BT-Drucksache 16/3400

Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 26. bis 30. Juni 2006 in Straßburg

Vom 10. November 2006


I. Teilnehmer
Der deutschen Delegation gehörten folgende Mitglieder
an:

Abg. Joachim Hörster (CDU/CSU), Leiter der Delega-
tion,

Abg. Dr. Wolfgang Wodarg (SPD), stellvertretender
Leiter der Delegation,

Abg. Ulrich Adam (CDU/CSU),

Abg. Doris Barnett (SPD),
Abg. Veronika Bellmann (CDU/CSU),

deraufbau und Entwicklung, Jean Lemierre, der Vizeprä-
sident der Europäischen Kommission, Franco Frattini,
der stellvertretende Vorsitzende des Untersuchungsaus-
schusses des Europäischen Parlaments, Cem Özdemir,
sowie die Sonderberichterstatterin für Gewalt gegen
Frauen der Vereinten Nationen, Yakin Ertürk.

An der Tagung nahmen Parlamentarier aus den 46 Mit-
gliedstaaten des Europarates sowie Beobachter aus Israel,
Kanada und Mexiko teil.

In zwei Dringlichkeitsdebatten wurden die Verfassungs-
reform in Bosnien und Herzegowina sowie die Auswir-
kungen des Referendums in Montenegro diskutiert.
Große Aufmerksamkeit bekam der Bericht des schweize-
rischen Abg. Dick Marty zu den angeblichen CIA-Ge-
Deutscher Bundestag Drucksache 16/3400
16. Wahlperiode 10. 11. 2006

Unterrichtung
durch die Delegation der Bundesrepublik Deutschland in der Parlamentarischen
Versammlung des Europarates

Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
vom 26. bis 30. Juni 2006 in Straßburg

I n h a l t s v e r z e i c h n i s

Seite

I. Teilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

II. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

III. Schwerpunkte der Beratungen . . . . . . . . 2

IV. Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

1. Entschließungen und Empfehlungen . . . . . 8

2. Redebeiträge deutscher Parlamentarier . . . . 77

3. Mitgliedsländer und Funktionsträger . . . . . 89

Abg. Eduard Lintner (CDU/CSU),

Abg. Ingo Schmitt (CDU/CSU),

Abg. Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN).

II. Zusammenfassung
Die Entschließungen und Empfehlungen sind ebenso wie
die Reden und Fragen der Mitglieder der deutschen Dele-
gation im Anhang im Wortlaut abgedruckt.

Den Bericht des Ministerkomitees trug der stellvertre-
tende Außenminister der Russischen Föderation und
Repräsentant des Vorsitzenden des Ministerkomitees,
Alexander Grushko, vor. Zu der Versammlung sprachen
der türkische Ministerpräsident, Recep Tayyip Erdoğan,
der Ratspräsident der Russischen Föderation, Sergey
Mironov, der Präsident der Europäischen Bank für Wie-
Abg. Hubert Deittert (CDU/CSU),

Abg. Axel Fischer (CDU/CSU),

Abg. Herbert Frankenhauser (CDU/CSU),

Abg. Holger Haibach (CDU/CSU),

Abg. Gerd Höfer (SPD),

heimflügen und CIA-Geheimgefängnissen. Weitere
Schwerpunkte der Sitzung waren die Berichte zur Weiter-
verfolgung des Dritten Gipfels der Staats- und Regierung-
schefs vom Mai 2005. In diesem Zusammenhang wurde
auch die gemeinsame Bekämpfung der häuslichen Gewalt
gegen Frauen von den nationalen Parlamenten und die
Kampagne des Europarates zu diesem Thema bespro-
chen. Die Versammlung beschäftigte sich mit den Außen-

Drucksache 16/3400 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

beziehungen des Europarates ebenso wie mit der Mei-
nungsfreiheit und Achtung religiöser Überzeugungen.

Außerdem wurden die Richter des Europäischen Ge-
richtshofes für Finnland, Monaco und die Schweiz ge-
wählt.

III. Schwerpunkte der Beratungen

Dringlichkeitsdebatten

Verfassungsreform in Bosnien und Herzegowina

Anlass für die Dringlichkeitsdebatte waren zum einen das
Scheitern der Verfassungsreform im bosnischen Parla-
ment am 26. April 2006 und zum anderen die anstehen-
den Wahlen am 1. Oktober dieses Jahres. Das Scheitern
der Verfassungsreform sei, so der Berichterstatter Abg.
Kimmo Sasi (Finnland, EPP/CD), darauf zurückzufüh-
ren, dass zwischen den einzelnen Parteien kein Konsens
über die zukünftige Entwicklung des Landes bestehe. In
Bosnien und Herzegowina werde noch immer zu viel
über die Vergangenheit statt über die Zukunft diskutiert.
Dies sei seines Erachtens ein wesentlicher Grund dafür,
dass der Fortschrittsprozess in diesem Land zum Erliegen
gekommen sei. Es sei daher zu befürchten, dass die anste-
henden Wahlen nicht den Anforderungen des Europarates
entsprechen werden. Der Reformprozess werde derzeit
vor allem dadurch erschwert, dass eine verfassungsge-
mäße Notwendigkeit bestehe, die volle Gleichberechti-
gung zwischen den drei Ethnien auf jeder Ebene und in
jedem Bereich gewährleisten zu müssen. Deshalb for-
derte die Versammlung Bosnien und Herzegowina auf,
den Übergang von einer Vertretung der Ethnien zu einer
Vertretung der Bürger in Angriff zu nehmen.

Während der Debatte wurden unterschiedliche Meinun-
gen darüber geäußert, ob der vorgelegte Bericht zum ei-
nen mit dem Dayton-Abkommen von 1995 konform sei
und zum anderen, ob eine Verfassungsreform derzeit
sinnvoll wäre. So gab es Delegierte, die sich dafür aus-
sprachen, dass man zunächst abwarten solle, bis sich die
Beziehungen zwischen den einzelnen Ethnien normali-
siert hätten. Der deutsche Abg. Eduard Lintner (CDU/
CSU) erinnerte jedoch daran, dass Bosnien und Herzego-
wina seinen Verpflichtungen gegenüber der Europäischen
Union (EU) und dem Europarat (ER) nachkommen müsse.
So sei zum Beispiel die Erfüllung des Dayton-Abkommens
ohne eine Verfassungsreform nicht möglich. Diese Refor-
men müssten in seinen Augen aber von den Bewohnern des
Landes selbst in Angriff genommen werden.

Die Versammlung forderte Bosnien und Herzegowina
dazu auf, dass die Reformen nach den Wahlen im Okto-
ber 2006 fortgeführt werden, wobei die Effizienzerhö-
hung der staatlichen Institutionen und Entscheidungspro-
zesse im Mittelpunkt stehen müsse. Für den Fortschritt
des Landes sei es weiterhin unbedingt erforderlich, dass
ein konstruktiver Dialog über den Übergang von einer
ethnischen Vertretung zu einer alle Bürger umfassenden
Repräsentation erfolgreich geführt und eine spätestens im

Auswirkungen des Referendums in Montenegro

Anlass für die Dringlichkeitsdebatte war das Referendum
zur Unabhängigkeit Montenegros vom 21. Mai 2006 und
die Unabhängigkeitserklärung, die die Nationalversamm-
lung Montenegros am 3. Juni 2006 verabschiedet hatte.

In der Debatte wurde der Auflösung des Staatenverban-
des mit Serbien und der Erklärung der Eigenstaatlichkeit
Montenegros allgemein Anerkennung und Respekt entge-
gengebracht, weil die Vorgänge um das Referendum auf
eine geradezu vorbildliche Art und Weise friedlich und
demokratisch abgewickelt worden seien. Kritisch gewer-
tet wurden die von der Europäischen Union aufgestellten
Bedingungen für die Anerkennung der Unabhängigkeit,
wie vor allem das 55-Prozent-Kriterium des Mindeststim-
mensatzes. Diesbezüglich stellt der Europarat fest, dass es
erforderlich sei, eigene Kriterien im Hinblick auf Ergeb-
nis und Mindeststimmenzahl für künftige Referenden zu
erarbeiten. Des Weiteren wurde darauf gedrungen, mit
Montenegro und Serbien verstärkt zusammenzuarbeiten
und sie bei der Bewältigung der aufgrund der Staatentren-
nung anstehenden Herausforderungen zu unterstützen,
um so eine weitere vielversprechende Entwicklung und
die Bildung freundschaftlicher Beziehungen zwischen
den beiden Ländern zu fördern. Ein wichtiger Aspekt in
dieser Hinsicht sei auch die Eröffnung klarer Perspekti-
ven für eine Aufnahme Montenegros in den Europarat
und einer Integration beider Länder in die EU.

Serbien und Montenegro werden dazu aufgerufen, alle Fra-
gen mit Bezug auf die Auflösung des Staatenbundes im
größtmöglichen Einvernehmen zu klären, die internatio-
nale Zusammenarbeit, besonders mit dem Internationalen
Strafgerichtshof (ICTY) sicherzustellen und ihre Institutio-
nen und Verwaltungsstrukturen im Hinblick auf die euro-
päischen demokratischen Standards möglichst schnell und
effizient zu reformieren (Entschließung 1514 (2006)).

Angebliche CIA-Geheimflüge und
CIA-Geheimgefängnisse

Der Abg. Dick Marty (Schweiz, SOC) stellte seinen Be-
richt zu den angeblichen CIA-Geheimflügen und CIA-Ge-
heimgefängnissen vor, den er bereits nach der Annahme
durch den Rechts- und Menschenrechtsauschuss am
7. Juni 2006 der Presse vorgestellt und veröffentlicht hat.
Dick Marty erläuterte, dass die unter Mitwirkung oder zu-
mindest Duldung vieler Länder, darunter auch Mitglied-
staaten des Europarates, ein weltweites heimliches „Spin-
nennetz“ geschaffen hätten, dessen Tätigkeiten – geheime
Verhaftungen, Verschleppungsprogramme der CIA sowie
die Nutzung von Militärstützpunkten und Militärflugzeu-
gen zur Verfrachtung von Häftlingen – grundlegende
Prinzipien des Europarates missachteten. Alle Mitglied-
staaten hätten zudem gegen ihre Verpflichtung zur gründ-
lichen Untersuchung der Vorwürfe verstoßen. Als Konse-
quenz fordert Dick Marty die Mitgliedstaaten auf, den
Rechtsrahmen für die Tätigkeit und die Zusammenarbeit
eigener sowie ausländischer Geheimdienste zu überprü-
fen, insbesondere deren Rechenschaftsablegung zu stär-
ken. Alle bilateralen Abkommen zwischen Mitglied-
Oktober 2011 abgeschlossene Verfassungsreform durch-
geführt werde (Entschließung 1513 (2006)).

staaten des Europarates und den USA, insbesondere
Abkommen über die Stationierung von Streitkräften und

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/3400

die Nutzung militärischer Infrastruktur, sollten auf ihre
Übereinstimmung mit den geltenden internationalen
Menschenrechtsnormen überprüft werden. Von den Ver-
einigten Staaten fordert er u. a. eine Entschuldigung bei
den Opfern illegaler Verhaftungen sowie deren Entschä-
digung und die Klarstellung, dass Terrorismus auch mit
rechtmäßigen Mitteln besiegt werden kann. Dem Aus-
schuss für Recht und Menschenrechte schlug Dick Marty
vor, einen Ad-hoc-Unterausschuss einzusetzen, der seine
Untersuchungen weiterführen soll. Falls Staaten nicht in
der Lage seien, Personen, die des Terrorismus verdächtig
sind, strafrechtlich zu verfolgen, könne man prüfen, diese
einem internationalen Gericht, z. B. dem Internationalen
Gerichtshof zu unterstellen (Entschließung 1507 (2006)
und Empfehlung 1754 (2006)).

Im Anschluss an die Vorstellung des Berichts durch Abg.
Dick Marty gab der Vizepräsident der Europäischen
Kommission und Kommissar für Justiz und Sicherheit,
Franco Frattini, eine Erklärung ab. Franco Frattini lobte
die gute Zusammenarbeit zwischen dem Europarat und
dem Untersuchungsausschuss des Europäischen Parla-
ments (EP) zu den Vorwürfen gegen die USA und andere
Länder. Die EU habe den Abg. Dick Marty durch Satelli-
tenaufnahmen und Fluginformationen von Eurocontrol
und das EU-Satellitenzentrum unterstützt. Auch er be-
tonte – wie bereits Dick Marty zuvor – dass es in der Un-
tersuchung nicht darum gehe, einen Staat anzuklagen,
sondern zu verhindern, dass Ähnliches in Zukunft wieder
geschehe. Wichtig sei eine Reform der Geheimdienste
und die Parlamente sollten besser in deren Kontrolle ein-
gebunden werden. Unumgänglich sei es, den Dialog mit
den USA zu verstärken und gemeinsam gegen den inter-
nationalen Terrorismus vorzugehen.

Im Detail über die Arbeit des Untersuchungsausschusses
des EP berichtete auch der Vizepräsident dieses Gre-
miums, Abg. Cem Özdemir. Generalsekretär Terry
Davis äußerte sich ebenfalls zum Bericht von Dick Marty
und konstatierte, dass er zwei Schlussfolgerungen aus den
Untersuchungen ziehe: Geheimflüge und Verschleppun-
gen von Personen hätten definitiv in einigen Mitgliedstaa-
ten des Europarates stattgefunden. Diese Verschleppun-
gen hätten theoretisch in fast allen Mitgliedstaaten
stattfinden können, da kein ausreichender rechtlicher und
administrativer Schutz vor derartigen Menschenrechts-
verletzungen bestehe.

Der deutsche Abg. Holger Haibach (CDU/CSU) schlug
zwei Punkte für die weitere Aufarbeitung der Vorfälle
vor: Zum einen sollten die Delegierten sich als Binde-
glied zwischen der Parlamentarischen Versammlung und
ihren nationalen Parlamenten verstehen. Da nur die natio-
nalen Parlamente über die Möglichkeit der Einsetzung
von Untersuchungsausschüssen verfügen, sollte gegebe-
nenfalls dort die Aufklärung betrieben und die Ergebnisse
wiederum in die Parlamentarische Versammlung einge-
bracht werden. Zum zweiten solle die Parlamentarische
Versammlung auch einen Beitrag zu der seit Jahren auf
Ebene der Vereinten Nationen laufenden Diskussion zur
Definition von Terrorismus leisten.

Deutschen Bundestages zur Aufklärung der Affäre im
Parlamentarischen Kontrollgremium und im eingerichte-
ten Untersuchungsausschuss. Die Aufgabe des Europara-
tes bestünde darin, die nationalen Bemühungen um Auf-
klärung weiterhin einzufordern, zu qualifizieren und zu
begleiten. Auch Abg. Rainder Steenblock (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) betonte in seiner schriftlich
eingereichten Rede, dass die Mitgliedstaaten des Europa-
rates verpflichtet seien, jedem Verdacht auf Menschen-
rechtsverletzungen nachzugehen. Die nationalen Parla-
mente müssten alle notwendigen Informationen erhalten,
um die Vorwürfe restlos aufzuklären.

Außenbeziehungen des Europarates

Der Berichterstatter Abg. Adrian Severin (Rumänien,
SOC) hob bei der Vorstellung seines Berichtes über die
Außenbeziehungen des Europarates hervor, dass der Eu-
roparat befähigt werden sollte, in seinen Außenbeziehun-
gen in einen offenen, die europäischen Grenzen über-
schreitenden Dialog über seine grundlegenden Werte und
Prinzipien einzutreten sowie diese zu fördern und zu ver-
breiten. Der Berichterstatter entwickelte eine Strategie für
die künftige Entwicklung der Außenkontakte des Europa-
rates. So sei durch die Gewährung eines Beobachterstatus
eine enge Beziehung zu Nichtmitgliedstaaten herzustellen
und deren enge Einbindung in die Aktivitäten des
Europarates zu erreichen. Es wurden Erwägungen ange-
stellt, die Konvention zu öffnen und unter bestimmten
Umständen sowie bezüglich bestimmter Angelegenheiten
den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte auch
Nichtmitgliedstaaten zugänglich zu machen. Ausdrück-
lich betont werden die Zusammenarbeit mit der EU und
das geplante Abkommen der beiden Institutionen sowie
die Kooperation mit der Organisation für Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und den Vereinten
Nationen (VN). Die Stärkung der Beziehungen sei von
wesentlicher Bedeutung, so dass die Einrichtung einer
ständigen Präsenz des Europarates in den wichtigsten in-
ternationalen Organisation in New York, Genf und Wien
in Betracht gezogen werden sollte. In ihrer Empfehlung
und Entschließung übernimmt die Parlamentarische Ver-
sammlung zentrale Punkte des Berichtes wie z. B. eine
gesteigerte externe Aktivität z. B. durch die Gründung
von Partnerschaften und Netzwerken mit europäischen
und nichteuropäischen Organisationen und die Stärkung
der bereits bestehenden Verbindungen.

In der Debatte wurde sowohl Zustimmung als auch Wi-
derspruch geäußert, so wurde z. B. angemahnt, dass zu-
erst die internen Probleme mit den eigenen Mitgliedslän-
dern auszuräumen seien, bevor man sich außerhalb des
Europarates betätigen sollte. Auch wurde dem Bericht
vorgeworfen, keine klare Richtung und keine eindeutigen
Prioritäten vorzugeben. Der Abg. Dr. Wolfgang Wodarg
(SPD) äußerte sich erfreut darüber, dass die fundamenta-
len Werte des Europarates im Bericht berücksichtigt wur-
den und empfahl, den Europarat als ein im internationalen
Vergleich attraktives Forum auszugestalten. Keine andere
Institution stehe so für die Durchsetzung der Menschen-
In seiner schriftlich eingereichten Rede erläuterte Abg.
Dr. Wolfgang Wodarg (SPD) die Bemühungen des

rechte und die Bemühungen um Gerechtigkeit, besonders
für die Bevölkerung, wie der Europarat. Gleichzeitig

Drucksache 16/3400 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

warnte er aber davor, den Europarat und seine Ressourcen
durch eine zu starke Öffnung zu überfordern (Entschlie-
ßung 1506 (2006) und Empfehlung 1753 (2006)).

