalen Hauptstädten, wie New York, Genf und Wien, außerdem zu einer
Festigung der Zusammenarbeit mit den VN und der OSZE beitragen würde und es
dem Rat erlauben würde, seine Leistungen besser bekannt zu machen und dafür zu
sorgen, dass diese Organisationen ihnen bei ihren eigenen Tätigkeiten besser
Rechnung tragen.
22. Die Versammlung ist der Auffassung, dass sie als politisch treibende Kraft des Europarates
bei dem Einsatz für eine aktivere Politik der Öffnung des Rats gegenüber neuen Partnern zur
Förderung der von der Organisation vertretenen Werte eintreten sollte.
23. Im Hinblick auf ihre eigenen Tätigkeiten glaubt die Versammlung, dass nachstehende
Punkte geprüft werden sollten:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 19 – Drucksache 16/3400
23.1 Abhaltung regelmäßiger Aussprachen über die allgemeinen Außenbeziehungen des
Europarates über die Tätigkeiten verschiedener auf diesem Gebiet engagierter
Gremien des Europarates, um die bestehenden Beziehungen und ihre Effektivität zu
überprüfen, Strategien zu formulieren und für eine engere Zusammenarbeit
besonders geeignete Partner zu ermitteln;
23.2 Durchführung von Aussprachen über spezifische geografische Bereiche, Länder,
Ländergruppen oder Organisationen, die als vorrangige Partner definiert sind, um die
betreffenden Positionen und politischen Zielsetzungen zu formulieren; führende
politische Persönlichkeiten aus diesen Ländern oder Organisationen sollten
systematisch zu Aussprachen der Versammlung eingeladen werden;
23.3 Erweiterung des Kreises der Partner der Versammlung unter den demokratischen
Parlamenten, insbesondere durch von ihrem Präsidenten hergestellte Kontakte;
23.4 nach Möglichkeit Aufbau institutionalisierter Beziehungen in Form von
Kooperationsvereinbarungen mit vorrangigen Partnern und Ausbau von
Arbeitsbeziehungen auf dieser Grundlage;
23.5 Führung eines regelmäßigen politischen Dialogs mit Parlamentariern aus
vorrangigen Partnerländern;
23.6 Steigerung des Engagements von Vertretern aus als vorrangige Partner definierten
Ländern und Organisationen bei der Arbeit der Versammlung und ihrer Ausschüsse
(Themenkonferenzen, Anhörungen, Podiumsdiskussionen usw.);
23.7 Fortsetzung der Bemühungen um den Aufbau parlamentarischer Netzwerke auf
regionaler und internationaler Ebene als Foren für die politische Interaktion;
23.8 regelmäßige Wiederaufnahme der „Straßburger Konferenzen über die
parlamentarische Demokratie“;
23.9 verstärkte Teilnahme der Versammlung an der Beobachtung von Wahlen in
Nichtmitgliedstaaten und an wichtigen internationalen Initiativen zur Festlegung von
Wahlstandards.
24. die Versammlung hält es für notwendig, Artikel 60 ihrer Geschäftsordnung in Bezug auf den
Beobachterstatus zu überarbeiten, um die Rolle der Beobachter zu stärken und ihnen eine
bessere Teilnahme an den Tätigkeiten der Versammlung und ihrer Ausschüsse zu
ermöglichen, in dem Mitglieder vom Beobachterdelegationen unter anderem das Recht
erhalten:
24.1 Empfehlungs- und Entschließungsanträge einzureichen und zu unterzeichnen;
24.2 als Beobachter für allgemeine und Ad-hoc-Ausschüsse benannt zu werden;
24.3 an Wahlbeobachtungsmissionen teilzunehmen;
24.4 Mitglieder politischer Gruppen zu werden.
Drucksache 16/3400 – 20 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
25. Die Versammlung ist der Auffassung, dass die Artikel ihrer Geschäftsordnung in Bezug auf
Sondergäste (Artikel 59) geändert werden sollten, um diesen Status auch Parlamenten
nichteuropäischer Staaten zu ermöglichen.
26. Die Versammlung beschließt, den internationalen Entwicklungen, auch auf dem Gebiet der
Förderung der Werte des Europarates, mehr Aufmerksamkeit als bisher zu schenken. Sie
wird weiterhin die Strategie für ihre auswärtigen Beziehungen festlegen und deren
Effektivität werten. Sie verlässt sich darauf, dass das Präsidium diese Strategie im Rahmen
seiner Zuständigkeit gemäß Bestimmung 12.1 der Verfahrensordnung umsetzt und dass die
allgemeinen Ausschüsse die auswärtige Zusammenarbeit auf ihren jeweiligen
Zuständigkeitsgebieten fördern. Gleichzeitig glaubt die Versammlung, dass sie einen
besonderen Ausschuss (oder Unterausschuss) benötigt, wer auf der Grundlage eines klar
umrissenen Mandats die internationalen Entwicklungen genau verfolgt und Vorschläge für
ein kohärentes und effektives auswärtiges Handeln unterbreitet.
Entschließung 1507 (2006)
3
betr. die angeblichen geheimen Verhaftungen und die unrechtmäßige Verbringung von
Häftlingen zwischen Staaten mit Beteiligung von Mitgliedstaaten des Europarates
1. Der Europarat ist sowohl Bezugspunkt als auch Hüter der Menschenrechte, Demokratie und
Achtung der Rechtsstaatlichkeit in Europa. Er leitet seine rechtliche und moralische
Autorität unter anderem von den gemeinsamen Standards des Schutzes der Menschenrechte
ab, die in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und dem Europäischen
Übereinkommen zur Verhütung von Folter verankert sind, die alle 46 Mitgliedstaaten
unterzeichnet haben.
2. Die Parlamentarische Versammlung des Europarates stellt die Menschenrechte in den
Mittelpunkt ihrer Arbeit. Die Versammlung muss weltweit Alarm schlagen, wenn
Menschenrechte missachtet oder festgelegte Standards für ihre Verwirklichung untergraben
werden.
3. Die Versammlung bekräftigt ihre uneingeschränkte Bereitschaft, die terroristische
Bedrohung zu überwinden, aber sie muss sich ebenso mit aller Schärfe gegen die
zahlreichen systematischen Menschenrechtsverletzungen wenden, die im Rahmen des so
genannten „Krieges gegen den Terrorismus“ begangen werden. Sie ist der Auffassung, dass
derartige Verletzungen den Terroristen in die Hände spielen und letztlich diejenigen stärken,
die die etablierte politische, rechtliche und gesellschaftliche Ordnung zerstören wollen.
4. Nach Auffassung der Vereinigten Staaten sind weder die klassischen Instrumente des
Strafrechts und strafrechtlicher Verfahren noch der Rahmen der Kriegsgesetze
(einschließlich der Achtung der Genfer Konventionen) geeignet, die terroristische
Bedrohung zu überwinden. Infolgedessen haben sie neue rechtliche Begriffe wie “feindliche
Kombattanten” und “Verschleppung (rendition)“ eingeführt, die zuvor im Völkerrecht
unbekannt waren und im Widerspruch zu den geltenden grundlegenden Rechtsprinzipien auf
unserem Kontinent stehen.
3
Debatte der Versammlung am 27. Juni 2006 (17. Sitzung). (Siehe Dok. 10957, Bericht des Ausschusses für Recht und
Menschenrechte, Berichterstatter: Herr Dick Marty). Von der Versammlung verabschiedeter Text am 27. Juni 2006
(17. Sitzung).
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 21 – Drucksache 16/3400
5. So haben die Vereinigten Staaten in der ganzen Welt nach und nach ein heimliches
„Spinnennetz“ von Fällen des Verschwindens, heimlicher Verhaftungen und der
unrechtmäßigen Verbringung von Häftlingen zwischen Staaten gewoben, das oft Länder
umfasste, die dafür bekannt sind, dass sie Folter anwenden. Hunderte von Menschen sind in
diesem Netz gefangen; in einigen Fällen werden sie lediglich verdächtigt, mit einer
angeblichen Terrororganisation zu sympathisieren.
6. Das “Spinnennetz” wurde unter Mitwirkung oder Duldung vieler Länder, darunter mehrere
Mitgliedstaaten des Europarates, gesponnen. Diese Zusammenarbeit, die im Geheimen und
ohne demokratische Legitimität stattfand, hat ein System hervorgebracht, das mit den
grundlegenden Prinzipien des Europarates absolut unvereinbar ist.
7. Die bislang zusammengetragenen Fakten und Informationen deuten zusammen mit neuen
sachlichen Erkenntnissen, die derzeit offenbar werden, darauf hin, dass zu den wesentlichen
Elementen dieses “Spinnennetzes” ein weltweites Netz geheimer Verhaftungen in geheimen
Haftanstalten der CIA und in militärischen oder Marineeinrichtungen, das
Verschleppungsprogramm der CIA, in deren Rahmen Terrorverdächtige in einem
Zivilflugzeug ohne jeglichen rechtlichen Schutz zwischen Staaten hin und her geflogen
werden, um dann oft an Staaten übergeben zu werden, die üblicherweise auf erniedrigende
Behandlung und Folter zurückgreifen, sowie die Nutzung von Militärstützpunkten und –
flugzeugen gehören, mit denen Häftlinge als menschliche Fracht nach Guantánamo Bay auf
Kuba oder in andere Haftanstalten gebracht werden.
8. Die Versammlung verurteilt den systematischen Ausschluss aller Formen des juristischen
Schutzes und bedauert, dass die Vereinigten Staaten, indem sie Hunderten von Verdächtigen
ihre Grundrechte, einschließlich des Rechtes auf ein faires Verfahren, vorenthalten, der
Gerechtigkeit einen schlechten Dienst erweisen und ihren hart erkämpften Ruf als
Vorkämpfer für den Schutz der bürgerlichen Freiheiten und Menschenrechte beschädigen.
9. Einige Mitgliedstaaten des Europarates haben bei der Durchführung dieser unrechtmäßigen
Operationen geheime Sache mit den Vereinigten Staaten gemacht, andere haben diese
toleriert oder einfach weggesehen. Sie haben auch alles Erdenkliche getan, dafür zu sorgen,
dass diese Operationen geheim bleiben und vor einer wirksamen nationalen oder
internationalen Prüfung geschützt werden.
10. Dieses geheime Zusammenwirken einiger Mitgliedstaaten des Europarates mit den
Vereinigten Staaten von Amerika erfolgte in unterschiedlicher Form. Die Versammlung hat
eine Reihe von Fällen angeblicher geheimer Verhaftungen und unrechtmäßiger Verbringung
von Häftlingen zwischen Staaten rechtlich und sachlich geprüft und Beispiele ermittelt, in
denen Mitgliedstaaten des Europarates in Verletzung ihrer internationalen
Menschenrechtsverpflichtungen vorsätzlich oder zumindest rücksichtslos Folgendes getan
haben:
10.1. geheime Verhaftung einer Person in europäischem Gebiet für einen unbestimmten
Zeitraum, wobei dieser Person zugleich die Grundrechte vorenthalten und
verfahrensrechtliche Garantien wie das Habeas-Corpus-Prinzip nicht gewährleistet
wurden;
10.2. Festnahme einer Person und Übergabe an die Vereinigten Staaten in dem Wissen,
dass diese Person unrechtmäßig in eine von den Vereinigten Staaten verwaltete
Haftanstalt gebracht würde;
Drucksache 16/3400 – 22 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
10.3. Genehmigung des unrechtmäßigen Transports von Häftlingen im Rahmen der
Verschleppungsstrategie in Zivilflugzeugen, die den europäischen Luftraum
durchflogen oder über europäisches Gebiet flogen;
10.4. Weitergabe von Informationen oder geheimdienstlichen Erkenntnissen an die
Vereinigten Staaten in Fällen, in denen vorhersehbar war, dass dieses Material direkt
als Grundlage für eine Verschleppung oder geheime Inhaftierung einer Person
verwendet würde;
10.5. direkte Beteiligung an Verhören von Personen, die verschleppt oder in geheimer Haft
gehalten wurden;
10.6. Akzeptanz oder Nutzung von im Laufe der Verhöre von Häftlingen gewonnenen
Informationen, wobei vor, während oder nach diesen Verhören dem betreffenden
Häftling Folter oder andere Formen von Menschenrechtsverletzungen angedroht oder
sie diesen ausgesetzt wurden;
10.7. Bereitstellung ziviler oder militärischer Flughäfen als “Sammelpunkte” oder
Plattformen für Verschleppungsoperationen oder andere unrechtmäßige Maßnahmen
zur Verbringung von Häftlingen, wobei sich ein Flugzeug an einem solchen Ort auf
die Operation vorbereitete und dort startete;
10.8. Bereitstellung ziviler oder militärischer Flughäfen als “Zwischenlandungsstationen”
für Verschleppungsoperationen, wobei ein Flugzeug auf dem Hin- oder Rückflug an
einem solchen Ort kurz landete, beispielsweise zum Auftanken.
11. Die Vereinigten Staaten haben ebenso wie ihre europäischen Partner Versuche, das wahre
Wesen und Ausmaß dieser unrechtmäßigen Operationen aufzudecken, ausnahmslos
blockiert oder zurückgewiesen. Die Behörden der meisten Mitgliedstaaten des Europarates
haben ihre Beteiligung geleugnet, wobei sie in vielen Fällen keine Untersuchungen oder
ernsthaften Ermittlungen durchgeführt haben.
12. In anderen Fällen wurden derartige Versuche aus Gründen der nationalen Sicherheit oder
von Staatsgeheimnissen vereitelt. Die Versammlung ist der Auffassung, dass weder die
nationale Sicherheit noch Staatsgeheimnisse so pauschal und systematisch mit dem Ziel ins
Feld geführt werden dürfen, diese unrechtmäßigen Operationen einer eingehenden Prüfung
durch Parlament und Justiz zu entziehen.
13. Die Versammlung unterstreicht, dass alle Mitgliedstaaten des Europarates ihre
Verpflichtungen, derartige Behauptungen vollständig und gründlich zu untersuchen, in
großem Maße verletzt haben. Es ist nun durch zahlreiche, gut dokumentierte und
übereinstimmende Fakten zweifelsfrei nachgewiesen, dass geheime Verhaftungen und die
unrechtmäßige Verbringung von Häftlingen zwischen Staaten mit Beteiligung europäischer
Staaten erfolgten, die eingehender Untersuchungen und dringender Antworten seitens der
Exekutive und Legislative aller betreffenden Länder bedürfen.
14. Während die Versammlung in diesem Fall damit befasst war, Behauptungen zu sehr
konkreten Tatsachen zu untersuchen, kann sie andere Behauptungen betreffend die Existenz
anderer geheimer Haftanstalten in Europa, die offensichtlich ebenfalls im Zusammenhang
mit dem „Krieg gegen den Terrorismus“ eingerichtet wurden, nicht außer Acht lassen. Die
Versammlung bekundet insbesondere ihre tiefe Sorge angesichts der fortgesetzten Berichte
über geheime Verhaftungen im Nordkaukasus. Das Europäische Komitee zur Verhütung von
Folter veröffentlichte im Jahr 2003 eine öffentliche Erklärung zu diesem Thema, die
kürzlich durch neue detaillierte Zeugenaussagen und glaubhafte Anschuldigungen seitens
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 23 – Drucksache 16/3400
nichtstaatlicher Organisationen ergänzt wurde. Eine weitere ernsthafte Untersuchung und
Analyse geheimer Verhaftungen im Nordkaukasus ist eindeutig vonnöten.
15. Die Versammlung bedauert auch, dass bis vor kurzem Haftanstalten im Kosovo für das
Europäische Komitee zur Verhütung von Folter nicht zugänglich waren. Dies erscheint
umso inakzeptabler, als die Staatengemeinschaft sich in dieser Region mit dem Ziel
engagiert, die Ordnung, den Frieden und die Achtung der Menschenrechte
wiederherzustellen. Die Versammlung möchte in diesem Zusammenhang die wiederholten
Anstrengungen des Generalsekretärs des Europarates und seine klare Linie in dieser
Angelegenheit loben.
16. Die Versammlung ist der Ansicht, dass die Institution des Menschenrechtskommissars des
Europarates umfassendere Rechte erhalten sollte, damit der Menschenrechtskommissar an
allen von der Versammlung zukünftig durchgeführten Untersuchungen von
Menschenrechtsverletzungen stärker beteiligt werden kann. Sie ermutigt den
Menschenrechtskommissar des Europarates, in dieser Hinsicht eine aktive Rolle zu
übernehmen.
17. Zentrales Ziel der Versammlung ist es zu verhindern, dass sich Verletzungen, wie sie in der
vorliegenden Entschließung beschrieben sind, in Zukunft wiederholen.
18. Die Versammlung beglückwünscht daher den Generalsekretär des Europarates zur schnellen
und gründlichen Nutzung seiner Anfragenbefugnis nach Artikel 52 der EMRK.
19. Die Versammlung ruft die Mitgliedstaaten des Europarates auf,
19.1. sicherzustellen, dass eine unrechtmäßige Verbringung von Häftlingen nicht gestattet
ist und wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um Verschleppungen und
Verschleppungsflüge durch das Staatsgebiet und über den Luftraum der
Mitgliedstaaten zu verhindern;
19.2. sicherzustellen, dass niemand willkürlich auf geheime oder andere Art und Weise auf
dem Gebiet eines Mitgliedstaats oder einem Gebiet unter der faktischen Kontrolle
eines Mitgliedstaats in Haft gehalten wird;
19.3. den Rechtsrahmen, der für die Geheimdienste gilt, kritisch zu prüfen, um zum einen
ihre Effizienz zu erhöhen und zum anderen die Mechanismen der
Rechenschaftsablegung bei Missbrauch zu stärken; ferner muss es klare Regeln für
die Zusammenarbeit mit ausländischen Diensten und die Aktivitäten ausländischer
Dienste im nationalen Hoheitsgebiet geben;
19.4. zu gewährleisten, dass jede internationale Zusammenarbeit und gegenseitige
Rechtshilfe nur unter Bedingungen erfolgen, bei denen die Menschenrechte und die
einschlägigen internationalen Übereinkommen respektiert werden;
19.5. zu gewährleisten, dass die Gesetze betreffend die staatliche Sicherheit Personen, die
illegale Tätigkeiten staatlicher Organe ans Licht bringen (so genannte
Whistleblowers), vor disziplinarischen Strafmaßnahmen und strafrechtlichen
Konsequenzen schützen;
19.6. bilaterale Abkommen, die zwischen Mitgliedstaaten des Europarates und den
Vereinigten Staaten unterzeichnet wurden, zu überprüfen, insbesondere diejenigen
betreffend die Rechtsstellung in Europa stationierter amerikanischer Streitkräfte und
die Nutzung militärischer und sonstiger Infrastruktur, um zu gewährleisten, dass
Drucksache 16/3400 – 24 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
diese Abkommen in vollem Umfang den geltenden internationalen
Menschenrechtsnormen genügen;
19.7. die Vereinigten Staaten aufzufordern, ihr System geheimer Verhaftungen und der
unrechtmäßigen Verbringung von Häftlingen zwischen Staaten abzuschaffen und mit
dem Europarat bei der Schaffung gemeinsamer Instrumente zur Überwindung der
terroristischen Bedrohung in Übereinstimmung mit internationalen
Menschenrechtsnormen und der Achtung der Rechtsstaatlichkeit enger
zusammenzuarbeiten.
19.8. zu gewährleisten, dass unabhängige, unparteiische und wirksame Untersuchungen
durchgeführt werden über alle ernst zu nehmenden Beschuldigungen, dass das
Staatsgebiet, einschließlich der Flughäfen und Lufträume, in Verbindung mit
Verschleppung oder geheimer Verhaftung benutzt wurden. Diese Untersuchungen
sollten eingehend jedes Vorgehen eines Staats oder ausländischer Agenten
untersuchen, das in Verbindung steht mit Verschleppung und Gesetzen oder
Praktiken, die dieses Vorgehen möglicherweise erleichtern. Der Umfang und die
Ergebnisse dieser Untersuchung sollten öffentlich gemacht werden.
19.9. sicherzustellen, dass jede in Verbindung mit Verschleppung oder geheimer
Verhaftung begangene Menschenrechtsverletzung, auch durch Personen, die diese
Straftat unterstützt oder ihr Vorschub geleistet haben, gerichtlich verfolgt wird:
19.10. sicherzustellen, dass alle Opfer von Verschleppung oder geheimer Verhaftung
Zugang zu wirksamem Rechtsbehelf haben und rasche und angemessene
Wiedergutmachung erhalten, einschließlich Entschädigung, Rehabilitierung und
fairen und angemessenen finanziellen Ausgleich.
20. Die Versammlung ruft ferner die Vereinigten Staaten als Beobachterstaat des Europarates
und langjährige Verbündete Europas bei der Bekämpfung von Tyrannei sowie der
Verteidigung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit auf,
20.1. eine starke Botschaft an die Welt auszusenden, indem sie deutlich machen, dass der
Terrorismus durch rechtmäßige Mittel besiegt werden kann, und dadurch die
Überlegenheit des auf die Achtung der Würde des Menschen gegründeten
demokratischen Modells beweisen;
20.2. bei der Sondierung und Anwendung der wirksamsten Mittel zur Verhinderung und
Bekämpfung der terroristischen Bedrohung in Übereinstimmung mit den
internationalen Menschenrechtsnormen und der Rechtsstaatlichkeit enger
zusammenzuarbeiten,
20.3. ihre Definition von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder
erniedrigender Behandlung der Definition anzugleichen, die vom VN-Ausschuss
gegen Folter benutzt wird;
20.4. die unrechtmäßige Verbringung von Personen, die der Beteiligung am Terrorismus
verdächtig sind, und alle Zwangsrückführungen von Personen von einem Land in ein
anderes Land, in dem Folter angewandt wird oder welches das Recht auf ein faires
Gerichtsverfahren nicht garantieren kann, ungeachtet aller abgegebenen
Versicherungen, zu verbieten;
20.5. sich bei den Opfern unrechtmäßiger Verhaftungen oder Verschleppungen offiziell zu
entschuldigen und ihnen Schadensausgleich zukommen zu lassen und diejenigen, die
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25 – Drucksache 16/3400
für geheime Verhaftungen oder für im Verlaufe von Verschleppungen begangene
Menschenrechtverletzungen verantwortlich sind, vor Gericht zu bringen;
20.6. davon abzusehen, Beamte, ehemalige Beamte oder Journalisten strafrechtlich zu
verfolgen, die durch Aussagen oder andere Informationen dazu beigetragen haben,
das System unrechtmäßiger Verhaftungen und Misshandlungen ans Licht zu bringen;
20.7. gemeinsam mit europäischen Staaten ihre bilateralen Abkommen zu überprüfen, um
zu vermeiden, dass direkte oder indirekte de jure oder de facto Ausnahmen bei der
Anwendung europäischer Übereinkommen, denen Mitgliedstaaten des Europarates
als Vertragsparteien angehören, geschaffen werden.
21. Die Versammlung ruft ihren Ausschuss für Recht und Menschenrechte auf, die
Weiterverfolgung der im vorliegenden Bericht aufgeworfenen Fragen fortzusetzen und der
Versammlung - soweit angebracht - Bericht zu erstatten.
22. Die Versammlung ruft ferner ihre Mitglieder auf, in ihrem jeweiligen nationalen Parlament
auf rigorose Untersuchungen zu drängen, insbesondere in den Staaten, die keine oder nur
unzureichende Informationen zur Verfügung gestellt haben. Die Untersuchung des
Generalsekretärs nach Artikel 52 der EMRK sollte eine erste Informationsgrundlage sein,
auf der die Mitgliedstaaten aufbauen können.
23. Die Versammlung ist sich im Zusammenhang mit der laufenden Untersuchung betreffend
geheime Verhaftungen bewusst, dass sie keine Untersuchungsbefugnisse besitzt, die mit
denen bei parlamentarischen Untersuchungen in den Mitgliedstaaten vergleichbar sind,
darunter die Befugnisse zur Vorladung von Zeugen und Erzwingung der Offenlegung von
Dokumenten, und fordert die Prüfung dieser Angelegenheit.
24. Schließlich würdigt die Versammlung die wertvollen Beiträge der einschlägigen Organe der
Europäischen Union (Europäische Kommission, Europäisches Parlament und EU-
Satellitenzentrum) sowie von Eurocontrol zu dieser Untersuchung und bekräftigt zugleich
die Rolle des Europarates als Hüter der Menschenrechte, der Demokratie und der Wahrung
der Rechtsstaatlichkeit in ganz Europa.
Entschließung 1508 (2006)
4
betr.
den Beitrag der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung zur wirtschaftlichen
Entwicklung in Mittel- und Osteuropa
1. Die Parlamentarische Versammlung, die als parlamentarisches Forum der Europäischen
Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) gemäß dem Kooperationsabkommen
zwischen dem Europarat und der EBRD handelt, hat die Arbeit der Bank im Jahre 2005 in
ihren 27 ‚Ländern ihres Geschäftsbereichs’, die von Mitteleuropa bis Zentralasien reichen,
überprüft. Während die meisten Mitglied- und Beobachterstaaten des Europarates zu den
4
Versammlungsdebatte am 27. Juni 2006 (18. Sitzung) (siehe Dok. 10950, Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und
Entwicklung, Berichterstatter: Herr Bernard Schreiner). Von der Versammlung verabschiedeter Text am 27. Juni 2006
(18. Sitzung).
Drucksache 16/3400 – 26 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
wichtigsten Geber- und Empfängerländern zählen, gehören fünf Länder Zentralasiens, wo
die EBRD zunehmend aktiv ist, zur nahen Nachbarschaft des Europarates.
2. Vor fünfzehn Jahren schlossen sich der Europarat und die EBRD zusammen, um
demokratische und institutionelle Reformen, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und den
Übergang zu marktwirtschaftlich orientierten Wirtschaften in Staaten zu fördern, die hinter
dem ehemaligen „Eisernen Vorhang“ aufstrebten. Das Überwachungsverfahren des
Europarates und die jährlichen Übergangsberichte der EBRD zeigen ungleiche Fortschritte
im politischen, wirtschaftlichen und sozialen Bereich in den überprüften Ländern. Die
Parlamentarische Versammlung möchte jedoch dem wertvollen wachsenden Beitrag der
EBRD zur wirtschaftlichen Integration und zum Wirtschaftswachstum in Ost- und
Südosteuropa und in Zentralasien Anerkennung zollen, wo die Bank weiterhin der größte
institutionelle Investor ist.
3. Die Versammlung stellt mit Befriedigung fest, dass die Ergebnisse der Bank für das Jahr
2005 ihre operationellen und finanziellen Ziele erheblich übertrafen, was das qualitative
Wachstum der Tätigkeiten der Bank, ein vorsichtiges Risikomanagement und die starke
Wirtschaftsleistung der Länder ihres Geschäftsbereichs und der Finanzmärkte widerspiegelt.
Dies ist umso wichtiger in Anbetracht einer willkommenen Tendenz, in eine größere Anzahl
kleinerer, häufig komplizierterer Projekte des Privatsektors und mit einem geographischen
Schwerpunkt auf den Ländern im Süden und Osten der Region zu investieren, sowie eines
stärkeren Rückgriffs auf innovative Finanzvereinbarungen.
4. Die Versammlung begrüßt die anhaltende Diversifizierung der Operationen der EBRD und
die Stärkung der regionalen Präsenz in der Russischen Föderation, die weiterhin das bei
weitem größte Land der Geschäftstätigkeit der EBRD und das größte Empfängerland ihrer
Finanzierung ist. Indem sie als ein verlässlicher strategischer Partner in einer Zeit erhöhter
Investorenunsicherheit und als Katalysator für das Unternehmenswachstum handelt,
Verbesserungen bei der Unternehmensführung anregt und eine Leitung für Investoren bietet,
trägt die Bank dazu bei, die wirtschaftlichen Grundlagen dieses Landes und eine weitere
Integration in die Weltwirtschaft zu konsolidieren.
5. Aufgrund interethnischer Konflikte und weit verbreiteter sozialer und politischer Unruhen
waren die letzten fünfzehn Jahre außerordentlich turbulent für die Länder Südosteuropas
und des Kaukasus. Wirtschaftsreformen und neue Partnerschaften haben in dieser Region
daher nur sehr zögerliche Fortschritte gemacht. Die Beteiligung der EBRD am
Wiederaufbau und an der Unternehmensentwicklung, sei es durch eine unmittelbare
Projektfinanzierung in den betroffenen Ländern oder durch regionale Finanzierungspläne, ist
entscheidend für die Schaffung neuer wechselseitiger Abhängigkeiten, vor allem bei
Verkehr, Energie und Handel, zugunsten von dauerhafter Stabilität, Wachstum und
Wohlstand in der Region. Die Versammlung ist der Ansicht, dass eine Zusammenarbeit von
EBRD und Europäischer Union in diesen Ländern im Rahmen der Vorbeitrittsinstrumente,
der Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen und der Europäischen
Nachbarschaftspolitik der EU weiter verstärkt werden sollte.
6. Die Hälfte der Bevölkerung Armeniens, Aserbaidschans, Georgien, Kirgisiens, Moldaus,
Tadschikistans und Usbekistans, die als ‚frühe Übergangsländer’ betrachtet werden, lebt in
hoffnungsloser Armut. Die wirtschaftliche Entwicklung in diesen Ländern wurde durch das
langsame Tempo der demokratischen und rechtlichen Reformen, eine weitverbreitete
Korruption, schwache, jedoch vorherrschende staatliche Unternehmen, eine schlechte
Infrastruktur, gespaltene nationale Märkte, einen Mangel an Beschäftigungsmöglichkeiten
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 27 – Drucksache 16/3400
und niedrige Investitionen behindert. In erneuter Bekräftigung ihrer nachdrücklichen
Unterstützung der Initiative für die frühen Übergangsländer der EBRD, die als ein Multi
Donor Fund zur Bereitstellung technischer Unterstützung für den Aufbau von Fähigkeiten
und die Vorbereitung von Investitionsprojekten gestaltet wurde, ruft die Versammlung die
Geberländer der Bank auf, mehr Ressourcen für die Initiative für die frühen
Übergangsländer zur Verfügung zu stellen, um es der EBRD zu ermöglichen,
Investitionsmöglichkeiten für die Bevölkerung weiterzuführen und Reformen zugunsten der
bedürftigsten Teile der Bevölkerung zu unterstützen.
7. 2005 war ein turbulentes Jahr für die Ukraine, und das Land hat nach Auffassung der EBRD
einen entscheidenden Moment in seinem wirtschaftlichen Übergang erreicht. Während die
jüngsten Parlamentswahlen eine gestärkte Mehrparteien-Demokratie bewiesen haben, steht
die neue Führung des Landes unter Druck, in vielen Bereichen schnell zu handeln. Die
Versammlung möchte in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Zusammenarbeit
zwischen der Ukraine und der EBRD bei der Reform des Energiesektors, insbesondere der
Energieeffizienz und der atomaren Sicherheit, der Verbesserung der Unternehmensführung,
Besteuerung und Regelung, der Eindämmung der Korruption, Gewährleistung der
Transparenz der Besitzverhältnisse und der industriellen Umstrukturierung betonen. Die
Versammlung fordert alle betroffenen Parteien nachdrücklich dazu auf, ihr Äußerstes zu tun,
um eine reibungslose und rechtzeitige Umsetzung des Tschernobyl-Schutzhüllenprojekts
sicherzustellen.