Meinungsfreiheit und Achtung religiöser
Überzeugungen

Die Parlamentarische Versammlung des Europarates wies
darauf hin, dass es keine demokratische Gesellschaft
ohne das grundlegende Recht auf Meinungsfreiheit geben
könne. Dieses Recht umfasse sowohl wünschenswerte
wie auch kritische Äußerungen. Die Meinungsfreiheit
müsse in demokratischen Gesellschaften die Möglichkeit
geben, eine offene Debatte über Religion und Glaube zu-
zulassen. Die Diskussionen, anlässlich der Erscheinung
von Karikaturen des Propheten Mohammed in Dänemark
im Herbst 2005, hätten jedoch gezeigt, wie schmal die
Grenze zwischen Meinungsfreiheit und Blasphemie sei.
Die Berichterstatterin Abg. Sinikka Hurskainen (Finn-
land, SOC) sprach sich aus diesem Grund für einen offe-
nen Dialog und Austausch zwischen den Parlamenten der
Mitgliedstaaten, den Vertretern der Medien und der nicht-
staatlichen Organisationen und den geistlichen Führern
von religiösen Gemeinschaften über dieses Problem aus.
Ihr Bericht, so Abg. Sinikka Hurskainen, beziehe sich vor
allem auf die Verbesserung der Kommunikation zwischen
den verschiedenen Kulturen. Um dieses Ziel zu erreichen,
komme der Bildung eine enorme Bedeutung zu. Informa-
tionen über andere Kulturen seien notwendig, um Vorur-
teile abzubauen und den Respekt und die Toleranz gegen-
über Andersgläubigen zu stärken.

Die Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung erin-
nerten daran, dass die kritische Auseinandersetzung mit den
verschiedenen Kulturen und Religionen eine wichtige Vor-
aussetzung für die Weiterentwicklung der demokratischen
Gesellschaft gewesen wäre und bis heute sei. Nur totalitäre
Systeme müssten diese kritische Auseinandersetzung fürch-
ten. Kritische Auseinandersetzung und Satire sollten in die-
sem Rahmen einen höheren Grad an Meinungsfreiheit zu-
gesprochen bekommen und das Mittel der Übertreibung
sollte nicht notwendigerweise als Provokation betrachtet
werden. Deshalb beschloss die Parlamentarische Versamm-
lung, dass die Meinungsfreiheit, wie sie in Artikel 10 der
Europäischen Menschenrechtskonvention festgeschrieben
ist, auch mit Rücksichtnahme auf bestimmte religiöse Grup-
pen nicht weiter eingeschränkt werden sollte. Artikel 10 be-
inhalte zu Recht die Möglichkeit, seine Meinung sowohl
kritisch als auch satirisch im Hinblick auf religiöse Über-
zeugungen äußern zu können. Hassreden seien jedoch nicht
mit dem fundamentalen Recht auf Meinungsfreiheit kon-
form (Entschließung 1510 (2006)).

Beitrag der Europäischen Bank für Wiederaufbau
und Entwicklung zur wirtschaftlichen Entwicklung
in Mittel- und Osteuropa

Der Berichterstatter Abg. Bernard Schreiner (Frank-
reich, EPP/CD) stellte den jährlichen Tätigkeitsbericht
der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwick-

EBWE und dem Europarat. Die Parlamentarische Ver-
sammlung des Europarates biete der EBWE seit der
Kooperationsvereinbarung aus dem Jahre 1992 ein wich-
tiges Forum zur öffentlichen Diskussion. Beide Institutio-
nen würden mit der Entwicklung der Wirtschaft, dem
Schutz und Aufbau der Demokratie und der Sicherung
der Menschenrechte die gleichen Ziele verfolgen.

In seinem Bericht erläuterte der Berichterstatter die ver-
schiedenen Tätigkeitsbereiche der EBWE. Im vergange-
nen Jahr wurde vor allem in den Bereichen Umwelt und
Landwirtschaft investiert. Ziel sei es dabei gewesen, die
Volkswirtschaften langfristig zu stabilisieren, z. B. durch
den Ausbau der Infrastruktur, die Schaffung von Arbeits-
plätzen in allen Bereichen und die Förderung der Energie-
effizienz.

Der Präsident der EBWE, Jean Lemierre, erklärte, dass
die Bank 2005 in 27 Ländern tätig gewesen sei. Der
Schwerpunkt der Bemühungen habe dabei noch bei jenen
acht Ländern gelegen, die zuletzt der Europäischen Union
beigetreten waren. Bis zum Jahre 2010 wolle man seine
Anstrengungen hier beenden. Der Schwerpunkt der Be-
mühungen werde sich in den kommenden Jahren auf die
Länder Ost- und Südosteuropas verlagern. Im Mittel-
punkt stünden dabei vor allem die Regionen des Kauka-
sus, des Balkans und auch Russland. Die Bemühungen
der EBWE in den Bereichen Transport, Energie und Han-
del seien hier wichtige Voraussetzungen dafür, um in den
einzelnen Regionen dauerhaft Stabilität, Wachstum und
Wohlstand gewährleisten zu können. Das Investitionsvo-
lumen werde konstant bei 4 Mrd. Euro bleiben.

Abschließend appellierte Präsident Jean Lemierre an die
Mitgliedstaaten des Europarates, in ihren Ländern durch
das Verabschieden entsprechender Gesetze und durch die
ausreichende Bereitstellung finanzieller Mittel die Ener-
gieeffizienz zu fördern (Entschließung 1508 (2006)).

Beglaubigungsschreiben der aserbaidschanischen
Delegation
Bei der Eröffnung der ersten Tagung der Parlamentari-
sche Versammlung des Europarates im Januar 2006 wur-
den die nicht ratifizierten Beglaubigungsschreiben der
aserbaidschanischen Delegation aus substantiellen Grün-
den gemäß Vorschrift 8 der Geschäftsordnung angefoch-
ten. Als Grund wurden die am 6. November 2005 durch-
geführten Parlamentswahlen genannt, die trotz einiger
Verbesserungen in der Wahlkampfphase in schwerwie-
gender Form unzulänglich gewesen seien und eine Reihe
internationaler Standards für demokratische Wahlen nicht
beachtet hätten. Die Versammlung beschloss, die Beglau-
bigungsschreiben der parlamentarischen Delegation Aser-
baidschans zu ratifizieren, die Nachwahlen am 13. Mai
2006 zu beobachten und auf der Tagung im Juni 2006 auf
der Grundlage eines Berichts des Monitoringausschusses
die Fortschritte zu prüfen.

Die beiden Berichterstatter des Monitoringausschusses,
der estnische Abg. Andres Herkel (EPP/CD) und der
schweizerische Abg. Andreas Gross (SOC) berichteten,
lung (EBWE) für das Jahr 2005 vor. Dabei betonte er die
große Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen der

dass es bei den Teilneuwahlen vom 13. Mai 2006 einige
Fortschritte gegeben habe. Allerdings hätte Aserbaid-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/3400

schan weder das Wahlgesetz geändert noch habe man die
Wahlbestechung verfolgt. Besorgniserregend bliebe aber
die Kontrolle des Wahlvorgangs durch Dritte, darunter
Vertreter der kommunalen Exekutive. Auch der Umgang
mit der Presse- und Meinungsfreiheit sei zu kritisieren, da
die Medien einseitig zugunsten der Regierungsparteien
berichteten und nach den Wahlen einige Journalisten Op-
fer von Gewalt geworden seien. Im Ergebnis müsse die
Entscheidung über die Erteilung der Beglaubigungs-
schreiben vertagt werden, bis in einem Jahr ein weiterer
Bericht vorläge. Die Berichterstatter des Monitoringaus-
schusses schlugen daher der Parlamentarischen Versamm-
lung vor, in diesem Stadium die Beglaubigungsschreiben
der parlamentarischen Delegation Aserbaidschans nicht
erneut zu prüfen. Der Monitoringausschuss solle weiter-
hin die Entwicklungen in dem Land genau verfolgen und
auf der Plenartagung im Frühjahr 2007 über Fortschritte
bei der Einhaltung der Pflichten und Verpflichtungen
– einschließlich der in Bezug auf die Wahlrechtsreform –
durch Aserbaidschan berichten.

Auf der Grundlage des Berichtes debattierte die Versamm-
lung die aktuellen Herausforderungen hinsichtlich des
Demokratisierungsprozesses in Aserbaidschan und die
möglichen Verbesserungen des Monitoringverfahrens. Der
britische Abg. Robert Walter (EDG) wies darauf hin, dass
es überhaupt erst drei Wahlen in Aserbaidschan gegeben
habe, vor diesem Hintergrund erschienen ihm das Ergebnis
des Berichtes als zu negativ und die geschilderten Vor-
kommnisse sowie einige Äußerungen bestimmter Perso-
nenkreise als überinterpretiert. Insbesondere die Kritik in-
tellektueller Kreise ließe sich ohne weiteres auf jede
westliche gefestigte Demokratie übertragen. Der deutsche
Abg. Eduard Lintner (CDU/CSU) schloss sich dieser
Einschätzung an und betonte, dass sich Aserbaidschan in
einem Entwicklungsprozess befinde und die Aufgabe des
Europarates darin bestehen müsse, diese Entwicklung kri-
tisch zu begleiten, das Parlament in seinen Anstrengungen
zu unterstützten und die Regierung zu kontrollieren. Insge-
samt wertete er den Bericht als konstruktiv und die darin
vorgeschlagenen Maßnahmen als gute Basis für die weitere
Arbeit. Die Parlamentarische Versammlung stimmte mehr-
heitlich dem Vorschlag der Berichterstatter zu, die Ent-
wicklungen in Aserbaidschan weiter zu verfolgen und die
Beglaubigungsschreiben der Delegation nicht erneut zu
prüfen (Entschließung 1505 (2006)).

Weiterverfolgung des Dritten Gipfels

Die Parlamentarische Versammlung diskutierte anhand
diverser Berichte die Weiterverfolgung der Beschlüsse
des Dritten Gipfels der Staats- und Regierungschefs in
Warschau im Mai 2005.

Umsetzung der Beschlüsse des Dritten Gipfels
des Europarates

Im Auftrag des Politischen Ausschusses zog Abg.
Konstantin Kosachev (Russland, EDG) Bilanz im Hin-
blick auf die Umsetzung der auf dem Dritten Gipfel ge-

sende Strategie zur Reform des Europäischen Gerichtsho-
fes für Menschenrechte (EGMR) ausarbeiten solle sowie
ein Forum für die Zukunft der Demokratie eingerichtet
worden sei. Ebenfalls begrüßte er die Schlussfolgerungen
des sog. Juncker-Berichts und die Einrichtung des Aus-
schusses zur Weiterverfolgung des Dritten Gipfels des
Ministerkomitees. In der Empfehlung werden vielfältige
Forderungen aufgestellt, wie diese Gremien noch effekti-
ver arbeiten und wie die Beschlüsse noch besser umge-
setzt werden können (Empfehlung 1756 (2006)).

Die deutsche Abg. Doris Barnett (SPD) sprach sich in
ihrer Rede insbesondere für die Stärkung des EGMR aus.
Sie begrüßte es nachdrücklich, dass Russland inzwischen
das 14. Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschen-
rechtskonvention (EMRK) unterzeichnet habe und hoffe,
dass es auch bald ratifiziert werde. Wichtig sei, dem
EGMR endlich die notwendigen Haushaltsmittel zur Ver-
fügung zu stellen, damit er seinen Überhang an Fällen
schnell abbauen könne. Ebenso müsse aber auch die Jus-
tiz in einigen Mitgliedstaaten gestärkt werden, aus denen
die meisten Beschwerden an den EGMR eingingen. Des
Weiteren sprach sie die geplante EU-Grundrechteagentur
an und bat die Abgeordneten, in ihren nationalen Parla-
menten auf ihre Regierungen Einfluss zu nehmen.

Der deutsche Abg. Dr. Wolfgang Wodarg (SPD) lobte in
seiner Rede den Bericht des Abg. Lluis Maria de Puig
(Spanien, SOC), der sich mit den auf dem Dritten Gipfel
festgelegten Prioritäten für die kulturelle Zusammenar-
beit befasse. Er betonte, wie wichtig Bildung und For-
schung für die Demokratie seien. Funktionierende Me-
dien seien in einem wachsenden Europa wichtig und
dürften nicht missachtet werden, um an der Demokratie
vorbei Macht auszuüben.

Gemeinsame Bekämpfung der häuslichen Gewalt
gegen Frauen durch die Parlamente

Bei der Weiterverfolgung des Dritten Gipfels der Staats-
und Regierungschefs der Mitgliedstaaten des Europarates
bildete die gemeinsame Bekämpfung der Gewalt gegen
Frauen einen Diskussionsschwerpunkt. Die Staats- und
Regierungschefs hätten einer paneuropäischen Kampagne
zur Lösung dieses Problems zugestimmt. Die Bericht-
erstatterin Abg. Minordora Cliveti (Rumänien, SOC)
wies darauf hin, dass häusliche Gewalt noch immer in al-
len europäischen Ländern ein Problem darstelle. Häusli-
che Gewalt werde noch immer oft als eine Privatangele-
genheit angesehen. Die Mitglieder der Parlamentarischen
Versammlung betrachten diese Form der Gewalt jedoch
als Verletzung der Menschenrechte der Frauen und Kin-
der, die davon betroffen seien. Jedes Mitglied des Europa-
rates habe die Pflicht, so die Berichterstatterin, sich aktiv
am Kampf gegen diese Gewalt zu beteiligen. Aus diesem
Grund begrüßte sie die Schaffung einer paneuropäischen
Kampagne.

Die Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen über
Gewalt gegen Frauen, Yakin Ertürk, wies darauf hin,
dass häusliche Gewalt nicht auf eine bestimmte Gruppe
fassten Beschlüsse. Er stellte mit Befriedigung fest, dass
eine Gruppe der Weisen eingesetzt wurde, die eine umfas-

oder einen bestimmten Bereich der Gesellschaft begrenzt
sei sondern dass dies vielmehr ein Problem sei, das unab-

Drucksache 16/3400 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

hängig von Klasse, Rasse, ethnischer Gruppe oder Nation
existiere. Sie begrüßte deshalb den Vorschlag der Abg.
Minordora Cliveti, die Zusammenarbeit der Mitgliedstaa-
ten auf diesem Gebiet zu intensivieren.

Die Parlamentarische Versammlung beschloss, dass diese
Zusammenarbeit als erstes die Organisation eines ge-
meinsamen Aktionstages am 24. November 2006 umfas-
sen solle, bei dem auf Ursachen und mögliche Auswege
aus der häuslichen Gewalt öffentlich hingewiesen werde.
Die Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung ap-
pellierten an die Parlamente und an das Ministerkomitee
des Europarates, dieser Thematik im Jahre 2007 höchste
Priorität zukommen zu lassen. Durch das Erlassen ent-
sprechender gesetzlicher Vorgaben und die Gewährung
von finanziellen Mitteln müsse dieser Kampf gegen Ge-
walt gegen Frauen unterstützt werden. Die Regierungen
sollten sich aktiv an diesem Kampf beteiligen, indem sie
die Erstellung von Studien und Statistiken zur häuslichen
Gewalt förderten. Ein Austausch auf parlamentarischer
Ebene über die Verabschiedung möglicher gesetzlicher
Rahmenbedingungen und die gegenseitige Unterstützung
bei der Schaffung dieser sei eine wesentliche Aufgabe der
Parlamente (Entschließung 1512 (2006) und Empfehlung
1759 (2006)).

Menschenrechte irregulärer Einwanderer

Der Berichterstatter Abg. Ed van Thijn (Niederlande,
SOC) führte aus, dass es das Recht eines jeden Mitglied-
staates sei, den Zustrom von Ausländern zu regulieren
und irreguläre Einwanderer in ihr Heimatland zurückzu-
schicken, solange dies in Übereinstimmung mit den
Menschenrechten geschehe. Es gebe zwar zahlreiche in-
ternationale und europäische Instrumente, deren Bestim-
mungen gebraucht werden könnten, um ein Minimum an
Rechten zu garantieren, bisher existiere aber kein einzi-
ges Instrument, das ausdrücklich die Rechte irregulärer
Einwanderer betrifft. Hinsichtlich der zivilen und politi-
schen Rechte beinhalte die EMRK ein Minimum an Si-
cherheiten. Wirtschaftliche und soziale Rechte müssten
aber ebenso garantiert werden. Die Parlamentarische Ver-
sammlung fordert daher die Regierungen der Mitglied-
staaten auf, alle relevanten Menschenrechtsinstrumente
zu unterschreiben und zu ratifizieren und deren Imple-
mentierung sicherzustellen. Dem Ministerkomitee wird
empfohlen, die relevanten intergouvernementalen Komi-
tees anzuweisen, eine Liste minimaler Rechte der irregu-
lären Einwanderer zu erstellen, zur Vorbereitung einer
Empfehlung oder von Leitprinzipien, die das Minister-
komitee dann annehmen könne (Entschließung 1509 (2006)
und Empfehlung 1755 (2006)).

Ansprache des türkischen Ministerpräsidenten

In seiner Rede betonte der türkische Ministerpräsident,
Recep Tayyip Erdoğan, dass es in Anbetracht der Mi-
grationsbewegungen für die Zukunft Europas von großer
Wichtigkeit sei, einer multikulturellen Gesellschaft Raum
zu geben. Das Schlagwort müsse „Einheit in Vielfalt“

die Meinungsfreiheit betonte er, dass diese das notwen-
dige Fundament von Demokratie sei, es aber auch Gren-
zen geben müsse, wie der Karikaturenstreit deutlich ge-
zeigt habe. Der Karikaturenstreit habe überdies die tiefen
Gräben zwischen der westlichen und islamischen Welt
unterstrichen und habe verdeutlicht, dass diese den Boden
für Extremismus auf beiden Seiten bereiteten. In diesem
Zusammenhang müsse man Freiheit immer auch so defi-
nieren, dass sie den Respekt und die Achtung für den
Andersdenkenden beinhalte. Die Grenze der Meinungs-
freiheit sei aus seiner Sicht bei Äußerungen mit belei-
digendem Charakter erreicht. Der Ausarbeitung von Per-
spektiven und Herausforderungen zur Verbesserung des
Verständnisses widme sich die Allianz der Zivilisationen,
deren Mitinitiator und stellvertretender Vorsitzender er
sei. Um den Dialog der Kulturen zu verbessern, müsse
vor allem in Bildung investiert werden, da diese einen
Schlüssel zu Verständnis und Toleranz darstelle.

Ansprache des Ratspräsidenten der Russischen
Föderation

Ratspräsident Sergey Mironov skizzierte kurz die Chan-
cen und Herausforderungen, vor denen der Europarat
aktuell stehe. So könne sich der Europarat nicht mehr nur
auf das Thema Menschenrechte konzentrieren, sondern
müsse sein Augenmerk auch auf die Angleichung der Le-
bensverhältnisse richten. Ziel sei ein Europa ohne Trenn-
linien. Er betonte die Notwendigkeit der Bekämpfung des
Terrorismus und forderte einen verstärkten Dialog der
Kulturen. Im Hinblick auf die Demokratie mahnte er ein-
heitliche Standards für Wahlen und Walbeobachtung an
und forderte einen besonnenen Umgang mit Weißruss-
land, um dessen Bürger nicht zu isolieren. Demokratie
müsse sich entwickeln und könne nicht „von oben“ ver-
ordnet werden.

Erklärung des stellvertretenden Außenministers
der Russischen Föderation

Der stellvertretende Außenminister der Russischen Föde-
ration, Alexander Grushko, betonte, dass der Europarat
auch unter russischem Vorsitz eine unabhängige und
durch und durch demokratische Organisation bleibe, die
auf die Interessen jedes Einzelnen ihrer Mitglieder Rück-
sicht nehme. Russland wolle während seines Vorsitzes ein
Europa ohne Trennlinien fördern und sehe sich damit
dem Gründungsstatut des Europarates verpflichtet. Die
Umsetzung der wichtigsten Ziele des Europarates in Fra-
gen des Schutzes und der Gewährleistung der Menschen-
rechte sowie bei der Entwicklung vielgestaltiger Zusam-
menarbeit von Mitgliedstaaten unter der Schirmherrschaft
der Organisation erfordere multifunktionelles Vorgehen
in allen Bereichen. Darin sei der richtige Weg zur Wah-
rung und Stärkung der Rolle des Europarates zu sehen.
Zu den russischen Prioritäten gehörten deshalb die Stär-
kung der nationalen Mechanismen zum Schutz der Men-
schenrechte, die Entwicklung der Bildung im Bereich der
Menschenrechte und der Schutz der Rechte nationaler
oder „Pluralismus in Einigkeit“ sein. Ein gutes Beispiel
für gelebten Pluralismus sei die Türkei. Im Hinblick auf

Minderheiten, die Einrichtung eines gemeinsamen euro-
päischen Rechtsraums zum Schutz des Einzelnen vor den

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/3400

aktuellen Bedrohungen und Herausforderungen, die Ver-
besserung des Zugangs zu sozialen Rechten sowie der
Schutz sozial schwacher Gruppen. Weitere Prioritäten
seien die Entwicklung effizienter Formen der Demokratie
und der Bürgerbeteiligung, die Förderung von Good Go-
vernance, die Verstärkung der Toleranz und des gegensei-
tigen Verständnisses durch die Entwicklung des Dialogs
und die Zusammenarbeit im Bereich Kultur, Bildung,
Wissenschaft, Jugend und Sport.

Im Hinblick auf die zukünftigen Herausforderungen des
Europarates betonte er die Notwendigkeit einer weiteren
Annäherung an die Europäische Union, dazu wolle Russ-
land die Arbeit am Memorandum of Understanding wie-
der aufnehmen. Daneben gelte es in den nächsten Mona-

ten, die Entwicklungen in Serbien und Montenegro nach
dem Referendum zu begleiten und die Lage im Südkau-
kasus zu beobachten. Positiv bewertete er die konstruk-
tive Arbeit des Europarates hinsichtlich Weißrusslands.
Für die kommenden Monate stellte er einen engen und
vertrauensvollen Dialog mit der Parlamentarischen Ver-
sammlung in Aussicht.

Joachim Hörster,
MdB
Leiter der Delegation

Dr. Wolfgang Wodarg,
MdB
Stellvertretender Leiter der
Delegation

Drucksache 16/3400 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

IV. Anhang
1. Entschließungen und Empfehlungen

Nummer Beschreibung Seite

Entschließung 1505 (2006) Umsetzung von Entschließung 1480 (2006) über das Problem der Be-
glaubigungsschreiben der parlamentarischen Delegation Aserbaid-
schans 9

Entschließung 1506 (2006) Die Außenbeziehungen des Europarates 12

Entschließung 1507 (2006) Angebliche geheime Verhaftungen und die unrechtmäßige Verbrin-
gung von Häftlingen zwischen Staaten mit Beteiligung von
Mitgliedstaaten des Europarates 20

Entschließung 1508 (2006) Der Beitrag der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwick-
lung (EBWE) zur wirtschaftlichen Entwicklung in Mittel- und
Osteuropa 25

Entschließung 1509 (2006) Menschenrechte irregulärer Einwanderer 28

Entschließung 1510 (2006) Meinungsfreiheit und Achtung religiöser Überzeugungen 33

Entschließung 1511 (2006) Wanderbewegungen, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen im Rah-
men des Dritten Gipfels der Staats- und Regierungschefs der Mit-
gliedstaaten des Europarates (Warschau, 16.–17. Mai 2005) 36

Entschließung 1512 (2006) Die Einigkeit der Parlamente bei der Bekämpfung häuslicher Gewalt
gegen Frauen 38

Entschließung 1513 (2006) Verfassungsreform in Bosnien und Herzegowina 41

Entschließung 1514 (2006) Auswirkungen des Referendums in Montenegro 45

Entschließung 1515 (2005) Fortschritte des Überwachungsverfahrens der Versammlung
(Mai 2005 – Juni 2006) 49

Empfehlung 1753 (2006) Die Außenbeziehungen des Europarates 54

Empfehlung 1754 (2006) Angebliche geheime Verhaftungen und die unrechtmäßige Verbrin-
gung von Häftlingen zwischen Staaten mit Beteiligung von
Mitgliedstaaten des Europarates 56

Empfehlung 1755 (2006) Menschenrechte irregulärer Einwanderer 57

Empfehlung 1756 (2006) Umsetzung der Beschlüsse des Dritten Gipfels des Europarates 58

Empfehlung 1757 (2006) Wanderbewegungen, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen im Rah-
men des Dritten Gipfels der Staats- und Regierungschefs der Mit-
gliedstaaten des Europarates (Warschau, 16.–17. Mai 2005) 63

Empfehlung 1758 (2006) Weiterverfolgung des Dritten Gipfels: Prioritäten der kulturellen
Zusammenarbeit 64

Empfehlung 1759 (2006) Einigkeit der Parlamente bei der Bekämpfung häuslicher Gewalt
gegen Frauen 67

Empfehlung 1760 (2006) Haltung der Parlamentarischen Versammlung im Hinblick auf die
Mitglied- und Beobachterstaaten, die die Todesstrafe nicht
abgeschafft haben 68

Empfehlung 1761 (2006) Das Verhindern von Waldbränden 71

Empfehlung 1762 (2006) Akademische Freiheit und universitäre Autonomie 73

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/3400

Entschließung 1505 (2006)
1

betr.

die Umsetzung der Entschließung 1480 (2006) über die Anfechtung der

Beglaubigungsschreiben der parlamentarischen Delegation Aserbaidschans

1. Bei der Eröffnung der ersten Tagung der Parlamentarischen Versammlung im Jahre 2006

wurden die nicht ratifizierten Beglaubigungsschreiben der aserbaidschanischen Delegation

aus substantiellen Gründen gemäß Vorschrift 8 der Verfahrensordnung der Versammlung in

Verbindung mit den Parlamentswahlen angefochten, die am 6. November 2005 stattfanden.

Diese Wahlen waren trotz einiger Verbesserungen in der Wahlkampfphase in schwer

wiegender Form unzulänglich und erfüllten eine Reihe internationaler Standards für

demokratische Wahlen nicht.

2. In der Entschließung 1480 (2006), die am 25. Januar 2006 angenommen wurde, kam die

Versammlung zu dem Schluss, dass die Durchführung der Parlamentswahlen vom

November 2005 in Aserbaidschan unter die Bestimmungen von Art. 8.2.b der

Geschäftsordnung der Versammlung fielen, da es sich um eine „anhaltende Nichteinhaltung

von Pflichten und Verpflichtungen“ handele. Da die Ergebnisse in 10 (von 125)

Wahlkreisen für ungültig erklärt und teilweise Neuwahlen für den 13. Mai 2006 angesetzt

wurden, führte die Versammlung in Art. 9 der Entschließung 1480 (2006) eine Reihe von

Maßnahmen auf, die von den aserbaidschanischen Behörden dringend ergriffen werden

müssten, um sicherzustellen, dass die Nachwahlen voll und ganz demokratischen Prinzipien

genügen, und zwar dass:

2.1. Ermittlungen über Wahlbetrug völlig unparteiisch und professionell sowie ohne

politischen oder administrativen Druck betrieben werden;

2.2. die Ergebnisse dieser Ermittlungen veröffentlicht werden und in gleichermaßen

unparteiischer und professioneller Art und Weise sowie ohne politischen und

administrativen Druck Recht gesprochen wird;

2.3. das neu gewählte Parlament die Wahlgesetzgebung entsprechend den Empfehlungen

der Venedig-Kommission abändert, insbesondere im Hinblick auf die

Zusammensetzung der Wahlkommissionen;

2.4. die Versammlungsfreiheit in vollem Umfang gewährleistet sein sollte;

2.5. der Medienpluralismus in den elektronischen Medien und die Meinungsfreiheit

ebenfalls in vollem Umfang garantiert sein sollten.

3. Die Versammlung beschloss,

3.1. die Beglaubigungsschreiben der parlamentarischen Delegation Aserbaidschans zu

ratifizieren;

3.2. die Nachwahlen am 13. Mai 2006 zu beobachten;
1
Versammlungsdebatte am 26. Juni 2006 (16. Sitzung) (siehe Dok. 10959, Bericht des Ausschusses für die Einhaltung

der Pflichten und Verpflichtungen durch die Mitgliedstaaten des Europarates (Überwachungsausschuss), Ko-

Berichterstatter: Herr Andreas Gross und Herr Andres Herkel). Von der Versammlung am 26. Juni 2006

verabschiedeter Text (16. Sitzung).

Drucksache 16/3400 – 10 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

3.3. auf seiner Tagung im Juni 2006 auf der Grundlage eines Berichts seines Ausschusses

für die Einhaltung der Pflichten und Verpflichtungen der Mitgliedstaaten die

Fortschritte auf den fünf Gebieten, die in Art. 9 seiner Entschließung 1480 (2006)

genannt werden, zu prüfen, ob die zuvor ratifizierten Beglaubigungsschreiben gemäß

Art. 9 der Geschäftsordnung aus substanziellen Gründen neu bedacht werden

müssen.

4. Die Wahlkampfdelegation der Versammlung, die Aserbaidschan vom 27. bis zum 28. April

2006 besuchte, zeigte sich besorgt über die fehlenden Anzeichen von Fortschritten auf den

in der Entschließung 1480 erwähnten Gebieten (2006). Seitdem hat es einige positive

Entwicklungen gegeben, und die Beobachter der Versammlung sind bei den Teilneuwahlen

vom 13. Mai zu dem Schluss gelangt, dass es bei der Abstimmung am Wahltag Fortschritte

gegeben hat, auch wenn die Kontrolle des Wahlvorgangs durch Dritte, darunter Vertreter der

kommunalen Exekutive, sowie wirtschaftlicher Druck weiterhin Besorgnis erregend blieben.

5. Die Beobachter der Versammlung hoben außerdem hervor, dass Wahlbetrug das Ergebnis

der Wahlen vom November 2005 offiziell zwar nur in 10 Wahlkreisen verändert hatte, die

Wahlergebnisse in einer beträchtlichen Zahl anderer Wahlkreise jedoch ebenfalls fraglich

erschienen. Deshalb sollte die Bewertung der Durchführung der Nachwahlen als

integrierender Bestandteil der Gesamtbeurteilung der Parlamentswahlen in Aserbaidschan

betrachtet werden.

6. Gleichzeitig beschränkte der Umstand, dass es nur um 10 von insgesamt 125 Wahlkreisen

ging, die Bedeutung der Nachwahlen im innenpolitischen Bereich. Umso bedauerlicher ist

es, dass trotz einer Reihe technischer Verbesserungen auch während der Teilnachwahlen

einige Betrugsfälle vorkamen.

7. Die Versammlung bedauert, dass einige Oppositionsparteien trotz ihrer Aufrufe zu einem

gegenteiligen Verhalten beschlossen, die Teilnachwahlen zu boykottieren, wodurch die

Wahlmöglichkeiten am Wahltag eingeschränkt wurden.

8. Der Teilboykott der Opposition, der geringe Einsatz, um den es bei diesen Wahlen ging,

aber auch der Mangel an öffentlichem Vertrauen in den Wahlprozess nach den Wahlen vom

November 2005 sind Faktoren, die die geringe „Sichtbarkeit“ des Wahlkampfs und das

begrenzte Interesse der Öffentlichkeit und der Medien erklären können.

9. Im Hinblick auf die in Ziffer 9 ihrer Entschließung 1480 (2006) erwähnten fünf Bereiche

stellt die Versammlung im Einzelnen Folgendes fest:

9.1. Ermittlungen über Wahlbetrug haben nur in sehr wenigen Fällen zu einer Straf-

verfolgung und noch seltener zu Verurteilungen geführt. Die Versammlung begrüßt

es jedoch, dass erstmals in der Geschichte des Landes Wahlbetrug und Verstöße

gegen das Wahlgesetz in gewissem Umfang verfolgt und nach dem Gesetz bestraft

worden sind.

9.2. Die Staatsanwaltschaft und die Zentrale Wahlkommission haben Zahlen über die

eingegangenen Beschwerden und die Ergebnisse von Ermittlungen veröffentlicht, die

über Gesetzesverstöße während des Wahlkampfs durchgeführt wurden. Die

Versammlung fordert die aserbaidschanischen Behörden dringlich auf, der

Öffentlichkeit und der internationalen Gemeinschaft weiterhin in vollem Umfang

Angaben zu der Behandlung von Beschwerden und dem Ermittlungsprozess sowie in

Bezug auf die Unregelmäßigkeiten vorzulegen, die Berichten zufolge im Laufe der

Nachwahlen stattgefunden haben.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 11 – Drucksache 16/3400

9.3. Die Wahlgesetzgebung ist nicht nach den Empfehlungen geändert worden, die die

Europäische Kommission für Demokratie durch das Recht (Venedig-Kommission)

wiederholt ausgesprochen hatte. Allerdings begrüßt die Versammlung den Umstand,

dass die aserbaidschanischen Behörden nun, wenn auch spät, die Hilfe der Venedig-

Kommission bei der Reform des aserbaidschanischen Wahlgesetzes angefordert

haben. Die Versammlung wiederholt ihre Ansicht, dass eine solche Reform eine

entscheidende Voraussetzung für Wahlen in Aserbaidschan darstellt, die in

Übereinstimmung mit den Standards des Europarates und dessen Verpflichtungen

stattfinden. Insbesondere fordert die Versammlung die Behörden Aserbaidschans

nachdrücklich auf:

9.3.1. die Bestimmungen zu ändern, die sich auf die Zusammensetzung der Wahl-

kommission auf allen Ebenen beziehen, um eine Wahlverwaltung

aufzubauen, die das Vertrauen der Wählerschaft und aller an der Wahl

interessierten Kreise genießt.

9.3.2. das Verfahren zum effizienten Umgang mit die Wahlen betreffenden Be-

schwerden und Eingaben mit der Hilfe der Venedig-Kommission weiter-

zuentwickeln;

9.4. Es hat, anders als bei den Wahlen vom November 2005, keine gewalttätigen

Vorfälle und nur wenige Behinderungen der Versammlungsfreiheit gegeben.

Allerdings lässt sich angesichts des generell zurückhaltenden Wahlkampfs und des

Teilboykotts durch einige Oppositionsparteien nicht der Schluss ziehen, die

Einschränkungen der Versammlungsfreiheit seien wirklich auf die Probe gestellt

worden.

9.4.1. Änderungen zu den Vorschriften über die Versammlungsfreiheit wurden

nicht eingeführt. Damit haben die örtlichen Behörden weiterhin einen

unverhältnismäßig großen Spielraum bei der Annahme oder Ablehnung von

Anträgen auf die Abhaltung von Versammlungen und die Entscheidung über

die Versammlungsstätten;

9.4.2. Die Versammlung fordert die aserbaidschanischen Behörden deshalb dring-

lich auf, unverzüglich das Gesetz über die Versammlungsfreiheit zu ändern

und begrüßt es, dass in der Bitte um Unterstützung an die Venedig-

Kommission ausdrücklich auf dieses Gesetz Bezug genommen wird.

9.5. Seit den Wahlen von November 2005 sind beim Medienpluralismus keine nennens-

werten Veränderungen zu verzeichnen gewesen. Außerdem wurde über den

Wahlkampf wegen des geringen Einsatzes bei den Nachwahlen in den elektronischen

Medien nur wenig berichtet, während die meisten elektronischen Medien weiterhin

in ihren Hauptabendnachrichten und aktuellen Programmen die Regierungspartei

bevorzugten.

9.5.1. Die Versammlung unterstreicht, wie wichtig es ist, für die Achtung medien-

bezogener Bestimmungen im Wahlgesetzbuch während des Wahlkampfs zu

sorgen, einschließlich der ausgewogenen Berichterstattung über Parteien und

Kandidaten, und ruft die zuständigen Behörden, insbesondere die Zentrale

Wahlkommission, auf, gegen Verstöße schnell und effektiv vorzugehen.

9.5.2. Die Versammlung ist außerdem aufs Äußerste besorgt über vor kurzem

erfolgte Gewalttaten gegen Journalisten: Am 6. März 2006 wurde Fikret

Huseynli, Korrespondent der Zeitung Azadlig, entführt und zusammen-

geschlagen, und am 3. Mai wurde auch der Sportberichterstatter der

Drucksache 16/3400 – 12 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

russischsprachigen Zeitung Serkalo zusammengeschlagen. Nach einem

brutalen Angriff am 18. Mai befindet sich Bahaddin Haziyev, der

stellvertretende Vorsitzende der Aserbaidschanischen Volksfrontpartei und

Herausgeber der Zeitung Bizim Yol, zurzeit in einem Krankenhaus in Baku

auf der Intensivstation. Es gibt bisher keine Fortschritte dabei, die

Verantwortlichen für die Ermordung von Elmar Huseynov, des

Chefredakteurs der Zeitschrift Monitor, der im März 2005 niedergeschossen

wurde, vor Gericht zu bringen.

9.5.3. Die Versammlung erinnert daran, dass eine freie Presse ein Rückgrat jeder

funktionierenden Demokratie darstellt. Es ist deshalb äußerst wichtig, dass

Angriffe auf Journalisten schnell und gründlich untersucht und die Täter vor

Gericht gestellt werden.

10. Im Lichte der obigen Ausführungen kommt die Versammlung zu dem Schluss, dass die

meisten der in Absatz 9 ihrer Entschließung 1480 (2006) erwähnten Anforderungen noch

nicht erfüllt worden sind. Trotz aller jüngsten Hinweise auf den Willen der Behörden zu

einer weiteren Reform der entsprechenden Gesetzgebung und Praxis ist weiterhin ein starker

politischer Wille erforderlich, um sicherzustellen, dass die nächsten Präsidentschaftswahlen

2008 den Standards des Europarates voll und ganz entsprechen werden.

11. Die Versammlung unterstreicht, dass die erforderliche Wahlrechtsreform deutlich vor der

Präsidentschaftswahl von 2008 durchgeführt werden sollte; nicht nur, um einer Forderung

der internationalen Gemeinschaft zu entsprechen, sondern vor allem, um das Vertrauen des

aserbaidschanischen Volkes in den Wahlprozess und ganz allgemein in den demokratischen

Prrozess des Landes wiederherzustellen.