8. Da die Energieintensität von Mitteleuropa bis Zentralasien drei bis sieben Mal höher ist als
der EU-Durchschnitt und die Energiekosten weiter ansteigen, ist Energieeffizienz eine
wichtige Priorität, um eine derartige Verschwendung zu bekämpfen. Ein bedeutendes Ziel
für die EBRD und ihre Kreditnehmerländer ist daher die Schaffung von Energiesystemen,
die marktwirtschaftlichen Anforderungen gerecht werden und dazu beitragen, die
Wettbewerbsfähigkeit aller Wirtschaftssektoren zu erhöhen. Dies steht insofern in engem
Zusammenhang mit der Verpflichtung der Bank gegenüber dem Umweltschutz, da sie
Projekte finanziert, die zur Verbesserung der Qualität der Energiedienstleistungen
ausgerichtet sind, unter Minimierung aller negativer Auswirkungen auf die Umwelt. Die
Versammlung sieht der bevorstehenden Veröffentlichung ihrer überarbeiteten
Energiestrategie durch die Bank erwartungsvoll entgegen, wie auch einem erwarteten
Anstieg von mehr als 50% innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren der Investitionen der
EBRD in Energieeffizienz- und erneuerbare Energieprojekte.
9. Die Landwirtschaft ist für viele Kreditnehmerländer der EBRD weiterhin von
entscheidender Bedeutung aufgrund des Beitrags dieses Sektors zur Anhebung der
Einkommen und der Bereitstellung einer nachhaltigen Lebensgrundlage in ländlichen
Gebieten, in denen zwischen ein und zwei Drittel der Bevölkerung der Region leben, sowie
aufgrund ihres Potenzials zur Steigerung des BIP und des Exportanstiegs, der Beschäftigung
und der Importsubstitution. Die Kreditpläne der EBRD für den ländlichen Raum, ihre
Unterstützung für Leasingeinrichtungen und Politikberatung sind besonders in Ländern, die
der Europäischen Union nicht angehören, von großem Wert. Es ist daher wichtig, dass die
EBRD auf diesem Gebiet mit ihren wichtigsten institutionellen Partnern wie der Weltbank,
der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen und der
Mitteleuropäischen Initiative beharrlich weitermacht.
10. Die Studie 2005 der EBRD in Partnerschaft mit der Weltbank über Unternehmensumfeld
und Unternehmensleistung in den Ländern ihres Geschäftsbereichs bietet nützliche
Einsichten für Politiker im Hinblick auf die Beschränkungen für Wachstum und
Drucksache 16/3400 – 28 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Entwicklung. Steuerprobleme, Zugang zu Finanzierung und die volkswirtschaftliche
Instabilität scheinen die drei wichtigsten Hindernisse für Unternehmen in reifen und in
Übergangswirtschaften zu sein. Die Versammlung ersucht ihre betroffenen Mitgliedstaaten,
diesen Fragen beim politischen Dialog mit der EBRD besondere Beachtung zu schenken.
Entschließung 1509 (2006)
5
betr.
die Menschenrechte irregulärer Einwanderer
1. Die Parlamentarische Versammlung ist über die ständig anwachsende Zahl irregulärer
Einwanderer in Europa zutiefst besorgt.
2. Jeder Mitgliedstaat des Europarates hat das Recht, die Einreise ausländischer Staatsbürger
zu regulieren und irreguläre Einwanderer in Übereinstimmung mit dem internationalen
Recht der Menschenrechte in ihr Herkunftsland abzuschieben.
3. Zahlreiche irreguläre Einwanderer verlieren bei dem Versuch, nach Europa zu gelangen, ihr
Leben. Viele derjenigen, die die Einreise schaffen, leben unter gefährlichen und
unmenschlichen Bedingungen. Eine große Zahl von ihnen wird ausgebeutet, und viele leben
in der Angst, festgenommen und in ihr Herkunftsland zurückgeschickt zu werden.
4. Wir müssen zu der Erkenntnis gelangen, dass es immer eine bestimmte Anzahl irregulärer
Einwanderer in Europa geben wird, welche Politik die Regierungen auch beschließen
mögen, um ihre Einreise zu verhindern oder sie schnell wieder abzuschieben.
5. Die Versammlung ist der Auffassung, dass internationale Menschenrechtinstrumente zuerst
einmal auf alle Personen unbeschadet ihrer Staatsangehörigkeit oder ihres Status anwendbar
sind. Irreguläre Einwanderer sind angesichts ihrer oft gefährdeten Situation besonders auf
den Schutz ihrer Menschenrechte unter Einschluss grundlegender bürgerlicher und
politischer Rechte sowie sozialer und wirtschaftlicher Rechte angewiesen.
6. Die Versammlung ist der Auffassung, dass die dringende Notwendigkeit besteht, im
Hinblick auf die Rechte irregulärer Einwanderer für Klarheit zu sorgen, auch wenn dies für
die Mitgliedstaaten des Europarates eine zugleich schwierige und heikle Frage ist.
7. Die Versammlung bevorzugt an Stelle anderer Bezeichnungen wie „illegaler Einwanderer“
oder „Einwanderer ohne Papiere“ den Begriff „irregulärer Einwanderer“. Diese
Bezeichnung ist neutraler und bringt zum Beispiel nicht die Stigmatisierung wie bei
Verwendung des Wortes „illegal“ mit sich. Der Begriff wird außerdem immer mehr von
internationalen Organisationen, die sich mit Migrationsfragen beschäftigen, bevorzugt.
8. In Bezug auf die Rechte irregulärer Einwanderer gibt es kein einheitliches Rechtsinstrument.
Das am ehesten zutreffende internationale Instrument ist das Internationale Übereinkommen
der Vereinten Nationen über den Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer
Familienangehörigen (1990). Es wurde jedoch bisher erst von drei Mitgliedstaaten des
Europarates – von Aserbaidschan, Bosnien-Herzegowina und der Türkei – ratifiziert.
5
Versammlungsdebatte am 27. Juni 2006 (18. Sitzung) (siehe Dok. 10924, Bericht des Ausschusses für
Wanderbewegungen, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen, Berichterstatter: Herr van Thijn). Von der Versammlung
verabschiedeter Text am 27. Juni 2006 (18. Sitzung).
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 29 – Drucksache 16/3400
9. Die Versammlung stellt fest, dass viele andere internationale und europäische Rechts-
instrumente Bestimmungen enthalten, die zur Gewährleistung von Mindestrechten für
irreguläre Einwanderer herangezogen werden können. Einige Beispiele sind die Allgemeine
Erklärung der Menschenrechte (1948), der Internationale Pakt über bürgerliche und
politische Rechte (1966), der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle
Rechte (1966), das Übereinkommen über die Rechte des Kindes (1989), das Internationale
Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (1965), das IAO-
Übereinkommen 143 über Wanderarbeitnehmer (1975), die Europäische Menschenrechts-
konvention (1950), die Europäische Sozialcharta (1961), die überarbeitete Sozialcharta
(1996) und die Konvention des Europarates gegen Menschenhandel (2005).
10. Die Versammlung stellt allerdings fest, dass die Vielzahl sehr verschieden gearteter Rechts-
instrumente und der unterschiedliche Unterzeichnungs- und Ratifizierungsstand
Unsicherheit über die für irreguläre Einwanderer geltenden Mindestrechte hinterlassen.
11. Es sollte möglich sein, eine Reihe von bürgerlichen und politischen sowie von
wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Mindestrechten herauszuarbeiten, die von den
Mitgliedstaaten des Europarates zu Gunsten irregulärer Einwanderer anzuwenden sind.
12. Bei den bürgerlichen und politischen Rechten ist die Versammlung der Auffassung, dass die
Europäische Menschenrechtskonvention einen Mindestschutz bietet und stellt fest, dass die
Konvention von ihren Vertragsparteien Maßnahmen zur wirksamen Vorbeugung gegen
Menschenrechtsverletzungen im Hinblick auf gefährdete Personen wie irreguläre
Einwanderer verlangt. Folgende Mindestrechte verdienen es, hervorgehoben zu werden:
12.1. Das Recht auf Leben sollte wahrgenommen und beachtet werden. Es sollte keine
unvertretbare Gewalt angewandt werden, um die Einreise von Nichtinländern in
einen Staat zu verhindern und die Behörden sind verpflichtet, den Versuch zu
unternehmen, Personen zu retten, deren Leben bei dem Versuch der Einreise in einen
Staat in Gefahr kommen kann;
12.2. Irreguläre Einwanderer sollten vor Folter, unmenschlicher oder erniedrigender
Behandlung oder Strafe geschützt sein. Die Abschiebung regulärer Einwanderer
sollte unter uneingeschränkter Achtung ihres Rechts auf die Würde des Rückkehrers
erfolgen, wobei unter anderem das Alter, das Geschlecht, der Gesundheitszustand
und eventuelle Behinderungen des Abzuschiebenden zu berücksichtigen sind.
Zwangsmaßnahmen während der Abschiebung sollten sich auf das absolute
Minimum beschränken;
12.3. Irreguläre Einwanderer sollten vor Sklaverei und Zwangsarbeit geschützt werden,
und Opfer des Menschenhandels sollten entsprechend der Konvention des
Europarates gegen Menschenhandel (ETS 197) spezifische Rechte erhalten;
12.4. Eine Inhaftierung irregulärer Einwanderer sollte nur als letztes Mittel und nicht für
eine übermäßige Zeitdauer erfolgen. Soweit erforderlich sollten irreguläre
Einwanderer in besonderen Haftanstalten und nicht zusammen mit verurteilten
Häftlingen verwahrt werden. Kinder sollten nur als letztes Mittel und auch dann nur
für den kürzesten vertretbaren Zeitraum in Haft genommen werden. Eine
Inhaftierung oder Festnahme anderer gefährdeter Personen (schwangere Frauen,
Mütter mit Kleinkindern, alte Menschen, Behinderte) ist nach Möglichkeit zu
vermeiden. Es sollten geeignete Wohnmöglichkeiten vorhanden sein, um Familien
gemeinsam unterzubringen, doch sollten Männer und Frauen voneinander getrennt
unterkommen. Häftlinge sollten das Recht haben, sich mit jeder Person ihrer Wahl
(Anwälte, Angehörige, NRO, UNHCR usw.) in Verbindung zu setzen, und Zugang
Drucksache 16/3400 – 30 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
zu angemessener ärztlicher Versorgung sowie, soweit erforderlich, zu einem
Dolmetscher und kostenlosem rechtlichem Beistand erhalten;
12.5. Die Inhaftierung irregulärer Einwanderer muss gerichtlich genehmigt werden. Es
sollte eine unabhängige richterliche Prüfung der Rechtmäßigkeit und Notwendigkeit
der weiteren Inhaftierung zur Verfügung stehen. Häftlinge sollten ausdrücklich,
unverzüglich und in einer für sie verständlichen Sprache über ihre Rechte und die für
sie geltenden Verfahren informiert werden. Sie sollten das Recht haben, ein Gericht
anzurufen, um die Rechtmäßigkeit ihrer Inhaftierung zügig anzufechten;
12.6. In Haft befindliche irreguläre Einwanderer haben darüber hinaus das Recht, sich mit
den konsularischen Vertretungen ihres Herkunftslands in Verbindung zu setzen und
von den Behörden des Staats, in dem sie inhaftiert sind, über ihre Rechte nach der
Wiener Konvention über konsularische Beziehungen von 1963 informieren zu
lassen;
12.7. Personen, denen das Recht auf Einreise in ein Land bestritten wird, sollten einen
Anspruch auf eine Anhörung in Gegenwart eines Dolmetschers erhalten, damit sie
ihre Einreisegründe erklären und gegebenenfalls einen Asylantrag stellen können;
12.8. Das Recht auf Asyl und non refoulement ist zu achten;
12.9. Ein irregulärer Einwanderer, der abgeschoben wird, sollte Anspruch auf wirksame
Rechtsmittel vor einer zuständigen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben.
Das Rechtsmittel sollte aufschiebende Wirkung haben, wenn der Abzuschiebende
glaubhaft machen kann, dass er im Falle der Abschiebung eine Behandlung erfahren
würde, die seinen Menschenrechten zuwiderlaufen würde. Dolmetscher und
rechtlicher Beistand sollten zur Verfügung stehen;
12.10. Ein irregulärer Einwanderer, der aus einem Land abgeschoben wird, hat das Recht
auf effektiven Zugang zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, indem er
bei dem Gerichtshof einen Antrag gemäß Artikel 34 der Europäischen
Menschenrechtskonvention stellt;
12.11. Eine Massenabschiebung von Ausländern einschließlich irregulärer Einwanderer ist
verboten;
12.12. Das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens sollte gewahrt bleiben. Eine
Abschiebung sollte nicht erfolgen, wenn der reguläre Einwanderer besonders starke
familiäre oder gesellschaftliche Bindungen zu dem Land unterhält, dass ihn
abzuschieben gedenkt, und die Abschiebung dürfte zu dem Schluss führen, dass eine
Ausweisung gegen das Recht des Betreffenden auf ein Privat- und Familienleben
verstoßen würde;
12.13. Das Recht auf vertrauliche Behandlung von Angaben über irreguläre Einwanderer
sollte gewahrt bleiben. Informationen, z. B. über einen Asylantrag, sollten von dem
Aufnahmeland nicht den Behörden des Herkunftslandes verfügbar gemacht werden;
12.14. Politische Tätigkeiten von Ausländern können zwar bestimmten Einschränkungen
unterworfen werden, doch sollte die Einschränkung der Versammlung-,
Vereinigungs- und Meinungsfreiheit nicht über das vernünftigerweise notwendige
Maß hinausgehen;
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 31 – Drucksache 16/3400
12.15. Irreguläre Einwanderer haben das Recht zu heiraten, und es sollten keine absoluten
Schranken errichtet werden, um sie an einer Heirat zu hindern;
12.16. Irreguläre Einwanderer sollten Anspruch auf Schutz ihres Eigentums haben. Sie
sollten in der Lage sein, dieses zu verwalten oder zu veräußern, auch über
Einrichtungen der Banken, die eine Überweisung von Einnahmen und Ersparnissen
ermöglichen;
12.17. Irreguläre Einwanderer dürfen nach Artikel 14 der Europäischen Menschenrechts-
konvention und gemäß Protokoll Nr. 12 der Konvention nicht diskriminiert werden;
12.18. Es sollte, wenn die Einreise erlaubt oder verweigert wird, bei der Genehmigung
eines Aufenthalts oder der Abschiebung eines irregulären Einwanderers keine
Diskriminierung aufgrund der Rasse oder der ethnischen Zugehörigkeit geben.
13. Im Hinblick auf die wirtschaftlichen und sozialen Rechte ist die Versammlung der
Auffassung, dass u.a. folgende Mindestrechte gelten sollten:
13.1. irregulären Einwanderern sollten eine angemessene, menschenwürdige
Unterbringung und Beherbergung geboten werden;
13.2. irregulären Einwanderern sollte die medizinische Notfallversorgungen offen stehen,
und die Staaten sollten bestrebt sein, eine ganzheitlichere Gesundheitsversorgung
sicherzustellen, bei der insbesondere die spezifischen Erfordernisse gefährdeter
Gruppierungen wie Kinder, Behinderte, Schwangere und alte Menschen
Berücksichtigung finden;
13.3. der soziale Schutz über ein System der sozialen Sicherheit sollte irregulären
Einwanderern nicht verweigert werden, wenn er erforderlich ist, um Armut zu
lindern und die Menschenwürde zu wahren. Kinder sind besonders gefährdet und
sollten in dem gleichen Maße wie Kinder des jeweiligen Landes Anspruch auf
sozialen Schutz haben;
13.4. irreguläre Einwanderer, die Sozialversicherungsbeiträge gezahlt haben, sollten in den
Genuss dieser Beiträge gelangen oder diese erstattet bekommen, zum Beispiel, wenn
sie aus dem Land ausgewiesen werden;
13.5. was berufstätige irreguläre Einwanderer angeht, sollten diese Anspruch auf
angemessene Löhne, vertretbare Arbeitsbedingungen, Zahlungen bei Unfällen,
Zugang zu Gerichten zur Verteidigung ihrer Rechte sowie die Freiheit haben, eine
Gewerkschaft zu bilden und dieser beizutreten. Jeder Arbeitgeber, der diese
Bedingungen nicht erfüllt, sollte von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten
streng verfolgt werden;
13.6. alle Kinder haben Anspruch auf Schulbildung auf Grundschulniveau sowie darüber
hinaus bis zur Sekundarstufe in Ländern, in denen dieser Schulbesuch Pflicht ist. In
der Schule sollten ihre Kultur und ihre Sprache gepflegt werden, und sie sollten
Anspruch auf Anerkennung des von ihnen erreichten Leistungsniveaus in
Befähigungsnachweisen haben;
13.7. alle Kinder, aber auch andere gefährdete Gruppen wie alte Menschen, allein
erziehende Mütter und generell ledige Mädchen und Frauen sollten besonderen
Schutz erhalten und entsprechende Beachtung finden.
14. Dementsprechend bittet die Parlamentarische Versammlung die Regierungen der Mitglied-
staaten des Europarates,
Drucksache 16/3400 – 32 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
14.1. die einschlägigen Menschenrechtsinstrumente, die zum Schutz der Rechte irregulärer
Einwanderer beitragen, zu unterzeichnen und zu ratifizieren, sofern dies noch nicht
geschehen ist, darunter die Internationale Konvention der Vereinten Nationen über
die Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Angehörigen (1990), den
Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (1966), den
Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (1966), das
Übereinkommen über die Rechte des Kindes (1989), das Internationale
Übereinkommen über die Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung
(1965), die IAO-Konvention 143 über Wanderarbeitnehmer (1975), die Europäische
Menschenrechtskonvention (1950), die Europäische Sozialcharta (1961)
einschließlich ihres Zusatzprotokolls, das ein System für Sammelklagen vorsieht
(1995), die überarbeitete Sozialcharta (1996) und das Übereinkommen des
Europarates gegen Menschenhandel (2005).
15. Auf der Grundlage der in den internationalen Menschenrechtsinstrumenten enthaltenen und
irreguläre Einwanderer betreffenden Grundsätze bittet die Versammlung die Regierungen
der Mitgliedstaaten des Europarates, das Mindestmaß an bürgerlichen und politischen sowie
sozialen und wirtschaftlichen Rechten zu gewährleisten, die in dieser Entschließung
umrissen werden.
16. Die Parlamentarische Versammlung bittet darüber hinaus die Regierungen der
Mitgliedstaaten des Europarates, dafür Sorge zu tragen, dass irreguläre Einwanderer in der
Praxis in den Genuss ihrer Mindestrechte gelangen, unter anderem durch
16.1. Steigerung des Bewusstseins der Rechte irregulärer Einwanderer;
16.2. bessere Bewusstmachung der Lage, in der irreguläre Einwanderer leben und welchen
Schwierigkeiten und Formen der Ausbeutung sie sich gegenüber sehen;
16.3. Verzicht auf eine Kriminalisierung der von Vertretern der Zivilgesellschaft für
irreguläre Einwanderer geleisteten humanitären Hilfe;
16.4. Aufhebung der Verpflichtung bestimmter Stellen (z.B. von Schulbehörden, Ärzten
und Gesundheitsbehörden), den irregulären Status von Einwanderern zu melden, um
eine Situation zu vermeiden, in der irreguläre Einwanderer nicht ihre Rechte
einfordern, weil sie befürchten, als irreguläre Einwanderer erkannt und abgeschoben
zu werden;
16.5. Prüfung aller entsprechenden Mittel zur Regularisierung der Lage irregulärer Ein-
wanderer, wenn es Gründe dafür gibt, weshalb irreguläre Einwanderer nicht in ihr
Herkunftsland zurückgeschickt werden können oder sollten;
16.6. Förderung freiwilliger Rückkehrprogramme für irreguläre Einwanderer und
Vorname von Zwangsrückführungen nur als letztes Mittel und in Übereinstimmung
mit den 20 Leitlinien für Zwangsrückführungen, die im Mai 2005 von dem
Ministerkomitee angenommen wurden;
16.7. Sicherstellung der Verfügbarkeit eines nichtgerichtlichen Menschenrechtsschutzes,
unter anderem durch nationale oder lokale Ombudspersonen oder andere
vergleichbare Stellen zusätzlich zu dem gerichtlichen Schutz.
17. Die Versammlung bittet außerdem die Mitgliedstaaten des Europarates, den Sonder-
berichterstatter der Vereinten Nationen für die Menschenrechte von Einwanderern bei seiner
Arbeit zu unterstützen.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 33 – Drucksache 16/3400
18. Die Versammlung bittet darüber hinaus den Menschenrechtskommissar des Europarates, die
Frage der Rechte irregulärer Einwanderer bei seinen Kontakten mit Staaten und nationalen
Ombudspersonen anzuschneiden und ersucht ihn, den Rechten dieser Einwanderer in seinen
einzelnen Länderberichten wie auch in den Themenberichten Vorrang zu geben.
Entschließung 1510 (2006)
6
betr.
die Meinungsfreiheit und die Achtung religiöser Überzeugungen
1. Die Parlamentarische Versammlung des Europarates bekräftigt erneut, dass es keine
demokratische Gesellschaft ohne das grundlegende Recht auf Meinungsfreiheit geben kann.
Die Fortschritte der Gesellschaft und die Entwicklung jedes Einzelnen hängen ab von der
Möglichkeit, Informationen und Ideen zu erhalten und mitzuteilen. Diese Freiheit ist nicht
nur anwendbar auf Äußerungen, die günstig aufgenommen oder als nicht beleidigend
erachtet werden, sondern auch auf solche, die den Staat oder irgendeinen
Bevölkerungssektor schockieren, beleidigen oder stören könnten, gemäß Artikel 10 der
Europäischen Menschenrechtskonvention.
2. Die Freiheit des Denkens, des Gewissens und der Religion stellt eine notwendige
Voraussetzung für eine demokratische Gesellschaft dar sowie eine der wesentlichen
Freiheiten des Einzelnen zur Bestimmung seiner Auffassung vom menschlichen Leben und
von der Gesellschaft. Gewissen und Religion sind ein grundlegender Bestandteil der
menschlichen Kultur. Sie sind in diesem Sinne nach Artikel 9 der Europäischen
Menschenrechtskonvention geschützt.
3. Gedankenfreiheit und Meinungsfreiheit in einer demokratischen Gesellschaft müssen jedoch
eine offene Debatte über Fragen der Religion und des Glaubens erlauben. Die Versammlung
verweist diesbezüglich auf ihre Empfehlung 1396 (1999) betr. Religion und Demokratie.
Moderne demokratische Gesellschaften setzen sich aus Einzelpersonen mit
unterschiedlichen Glaubensbekenntnissen und Überzeugungen zusammen. Angriffe auf
Einzelpersonen aufgrund ihrer Religion oder Rasse können nicht gestattet werden, doch
Blasphemiegesetze sollten zur Einschränkung der Meinungs- und Gedankenfreiheit nicht
angewandt werden.
4. Die Versammlung unterstreicht die kulturelle und religiöse Verschiedenheit ihrer
Mitgliedstaaten. Christen, Moslems, Juden und Mitglieder vieler anderer Religionen sind in
Europa zu Hause, ebenso wie Menschen ohne jede Religion. Die Religionen haben zu den
geistigen und moralischen Werten, Idealen und Grundsätzen beigetragen, die das
gemeinsame Erbe Europas bilden. Die Versammlung betont in dieser Hinsicht Artikel 1 der
Satzung des Europarates, der festlegt, dass es das Ziel des Europarates ist, einen engeren
Zusammenschluss unter seinen Mitgliedern zu erzielen, um die Ideale und Grundsätze, die
ihr gemeinsames Erbe sind, zu schützen und zu verwirklichen.
6
Versammlungsdebatte am 28. Juni 2006 (19. Sitzung) (siehe Dok. 10970, Bericht des Ausschusses für Kultur,
Wissenschaft und Bildung, Berichterstatterin: Frau Sinikka Hurskainen). Von der Versammlung am 28. Juni 2006
verabschiedeter Text (19. Sitzung).
Drucksache 16/3400 – 34 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
5. Die Versammlung unterstreicht ihre Verpflichtung im Hinblick auf die Gewährleistung, dass
die kulturelle Vielfalt zu einer Quelle gegenseitiger Bereicherung anstatt von Spannungen
wird durch einen echten und offenen Dialog zwischen den Kulturen auf der Grundlage
gegenseitigen Verständnisses und gegenseitiger Achtung. Das Gesamtziel sollte die
Erhaltung der Vielfalt in offenen und einbeziehenden Gesellschaften sein, die sich auf
Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit stützen, durch die Förderung der
Kommunikation und die Verbesserung der Fähigkeiten und des Wissens, die für ein
friedliches und konstruktives Zusammenleben in den europäischen Gesellschaften, zwischen
den europäischen Ländern sowie zwischen Europa und seinen Nachbarregionen erforderlich
sind.
6. Reaktionen auf als negativ wahrgenommene Bilder, die durch Bücher, Filme, Karikaturen,
Zeichnungen und über das Internet verbreitet werden, haben vor kurzem weit verbreitete
Diskussionen darüber ausgelöst, ob und bis zu welchem Maße die Achtung religiöser
Überzeugungen die Meinungsfreiheit einschränken sollte. Es wurden auch Fragen im
Hinblick auf die Verantwortung der Medien, Selbstregulierung und Selbstzensur
aufgeworfen.
7. Die Geschichte der Gotteslästerung ist lang. Die Versammlung erinnert daran, dass Gesetze,
die Gotteslästerung und Kritik an religiösen Praktiken und Dogmen unter Strafe stellten,
häufig negative Auswirkungen auf den wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt
hatten. Mit der Aufklärung begann sich die Lage zu ändern und machte weitere Fortschritte
in Richtung auf eine Säkularisierung. Moderne demokratische Gesellschaften tendieren
dazu, säkulär und mehr an den Freiheiten des Einzelnen interessiert zu sein. Die jüngste
Debatte über die dänischen Karikaturen hat die Frage dieser beiden Auffassungen
aufgeworfen.
8. In einer demokratischen Gesellschaft ist es religiösen Gemeinschaften erlaubt, sich nach den
Menschenrechtsgesetzen und –normen gegen Kritik oder Spott zu verteidigen. Die Staaten
sollten Informationen und Bildung über die Religionen unterstützen, um ein besseres
Bewusstsein über die Religionen und einen kritischen Geist bei ihren Bürgern zu entwickeln
im Einklang mit Empfehlung 1720 (2005) der Versammlung betr. Bildung und Religion.
Die Staaten sollten auch solide Strategien einschließlich angemessener rechtlicher und
gerichtlicher Maßnahmen zur Bekämpfung von religiöser Diskriminierung und Intoleranz
entwickeln und energisch umsetzen.
9. Die Versammlung erinnert auch daran, dass die kritische Streitkultur und die künstlerische
Freiheit über eine lange Tradition in Europa verfügen und dass sie als positiv und sogar als
notwendig für den Fortschritt des Einzelnen und der Gesellschaft gesehen werden. Nur
totalitäre Machtsysteme fürchten sich vor ihnen. Kritischer Streit, Humor und künstlerischer
Ausdruck sollten sich daher eines weiteren Ausmaßes an Meinungsfreiheit erfreuen, und der
Gebrauch von Übertreibung sollte nicht als Provokation gesehen werden.
10. Menschenrechte und Grundfreiheiten sind universal anerkannt, insbesondere nach der
Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und den Konventionen der Vereinten Nationen.
Die Anwendung dieser Rechte ist jedoch nicht allgemein einheitlich. Die Versammlung
sollte die Senkung dieser Standards bekämpfen. Die Versammlung begrüßt die Initiative des
Generalsekretärs der Vereinten Nationen im Hinblick auf ein Bündnis der Zivilisationen, das
darauf abzielt, konzertierte Aktionen auf institutioneller und zivilgesellschaftlicher Ebene
anzuregen, um Vorurteile, falsche Auffassungen und Polarisierungen zu überwinden. Ein
echter Dialog kann nur dann stattfinden, wenn es eine echte Achtung und ein echtes
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 35 – Drucksache 16/3400
Verständnis anderer Kulturen und Gesellschaften gibt. Werte wie die Wahrung der
Menschenrechte, der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind das Ergebnis der kollektiven
Weisheit, des Gewissens und der Fortschritte der Menschheit. Die Aufgabe ist es, die
Wurzeln dieser Werte in den verschiedenen Kulturen zu identifizieren.
11. Wann immer es erforderlich ist, ein Gleichgewicht zwischen Menschenrechten herzustellen,
die in einem besonderen Fall miteinander in Konflikt stehen, besitzen die nationalen
Gerichte und die nationalen Gesetzgeber einen Einschätzungsspielraum. In dieser Hinsicht
befand der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass, obgleich es wenig Spielraum
für Einschränkungen der politischen Rede oder der Diskussion von Fragen von öffentlichem
Interesse gibt, im allgemeinen ein weiterer Einschätzungsspielraum bei der Regelung der
Meinungsfreiheit im Hinblick auf Belange besteht, welche vertrauliche persönliche
moralische Überzeugungen oder die Religion voraussichtlich verletzen. Was vermutlich eine
beträchtliche Beleidigung für Menschen einer bestimmten religiösen Überzeugung darstellt,
unterscheidet sich beträchtlich von Zeit zu Zeit und von Ort zu Ort.
12. Die Versammlung ist der Meinung, dass die nach Artikel 10 der Europäischen
Menschenrechtskonvention geschützte Meinungsfreiheit nicht weiter eingeschränkt werden
sollte, um den zunehmenden Empfindlichkeiten bestimmter religiöser Gruppen zu
entsprechen. Gleichzeitig betont die Versammlung, dass Hassreden gegen religiöse Gruppen
nicht vereinbar sind mit den Grundrechten und Grundfreiheiten, die von der Konvention und
dem Fallrecht des Gerichtshofes garantiert werden.
13. Die Versammlung ruft die Parlamente in den Mitgliedstaaten auf, Diskussionen über die
Meinungsfreiheit und die Achtung religiöser Überzeugungen zu führen, und ruft die
Mitglieder dazu auf, der Versammlung über die Ergebnisse dieser Diskussionen Bericht zu
erstatten.
14. Die Versammlung ermutigt die religiösen Gemeinschaften in Europa, die Meinungsfreiheit
und die Achtung religiöser Überzeugungen in ihrer eigenen Gemeinschaft zu diskutieren
und einen Dialog mit anderen religiösen Gemeinschaften zu führen, um ein gemeinsames
Verständnis und einen Verhaltenskodex für religiöse Toleranz zu entwickeln, der in einer
demokratischen Gesellschaft erforderlich ist.
15. Die Versammlung ruft auch die Medienfachleute und ihre Berufsorganisationen auf, die
Ethik der Medien im Hinblick auf religiöse Überzeugungen und Empfindlichkeiten zu
diskutieren. Die Versammlung ermutigt die Schaffung von Pressebeschwerdestellen,
Medien-Ombudsmännern oder anderen Selbstregulierungsgremien, wo diese noch nicht
existieren, welche mögliche Abhilfen für Beleidigungen von religiösen Überzeugungen
diskutieren sollten.
16. Die Versammlung ermutigt den interkulturellen und interreligiösen Dialog auf der
Grundlage der allgemeinen Menschenrechte unter Einbeziehung - auf der Grundlage der
Gleichheit und der gegenseitigen Achtung - der Zivilgesellschaft sowie der Medien zur
Förderung von Toleranz, Vertrauen und gegenseitigem Verständnis, die für den Aufbau
kohärenter Gesellschaften und die Stärkung des internationalen Friedens und der weltweiten
Sicherheit von entscheidender Bedeutung sind.