12. Die Versammlung ist der Auffassung, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Europarat

und Aserbaidschan weiterhin von wesentlicher Bedeutung für die Förderung der

Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der Menschenrechte in dem Land ist.

Sie muss weitergehen, um die Wahlen von 2008 vorzubereiten, damit die bisher erreichten

Fortschritte gefestigt werden können. Die Versammlung beschließt dementsprechend, in

diesem Stadium die Beglaubigungsschreiben der parlamentarischen Delegation

Aserbaidschans nicht erneut zu prüfen. Die Versammlung weist ihren Über-

wachungsausschuss an, die Entwicklungen in dem Land genau zu verfolgen und auf der

Plenartagung im Frühjahr 2007 über Fortschritte bei der Einhaltung der Pflichten und

Verpflichtungen – einschließlich der in Bezug auf die Wahlrechtsreform – durch

Aserbaidschan zu berichten.

Entschließung 1506
2

betr.

die Außenbeziehungen des Europarates

1. Der Europarat ist die praktische Verkörperung des Grundsatzes, wonach Nationen, die die

gleichen demokratischen Werte teilen und um vergleichbare Institutionen herum organisiert

sind, keinen Grund haben, gegeneinander Krieg zu führen und besser in der Lage sind, ihren

Lebensstil gegen Bedrohungen und Herausforderungen von außen zu verteidigen.
2
Versammlungsdebatte am 26. Juni 2006 (16. Sitzung) (siehe Dok. 10956, Bericht des Politischen Ausschusses,

Berichterstatter: Herr Adrian Severin). Von der Versammlung am 26. Juni 2006 verabschiedeter Text (16. Sitzung).

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 13 – Drucksache 16/3400

2. Der Europarat wurde von Staaten gegründet, die sich den Werten der Demokratie, der

Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der Menschenrechte verpflichtet fühlen und hat eine

entscheidende Rolle bei der Wahrung und Sicherung dieser Werte in seinen Mitgliedstaaten

gespielt, die heute einen wesentlichen Bestandteil der gemeinsamen Identität Europas

bilden.

3. Dank dieser Wertegemeinschaft konnte in Westeuropa jahrhundertealte Feindseligkeit

beigelegt werden, und hierdurch wurde ein großer Beitrag zum Frieden zwischen den

europäischen Nationen und zu ihrem Wohlstand geleistet. Mit ihrer beispielgebenden Kraft

hat sie außerdem zu dem Zusammenbruch der totalitären Regime in Ost- und Westeuropa

beigetragen.

4. Die Aufnahme der mittel- und osteuropäischen Staaten, die der Gemeinschaft europäischer

Demokratien beitreten wollen, in den Europarat ist ein wesentliches Merkmal der

demokratischen Umwandlung dieser Staaten und hat den Werten der Demokratie in jedem

europäischen Staat – mit der Ausnahme Weißrusslands – zum Sieg verholfen.

5. Die Grenzen der geografischen Expansion des Europarates sind mittlerweile erreicht, und

seine Erweiterung ist nahezu abgeschlossen.

6. Der demokratische Fortschritt lässt sich nicht auf die geografischen Grenzen Europas

beschränken. Die Demokratie ist kein ausschließliches Privileg der Europäer, und ihre

Vorteile sollten allen Völkern zukommen, die den Erfolg demokratischer Nationen

anziehend finden. Allerdings ist zu unterstreichen, dass die Demokratie nur Wurzeln

schlagen kann, wenn sie von dem Volk frei gewählt wurde.

7. Die Versammlung ist der Überzeugung, dass der Europarat angesichts seiner Erfahrung mit

dem Übergang zur Demokratie und der Errichtung demokratischer Institutionen in ganz

Europa gut aufgestellt ist, um zur Verbreitung der Werte beizutragen, die seine

Mitgliedstaaten als auch jenseits seiner Grenzen universell gültig betrachten.

8. Über seine Außenbeziehungen kann der Europarat dafür sorgen, dass diese Werte bekannter,

besser verstanden und akzeptiert und von breiteren Kreisen geteilt werden, wodurch sich die

Zahl der Nationen erhöht, die sich der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Achtung

der Menschenrechte verpflichtet fühlen. Auf diese Weise würde der Rat zu dem Frieden und

der Stabilität seiner Mitgliedstaaten und externen Partner beitragen.

9. Das europäische Demokratiemodell, das auf den Grundwerten des Europarates beruht,

erweist sich immer noch weit über Europa hinaus als anziehend. Eine Reihe

nichteuropäischer Staaten, darunter auch solche mit Beobachterstatus beim Europarat,

streben engere Beziehungen zu unserer Organisation und eine engere Einbeziehung in

unsere Aktivitäten an. Der Europarat sollte auf diesem Interesse aufbauen, um den Kreis

seiner Partner zu erweitern und die Beziehungen zu den bestehenden Partnern auszubauen.

Gleichzeitig sollte er Wege finden, um die nationalen und internationalen Akteure in seine

Umsetzungsstrategien für den Aufbau der Demokratie einzubinden, die gegenwärtig kein

Interesse an der Zusammenarbeit mit dem Europarat zeigen oder ihr sogar skeptisch

gegenüberstehen.

10. Die wichtigsten institutionellen Partner des Europarates, insbesondere die Europäische

Union und die OSZE, setzen sich aktiv für die Förderung dieser Werte durch externe

Drucksache 16/3400 – 14 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Aktivitäten ein, vor allem in den Grenzgebieten zum Europarat. Da diese Tätigkeiten eine

Reihe von Bereichen betreffen, in denen der Europarat Sachverstand erlangt hat, kommt es

für die Organisation entscheidend darauf an, Wege zu finden, um dieses Wissen und diese

Fertigkeiten ihren Partnern und Nachbarn verfügbar zu machen. Damit entstünden

Synergieeffekte zwischen den Aktivitäten der verschiedenen europäischen Organisationen

und würde ein Beitrag zur Festigung des internationalen Ansehens, der Sichtbarkeit und der

Effektivität des Europarates geleistet. In diesem Zusammenhang verweist die Versammlung

auf ihre Empfehlung 1724 (2005) über den Europarat und die Europäische Nachbarschafts-

politik der Europäischen Union.

11. Um den Partnern die Rolle des Europarates näher zu bringen, unproduktive Rivalitäten zu

vermeiden und eine möglichst festgefügte Grundlage für die Zusammenarbeit mit ihnen zu

schaffen, müssen sein besonderer Tätigkeitsbereich und die Aufteilung der Zuständigkeiten

auf die wichtigsten europäischen Organisationen neu umrissen und klar dargestellt werden.

Allerdings muss die Versammlung dabei unterstreichen, dass der europäische demokratische

Raum, der auf den Werten des Europarates, seinen Normen und Rechtsinstrumenten aufbaut,

unteilbar bleiben muss.

12. Schließlich ist das europäische Demokratiemodell nicht das einzige, das es auf der Welt

gibt. Viele Staaten mit demokratischen Regimen sehen die Grundwerte anders als der

Europarat. Zwar gibt es, sieht man von einigen demokratischen Prinzipien ab, die

universelle Geltung haben müssen, durchaus demokratische Vielfalt, doch ist auch darauf

hinzuweisen, dass diese Unterschiedlichkeit oft eine Quelle internationaler Konflikte

darstellt und letztlich die Sicherheit und den demokratischen Charakter der internationalen

Beziehungen und der internationalen Ordnung untergraben könnte. Da die Notwendigkeit

eines demokratischen Umbaus in vielen Teilen der Welt immer offensichtlicher wird, muss

der Europarat seine Präsenz in den verschiedenen weltweiten demokratischen Bündnissen

verstärken und dafür Sorge tragen, dass seine Grundwerte von möglichst vielen

Demokratien geteilt werden. Zumindest sollten ein gegenseitiges Verständnis für die

verschiedenen Demokratiemodelle und gegenseitige Achtung vor ihnen erreicht werden, um

auf diese Weise den internationalen Rahmen für ihre friedliche Koexistenz zu schaffen.

13. Die Versammlung unterstützt deshalb ein aktiveres Engagement des Europarates für

auswärtige Aktivitäten mit den Schwerpunkten:

13.1 Ausbau von Partnerschaften und Netzwerken europäischer Organisationen auf der

Grundlage ihrer jeweiligen Vorteile;

13.2 Ausbau von Partnerschaften und Netzwerken nichteuropäischer

Regionalorganisationen auf der Grundlage ihrer Komplementarität und im Rahmen

ihrer Vereinbarkeit;

13.3 Hilfe beim Aufbau eines demokratischen Staates;

13.4 interkultureller Dialog und Integration;

13.5 allmähliche Schaffung der Grundlagen der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit

auf transnationaler Ebene.

14. In diesem Zusammenhang begrüßt die Versammlung die Maßnahmen zur Förderung der

Werte des Europarates, die von seinen verschiedenen Gremien und Institutionen bereits

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 15 – Drucksache 16/3400

ergriffen worden sind, insbesondere von dem Ministerkomitee, dem Europäischen

Gerichtshof für Menschenrechte, dem Kongress der Gemeinden Europas des Europarates,

dem Menschenrechtskommissar, der Venedig-Kommission und dem Nord-Süd-Zentrum. Sie

ist jedoch der Ansicht, dass diese Tätigkeiten, um maximale Effektivität zu erreichen, auf

geeigneten Instrumenten beruhen und Teil einer kohärenten und koordinierten Strategie sein

sollten.

15. Die Strategie des Europarates im Bereich der auswärtigen Beziehungen sollte die nach-

stehenden Ziele verfolgen:

15.1 Festigung der bestehenden Partnerschaften, insbesondere mit Beobachterstaaten, und

Streben nach dem Aufbau neuer Partnerschaften mit Ländern, die die gleichen oder

ähnliche demokratische Werte hochhalten;

15.2 Förderung europäischer demokratischer Werte als Teil eines verstärkten

interkulturellen Dialogs mit Nachbarn des Europarates, insbesondere im

Mittelmeerraum, dem Nahen Osten und in Zentralasien, und Unterstützung

bestimmter Nachbarländer, vor allem von Teilnehmern an der Europäischen

Nachbarschaftspolitik der EU, auf dem Weg hin zur Demokratie über eine auf

Zusammenarbeit aufbauende Politik;

15.3 Aufbau eines Netzwerks von Beziehungen, eines ständigen, strukturierten Dialogs

sowie einer spezifischen Vorgehensweise bei Organisationen, die sich für die

Förderung demokratischer Prinzipien einsetzen.

16. Bei den Beziehungen zu Nichtmitgliedstaaten des Europarates verhält sich die Versammlung

wie folgt: Sie

16.1 misst dem Ausbau der Beziehungen zu Staaten, die beim Europarat Beobachterstatus

haben, große Bedeutung bei und sieht es als entscheidend wichtig an, alle

Möglichkeiten zu nutzen, die sich aus diesem Status ergeben;

16.2 hält es für wichtig, bestehende Kooperationsbeziehungen mit festgefügten und im

Aufbau begriffenen demokratischen Regimen in der Republik Korea, in Südafrika,

Argentinien, Chile und Uruguay zu festigen und gegebenenfalls zu

institutionalisieren und solche Beziehungen mit Demokratien anzubahnen, die noch

keine Beziehungen zum Europarat unterhalten, wie Australien, Neuseeland, Indien,

Brasilien und bestimmte andere lateinamerikanische Staaten;

16.3 bekräftigt ihre Vorschläge in der Empfehlung 1724 (2005) über den Europarat und

die Europäische Nachbarschaftspolitik der Europäischen Union in Bezug auf die

Beziehungen mit den Staaten des südlichen Mittelmeerraums und des Nahen Osten;

16.4 betrachtet es auch als wichtig, dass den Staaten Zentralasiens der Übergang zur

Demokratie gelingt, ohne im Chaos zu versinken, hebt hervor, dass diese Staaten

Mitglieder der OSZE sind und zur Beachtung der Grundsätze der Demokratie und

der Menschenrechte verpflichtet sind und glaubt, dass der Europarat zum Fortschritt

dieser Länder hin zur Demokratie abgestimmt mit der OSZE einen Beitrag zu leisten

hat, der auf der gemeinsamen Übernahme von Verantwortung entsprechend dem

nachstehenden Absatz 21.2 beruht;

Drucksache 16/3400 – 16 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

16.5 bedauert, dass Weißrussland bisher keine Fortschritte bei der Einhaltung der

grundlegenden Prinzipien des Europarates, in den das Land die Aufnahme beantragt

hat, erzielt hat und schlägt vor, dass Weißrussland aufgefordert wird, die

Europäische Menschenrechtskonvention zu unterzeichnen und das Urteil des

Gerichtshofs anzunehmen, bevor es Mitglied des Europarates wird;

16.6 verweist auf die wachsende Bedeutung Chinas, hält es für angemessen, mit dem

Land einen Dialog auf der Grundlage der Achtung universeller Werte aufzunehmen

und dazu die Möglichkeit zu prüfen, China einen Status anzubieten, wie er in der

nachstehenden Ziffer 17.2 definiert wird.

17. die Versammlung ist der Auffassung, dass sie, um externe Partner zur Zusammenarbeit mit

dem Europarat zu bewegen, folgende Maßnahmen ergreifen sollte:

17.1 Überprüfung der Funktionsweise des Beobachterstatus beim Europarat, um diesem

Status größere Effektivität zu verleihen;

17.2 Erwägung der Einführung eines neuen Status für Nichtmitgliedstaaten, die mit dem

Europarat zusammenarbeiten möchten, um von seinen Erfahrungen beim Aufbau der

Demokratie und möglicherweise auch von seinen Rechtsinstrumenten und seinem

rechtlichen Apparat zu profitieren, aber noch nicht in der Lage sind, die

uneingeschränkte Einhaltung seiner Grundsätze zu garantieren;

17.3 Öffnung einiger der Instrumente des Europarates für bestimmte Nichtmitgliedstaaten

je nach ihrem Status.

18. Die Menschenrechtsinstrumente des Europarates, die nur Personen zugänglich sind, die

unter die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, sind eine der größten Stärken der

Organisation und sollten als Beispiel dienen. Die Versammlung bestärkt den Europäischen

Gerichtshof für Menschenrechte in der Fortführung seiner Bemühungen um die Förderung

der europäischen Erfahrungen mit dem rechtlichen Schutz der Menschenrechte.

19. Sie ist jedoch auch der Ansicht, dass in Verbindung mit jeder Reform der EMRK und des

Gerichtshofs die Konvention geöffnet und der Gerichtshof für Nichtmitgliedstaaten und

Personen unter deren Zuständigkeit zugänglich gemacht werden sollte. Dieser Zugang

könnte primär den unmittelbaren Nachbarn des Europarates, nämlich Weißrussland um den

Staaten am Südrand des Mittelmeers, gewährt und auf klar umrissene Streitigkeiten

beschränkt sowie von einem finanziellen Beitrag des betreffenden Staates abhängig gemacht

werden. Darüber hinaus könnte eine Möglichkeit zur Schaffung eines Netzes

regionaler/nationaler Menschenrechtsgerichte erkundet werden, wobei diese als

erstinstanzliche europäische Gerichte arbeiten würden, während der Gerichtshof in

Straßburg als Berufungsgericht oder Oberster Gerichtshof fungieren würde.

20. Außerdem könnte mit dem Europarat zusammenarbeitenden Partnern Zugang zu bestimmten

nichtgerichtlichen Einrichtungen, wie z.B. dem Büro des Menschenrechtskommissars,

gewährt werden.

21. Was die Beziehungen zu anderen Institutionen angeht, gilt Folgendes: Die Versammlung

21.1 misst den Beziehungen zur Europäischen Union besondere Bedeutung bei und

verweist in diesem Zusammenhang auf ihre Empfehlung 1743 (2006) über das

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 17 – Drucksache 16/3400

Memorandum of Understanding zwischen dem Europarat und der Europäischen

Union. Sie begrüßt die Vorschläge in dem von Herrn Jean-Claude Junker, dem

luxemburgischen Ministerpräsidenten, vorgelegten Bericht für die Förderung der

Beziehungen auf einer festen Grundlage mit der Perspektive eines Beitritts der

Europäischen Union zum Europarat. Sie ist außerdem davon überzeugt, dass der

Europarat und die Europäische Union als dessen „innerer Nachbar“ eine gemeinsame

Sicht eines gesamteuropäischen konföderalen Gremiums entwickeln sollte, in dem

die beiden Partner sich auf der Grundlage gemeinsamer Werte integrieren würden

und in der Lage wären, diese Werte innerhalb und außerhalb des größeren Europas

zu verteidigen, zu entwickeln und zu fördern. Um dies zu ermöglichen, hält sie es für

erforderlich:

21.1.1 eine klare Abgrenzung der Zuständigkeiten entsprechend dem Spezialgebiet

und dem Sachverstand eines jeden Partners vorzunehmen einschließlich der

Anerkennung der spezifischen Verantwortung des Europarates für die

Festlegung europäischer Normen auf den Gebieten der Demokratie, der

Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der Menschenrechte und seiner

führenden Rolle bei der Unterstützung und Sicherung ihrer Umsetzung wie

auch bei der Organisation des weltweiten interkulturellen und interreligiösen

Dialogs;

21.1.2 für eine Zusammenlegung der Normen und Zuständigkeiten auf dem Gebiet

der europäischen Grundrechte zu sorgen, unter Einschluss des Beitritts der

EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention;

21.1.3 einen geeigneten Subsidiaritätsmechanismus einzuführen, wenn es um die

Förderung politischer Maßnahmen zur Konsolidierung und Verteidigung der

Einhaltung demokratischer Prinzipien, der Rechtsstaatlichkeit und der

Menschenrechte geht;

21.1.4 ein strukturiertes und dauerhaftes Kommunikations-, Konsultations-,

Koordinierungs- und Kooperationssystem aufzubauen, um Standards und

politische Maßnahmen auf dem Gebiet der europäischen Grundrechte

festzulegen und zu fördern;

21.1.5 einen geeigneten Mechanismus zur gemeinsamen Mobilisierung der Mittel

und der gemeinsamen Identifizierung der Wege festzulegen, mit denen sich

die europäischen Grundrechte fördern und verteidigen lassen;

21.1.6 die externen Maßnahmen des Europarates und der EU zu koordinieren, die

entsprechend den Zuständigkeiten eines jeden der Partner betrieben werden

sollen, um durch optimale Synergieeffekte maximale Effektivität zu

erreichen;