17. Die Versammlung ermutigt die Organe des Europarates, aktiv auf die Verhinderung von
Hassreden hinzuarbeiten, die gegen verschiedene religiöse und ethnische Gruppen gerichtet
sind.
Drucksache 16/3400 – 36 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
18. Die Versammlung beschließt, auf diese Frage zurückzukommen auf der Grundlage eines
Berichts über Gesetze gegen Gotteslästerung, religiöse Beleidigungen und Hassreden gegen
Menschen aufgrund ihrer Religion, nach Erstellung einer Bestandsaufnahme der
verschiedenen Ansätze in Europa, welche die Anwendung der Europäischen
Menschenrechtskonvention, die Berichte und Empfehlungen der Europäischen Kommission
gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) und der Venedigkommission sowie die Berichte des
Menschenrechtskommissars des Europarates einschließt.
Entschließung 1511 (2006)
7
betr.
Wanderbewegungen, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen im Rahmen des Dritten Gipfels
des Europarates der Staats- und Regierungschefs (Warschau, 16.-17. Mai 2005)
1. Die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten des Europarates verabschiedeten auf
ihrem Dritten Gipfel in Warschau am 16. und 17. Mai 2005 eine Erklärung und einen
Aktionsplan, der die grundlegenden Aufgaben des Europarates für die nächsten Jahre
festlegte.
2. Die Parlamentarische Versammlung hat die Warschauer Erklärung und den Warschauer
Aktionsplan bereits begrüßt und ist verpflichtet, zur Umsetzung des Aktionsplans in den
verschiedenen Bereichen ihres Zuständigkeitsbereichs, einschließlich Wanderbewegungen,
Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen, beizutragen.
3. Die Versammlung erkennt an, dass die Notwendigkeit besteht, ihre Aktivitäten auf dem
Gebiet der Wanderbewegungen, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen neu zu orientieren,
um der sich entwickelnden Rolle des Europarates im Lichte der politischen,
menschenrechtlichen und demokratischen Herausforderungen, vor denen man in Europa
steht, Rechnung zu tragen.
4. Die Versammlung beabsichtigt, im Lichte der in der Warschauer Erklärung und des
Warschauer Aktionsplans niedergelegten Prioritäten ihre Aktivitäten auf dem Gebiet der
Wanderbewegungen, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen auf folgende prioritäre Aktionen
zu konzentrieren:
4.1. die Stärkung der Rechte der Migranten, Flüchtlinge, Asylsuchenden und
Vertriebenen und die Gewährleistung, dass der sie betreffende rechtliche Rahmen
ihre Rechte umfassend wahrt und die Kernwerte des Europarates aufrecht erhält;
4.2. die Förderung des interkulturellen Dialogs und der Toleranz und die Gewährleistung
der Integration von Einwanderergemeinschaften in ihre Gastgesellschaften;
4.3. die Bewältigung der Migration, darunter der regulären und der irregulären, unter
Gewährleistung eines effektiven Zugangs zu einem fairen Asylverfahren für
7
Versammlungsdebatte am 28. Juni 2006 (20. Sitzung) (siehe Dok. 10868, Bericht des Ausschusses für
Wanderbewegungen, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen, Berichterstatter: Herr Hagberg). Von der Versammlung am
28. Juni 2006 verabschiedeter Text (20. Sitzung).
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 37 – Drucksache 16/3400
Personen, die internationalen Schutz benötigen sowie unter Wahrung der
unterschiedlichen Bedürfnisse der Herkunfts-, Transit- und Zielländer.
5. Die Versammlung beabsichtigt, ihre Zusammenarbeit mit externen Partnern zu verstärken,
die auf dem Gebiet der Wanderbewegungen, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen tätig
sind. Sie wird in dieser Hinsicht
5.1. eng mit den Herkunfts-, Transit- und Zielländern zusammenarbeiten unter Nutzung
Parlamentarischer Foren für Migration wie die für den Mittelmeer-, den asiatischen
und den amerikanischen Raum;
5.2. die Zusammenarbeit mit den nationalen Parlamenten ausweiten, insbesondere mit
den zuständigen Ausschüssen, durch den Austausch relevanter Informationen und die
Durchführung gemeinsamer Veranstaltungen, wo immer dies möglich ist;
5.3. die Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament (EP) aufbauen, insbesondere
mit seinem Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, durch den
Austausch von Informationen, die Durchführung gemeinsamer Sitzungen und die
Teilnahme an besonderen Aktivitäten;
5.4. ihre Beziehungen zu relevanten Agenturen der Vereinten Nationen, darunter unter
anderem dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR), der
Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) und dem Amt der Vereinten Nationen für
humanitäre Angelegenheiten (OCHA) stärken durch regelmäßige Kontakte, die
Teilnahme an Aktivitäten und die Ausarbeitung gezielter Berichte über die
institutionellen Aktivitäten dieser Organisationen, die für die Parlamentarische
Versammlung relevant sind;
5.5. eine weitere Zusammenarbeit, Konsultation und Transparenz mit einer Reihe anderer
Regierungs- und Nichtregierungsorgansiationen anstreben, darunter der
Internationalen Organisation für Wanderung (IOM), dem Internationalen Komitee
vom Roten Kreuz (IKRK), dem Internationalen Verband der nationalen Rotkreuz
und Roter-Halbmond-Gesellschaften, Gewerkschafts- und Arbeitgebervertretern
sowie nationalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen.
6. Die Versammlung beabsichtigt, ihre Beziehungen zu anderen Sektoren des Europarates zu
stärken, die sich mit Fragen im Hinblick auf Wanderbewegungen, Flüchtlings- und
Bevölkerungsfragen beschäftigen, insbesondere über eine aktive Beteiligung an der
sekretariatsübergreifenden Task Force für Migration, durch die Einladung an relevante
zwischenstaatliche Ausschüsse und andere Organe des Europarates, sich an der Arbeit der
relevanten Ausschüsse der Parlamentarischen Versammlung zu beteiligen sowie durch das
Spielen einer aktiven Rolle bei den regelmäßigen Sitzungen der vom Ministerkomitee
eingesetzten Politischen Plattform für Migration.
Drucksache 16/3400 – 38 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Entschließung 1512 (2006)
8
betr.
die Einigkeit der Parlamente bei der Bekämpfung häuslicher Gewalt gegen Frauen
1. Die Versammlung beklagt das Aufleben häuslicher Gewalt gegen Frauen in Europa, ein
Problem, von dem jeder einzelne Mitgliedstaat des Europarates betroffen ist und wodurch es
zu schwer wiegenden Menschenrechtsverletzungen kommt. Sie betont, dass häusliche
Gewalt keine geografischen Grenzen und keine Altersgrenze kennt, nicht einer bestimmten
Rasse vorbehalten ist und in jeder Art von Familienbeziehung und in jedem sozialen Milieu
auftritt.
2. Häusliche Gewalt ist gekennzeichnet durch gewalttätiges Verhalten unterschiedlicher Form
– körperlich, sexuell oder psychisch – oder kann auf finanzieller Abhängigkeit beruhen. Sie
ist eine der am weitesten verbreiteten Verletzungen der Menschenrechte und muss in allen
Mitgliedstaaten des Europarates bekämpft werden. Die Versammlung weist alle Argumente
auf der Grundlage eines kulturellen oder religiösen Relativismus zurück, der die Staaten
dazu veranlassen würde, sich ihrer Verpflichtung zur Beseitigung aller Formen der Gewalt
gegen Frauen zu entziehen.
3. Die Versammlung begrüßt es, dass die Staats- und Regierungschefs positiv reagiert haben
und die Durchführung einer gesamteuropäischen Kampagne zur Bekämpfung der Gewalt
gegen Frauen, einschließlich der häuslichen Gewalt, in dem Aktionsplan vorsehen, der auf
dem Warschauer Gipfel (16./17. Mai 2005) beschlossen wurde und dass das
Ministerkomitee entschieden hat, diese Kampagne solle Ende 2006 beginnen. Die
Versammlung ist entschlossen, bei dieser Initiative, insbesondere durch Entwicklung der
parlamentarischen Dimension, ihre Rolle zu übernehmen.
4. In diesem Zusammenhang beschließt die Parlamentarische Versammlung in der Über-
zeugung, dass die nationalen Parlamente bei der Verhütung häuslicher Gewalt, der
Unterstützung der Opfer und der Information der breiten Öffentlichkeit eine entscheidende
Rolle spielen können, um in Zusammenarbeit mit den nationalen Parlamenten der
Mitgliedstaaten, den Parlamenten mit Beobachterstatus bei der Versammlung, dem
Europäischen Parlament und dem Nordischen Rat eine Initiative mit dem Namen „Einigkeit
der Parlamente bei der Bekämpfung häuslicher Gewalt gegen Frauen“ zu erarbeiten, die den
parlamentarischen Beitrag zur Kampagne des Europarates darstellen wird. Die
Versammlung benutzt diese Gelegenheit, die Entscheidung des Mexikanischen Kongresses
vom Juli 2005 zu begrüßen, sich an dieser Initiative der Parlamentarischen Versammlung zu
beteiligen.
5. Dementsprechend bittet die Versammlung die nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten des
Europarates und die Parlamente mit Beobachterstatus bei der Parlamentarischen
Versammlung,
5.1. am 24. November 2006 einen parlamentarischen Aktionstag zur Bekämpfung der
häuslichen Gewalt gegen Frauen abzuhalten, der mit dem Beginn der
gesamteuropäischen Kampagne des Europarates in allen Mitgliedstaaten
8
Versammlungsdebatte am 28. Juni 2006 (20. Sitzung) (siehe Dok. 10934, Bericht des Ausschusses für die
Gleichstellung von Frauen und Männern, Berichterstatterin: Frau Cliveti). Von der Versammlung verabschiedeter Text
am 28. Juni 2006 (20. Sitzung).
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 39 – Drucksache 16/3400
zusammenfällt und die Frage der Bekämpfung häuslicher Gewalt gegen Frauen zu
einem zentralen Thema des Internationalen Tags gegen Gewalt an Frauen 2006 zu
machen, um
5.2. am 24. November 2006 eine feierliche Erklärung anzunehmen, in der das Engage-
ment der nationalen Parlamente für die Bekämpfung häuslicher Gewalt gegen Frauen
bekräftigt wird;
5.3. sich aktiv an der Vorbereitung, dem Start und der Umsetzung der parlamentarischen
Dimension der gesamteuropäischen Kampagne von 2006 bis 2008 zu beteiligen,
indem in diesem Rahmen ein Zeitplan der Aktivitäten erstellt wird, mit denen
häusliche Gewalt gegen Frauen bekämpft werden soll;
5.4. Parlamentsabgeordnete zu ermutigen, zu der Bekämpfung häuslicher Gewalt gegen
Frauen eine individuelle und öffentliche Position zu beziehen, wann immer sie dazu
Gelegenheit haben;
5.5. öffentliche und parlamentarische Aussprachen zu organisieren, bei denen häusliche
Gewalt verurteilt wird und parlamentarische Debatten zur Prüfung und Bewertung
der Effektivität der Gesetzgebung anderer auf Gewalt in der Familie bezogener
Maßnahmen abzuhalten;
5.6. geeignete gesetzgeberische und budgetäre Maßnahmen und nationale Pläne an-
zunehmen, um häuslicher Gewalt gegen Frauen ein Ende zu setzen, unter anderen,
soweit solche Maßnahmen nicht schon bestehen, indem Vergewaltigung in der Ehe
genau wie andere Formen der Vergewaltigung zu einer Straftat gemacht werden und
für die Entfernung eines gewalttätigen Ehegatten aus der ehelichen Wohnung gesorgt
wird;
5.7. sicherzustellen, dass bereits angenommene Gesetze und Maßnahmen in zufrieden-
stellender Form angewandt werden, gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit den
öffentlichen Akteuren und den auf diesem Gebiet tätigen
Nichtregierungsorganisationen;
5.8. die Behörden darin zu bestärken, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um
effektiv und öffentlich gegen häusliche Gewalt vorzugehen, insbesondere indem den
Opfern häuslicher Gewalt und ihren Kindern Zufluchtsstätten geboten, Opfern
häuslicher Gewalt in Polizeiwachen Unterstützungsangebote gemacht, die
entsprechenden Mitarbeiter (im Gesundheitswesen, bei der Polizei, der Justiz, bei
Sozialdiensten und in Bildungseinrichtungen usw.) geschult werden und dafür
gesorgt wird, dass Beschwerden von Frauen von der Polizei ernst genommen
werden, sowie für die Gewalttäter Behandlungszentren eingerichtet und Statistiken
erstellt werden, die nach dem Geschlecht, der Art der Gewalttätigkeit und der
Beziehung zwischen Täter und Opfer aufgegliedert sind;
5.9. die Hindernisse zu ermitteln, die einer Umsetzung der in der Empfehlung Rec (2002)
5 des Ministerkomitees an die Mitgliedstaaten enthaltenen Normen für den Schutz
von Frauen vor Gewalt entgegenstehen;
5.10. auf nationaler Ebene eine inländische Informations- und Präventionskampagne über
Gewalt einzuleiten und mithilfe von Fachleuten eine Kampagne zur Erkennung von
Opfern häuslicher Gewalt zu beginnen;
Drucksache 16/3400 – 40 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
5.11. alle Anstrengungen zu unternehmen, um die verabschiedeten Gesetzgebungs-
maßnahmen und die bestehenden Regelungen zur Unterstützung der Opfer häuslicher
Gewalt der breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen;
5.12. Gruppen von Frauen besondere Aufmerksamkeit zu schenken, wie die Gefahren und
Folgen häuslicher Gewalt mehr als andere ausgesetzt sind, vor allem Frauen in und
aus Migrantengemeinschaften, Sinti und Roma, Frauen anderer ethnischer
Minderheiten, Schwangere, behinderte oder gefährdete Frauen, Frauen in prekären
Situationen oder Frauen, die mit Alkohol oder Drogenproblemen zu kämpfen haben.
6. Die Versammlung ruft die nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten des Europarates und
die Parlamente mit Beobachterstatus bei der Parlamentarischen Versammlung dazu auf, die
gesamte europäische Kampagne des Europarates zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen,
einschließlich der häuslichen Gewalt, auf folgende Weise zu unterstützen:
6.1. durch Finanzierung spezifischer nationaler und europäischer Aktivitäten auf inter-
gouvernementaler, parlamentarischer, lokaler und regionaler Ebene;
6.2. durch Anweisung an ihre Regierungen, für Initiativen auf nationaler Ebene Mittel
bereitzustellen, um häusliche Gewalt zu bekämpfen und Opfern beizustehen und in
ihre internationalen Kooperationsprogramme die Unterstützung für die Einführung
oder den Ausbau von Regelungen aufzunehmen, mit denen häusliche Gewalt in den
Mitgliedstaaten des Europarates und den Beobachterstaaten bekämpft werden kann;
6.3. durch Unterstützung lokaler NRO bei der Bekämpfung häuslicher Gewalt und
Sicherstellung, dass diese in parlamentarische Aussprachen über die Erarbeitung von
Gesetzen und Regulierungsmaßnahmen einbezogen werden;
6.4. durch Ermöglichung von Studienaufenthalten von Mitgliedern nationaler Parlamente
sowie der Parlamente von Beobachterstaaten beim Europarat, um einen Austausch
über eine gute Praxis in diesem Bereich vorzunehmen und/oder durch technische
Hilfe für Parlamente, die ihren rechtlichen Rahmen im Hinblick auf häusliche
Gewalt zu verbessern wünschen;
6.5. durch Ernennung eines Parlamentsabgeordneten, der als Kontaktperson im
Verhältnis zwischen den nationalen Parlamenten des jeweiligen Mitgliedstaats und
der Versammlung fungiert und bei der Förderung der Umsetzung der Kampagne der
Versammlung auf nationaler Ebene eine führende Rolle spielt, wobei sicherzustellen
ist, dass der betreffende Abgeordnete eine angemessene Unterstützung durch ein
Sekretariat erhält;
6.6. durch Ermutigung der lokalen und regionalen Behörden zur Umsetzung der gesamt-
europäischen Kampagne des Europarates auf lokaler und regionaler Ebene und zur
Abhaltung von Seminaren mit Vertretern des medizinischen und medizinischen
Assistenzsektors, des Bildungsbereichs, der Polizei, sozioprofessioneller Gruppen,
die hauptsächlich mit Frauen zusammenarbeiten, Gewerkschaften und
Nichtregierungsorganisationen zur Frage der häuslichen Gewalt;
6.7. durch Ermutigung der Medien zur Unterstützung der gesamteuropäischen Kampagne
des Europarates und Hervorhebung des Umstands, dass die Verbreitung von
Klischeevorstellungen über Frauen ein Faktor sein kann, der zur Banalisierung der
häuslichen Gewalt beiträgt.
7. Die Versammlung begrüßt den Bericht über die „aktuelle Lage bei der Bekämpfung von
Gewalt gegen Frauen und in Bezug auf jede künftige Aktion“, der am 2. Februar 2006 von
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41 – Drucksache 16/3400
dem Europäischen Parlament angenommen wurde und lädt dazu ein, sich der Initiative der
Parlamentarischen Versammlung „Einigkeit der Parlamente bei der Bekämpfung häuslicher
Gewalt gegen Frauen“ anzuschließen, um häusliche Gewalt als unannehmbare
Menschenrechtsverletzung zu verurteilen und bei den Behörden und in der breiten
Öffentlichkeit in der Europäischen Union das Bewusstsein für die Notwendigkeit zu
wecken, häusliche Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen.
8. Die Versammlung ruft internationale und regionale interparlamentarische Organisationen,
insbesondere die Interparlamentarische Union, den Nordischen Rat, das Forum der
Parlamente kleiner europäischer Staaten sowie das Netzwerk weiblicher Abgeordneter des
Stabilitätspakts für Südosteuropa dazu auf, sich an der Initiative der Parlamentarischen
Versammlung „Einigkeit der Parlamente bei der Bekämpfung häuslicher Gewalt gegen
Frauen“ zu beteiligen.
Entschließung 1513 (2006)
9
betr.
die Verfassungsreform in Bosnien und Herzegowina
1. Seit dem Beitritt von Bosnien und Herzegowina zum Europarat im April 2002 sind beim
Aufbau eines stabilen, funktionsfähigen und effizienten Staates langsame, aber stetige
Fortschritte erzielt worden. Beispiele sind die Errichtung eines Gerichtshofs auf der Ebene
des Gesamtstaats und die Übertragung von Zuständigkeiten von den Gebietseinheiten
(Entitäten) auf den Gesamtstaat auf den Gebieten der Verteidigung, der Nachrichtendienste,
des Gerichtswesens, der indirekten Besteuerung und der anstehenden Polizeireform auf der
Basis der Grundsätze, auf die sich im Oktober 2005 alle Parlamente auf der Ebene der
Teilstaaten wie des Gesamtstaats verständigt haben.
2. Bisher haben die anhaltende Schwäche des Staates und die verfassungsrechtliche
Notwendigkeit, auf jeder Ebene zwischen den drei staatstragenden Volksgruppen für
uneingeschränkte Gleichheit zu sorgen, zu einer Lage geführt, in der rund 60% des BIP
immer noch auf die Aufrechterhaltung des Apparats des Gesamtstaats und der
Gebietseinheiten verwandt werden: Auf gesamtstaatlicher Ebene gibt es drei rotierende
Präsidenten, 13 Ministerpräsidenten, mehr als 180 Minister, 760 Mitglieder verschiedener
gesetzgebender Körperschaften und 148 Gemeinden. Darüber hinaus hat die freiwillige oder
erzwungene Übertragung einer Reihe von Zuständigkeiten auf die gesamtstaatliche Ebene
nicht zu einem entsprechenden Abbau des Apparats in den Gebietseinheiten geführt.
3. Die Versammlung erinnert daran, dass ein grundlegendes Ziel der Mitgliedschaft von
Bosnien und Herzegowina im Europarat in der Förderung der inländischen Eigen-
verantwortung („Ownership“) und des Gefühls besteht, für Reformen zuständig zu sein.
Ebenso erinnert sie an ihre Entschließung 1383 (2004), in der sie die Behörden und die
politischen Kräfte in dem Land nachdrücklich dazu aufforderte, zu der Frage der
Verfassungs-reform einen konstruktiven Dialog aufzunehmen.
9
Versammlungsdebatte am 29. Juni 2006 (21. Sitzungsperiode) (siehe Dok. 10982, Bericht des Ausschusses über die
Einhaltung der Pflichten und Verpflichtungen der Mitgliedstaaten des Europarates (Überwachungsausschuss),
Koberichterstatter: Herr Mevlüt Çavuúo÷lu und Herr Kimmo Sasi). Von der Versammlung am 29. Juni 2006
(21. Sitzungsperiode) verabschiedeter Text.
Drucksache 16/3400 – 42 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
4. Die Eröffnung von Verhandlungen über ein Stabilisierungs- und Assoziierungs-abkommen
mit der Europäischen Union kurz vor dem 10. Jahrestag des Friedensabkommens von
Dayton im November 2005 lässt Maßnahmen als noch notwendiger erscheinen, um auf die
allgemein anerkannte Notwendigkeit einzugehen, staatliche Institutionen zu stärken, die zur
Zeit noch zu schwach sind, um Bosnien und Herzegowina eine weitere Integration in Europa
zu ermöglichen.
5. Die Venedig-Kommission hatte schon im März 2005 auf Ersuchen der Parlamentari-schen
Versammlung Optionen für eine weit reichende Verfassungsreform unterbreitet.
Konsultationen zwischen den Führern der wichtigsten politischen Parteien in Bosnien und
Herzegowina, die von den USA gefördert und unter ständiger Begleitung durch die
Venedig-Kommission durchgeführt wurden, ergaben eine politische Verständigung auf eine
Verfassungsreform, die sechs Parteien am 18. März 2006 schließlich zu Stande brachten und
dem Parlament vorlegten.
6. Das Reformpaket sah unter anderem eine Erhöhung der Zahl der Mitglieder des
Abgeordnetenhauses des Gesamtstaats (von 42 auf 87 sowie 3 Sitze, die erstmals Vertretern
nicht staatstragender Volksgruppen, den so genannten „Sonstigen“, vorbehalten sein sollten)
vor. Das Oberhaus, die Kammer der Völker, soll danach 21 an Stelle von 15 Mitgliedern
haben und als alleinige Zuständigkeit über ein Veto bei lebenswichtigen nationalen
Interessen verfügen, das von jedem der drei staatstragenden Volksgruppen geltend gemacht
werden kann. Die Reform sieht auch die indirekte Wahl eines Präsidenten des Gesamtstaats,
wobei die drei Mitglieder alle 16 Monate statt wie im Augenblick alle 8 Monate wechseln
würden sowie die Errichtung von zwei zusätzlichen Ministerien auf Gesamtstaatsebene und
eine Stärkung der Zuständigkeiten des Ministerrats vor.
7. Auch wenn manche diese Verfassungsänderungen als weder umfassend noch besonders weit
reichend angesehen haben mögen, ist die Versammlung der Auffassung, dass sie dennoch
einen ersten Versuch der Bürger von Bosnien und Herzegowina und ihrer Vertreter
darstellen, ihre Zukunft in die eigenen Hände zu nehmen und dementsprechend begrüßt
werden sollten.
8. Die Versammlung bedauert es deshalb zutiefst, dass es dem Parlament von Bosnien und
Herzegowina am 26. April 2006 wegen nur zwei fehlender Stimmen nicht gelang, im
Abgeordnetenhaus die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit für die Annahme der
Verfassungsänderungen zu erreichen.
9. Die Versammlung stellt außerdem fest, dass die gescheiterten Änderungsanträge zum 1. Mai
in Kraft treten sollten – fünf Monate vor den nächsten Parlamentswahlen in Bosnien, die für
den 1. Oktober 2006 angesetzt worden waren. Es ist mittlerweile klar, dass die neue
Regierung gebildet und mit großer Wahrscheinlichkeit während ihres gesamten vierjährigen
Mandats arbeiten können wird, und zwar auf der Grundlage der derzeitigen Verfassung, die
Bestandteil des Friedensabkommens von Dayton von 1995 war.
10. Dementsprechend werden die anstehenden Wahlen gegen die Verpflichtungen des
Europarates verstoßen, insbesondere gegen Protokoll Nr. 12 der Europäischen Menschen-
rechtskonvention über das Verbot der Diskriminierung, denn einmal mehr werden sich nur
Serben, Bosnier und Kroaten bei der Wahl der Mitglieder der Präsidentschaft und der
indirekten Wahl der Abgeordneten der Kammer der Völker zur Wahl stellen können, anders
als die so genannten „Sonstigen“, d.h. jeder, der sich nicht mit einem der drei
staatstragenden Völker identifiziert.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 43 – Drucksache 16/3400
11. Die Versammlung bedauert außerdem, dass das Scheitern des ersten Versuchs einer
Verfassungsreform und das Ergebnis der Volksbefragung in Montenegro am 21. Mai 2006
von einigen innenpolitischen Kräften im derzeitigen Wahlkampf gröblich missbraucht
werden: Nationalismus, Hass auf andere Volksgruppen und Misstrauen stehen wieder hoch
oben auf der politischen Agenda. Das ist umso bedauerlicher, als Bosnien und Herzegowina
sich weiterhin einer düsteren Wirtschaftslage gegenübersieht, die sich negativ auf den
gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Beziehungen zwischen den Volksgruppen sowie
die nachhaltige Rückkehr von Binnenvertriebenen auswirkt.
12. Die Versammlung verurteilt insbesondere die jüngsten Erklärungen der Stellen der
Republika Srpska, denen zufolge die Serben in Bosnien und Herzegowina ganz wie die
Montenegriner ein Recht auf Selbstbestimmung haben sollten: Für ein Abspaltungs-
referendum in der Republika Srpska gibt es keine verfassungsrechtliche Grundlage, und die
bereits gesammelten rund 50 000 Unterschriften, mit denen ein solches Referendum verlangt
wird, sind rechtlich unwirksam.
13. Die Versammlung verurteilt außerdem die Ablehnung der serbischen Vertreter, sich in
sinnvoller Weise an der Arbeit des Lenkungsgremiums des Police Reform Directorate zu
beteiligen, dem die Umsetzung der politischen Vereinbarungen vom Oktober 2005 über die
Polizeireform übertragen wurde und ebenso die jüngste Entscheidung (24. Mai) serbischer
Parlamentarier, die Arbeit des Abgeordnetenhauses zu boykottieren, wodurch die Annahme
dringend benötigter Gesetze verhindert wird, so die des Gesamtstaatsgesetzes über das
Hochschulwesen, eine der nicht erfüllten Verpflichtungen gegenüber dem Europarat.
14. Die Versammlung ist der Auffassung, dass, bevor die Zuständigkeit für die Führung des
Staates in vollem Umfang den inländischen Behörden übertragen wird – hoffentlich bis Juni
2007 –, die politischen Kräfte des Landes unbedingt eine Alternative zu der anhaltenden
Konfrontation und der Obstruktionspolitik finden müssen, die das politische Leben in
Bosnien bisher bestimmt haben.
15. Die Versammlung ist der festen Überzeugung, dass der einzige realistische Ausweg aus der
derzeitigen verfassungsrechtlichen Sackgasse Bosniens für die drei staatstragenden Völker
und ihre Vertreter darin besteht, ihre Kriegsmentalität hinter sich zu lassen. Serben, Bosnier
und Kroaten müssen sich gemeinsam zu einem offenen Dialog über alle strittigen Fragen
bereit finden: Das bleibt eine Vorbedingung für die Ermittlung umfassender und innovativer
Lösungen im Hinblick auf eine künftige Verfassungsreform.
16. Alle Bürger von Bosnien und Herzegowina, die auch die Staatsangehörigkeit eines
Nachbarstaats haben, müssen erkennen, dass sie nicht nur Rechte beanspruchen können,
sondern gegenüber dem Staat Bosnien und Herzegowina auch Verpflichtungen haben.
Ebenso müssen gesellschaftlich verantwortungsbewusste Bürger von Bosnien und
Herzegowina ihre Ernüchterung über den politischen Prozess aufgeben und sich auf diesen
stattdessen uneingeschränkt einlassen.
17. Auch wenn es wahrscheinlich nicht realistisch wäre, von Bosnien und Herzegowina den
schnellen Übergang von einem auf der ethnischen Vertretung beruhenden System zu einer
Struktur zu erwarten, die auf der Vertretung von Bürgern aufbaut, wäre die Erarbeitung
einer völlig neuen Verfassung auf lange Sicht mit Sicherheit dem Versuch vorzuziehen, die
Verfassung von Dayton zu verbessern.
18. Als ersten Schritt erwartet die Versammlung von den Menschen und den Politikern in
Bosnien und Herzegowina die erneute Erörterung einer Verfassungsreform sofort nach den
Parlamentswahlen vom Oktober und, wenn sie beschließen, dies auf der Grundlage der
Drucksache 16/3400 – 44 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
bisher vereinbarten Vorschläge zu tun, zumindest im Abgeordnetenhaus die Abstimmung
nach Gebietseinheiten abzuschaffen und die entscheidenden nationalen Interessen und den
entsprechenden Vetomechanismus genauer zu umreißen. In dieser Hinsicht fordert die
Versammlung das Abgeordnetenhaus nachdrücklich auf, die verschiedenen Empfehlungen
zu berücksichtigen, die von der Venedig-Kommission in ihrer vorläufigen Stellungnahme
vom 7. April 2006 abgegeben wurden – sowohl im Hinblick auf den Wortlaut der
abgelehnten Änderungsanträge als auch in Bezug auf die in der nächsten Phase der
Verfassungsreform einzuleitenden Schritte.
19. Die Versammlung erwartet von den politischen Führern, die bei den nächsten Wahlen als
Sieger hervorgehen werden, endlich über sektiererische politische Trennlinien hinaus zu
gehen und die Interessen der Bürger über alles zu stellen. Es geht nicht weiter an, dass auf
staatlicher Ebene neben den vielfältigen bürokratischen Regelungen auf der unteren Ebene
einfach zusätzliche Verwaltungsebenen eingezogen werden. Insbesondere wird möglichst
bald die Lage in der Föderation von Bosnien und Herzegowina mit ihren 10 Kantonen
angepackt werden müssen.
20. Als zweiten Schritt fordert die Versammlung darum die Behörden von Bosnien und
Herzegowina nachdrücklich auf, spätestens bis Oktober 2011 eine neue Verfassung zu
erarbeiten und anzunehmen, um
20.1. die Mechanismen der ethnischen Vertretung durch eine Repräsentation nach dem
Bürgerprinzip zu ersetzen, insbesondere durch Abstellung der verfassungsrechtlichen
Diskriminierung der „Sonstigen“;
20.2. effiziente und rationale Entscheidungsmechanismen zu finden, die nicht darunter
leiden, dass bei jeder beliebigen Entscheidung grundsätzlich Vertreter jeder
Volksgruppe einbezogen werden müssen;
20.3. die territoriale Gliederung des Staates und seine Aufteilung in Gebietseinheiten,
Kantone und Gemeinden sowie die Zuständigkeitsverteilung zwischen dem Staat und
den unteren Ebenen zu überprüfen, um die Effizienz und die Nachhaltigkeit zu
steigern;
20.4. zu untersuchen, wie der Brþko-Distrikt einbezogen werden kann.