21.1.7 sicherzustellen, dass alle diese Vorstellungen sich in dem künftigen

Memorandum of Understanding (MoU), dass zwischen dem Europarat und

der EU vereinbart werden soll, angemessen wiederspiegeln, spezifiziert und

künftig weiterentwickelt werden, das die politische Vision einer

gemeinsamen Zukunft der beiden Partner darlegen sollte. Gegebenenfalls

sollte ein vorläufiges Protokoll vereinbart werden, in dem die Vorbereitung

des MoU organisiert wird, Konsultationen und Gespräche auf politischer wie

Drucksache 16/3400 – 18 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

auf fachlicher Ebene anberaumt und Verfahren und Modalitäten geschaffen

werden, die zum Abschluss des MoU führen;

21.2 bekräftigt ihre Unterstützung für eine enge Zusammenarbeit mit der OSZE auf der

Grundlage der Ausarbeitung gemeinschaftlicher Ziele und der Bewertung der

komparativen Vorteile in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich, wobei der

Europarat primär damit beschäftigt ist, Hilfestellung bei der Annahme der

erforderlichen Gesetzgebung, dem Aufbau demokratischer Institutionen, der

Förderung des demokratischen Bewusstseins in der Öffentlichkeit und einer

entsprechenden Aufklärung zu leisten und generell für das demokratische „Nation-

building“ zu sorgen, während die OSZE sich auf die Konfliktverhütung, das

Krisenmanagement und die Krisenaufarbeitung (post-crisis rehabilitation)

konzentriert;

21.3 befürwortet eine engere Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen und ihren

Sonderorganisationen, die jedem der Partner die Möglichkeit bieten, die Erfahrungen

und den Sachverstand des jeweils anderen zu nutzen, wobei die Priorität bei der

Förderung universeller Werte, der Verwirklichung der Millennium-

Entwicklungsziele und dem Beitrag zu den Bemühungen um den Aufbau der

Demokratie liegt und erachtet es unter Verweis auf ihre einschlägigen

Entschließungen und Empfehlungen als angemessen, die Errichtung eines

Beratungsgremiums beim Generalsekretär der Vereinten Nationen zu erwägen, der

sich aus Vertretern regionaler Organisationen zusammensetzen würde sowie eines

Beirats der VN-Generalversammlung zu erwägen, dem Vertreter der nationalen

Parlamente und regionaler parlamentarischer Versammlungen angehören würden;

21.4 unterstützt die Ausweitung der Zusammenarbeit mit europäischen, transatlantischen

und euroasiatischen Organisationen, wenn diese Beziehungen auf gemeinsamen

Werten beruhen oder zur Förderung der Grundsätze des Europarates beitragen

können;

21.5 ist der Ansicht, dass die Mitgliedstaaten des Europarates versuchen sollten, ihre

Positionen in verschiedenen internationalen Foren, insbesondere bei den VN, zu

koordinieren was die Organisation betreffende Fragen anbelangt, um eine effektivere

und kohärentere Verteidigung der Haltung des Europarates angeht;

21.6 ist der Auffassung, dass eine Präsenz des Europarates in den wichtigsten

internationalen Hauptstädten, wie New York, Genf und Wien, außerdem zu einer

Festigung der Zusammenarbeit mit den VN und der OSZE beitragen würde und es

dem Rat erlauben würde, seine Leistungen besser bekannt zu machen und dafür zu

sorgen, dass diese Organisationen ihnen bei ihren eigenen Tätigkeiten besser

Rechnung tragen.

22. Die Versammlung ist der Auffassung, dass sie als politisch treibende Kraft des Europarates

bei dem Einsatz für eine aktivere Politik der Öffnung des Rats gegenüber neuen Partnern zur

Förderung der von der Organisation vertretenen Werte eintreten sollte.

23. Im Hinblick auf ihre eigenen Tätigkeiten glaubt die Versammlung, dass nachstehende

Punkte geprüft werden sollten:

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 19 – Drucksache 16/3400

23.1 Abhaltung regelmäßiger Aussprachen über die allgemeinen Außenbeziehungen des

Europarates über die Tätigkeiten verschiedener auf diesem Gebiet engagierter

Gremien des Europarates, um die bestehenden Beziehungen und ihre Effektivität zu

überprüfen, Strategien zu formulieren und für eine engere Zusammenarbeit

besonders geeignete Partner zu ermitteln;

23.2 Durchführung von Aussprachen über spezifische geografische Bereiche, Länder,

Ländergruppen oder Organisationen, die als vorrangige Partner definiert sind, um die

betreffenden Positionen und politischen Zielsetzungen zu formulieren; führende

politische Persönlichkeiten aus diesen Ländern oder Organisationen sollten

systematisch zu Aussprachen der Versammlung eingeladen werden;

23.3 Erweiterung des Kreises der Partner der Versammlung unter den demokratischen

Parlamenten, insbesondere durch von ihrem Präsidenten hergestellte Kontakte;

23.4 nach Möglichkeit Aufbau institutionalisierter Beziehungen in Form von

Kooperationsvereinbarungen mit vorrangigen Partnern und Ausbau von

Arbeitsbeziehungen auf dieser Grundlage;

23.5 Führung eines regelmäßigen politischen Dialogs mit Parlamentariern aus

vorrangigen Partnerländern;

23.6 Steigerung des Engagements von Vertretern aus als vorrangige Partner definierten

Ländern und Organisationen bei der Arbeit der Versammlung und ihrer Ausschüsse

(Themenkonferenzen, Anhörungen, Podiumsdiskussionen usw.);

23.7 Fortsetzung der Bemühungen um den Aufbau parlamentarischer Netzwerke auf

regionaler und internationaler Ebene als Foren für die politische Interaktion;

23.8 regelmäßige Wiederaufnahme der „Straßburger Konferenzen über die

parlamentarische Demokratie“;

23.9 verstärkte Teilnahme der Versammlung an der Beobachtung von Wahlen in

Nichtmitgliedstaaten und an wichtigen internationalen Initiativen zur Festlegung von

Wahlstandards.

24. die Versammlung hält es für notwendig, Artikel 60 ihrer Geschäftsordnung in Bezug auf den

Beobachterstatus zu überarbeiten, um die Rolle der Beobachter zu stärken und ihnen eine

bessere Teilnahme an den Tätigkeiten der Versammlung und ihrer Ausschüsse zu

ermöglichen, in dem Mitglieder vom Beobachterdelegationen unter anderem das Recht

erhalten:

24.1 Empfehlungs- und Entschließungsanträge einzureichen und zu unterzeichnen;

24.2 als Beobachter für allgemeine und Ad-hoc-Ausschüsse benannt zu werden;

24.3 an Wahlbeobachtungsmissionen teilzunehmen;

24.4 Mitglieder politischer Gruppen zu werden.

Drucksache 16/3400 – 20 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

25. Die Versammlung ist der Auffassung, dass die Artikel ihrer Geschäftsordnung in Bezug auf

Sondergäste (Artikel 59) geändert werden sollten, um diesen Status auch Parlamenten

nichteuropäischer Staaten zu ermöglichen.

26. Die Versammlung beschließt, den internationalen Entwicklungen, auch auf dem Gebiet der

Förderung der Werte des Europarates, mehr Aufmerksamkeit als bisher zu schenken. Sie

wird weiterhin die Strategie für ihre auswärtigen Beziehungen festlegen und deren

Effektivität werten. Sie verlässt sich darauf, dass das Präsidium diese Strategie im Rahmen

seiner Zuständigkeit gemäß Bestimmung 12.1 der Verfahrensordnung umsetzt und dass die

allgemeinen Ausschüsse die auswärtige Zusammenarbeit auf ihren jeweiligen

Zuständigkeitsgebieten fördern. Gleichzeitig glaubt die Versammlung, dass sie einen

besonderen Ausschuss (oder Unterausschuss) benötigt, wer auf der Grundlage eines klar

umrissenen Mandats die internationalen Entwicklungen genau verfolgt und Vorschläge für

ein kohärentes und effektives auswärtiges Handeln unterbreitet.

Entschließung 1507 (2006)
3

betr. die angeblichen geheimen Verhaftungen und die unrechtmäßige Verbringung von

Häftlingen zwischen Staaten mit Beteiligung von Mitgliedstaaten des Europarates

1. Der Europarat ist sowohl Bezugspunkt als auch Hüter der Menschenrechte, Demokratie und

Achtung der Rechtsstaatlichkeit in Europa. Er leitet seine rechtliche und moralische

Autorität unter anderem von den gemeinsamen Standards des Schutzes der Menschenrechte

ab, die in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und dem Europäischen

Übereinkommen zur Verhütung von Folter verankert sind, die alle 46 Mitgliedstaaten

unterzeichnet haben.

2. Die Parlamentarische Versammlung des Europarates stellt die Menschenrechte in den

Mittelpunkt ihrer Arbeit. Die Versammlung muss weltweit Alarm schlagen, wenn

Menschenrechte missachtet oder festgelegte Standards für ihre Verwirklichung untergraben

werden.

3. Die Versammlung bekräftigt ihre uneingeschränkte Bereitschaft, die terroristische

Bedrohung zu überwinden, aber sie muss sich ebenso mit aller Schärfe gegen die

zahlreichen systematischen Menschenrechtsverletzungen wenden, die im Rahmen des so

genannten „Krieges gegen den Terrorismus“ begangen werden. Sie ist der Auffassung, dass

derartige Verletzungen den Terroristen in die Hände spielen und letztlich diejenigen stärken,

die die etablierte politische, rechtliche und gesellschaftliche Ordnung zerstören wollen.

4. Nach Auffassung der Vereinigten Staaten sind weder die klassischen Instrumente des

Strafrechts und strafrechtlicher Verfahren noch der Rahmen der Kriegsgesetze

(einschließlich der Achtung der Genfer Konventionen) geeignet, die terroristische

Bedrohung zu überwinden. Infolgedessen haben sie neue rechtliche Begriffe wie “feindliche

Kombattanten” und “Verschleppung (rendition)“ eingeführt, die zuvor im Völkerrecht

unbekannt waren und im Widerspruch zu den geltenden grundlegenden Rechtsprinzipien auf

unserem Kontinent stehen.
3
Debatte der Versammlung am 27. Juni 2006 (17. Sitzung). (Siehe Dok. 10957, Bericht des Ausschusses für Recht und

Menschenrechte, Berichterstatter: Herr Dick Marty). Von der Versammlung verabschiedeter Text am 27. Juni 2006

(17. Sitzung).

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 21 – Drucksache 16/3400

5. So haben die Vereinigten Staaten in der ganzen Welt nach und nach ein heimliches

„Spinnennetz“ von Fällen des Verschwindens, heimlicher Verhaftungen und der

unrechtmäßigen Verbringung von Häftlingen zwischen Staaten gewoben, das oft Länder

umfasste, die dafür bekannt sind, dass sie Folter anwenden. Hunderte von Menschen sind in

diesem Netz gefangen; in einigen Fällen werden sie lediglich verdächtigt, mit einer

angeblichen Terrororganisation zu sympathisieren.

6. Das “Spinnennetz” wurde unter Mitwirkung oder Duldung vieler Länder, darunter mehrere

Mitgliedstaaten des Europarates, gesponnen. Diese Zusammenarbeit, die im Geheimen und

ohne demokratische Legitimität stattfand, hat ein System hervorgebracht, das mit den

grundlegenden Prinzipien des Europarates absolut unvereinbar ist.

7. Die bislang zusammengetragenen Fakten und Informationen deuten zusammen mit neuen

sachlichen Erkenntnissen, die derzeit offenbar werden, darauf hin, dass zu den wesentlichen

Elementen dieses “Spinnennetzes” ein weltweites Netz geheimer Verhaftungen in geheimen

Haftanstalten der CIA und in militärischen oder Marineeinrichtungen, das

Verschleppungsprogramm der CIA, in deren Rahmen Terrorverdächtige in einem

Zivilflugzeug ohne jeglichen rechtlichen Schutz zwischen Staaten hin und her geflogen

werden, um dann oft an Staaten übergeben zu werden, die üblicherweise auf erniedrigende

Behandlung und Folter zurückgreifen, sowie die Nutzung von Militärstützpunkten und –

flugzeugen gehören, mit denen Häftlinge als menschliche Fracht nach Guantánamo Bay auf

Kuba oder in andere Haftanstalten gebracht werden.

8. Die Versammlung verurteilt den systematischen Ausschluss aller Formen des juristischen

Schutzes und bedauert, dass die Vereinigten Staaten, indem sie Hunderten von Verdächtigen

ihre Grundrechte, einschließlich des Rechtes auf ein faires Verfahren, vorenthalten, der

Gerechtigkeit einen schlechten Dienst erweisen und ihren hart erkämpften Ruf als

Vorkämpfer für den Schutz der bürgerlichen Freiheiten und Menschenrechte beschädigen.

9. Einige Mitgliedstaaten des Europarates haben bei der Durchführung dieser unrechtmäßigen

Operationen geheime Sache mit den Vereinigten Staaten gemacht, andere haben diese

toleriert oder einfach weggesehen. Sie haben auch alles Erdenkliche getan, dafür zu sorgen,

dass diese Operationen geheim bleiben und vor einer wirksamen nationalen oder

internationalen Prüfung geschützt werden.

10. Dieses geheime Zusammenwirken einiger Mitgliedstaaten des Europarates mit den

Vereinigten Staaten von Amerika erfolgte in unterschiedlicher Form. Die Versammlung hat

eine Reihe von Fällen angeblicher geheimer Verhaftungen und unrechtmäßiger Verbringung

von Häftlingen zwischen Staaten rechtlich und sachlich geprüft und Beispiele ermittelt, in

denen Mitgliedstaaten des Europarates in Verletzung ihrer internationalen

Menschenrechtsverpflichtungen vorsätzlich oder zumindest rücksichtslos Folgendes getan

haben:

10.1. geheime Verhaftung einer Person in europäischem Gebiet für einen unbestimmten

Zeitraum, wobei dieser Person zugleich die Grundrechte vorenthalten und

verfahrensrechtliche Garantien wie das Habeas-Corpus-Prinzip nicht gewährleistet

wurden;

10.2. Festnahme einer Person und Übergabe an die Vereinigten Staaten in dem Wissen,

dass diese Person unrechtmäßig in eine von den Vereinigten Staaten verwaltete

Haftanstalt gebracht würde;

Drucksache 16/3400 – 22 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

10.3. Genehmigung des unrechtmäßigen Transports von Häftlingen im Rahmen der

Verschleppungsstrategie in Zivilflugzeugen, die den europäischen Luftraum

durchflogen oder über europäisches Gebiet flogen;

10.4. Weitergabe von Informationen oder geheimdienstlichen Erkenntnissen an die

Vereinigten Staaten in Fällen, in denen vorhersehbar war, dass dieses Material direkt

als Grundlage für eine Verschleppung oder geheime Inhaftierung einer Person

verwendet würde;

10.5. direkte Beteiligung an Verhören von Personen, die verschleppt oder in geheimer Haft

gehalten wurden;

10.6. Akzeptanz oder Nutzung von im Laufe der Verhöre von Häftlingen gewonnenen

Informationen, wobei vor, während oder nach diesen Verhören dem betreffenden

Häftling Folter oder andere Formen von Menschenrechtsverletzungen angedroht oder

sie diesen ausgesetzt wurden;

10.7. Bereitstellung ziviler oder militärischer Flughäfen als “Sammelpunkte” oder

Plattformen für Verschleppungsoperationen oder andere unrechtmäßige Maßnahmen

zur Verbringung von Häftlingen, wobei sich ein Flugzeug an einem solchen Ort auf

die Operation vorbereitete und dort startete;

10.8. Bereitstellung ziviler oder militärischer Flughäfen als “Zwischenlandungsstationen”

für Verschleppungsoperationen, wobei ein Flugzeug auf dem Hin- oder Rückflug an

einem solchen Ort kurz landete, beispielsweise zum Auftanken.

11. Die Vereinigten Staaten haben ebenso wie ihre europäischen Partner Versuche, das wahre

Wesen und Ausmaß dieser unrechtmäßigen Operationen aufzudecken, ausnahmslos

blockiert oder zurückgewiesen. Die Behörden der meisten Mitgliedstaaten des Europarates

haben ihre Beteiligung geleugnet, wobei sie in vielen Fällen keine Untersuchungen oder

ernsthaften Ermittlungen durchgeführt haben.

12. In anderen Fällen wurden derartige Versuche aus Gründen der nationalen Sicherheit oder

von Staatsgeheimnissen vereitelt. Die Versammlung ist der Auffassung, dass weder die

nationale Sicherheit noch Staatsgeheimnisse so pauschal und systematisch mit dem Ziel ins

Feld geführt werden dürfen, diese unrechtmäßigen Operationen einer eingehenden Prüfung

durch Parlament und Justiz zu entziehen.

13. Die Versammlung unterstreicht, dass alle Mitgliedstaaten des Europarates ihre

Verpflichtungen, derartige Behauptungen vollständig und gründlich zu untersuchen, in

großem Maße verletzt haben. Es ist nun durch zahlreiche, gut dokumentierte und

übereinstimmende Fakten zweifelsfrei nachgewiesen, dass geheime Verhaftungen und die

unrechtmäßige Verbringung von Häftlingen zwischen Staaten mit Beteiligung europäischer

Staaten erfolgten, die eingehender Untersuchungen und dringender Antworten seitens der

Exekutive und Legislative aller betreffenden Länder bedürfen.

14. Während die Versammlung in diesem Fall damit befasst war, Behauptungen zu sehr

konkreten Tatsachen zu untersuchen, kann sie andere Behauptungen betreffend die Existenz

anderer geheimer Haftanstalten in Europa, die offensichtlich ebenfalls im Zusammenhang

mit dem „Krieg gegen den Terrorismus“ eingerichtet wurden, nicht außer Acht lassen. Die

Versammlung bekundet insbesondere ihre tiefe Sorge angesichts der fortgesetzten Berichte

über geheime Verhaftungen im Nordkaukasus. Das Europäische Komitee zur Verhütung von

Folter veröffentlichte im Jahr 2003 eine öffentliche Erklärung zu diesem Thema, die

kürzlich durch neue detaillierte Zeugenaussagen und glaubhafte Anschuldigungen seitens

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 23 – Drucksache 16/3400

nichtstaatlicher Organisationen ergänzt wurde. Eine weitere ernsthafte Untersuchung und

Analyse geheimer Verhaftungen im Nordkaukasus ist eindeutig vonnöten.

15. Die Versammlung bedauert auch, dass bis vor kurzem Haftanstalten im Kosovo für das

Europäische Komitee zur Verhütung von Folter nicht zugänglich waren. Dies erscheint

umso inakzeptabler, als die Staatengemeinschaft sich in dieser Region mit dem Ziel

engagiert, die Ordnung, den Frieden und die Achtung der Menschenrechte

wiederherzustellen. Die Versammlung möchte in diesem Zusammenhang die wiederholten

Anstrengungen des Generalsekretärs des Europarates und seine klare Linie in dieser

Angelegenheit loben.