21. Die Versammlung forderte die Behörden von Bosnien und Herzegowina außerdem
nachdrücklich auf, möglichst bald auf gesamtstaatlicher Ebene wie auch in den Gebiets-
einheiten die Gesetze anzunehmen und/oder umzusetzen, die erforderlich sind, um die
verbleibenden Verpflichtungen gegenüber dem Europarat zu erfüllen, insbesondere
21.1. die Gesetze über das Hochschulwesen, zu denen eine Akkreditierung und
Finanzierung auf gesamtstaatlicher Ebene gehören sollte;
21.2. das gesamtstaatliche Gesetz über das Grund- und Sekundarschulwesen, um der
ethnischen Trennung in den Schulen ein Ende zu setzen;
21.3. die Rechtsvorschriften über ein nachhaltiges öffentliches Rundfunkangebot;
21.4. die Polizeireform entsprechend den drei von der EU-Kommission festgelegten
Grundsätzen;
21.5. die Reformen der Kommunalverwaltung – insbesondere in der Föderation – und die
Wiedervereinigung von Mostar;
21.6. die für einen effektiven Schutz der Rechte aller Minderheiten erforderlichen Gesetze;
21.7. die Errichtung eines Obersten Gerichtshofes auf gesamtstaatlicher Ebene, um die
Reform des Gerichtswesens voranzubringen.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 45 – Drucksache 16/3400
22. Die Versammlung erinnert die Behörden von Bosnien und Herzegowina außerdem daran,
dass die revidierte Europäische Sozialcharta, die Charta zum Schutz von Regional- und
Minderheitensprachen und das Europäische Rahmenübereinkommen über die grenzüber-
schreitende Zusammenarbeit noch ratifiziert werden müssen und dass die Arbeiten zur
Überprüfung der Vereinbarkeit der gesamten Gesetzgebung mit den Bestimmungen der
Europäischen Menschenrechtskonvention unverzüglich abgeschlossen werden sollten.
23. Die Versammlung erinnert ferner daran, dass die Zusammenarbeit mit dem Internationalen
Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien und die Verhaftung der Herren Karadžiü and
Mladiü Voraussetzungen für jede künftige demokratische Entwicklung in dem Lande
darstellen. Die Abhaltung einer Volkszählung spätestens bis 2010 und die Einsetzung einer
Wahrheits- und Versöhnungskommission sollten ebenfalls auf der Tagesordnung der
nächsten Regierung stehen.
Entschließung 1514 (2006)
10
betr.
die Folgen des Referendums in Montenegro
1. Nach dem Referendum über den Staatenstatus von Montenegro vom 21. Mai 2006 und der
Unabhängigkeitserklärung, die die Nationalversammlung Montenegros am 3. Juni 2006
verabschiedete, wurde die Staatenunion Serbien-Montenegro aufgelöst und Montenegro zu
einem unabhängigen und souveränen Staaten mit voller internationaler Rechtspersönlichkeit.
Diese Entscheidung, die auf demokratische Art und Weise getroffen wurde, muss respektiert
werden.
2. Die Parlamentarische Versammlung beglückwünscht Montenegro und Serbien zu der
friedlichen Art und Weise, mit der die Auflösung erfolgte. Dieser Prozess illustriert die
Bereitschaft beider Staaten, die europäischen Werte zu respektieren, und ist umso
bedeutsamer vor dem Hintegrund des Konflikts und des Blutvergießens, die die Bildung
unabhängiger Staaten auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens begleiteten. Montenegro
sollte ebenso für seine gute Organisation des Referendums gelobt werden, das im Einklang
mit den relevanten internationalen Normen stattfand.
3. Die Versammlung hofft, dass das Ergebnis des Referendums dadurch, dass den
Unabhängigkeitsbestrebungen Montenegros Genüge getan und so das Ende der Auflösung
des ehemaligen Jugoslawien als Föderation markiert wurde, zur weiteren regionalen
Stabilisierung des westlichen Balkans beitragen wird.
4. Die kommenden Monate werden jedoch mit entmutigenden Herausforderungen für die
beiden betroffenen Staaten beladen sein, und zwar sowohl intern, auf internationaler Ebene
als auch in ihren bilateralen Beziehungen.
5. Montenegro wird mit der Ausarbeitung einer neuen Verfassung und mit der Reform seiner
Institutionen und Verwaltungsstrukturen beschäftigt sein. Ein Prozess des konstruktiven
Dialogs wird mit denjenigen politischen Kräften eingeleitet werden müssen, die für die
Beibehaltung der Staatenunion waren, sich weiterhin weigern, die Ergebnisse des
Referendums anzuerkennen und das Parlament bisher boykottiert haben. Die im kommenden
10
Versammlungsdebatte am 29. Juni 2006 (22. Sitzung) (siehe Dok. 10980, Bericht des Politischen Ausschusses,
Berichterstatter: Lord Russell-Johnston). Von der Versammlung verabschiedeter Text am 29. Juni 2006 (22. Sitzung).
Drucksache 16/3400 – 46 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Herbst anstehenden Parlamentswahlen werden in dieser Hinsicht ein wichtiger Test für die
demokratische Lebensfähigkeit des neuen unabhängigen Staates sein.
6. Die Versammlung beschließt, Montenegro bei der Bewältigung der anstehenden
Herausforderungen zu helfen, noch bevor eine endgültige Entscheidung im Hinblick auf
seinen Mitgliedschaftsantrag im Europarat gefallen ist, der in zwei Schreiben des
Außenministers von Montenegro an den Generalsekretär des Europarates vom 6. und 12.
Juni 2006 dargelegt wurde. Die Teilnahme einer parlamentarischen Ad-hoc-Delegation
Montenegros an der dritten Teilsitzung stellt einen Schritt in die richtige Richtung dar.
7. Die Versammlung begrüßt ferner die von Montenegro in seinem Mitgliedschaftsantrag
geäußerte Verpflichtung, alle Übereinkommen und Protokolle des Europarates zu
respektieren und umzusetzen, die von der Staatenunion Serbien-Montenegro unterzeichnet
und ratifiziert worden waren. Die Versammlung lobt ebenfalls die Entscheidung des
Ministerkomitees, als Interimsmaßnahme Vertreter der Regierung Montenegros einzuladen,
sich an seinen Sitzungen zu beteiligen und an allen intergouvernementalen
Sachverständigenausschüssen als Beobachter teilzunehmen.
8. Die Versammlung nimmt außerdem die Entscheidung der Europäischen Union und ihrer
Mitgliedstaaten positiv zur Kenntnis, ihre Beziehungen zur Republik Montenegro als einem
souveränen, unabhängigen Staat weiter zu entwickeln sowie Montenegros jüngste
Aufnahme als Teilnehmerstaat der OSZE und seine Mitgliedschaft der Vereinten Nationen.
9. Die Versammlung wird keine Anstrengungen scheuen, Serbien zu helfen, wo die Gefahr
besteht, dass die zahlreichen Herausforderungen, vor denen es heute inmitten eines Klimas
der politischen Instabilität steht, das Gefühl der Isolierung und der Frustration unter den
serbischen Bürger und die Unterstützung der radikalen nationalistischen Kräfte weiter
anwachsen lassen würden. Es ist für Serbien jetzt an der Zeit, sich auf seine eigenen
Prioritäten zu konzentrieren, wie die, die Verfassung der Milosevic-Ära zu ersetzen,
dringend benötigte Reformen einzuleiten, das Problem der neuen Ministerien zu lösen, vor
allem die des Außen- und des Verteidigungsministeriums, den künftigen Status des Kosovo
zu verhandeln und mit den Folgen der Aussetzung der Verhandlungen mit der Europäischen
Union über ein Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen fertig zu werden, da es die
Anforderungen des Internationalen Strafgerichtshofes für das ehemalige Jugoslawien nicht
erfüllt hat.
10. Als Nachfolgestaat der Staatenunion Serbien-Montenegro ist Serbien weiterhin Mitglied im
Europarat. Seine Pflichten und Verpflichtungen werden jedoch erneut geprüft und neu
definiert werden, um sie der neuen Situation anzupassen.
11. Was die bilateralen Beziehungen zwischen Montenegro und Serbien anbelangt, bekräftigt
die Versammlung nachdrücklich die Wichtigkeit, dass beide Länder freundliche und
gutnachbarschaftliche Beziehungen herstellen und gewährleisten, dass alle die Auflösung
der Staatenunion betreffenden Fragen so konstruktiv und verantwortungsvoll wie möglich
behandelt werden. Die Versammlung begrüßt in dieser Hinsicht die Anerkennung der
Republik Montenegro durch Serbien sowie das von der serbischen Regierung zugesagte
Versprechen, montenegrinischen Einwohnern die serbische Staatsbürgerschaft zu gewähren
und es montenegrinischen Studenten zu erlauben, ihre Studien zu denselben Bedingungen
durchzuführen wie Serben. Montenegro ist seinerseits seiner Verpflichtung nachgekommen,
serbischen Bürgern zu erlauben, ohne Visums- oder Passpflicht frei nach Montenegro
einzureisen.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 47 – Drucksache 16/3400
12. Die Versammlung stellt fest, dass die Staatenunion Serbien-Montenegro infolge des von der
Europäischen Union ausgeübten Drucks einem Mindeststimmensatz von 55% zustimmte in
einem klaren politischen Versuch, die Staatenunion beizubehalten. Die Versammlung ist der
Auffassung, dass dieser Mindestsatz kein Präzedenzfall für weitere Referenden darstellen
sollte und dass der Europarat gemeinsame Kriterien für Referenden aufstellen sollte, und
zwar sowohl in Bezug auf das Ergebnis als auch auf den Mindeststimmensatz.
13. Im Lichte der vorstehenden Ausführungen beschließt die Versammlung,
13.1 auf ihr Ersuchen hin die Teilnahme einer Ad-hoc-Delegation des Parlaments von
Montenegro zu ihren Aktivitäten zuzulassen in Erwartung einer Entscheidung über
die Mitgliedschaft Montenegros im Europarat;
13.2 ihr Programm der parlamentarischen Hilfe für Serbien und Montenegro
weiterzuverfolgen und auszubauen unter Anpassung an die besonderen Bedürfnisse
der beiden Republiken;
13.3 seinen politischen Ausschuss anzuweisen, der Frage der politischen Stabilität auf
dem westlichen Balkan größtmögliche Beachtung zu schenken;
13.4 seinen Überwachungsausschuss anzuweisen,
13.4.1 die ursprünglich von der Staatenunion Montenegro eingegangenen
Verpflichtungen zu überprüfen und neu festzulegen und sie in
Zusammenarbeit mit den serbischen Behörden auf die Republik Serbien
anwendbar zu machen sowie so bald wie möglich einen Bericht vorzulegen;
13.4.2 zur Verhandlung über die Verpflichtungen beizutragen, die Montenegro bei
seinem Beitritt eingehen wird unter vollständiger Berücksichtigung der
anwendbaren Verpflichtungen, die die Staatenunion 2003 einging sowie
derer, die logischerweise aus den anfänglichen Verpflichtungen sowie den
Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Satzung des Europarates
herrühren, welche auf die derzeitige Situation anwendbar sind;
13.4.3 seinen Ausschuss für Wanderbewegungen, Flüchtlings- und
Bevölkerungsfragen anzuweisen, die Frage der Vertreibungen auf dem
Balkan weiter zu verfolgen und zu einem geeigneten Zeitpunkt Bericht zu
erstatten.
14. Die Versammlung ruft Montenegro ebenfalls dazu auf,
14.1 seine Institutionen und Verwaltungsstrukturen zu reformieren, um sie seinem neuen
Status als ein unabhängiger Staat so effizient und demokratisch wie möglich
anzupassen, unter umfassender Zusammenarbeit mit dem Europarat und anderen
internationalen Organisationen;
14.2 das effiziente Funktionieren des Parlaments in einem Geiste des konstruktiven und
umfassenden Dialogs unter den politischen Kräften zu gewährleisten, einschließlich
derer, die die Ergebnisse des Referendums zurückweisen;
14.3 so bald wie möglich eine neue Verfassung zu verabschieden, die vollständig im
Einklang mit den Normen des Europarates steht und unter Hinzuziehung der
Venedig-Kommission;
Drucksache 16/3400 – 48 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
14.4 freie und faire Parlamentswahlen unter internationaler Beobachtung zu veranstalten
und durchzuführen;
14.5 die den serbischen Bürgern zugesagten Rechte gesetzlich und in der Praxis zu
garantieren;
14.6 den Schutz nationaler Minderheiten zu gewährleisten;
14.7 sicherzustellen, dass sich keine Lücken bei diesem Schutz für die auf seinem
Staatsgebiet lebenden Binnenvertriebenen ergeben, auch die aus dem Kosovo
stammenden und Flüchtlinge, ungeachtet ihres ethnischen Ursprungs, und alle
geeigneten Maßnahmen zu treffen, um eine Staatenlosigkeit zu vermeiden;
14.8 die Justizreform abzuschließen;
14.9 Korruption, organisiertes Verbrechen und Menschenhandel effizient zu bekämpfen;
14.10 eine umfassende Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das
ehemalige Jugoslawien zu gewährleisten und Programme durchzuführen, die auf die
Stärkung des öffentlichen Verständnisses und die Akzeptanz seiner Ziele
ausgerichtet sind;
14.11 sich zu bemühen, alle Voraussetzungen für die Unterzeichung eines Stabilisierungs-
und Assoziationsabkommens mit der Europäischen Union in der nächsten Zukunft zu
schaffen.
15. Die Versammlung ruft ferner Serbien dazu auf,
15.1 seine Institutionen und Verwaltungsstrukturen zu reformieren, um sie seinem neuen
Status als ein unabhängiger Staat so effizient und demokratisch wie möglich
anzupassen, unter umfassender Zusammenarbeit mit dem Europarat und anderen
internationalen Organisationen;
15.2 so bald wie möglich eine neue Verfassung zu verabschieden, die vollständig im
Einklang mit den Normen des Europarates steht und unter Hinzuziehung der
Venedig-Kommission;
15.3 unterdessen keine Reformen zu verzögern, die innerhalb des derzeitigen
Verfassungsrahmens bereits möglich und für die Einhaltung der Pflichten und
Verpflichtungen Serbiens gegenüber dem Europarat von entscheidender Bedeutung
sind, wie die Justizreform und die Dezentralisierung;
15.4 konstruktive rechtliche und institutionelle Lösungen für die Probleme nationaler
Minderheiten und unter ethnischen Gruppen in verschiedenen Gebieten der Republik
Serbien zu finden;
15.5 eine umfassende Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das
ehemalige Jugoslawien zu gewährleisten und Programme durchzuführen, die auf die
Stärkung des öffentlichen Verständnisses und die Akzeptanz seiner Ziele
ausgerichtet sind sowie Bildungsaktivitäten und Aktivitäten zur Steigerung des
Bewusstseins durchzuführen, die auf die Erhöhung des Verständnisgrads der
Bevölkerung in Bezug auf die Verbrechen des Milosevic-Regime abzielen;
15.6 die interne Verfolgung von Kriegsverbrechen fortzusetzen und zu verschärfen;
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 49 – Drucksache 16/3400
15.7 entschlossen auf die Einhaltung aller anderen relevanten Empfehlungen
hinzuarbeiten, die die Versammlung im Kontext des Überwachungsverfahrens der
damaligen Staatenunion Serbien-Montenegro erlassen hat, insbesondere diejenigen,
die die Medien, NRO, religiöse Gemeinschaften, die Reform der Polizei, Armee und
Sicherheitsdienste, die Bekämpfung von Korruption, organisiertem Verbrechen und
Menschenhandel sowie die Lage der Flüchtlinge und Binnenvertriebenen betreffen.
16. Die Versammlung ruft Montenegro und Serbien ferner dazu auf, alle Fragen im Hinblick auf
die Auflösung der Staatenunion so schnell, effizient und demokratisch wie möglich sowie
im größtmöglichen Einvernehmen zu klären.
17. Schließlich ruft die Versammlung die Europäische Union auf,
17.1 Ihre Beteiligung in Serbien trotz der Aussetzung der Verhandlungen über das
Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen fortzusetzen durch die Beibehaltung
geeigneter Kanäle für den politischen Dialog und die Erhöhung der finanziellen
Hilfe;
17.2 Verhandlungen mit Montenegro im Hinblick auf den Abschluss eines
Stabilisierungs- und Assoziationsabkommens einzuleiten, sobald die relevanten
Voraussetzungen dafür erfüllt sind.
Entschließung 1515 (2006)
11
betr.
die Fortschritte im Überwachungsverfahren der Versammlung
1. Die Versammlung begrüßt die seit mittlerweile mehr als 9 Jahren von ihrem Ausschuss für
die Einhaltung der Pflichten und Verpflichtungen (Überwachungsausschuss) geleistete
Arbeit. Seine zunehmende Effizienz, Wirkung und Glaubwürdigkeit werden weithin
anerkannt.
2. Von den acht Überwachungsberichten, die der Überwachungsausschuss der Versammlung
im Zeitraum Mai 2005 bis Juni 2006 vorgelegt hat, bilanzieren drei die Lage in Georgien,
der Russischen Föderation und der Ukraine und stellen regelrechte Wegweiser für künftige
Reformen in diesen Ländern dar, während die übrigen fünf auf aktuelle politische Ereignisse
reagieren, und zwar die Verfassungsreform in Armenien, das Funktionieren demokratischer
Institutionen in Aserbaidschan und der Republik Moldau sowie die aus substantiellen
Gründen erfolgte Anfechtung der noch nicht ratifizierten Beglaubigungsschreiben der
parlamentarischen Delegation Aserbaidschans im Anschluss an die dortigen
Parlamentswahlen vom November 2005.
3. Durch Änderungen der Entschließung 1115 (1997), mit der der Überwachungsausschuss ins
Leben gerufen und sein Mandat umrissen wurde, das im letzten Jahr aufgrund der
Entschließung 1431 (2005) zu Stande kam, sollte die Rolle der Versammlung in einem
hochpolitischen Bereich gestärkt werden, und zwar bei der Entscheidung über die Eröffnung
oder Wiedereröffnung eines Überwachungsverfahrens. Ein Jahr nach dem Inkrafttreten
11
Versammlungsdebatte am 29. Juni 2006 (22. Sitzung) (siehe Dok. 10960, Bericht des Ausschusses für die Einhaltung
der Pflichten und Verpflichtungen durch die Mitgliedstaaten des Europarates (Überwachungsausschuss),
Berichterstatter: Herr György Frunda). Von der Versammlung verabschiedeter Text am 29. Juni 2006 (22. Sitzung).
Drucksache 16/3400 – 50 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
dieser Änderungen zeigte es sich jedoch, dass die Bestimmungen immer noch nicht klar
sind, insbesondere im Hinblick auf die Frist, innerhalb derer das Präsidium der
Versammlung dem Überwachungsausschuss einen Entschließungsentwurf zu einem Antrag
vorzulegen hat, ein Überwachungsverfahren zu eröffnen.
4. Außerdem ermöglicht die Entschließung 1115 (1997), geändert durch die Entschließung
1431 (2005), immer noch keine sachgerechte Regelung der Modalitäten für den Abschluss
des Post-Monitoring-Dialogs mit einem Mitgliedstaat, bei dem das Überwachungsverfahren
abgeschlossen worden ist.
5. Dementsprechend beschließt die Versammlung, um für mehr Klarheit zu sorgen und damit
die Glaubwürdigkeit und Transparenz ihres Überwachungsmechanismus zu steigern, das
Mandat des Überwachungsausschusses weiter zu ändern und insbesondere
5.1. nach Absatz 2 des Anhangs der Entschließung 1115 (1997) folgenden Absatz
einzufügen:
„Das Präsidium überweist Anträge, die in Übereinstimmung mit den obigen
Absätzen 2. i. und iii eingereicht wurden, auf einer seiner nächsten beiden Sitzungen
nach der Einreichung an den Überwachungsausschuss.“;
5.2. nach Absatz 7 in den Anhang der Entschließung 1115 (1997) folgenden Absatz
einzufügen:
„Bei der Berichterstattung gegenüber dem Präsidium der Versammlung über den
Post-Monitoring-Dialog mit einem Mitgliedstaat nach einer Entscheidung der Ver-
sammlung hat der Überwachungsausschuss in seinem entsprechenden Bericht
anzugeben, ob der Post-Monitoring-Dialog mit diesem Staat als beendet anzusehen
ist:
stimmt das Präsidium der Empfehlung des Überwachungsausschusses zu, den
Post-Monitoring-Dialog abzuschließen, sollte diese Empfehlung in dem
Fortschrittsbericht des Präsidiums und des Ständigen Ausschusses
festgehalten werden;
ist das Präsidium mit der Empfehlung des Ausschusses, den Post-Monitoring-
Dialog abzuschließen, nicht einverstanden, wird das von dem Überwachungs-
ausschuss angenommene Memorandum unter Abweichung von Art. 49.2 der
Geschäftsordnung in einen Bericht umgewandelt, der einen
Entschließungsentwurf enthält, und das Präsidium setzt den Punkt auf die
Tagesordnung und das Arbeitsprogramm der nächsten Tagung der
Versammlung zur Aussprache und Annahme des Entschließungsentwurfs.
Ein Vertreter des Präsidiums kann bei dieser Aussprache in dessen Namen
das Wort ergreifen.“
5.3. Die neuen Bestimmungen treten mit ihrer Annahme in Kraft.
6. Die Versammlung stellt mit Genugtuung fest, dass die Kommission der Europäischen Union
bei ihrer Beurteilung der Fortschritte der Staaten, die an dem Beitritts- oder
Vorbeitrittsverfahren der Europäischen Union beteiligt sind, regelmäßig auf die Erfüllung
der Pflichten und Verpflichtungen gegenüber dem Europarat verweist. Die Einhaltung der
Pflichten und Verpflichtungen des Europarates ist außerdem ein sehr wichtiger Bestandteil
der Bewertung der Demokratie- und Menschenrechtsbilanz der europäischen Staaten, die an
der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) teilnehmen oder der Russischen Föderation,
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 51 – Drucksache 16/3400
mit der die Europäische Union eine besondere Partnerschafts- und
Kooperationsvereinbarung geschlossen hat. Somit kommt der Arbeit des
Überwachungsausschusses im Rahmen der künftigen Erweiterung der Europäischen Union,
der ENP oder von Sondervereinbarungen überragende Bedeutung zu. Das bekräftigte
kürzlich auch der luxemburgische Ministerpräsident Juncker in seinem Bericht über die
Beziehungen zwischen dem Europarat und der Europäischen Union.
7. Die Versammlung
7.1. erinnert deshalb an ihre Empfehlung 1724 (2005) „Der Europarat und die
Europäische Nachbarschaftspolitik der Europäischen Union“ und weist erneut darauf
hin, dass bei unter die ENP fallenden Staaten, die Mitglieder des Europarates sind,
die Einhaltung der Pflichten und Verpflichtungen des Europarates zu einer
Vorbedingung für jede weitere europäische Integration gemacht werden sollte;
7.2. unterstützt in vollem Umfang die in dem Juncker-Bericht gemachte Empfehlung,
wonach eine Regel eingeführt werden sollte, wonach Berichte, Schlussfolgerungen
und Empfehlungen an die betreffenden Staaten, die unter anderen von seinem
Überwachungsausschuss abgegeben werden sowie die eigenen Entschließungen über
die Einhaltung von Pflichten und Verpflichtungen durch Mitgliedstaaten des
Europarates systematisch und ausdrücklich als erste Bezugsgrundlage in Europa für
Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte zitiert werden sollten;
7.3. ermutigt seinen Überwachungsausschuss dazu, seine Kontakte mit dem Europäischen
Parlament sowie den entsprechenden Dienststellen der Kommission der
Europäischen Union und des EU-Ministerrats auszubauen.
8. Die Entschließung 1115 (1997) unterstreicht eindeutig, wie wichtig es ist, „die volle
Einhaltung der Verpflichtungen aller Mitgliedstaaten [des Europarates] im Geiste der
Zusammenarbeit und der Nichtdiskriminierung sicherzustellen“ und überträgt dem
Überwachungsausschuss die Aufgabe, nicht nur die Einhaltung der spezifischen
Verpflichtungen, die von den Mitgliedstaaten bei ihrem Beitritt zum Europarat übernommen
worden sind, sondern in erster Linie „die Verpflichtungen, die die Mitgliedstaaten nach der
Satzung des Europarates, der Europäischen Menschenrechtskonvention und allen übrigen
Übereinkommen des Europarates, denen sie beigetreten sind, übernommen haben“ zu
überprüfen.
9. Trotz des klaren Wortlauts der Entschließung 1115 (1997) und anschließend der Appelle der
Versammlung ist es dem Überwachungsausschuss bisher nicht möglich gewesen, sein
Mandat voll auszuüben und die Einhaltung satzungsgemäßer Verpflichtungen, wie alle
Mitgliedstaaten sie übernommen haben, zu überprüfen, da – außer bei einem Mitgliedstaat –
Überwachungsverfahren bisher nur für Mitgliedstaaten eingeleitet worden sind, die der
Organisation seit 1989 beigetreten sind. Gleichzeitig trifft es auch zu, dass der Mechanismus
zur Einleitung neuer Überwachungsverfahren komplex und mit einem bestimmten
politischen Gewicht versehen ist.
10. Dementsprechend begrüßt die Versammlung die Initiative des Überwachungsausschusses,
ihre jährlichen Fortschrittsberichte für die Versammlung durch periodische Berichte über
Staaten zu ergänzen, die zur Zeit noch keinem Überwachungsverfahren unterliegen oder in
einen Post-Monitoring-Dialog einbezogen sind. Diese Berichte werden folgende Grundlagen
haben:
Drucksache 16/3400 – 52 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
10.1. eine Land für Land erfolgende Bewertung, die von anderen Gremien und
Institutionen des Europarates durchgeführt wird (Ministerkomitee,
Menschenrechtskommissar, Kongress der Gemeinden Europas, Staatengruppe gegen
Korruption (GRECO), Expertenausschuss zur Beurteilung von Maßnahmen gegen
Geldwäsche (MONEYVAL), Europäisches Komitee zur Verhinderung der Folter
und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT), Beirat zum
Rahmenübereinkommen für den Schutz nationaler Minderheiten, Expertenausschuss
der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen, Europäische
Kommission gegen Rassismus und Intoleranz und Europäisches Komitee für soziale
Rechte);
10.2. Entschließungen und Empfehlungen der Versammlung zu spezifischen Fragen in den
Mitgliedstaaten, die von Berichterstattern anderer Ausschüsse der Versammlung
geprüft worden sind.
11. Die Versammlung unterstreicht, dass, wenn die Situation dies rechtfertigt, in
Übereinstimmung mit Absatz 2 des Anhangs der Entschließung 1115 (1997) das Bestehen
solcher regelmäßiger Berichte nicht der Einleitung eines Überwachungsverfahrens
entgegenstehen darf, was einen oder mehrere nach Absatz 2 des Anhangs betroffene Staaten
angeht.
12. In diesem Jahr hat der Überwachungsausschuss solche Berichte über 11 von 33
Mitgliedstaaten vorgelegt, die zur Zeit keinem Überwachungsverfahren oder einem Post-
Monitoring-Dialog unterliegen und die aufgrund der alphabetischen Reihenfolge ausgewählt
worden sind: Andorra, Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Island,
Kroatien, Tschechische Republik und Zypern. Eine zweite Gruppe von Staaten wird in
Verbindung mit dem Fortschrittsbericht 2007 des Überwachungsausschusses geprüft
werden, worauf der erste Dreijahreszyklus mit der letzten Gruppe von Staaten abgeschlossen
werden wird, die 2008 geprüft werden.
13. Auf der Grundlage der Berichte, die dem diesjährigen Fortschrittsbericht des
Überwachungsausschusses beigefügt sind, bittet die Versammlung
13.1. die nationalen Parlamente der betreffenden Staaten,
13.1.1. diese Berichte als Grundlage für eine Aussprache über die Bilanz ihres
Staates im Hinblick auf die Erfüllung seiner gesetzlichen und sonstigen
vertraglichen Verpflichtungen als Mitgliedstaat des Europarates zu
verwenden;
13.1.2. die Vollstreckung der Urteile des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte und die Einhaltung der Empfehlungen des
Menschenrechtskommissars und der übrigen spezifischen
Überwachungsgremien des Europarates zu fördern, und zwar sowohl
durch Einleitung und Beschleunigung erforderlicher gesetzgeberische
Initiativen als auch durch Wahrnehmung ihrer Rolle bei der Überwachung
des staatlichen Handelns;
13.2. die vorübergehende Entschließung zur Kenntnis nehmend, die das Ministerkomitee
am 5. April 2006 in Bezug auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte in der Sache ýonka gegen Belgien hat ergehen lassen, und bestärkt
die belgischen Behörden und insbesondere das belgische Parlament darin, die für die
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 53 – Drucksache 16/3400
umfassende Vollstreckung des Urteils erforderlichen gesetzgeberischen Reformen zu
beschleunigen;
13.3. den Menschenrechtskommissar, bei der Organisation von Besuchen und der
Ausarbeitung von Berichten Belgien, Deutschland und Österreich den Vorrang zu
geben, die sein Vorgänger nicht besucht hatte.
14. Die Versammlung, mit der Feststellung, dass eine Reihe der betreffenden Mitgliedstaaten
bestimmten Überwachungsmechanismen der Organisation noch nicht unterliegen, weil sie
die entsprechenden Konventionen nicht ratifiziert haben oder den einschlägigen Gremien
nicht beigetreten sind, fordert die Mitgliedstaaten auf, innerhalb von drei Jahren die
notwendigen Schritte einzuleiten. Die Versammlung dringt vor allem darauf, dass
14.1. Andorra die Europäische Charta der lokalen Selbstverwaltung unterzeichnet und
ratifiziert und Frankreich sie ratifiziert;
14.2. Andorra, Belgien, Deutschland, Frankreich und Österreich die Zivilrechtskonvention
gegen Korruption ratifizieren;
14.3. Andorra, Deutschland, Frankreich und Österreich auch die Strafrechtskonvention
gegen Korruption ratifizieren;
14.4. Andorra, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Kroatien und die Tschechische
Republik das Übereinkommen von 2005 über Geldwäsche sowie Ermittlung,
Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten und über die
Finanzierung des Terrorismus unterzeichnen und ratifizieren und Belgien, Finnland,
Österreich und Zypern sie ratifizieren, wobei darauf hingewiesen wird, dass alle
diese Staaten das Übereinkommen von 1990 zu der gleichen Thematik ratifiziert
haben;
14.5. Andorra, Dänemark und Frankreich das Protokoll Nr. 12 zur Europäischen
Menschenrechtskonvention unterzeichnen und ratifizieren und Belgien, Deutschland,
Estland, Österreich und die Tschechische Republik es ratifizieren;
14.6. Frankreich das Protokoll Nr. 13 zur Europäischen Menschenrechtskonvention
ratifiziert;
14.7. Andorra und Belgien das Protokoll Nr. 14 zu Europäischen Menschenrechts-
konvention ratifizieren;
14.8. Dänemark, Deutschland, Österreich und die Tschechische Republik die überarbeitete
Europäische Sozialcharta ratifizieren, wobei festzuhalten ist, dass alle diese Staaten
die Europäische Sozialcharta von 1961 ratifiziert haben;
14.9. Andorra, Deutschland und Estland das Protokoll zur Europäischen Sozialcharta über
Sammelklagen unterzeichnen und ratifizieren und Dänemark, Österreich und die
Tschechische Republik es ratifizieren;
14.10. Andorra und Frankreich das Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler
Minderheiten unterzeichnen und ratifizieren und Belgien es ratifiziert;
14.11. Andorra, Belgien und Estland die Europäische Charta der Regional- oder
Minderheitensprachen unterzeichnen und ratifizieren und Frankreich und die
Tschechische Republik sie ratifizieren;
Drucksache 16/3400 – 54 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
14.12. Österreich den spezifischen Überwachungsgremien von GRECO und MONEYVAL
beitritt;
14.13. Belgien, Dänemark, Deutschland und Finnland MONEYVAL beitreten.
Empfehlung 1753 (2006)
12
betr.
die Außenbeziehungen des Europarates
1. Die Parlamentarische Versammlung ist der Auffassung, dass eine stärkere Einbeziehung des
Europarates in die Förderung der Werte der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der
Achtung der Menschenrechte außerhalb seiner Grenzen über seine Außenbeziehungen zum
Frieden und zur Stabilität seiner Mitgliedstaaten und externen Partner beitragen würde.
Dadurch würde auch die Bedeutung des Europarates in dem gegenwärtigen europäischen
und weltweiten Rahmen wieder gefestigt.
2. Die Versammlung verweist auf die Entschließung 1506 (2006) über die Außenbeziehungen
des Europarates und bittet das Ministerkomitee, die darin enthaltenen Vorstellungen und
Vorschläge gebührend zu würdigen.
3. Dementsprechend ruft sie das Ministerkomitee auf, die Außenbeziehungen des Europarates
auszubauen und dabei folgenden Aufgaben Vorrang zu geben:
3.1. Stärkung bestehender Partnerschaften, insbesondere mit Beobachterstaaten, und
Bemühungen um den Aufbau neuer Partnerschaften mit Ländern, die sich den
gleichen oder ähnlichen demokratischen Werten verpflichtet fühlen;
3.2. Förderung europäischer demokratischer Werte als Teil eines verstärkten
interkulturellen, interethnischen und interreligiösen Dialogs mit Nachbarn des
Europarates, insbesondere im Mittelmeerraum, dem Nahen Osten und Zentralasien,
und Unterstützung bestimmter Nachbarländer, vor allem der an der Europäischen
Nachbarschaftspolitik der Europäischen Union (EU) teilnehmenden Staaten, bei der
Entwicklung hin zur Demokratie über eine auf Kooperation beruhende Politik;
3.3. Aufbau eines Netzwerks von Beziehungen, eines dauerhaften und strukturierten
Dialogs sowie eines spezifischen modus operandi mit Organisationen, die sich für
die Förderung demokratischer Grundsätze einsetzen.
4. Die Versammlung bittet das Ministerkomitee,
4.1. in Absprache mit Vertretern der betreffenden Staaten die Zusammenarbeit mit den
Staaten zu überprüfen, die Beobachterstatus haben und gegebenenfalls die
satzungsmäßige Entschließung (93) 26 so zu ändern, dass Beobachter mehr in die
Tätigkeiten des Europarates einbezogen werden können;
4.2. zusätzlich zu dem in der satzungsmäßigen Entschließung (93) 26 dargelegten
Beobachterstatus die Einführung eines neuen Status für Nichtmitgliedstaaten zu
12
Versammlungsdebatte am 26. Juni 2006 (16. Sitzung) (siehe Dok.10956, Bericht des Politischen Ausschusses,
Berichterstatter: Herr Adrian Severin). Von der Versammlung am 26. Juni 2006 (16. Sitzung) verabschiedeter Text.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 55 – Drucksache 16/3400
prüfen, die sich an einem Dialog und einer Zusammenarbeit mit dem Europarat
interessiert zeigen, aber noch nicht in der Lage sind, die volle Einhaltung seiner
Grundsätze zu gewährleisten;
4.3. die Möglichkeit ins Auge zu fassen, einige der Instrumente, Institutionen und
Mechanismen des Europarates (zum einen unter Einschluss der Europäischen
Menschenrechtskonvention und des Gerichtshofs sowie der Europäischen
Antifolterkonvention und zum anderen die Abläufe für den außergerichtlichen
Schutz der Menschenrechte wie das Büro des Menschenrechtskommissars)
bestimmten Nichtmitgliedstaaten – je nach dem von ihnen eingenommenen Status –
zu öffnen.
5. Die Versammlung ersucht darüber hinaus das Ministerkomitee,
5.1. weiterhin die strategische Partnerschaft mit der Europäischen Union auszubauen,
um so die Perspektive der Integration der EU und des Europarates in einem
gesamteuropäischen Raum gemeinsamer demokratischer Werte auf der Grundlage
eines aussagekräftigen und visionären Memorandum of Understanding zu wahren,
das unter anderem folgenden Zielen dienen sollte:
5.1.1. Abgrenzung der Zuständigkeiten der beiden Organisationen;
5.1.2. Festlegung der erforderlichen Subsidiaritätsmechanismen;
5.1.3. Ermöglichung des Zugangs der EU zu den Konventionen, Institutionen
und Instrumenten des Europarates (einschließlich des Zugangs zur
Europäischen Menschenrechtskonvention und der Schaffung einer
einheitlichen europäischen Gerichtsinstanz für Grundrechte);
5.1.4. Errichtung eines Systems für die regelmäßige Kommunikation,
Konsultation, Koordinierung und Kooperation zwischen den beiden
Organisationen;
5.2. Aufbau einer engen Zusammenarbeit mit der OSZE durch Ermittlung gemeinsamer
Ziele und Beurteilung komparativer Vorteile innerhalb klar umrissener
Zuständigkeits-bereiche, wobei der Europarat sich in erster Linie dafür einsetzt, bei
der Erarbeitung von Gesetzen, dem Aufbau demokratischer Institutionen, der
Stärkung des demokratischen Bewusstseins und der Aufklärung der Öffentlichkeit
sowie ganz allgemein für den demokratischen Nationenaufbau tätig zu
werden,während die OSZE sich auf Konflikt-verhütung, Krisenbewältigung und
Friedenskonsolidierung in der Konfliktfolge konzentriert;
5.3. Intensivierung der Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen und ihren
Sonderorganisationen, um auf diese Weise beide Seiten in vollem Umfang Nutzen
aus den Erfahrungen und dem Sachverstand der jeweils anderen Seite ziehen zu
lassen, wobei der Vorrang der Förderung und Verteidigung universeller Werte, der
Verwirklichung der Millennium-Entwicklungsziele und dem Beitrag zu
Bemühungen um die Schaffung von Frieden und Demokratie gilt;
5.4. Verstärkung der Zusammenarbeit mit anderen europäischen, transatlantischen und
euroasiatischen Organisationen, wenn diese Beziehungen auf gemeinsamen Werten
beruhen oder zur Förderung der Grundsätze des Europarates beitragen können;
Drucksache 16/3400 – 56 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
5.5. Koordinierung der Positionen der Mitgliedstaaten in verschiedenen internationalen
Foren, insbesondere den Vereinten Nationen (VN) und der OSZE, zu die
Organisation betreffenden Fragen, um auf diese Weise die Position des Europarates
effektiver und kohärenter verteidigen zu können;
5.6. Erwägung der Möglichkeit, in wichtigen internationalen Hauptstädten wie New
York, Genf und Wien eine Präsenz des Europarates zu schaffen, um auf diese
Weise die Zusammenarbeit mit den VN und der OSZE zu verstärken und es dem
Rat zu ermöglichen, seine Leistungen besser bekannt zu machen und dafür zu
sorgen, dass diese Organisationen sie bei ihren eigenen Tätigkeiten verstärkt
berücksichtigen.
6. Die Versammlung bestärkt die Beobachterstaaten darin, in vollem Umfang die
Möglichkeiten zu nutzen, die ihnen ihr Status beim Europarat bietet und insbesondere:
6.1. sich auf intergouvernementaler wie auf parlamentarischer Ebene aktiver in den
politischen Dialog einzubringen;
6.2. in den für ihre Teilnahme offen stehenden Gremien und Institutionen des
Europarates eine aktivere Rolle zu spielen;
6.3. die Nichtmitgliedstaaten offen stehenden Konventionen des Europarates zu
unterzeichnen und zu ratifizieren;
6.4. zu von dem Europarat verfochtenen Werten und seinen Erfahrungen beizutragen.
7. Die Versammlung begrüßt die Einsetzung einer Berichterstattergruppe des Ministerkomitees
für auswärtige Beziehungen (GR-EXT) und freut sich auf die Anbahnung eines
regelmäßigen Dialogs zwischen dieser Gruppe und ihren entsprechenden Ausschüssen.
Empfehlung 1754 (2006)
13
betr. die angeblichen geheimen Verhaftungen und die unrechtmäßige Verbringung von
Häftlingen zwischen Staaten mit Beteiligung von Mitgliedstaaten des Europarates
1. Die Parlamentarische Versammlung verweist auf ihre Entschließung 1507 (2006) betreffend
angebliche geheime Verhaftungen und die unrechtmäßige Verbringung von Häftlingen
zwischen Staaten mit Beteiligung von Mitgliedstaaten des Europarates.
2. Die Versammlung verweist ferner auf ihre Entschließung 1433 (2005) und ihre Empfehlung
betreffend die Rechtmäßigkeit der Inhaftierung von Personen durch die Vereinigten Staaten
in Guantánamo Bay.
3. Die Versammlung ruft das Ministerkomitee dringend auf, eine Empfehlung an die
Mitgliedstaaten des Europarates auszuarbeiten, die Folgendes enthält:
3.1. gemeinsame Maßnahmen für eine effektivere Gewährleistung der Menschenrechte
von Personen, die terroristischer Gewalttaten verdächtig sind, die in Mitgliedstaaten
des Europarates gefangen genommen, festgehalten oder durch diese Länder
transportiert werden;
13
Debatte der Versammlung am 27. Juni 2006 (17. Sitzung). (Siehe Dok. 10957, Bericht des Ausschusses für Recht und
Menschenrechte, Berichterstatter: Herr Dick Marty). Von der Versammlung verabschiedeter Text am 27. Juni 2006
(17. Sitzung).
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57 – Drucksache 16/3400
3.2. eine Reihe von Mindestanforderungen für Klauseln zum Schutz der Menschenrechte,
die in bilaterale und multilaterale Übereinkünfte mit Dritten aufgenommen werden,
insbesondere solche betreffend die Nutzung von Militäreinrichtungen im Gebiet der
Mitgliedstaaten des Europarates.
4. Die Versammlung fordert mit aller Dringlichkeit,
4.1. auf internationaler Ebene eine Initiative auf den Weg zu bringen, die ausdrücklich
die Vereinigten Staaten als Beobachter im Europarat einbezieht, um eine
gemeinsame wirklich globale Strategie zur Bewältigung der terroristischen
Bedrohung zu entwickeln. Alle Elemente der Strategie sollten den Grundprinzipien
unseres gemeinsamen Erbes hinsichtlich Demokratie, Menschenrechte und Achtung
der Rechtsstaatlichkeit entsprechen;
4.2. in Fällen, in denen Staaten nicht in der Lage oder nicht bereit sind, Personen, die
terroristischer Gewalttaten bezichtigt werden, strafrechtlich zu verfolgen, den
Vorschlag zu prüfen, diese Personen der Gerichtsbarkeit eines internationalen
Gerichts zu unterstellen, das die Kompetenz hat, ihnen den Prozess zu machen. In
Betracht käme die Möglichkeit, den Internationalen Gerichtshof mit dieser
Kompetenz auszustatten und zugleich die Einladung an die Vereinigten Staaten und
an andere Länder, die dem Gerichtshof noch nicht beigetreten sind, zu erneuern, ihm
beizutreten.
4.3. dass der Generalsekretär die Mitgliedstaaten weiterhin um Fortschrittsberichte
ersucht im Hinblick auf ihre Untersuchungen in dieser Angelegenheit und der
Parlamentarischen Versammlung so bald wie möglich Bericht erstattet.
5. Die Versammlung empfiehlt ferner, dass das Ministerkomitee erwägen sollte, Artikel 11
Absatz 1 des Europäischen Übereinkommens zur Verhütung von Folter und unmenschlicher
oder erniedrigender Behandlung oder Strafe zu ändern, in dem steht, dass die Informationen,
die der Ausschuss bei einem Besuch erhält, sein Bericht und seine Konsultationen mit der
betreffenden Vertragspartei vertraulich sind.
6. Die Versammlung spricht schließlich die Empfehlung aus, das Ministerkomitee möge
Möglichkeiten zur Verbesserung der Fähigkeit des Europarates prüfen, auf Behauptungen
betreffend systematische Menschenrechtsverletzungen mit Beteiligung mehrerer
Mitgliedstaaten rasch und wirksam zu reagieren.
Empfehlung 1755 (2006)
14
betr.
die Menschenrechte irregulärer Einwanderer
1. Die Parlamentarische Versammlung verweist auf ihre Entschließung 1509 (2006) über die
Menschenrechte irregulärer Einwanderer.
14
Versammlungsdebatte am 27. Juni 2006 (18. Sitzung) (siehe Dok. 10924, Bericht des Ausschusses für
Wanderbewegungen, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen, Berichterstatter: Herr van Thijn). Von der Versammlung
verabschiedeter Text am 27. Juni 2006 (18. Sitzung).
Drucksache 16/3400 – 58 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
2. Die Versammlung ist überzeugt, dass es notwendig ist, die für irreguläre Einwanderer
geltenden Mindestrechte zu klären. Die Versammlung erkennt an, dass ein speziell den
Rechten irregulärer Einwanderer gewidmetes Rechtsinstrument bei den Mitgliedstaaten des
Europarates kaum Unterstützung finden dürfte, stellt jedoch fest, dass es andere Wege gibt,
um die Mindestrechte irregulärer Einwanderer zu kodifizieren und zu klären.
3. Die Versammlung empfiehlt darum dem Ministerkomitee,
3.1. die entsprechenden intergouvernementalen Ausschüsse anzuweisen, eine Liste der
Mindestrechte irregulärer Einwanderer, unter Einschluss bürgerlicher und politischer,
sozialer und wirtschaftlicher Rechte, zu erarbeiten, um eine Empfehlung oder
Leitsätze für die Annahme durch das Ministerkomitee vorzubereiten. Diese
Mindestrechte sollten diejenigen Rechte als Ausgangspunkt nehmen, die in der oben
erwähnten Entschließung 1509 (2006) über die Menschenrechte irregulärer
Einwanderer genannt werden.
3.2. den Europäischen Migrationsausschuss (CDMG) anzuweisen, eine Rundtisch-
Diskussion über den Stand der Ratifizierungen der Internationalen Konvention zum
Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen durch
die Mitgliedstaaten des Europarates zu veranstalten, um die Hindernisse zu
analysieren, die den Mitgliedstaaten für eine Ratifizierung dieses Vertrages im Wege
stehen;
3.3. die Effektivität beim Schutz der Rechte irregulärer Einwanderer betreffender
Menschenrechtsinstrumente, insbesondere der Europäischen Sozialcharta und der
überarbeiteten Sozialcharta, im Auge zu behalten, um zu prüfen, ob die
Notwendigkeit besteht, Menschenrechtsinstrumente auszubauen, um die Rechte
irregulärer Einwanderer auf diese Weise effektiver zu schützen.
Empfehlung 1756 (2006)
15
betr.
die Umsetzung der Beschlüsse des Dritten Gipfels des Europarates
1. Die Beschlüsse des Dritten Gipfels des Europarates der Staats- und Regierungschefs, der
vom 16. bis 17. Mai 2005 in Warschau stattfand, gaben die allgemeine Richtung und die
Prioritäten für die Aktivitäten des Europarates in den nächsten Jahren vor. Sie bekräftigen
die Aufgabe der Organisation zur Konsolidierung der paneuropäischen Einheit und zum
Aufbau eines Größeren Europas ohne Trennungslinien durch eine stärkere Kooperation und
Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten und europäischen Nationen.
2. Außerdem verstärken diese Beschlüsse die Rolle des Europarates zum Schutz und zur
Förderung von Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie sozialer
Kohäsion, Bildung für alle sowie zur Wahrung des gemeinsamen Erbes und der kulturellen
Vielfalt. Sie spiegeln die Absicht der Staats- und Regierungschefs zur Förderung der
Kohäsion unserer Gesellschaften in ihrer sozialen, bildungspolitischen, gesundheitlichen
und kulturellen Dimension wider.
15
Versammlungsdebatte am 28. Juni 2006 (20. Sitzung) (siehe Dok. 10958, Bericht des Politischen Ausschusses,
Berichterstatter: Herr Konstantin Kosachew). Von der Versammlung verabschiedeter Text am 28. Juni 2006
(20. Sitzung).
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 59 – Drucksache 16/3400
3. Zur Erreichung dieses Ziels verpflichten sie den Europarat, den interkulturellen und
interreligiösen Dialog sowohl unter den europäischen Völkern als auch zwischen Europa
und seinen Nachbarregionen sowie den Schutz nationaler Minderheiten und die
Freizügigkeit des Personenverkehrs auf dem Kontinent zu fördern, um Diskriminierung zu
bekämpfen und Bestimmungen und wirksame Mechanismen zu ihrer Verhinderung und
Beseitigung weiter zu entwickeln.
4. Ferner wurde der Europarat angewiesen, seinen Beitrag zu den internationalen Maßnahmen
gegen Terrorismus, Korruption und organisiertes Verbrechen, einschließlich Geldwäsche
und Finanzkriminalität, Menschenhandel, Cyberkriminalität und Bioethik sowie neue
Herausforderungen, die den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt begleiten, weiter
zu entwickeln.
5. Der Gipfel hat die Entschlossenheit der Staats- und Regierungschefs gezeigt zu
gewährleisten, dass der Europarat die ihm gebührende Rolle in einem sich wandelnden
Europa spielt durch die Förderung der Synergie seiner Aktivitäten mit denen der OSZE und
der EU.
6. Die Parlamentarische Versammlung begrüßte die Ergebnisse des Gipfels und betonte die
Wichtigkeit einer ordnungsgemäßen Umsetzung seiner Beschlüsse in Empfehlung 1712
(2005). Ein Jahr nach dem Gipfel ist es an der Zeit, die diesbezüglich erfolgten Fortschritte
zu überprüfen.
7. Die Versammlung befindet sich in einer guten Lage zur Überwachung der Umsetzung der
Beschlüsse des Gipfels. Bei der Ausübung dieser Aufgabe schenkt sie den weit reichenden
Beschlüssen besondere Beachtung, die das Bild Europas für viele künftige Jahre bestimmen
werden. Die Versammlung führt die Beurteilung auf der Grundlage ihrer eigenen
Vorstellung durch, was für die Effizienz der Arbeit des Europarates von entscheidender
Bedeutung ist, wie in Empfehlung 1693 (2003) dargelegt.
8. Die Parlamentarische Versammlung zieht Bilanz im Hinblick auf die Umsetzung der auf
dem Dritten Gipfel gefassten Beschlüsse und stellt mit Befriedigung fest und begrüßt
8.1. die Einsetzung der Gruppe der Weisen, die beauftragt ist, eine umfassende Strategie
zur Gewährleistung der langfristigen Effektivität der Konvention zum Schutze der
Menschenrechte und Grundfreiheiten und des Europäischen
Menschenrechtsgerichtshofes zu gewährleisten, sowie die anfänglichen Ergebnisse
ihrer Überlegungen;
8.2. die Einrichtung des Forums für die Zukunft der Demokratie, das seine erste Sitzung
am 4. November 2005 in Warschau abhielt und seine nächste Sitzung vom 18. bis
19. Oktober 2006 in Moskau durchführen wird;
8.3. die Umwandlung und Verbesserung der Modalitäten der thematischen Überwachung
des Ministerkomitees der Einhaltung der von den Mitgliedstaaten eingegangenen
Verpflichtungen;
8.4. die Schaffung der hochrangigen Task Force für soziale Kohäsion im 21. Jahrhundert;
Drucksache 16/3400 – 60 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
8.5. die Schlussfolgerungen des von Jean-Claude Juncker erstellten Berichts über die
Beziehungen zwischen dem Europarat und der Europäischen Union;
8.6. die von Ministerkomitee und Generalsekretär unternommenen Maßnahmen, um die
Arbeitsweise des Europarates offener, transparenter und besser sichtbar zu machen
und seine Organisationsstruktur und Arbeitsmethoden zu überprüfen;
8.7. die Einrichtung des Ausschusses zur Weiterverfolgung des Dritten Gipfels des
Ministerkomitees unter Beteiligung von Vertretern der Parlamentarischen
Versammlung und des Kongresses der Gemeinden und Regionen in Europa;
8.8. die Aufnahme der Beschlüsse des Dritten Gipfels in das Arbeitsprogramm des
Europarates durch ihre Eingliederung in das Tätigkeitsprogramm und den Haushalt
ab 2006.
9. Gleichzeitig ist die Versammlung besorgt über den unzureichenden Anstieg bei der Nutzung
des herausragenden Normsetzungspotenzials des Europarates. Der Europarat sollte
fortfahren, die führende Rolle in Europa auf dem Gebiet der Normsetzung und der
Entwicklung des Völkerrechts zu spielen. Er hat die Aufgabe, normative Instrumente zu
schaffen, die nach ihrer Ratifizierung in gleicher Weise Rechtsgültigkeit für die Europäische
Union wie für Nicht-EU-Mitgliedstaaten hätten.
10. Die Versammlung betont, dass es die Berufung des Europarates ist, das wichtigste
internationale Instrument zur Schaffung eines echten paneuropäischen Rechtsraumes zu
werden, indem er mit der Harmonisierung und Vereinheitlichung des nationalen Rechts in
Europa fortfährt. Die breite Erfahrung und der Sachverstand des Europarates sind von
besonderer Bedeutung in neuen prioritären Bereichen der Normsetzung wie interne
Sicherheitsfragen, Zusammenarbeit zwischen Polizei und Justizorganen,
Migrationskontrolle und visafreies Reisen, politische Parteienfinanzierung, Schutz des
privaten Eigentums und Vereinbarung der Interessen des Wohlfahrtsstaates mit denen der
Unternehmensgemeinschaft, Gewährleistung der wirtschaftlichen Freiheiten, die dem
Größeren Europa gemein sind – freier Verkehr von Beschäftigung, Gütern, Dienstleistungen
und Kapital – auf europaweiter Ebene und Verwirklichung auf kontinentaler Ebene der in
der Satzung des Europarates vereinbarten Ziele.
11. Besondere Beachtung sollte der Vereinbarung der Wahlstandards mit den Wahlpraktiken der
Mitgliedstaaten geschenkt werden. In diesem Zusammenhang sollte das Ministerkomitee die
Ausarbeitung eines Entwurfs für ein europäisches Übereinkommen über Wahlstandards,
Wahlrechte und –freiheiten aktiver verfolgen.
12. Außerdem fordert die Versammlung zur besseren Umsetzung der Beschlüsse des Gipfels
12.1 Im Hinblick auf die Effektivität des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte
12.1.1. die Mitglieder der Gruppe der Weisen nachdrücklich dazu auf,
innovativer, pragmatischer und mutiger bei ihren Vorschlägen zu sein und
nicht zu zögern, neue Ansätze zu entwickeln;
12.1.2. die Mitgliedstaaten nachdrücklich dazu auf, Initiativen zur Verbesserung
ihrer internen Lage zu ergreifen, ohne die Vorschläge der Gruppe der
Weisen abzuwarten. Sie müssen ihre Verpflichtung anerkennen, die
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 61 – Drucksache 16/3400
nötigen Maßnahmen zur Verbesserung des Leistungsvermögens nationaler
Gerichtssysteme zu ergreifen und eine unmittelbare Anwendung der
Bestimmungen der Konvention und des Fallrechts des Europäischen
Menschenrechtsgerichtshofes gewährleisten;
12.1.3. ersucht die Mitgliedstaaten, Vorschläge auf der Grundlage ihrer nationalen
Erfahrung zu machen zur Einführung von Änderungen an der Konvention,
um die Effizienz des Gerichtshofes zu verbessern;
12.1.4. ruft das Ministerkomitee auf, sein Äußerstes zur Gewährleistung des
Erfolgs der Arbeit der Gruppe der Weisen zu tun.
12.2. Im Hinblick auf das Forum für Demokratie
12.2.4. ruft das Ministerkomitee auf, seine Bemühungen fortzusetzen, das Forum
zu einem wirklichen Instrument zur Förderung der Werte des Europarates
zu machen, unter umfassender Beteiligung der Parlamentarischen
Versammlung.
12.3. Im Hinblick auf das Normsetzungspotenzial
12.3.1. fordert das Ministerkomitee nachdrücklich dazu auf, diesbezüglich eine
neue besondere Tätigkeitsstrategie zu entwickeln und sie zu einem
späteren Zeitpunkt in das multilaterale Tätigkeitsprogramm des
Europarates und das Haushaltsverfahren aufzunehmen;
12.3.2. rät dem Ministerkomitee, breitere Konsultationen über eine solche
Strategie einzuleiten unter voller Beteiligung der Vertreter der
Parlamentarischen Versammlung und der wichtigsten Ausschüsse;
12.3.3. ersucht den Generalsekretär, unverzüglich einen Entwurf für eine solche
Strategie auzuarbeiten.
12.4. Im Hinblick auf die Stärkung eines Übereinkommenssystems
12.4.1. verweist auf die in der Warschauer Erklärung enthaltene Verpflichtung,
auf die weitestmögliche Akzeptanz der Übereinkommen des Europarates
hinzuarbeiten;
12.4.2. wiederholt in dieser Hinsicht den in Empfehlung 1693 (2005) enthaltenen
Vorschlag, in dem das Ministerkomitee aufgerufen wird, das
Übereinkommenssystem des Europarates durch die Erstellung eines
Kodexes wichtiger Übereinkommen zu stärken und diese zu aktualisieren
und neu zu beleben;
12.4.3. regt an, dass das Ministerkomitee in Zusammenarbeit mit anderen Organen
des Europarates den größten Teil seiner Aktivitäten von bilateralen
Hilfsprogrammen auf die multilaterale Teilung vorbildlicher Praktiken und
die gleiche Beteiligung aller Mitgliedstaaten an der Ausarbeitung neuer
Instrumente des Völkerrechts und der europäischen Integration verlagert
und die Normsetzung vorantreibt.
Drucksache 16/3400 – 62 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
12.5. Im Hinblick auf die Einhaltung der Verpflichtungen durch die Mitgliedstaaten und
die Förderung des politischen Dialogs
12.5.1. erinnert das Ministerkomitee daran, dass die verschiedenen
Überwachungsverfahren überarbeitet werden sollten, um sie auf
vergleichbare und transparente Art und Weise auf alle Mitgliedstaaten
anzuwenden, und dass ihre Ergebnisse auf verständliche Art und Weise
zusammengeführt werden sollten, wie in Empfehlung 1693 (2005)
dargelegt.
12.6. Im Hinblick auf die Beziehungen zur EU
12.6.1. begrüßt die Entscheidung des Ministerkomitees, eine Follow-up-Gruppe
auf hoher Ebene unter Beteiligung der relevanten Institutionen des
Europarates zur Prüfung des Juncker-Berichts und der in ihm enthaltenen
Empfehlungen einzusetzen;
12.6.2. fordert das Ministerkomitee nachdrücklich dazu auf, alle konstruktiven
Vorschläge, die in dem Bericht von Jean-Claude Juncker überzeugend
dargelegt wurden, in die Vereinbarung über die Zusammenarbeit
(Memorandum of Understanding) zwischen beiden Organisationen
aufzunehmen;
12.6.3. fordert das Ministerkomitee nachdrücklich dazu auf, anderen Vorschlägen
Rechnung zu tragen, die die Versammlung in Empfehlung 1712 (2005)
unterbreitet hat;
12.6.4. ersucht das Ministerkomitee, die Parlamentarische Versammlung offiziell
zu einem Entwurf einer Vereinbarung über die Zusammenarbeit zu
konsultieren, der die Grundlage für Verhandlungen mit der EU vor seiner
Verabschiedung sein wird.
12.7. Im Hinblick auf neue Herausforderungen
12.7.1. ersucht den Generalsekretär und das Ministerkomitee, eine Reihe von
Überlegungskonferenzen zu veranstalten, um mit der Evaluierung neuer
Bedrohungen, denen unsere Gesellschaften gegenüberstehen, und neuer
Aufgaben, die der Europarat übernehmen könnte, fortzufahren,
12.7.2. regt an, dass die Mitgliedstaaten und das Ministerkomitee Beratungen
darüber beginnen, wie das hervorragende Potenzial des Europarates zur
Gestaltung neuer Instrumente und Mechanismen, die die Mitgliedstaaten
und Nicht-Mitgliedstaaten der Europäischen Union näher aneinander
bringen würden, genutzt werden kann und wie jede Art der Trennung
zwischen „alten“ und „neuen“ Mitgliedstaaten des Europarates beseitigt
werden kann;
12.7.3. empfiehlt dem Ministerkomitee, einen „Think-Tank“ unter Beteiligung der
Parlamentarischen Versammlung einzusetzen über die Wahl des
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63 – Drucksache 16/3400
Zeitpunkts und den Inhalt der Durchführung eines europäischen Gipfels
2008-2009 unter Beteiligung aller europäischen und euroatlantischen
Organisationen, um ihre Anstrengungen zu kombinieren, die interne und
externe Sicherheit in Europa zu verbessern und die Möglichkeiten eines
vereinten Europas umfassend zu nutzen;
12.7.4. fordert das Ministerkomitee nachdrücklich dazu auf, Migrations- und
demographischen Problemen sehr viel stärkere Beachtung zu schenken
und einen gemeinsamen europäischen Ansatz zu ihrer Bewältigung
auszuarbeiten.
12.8. Im Hinblick auf die Arbeitsweise des Europarates
12.8.1. ruft den Generalsekretär und das Ministerkomitee unter Hinweis auf
Empfehlung 1693 (2005) dazu auf, ihre Anstrengungen zur Stärkung des
institutionellen Systems der Europarates fortzusetzen;
12.8.2. beharrt darauf, dass eine Reihe von Maßnahmen vom Ministerkomitee
ergriffen werden müssen zur Stärkung der Parlamentarischen
Versammlung, insbesondere auf dem Gebiet der Normsetzung und des
Haushalts, und dass sie das Recht zur Gesetzesinitiative erhält.
13. Die Versammlung ersucht das Ministerkomitee, den Kongress der lokalen und regionalen
Gemeinden in Europa, den Generalsekretär sowie ihre zwischenstaatlichen und
Nichtregierungs-Partnerorganisationen, gemeinsam mit der Parlamentarischen Versammlung
2007 eine gemeinsame Veranstaltung vorzubereiten, um die Umsetzung der Beschlüsse des
Gipfels zu beurteilen und Maßnahmen zu diskutieren, mit denen die Effizienz des
Europarates verstärkt werden könnte.
Empfehlung 1757 (2006)
16
betr.
Wanderbewegungen, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen im Rahmen des Dritten Gipfels
des Europarates der Staats- und Regierungschefs (Warschau, 16.-17. Mai 2005)
1. Die Parlamentarische Versammlung verweist auf ihre Entschließung 1511 (2006) betr.
Wanderbewegungen, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen im Rahmen des Dritten Gipfels
des Europarates der Staats- und Regierungschefs (Warschau, 16.-17. Mai 2005).