16. Die Versammlung ist der Ansicht, dass die Institution des Menschenrechtskommissars des

Europarates umfassendere Rechte erhalten sollte, damit der Menschenrechtskommissar an

allen von der Versammlung zukünftig durchgeführten Untersuchungen von

Menschenrechtsverletzungen stärker beteiligt werden kann. Sie ermutigt den

Menschenrechtskommissar des Europarates, in dieser Hinsicht eine aktive Rolle zu

übernehmen.

17. Zentrales Ziel der Versammlung ist es zu verhindern, dass sich Verletzungen, wie sie in der

vorliegenden Entschließung beschrieben sind, in Zukunft wiederholen.

18. Die Versammlung beglückwünscht daher den Generalsekretär des Europarates zur schnellen

und gründlichen Nutzung seiner Anfragenbefugnis nach Artikel 52 der EMRK.

19. Die Versammlung ruft die Mitgliedstaaten des Europarates auf,

19.1. sicherzustellen, dass eine unrechtmäßige Verbringung von Häftlingen nicht gestattet

ist und wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um Verschleppungen und

Verschleppungsflüge durch das Staatsgebiet und über den Luftraum der

Mitgliedstaaten zu verhindern;

19.2. sicherzustellen, dass niemand willkürlich auf geheime oder andere Art und Weise auf

dem Gebiet eines Mitgliedstaats oder einem Gebiet unter der faktischen Kontrolle

eines Mitgliedstaats in Haft gehalten wird;

19.3. den Rechtsrahmen, der für die Geheimdienste gilt, kritisch zu prüfen, um zum einen

ihre Effizienz zu erhöhen und zum anderen die Mechanismen der

Rechenschaftsablegung bei Missbrauch zu stärken; ferner muss es klare Regeln für

die Zusammenarbeit mit ausländischen Diensten und die Aktivitäten ausländischer

Dienste im nationalen Hoheitsgebiet geben;

19.4. zu gewährleisten, dass jede internationale Zusammenarbeit und gegenseitige

Rechtshilfe nur unter Bedingungen erfolgen, bei denen die Menschenrechte und die

einschlägigen internationalen Übereinkommen respektiert werden;

19.5. zu gewährleisten, dass die Gesetze betreffend die staatliche Sicherheit Personen, die

illegale Tätigkeiten staatlicher Organe ans Licht bringen (so genannte

Whistleblowers), vor disziplinarischen Strafmaßnahmen und strafrechtlichen

Konsequenzen schützen;

19.6. bilaterale Abkommen, die zwischen Mitgliedstaaten des Europarates und den

Vereinigten Staaten unterzeichnet wurden, zu überprüfen, insbesondere diejenigen

betreffend die Rechtsstellung in Europa stationierter amerikanischer Streitkräfte und

die Nutzung militärischer und sonstiger Infrastruktur, um zu gewährleisten, dass

Drucksache 16/3400 – 24 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

diese Abkommen in vollem Umfang den geltenden internationalen

Menschenrechtsnormen genügen;

19.7. die Vereinigten Staaten aufzufordern, ihr System geheimer Verhaftungen und der

unrechtmäßigen Verbringung von Häftlingen zwischen Staaten abzuschaffen und mit

dem Europarat bei der Schaffung gemeinsamer Instrumente zur Überwindung der

terroristischen Bedrohung in Übereinstimmung mit internationalen

Menschenrechtsnormen und der Achtung der Rechtsstaatlichkeit enger

zusammenzuarbeiten.

19.8. zu gewährleisten, dass unabhängige, unparteiische und wirksame Untersuchungen

durchgeführt werden über alle ernst zu nehmenden Beschuldigungen, dass das

Staatsgebiet, einschließlich der Flughäfen und Lufträume, in Verbindung mit

Verschleppung oder geheimer Verhaftung benutzt wurden. Diese Untersuchungen

sollten eingehend jedes Vorgehen eines Staats oder ausländischer Agenten

untersuchen, das in Verbindung steht mit Verschleppung und Gesetzen oder

Praktiken, die dieses Vorgehen möglicherweise erleichtern. Der Umfang und die

Ergebnisse dieser Untersuchung sollten öffentlich gemacht werden.

19.9. sicherzustellen, dass jede in Verbindung mit Verschleppung oder geheimer

Verhaftung begangene Menschenrechtsverletzung, auch durch Personen, die diese

Straftat unterstützt oder ihr Vorschub geleistet haben, gerichtlich verfolgt wird:

19.10. sicherzustellen, dass alle Opfer von Verschleppung oder geheimer Verhaftung

Zugang zu wirksamem Rechtsbehelf haben und rasche und angemessene

Wiedergutmachung erhalten, einschließlich Entschädigung, Rehabilitierung und

fairen und angemessenen finanziellen Ausgleich.

20. Die Versammlung ruft ferner die Vereinigten Staaten als Beobachterstaat des Europarates

und langjährige Verbündete Europas bei der Bekämpfung von Tyrannei sowie der

Verteidigung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit auf,

20.1. eine starke Botschaft an die Welt auszusenden, indem sie deutlich machen, dass der

Terrorismus durch rechtmäßige Mittel besiegt werden kann, und dadurch die

Überlegenheit des auf die Achtung der Würde des Menschen gegründeten

demokratischen Modells beweisen;

20.2. bei der Sondierung und Anwendung der wirksamsten Mittel zur Verhinderung und

Bekämpfung der terroristischen Bedrohung in Übereinstimmung mit den

internationalen Menschenrechtsnormen und der Rechtsstaatlichkeit enger

zusammenzuarbeiten,

20.3. ihre Definition von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder

erniedrigender Behandlung der Definition anzugleichen, die vom VN-Ausschuss

gegen Folter benutzt wird;

20.4. die unrechtmäßige Verbringung von Personen, die der Beteiligung am Terrorismus

verdächtig sind, und alle Zwangsrückführungen von Personen von einem Land in ein

anderes Land, in dem Folter angewandt wird oder welches das Recht auf ein faires

Gerichtsverfahren nicht garantieren kann, ungeachtet aller abgegebenen

Versicherungen, zu verbieten;

20.5. sich bei den Opfern unrechtmäßiger Verhaftungen oder Verschleppungen offiziell zu

entschuldigen und ihnen Schadensausgleich zukommen zu lassen und diejenigen, die

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25 – Drucksache 16/3400

für geheime Verhaftungen oder für im Verlaufe von Verschleppungen begangene

Menschenrechtverletzungen verantwortlich sind, vor Gericht zu bringen;

20.6. davon abzusehen, Beamte, ehemalige Beamte oder Journalisten strafrechtlich zu

verfolgen, die durch Aussagen oder andere Informationen dazu beigetragen haben,

das System unrechtmäßiger Verhaftungen und Misshandlungen ans Licht zu bringen;

20.7. gemeinsam mit europäischen Staaten ihre bilateralen Abkommen zu überprüfen, um

zu vermeiden, dass direkte oder indirekte de jure oder de facto Ausnahmen bei der

Anwendung europäischer Übereinkommen, denen Mitgliedstaaten des Europarates

als Vertragsparteien angehören, geschaffen werden.

21. Die Versammlung ruft ihren Ausschuss für Recht und Menschenrechte auf, die

Weiterverfolgung der im vorliegenden Bericht aufgeworfenen Fragen fortzusetzen und der

Versammlung - soweit angebracht - Bericht zu erstatten.

22. Die Versammlung ruft ferner ihre Mitglieder auf, in ihrem jeweiligen nationalen Parlament

auf rigorose Untersuchungen zu drängen, insbesondere in den Staaten, die keine oder nur

unzureichende Informationen zur Verfügung gestellt haben. Die Untersuchung des

Generalsekretärs nach Artikel 52 der EMRK sollte eine erste Informationsgrundlage sein,

auf der die Mitgliedstaaten aufbauen können.

23. Die Versammlung ist sich im Zusammenhang mit der laufenden Untersuchung betreffend

geheime Verhaftungen bewusst, dass sie keine Untersuchungsbefugnisse besitzt, die mit

denen bei parlamentarischen Untersuchungen in den Mitgliedstaaten vergleichbar sind,

darunter die Befugnisse zur Vorladung von Zeugen und Erzwingung der Offenlegung von

Dokumenten, und fordert die Prüfung dieser Angelegenheit.

24. Schließlich würdigt die Versammlung die wertvollen Beiträge der einschlägigen Organe der

Europäischen Union (Europäische Kommission, Europäisches Parlament und EU-

Satellitenzentrum) sowie von Eurocontrol zu dieser Untersuchung und bekräftigt zugleich

die Rolle des Europarates als Hüter der Menschenrechte, der Demokratie und der Wahrung

der Rechtsstaatlichkeit in ganz Europa.

Entschließung 1508 (2006)
4

betr.

den Beitrag der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung zur wirtschaftlichen

Entwicklung in Mittel- und Osteuropa

1. Die Parlamentarische Versammlung, die als parlamentarisches Forum der Europäischen

Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) gemäß dem Kooperationsabkommen

zwischen dem Europarat und der EBRD handelt, hat die Arbeit der Bank im Jahre 2005 in

ihren 27 ‚Ländern ihres Geschäftsbereichs’, die von Mitteleuropa bis Zentralasien reichen,

überprüft. Während die meisten Mitglied- und Beobachterstaaten des Europarates zu den
4
Versammlungsdebatte am 27. Juni 2006 (18. Sitzung) (siehe Dok. 10950, Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und

Entwicklung, Berichterstatter: Herr Bernard Schreiner). Von der Versammlung verabschiedeter Text am 27. Juni 2006

(18. Sitzung).

Drucksache 16/3400 – 26 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

wichtigsten Geber- und Empfängerländern zählen, gehören fünf Länder Zentralasiens, wo

die EBRD zunehmend aktiv ist, zur nahen Nachbarschaft des Europarates.

2. Vor fünfzehn Jahren schlossen sich der Europarat und die EBRD zusammen, um

demokratische und institutionelle Reformen, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und den

Übergang zu marktwirtschaftlich orientierten Wirtschaften in Staaten zu fördern, die hinter

dem ehemaligen „Eisernen Vorhang“ aufstrebten. Das Überwachungsverfahren des

Europarates und die jährlichen Übergangsberichte der EBRD zeigen ungleiche Fortschritte

im politischen, wirtschaftlichen und sozialen Bereich in den überprüften Ländern. Die

Parlamentarische Versammlung möchte jedoch dem wertvollen wachsenden Beitrag der

EBRD zur wirtschaftlichen Integration und zum Wirtschaftswachstum in Ost- und

Südosteuropa und in Zentralasien Anerkennung zollen, wo die Bank weiterhin der größte

institutionelle Investor ist.

3. Die Versammlung stellt mit Befriedigung fest, dass die Ergebnisse der Bank für das Jahr

2005 ihre operationellen und finanziellen Ziele erheblich übertrafen, was das qualitative

Wachstum der Tätigkeiten der Bank, ein vorsichtiges Risikomanagement und die starke

Wirtschaftsleistung der Länder ihres Geschäftsbereichs und der Finanzmärkte widerspiegelt.

Dies ist umso wichtiger in Anbetracht einer willkommenen Tendenz, in eine größere Anzahl

kleinerer, häufig komplizierterer Projekte des Privatsektors und mit einem geographischen

Schwerpunkt auf den Ländern im Süden und Osten der Region zu investieren, sowie eines

stärkeren Rückgriffs auf innovative Finanzvereinbarungen.

4. Die Versammlung begrüßt die anhaltende Diversifizierung der Operationen der EBRD und

die Stärkung der regionalen Präsenz in der Russischen Föderation, die weiterhin das bei

weitem größte Land der Geschäftstätigkeit der EBRD und das größte Empfängerland ihrer

Finanzierung ist. Indem sie als ein verlässlicher strategischer Partner in einer Zeit erhöhter

Investorenunsicherheit und als Katalysator für das Unternehmenswachstum handelt,

Verbesserungen bei der Unternehmensführung anregt und eine Leitung für Investoren bietet,

trägt die Bank dazu bei, die wirtschaftlichen Grundlagen dieses Landes und eine weitere

Integration in die Weltwirtschaft zu konsolidieren.

5. Aufgrund interethnischer Konflikte und weit verbreiteter sozialer und politischer Unruhen

waren die letzten fünfzehn Jahre außerordentlich turbulent für die Länder Südosteuropas

und des Kaukasus. Wirtschaftsreformen und neue Partnerschaften haben in dieser Region

daher nur sehr zögerliche Fortschritte gemacht. Die Beteiligung der EBRD am

Wiederaufbau und an der Unternehmensentwicklung, sei es durch eine unmittelbare

Projektfinanzierung in den betroffenen Ländern oder durch regionale Finanzierungspläne, ist

entscheidend für die Schaffung neuer wechselseitiger Abhängigkeiten, vor allem bei

Verkehr, Energie und Handel, zugunsten von dauerhafter Stabilität, Wachstum und

Wohlstand in der Region. Die Versammlung ist der Ansicht, dass eine Zusammenarbeit von

EBRD und Europäischer Union in diesen Ländern im Rahmen der Vorbeitrittsinstrumente,

der Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen und der Europäischen

Nachbarschaftspolitik der EU weiter verstärkt werden sollte.

6. Die Hälfte der Bevölkerung Armeniens, Aserbaidschans, Georgien, Kirgisiens, Moldaus,

Tadschikistans und Usbekistans, die als ‚frühe Übergangsländer’ betrachtet werden, lebt in

hoffnungsloser Armut. Die wirtschaftliche Entwicklung in diesen Ländern wurde durch das

langsame Tempo der demokratischen und rechtlichen Reformen, eine weitverbreitete

Korruption, schwache, jedoch vorherrschende staatliche Unternehmen, eine schlechte

Infrastruktur, gespaltene nationale Märkte, einen Mangel an Beschäftigungsmöglichkeiten

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 27 – Drucksache 16/3400

und niedrige Investitionen behindert. In erneuter Bekräftigung ihrer nachdrücklichen

Unterstützung der Initiative für die frühen Übergangsländer der EBRD, die als ein Multi

Donor Fund zur Bereitstellung technischer Unterstützung für den Aufbau von Fähigkeiten

und die Vorbereitung von Investitionsprojekten gestaltet wurde, ruft die Versammlung die

Geberländer der Bank auf, mehr Ressourcen für die Initiative für die frühen

Übergangsländer zur Verfügung zu stellen, um es der EBRD zu ermöglichen,

Investitionsmöglichkeiten für die Bevölkerung weiterzuführen und Reformen zugunsten der

bedürftigsten Teile der Bevölkerung zu unterstützen.

7. 2005 war ein turbulentes Jahr für die Ukraine, und das Land hat nach Auffassung der EBRD

einen entscheidenden Moment in seinem wirtschaftlichen Übergang erreicht. Während die

jüngsten Parlamentswahlen eine gestärkte Mehrparteien-Demokratie bewiesen haben, steht

die neue Führung des Landes unter Druck, in vielen Bereichen schnell zu handeln. Die

Versammlung möchte in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Zusammenarbeit

zwischen der Ukraine und der EBRD bei der Reform des Energiesektors, insbesondere der

Energieeffizienz und der atomaren Sicherheit, der Verbesserung der Unternehmensführung,

Besteuerung und Regelung, der Eindämmung der Korruption, Gewährleistung der

Transparenz der Besitzverhältnisse und der industriellen Umstrukturierung betonen. Die

Versammlung fordert alle betroffenen Parteien nachdrücklich dazu auf, ihr Äußerstes zu tun,

um eine reibungslose und rechtzeitige Umsetzung des Tschernobyl-Schutzhüllenprojekts

sicherzustellen.

8. Da die Energieintensität von Mitteleuropa bis Zentralasien drei bis sieben Mal höher ist als

der EU-Durchschnitt und die Energiekosten weiter ansteigen, ist Energieeffizienz eine

wichtige Priorität, um eine derartige Verschwendung zu bekämpfen. Ein bedeutendes Ziel

für die EBRD und ihre Kreditnehmerländer ist daher die Schaffung von Energiesystemen,

die marktwirtschaftlichen Anforderungen gerecht werden und dazu beitragen, die

Wettbewerbsfähigkeit aller Wirtschaftssektoren zu erhöhen. Dies steht insofern in engem

Zusammenhang mit der Verpflichtung der Bank gegenüber dem Umweltschutz, da sie

Projekte finanziert, die zur Verbesserung der Qualität der Energiedienstleistungen

ausgerichtet sind, unter Minimierung aller negativer Auswirkungen auf die Umwelt. Die

Versammlung sieht der bevorstehenden Veröffentlichung ihrer überarbeiteten

Energiestrategie durch die Bank erwartungsvoll entgegen, wie auch einem erwarteten

Anstieg von mehr als 50% innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren der Investitionen der

EBRD in Energieeffizienz- und erneuerbare Energieprojekte.

9. Die Landwirtschaft ist für viele Kreditnehmerländer der EBRD weiterhin von

entscheidender Bedeutung aufgrund des Beitrags dieses Sektors zur Anhebung der

Einkommen und der Bereitstellung einer nachhaltigen Lebensgrundlage in ländlichen

Gebieten, in denen zwischen ein und zwei Drittel der Bevölkerung der Region leben, sowie

aufgrund ihres Potenzials zur Steigerung des BIP und des Exportanstiegs, der Beschäftigung

und der Importsubstitution. Die Kreditpläne der EBRD für den ländlichen Raum, ihre

Unterstützung für Leasingeinrichtungen und Politikberatung sind besonders in Ländern, die

der Europäischen Union nicht angehören, von großem Wert. Es ist daher wichtig, dass die

EBRD auf diesem Gebiet mit ihren wichtigsten institutionellen Partnern wie der Weltbank,

der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen und der

Mitteleuropäischen Initiative beharrlich weitermacht.

10. Die Studie 2005 der EBRD in Partnerschaft mit der Weltbank über Unternehmensumfeld

und Unternehmensleistung in den Ländern ihres Geschäftsbereichs bietet nützliche

Einsichten für Politiker im Hinblick auf die Beschränkungen für Wachstum und

Drucksache 16/3400 – 28 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Entwicklung. Steuerprobleme, Zugang zu Finanzierung und die volkswirtschaftliche

Instabilität scheinen die drei wichtigsten Hindernisse für Unternehmen in reifen und in

Übergangswirtschaften zu sein. Die Versammlung ersucht ihre betroffenen Mitgliedstaaten,

diesen Fragen beim politischen Dialog mit der EBRD besondere Beachtung zu schenken.

Entschließung 1509 (2006)
5

betr.

die Menschenrechte irregulärer Einwanderer

1. Die Parlamentarische Versammlung ist über die ständig anwachsende Zahl irregulärer

Einwanderer in Europa zutiefst besorgt.

2. Jeder Mitgliedstaat des Europarates hat das Recht, die Einreise ausländischer Staatsbürger

zu regulieren und irreguläre Einwanderer in Übereinstimmung mit dem internationalen

Recht der Menschenrechte in ihr Herkunftsland abzuschieben.