2. Die Versammlung ist der Ansicht, dass der Europarat im Lichte der Warschauer Erklärung
und des Warschauer Aktionsplans eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Fragen zu
spielen hat, die im Hinblick auf Wanderbewegungen, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen
von Bedeutung sind.
3. Die Versammlung empfiehlt dem Ministerkomitee daher,
16
Versammlungsdebatte am 28. Juni 2006 (20. Sitzung) (siehe Dok. 10868, Bericht des Ausschusses für
Wanderbewegungen, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen, Berichterstatter: Herr Hagberg). Von der Versammlung am
28. Juni 2006 verabschiedeter Text (20. Sitzung).
Drucksache 16/3400 – 64 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
3.1. seine relevanten zwischenstaatlichen Ausschüsse, insbesondere den Europäischen
Ausschuss für Migration (CDMG), den Lenkungsausschuss für Menschenrechte
(CDDH) und den Europäischen Ausschuss für Rechtliche Zusammenarbeit (CDCJ)
zu ermutigen, der Parlamentarischen Versammlung innerhalb ihres jeweiligen
Zuständigkeitsbereichs Priorität zu geben und eng mit ihr zusammenzuarbeiten im
Hinblick auf
3.1.1. die Stärkung der Rechte der Migranten, Flüchtlinge, Asylsuchenden und
Vertriebenen und die Gewährleistung, dass der sie betreffende rechtliche
Rahmen ihre Rechte umfassend wahrt und die Kernwerte des Europarates
aufrecht erhält;
3.1.2. die Förderung des interkulturellen Dialogs und der Toleranz und die
Gewährleistung der Integration von Einwanderergemeinschaften in ihre
Gastgesellschaften;
3.1.3. die Bewältigung der Migration, darunter der regulären und der irregulären,
unter Gewährleistung eines effektiven Zugangs zu einem fairen
Asylverfahren für Personen, die internationalen Schutz benötigen sowie unter
Wahrung der unterschiedlichen Bedürfnisse der Herkunfts-, Transit- und
Zielländer;
3.2. die sekretariatsübergreifende Task Force für Migration sowie die vom
Ministerkomitee eingesetzte Politische Plattform für Migration umfassend zu
unterstützen.
Empfehlung 1758 (2006)
17
betr.
die Weiterverfolgung des Dritten Gipfels: Prioritäten für die kulturelle Zusammenarbeit
1. Die Parlamentarische Versammlung weist auf die politische Relevanz kultureller Werte und
des interkulturellen Dialogs in Konfliktsituationen und gegenüber dem Terrorismus hin. Sie
betont die Bedeutung der Bildung für eine demokratische Staatsbürgerschaft sowie der
kulturellen Vielfalt für eine nachhaltige Entwicklung. Sie beharrt auf der Notwendigkeit
einer ständigen Debatte über kulturelle und religiöse Werte und ihren Platz in einer
demokratischen Gesellschaft sowie bei der Antwort auf die Herausforderungen des
wissenschaftlichen und technologischen Wandels. Sie möchte die aktive Beteiligung der
Zivilgesellschaft und insbesondere junger Menschen an einem derartigen Dialog ermutigen.
2. Die Versammlung ist der Ansicht, dass solche kulturellen Belange entscheidend sind für die
langfristige Aufgabe des Europarates neben Demokratie, Menschenrechten und
Rechtsstaatlichkeit. Sie bedauert jedoch die diesem Gebiet zugemessene mangelnde Priorität
im Hinblick auf Haushalts- und andere Ressourcen. Trotz einer anhaltenden Betonung der
Bedeutung der Kultur im weiteren Sinne gefährden andauernde Einschnitte bei den
Haushaltsmitteln und anderen Ressourcen die Kompetenz, Glaubwürdigkeit und den
Einfluss der Organisation auf diesem Gebiet.
17
Versammlungsdebatte am 28. Juni 2006 (20. Sitzung) (siehe Dok. 10971, Bericht des Ausschusses für Kultur,
Wissenschaft und Bildung, Berichterstatter: Herr Lluis Maria de Puig). Von der Versammlung verabschiedeter Text am
28. Juni 2006 (20. Sitzung).
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 65 – Drucksache 16/3400
3. Diese Haltung wurde zuletzt in Empfehlung 1566 (2002) betr. die europäische kulturelle
Zusammenarbeit dargelegt, in der die Versammlung ihre langjährige Unterstützung für die
europäische kulturelle Zusammenarbeit erneut bekräftigte, wie sie im Europarat und
insbesondere auf der Grundlage der Europäischen Kulturkonvention durchgeführt wird.
4. Die Versammlung war erfreut, aktiv an der Reihe der Ministerkonferenzen beteiligt zu sein,
die zur Feier des 50. Jahrestages der Konvention in Wroclaw (Dezember 2004), Straßburg
(September 2005) und Faro (Oktober 2005) stattfanden. Sie nimmt den Schwerpunkt zur
Kenntnis, den diese Konferenzen auf die Bedeutung der kulturellen Zusammenarbeit zur
Förderung der Kernwerte des Europarates legten und begrüßt die erheblichen Fortschritte,
die zur Bestimmung wichtiger Aktionslinien für ein Europa ohne Trennungslinien und den
Start eines Programms für den interkulturellen Dialog erzielt wurden.
5. Die Versammlung begrüßt auch die Beachtung, die der europäischen kulturellen
Zusammenarbeit vom Dritten Gipfel (Warschau, Mai 2005) geschenkt wurde. Sowohl die
Erklärung als auch der Aktionsplan widmen dem Bereich großen Raum und spiegeln die
meisten Besorgnisse wieder, die die Versammlung in ihrer Empfehlung 1693 (2005) an den
Gipfel übermittelt hatte. Dies wurde bereits in einer ersten Reaktion der Versammlung auf
den Gipfel in Empfehlung 1712 (2005), Abs. 16-21 anerkannt.
6. Die Texte des Dritten Gipfels erwähnen die meisten Bereiche der kulturellen
Zusammenarbeit. Die Versammlung ist der Ansicht, dass der Europarat eine Arbeitspräsenz
im Vorstand beibehalten sollte (einschließlich einer Abdeckung des Gebiets Wissenschaft
und Medien), selbst wenn es nicht möglich sein dürfte, prioritäre Aktivitäten in allen
Bereichen aufrecht zu erhalten. Sie ist besorgt angesichts nachweislicher Einsparungen im
Sport- und Jugendsektor und hofft, dass diese korrigiert werden können.
7. In den jüngsten Texten in Bezug auf die kulturelle Zusammenarbeit wurde eine erhebliche
Betonung auf die Möglichkeiten gemeinsamer Programme oder Projekte im breiten
kulturellen Bereich mit anderen Organisationen (EU, OSZE und Unesco) gelegt. Die
Versammlung ist sich bewusst, dass dies eine Möglichkeit zur Erhöhung der Ressourcen für
Maßnahmen des Europarates sein könnte. Sie möchte von diesen potenziellen Partnern eine
Bestätigung erhalten.
8. Die Entwicklung des interkulturellen Dialogs wurde als eines der wichtigsten Gebiete für
künftige Aktivitäten des Europarates identifiziert. Die Versammlung unterstützt diesen
Dialog sowohl innerhalb Europas als auch, gemäß ihrer eigenen Empfehlung 1590 (2003)
betr. die kulturelle Zusammenarbeit mit dem südlichen Mittelmeerraum, mit den
Nachbarregionen außerhalb Europas. Sie wird selbst einen Beitrag zum Weißbuch über den
interkulturellen Dialog leisten.
9. Die Versammlung begrüßt die neue europaweite Jugendkampagne zur Förderung der
Vielfalt, der Einbeziehung und der Teilnahme an der Gesellschaft, die auf dem Gipfel
vorgeschlagen wurde. Sie sieht ihrer aktiven Rolle bei dieser Kampagne erwartungsvoll
entgegen.
10. Sie erkennt auch die Rolle an, die die Kultur in Konfliktsituationen spielen kann. Die
Versammlung hat bereits selbst beigetragen (Friedensprozess im Nahen Osten, ehemaliges
Jugoslawien) und möchte die fortlaufenden zwischenstaatlichen Aktivitäten unterstützen
(z.B. im Hinblick auf das kulturelle Erbe im Südkaukasus).
Drucksache 16/3400 – 66 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
11. Im Allgemeinen wiederholt die Versammlung ihre Überzeugung, dass ihr Beitrag zur Arbeit
des Europarates im Bereich der kulturellen Zusammenarbeit in der Initiative, der Ergänzung
und in der Wechselwirkung besteht. Sie bedauert, dass es ihr ebenfalls an den erforderlichen
Ressourcen zur Ausführung ihres potenziellen Beitrags mangelt.
12. Die Versammlung empfiehlt dem Ministerkomitee,
12.1. die Kultur im weiteren Sinne anzuerkennen – einschließlich Kunst, kulturelles Erbe,
Medien, Wissenschaft, Bildung, Jugend und Sport – als Teil der zentralen Aufgabe
des Europarates neben Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit;
12.2. die geeigneten, erforderlichen Ressourcen bereitzustellen zur Durchführung der vom
Dritten Gipfel bestimmten Prioritäten in diesen Bereichen, und gleichzeitig eine
Arbeitspräsenz auf allen Gebieten der kulturellen Zusammenarbeit und die
Möglichkeit beizubehalten, auf neue Vorschläge zu reagieren, wo dies die Sache
wert sein kann;
12.3. insbesondere die Rolle des Europarates beim interkulturellen Dialog (innerhalb
Europas und zu seinen Nachbarregionen) und bei der kulturellen Vielfalt zu fördern;
12.4. weiterhin Bildungsmaßnahmen für eine demokratische Staatsbürgerschaft zu
entwickeln mit Programmen für die Lehrerfortbildung und die Ausweitung auf
inoffizielle Bildung;
12.5. seine einzigartige Zusammenarbeit zwischen den Regierungen sowie Vertretern
unabhängiger höherer Bildungseinrichtungen beizubehalten;
12.6. den Informationsaustausch und die Vernetzung im Bereich der Kulturpolitik und des
kulturellen Erbes beizubehalten und zu entwickeln;
12.7. die Demokratisierung des Zugangs zur Kultur durch solche Aktivitäten wie die Tage
des Europäischen Erbes, die europäischen Kulturstraßen und –korridore, die
Kunstausstellungen des Europarates und das Europäische Museumsforum zu fördern;
12.8. seine Arbeit im Hinblick auf den Sprachenerwerb fortzusetzen mit besonderem
Bezug zur Diversifizierung des sprachlichen Verständnisses und der Beibehaltung
von Minderheitensprachen, wo dies machbar ist;
12.9. die Zukunft der Zusammenarbeit im Sport erneut zu bewerten im Lichte der
Schlussfolgerungen der inoffiziellen Konferenz der Sportminister im Oktober 2006
in Moskau;
12.10. Mittel zur Erhaltung des Europäischen Jugendzentrums in Straßburg zu garantieren,
um die Fortsetzung der Jugendaktivitäten zu ermöglichen und Mittel für die neue
europaweite Jugendkampagne zur Förderung von Vielfalt, Menschenrechten und
Beteiligung zu fördern;
12.11. die Mitgliedstaaten, die dies noch nicht getan haben, zu ermutigen, die
Rahmenkonvention des Europarates über den Wert des Kulturerbes für die
Gesellschaft (Faro 2005) zu ratifizieren;
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 67 – Drucksache 16/3400
12.12. die Überwachung der Normen und die Umsetzung der internationalen Instrumente
für den Kulturbereich (insbesondere im Hinblick auf das kulturelle Erbe, Bildung,
Sport, Medien und Bioethik) zu entwickeln und die Versammlung daran
anzuschließen;
12.13. sich um Unterstützung von anderen Regierungsorganisationen (wie der EU, der
OSZE und der UNESCO) für eine engere institutionelle Zusammenarbeit im
Kulturbereich mit dem Europarat zu bemühen;
12.14. die EU einzuladen, bis zu ihrer Mitgliedschaft im Europarat dem Europäischen
Kulturabkommen beizutreten.
Empfehlung 1759 (2006)
18
betr.
die Einigkeit der Parlamente bei der Bekämpfung häuslicher Gewalt gegen Frauen
1. Die Parlamentarische Versammlung verweist auf ihre Entschließung 1512 (2006) betr. die
„Einigkeit der Parlamente bei der Bekämpfung häuslicher Gewalt gegen Frauen“.
2. Die Versammlung begrüßt es, dass die Staats- und Regierungschefs auf Empfehlungen der
Versammlung positiv reagiert und die Durchführung einer gesamteuropäischen Kampagne
zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen, einschließlich der häuslichen Gewalt, in den
Aktionsplan aufgenommen haben, der auf dem Warschauer Gipfel (16./17. Mai 2005)
angenommen wurde. Sie bringt ihre Wertschätzung für die Arbeit zum Ausdruck, die von
den Mitgliedern der Arbeitsgruppe geleistet wurde, die der Generalsekretär des Europarates
eingesetzt hatte und deren Sachverstand es ermöglicht hat, den Entwurf einer Strategie für
die Kampagne des Europarates auszuarbeiten, der dem Ministerkomitee vorgelegt werden
soll.
3. Die Versammlung beschließt, die parlamentarische Dimension dieser Kampagne weiter-
zuentwickeln und mit einer Initiative mit dem Titel „Einigkeit der Parlamente bei der
Bekämpfung häuslicher Gewalt gegen Frauen“ zu beginnen, um die Durchführung der
Kampagne des Europarates in den nationalen Parlamenten der Mitgliedstaaten im Auge zu
behalten.
4. Die Versammlung ruft das Ministerkomitee auf, die Bekämpfung der häuslichen Gewalt
2007/2008 zu einer vorrangigen Aufgabe zu machen und dafür Sorge zu tragen, dass die
Parlamentarische Versammlung in den die Kampagne des Europarates koordinierenden
Gremien weiterhin vertreten ist.
5. Die Versammlung stärkt die Europäische Kommission darin, die Tätigkeiten zu
unterstützen, die als Teil der Kampagne des Europarates vorgeschlagen werden, um Gewalt
gegen Frauen, einschließlich der häuslichen Gewalt, insbesondere im Rahmen des Daphne-
Programms, zu bekämpfen.
18
Versammlungsdebatte am 28. Juni 2006 (20. Sitzung) (siehe Dok. 10934, Bericht des Ausschusses für die
Gleichstellung von Frauen und Männern, Berichterstatterin: Frau Cliveti). Von der Versammlung verabschiedeter Text
am 28. Juni 2006 (20. Sitzung).
Drucksache 16/3400 – 68 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
6. Die Versammlung bestärkt das Ministerkomitee darin, seine Lenkungsausschüsse darum zu
bitten, die Ziele der Kampagne in ihre Tätigkeiten aufzunehmen, insbesondere im Rahmen
ihres Programms „Polizei und Menschenrechte“ sowie im Hinblick auf den Schutz der
Rechte von Einwanderinnen und des polizeilichen Umgangs mit von Frauen eingereichten
Beschwerden.
7. Die Versammlung ruft das Ministerkomitee auf,
7.1. die erforderlichen Haushaltsmittel zuzuweisen, um für den Erfolg dieser Kampagne
zu sorgen, indem auf intergouvernementaler, parlamentarischer, lokaler und
regionaler Ebene spezifische nationale und europäische Aktivitäten finanziert
werden;
7.2. die Mitgliedstaaten dringend dazu aufzufordern,
7.2.1. bei der Umsetzung der Initiative – unter Einschluss der parlamentarischen
Dimension – ihren Beitrag zu leisten, indem sie zur Finanzierung der
Aktivitäten freiwillige Beiträge erbringen, die als Teil der Kampagne des
Europarates vorgeschlagen werden;
7.2.2. Nichtregierungsorganisationen bei ihren Bemühungen zu unterstützen, das
Bewusstsein der Öffentlichkeit zu wecken und Opfern Schutz zu gewähren.
8. Die Versammlung ruft das Ministerkomitee auf, seine Zusammenarbeit mit der
Europäischen Union zu verstärken, um eine gemeinsame Methode zur Erhebung von
Statistiken über Gewalt in der Familie zu entwickeln.
Empfehlung 1760 (2006)
19
betr.
die Haltung der Parlamentarischen Versammlung im Hinblick auf die Mitglied- und
Beobachterstaaten, die die Todesstrafe nicht abgeschafft haben
1. Die Anwendung der Todesstrafe ist eine Verletzung des grundlegendsten Menschenrechts,
des Rechts auf Leben. Die Todesstrafe muss ein für allemal aus der Gesetzgebung aller
Länder gestrichen werden, die nach der Aufrechterhaltung von Demokratie,
Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten streben.
2. Die Parlamentarische Versammlung begrüßt die Tatsache, dass weniger als vier Jahre,
nachdem Protokoll Nr. 13 zur Europäischen Menschenrechtskonvention bezüglich der
Abschaffung der Todesstrafe unter allen Umständen (SEV Nr. 187) zur Unterzeichnung
geöffnet wurde, es bereits von 36 der 46 Mitgliedstaaten des Europarates ratifiziert und von
weiteren acht unterzeichnet wurde. Nur Aserbaidschan und Russland haben noch nicht
unterzeichnet.
3. Die Todesstrafe wurde in allen Mitgliedstaaten des Europarates abgeschafft, mit einer
Ausnahme. Die Versammlung weist darauf hin, dass die Russische Föderation sich bei
19
Versammlungsdebatte am 28. Juni 2006 (20. Sitzung) (siehe Dok. 10911, Bericht des Ausschusses für Recht und
Menschenrechte, Berichterstatterin: Frau Wohlwend). Von der Versammlung am 28. Juni 2006 verabschiedeter Text
(20. Sitzung).
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 69 – Drucksache 16/3400
ihrem Beitritt feierlich dazu verpflichtet hat, die Todesstrafe abzuschaffen und insbesondere
Protokoll Nr. 6 zur Europäischen Menschenrechtskonvention bezüglich der Abschaffung der
Todesstrafe in Friedenszeiten (SEV Nr. 114) innerhalb eines Jahres nach ihrem Beitritt zu
unterzeichnen und es innerhalb von drei Jahren zu ratifizieren.
4. Die Versammlung hält es für bedauerlich, dass diese Verpflichtung nur teilweise
eingehalten wurde und dass die Russische Föderation mehr als zehn Jahre nach ihrem
Beitritt noch immer die Todesstrafe in ihrer Gesetzgebung vorsieht, obwohl sie das
Moratorium für die 1996 von ihr beschlossenen Hinrichtungen respektiert. Obgleich die
Versammlung die von der russischen parlamentarischen Delegation unternommenen
Anstrengungen zur Förderung der Achtung der eingegangenen Verpflichtung anerkennt,
bedauert sie, dass sie bisher keinen klaren Hinweis von den russischen Behörden auf
höchster Ebene erhalten hat, was ihre Absichten in dieser Angelegenheit sind. Sie fordert die
russischen Behörden nachdrücklich dazu auf, gegenüber der Öffentlichkeit in ihrem Land
dieselbe Entschlossenheit und Überzeugungskraft an den Tag zu legen wie die übrigen
Mitgliedstaaten des Europarates, die den politischen Willen und den Mut zur Abschaffung
der Todesstrafe hatten, trotz der potenziellen Unpopularität dieser Maßnahme.
5. Die Versammlung verweist diesbezüglich auf die Entschließungen 1455 (2005), 1277
(2002) und 1187 (1999), in denen sie wiederholte Aufrufe an die russischen Behörden im
Hinblick auf die Frage der Abschaffung der Todesstrafe richtete und sie nachdrücklich dazu
aufforderte, unverzüglich Protokoll Nr. 6 zur Europäischen Menschenrechtskonvention zu
ratifizieren. Die Versammlung weist darauf hin, dass die anfänglich zur Einhaltung dieser
Verpflichtung gesetzte Frist 1999 ablief.
6. Die Versammlung stellt ebenfalls mit Besorgnis fest, dass die international nicht
anerkannten separatistischen Gebiete in Abchasien, Südossetien und die moldauische
Republik Dnestr die Abschaffung der Todesstrafe durch Georgien bzw. Moldau nicht
beachten. Sie ist der Auffassung, dass die Todesstrafe in diesen Gebieten abgeschafft
werden sollte und dass die Verurteilungen aller Gefangenen, die gegenwärtig in Abchasien
und der moldauischen Republik Dnestr in Todeszellen sitzen, unverzüglich in Haftstrafen
umgewandelt werden sollten, damit der grausamen und unmenschlichen Behandlung
derjenigen ein Ende gesetzt wird, die seit Jahren in einem Status der Unsicherheit im
Hinblick auf ihr letztendliches Schicksal in Todeszellen gefangen gehalten werden.
7. Im Hinblick auf die Länder, die über einen Beobachterstatus beim Europarat verfügen,
verweist die Versammlung auf die Entschließungen 1349 (2003) und 1253 (2001), in denen
sie Japan und die Vereinigten Staaten aufrief, ein sofortiges Hinrichtungsmoratorium zu
verhängen und die notwendigen Schritte zur Abschaffung der Todesstrafe zu ergreifen. Sie
hält es für unstatthaft, dass diese Aufrufe unbeachtet geblieben sind und dass sowohl Japan
als auch die Vereinigten Staaten die Todesstrafe weiter anwenden und ihre grundlegende
Verpflichtung zur Aufrechterhaltung der Menschenrechte gemäß der satzungsmäßigen
Entschließung (93) 26 verletzten. Seit der Einführung der Todesstrafe 1977 haben in den
USA 1.016 Hinrichtungen stattgefunden, seit 2001 haben in Japan acht Hinrichtungen
stattgefunden.
8. Im Hinblick auf die Mitgliedstaaten des Europarates empfiehlt die Versammlung dem
Ministerkomitee,
Drucksache 16/3400 – 70 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
8.1 seine Anstrengungen fortzusetzen, um sicherzustellen, dass Protokoll Nr. 13 (SEV
Nr. 187) so schnell wie möglich von allen Mitgliedstaaten des Europarates ratifiziert
wird;
8.2 die Russische Föderation zu verpflichten, Protokoll Nr. 6 zur Abschaffung der
Todesstrafe in Friedenszeiten (SEV Nr. 114) ohne weitere Verzögerung zu
ratifizieren;
8.3 Albanien und Lettland aufzufordern, ihre nationalen Gesetzgebungen dahingehend
zu ändern, dass die Todesstrafe für in Kriegs- oder Notstandszeiten begangene
Verbrechen abgeschafft wird;
8.4 mit Aserbaidschan die Lage der Häftlinge zu klären, die vor der Abschaffung der
Todesstrafe in dem Land 1998 zum Tode verurteilt wurden, deren Verurteilungen
anscheinend noch immer nicht umgewandelt wurden und die daher weiterhin in
Todeszellen gefangen gehalten werden.
9. Im Hinblick auf die Länder, die über einen Beobachterstatus beim Europarat verfügen,
verweist die Versammlung auf ihre Empfehlungen 1627 (2003) und 1522 (2001) und fordert
das Ministerkomitee nachdrücklich dazu auf,
9.1 den früheren Empfehlungen der Versammlung zur Abschaffung der Todesstrafe in
den Beobachterstaaten eine praktische Weiterverfolgung zuteil werden zu lassen und
die geeigneten Schlussfolgerungen aus der Haltung der Behörden beider Länder zu
dieser Frage zu ziehen;
9.2 dringend einen aktiven und substantiellen politischen Dialog mit Japan und den
Vereinigten Staaten einzuleiten und beide Länder zu ermutigen, endlich ein
unverzügliches Hinrichtungsmoratorium einzuführen, unter Betonung der
grundsätzlichen Haltung, dass es für den Europarat nunmehr unmöglich ist zu
akzeptieren, dass Staaten, die über einen Beobachterstatus verfügen, die Todesstrafe
anwenden;
9.3 Japan nachdrücklich dazu aufzufordern, die Todesstrafe so bald wie möglich, jedoch
in jedem Fall vor der Umsetzung seiner Justizreform und der Einführung von
bürgerlichen Geschworenengerichten im Jahre 2009 abzuschaffen;
9.4 die Vereinigten Staaten nachdrücklich dazu aufzufordern, die Todesstrafe so bald
wie möglich abzuschaffen;
9.5 bis Ende 2006 die Frage der Aussetzung des Beobachterstatus Japans und der
Vereinigten Staaten auf die Tagesordnung zu setzen, wenn bis dann keine
Fortschritte in dieser Frage erzielt wurden.
10. Die Versammlung empfiehlt dem Ministerkomitee ebenfalls, die Europäische Union
nachdrücklich dazu aufzufordern, die Frage der Todesstrafe in ihrem politischen Dialog mit
China anzusprechen.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 71 – Drucksache 16/3400
Empfehlung 1761 (2006)
20
betr.
die Verhütung von Waldbränden
1. Waldbrände sind einer der negativsten Aspekte der Schädigung unserer Umwelt. Jedes Jahr
verringern Feuer in Wald- und Bergregionen das Naturerbe unseres Kontinents, indem sie
große Massen von Wald zerstören und die biologische Vielfalt schwächen.
2. Sie verursachen ebenfalls Emissionen in die Erdatmosphäre, zerstören Eigentum und fordern
Todesopfer, sowohl unter der betroffenen Bevölkerung als auch unter den
Brandschutztruppen. Hinzu kommt die schrittweise Zerstörung der
Grundwasserspeicherkapazität, die Ungleichgewichte im Wassersystem verschärft und zu
häufigerer Wasserknappheit führt.
3. Waldbrände sind eine Realität, die alle Länder des Europarates betrifft, vor allem die
Mittelmeerländer, die am schlimmsten beeinträchtigt sind, was die Anzahl der Brände und
der verbrannten Flächen anbelangt. In den nächsten Jahren wird die Trockenheit in
Südeuropa aufgrund des Klimawandels zunehmen, was häufigere Waldbrände zur Folge
haben wird.
4. Einer der Faktoren, die Brände begünstigen, ist die ländliche Abwanderung, die dazu geführt
hat, dass eine Reihe landwirtschaftlicher Praktiken, die zur Verhütung von Waldbränden
beitrugen, in den letzten Jahrzehnten aufgegeben wurden.
5. Die Parlamentarische Versammlung unterstützt vorbehaltlos die Entschließung
P6_TA(2005)0334 des Europäischen Parlaments zu den Naturkatastrophen (Brände und
Überschwemmungen) des Sommers 2005 in Europa.
6. Die Versammlung empfiehlt dem Ministerkomitee daher, die Mitgliedstaaten aufzufordern,
6.1. die Entwicklung von Aktivitäten zu fördern, die die Nutzung der Wälder in einem
Geiste der Achtung der Grundsätze der nachhaltigen Entwicklung ermutigen, und,
soweit möglich, finanzielle und steuerliche Unterstützung für diese Aktivitäten zu
leisten;
6.2. Politiken zu fördern, die auf dem Grundsatz beruhen, dass das beste Mittel zur
Bekämpfung von Waldbränden ihre Verhütung ist;
6.3. die Einführung von Waldverhütungsmaßnahmen zu fördern, die Forsttechniken wie
Feuerschneisen und den intelligenten Einsatz kontrollierter Brände einschließen;
6.4. präventive sozioökonomische Strategien zu entwickeln, die es Landwirten,
Tierzüchtern und Forstwirten – der ländlichen Bevölkerung im allgemeinen –
ermöglichen, ihre gewöhnlichen Aktivitäten in Gebieten fortzusetzen, die von
Bränden betroffen sind;
20
Versammlungsdebatte am 30. Juni 2006 (23. Sitzung) (siehe Dok. 10962, Bericht des Ausschusses für Umwelt,
Landwirtschaft und kommunale und regionale Angelegenheiten, Berichterstatter: Herr Iñaki Txueka). Von der
Versammlung verabschiedeter Text am 30. Juni 2006 (23. Sitzung).
Drucksache 16/3400 – 72 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
6.5. die wissenschaftliche Forschung über das Potenzial von aus Wäldern stammendem
Rohmaterial zu fördern als ein wichtiger Faktor zur Aufwertung der Waldnutzung
und Steigerung ihrer Rentabilität;
6.6. Informationskampagnen zu veranstalten, die sich unmittelbar an Landwirte,
Tierzüchter und Forstwirte richten über die Notwendigkeit und Verpflichtung,
(traditionellen oder anderen) Praktiken ein Ende zu setzen, die die Gefahr von
Bränden nach sich ziehen, vor allem zu bestimmten Jahreszeiten;
6.7. Strategien für das Sammeln und Recyceln von Waldabfall-Biomasse und zur
Walddiversifizierung, Waldpflanzung und Waldverjüngung durch das Verwenden
brandresistenterer Arten in von Bränden betroffenen Gebieten zu verabschieden,
unter Berücksichtigung der örtlichen bioklimatischen und ökologischen Merkmale;
6.8. zu verhindern, dass ein materieller Nutzen oder Vorteile aus der Nutzung verbrannter
Flächengebiete oder aus dem Verkauf von verbranntem Holz gezogen werden;
6.9. Änderungen bei der Nutzung brandgeschädigter Berggebiete oder Wälder zu
verbieten, die die Erneuerung der Pflanzendecke verhindern, und Verbote für die
städtische Entwicklung und Bebauung in verbrannten Gebieten auf mindestens
dreißig Jahre auszudehnen;
6.10. Mindestabstände rechtlich vorzuschreiben, die für alle Neubauten in gefährdeten
Gebieten zwischen Wohn- und Waldgebieten einzuhalten sind;
6.11. das Entzünden von Feuern in Wäldern in den gefährdeten Regionen und Jahreszeiten
zu verbieten und ernste Strafen für Verstöße vorzusehen;
6.12. Kampagnen zur Erhöhung des Bewusstseins über dieses Problem in Schulen und
insbesondere in Gemeinschaften auszuweiten, die Freizeitaktivitäten in den Bergen
und Wäldern nutzen und sich mit ihnen beschäftigen;
6.13. die Strafen für kriminelle Handlungen, die einen beträchtlichen Teil der Waldbrände
verursachen, zu verschärfen;
6.14. die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Ausbildung der
Brandschutzabteilungen und –truppen zu verstärken und sie mit angemessenen
Mitteln auszustatten;
6.15. ein paneuropäisches Netzwerk für eine spezialisierte Weiterbildung einzurichten, das
sich auf Techniken zur Verhütung und Bekämpfung von Waldbränden konzentriert,
die zur Kontrolle des Ausmaßes und der Verbreitung von Waldbränden immer
notwendiger sind;
6.16. Warnanlagen und angemessene Infrastruktureinrichtungen einzurichten, um einen
möglichst raschen, wirksamen Einsatz zu ermöglichen und zu verhindern, dass
Brände außer Kontrolle geraten;
6.17. die Einführung koordinierter Einsatzprotokolle zu fördern und die Verantwortung für
das Waldbrandmanagement kommunalen und regionalen Behörden zu übertragen;
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 73 – Drucksache 16/3400
6.18. die Koordinierungs- und Einsatzeinrichtungen zu verstärken und zu finanzieren,
insbesondere Einsatzsysteme aus der Luft, die grenzübergreifend anwendbar sind;
6.19. sofern sie es noch nicht bereits getan haben, dem Katastrophenabkommen EUR-OPA
beizutreten.
7. Die Versammlung empfiehlt dem Ministerkomitee ebenfalls,
7.1. die Europäische Ministerkonferenz für Raumplanung (CEMAT) zu ersuchen, die
Anwendung der Leitlinien für eine nachhaltige Raumentwicklung auf dem
europäischen Kontinent zu verstärken, insbesondere der Maßnahmen zur Verhütung
von Katastrophen wie Waldbränden durch eine geeignete Planung der Waldgebiete,
und diese Frage in ihr Arbeitsprogramm aufzunehmen.
7.2. das Katastrophen-Teilabkommen EUR-OPA anzuweisen, seine Aktivitäten im
Hinblick auf Waldbrände vor allem im Mittelmeerraum zu entwickeln, in
Zusammenarbeit mit anderen Partnern, die auf diesem Gebiet tätig sind wie der
Europäischen Kommission, der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der
Vereinten Nationen (FAO) und dem Weltweiten Wildland-Feuernetzwerk der
Internationalen Strategie zur Katastrophenvorsorge der Vereinten Nationen (UN-
ISDR);
8. Die Versammlung betont, dass kommunale und regionale Behörden eine wichtige Rolle und
eine beträchtliche Verantwortung bei der Bekämpfung von Waldbränden haben und
empfiehlt, dass der Kongress der Gemeinden und Regionen Europas des Europarates diese
Frage untersuchen sollte, um konzertierte Strategien zu entwickeln, die von den
kommunalen und regionalen Behörden auf paneuropäischer Ebene umgesetzt werden
sollten.
Empfehlung 1762
21
betr.
die akademische Freiheit und Hochschulautonomie
1. Die Parlamentarische Versammlung des Europarates verweist auf die Magna Charta
Universitatum, die von den Hochschulen 1988 aus Anlass des 900. Jahrestages der
Universität Bologna (Italien) zur Unterzeichnung eröffnet wurde, welche seither von ca. 600
Hochschulen aus allen Kontinenten unterzeichnet wurde und zu der jedes Jahr neue
Unterzeichner hinzukommen.
2. Die Magna Charta Universitatum spiegelt die entscheidende Rolle wider, die die
Universitäten bei der Entwicklung der europäischen humanistischen Tradition und der
Entwicklung der menschlichen Zivilisationen gespielt haben. Sie wiederholt auch, dass die
grundlegenden Prinzipien und Rechte der akademischen Freiheit und der institutionellen
Autonomie entscheidend für die Hochschulen sind und dass die anhaltende Beobachtung
21
Versammlungsdebatte am 30. Juni 2006 (23. Sitzung) (siehe Dok. 10943, Bericht des Ausschusses für Kultur,
Wissenschaft und Bildung, Berichterstatter: Herr Jarab). Von der Versammlung verabschiedeter Text am 30. Juni 2006
(23. Sitzung).
Drucksache 16/3400 – 74 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
dieser Werte zum Nutzen der einzelnen Gesellschaften und der Menschheit im Allgemeinen
ist.
3. Im Jahr 2000 gründeten die Universität Bologna und der Verband der europäischen
Universitäten als Verwahrer der Magna Charta Universitatum das „Observatory of
Fundamental University Values and Rights“ (Beobachtungsstelle für grundlegende
universitäre Werte und Rechte), in das der Europarat einen Vertreter entsandt hat. Die
Aufgabe der Beobachtungsstelle ist es, die Beachtung der Grundsätze zu überwachen und
eine offene Diskussion über die Werte einzuleiten, die diese Grundsätze repräsentieren.
4. Im Einklang mit der Magna Charta Universitatum bekräftigt die Versammlung erneut das
Recht auf akademische Freiheit und universitäre Autonomie, das folgende Grundsätze
umfasst:
4.1. die akademische Freiheit in Forschung und Ausbildung sollte die Meinungs- und
Handlungsfreiheit garantieren, die Freiheit der Informationsverbreitung sowie die
Freiheit der uneingeschränkten Suche beim Streben und bei der Verbreitung von
Wissen und Wahrheit;
4.2. die institutionelle Autonomie der Universitäten sollte der Ausdruck einer
unabhängigen Verpflichtung gegenüber dem traditionellen und noch immer
wesentlichen kulturellen und sozialen Auftrag der Universität im Hinblick auf eine
Politik von geistigem Nutzen, verantwortungsbewusstes Handeln und ein effizientes
Management sein;
4.3. die Geschichte hat gezeigt, dass Verstöße gegen die akademische Freiheit und die
universitäre Autonomie immer zu intellektuellem Rückfall und folglich auch zu
sozialer und wirtschaftlicher Stagnation geführt haben;
4.4. es könnten sich jedoch auch hohe Kosten und Verluste ergeben, wenn die
Hochschulen sich in die Isolierung eines „Elfenbeinturms“ begeben und nicht auf die
sich wandelnden Bedürfnisse der Gesellschaften reagieren würden, denen sie dienen
und dazu beitragen sollen, sie zu bilden und sich zu entwickeln; die Hochschulen
müssen der Gesellschaft nahe genug stehen, um zur Lösung grundlegender Probleme
beizutragen, jedoch genügend losgelöst sein, um eine kritische Distanz zu wahren
und eine langfristigere Sichtweise anzunehmen.
5. Im Lauf der Geschichte wurden die Hochschulen mit tiefgreifenden Änderungen und
Herausforderungen konfrontiert, die aus dem Wandel der Gesellschaften und der
Institutionen selbst resultierten. Sie erwiesen sich meistens als in der Lage, notwendige
externe und interne Anforderungen gleichzeitig zu beantworten, um ihrer historischen Rolle
beim Streben nach freiem und universalem Wissen gerecht zu werden.
6. Mit der Ankunft der „Wissensgesellschaft“ ist offenkundig geworden, dass „ein neuer
Vertrag“ zwischen Hochschule und Gesellschaft erzielt werden muss, der die neuen
Entwicklungen widerspiegeln und anerkennen würde. In einem solchen Verständnis müssen
die gesellschaftliche und kulturelle Verantwortung und Verantwortlichkeit der Universitäten
gegenüber der Öffentlichkeit und gegenüber ihrer eigenen Aufgabe als die unvermeidliche
andere Seite der Medaille der akademischen Freiheiten erachtet werden.
7. Es mag wahr sein, dass die akademische Freiheit der Forscher, Wissenschaftler und
Dozenten und die institutionelle Autonomie der Hochschulen nach den heutigen
Bedingungen neu definiert werden müssen, doch diese Grundsätze sollten ebenfalls
bekräftigt und gesetzlich, vorzugsweise verfassungsmäßig garantiert werden. Wie durch
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 75 – Drucksache 16/3400
häufige international durchgeführte Bewertungen und Evaluierungen belegt wurde, kann der
akademischen Aufgabe, die Anforderungen und Bedürfnisse der modernen Welt und der
heutigen Gesellschaften zu erfüllen, am besten nachgekommen werden, wenn die
Hochschulen moralisch und geistig unabhängig von allen politischen oder religiösen
Instanzen und Wirtschaftsmächten sind.
8. Die soziale und kulturelle Verantwortung der Hochschulen bedeutet mehr als reine
Reaktionsbereitschaft auf unmittelbare Forderungen der Gesellschaften oder die Bedürfnisse
des Marktes, wie wichtig es auch sein mag, diesen Forderungen und Bedürfnissen ernsthaft
Rechnung zu tragen. Sie ruft zu einer Partnerschaft zur Definition des Wissens für die
Gesellschaft auf und impliziert, dass die Hochschulen weiterhin eine langfristige Sichtweise
annehmen und zur Lösung der grundlegenden Fragen der Gesellschaft sowie zum Finden
von Abhilfen für unmittelbare Probleme beitragen sollten.
9. Zur traditionellen Berufung und zum vollständigen Potenzial der Universitäten für das 21.
Jahrhundert gehören neben der unabhängigen Untersuchung und der freien Förderung
erworbenen Wissens (aber auch durch diese Aktivitäten) das Leisten stetiger Beiträge zur
Entwicklung der sozialen Ordnung und ein Sinn für die Grundwerte in den Gesellschaften,
die Kultivierung der nationalen Identität sowie ein offenes Verständnis für internationale
und universale Verdienste, die Förderung einer demokratischen Staatsbürgerschaft und
Sensibilität für die menschliche und natürliche Umwelt auf kommunaler und weltweiter
Ebene, die Festlegung akademischer Ziele, Ausbildung zur praktischen Flexibilität sowie
das Lehren einer kritischen Denkweise.
10. Den Hochschulen akademische Freiheit und Autonomie zu gewähren ist eine Frage des
Vertrauens in die Besonderheit und Einzigartigkeit dieser Institution, die im Laufe der
Geschichte immer wieder bestätigt wurde, und doch sollte der Begriff weiterhin Thema
eines fortgesetzten und offenen Dialogs zwischen der akademischen Welt und der
Gesellschaft als Ganzem im Geiste der Partnerschaft sein. Von den Hochschulen könnte
erwartet werden, bestimmten gesellschaftlichen und politischen Zielen gerecht zu werden,
sogar bestimmte Forderungen des Marktes und der Unternehmenswelt zu erfüllen, doch sie
sollten auch das Recht haben zu entscheiden, welche Mittel sie beim Erstreben und zur
Erfüllung ihrer kurzfristigen und langfristigen Aufgaben in der Gesellschaft wählen.
11. Verantwortlichkeit, Transparenz und Qualitätsgewährleistung sind Voraussetzungen für die
Gewährung akademischer Freiheit und institutioneller Autonomie für die Hochschulen. Nur
mit einem derartigen Vertrag zwischen der Gesellschaft und den Universitäten kann erwartet
werden, dass die Hochschulen den Gesellschaften gut dienen und durch die Freiheit ihrer
Wahl, wie sie dies am besten tun, proaktiv sein werden, was bedeutet, dass sie nicht nur auf
Veränderungen antworten, sondern auch führend sein werden bei der Einleitung und
Vollendung wünschenswerter Entwicklungen.
12. Anhand der Befugnis der Parlamentarischen Versammlung und ihrer zuständigen
Ausschüsse sowie des Ministerkomitees und der Aktivitäten seines zwischenstaatlichen
Lenkungsausschusses für Höhere Bildung und Forschung (CD-ESR) sollte der Europarat
dahingehend handeln, dass er die entscheidende Bedeutung der akademischen Freiheit und
universitären Autonomie erneut bekräftigt und zu einem offenen politischen Dialog über das
Verständnis der Konzepte in der komplexen und sich verändernden Realität unserer
modernen Gesellschaften beiträgt. Ziele und Kriterien müssen realistisch und gut definiert
sein, was in der entstehenden „Audit-Gesellschaft“ häufig nicht der Fall ist.
Drucksache 16/3400 – 76 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
13. Die Versammlung beschließt, mit der Beobachtungsstelle der Magna Charta Universitatum
bei der Überwachung der Befolgung der Grundsätze der akademischen Freiheit und
universitären Autonomie in Europa zusammenzuarbeiten und der Arbeit der
Beobachtungsstelle somit eine europäische parlamentarische Dimension hinzuzufügen.
14. Die Versammlung empfiehlt dem Ministerkomitee, seine Arbeit im Hinblick auf die
akademische Freiheit und universitäre Autonomie als eine grundlegende Voraussetzung
einer jeden demokratischen Gesellschaft zu verstärken. Die Versammlung ersucht das
Ministerkomitee, die Anerkennung der akademischen Freiheit und universitären Autonomie
zu einer Voraussetzung für die Mitgliedschaft im Europarat zu erklären. Die Versammlung
ruft in diesem Zusammenhang das Ministerkomitee, die zuständigen speziellen Ministerien
der Regierungen der Mitgliedstaaten und die Universitäten in den Mitgliedstaaten auf, ein
multilaterales Programm für europäische Studenten- und Fakultätsaustausche mit den
Universitäten in Belarus und der weissrussischen „Europäischen humanitären Universität“ in
Vilnius (Litauen) einzurichten.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 77 – Drucksache 16/3400
2. Redebeiträge deutscher Parlamentarier
Umsetzung von Entschließung 1480 (2006) über das Problem der Beglaubigungsschreiben der
Parlamentarischen Delegation Aserbaidschans
Abg. Eduard Lintner (CDU/CSU): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe
mich deshalb zu Wort gemeldet, weil auch ich an der „Pre-Election“ -Mission teilgenommen habe
und auch am Wahltag, am 13. Mai, dort Wahlbeobachtung gemacht habe. Mir liegt sehr daran, dass
wir dieses Land, welches sich ja auf dem Wege in die Demokratie befindet, in seinen Bemühungen
fair beurteilen; doch ich glaube, dem wird der Bericht, den die beiden Herren vorgelegt haben, nicht
in allen Punkten gerecht.
Es trifft durchaus zu, dass noch viel Grundsätzliches getan werden muss, zum Beispiel muss das
Wahlrecht geändert werden, es muss die Zusammensetzung der Wahlkommission geändert werden
und es muss mehr Versammlungsfreiheit geschaffen werden.
All das muss festgestellt, jedoch von uns auch unterstützt werden.
Auf der anderen Seite müssen wir jedoch eingestehen, wie der Kollege Walter bereits gesagt hat,
dass es sich um einen Entwicklungsprozess handelt. Keine Demokratie in unseren Ländern – mag
sie auch noch so klassisch sein – hat jemals von heute auf morgen perfekt funktioniert, sondern es
gibt immer einen Entwicklungsprozess, der sich in die richtige Richtung entwickeln muss, und
unsere Aufgabe muss es vor allem sein, eben diese Richtung zu beobachten und darauf zu achten –
notfalls auch mit Druck – dass diese Richtung nicht verlassen wird. Wir müssen diesen Prozess auf
jeden Fall unterstützen und begleiten.
Die Wahlen am 13. Mai haben natürlich keine so große Aufmerksamkeit genossen wie die Wahlen
vom November, da es ja nur um zehn Wahlkreise ging, die für die Mehrheit im Parlament nicht
entscheidend waren. Deshalb war das nationale Interesse schon relativ gering. Das internationale
Interesse jedoch war noch geringer, worin ich übrigens auch einen Grund dafür sehe, dass die
Wahlbeteiligung nicht den Erwartungen entsprochen hat, die wir alle an das Ereignis in diesem
Land gestellt hatten.
Im übrigen hat die Tatsache, dass die Opposition sich nicht einig ist und sich zum Teil auch nicht an
den Wahlen beteiligt hat, die Bevölkerung auch nicht dazu bewogen, sich stärker zu beteiligen. Wer
permanent demotiviert, braucht sich nicht zu wundern.
Jedoch stellt – ich habe das nachgelesen, Herr Kollege Platvoet – die OSZE in ihrem Bericht
immerhin fest, dass sich einiges zum Positiven geändert hat, zum Beispiel die Tatsache, dass immer
zahlreiche Beobachter in den Wahllokalen selbst zugegen waren. Ich muss dem Kollegen Walter
Recht geben: Bei uns wäre das nicht möglich; bei uns werden die Wahllokale abgeschirmt. Dass hin
und wieder jemand entfernt werden muss, weil er den Prozess stört, halte ich für normal und nicht
für würdig, in einem solchen Bericht erwähnt zu werden.
Die Feststellung, dass sich noch vieles ändern muss, teile ich uneingeschränkt.
Ich möchte jedoch auf ein paar Elemente in diesem Bericht hinweisen, die meines Erachtens in
dieser Form seiner Ernsthaftigkeit nicht gerecht werden.
Da heißt es zum Beispiel, man habe gehört oder es würde berichtet und so fort, und daraus werden
dann Fakten gezimmert, die als Beweis für das Gegenteil nicht geeignet sind.
Ein besonders eindrucksvolles Beispiel hat der Kollege Walter bereits angeführt: Die kritischen
Intellektuellen.
Drucksache 16/3400 – 78 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Auch ich wollte darauf hinweisen, dass es zum täglichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland
gehört, dass Intellektuelle in härtesten Worten unsere Bundesregierung kritisieren. Dies ist jedoch
Teil des Rechts und kann doch nicht negativ beurteilt werden!
Im Gegenteil ist die Tatsache, dass dies auch gegenüber internationalen Beobachtern möglich ist,
für mich ein Zeichen dafür, dass das Land auf dem richtigen Wege ist.
Deshalb tun wir meines Erachtens gut daran, die Dinge weiterhin zu beobachten, die Kolleginnen
und Kollegen aus Aserbaijdjan zu unterstützen, und uns immer wieder mit der Regierung in
Verbindung zu setzen, um sie zu motivieren, auf dem Weg, den wir für den richtigen halten, weiter
zu gehen.
Bitte seien Sie nicht beleidigt, Herr Kollege Gross: mir ist berichtet worden, Sie hätten sich in der
Vergangenheit geweigert, mit Regierungsmitgliedern zusammen zu treffen, deshalb wundert es
mich nicht, wenn Sie im Moment ähnliche Schwierigkeiten haben.
Die Frage ist immer, wie man miteinander umgeht, und ich bitte daher darum, für die Zukunft
unterstützende und positive Ansätze zu finden.
Im übrigen bin ich mit den Berichterstattern einer Meinung, dass es sich erübrigt, wieder den Status
der Kolleginnen und Kollegen zu überprüfen. Wir können das jederzeit tun, davor ist keiner gefeit,
auch Aserbajdjan nicht. Insofern bleibt der für die Erreichung der Ziele notwendige Druck erhalten,
und dies halte ich für eine gute Basis für die Zukunft.
Die Außenbeziehungen des Europarates
Abg. Wolfgang Wodarg (SPD): Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich
möchte mich bei Adrian Severin dafür bedanken, dass er neue Facetten aufgezeigt hat, und dass er
ein neues Buch aufgeblättert hat für uns, die wir von dem überzeugt sind, was wir hier für Europa
tun.
Wir wollen für die Werte kämpfen und einstehen, an die wir glauben: Für die Menschenrechte, für
die Entwicklung der Demokratie, für die Gerechtigkeit und für ein gerechtes System in den
Mitgliedsländern. Morgen haben wir eine wichtige Debatte, in der wir zeigen können, wie gut wir
das in unseren eigenen Ländern machen.
Wir wollen aber auch in dem großen, weltweiten Wettbewerb attraktiv sein, in diesem globalen
Wettbewerb: es ist Amerika, es ist der ostasiatische Raum, und es ist Europa. Es ist nicht zu
leugnen, dass dies unterschiedliche Wertsysteme sind.
Es gibt auch Regionen in dieser Welt, die sich noch nicht entschieden haben, sondern zwischen
diesen Räumen stehen. Wir sind der Meinung, dass Demokratie und Menschenrechte notwendig
sind, und wir treten dafür ein. Und dieses Eintreten muss offensiv geschehen, denn unsere
Mitbewerber machen es ebenso, und wer, wenn nicht der Europarat, könnte dieses Geschehen
vorantreiben?
Natürlich hört man immer wieder, die Europäische Union sei attraktiv für viele Länder.
Aber: die Europäische Union zieht diese Länder mit Werten an, die weltweit gelten, nämlich mit
Geld. Genau hier sind wir jedoch möglicherweise nicht wettbewerbsfähig; es kann sein, dass andere
Länder wirtschaftlich stärker werden. Es kann auch sein, dass manche Länder sich infolge
attraktiverer Geldangebote anders orientieren. Wenn wir es nicht schaffen, andere Werte zu
entwickeln als die des Geldes und auch glaubhaft machen, dass wir für sie einstehen, dass es bei uns
funktioniert, dass Gerechtigkeit bei uns dazu führt, dass nicht nur die Regierungen selbst, sondern
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 79 – Drucksache 16/3400
auch die Menschen in diesen Ländern zufrieden und glücklich dabei sind - wenn wir all das nicht
schaffen, werden wir weniger Anhänger in der Welt haben.
Deshalb bin ich froh, dass wir als diejenige Organisation, welche sich um diese Rechte und Werte
kümmert, hier in die Offensive gehen. Wir müssen gemeinsam überlegen, was wir anbieten, wen
wir einladen können. Wir sind ein relativ armes Haus, was die Geldmittel angeht, doch ein reiches
Haus, was die anderen Werte angeht. Wenn wir nun andere Länder zu uns einladen, dann muss das
so geschehen, dass sie sich auch bei uns wohl fühlen.
Wir dürfen sie nicht überfordern und ihnen keine Dinge anbieten, für die sie nachher Schlange
stehen müssen. Wenn wir den Gerichtshof für die ganze Welt öffnen, wird er vollends zusammen
brechen.
Wenn wir also die Funktionen eines solchen Gerichtshofs auch anderswo propagieren und attraktiv
machen wollen, müssen wir uns Gedanken darüber machen, wie das geschehen soll, woher die
Mittel kommen sollen und welche Organisationsformen in Frage kommen.
Ich glaube jedoch, dass wir zu Recht formulieren können: Wir laden euch ein, zusammen mit uns zu
lernen, nicht Wir haben schon alles gelernt. Wir sind nämlich immer noch dabei. Unser Ziel jedoch
offen und ehrlich anzustreben, sollen die anderen miterleben und gleichzeitig als Beispiel erfahren.
Wir haben – zum Beispiel in Marokko, bei unseren Nachbarn - Wahrheitskommissionen gehabt,
und wir konnten sehen, wie segensreich sie funktionieren. Wir haben gesehen, wie in Europa und
auch weltweit mit Minderheiten umgegangen wird; und auch hier haben wir wohl einiges zu zeigen,
wie man das richtig macht, wie Minderheiten zu ihrem Recht kommen können. Wir sind noch nicht
fertig, doch wir haben Werte für unsere Vorgehensweise entwickelt. Ich halte dies für attraktiv in
den Augen anderer Länder, besonders dann, wenn die Bevölkerung davon weiß, und nicht nur die
Regierung.
Ich habe neulich etwas erlebt, was den Unterschied zwischen der Europäischen Union und uns
illustrieren kann: ich habe bei den Vereinten Nationen an einer Diskussion teilgenommen, bei der es
um die Bereitstellung von Grippe-Impfstoff ging. Wir haben hier vor kurzem beschlossen, dass im
Falle einer Pandemie jeder die Erlaubnis zur Herstellung dieses Impfstoffes erhalten muss, der zur
Herstellung in der Lage ist, dass die Herstellung nicht durch Patente eingeschränkt werden darf,
dass der freie Zugang zu diesem wichtigen Medikament sofort für jedermann gesichert werden
muss.
Im selben Gremium jedoch hat sich die Europäische Union dafür ausgesprochen, dass die Patente
größere Bedeutung haben müssten als der freie Zugang. Die Europäische Union vertritt nämlich
andere Werte. Die Dichotomie europäischer Bemühungen wurde überaus deutlich, und man konnte
Europa dort auf zweierlei Weise erleben.
Ich freue mich, dass wir mit unserer Arbeit und mit unseren Entscheidungen hier nicht nur das Geld
im Auge haben, sondern dass wir stattdessen den Zugang zu einer gerechten Versorgung, zu
Gerechtigkeit überhaupt, sowie zur Pflege der Menschenrechte als erstes bedienen. In diesem Sinne
auch ein Dank an Herrn Severin für seine Arbeit, die wir unterstützen
Die Außenbeziehungen des Europarates
Abg. Wolfgang Wodarg (SPD): Es entspricht dem, was schon vorhin gesagt wurde. Es wird auch
hier zuviel angeboten, und aus diesem Grund gibt es eine etwas allgemeinere Formulierung, bei der
die konkreten Angebote noch nicht genannt werden. Dieses Amendement würde ich dann gerne
zurücknehmen, wenn das Wort „core“ gestrichen wird. Dies müsste dann aber hier als All-
Amendment noch erfolgen.
Drucksache 16/3400 – 80 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Abg. Wolfgang Wodarg (SPD): Wir wollen, dass das Wort „core“ gestrichen wird, denn wir sind
der Meinung dass bestimmte Teil-Abkommen auch Nicht-Mitgliedern offen stehen, und es verfrüht
wäre, jetzt gleich einzuladen, und die ganze Küche in Beschlag zu nehmen, um dieses Bild zu
benutzen. Wir haben unsere Küche noch nicht aufgeräumt, wir müssen erst schauen, was wir
unseren Gästen bieten können, wir müssen dies diskutieren, und wollen deshalb nicht gleich alles
anbieten. Daher bitte ich, das Wort „core“ zu streichen.
Abg. Wolfgang Wodarg (SPD): Ich ziehe dieses Amendment zurück.
Abg. Wolfgang Wodarg (SPD): Hier geht es darum, welche Möglichkeiten Mitglieder anderer
Delegationen haben sollen, die noch nicht Mitglied des Europarates sind. Wir sind der Meinung,
dass die Möglichkeit, Änderungsanträge einzubringen und zu unterzeichen, für Nichtmitglieder zu
weit geht, weil sie nicht an unsere Regeln gebunden sind, und weil dadurch unsere Arbeit gestört
und gesprengt werden kann. Dies ist ein empfindlicher Bereich den wir nicht freigeben wollen.
Abg. Wolfgang Wodarg (SPD): Hier geht es um das gleiche Problem: das Mitglieder von Nicht-
Mitgliedstaaten als Berichterstatter auftreten. Dies lehnen wir als generelles Angebot hier ab, das es
für Nicht-Mitglieder einfach zu viel sein kann. Sie können sich in Nicht-Mitgliedstaaten nicht so
gut informieren, es ist für sie schwieriger, hier kann es zu Überforderungen und Missverständnissen
kommen, sodass wir meinen, dass dies nicht das richtige Mittel zum Einstieg für neue Gäste sein
soll.
Angebliche geheime Verhaftungen und die unrechtmäßige Verbringung von Häftlingen
zwischen Staaten mit Beteiligung von Mitgliedstaaten des Europarates
Abg. Holger Haibach (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, es
ist in der Debatte schon häufig angesprochen worden, dass es beim Kampf gegen den Terrorismus
keine Einschränkungen in Bezug auf Menschenrechte geben darf, weil dies dazu führt, dass
diejenigen, welche den Terrorismus bekämpfen, unglaubwürdig werden.
In der heutigen Sitzung hat der Präsident meines Erachtens zu Recht die Frage aufgeworfen, was
wir als parlamentarische Versammlung des Europarates tun können, um unseren Teil zur
Aufklärung beizutragen und die richtigen Schlüsse für die Zukunft zu ziehen.
In diesem Sinne begreife ich den Bericht, der uns heute vorliegt, als einen Baustein, der uns dazu
führen soll, aufzuklären und die richtigen Schlüsse zu ziehen. Wir werden – auch das ist in der
Debatte schon angeklungen – einige Dinge unter Beweis stellen können.
Mir ist durchaus klar, dass es sich hier um einen politischen Bericht handelt und nicht um einen,
den man vor Gericht verwenden kann. Doch wir werden Fragen beantworten und wir werden das
alles untermauern müssen. Es geht am Ende um unsere Glaubwürdigkeit, die Glaubwürdigkeit
dieses Gremiums, welches sich auch als Hüter der Menschenrechte in Europa begreift.
Meiner Meinung nach können wir zweierlei tun: Der Bericht weist zu Recht darauf hin, dass wir auf
der Ebene des Europarates und seiner Parlamentarischen Versammlung nicht die Mittel zur
Einrichtung eines Untersuchungsausschusses haben werden, die einige Nationalstaaten zur
Verfügung haben. Ich bin dem Vizepräsidenten der Kommission sehr dankbar für seinen Hinweis
darauf, dass die Nationalparlamente hier eine große Rolle spielen, und hier sehe ich das Bindeglied
für uns. Wir sind Vertreter der Nationalparlamente, aber wir sind auch gleichzeitig hier tätig. Ich
halte es für wichtig, dass wir unsere Nationalparlamente und unsere nationalen Mittel nutzen, und
dass wir unsere Kollegen in unseren Parlamenten auf die große Chance aufmerksam machen, die in
der Zusammenarbeit insgesamt liegt.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 81 – Drucksache 16/3400
In diesem Zusammenhang möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf das Amendement Nummer 2
lenken, welches ich im Namen der Deutschen Delegation hier vorbringe, der noch einmal auf die
Wichtigkeit verweist, dass auch die Ergebnisse nationaler Untersuchungen Eingang in unsere
Arbeit hier finden.
Aus der Erfahrung eines deutschen Bundestagsabgeordneten darf ich wohl sagen, dass wir in
Deutschland über ein System verfügen, das weitreichende Kompetenzen vorsieht.
Wenn wir parlamentarische Untersuchungsausschüsse einrichten, so haben diese mit Gerichten
vergleichbare Kompetenzen, sie können Akten einsehen und Zeugen vorladen.
Für mich ist dies ein Schritt in die richtige Richtung. Es gibt in Deutschland etwas, was offenbar –
so geht aus dem Bericht hervor – nicht überall möglich ist. Es gibt ein Gremium, das sich speziell
mit der Kontrolle der Geheimdienste beschäftigt.
Wie gut es arbeitet, ist immer eine Frage der Diskussion, auch der parlamentarischen Diskussion.
Wichtig ist jedoch, dass ein solches Gremium existiert; und ich möchte noch darauf hinweisen, dass
dies eben offenbar nicht in allen Ländern der Fall ist. Soviel zu dem einen Punkt.
Zum zweiten sind wir aber auch ein internationales Gremium; und hier sehe ich sowohl eine
Aufgabe als auch eine Chance. Seit Jahren bemühen sich die Vereinten Nationen, einen allgemein
gültigen Begriff für Terrorismus zu finden. Was ist Terrorismus? Was sind Terroristen? Wie
können sie von anderen Elementen abgegrenzt werden?
Wenn wir als Parlamentarische Versammlung des Europarates hier bei der Frage der Definition
einen Beitrag leisten könnten, dann könnten wir durchaus auch weitergehend definieren, was dann
im Kampf gegen den Terrorismus erlaubt ist und welche Maßnahmen ergriffen werden dürfen. Ich
glaube, in diesem Sinne können wir national wie international als Parlamentarische Versammlung
des Europarates durchaus einen wichtigen Beitrag leisten – und so sollten wir auch den heutigen
Bericht verstehen.
Danke sehr.
Angebliche geheime Verhaftungen und die unrechtmäßige Verbringung von Häftlingen
zwischen Staaten mit Beteiligung von Mitgliedstaaten des Europarates
Abg. Wolfgang Wodarg (SPD): Dieses Amendment hebt hervor, dass der Generalsekretär nach
unserer Satzung die Möglichkeit hat, Berichte von den einzelnen Ländern abzufordern. Das hat er
gemacht und es hat sehr geholfen. Wir möchten, dass er damit nicht aufhört, sondern dass er dieses
Instrument auch in Zukunft weiter nutzt.
Angebliche geheime Verhaftungen und die unrechtmäßige Verbringung von Häftlingen
zwischen Staaten mit Beteiligung von Mitgliedstaaten des Europarates
Abg. Wolfgang Wodarg (SPD): Hier geht es darum, dass Opfern illegaler Handlungen gegenüber
nicht nur eine Entschuldigung ausgesprochen wird, sondern dass ihnen Gerechtigkeit widerfährt.
Angebliche geheime Verhaftungen und die unrechtmäßige Verbringung von Häftlingen
zwischen Staaten mit Beteiligung von Mitgliedstaaten des Europarates
Abg. Wolfgang Wodarg (SPD): Wir wollen darauf achten, dass Zwangsrückführungen und
Auslieferungen an Orte wo die Todesstrafe, oder andere Menschenrechtsverletzungen, wie
Folterungen und Misshandlungen oder andere eklatante Verbrechen wie das Verschwinden lassen
drohen, nicht erfolgen dürfen. Sie dürfen von uns, den Mitgliedsländern weder toleriert noch
Drucksache 16/3400 – 82 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
durchgeführt werden. Hier soll es auch nicht ausreichen, dass man sich unter Diplomaten einig ist,
und wir hier Absprachen treffen, sondern es muss eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden,
die Wirklichkeit muss genau analysiert werden; ob es sich um ein solches Vergehen handelt oder
nicht.