3. Zahlreiche irreguläre Einwanderer verlieren bei dem Versuch, nach Europa zu gelangen, ihr

Leben. Viele derjenigen, die die Einreise schaffen, leben unter gefährlichen und

unmenschlichen Bedingungen. Eine große Zahl von ihnen wird ausgebeutet, und viele leben

in der Angst, festgenommen und in ihr Herkunftsland zurückgeschickt zu werden.

4. Wir müssen zu der Erkenntnis gelangen, dass es immer eine bestimmte Anzahl irregulärer

Einwanderer in Europa geben wird, welche Politik die Regierungen auch beschließen

mögen, um ihre Einreise zu verhindern oder sie schnell wieder abzuschieben.

5. Die Versammlung ist der Auffassung, dass internationale Menschenrechtinstrumente zuerst

einmal auf alle Personen unbeschadet ihrer Staatsangehörigkeit oder ihres Status anwendbar

sind. Irreguläre Einwanderer sind angesichts ihrer oft gefährdeten Situation besonders auf

den Schutz ihrer Menschenrechte unter Einschluss grundlegender bürgerlicher und

politischer Rechte sowie sozialer und wirtschaftlicher Rechte angewiesen.

6. Die Versammlung ist der Auffassung, dass die dringende Notwendigkeit besteht, im

Hinblick auf die Rechte irregulärer Einwanderer für Klarheit zu sorgen, auch wenn dies für

die Mitgliedstaaten des Europarates eine zugleich schwierige und heikle Frage ist.

7. Die Versammlung bevorzugt an Stelle anderer Bezeichnungen wie „illegaler Einwanderer“

oder „Einwanderer ohne Papiere“ den Begriff „irregulärer Einwanderer“. Diese

Bezeichnung ist neutraler und bringt zum Beispiel nicht die Stigmatisierung wie bei

Verwendung des Wortes „illegal“ mit sich. Der Begriff wird außerdem immer mehr von

internationalen Organisationen, die sich mit Migrationsfragen beschäftigen, bevorzugt.

8. In Bezug auf die Rechte irregulärer Einwanderer gibt es kein einheitliches Rechtsinstrument.

Das am ehesten zutreffende internationale Instrument ist das Internationale Übereinkommen

der Vereinten Nationen über den Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer

Familienangehörigen (1990). Es wurde jedoch bisher erst von drei Mitgliedstaaten des

Europarates – von Aserbaidschan, Bosnien-Herzegowina und der Türkei – ratifiziert.
5
Versammlungsdebatte am 27. Juni 2006 (18. Sitzung) (siehe Dok. 10924, Bericht des Ausschusses für

Wanderbewegungen, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen, Berichterstatter: Herr van Thijn). Von der Versammlung

verabschiedeter Text am 27. Juni 2006 (18. Sitzung).

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 29 – Drucksache 16/3400

9. Die Versammlung stellt fest, dass viele andere internationale und europäische Rechts-

instrumente Bestimmungen enthalten, die zur Gewährleistung von Mindestrechten für

irreguläre Einwanderer herangezogen werden können. Einige Beispiele sind die Allgemeine

Erklärung der Menschenrechte (1948), der Internationale Pakt über bürgerliche und

politische Rechte (1966), der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle

Rechte (1966), das Übereinkommen über die Rechte des Kindes (1989), das Internationale

Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (1965), das IAO-

Übereinkommen 143 über Wanderarbeitnehmer (1975), die Europäische Menschenrechts-

konvention (1950), die Europäische Sozialcharta (1961), die überarbeitete Sozialcharta

(1996) und die Konvention des Europarates gegen Menschenhandel (2005).

10. Die Versammlung stellt allerdings fest, dass die Vielzahl sehr verschieden gearteter Rechts-

instrumente und der unterschiedliche Unterzeichnungs- und Ratifizierungsstand

Unsicherheit über die für irreguläre Einwanderer geltenden Mindestrechte hinterlassen.

11. Es sollte möglich sein, eine Reihe von bürgerlichen und politischen sowie von

wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Mindestrechten herauszuarbeiten, die von den

Mitgliedstaaten des Europarates zu Gunsten irregulärer Einwanderer anzuwenden sind.

12. Bei den bürgerlichen und politischen Rechten ist die Versammlung der Auffassung, dass die

Europäische Menschenrechtskonvention einen Mindestschutz bietet und stellt fest, dass die

Konvention von ihren Vertragsparteien Maßnahmen zur wirksamen Vorbeugung gegen

Menschenrechtsverletzungen im Hinblick auf gefährdete Personen wie irreguläre

Einwanderer verlangt. Folgende Mindestrechte verdienen es, hervorgehoben zu werden:

12.1. Das Recht auf Leben sollte wahrgenommen und beachtet werden. Es sollte keine

unvertretbare Gewalt angewandt werden, um die Einreise von Nichtinländern in

einen Staat zu verhindern und die Behörden sind verpflichtet, den Versuch zu

unternehmen, Personen zu retten, deren Leben bei dem Versuch der Einreise in einen

Staat in Gefahr kommen kann;

12.2. Irreguläre Einwanderer sollten vor Folter, unmenschlicher oder erniedrigender

Behandlung oder Strafe geschützt sein. Die Abschiebung regulärer Einwanderer

sollte unter uneingeschränkter Achtung ihres Rechts auf die Würde des Rückkehrers

erfolgen, wobei unter anderem das Alter, das Geschlecht, der Gesundheitszustand

und eventuelle Behinderungen des Abzuschiebenden zu berücksichtigen sind.

Zwangsmaßnahmen während der Abschiebung sollten sich auf das absolute

Minimum beschränken;

12.3. Irreguläre Einwanderer sollten vor Sklaverei und Zwangsarbeit geschützt werden,

und Opfer des Menschenhandels sollten entsprechend der Konvention des

Europarates gegen Menschenhandel (ETS 197) spezifische Rechte erhalten;

12.4. Eine Inhaftierung irregulärer Einwanderer sollte nur als letztes Mittel und nicht für

eine übermäßige Zeitdauer erfolgen. Soweit erforderlich sollten irreguläre

Einwanderer in besonderen Haftanstalten und nicht zusammen mit verurteilten

Häftlingen verwahrt werden. Kinder sollten nur als letztes Mittel und auch dann nur

für den kürzesten vertretbaren Zeitraum in Haft genommen werden. Eine

Inhaftierung oder Festnahme anderer gefährdeter Personen (schwangere Frauen,

Mütter mit Kleinkindern, alte Menschen, Behinderte) ist nach Möglichkeit zu

vermeiden. Es sollten geeignete Wohnmöglichkeiten vorhanden sein, um Familien

gemeinsam unterzubringen, doch sollten Männer und Frauen voneinander getrennt

unterkommen. Häftlinge sollten das Recht haben, sich mit jeder Person ihrer Wahl

(Anwälte, Angehörige, NRO, UNHCR usw.) in Verbindung zu setzen, und Zugang

Drucksache 16/3400 – 30 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

zu angemessener ärztlicher Versorgung sowie, soweit erforderlich, zu einem

Dolmetscher und kostenlosem rechtlichem Beistand erhalten;

12.5. Die Inhaftierung irregulärer Einwanderer muss gerichtlich genehmigt werden. Es

sollte eine unabhängige richterliche Prüfung der Rechtmäßigkeit und Notwendigkeit

der weiteren Inhaftierung zur Verfügung stehen. Häftlinge sollten ausdrücklich,

unverzüglich und in einer für sie verständlichen Sprache über ihre Rechte und die für

sie geltenden Verfahren informiert werden. Sie sollten das Recht haben, ein Gericht

anzurufen, um die Rechtmäßigkeit ihrer Inhaftierung zügig anzufechten;

12.6. In Haft befindliche irreguläre Einwanderer haben darüber hinaus das Recht, sich mit

den konsularischen Vertretungen ihres Herkunftslands in Verbindung zu setzen und

von den Behörden des Staats, in dem sie inhaftiert sind, über ihre Rechte nach der

Wiener Konvention über konsularische Beziehungen von 1963 informieren zu

lassen;

12.7. Personen, denen das Recht auf Einreise in ein Land bestritten wird, sollten einen

Anspruch auf eine Anhörung in Gegenwart eines Dolmetschers erhalten, damit sie

ihre Einreisegründe erklären und gegebenenfalls einen Asylantrag stellen können;

12.8. Das Recht auf Asyl und non refoulement ist zu achten;

12.9. Ein irregulärer Einwanderer, der abgeschoben wird, sollte Anspruch auf wirksame

Rechtsmittel vor einer zuständigen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben.

Das Rechtsmittel sollte aufschiebende Wirkung haben, wenn der Abzuschiebende

glaubhaft machen kann, dass er im Falle der Abschiebung eine Behandlung erfahren

würde, die seinen Menschenrechten zuwiderlaufen würde. Dolmetscher und

rechtlicher Beistand sollten zur Verfügung stehen;

12.10. Ein irregulärer Einwanderer, der aus einem Land abgeschoben wird, hat das Recht

auf effektiven Zugang zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, indem er

bei dem Gerichtshof einen Antrag gemäß Artikel 34 der Europäischen

Menschenrechtskonvention stellt;

12.11. Eine Massenabschiebung von Ausländern einschließlich irregulärer Einwanderer ist

verboten;

12.12. Das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens sollte gewahrt bleiben. Eine

Abschiebung sollte nicht erfolgen, wenn der reguläre Einwanderer besonders starke

familiäre oder gesellschaftliche Bindungen zu dem Land unterhält, dass ihn

abzuschieben gedenkt, und die Abschiebung dürfte zu dem Schluss führen, dass eine

Ausweisung gegen das Recht des Betreffenden auf ein Privat- und Familienleben

verstoßen würde;

12.13. Das Recht auf vertrauliche Behandlung von Angaben über irreguläre Einwanderer

sollte gewahrt bleiben. Informationen, z. B. über einen Asylantrag, sollten von dem

Aufnahmeland nicht den Behörden des Herkunftslandes verfügbar gemacht werden;

12.14. Politische Tätigkeiten von Ausländern können zwar bestimmten Einschränkungen

unterworfen werden, doch sollte die Einschränkung der Versammlung-,

Vereinigungs- und Meinungsfreiheit nicht über das vernünftigerweise notwendige

Maß hinausgehen;

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 31 – Drucksache 16/3400

12.15. Irreguläre Einwanderer haben das Recht zu heiraten, und es sollten keine absoluten

Schranken errichtet werden, um sie an einer Heirat zu hindern;

12.16. Irreguläre Einwanderer sollten Anspruch auf Schutz ihres Eigentums haben. Sie

sollten in der Lage sein, dieses zu verwalten oder zu veräußern, auch über

Einrichtungen der Banken, die eine Überweisung von Einnahmen und Ersparnissen

ermöglichen;

12.17. Irreguläre Einwanderer dürfen nach Artikel 14 der Europäischen Menschenrechts-

konvention und gemäß Protokoll Nr. 12 der Konvention nicht diskriminiert werden;

12.18. Es sollte, wenn die Einreise erlaubt oder verweigert wird, bei der Genehmigung

eines Aufenthalts oder der Abschiebung eines irregulären Einwanderers keine

Diskriminierung aufgrund der Rasse oder der ethnischen Zugehörigkeit geben.

13. Im Hinblick auf die wirtschaftlichen und sozialen Rechte ist die Versammlung der

Auffassung, dass u.a. folgende Mindestrechte gelten sollten:

13.1. irregulären Einwanderern sollten eine angemessene, menschenwürdige

Unterbringung und Beherbergung geboten werden;

13.2. irregulären Einwanderern sollte die medizinische Notfallversorgungen offen stehen,

und die Staaten sollten bestrebt sein, eine ganzheitlichere Gesundheitsversorgung

sicherzustellen, bei der insbesondere die spezifischen Erfordernisse gefährdeter

Gruppierungen wie Kinder, Behinderte, Schwangere und alte Menschen

Berücksichtigung finden;

13.3. der soziale Schutz über ein System der sozialen Sicherheit sollte irregulären

Einwanderern nicht verweigert werden, wenn er erforderlich ist, um Armut zu

lindern und die Menschenwürde zu wahren. Kinder sind besonders gefährdet und

sollten in dem gleichen Maße wie Kinder des jeweiligen Landes Anspruch auf

sozialen Schutz haben;

13.4. irreguläre Einwanderer, die Sozialversicherungsbeiträge gezahlt haben, sollten in den

Genuss dieser Beiträge gelangen oder diese erstattet bekommen, zum Beispiel, wenn

sie aus dem Land ausgewiesen werden;

13.5. was berufstätige irreguläre Einwanderer angeht, sollten diese Anspruch auf

angemessene Löhne, vertretbare Arbeitsbedingungen, Zahlungen bei Unfällen,

Zugang zu Gerichten zur Verteidigung ihrer Rechte sowie die Freiheit haben, eine

Gewerkschaft zu bilden und dieser beizutreten. Jeder Arbeitgeber, der diese

Bedingungen nicht erfüllt, sollte von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten

streng verfolgt werden;

13.6. alle Kinder haben Anspruch auf Schulbildung auf Grundschulniveau sowie darüber

hinaus bis zur Sekundarstufe in Ländern, in denen dieser Schulbesuch Pflicht ist. In

der Schule sollten ihre Kultur und ihre Sprache gepflegt werden, und sie sollten

Anspruch auf Anerkennung des von ihnen erreichten Leistungsniveaus in

Befähigungsnachweisen haben;

13.7. alle Kinder, aber auch andere gefährdete Gruppen wie alte Menschen, allein

erziehende Mütter und generell ledige Mädchen und Frauen sollten besonderen

Schutz erhalten und entsprechende Beachtung finden.

14. Dementsprechend bittet die Parlamentarische Versammlung die Regierungen der Mitglied-

staaten des Europarates,

Drucksache 16/3400 – 32 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

14.1. die einschlägigen Menschenrechtsinstrumente, die zum Schutz der Rechte irregulärer

Einwanderer beitragen, zu unterzeichnen und zu ratifizieren, sofern dies noch nicht

geschehen ist, darunter die Internationale Konvention der Vereinten Nationen über

die Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Angehörigen (1990), den

Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (1966), den

Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (1966), das

Übereinkommen über die Rechte des Kindes (1989), das Internationale

Übereinkommen über die Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung

(1965), die IAO-Konvention 143 über Wanderarbeitnehmer (1975), die Europäische

Menschenrechtskonvention (1950), die Europäische Sozialcharta (1961)

einschließlich ihres Zusatzprotokolls, das ein System für Sammelklagen vorsieht

(1995), die überarbeitete Sozialcharta (1996) und das Übereinkommen des

Europarates gegen Menschenhandel (2005).

15. Auf der Grundlage der in den internationalen Menschenrechtsinstrumenten enthaltenen und

irreguläre Einwanderer betreffenden Grundsätze bittet die Versammlung die Regierungen

der Mitgliedstaaten des Europarates, das Mindestmaß an bürgerlichen und politischen sowie

sozialen und wirtschaftlichen Rechten zu gewährleisten, die in dieser Entschließung

umrissen werden.

16. Die Parlamentarische Versammlung bittet darüber hinaus die Regierungen der

Mitgliedstaaten des Europarates, dafür Sorge zu tragen, dass irreguläre Einwanderer in der

Praxis in den Genuss ihrer Mindestrechte gelangen, unter anderem durch

16.1. Steigerung des Bewusstseins der Rechte irregulärer Einwanderer;

16.2. bessere Bewusstmachung der Lage, in der irreguläre Einwanderer leben und welchen

Schwierigkeiten und Formen der Ausbeutung sie sich gegenüber sehen;

16.3. Verzicht auf eine Kriminalisierung der von Vertretern der Zivilgesellschaft für

irreguläre Einwanderer geleisteten humanitären Hilfe;

16.4. Aufhebung der Verpflichtung bestimmter Stellen (z.B. von Schulbehörden, Ärzten

und Gesundheitsbehörden), den irregulären Status von Einwanderern zu melden, um

eine Situation zu vermeiden, in der irreguläre Einwanderer nicht ihre Rechte

einfordern, weil sie befürchten, als irreguläre Einwanderer erkannt und abgeschoben

zu werden;

16.5. Prüfung aller entsprechenden Mittel zur Regularisierung der Lage irregulärer Ein-

wanderer, wenn es Gründe dafür gibt, weshalb irreguläre Einwanderer nicht in ihr

Herkunftsland zurückgeschickt werden können oder sollten;

16.6. Förderung freiwilliger Rückkehrprogramme für irreguläre Einwanderer und

Vorname von Zwangsrückführungen nur als letztes Mittel und in Übereinstimmung

mit den 20 Leitlinien für Zwangsrückführungen, die im Mai 2005 von dem

Ministerkomitee angenommen wurden;

16.7. Sicherstellung der Verfügbarkeit eines nichtgerichtlichen Menschenrechtsschutzes,

unter anderem durch nationale oder lokale Ombudspersonen oder andere

vergleichbare Stellen zusätzlich zu dem gerichtlichen Schutz.

17. Die Versammlung bittet außerdem die Mitgliedstaaten des Europarates, den Sonder-

berichterstatter der Vereinten Nationen für die Menschenrechte von Einwanderern bei seiner

Arbeit zu unterstützen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 33 – Drucksache 16/3400

18. Die Versammlung bittet darüber hinaus den Menschenrechtskommissar des Europarates, die

Frage der Rechte irregulärer Einwanderer bei seinen Kontakten mit Staaten und nationalen

Ombudspersonen anzuschneiden und ersucht ihn, den Rechten dieser Einwanderer in seinen

einzelnen Länderberichten wie auch in den Themenberichten Vorrang zu geben.

Entschließung 1510 (2006)
6

betr.

die Meinungsfreiheit und die Achtung religiöser Überzeugungen

1. Die Parlamentarische Versammlung des Europarates bekräftigt erneut, dass es keine

demokratische Gesellschaft ohne das grundlegende Recht auf Meinungsfreiheit geben kann.

Die Fortschritte der Gesellschaft und die Entwicklung jedes Einzelnen hängen ab von der

Möglichkeit, Informationen und Ideen zu erhalten und mitzuteilen. Diese Freiheit ist nicht

nur anwendbar auf Äußerungen, die günstig aufgenommen oder als nicht beleidigend

erachtet werden, sondern auch auf solche, die den Staat oder irgendeinen

Bevölkerungssektor schockieren, beleidigen oder stören könnten, gemäß Artikel 10 der

Europäischen Menschenrechtskonvention.

2. Die Freiheit des Denkens, des Gewissens und der Religion stellt eine notwendige

Voraussetzung für eine demokratische Gesellschaft dar sowie eine der wesentlichen

Freiheiten des Einzelnen zur Bestimmung seiner Auffassung vom menschlichen Leben und

von der Gesellschaft. Gewissen und Religion sind ein grundlegender Bestandteil der

menschlichen Kultur. Sie sind in diesem Sinne nach Artikel 9 der Europäischen

Menschenrechtskonvention geschützt.