Angebliche geheime Verhaftungen und die unrechtmäßige Verbringung von Häftlingen
zwischen Staaten mit Beteiligung von Mitgliedstaaten des Europarates
Abg. Wolfgang Wodarg (SPD): Ich möchte ergänzen, dass die für Menschenrechtsverletzungen
Verantwortlichen von unabhängigen, unparteilichen Gremien und durch wirksame Untersuchungen
gefasst werden, und dass auch die Flughäfen und Lufträume, die überflogen worden sind, mit in die
Untersuchungen einbezogen werden müssen. Die Untersuchung muss außerdem öffentlich gemacht
werden, und die Ergebnisse müssen der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.
Angebliche geheime Verhaftungen und die unrechtmäßige Verbringung von Häftlingen
zwischen Staaten mit Beteiligung von Mitgliedstaaten des Europarates
Abg. Rainder Steenblock (B90/DG):Zunächst möchte ich dem Berichterstatter Dick Marty für den
sehr wichtigen Bericht: „Mutmaßliche geheime Haft und unrechtmäßige Verbringung von
Häftlingen zwischen Staaten unter Beteiligung von Mitgliedstaaten des Europarates“ danken.
Mit diesem Bericht untersucht Herr Marty ungeheuerliche Vorwürfe gegen eine Reihe von
Mitgliedstaaten des Europarates: Durch Duldung und aktive Mithilfe Verdächtige als Gefangene in
Länder gebracht zu haben, in denen gefoltert wird.
Gerade angesichts der widrigen Untersuchungsbedingungen muss unser aller Dank an Dick Marty
gehen, der mit seinem Bericht dazu beitragen möchte, die beschädigte Glaubwürdigkeit
europäischer Staaten in Menschenrechtsfragen wiederherzustellen.
Niemand ist vor Terror gefeit. Dies haben uns die Terroranschläge des 11. September 2001 in New
York und vom 11. März 2004 in Madrid schmerzhaft bewusst gemacht. Dies Anschläge haben uns
auch bewusst gemacht, dass Terrorismus nicht vor Landesgrenzen Halt macht, und wir ihn
gemeinsam bekämpfen müssen. Aber dabei muss jederzeit die Achtung der Grundfreiheiten und
Grundrechte gewährleistet sein.
Der Bericht von Dick Marty dagegen erhärtet den Verdacht gegen Mitgliedstaaten des Europarates,
Menschenrechte verletzt und geheime Verhaftungen sowie gesetzeswidrige Auslieferungen von
tatsächlichen oder angeblichen Terroristen in Europa gebilligt zu haben. Im Kampf gegen den
Terror haben die Vereinigten Staaten neue rechtliche Begriffe wie „feindliche Kombattanten“ und
„Verschleppung“ eingeführt, die im Widerspruch zu unseren grundlegenden Rechtsprinzipien
stehen.
Im Wege solcher „Verschleppungsprogramme“ wird der Umgang mit Menschen gezielt einer
gerichtlichen Kontrolle entzogen. Dabei wurden Menschen illegal inhaftiert und heimlich in Länder
gebracht, in denen Folter eine gängige Methode bei Verhören ist.
Dick Martys Bericht zeigt, dass mehrere europäische Regierungen vor dieser Praxis Augen und
Ohren geschlossen haben und einige Staaten sogar aktiv in einzelne Verschleppungsfälle involviert
waren. Durch diese stillschweigende Duldung oder die aktive Hilfe von europäischen Staaten
gelangten Gefangene auch ins berüchtigte US-Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba.
Dies ist beschämend für Europa.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 83 – Drucksache 16/3400
Bislang haben europäische Regierungen wiederholt geleugnet, an diesem Verschleppungsprogramm
der CIA beteiligt gewesen zu sein.
Deshalb ist es jetzt umso wichtiger, dass wir auf verschiedenen Wegen Druck auf die nationalen
Regierungen ausüben, damit diese endlich die Untersuchungen aktiv unterstützen und ihrer
Ermittlungspflicht gemäß der Europäischen Menschenrechtskonvention nachkommen.
Denn Mitgliedstaaten des Europarates sind verpflichtet, jedem Verdacht auf
Menschenrechtsverletzungen nachzugehen. Die nationalen Parlamente müssen alle notwendigen
Informationen erhalten, um die Vorwürfe restlos aufzuklären. In Europa muss wieder
unmissverständlich gelten, dass Menschenrechte uneingeschränkt geachtet werden müssen. Denn
wenn wir Europäerinnen und Europäer Demokratie und Rechtsstaatlichkeit weltweit fördern
wollen, müssen wir bei uns zuhause damit anfangen.
Angebliche geheime Verhaftungen und die unrechtmäßige Verbringung von Häftlingen
zwischen Staaten mit Beteiligung von Mitgliedstaaten des Europarates
Abg. Wolfgang Wodarg (SPD): Der Abgeordnete Marty hat einen guten und für uns alle einen
wichtigen Bericht vorgelegt.
Er hat sich verdient gemacht, weil er die politische Bewertung offenbar vorliegender Verfehlungen
des CIA und kooperierender nationaler Geheimdienste dorthin gebracht hat wo sie hingehört: hier
in dieses Haus, in den Europarat!
Kollege Marty hatte keine Instrumente um eigene Untersuchungen durchzuführen. Er war
Berichterstatter und nicht Untersuchungsrichter oder Vorsitzender eines Untersuchungsausschusses.
Er konnte uns keine gesicherten Tatbestände präsentieren sondern lediglich als Berichterstatter all
die schwerwiegenden Hinweise sammeln und für uns aufbereiten, die bisher bekannt geworden
sind.
Er hat ausreichend Hinweise gegeben, die uns und unsere nationalen Parlamente dazu bringen
müssen jeweils im eigenen Land bei der eigenen Regierung und beim eigenen Geheimdienst die
notwendigen Nachforschungen anzustellen.
Im Deutschen Bundestag gibt es ein Parlamentarisches Kontrollgremium, welches mit besonderen
Vollmachten auch gegenüber der Regierung und den Geheimdiensten ausgestattet ist. Die Balance
zwischen der nötigen Geheimhaltung bei der Verbrechens- und Terrorismusbekämpfung und einer
ebenso notwendigen Kontrolle des Regierungshandelns durch die Volksvertreter ist nicht
konfliktfrei.
Wir sind der Auffassung, dass die Möglichkeit, die Arbeit und sogar die Budgets der
Geheimdienste zu kontrollieren auch für speziell zur Verschwiegenheit verpflichtete Parlamentarier
gegeben sein muss.
Zusätzlich werden die jetzt notwendigen Nachforschungen in Sachen CIA-Netzwerk und möglicher
deutscher Beteiligung durch einen öffentlich arbeitenden Untersuchungsausschuss durchgeführt.
Wir werden in allen involvierten Mitgliedsländern solche oder ähnliche Instrumente auch in
Zukunft brauchen!
Es ist zu fordern, zu hoffen und wohl auch zu erwarten, dass unsere amerikanischen Freunde
endlich die Gefangenen aus dem Lager in Guantanamo in rechtlich einwandfreie Umgebungen
bringen, und dass sie angemessener rechtlicher Beurteilung zugeführt werden.
Wir werden dann vermutlich noch mehr Details erfahren, die uns zu weiteren Nachforschungen
verpflichten und wir werden die jetzt zu sammelnden Erfahrungen brauchen.
Drucksache 16/3400 – 84 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Bislang haben europäische Regierungen wiederholt geleugnet, an diesem Verschleppungsprogramm
der CIA beteiligt gewesen zu sein.
Deshalb ist es jetzt umso wichtiger, dass wir auf verschiedenen Wegen Druck auf die nationalen
Regierungen ausüben, damit diese endlich die Untersuchungen aktiv unterstützen und ihrer
Ermittlungspflicht gemäß der Europäischen Menschenrechtskonvention nachkommen.
Denn Mitgliedstaaten des Europarates sind verpflichtet, jedem Verdacht auf
Menschenrechtsverletzungen nachzugehen. Die nationalen Parlamente müssen alle notwendigen
Informationen erhalten, um die Vorwürfe restlos aufzuklären. In Europa muss wieder
unmissverständlich gelten, dass Menschenrechte uneingeschränkt geachtet werden müssen. Denn
wenn wir Europäerinnen und Europäer Demokratie und Rechtsstaatlichkeit weltweit fördern
wollen, müssen wir bei uns zuhause damit anfangen.
Angebliche geheime Verhaftungen und die unrechtmäßige Verbringung von Häftlingen
zwischen Staaten mit Beteiligung von Mitgliedstaaten des Europarates
Abg. Wolfgang Wodarg (SPD): Der Abgeordnete Marty hat einen guten und für uns alle einen
wichtigen Bericht vorgelegt.
Er hat sich verdient gemacht, weil er die politische Bewertung offenbar vorliegender Verfehlungen
des CIA und kooperierender nationaler Geheimdienste dorthin gebracht hat wo sie hingehört: hier
in dieses Haus, in den Europarat!
Kollege Marty hatte keine Instrumente um eigene Untersuchungen durchzuführen. Er war
Berichterstatter und nicht Untersuchungsrichter oder Vorsitzender eines Untersuchungsausschusses.
Er konnte uns keine gesicherten Tatbestände präsentieren sondern lediglich als Berichterstatter all
die schwerwiegenden Hinweise sammeln und für uns aufbereiten, die bisher bekannt geworden
sind.
Er hat ausreichend Hinweise gegeben, die uns und unsere nationalen Parlamente dazu bringen
müssen jeweils im eigenen Land bei der eigenen Regierung und beim eigenen Geheimdienst die
notwendigen Nachforschungen anzustellen.
Im Deutschen Bundestag gibt es ein Parlamentarisches Kontrollgremium, welches mit besonderen
Vollmachten auch gegenüber der Regierung und den Geheimdiensten ausgestattet ist. Die Balance
zwischen der nötigen Geheimhaltung bei der Verbrechens- und Terrorismusbekämpfung und einer
ebenso notwendigen Kontrolle des Regierungshandelns durch die Volksvertreter ist nicht
konfliktfrei.
Wir sind der Auffassung, dass die Möglichkeit, die Arbeit und sogar die Budgets der
Geheimdienste zu kontrollieren auch für speziell zur Verschwiegenheit verpflichtete Parlamentarier
gegeben sein muss.
Zusätzlich werden die jetzt notwendigen Nachforschungen in Sachen CIA-Netzwerk und möglicher
deutscher Beteiligung durch einen öffentlich arbeitenden Untersuchungsausschuss durchgeführt.
Wir werden in allen involvierten Mitgliedsländern solche oder ähnliche Instrumente auch in
Zukunft brauchen!
Es ist zu fordern, zu hoffen und wohl auch zu erwarten, dass unsere amerikanischen Freunde
endlich die Gefangenen aus dem Lager in Guantanamo in rechtlich einwandfreie Umgebungen
bringen, und dass sie angemessener rechtlicher Beurteilung zugeführt werden.
Wir werden dann vermutlich noch mehr Details erfahren, die uns zu weiteren Nachforschungen
verpflichten und wir werden die jetzt zu sammelnden Erfahrungen brauchen.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 85 – Drucksache 16/3400
Der Europarat muss die nationalen Bemühungen um Aufklärung weiterhin einfordern, qualifizieren
und begleiten. Auf der Ebene des Generalsekretärs – mit dessen Möglichkeiten, auf der Ebene der
Regierungen und auf der Ebene der dieser parlamentarischen Versammlung. Wir wollen die
Mitgliedstaaten in die Pflicht nehmen, wie es die Menschenrechtskonvention vorsieht und wie es
die Menschen in unseren Ländern von uns zu Recht erwarten.
Hierfür werden wir unsere Instrumente verstärken müssen. Wir werden zunehmend hinsehen und
handeln müssen, wenn über unsere Grenzen hinweg Unrecht geschieht. Dieses Unrecht bleibt, weil
es im Ausland wirkt oder wirken lässt, zumeist verborgen oder zwischen den Zuständigkeiten
ungesühnt.
Wir sehen, dass unsere Staaten mit verbrecherischen Regierungen in aller Welt Geschäfte machen
oder Personen und Unternehmen tolerieren und manchmal sogar fördern, die damit Geschäfte
machen, dass Menschen und Menschenrechte in armen Ländern mit Füßen getreten werden. Wir
müssen nicht nur im Zusammenhang mit den Geheimdiensten, sondern auch im Zusammenhang mit
Gewaltökonomie und mit solchen Verbrechen genauer hinsehen und handeln, bei denen die Opfer
in entfernten Ländern leiden und sterben und bei denen die Täter in unseren Hauptstädten ihre
blutigen Geschäfte vorbereiten und kontrollieren.
Menschenrechte können in einer vernetzten Welt nur durch entsprechende politische Vernetzung
gesichert werden. Der vorliegende Bericht ist hier ein wichtiger Anfang.
Meinungsfreiheit und Achtung religiöser Überzeugungen
Abg. Eduard Lintner (CDU/CSU): Dabei handelt es sich eigentlich nur um einen notwendigen,
ergänzenden Hinweis auf den erforderlichen, schwierigen Abwägungsprozess. Das ist hier ja schon
betont worden.
Meinungsfreiheit und Achtung religiöser Überzeugungen
Abg. Eduard Lintner (CDU/CSU): Hier sollte eigentlich nur zum Ausdruck gebracht werden, dass
natürlich in beiden Richtungen darauf zu achten ist, dass die Dinge rechtmäßig geschehen und den
nötigen Respekt genießen. Deshalb haben wir hier in unserer Änderung vorgeschlagen, die zweite
Richtung beizufügen.
Meinungsfreiheit und Achtung religiöser Überzeugungen
Abg. Eduard Lintner (CDU/CSU): Auch hier geht es eigentlich nur darum, auf die besondere
Verpflichtung des Europarates hinzuweisen, auch seinen Beitrag zu leisten, um als multinationale
Organisation, die Erfahrung mit verschiedenen Religionen und Überzeugungen in ihren
Mitgliedstaaten hat, einen echten erzieherischen und praktischen Beitrag zu leisten.
Umsetzung der Beschlüsse des Dritten Gipfels des Europarates
Abg. Doris Barnett (SPD): Vielen Dank, Herr Vorsitzender! Meine lieben Kolleginnen und
Kollegen, zunächst möchte ich den Berichterstattern ganz herzlich danken und wende mich in
meinem Beitrag besonders an Herrn Kosachev, dem ich ganz besonders für seinen umfassenden
Bericht zur Umsetzung der Ziele des Dritten Gipfels danke. Fortschritte in diesem Bereich sind für
die Zukunft des Europarates von zentraler Bedeutung, selbst wenn sie sehr lange dauern.
Ich möchte mich im folgenden auf zwei Gegenstände konzentrieren: Erstens die Stärkung des
Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, und zweitens das Verhältnis zwischen Europarat
und EU.
Drucksache 16/3400 – 86 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Ich begrüße es nachdrücklich, dass Russland als Vorsitzender des Ministerkomitees inzwischen das
vierzehnte Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention unterzeichnet hat. Ich
hoffe, die darin enthaltenen Änderungen können nun mit der Ratifikation bald in Kraft gesetzt
werden.
Da dies allein nicht ausreicht, um die Glaubwürdigkeit des Schutzes der Menschenrechte durch den
Gerichtshof auf Dauer zu sichern, sehe ich auch dem Bericht der Weisen-Gruppe mit großer
Erwartung entgegen. Zusätzliche Strukturreformen und Finanzmittel - darauf wurde bereits
hingewiesen – sind dabei absolut notwendig, um den Rückstau von achtzigtausend Fällen
abzubauen; denn schließlich wollen wir alle uns doch nicht dem Vorwurf der Rechtsverweigerung
aussetzen - und damit der Verweigerung eines elementaren demokratischen Rechts.
Auch sollten wir bei den Finanzmitteln aufhören zu jammern; stattdessen sollten wir uns die Frage
stellen, was wir in unseren Nationalparlamenten im Haushaltsausschuss dazu beitragen, dass der
Europarat entsprechend unterstützt wird. Allerdings gebe ich auch hier noch einmal zu bedenken,
dass inzwischen mehr als die Hälfte der jährlich hinzu kommenden Beschwerden am Europäischen
Menschenrechts-Gerichtshof aus gerade mal vier Staaten stammen, weshalb es nötig ist, gerade in
diesen Ländern die Maßnahmen zur Stärkung der nationalen Justiz zu forcieren. Ich bitte die
betreffenden Kollegen, zuhause darauf hin zu wirken, um den europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte nachhaltig zu entlasten.
Zum Zweiten: Das Verhältnis zwischen Europarat und der EU war das zentrale Thema unserer
April-Sitzung; mit guten Vorschlägen des Juncker-Gerichts müssen wir das Ziel mit Nachdruck
weiterverfolgen. Im April haben wir uns hier sehr kritisch mit den Bemühungen zur Gründung einer
EU-Grundrechte-Agentur auseinander gesetzt. Bei mir zuhause im Bundestag sowie in einigen
anderen Staaten gab es danach Initiativen, schädliche Überschneidungen und Rivalitäten bei der
Grundrechte-Agentur zu verhindern.
Auf dem EU-Gipfel vor zwölf Tagen konnte noch keine endgültige Einigung über das Mandat
erzielt werden; die Gründung soll allerdings weiterhin zum 01. Januar 2007 erfolgen.
Daher fordere ich die Kollegen aus EU-Staaten auf, über die nationalen Parlamente im Sinne der
Empfehlung 1744 vom 13. April 2006 auf die Verhandlungen, die jetzt unter der finnischen EU-
Präsidentschaft laufen, Einfluss zu nehmen.
Von zentraler Bedeutung erscheinen mir dabei folgende Überlegungen:
Zum einen muss die EU endlich der europäischen Menschenrechtskonvention beitreten, und was
die EU- Menschenrechts-Agentur angeht, so soll diese geografisch auf die EU-Mitgliedsstaaten
begrenzt werden, inhaltlich und sachlich soll die Begrenzung auf das EU-Gemeinschaftsrecht
erfolgen, und es soll eine moderate personelle und finanzielle Ausstattung erfolgen, so dass das
Geld dann möglicherweise für beide reicht.
Neben den in unserer Resolution angestellten Überlegungen halte ich es aus Gründen der
Prävention für wichtig, dass die Agentur auch das Recht erhält, zu den Legislativ-Vorschlägen der
EU-Kommission im Hinblick auf deren Auswirkungen auf Menschenrechte Stellung zu nehmen.
Ich appelliere an die EU-Kollegen in den kommenden Monaten in diesem Sinne aktiv zu werden
und danke ihnen schon heute.
Umsetzung der Beschlüsse des Dritten Gipfels des Europarates
Abg. Wolfgang Wodarg (SPD): Wir müssen uns auf unsere Aufgaben, auf unsere Pflichten
besinnen.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 87 – Drucksache 16/3400
Und der Warschauer Gipfel hat dazu beigetragen, hat uns in die Pflicht genommen.
Ich möchte als Vorsitzender für den Kultur-Ausschuss der Kommission für Kultur, Wissenschaft
und Bildung, hier sagen, dass ich mich freue, dass wir auch hier fokussieren können und dass wir
darstellen können.
Lluis Maria de Puig hat das sehr schön in seinem Bericht gemacht und darstellen können, dass
Bildung eine wichtige Voraussetzung ist, wenn wir Menschenrechte zum Durchbruch bringen
wollen, wenn wir Demokratie wollen. Wir können keine Demokraten, können keine Demokratien
haben, wenn sie nicht leben lernen, wenn sie nicht schweigen lernen, wenn sie sich nicht
verständigen können, um ihre Konflikte auszutragen.
Europa wächst: es sind keine Dörfer mehr, die sich regulieren, es sind auch nicht nur Landstriche,
sondern es sind riesige Gebiete. Sie sind abhängig davon, dass die Kommunikation stimmt. Dass
die Medien da sind, um sich auseinanderzusetzen, um sich zu verständigen, um Unterschiede
überhaupt wahrzunehmen und mit ihnen leben zu können. Dafür brauchen wir funktionierende
Medien und wir kümmern uns darum, dass Medien in Zukunft besser funktionieren.
Medien dürfen nicht missbraucht werden, um an der Demokratie vorbei Macht auszuüben, sondern
sie sind wichtiges Handwerkszeug für Demokraten, und das müssen wir sicherstellen.
Wir brauchen auch die Forschung: aber wir müssen aufpassen, dass mit den Ergebnissen der
Forschung kein Missbrauch getrieben wird. Denn wir sehen, dass geforscht wird, um Menschen zu
instrumentalisieren, um Menschen als Quelle für Organe oder für Gewebe oder für neue
Medikamente zu nützen, ohne dass diese Menschen etwas dagegen tun können, wenn sie zur Sache
gemacht werden. Dann müssen wir uns melden.
Wir haben viele Dinge in Bildung, in Wissenschaft und auch im Bereich der Kultur zu entwickeln.
Wer sich nicht um die Kultur kümmert, der macht Europa arm. Sie ist unser Reichtum, davon
wollen wir leben. Software ist wichtig und Ideen sind wichtig: darum wird es in der Welt gehen,
und Europa ist da gut und soll auch gut bleiben.
Verfassungsreform in Bosnien und Herzegowina
Abg. Eduard Lintner (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen,
zunächst möchte ich im Namen meiner Fraktion den beiden Berichterstattern und dem Sekretariat
des Ausschusses herzlich dafür danken, dass sie trotz der Eile einen so fundierten und umfassenden
Bericht hier vorgelegt haben.
Wir haben uns auch in den letzten Stunden intensiv darum bemüht, die Einwände, die seitens der
Betroffenen gegen die jetzige Fassung des Berichts vorgebracht worden sind, ernst zu nehmen und
sorgfältig zu prüfen, doch ich muss gestehen: Je mehr man sich mit dem Thema beschäftigt, desto
klarer wird eigentlich, dass der geforderte Reformprozess unabwendbar ist und gefördert werden
muss. Unter anderem hängt von seinem Erfolg ja nichts weniger als zum Beispiel die
Beitrittsfähigkeit von Bosnien-Herzegowina zur EU ab, und das ist auch in den Augen der
Bevölkerung ein außerordentlich wichtiges Ziel.
Dies entspricht im übrigen auch genau dem, was der Hohe Repräsentant der Internationalen
Gemeinschaft und Sonderbeauftragte der Europäischen Union, mein früherer Bundestagskollege,
Herr Schwarz-Schilling, bis in die jüngste Zeit hinein immer wieder erklärt und betont hat. Trotz
des Reformpakets, welches im April dieses Jahres knapp gescheitert ist, ist eigentlich allen klar,
dass der Reformprozess fortgesetzt werden muss.
Drucksache 16/3400 – 88 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Wir wollen nicht, dass die Kolleginnen und Kollegen dabei den Eindruck gewinnen, es solle ihnen
etwas aufoktroyiert werden, sondern, wie der Hohe Repräsentant, so setzen auch wir auf
Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger. Sie selbst müssen diesen Prozess in die Hand
nehmen.
Die Tatsache jedoch, dass die gegenwärtig geltende Verfassung nicht EU-tauglich ist, muss klar
sein. Der jetzige Status ist im Hinblick auf dieses Ziel, oder auch im Hinblick auf die Vorgaben des
Dayton-Vertrages als Dauerzustand nicht akzeptabel.
Zu den Standards in den Staaten der Europäischen Gemeinschaft gehört eben auch die
Funktionsfähigkeit gesamtstaatlicher Institutionen, und vor allem eine gültige Verfassung die
demokratischen Standards und Anforderungen genügt, und welche gleichermaßen für alle Bürger
von Bosnien-Herzegowina gilt, das heißt letztlich ohne Unterschied aufgrund ethnischer oder
religiöser Zugehörigkeit. Wir wissen auch – Kollege Lloyd hat es bereits betont, dass es ein
schwieriger und mühsamer Prozess ist, aber er kann den Betroffenen nicht erspart werden.
Wir können auch auf dieses Ziel allein aus grundsätzlichen Erwägungen heraus nicht verzichten;
andernfalls würden wir nämlich so ziemlich alles in Frage stellen, was im Zentrum der
Aufgabenstellung des Europarates liegt.
Wir müssen verlangen, dass sich unsere Mitglieder zu diesem Ziel bekennen; deshalb sind wir mit
dem Hohen Repräsentanten einig, wenn er fordert, dass die Verantwortlichen in Bosnien-
Herzegowina selbst aktiv den Reformprozess in die Hand nehmen. Wir unterstützen sie dabei mit
all den Hilfen, die der Europarat geben kann; und dies umso mehr, als der Hohe Repräsentant, Herr
Schwarz-Schilling, seine Tätigkeit am 30. Juli nächsten Jahres definitiv einstellen wird. Spätestens
nach den Wahlen im Herbst muss dieses Bemühen nach Reformen auch konkret in der Politik
erkennbar werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will nicht verschweigen, dass die Vorschläge, die in den
letzten Tagen aus der Republik Srpska zu hören waren, nämlich eine Volksabstimmung über die
Unabhängigkeit dieser Republik abzuhalten, dem ursprünglich von allen Parteien favorisierten
Reformprozess nicht dienlich sind. Eine solche Idee kann sich weder auf das Beispiel Montenegro
berufen, weil die historische Entwicklung gar nicht vergleichbar ist, noch auf den Friedensvertrag
von Dayton, denn dort wird die Republik ausdrücklich als Entität, das heißt als Teilstaat in Bosnien
und Herzegowina, bezeichnet.
Das Entfachen eines solchen Feuers kommt dem Hantieren mit Sprengstoff in einer sehr labilen
Region gleich.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bewertet man den Inhalt des Berichts an dieser Faktenlage und
vor diesem Hintergrund, so kann ich eigentlich nur dafür plädieren, dem Bericht, so wie er
vorgelegt worden ist, auch zuzustimmen.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 89 – Drucksache 16/3400
Mitgliedsländer und Funktionsträger
Mitgliedsländer der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (46)
Albanien
Andorra
Armenien
Aserbaidschan
Belgien
Bosnien und Herzegowina
Bulgarien
Dänemark
Deutschland
Estland
Finnland
Frankreich
Georgien
Griechenland
Irland
Island
Italien
Kroatien
Lettland
Liechtenstein
Litauen
Luxemburg
„ehem. jugoslawische Republik Mazedonien“
Malta
Moldau
Monaco
Niederlande
Norwegen
Österreich
Polen
Portugal
Rumänien
Russland
San Marino
Schweden
Schweiz
Serbien und Montenegro
Slowakische Republik
Slowenien
Spanien
Tschechische Republik
Türkei
Ukraine
Ungarn
Vereinigtes Königreich
Zypern
Länder mit Sondergaststatus
- zur Mitwirkung in der Parlamentarischen Versammlung ohne Stimmrecht berechtigt
Der Sondergaststatus von Belarus wurde am 13. Januar 1997 ausgesetzt.
Beobachter (3): Israel, Kanada, Mexiko
Drucksache 16/3400 – 90 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Funktionsträger der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
Präsident René van der Linden (Niederlande – EPP)
Vizepräsidenten 20, darunter Joachim Hörster (Bundesrepublik Deutschland – CDU/CSU /
EPP)
Generalsekretär Mateo Sorinas (Spanien)
Politischer Ausschuss
Vorsitzender Abdülkadir Ateú (Türkei – SOC)
Stv. Vorsitzende Konstantin Kosachev (Russland – EDG)
Zsolt Nemeth (Ungarn – EPP)
Giorgi Bokeria (Georgien – ALDE)
Ausschuss für Recht und Menschenrechte
Vorsitzender Dick Marty (Schweiz – ALDE)
Stv. Vorsitzende Erik Jurgens (Niederlande – SOC)
Eduard Lintner (Bundesrepublik Deutschland – CDU/CSU / EVP)
Adrian Severin (Rumänien – SOC)
Ausschuss für Wirtschaft und Entwicklung
Vorsitzender Evgeni Kirilov (Bulgarien – SOC)
Stv. Vorsitzende Antigoni Pericleous Papadopoulos (Zypern – ALDE)
Márton Braun (Ungarn – EVP)
Konstantinos Vrettos (Griechenland – SOC)
Ausschuss für Sozialordnung, Gesundheit und Familie
Vorsitzender Marcel Glesener (Luxemburg – EVP)
Stv. Vorsitzende Christine McCafferty (Vereinigtes Königreich - SOC)
Patrizia Paoletti Tangheroni (Italien – EVP)
Helena Bargholtz (Schweden – ALDE)
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 91 – Drucksache 16/3400
Ausschuss für Kultur, Wissenschaft und Bildung
Vorsitzender Jacques Legendre (Frankreich – EVP)
Stv. Vorsitzende Baroness Gloria Hooper (Vereinigtes Königreich – EDG)
Josef JaĜab (Tschechische Republik – ALDE)
Dr. Wolfgang Wodarg (Bundesrepublik Deutschland – SPD / SOC)
Ausschuss für Umwelt, Landwirtschaft und kommunale und regionale Angelegenheiten
Vorsitzender Walter Schmied (Schweiz – ALDE)
Stv. Vorsitzende Alan Meale (Vereinigtes Königreich – SOC)
Renzo Gubert (Italien – EVP)
Elsa Papadimitriou (Griechenland – EVP)
Ausschuss für Wanderbewegungen, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen
Vorsitzender Mevlüt Çavuúo÷lu (Türkei – EDG)
Stv. Vorsitzende Tana de Zulueta (Italien – SOC)
Doros Christodoulides (Zypern – UEL)
Jean-Guy Branger (Frankreich – EVP)
Ausschuss für Geschäftsordnung und Immunitäten
Vorsitzender Andreas Gross (Schweiz – SOC)
Stv. Vorsitzende Andrea Manzella (Italien – SOC)
Ganka Samoilovska-Cvetanova („ehem. jugoslawische Republik Mazedonien“ –EVP)
Mats Einarsson (Schweden – UEL)
Ausschuss für die Gleichstellung von Frauen und Männern
Vorsitzende Minodora Cliveti (Rumänien – SOC)
Stv. Vorsitzende Rosmarie Zapfl-Helbling(Schweiz – EVP)
Anna ýurdová (Tschechische Republik – SOC)
Svetlana Smirnova (Russland – EDG)
Drucksache 16/3400 – 92 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Ausschuss für die Einhaltung der von den Mitgliedstaaten des Europarates eingegangenen
Pflichten und Verpflichtungen (Monitoring-Ausschuss)
Vorsitzender György Frunda (Rumänien – EVP)
Stv. Vorsitzende Hanne Severinsen (Dänemark – ALDE)
Mikko Elo (Finnland – SOC)
Tigran Torosyan (Armenien – EDG)
SOC Sozialistische Gruppe
EVP Gruppe der Europäischen Volkspartei
EDG Gruppe der Europäischen Demokraten
ALDE Gruppe der Liberalen, Demokraten und Reformer
UEL Gruppe der Vereinigten Europäischen Linken
Inhaltsverzeichnis
I. Teilnehmer
II. Zusammenfassung
III. Schwerpunkte der Beratungen
IV. Anhang