3. Gedankenfreiheit und Meinungsfreiheit in einer demokratischen Gesellschaft müssen jedoch

eine offene Debatte über Fragen der Religion und des Glaubens erlauben. Die Versammlung

verweist diesbezüglich auf ihre Empfehlung 1396 (1999) betr. Religion und Demokratie.

Moderne demokratische Gesellschaften setzen sich aus Einzelpersonen mit

unterschiedlichen Glaubensbekenntnissen und Überzeugungen zusammen. Angriffe auf

Einzelpersonen aufgrund ihrer Religion oder Rasse können nicht gestattet werden, doch

Blasphemiegesetze sollten zur Einschränkung der Meinungs- und Gedankenfreiheit nicht

angewandt werden.

4. Die Versammlung unterstreicht die kulturelle und religiöse Verschiedenheit ihrer

Mitgliedstaaten. Christen, Moslems, Juden und Mitglieder vieler anderer Religionen sind in

Europa zu Hause, ebenso wie Menschen ohne jede Religion. Die Religionen haben zu den

geistigen und moralischen Werten, Idealen und Grundsätzen beigetragen, die das

gemeinsame Erbe Europas bilden. Die Versammlung betont in dieser Hinsicht Artikel 1 der

Satzung des Europarates, der festlegt, dass es das Ziel des Europarates ist, einen engeren

Zusammenschluss unter seinen Mitgliedern zu erzielen, um die Ideale und Grundsätze, die

ihr gemeinsames Erbe sind, zu schützen und zu verwirklichen.
6
Versammlungsdebatte am 28. Juni 2006 (19. Sitzung) (siehe Dok. 10970, Bericht des Ausschusses für Kultur,

Wissenschaft und Bildung, Berichterstatterin: Frau Sinikka Hurskainen). Von der Versammlung am 28. Juni 2006

verabschiedeter Text (19. Sitzung).

Drucksache 16/3400 – 34 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

5. Die Versammlung unterstreicht ihre Verpflichtung im Hinblick auf die Gewährleistung, dass

die kulturelle Vielfalt zu einer Quelle gegenseitiger Bereicherung anstatt von Spannungen

wird durch einen echten und offenen Dialog zwischen den Kulturen auf der Grundlage

gegenseitigen Verständnisses und gegenseitiger Achtung. Das Gesamtziel sollte die

Erhaltung der Vielfalt in offenen und einbeziehenden Gesellschaften sein, die sich auf

Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit stützen, durch die Förderung der

Kommunikation und die Verbesserung der Fähigkeiten und des Wissens, die für ein

friedliches und konstruktives Zusammenleben in den europäischen Gesellschaften, zwischen

den europäischen Ländern sowie zwischen Europa und seinen Nachbarregionen erforderlich

sind.

6. Reaktionen auf als negativ wahrgenommene Bilder, die durch Bücher, Filme, Karikaturen,

Zeichnungen und über das Internet verbreitet werden, haben vor kurzem weit verbreitete

Diskussionen darüber ausgelöst, ob und bis zu welchem Maße die Achtung religiöser

Überzeugungen die Meinungsfreiheit einschränken sollte. Es wurden auch Fragen im

Hinblick auf die Verantwortung der Medien, Selbstregulierung und Selbstzensur

aufgeworfen.

7. Die Geschichte der Gotteslästerung ist lang. Die Versammlung erinnert daran, dass Gesetze,

die Gotteslästerung und Kritik an religiösen Praktiken und Dogmen unter Strafe stellten,

häufig negative Auswirkungen auf den wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt

hatten. Mit der Aufklärung begann sich die Lage zu ändern und machte weitere Fortschritte

in Richtung auf eine Säkularisierung. Moderne demokratische Gesellschaften tendieren

dazu, säkulär und mehr an den Freiheiten des Einzelnen interessiert zu sein. Die jüngste

Debatte über die dänischen Karikaturen hat die Frage dieser beiden Auffassungen

aufgeworfen.

8. In einer demokratischen Gesellschaft ist es religiösen Gemeinschaften erlaubt, sich nach den

Menschenrechtsgesetzen und –normen gegen Kritik oder Spott zu verteidigen. Die Staaten

sollten Informationen und Bildung über die Religionen unterstützen, um ein besseres

Bewusstsein über die Religionen und einen kritischen Geist bei ihren Bürgern zu entwickeln

im Einklang mit Empfehlung 1720 (2005) der Versammlung betr. Bildung und Religion.

Die Staaten sollten auch solide Strategien einschließlich angemessener rechtlicher und

gerichtlicher Maßnahmen zur Bekämpfung von religiöser Diskriminierung und Intoleranz

entwickeln und energisch umsetzen.

9. Die Versammlung erinnert auch daran, dass die kritische Streitkultur und die künstlerische

Freiheit über eine lange Tradition in Europa verfügen und dass sie als positiv und sogar als

notwendig für den Fortschritt des Einzelnen und der Gesellschaft gesehen werden. Nur

totalitäre Machtsysteme fürchten sich vor ihnen. Kritischer Streit, Humor und künstlerischer

Ausdruck sollten sich daher eines weiteren Ausmaßes an Meinungsfreiheit erfreuen, und der

Gebrauch von Übertreibung sollte nicht als Provokation gesehen werden.

10. Menschenrechte und Grundfreiheiten sind universal anerkannt, insbesondere nach der

Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und den Konventionen der Vereinten Nationen.

Die Anwendung dieser Rechte ist jedoch nicht allgemein einheitlich. Die Versammlung

sollte die Senkung dieser Standards bekämpfen. Die Versammlung begrüßt die Initiative des

Generalsekretärs der Vereinten Nationen im Hinblick auf ein Bündnis der Zivilisationen, das

darauf abzielt, konzertierte Aktionen auf institutioneller und zivilgesellschaftlicher Ebene

anzuregen, um Vorurteile, falsche Auffassungen und Polarisierungen zu überwinden. Ein

echter Dialog kann nur dann stattfinden, wenn es eine echte Achtung und ein echtes

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 35 – Drucksache 16/3400

Verständnis anderer Kulturen und Gesellschaften gibt. Werte wie die Wahrung der

Menschenrechte, der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind das Ergebnis der kollektiven

Weisheit, des Gewissens und der Fortschritte der Menschheit. Die Aufgabe ist es, die

Wurzeln dieser Werte in den verschiedenen Kulturen zu identifizieren.

11. Wann immer es erforderlich ist, ein Gleichgewicht zwischen Menschenrechten herzustellen,

die in einem besonderen Fall miteinander in Konflikt stehen, besitzen die nationalen

Gerichte und die nationalen Gesetzgeber einen Einschätzungsspielraum. In dieser Hinsicht

befand der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass, obgleich es wenig Spielraum

für Einschränkungen der politischen Rede oder der Diskussion von Fragen von öffentlichem

Interesse gibt, im allgemeinen ein weiterer Einschätzungsspielraum bei der Regelung der

Meinungsfreiheit im Hinblick auf Belange besteht, welche vertrauliche persönliche

moralische Überzeugungen oder die Religion voraussichtlich verletzen. Was vermutlich eine

beträchtliche Beleidigung für Menschen einer bestimmten religiösen Überzeugung darstellt,

unterscheidet sich beträchtlich von Zeit zu Zeit und von Ort zu Ort.

12. Die Versammlung ist der Meinung, dass die nach Artikel 10 der Europäischen

Menschenrechtskonvention geschützte Meinungsfreiheit nicht weiter eingeschränkt werden

sollte, um den zunehmenden Empfindlichkeiten bestimmter religiöser Gruppen zu

entsprechen. Gleichzeitig betont die Versammlung, dass Hassreden gegen religiöse Gruppen

nicht vereinbar sind mit den Grundrechten und Grundfreiheiten, die von der Konvention und

dem Fallrecht des Gerichtshofes garantiert werden.

13. Die Versammlung ruft die Parlamente in den Mitgliedstaaten auf, Diskussionen über die

Meinungsfreiheit und die Achtung religiöser Überzeugungen zu führen, und ruft die

Mitglieder dazu auf, der Versammlung über die Ergebnisse dieser Diskussionen Bericht zu

erstatten.

14. Die Versammlung ermutigt die religiösen Gemeinschaften in Europa, die Meinungsfreiheit

und die Achtung religiöser Überzeugungen in ihrer eigenen Gemeinschaft zu diskutieren

und einen Dialog mit anderen religiösen Gemeinschaften zu führen, um ein gemeinsames

Verständnis und einen Verhaltenskodex für religiöse Toleranz zu entwickeln, der in einer

demokratischen Gesellschaft erforderlich ist.

15. Die Versammlung ruft auch die Medienfachleute und ihre Berufsorganisationen auf, die

Ethik der Medien im Hinblick auf religiöse Überzeugungen und Empfindlichkeiten zu

diskutieren. Die Versammlung ermutigt die Schaffung von Pressebeschwerdestellen,

Medien-Ombudsmännern oder anderen Selbstregulierungsgremien, wo diese noch nicht

existieren, welche mögliche Abhilfen für Beleidigungen von religiösen Überzeugungen

diskutieren sollten.

16. Die Versammlung ermutigt den interkulturellen und interreligiösen Dialog auf der

Grundlage der allgemeinen Menschenrechte unter Einbeziehung - auf der Grundlage der

Gleichheit und der gegenseitigen Achtung - der Zivilgesellschaft sowie der Medien zur

Förderung von Toleranz, Vertrauen und gegenseitigem Verständnis, die für den Aufbau

kohärenter Gesellschaften und die Stärkung des internationalen Friedens und der weltweiten

Sicherheit von entscheidender Bedeutung sind.

17. Die Versammlung ermutigt die Organe des Europarates, aktiv auf die Verhinderung von

Hassreden hinzuarbeiten, die gegen verschiedene religiöse und ethnische Gruppen gerichtet

sind.

Drucksache 16/3400 – 36 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

18. Die Versammlung beschließt, auf diese Frage zurückzukommen auf der Grundlage eines

Berichts über Gesetze gegen Gotteslästerung, religiöse Beleidigungen und Hassreden gegen

Menschen aufgrund ihrer Religion, nach Erstellung einer Bestandsaufnahme der

verschiedenen Ansätze in Europa, welche die Anwendung der Europäischen

Menschenrechtskonvention, die Berichte und Empfehlungen der Europäischen Kommission

gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) und der Venedigkommission sowie die Berichte des

Menschenrechtskommissars des Europarates einschließt.

Entschließung 1511 (2006)
7

betr.

Wanderbewegungen, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen im Rahmen des Dritten Gipfels

des Europarates der Staats- und Regierungschefs (Warschau, 16.-17. Mai 2005)

1. Die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten des Europarates verabschiedeten auf

ihrem Dritten Gipfel in Warschau am 16. und 17. Mai 2005 eine Erklärung und einen

Aktionsplan, der die grundlegenden Aufgaben des Europarates für die nächsten Jahre

festlegte.

2. Die Parlamentarische Versammlung hat die Warschauer Erklärung und den Warschauer

Aktionsplan bereits begrüßt und ist verpflichtet, zur Umsetzung des Aktionsplans in den

verschiedenen Bereichen ihres Zuständigkeitsbereichs, einschließlich Wanderbewegungen,

Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen, beizutragen.

3. Die Versammlung erkennt an, dass die Notwendigkeit besteht, ihre Aktivitäten auf dem

Gebiet der Wanderbewegungen, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen neu zu orientieren,

um der sich entwickelnden Rolle des Europarates im Lichte der politischen,

menschenrechtlichen und demokratischen Herausforderungen, vor denen man in Europa

steht, Rechnung zu tragen.

4. Die Versammlung beabsichtigt, im Lichte der in der Warschauer Erklärung und des

Warschauer Aktionsplans niedergelegten Prioritäten ihre Aktivitäten auf dem Gebiet der

Wanderbewegungen, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen auf folgende prioritäre Aktionen

zu konzentrieren:

4.1. die Stärkung der Rechte der Migranten, Flüchtlinge, Asylsuchenden und

Vertriebenen und die Gewährleistung, dass der sie betreffende rechtliche Rahmen

ihre Rechte umfassend wahrt und die Kernwerte des Europarates aufrecht erhält;

4.2. die Förderung des interkulturellen Dialogs und der Toleranz und die Gewährleistung

der Integration von Einwanderergemeinschaften in ihre Gastgesellschaften;

4.3. die Bewältigung der Migration, darunter der regulären und der irregulären, unter

Gewährleistung eines effektiven Zugangs zu einem fairen Asylverfahren für
7
Versammlungsdebatte am 28. Juni 2006 (20. Sitzung) (siehe Dok. 10868, Bericht des Ausschusses für

Wanderbewegungen, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen, Berichterstatter: Herr Hagberg). Von der Versammlung am

28. Juni 2006 verabschiedeter Text (20. Sitzung).

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 37 – Drucksache 16/3400

Personen, die internationalen Schutz benötigen sowie unter Wahrung der

unterschiedlichen Bedürfnisse der Herkunfts-, Transit- und Zielländer.

5. Die Versammlung beabsichtigt, ihre Zusammenarbeit mit externen Partnern zu verstärken,

die auf dem Gebiet der Wanderbewegungen, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen tätig

sind. Sie wird in dieser Hinsicht

5.1. eng mit den Herkunfts-, Transit- und Zielländern zusammenarbeiten unter Nutzung

Parlamentarischer Foren für Migration wie die für den Mittelmeer-, den asiatischen

und den amerikanischen Raum;

5.2. die Zusammenarbeit mit den nationalen Parlamenten ausweiten, insbesondere mit

den zuständigen Ausschüssen, durch den Austausch relevanter Informationen und die

Durchführung gemeinsamer Veranstaltungen, wo immer dies möglich ist;

5.3. die Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament (EP) aufbauen, insbesondere

mit seinem Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, durch den

Austausch von Informationen, die Durchführung gemeinsamer Sitzungen und die

Teilnahme an besonderen Aktivitäten;

5.4. ihre Beziehungen zu relevanten Agenturen der Vereinten Nationen, darunter unter

anderem dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR), der

Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) und dem Amt der Vereinten Nationen für

humanitäre Angelegenheiten (OCHA) stärken durch regelmäßige Kontakte, die

Teilnahme an Aktivitäten und die Ausarbeitung gezielter Berichte über die

institutionellen Aktivitäten dieser Organisationen, die für die Parlamentarische

Versammlung relevant sind;

5.5. eine weitere Zusammenarbeit, Konsultation und Transparenz mit einer Reihe anderer

Regierungs- und Nichtregierungsorgansiationen anstreben, darunter der

Internationalen Organisation für Wanderung (IOM), dem Internationalen Komitee

vom Roten Kreuz (IKRK), dem Internationalen Verband der nationalen Rotkreuz

und Roter-Halbmond-Gesellschaften, Gewerkschafts- und Arbeitgebervertretern

sowie nationalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen.

6. Die Versammlung beabsichtigt, ihre Beziehungen zu anderen Sektoren des Europarates zu

stärken, die sich mit Fragen im Hinblick auf Wanderbewegungen, Flüchtlings- und

Bevölkerungsfragen beschäftigen, insbesondere über eine aktive Beteiligung an der

sekretariatsübergreifenden Task Force für Migration, durch die Einladung an relevante

zwischenstaatliche Ausschüsse und andere Organe des Europarates, sich an der Arbeit der

relevanten Ausschüsse der Parlamentarischen Versammlung zu beteiligen sowie durch das

Spielen einer aktiven Rolle bei den regelmäßigen Sitzungen der vom Ministerkomitee

eingesetzten Politischen Plattform für Migration.

Drucksache 16/3400 – 38 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Entschließung 1512 (2006)
8

betr.

die Einigkeit der Parlamente bei der Bekämpfung häuslicher Gewalt gegen Frauen

1. Die Versammlung beklagt das Aufleben häuslicher Gewalt gegen Frauen in Europa, ein

Problem, von dem jeder einzelne Mitgliedstaat des Europarates betroffen ist und wodurch es

zu schwer wiegenden Menschenrechtsverletzungen kommt. Sie betont, dass häusliche

Gewalt keine geografischen Grenzen und keine Altersgrenze kennt, nicht einer bestimmten

Rasse vorbehalten ist und in jeder Art von Familienbeziehung und in jedem sozialen Milieu

auftritt.

2. Häusliche Gewalt ist gekennzeichnet durch gewalttätiges Verhalten unterschiedlicher Form

– körperlich, sexuell oder psychisch – oder kann auf finanzieller Abhängigkeit beruhen. Sie

ist eine der am weitesten verbreiteten Verletzungen der Menschenrechte und muss in allen

Mitgliedstaaten des Europarates bekämpft werden. Die Versammlung weist alle Argumente

auf der Grundlage eines kulturellen oder religiösen Relativismus zurück, der die Staaten

dazu veranlassen würde, sich ihrer Verpflichtung zur Beseitigung aller Formen der Gewalt

gegen Frauen zu entziehen.

3. Die Versammlung begrüßt es, dass die Staats- und Regierungschefs positiv reagiert haben

und die Durchführung einer gesamteuropäischen Kampagne zur Bekämpfung der Gewalt

gegen Frauen, einschließlich der häuslichen Gewalt, in dem Aktionsplan vorsehen, der auf

dem Warschauer Gipfel (16./17. Mai 2005) beschlossen wurde und dass das

Ministerkomitee entschieden hat, diese Kampagne solle Ende 2006 beginnen. Die

Versammlung ist entschlossen, bei dieser Initiative, insbesondere durch Entwicklung der

parlamentarischen Dimension, ihre Rolle zu übernehmen.

4. In diesem Zusammenhang beschließt die Parlamentarische Versammlung in der Über-

zeugung, dass die nationalen Parlamente bei der Verhütung häuslicher Gewalt, der

Unterstützung der Opfer und der Information der breiten Öffentlichkeit eine entscheidende

Rolle spielen können, um in Zusammenarbeit mit den nationalen Parlamenten der

Mitgliedstaaten, den Parlamenten mit Beobachterstatus bei der Versammlung, dem

Europäischen Parlament und dem Nordischen Rat eine Initiative mit dem Namen „Einigkeit

der Parlamente bei der Bekämpfung häuslicher Gewalt gegen Frauen“ zu erarbeiten, die den

parlamentarischen Beitrag zur Kampagne des Europarates darstellen wird. Die

Versammlung benutzt diese Gelegenheit, die Entscheidung des Mexikanischen Kongresses

vom Juli 2005 zu begrüßen, sich an dieser Initiative der Parlamentarischen Versammlung zu

beteiligen.

5. Dementsprechend bittet die Versammlung die nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten des

Europarates und die Parlamente mit Beobachterstatus bei der Parlamentarischen

Versammlung,

5.1. am 24. November 2006 einen parlamentarischen Aktionstag zur Bekämpfung der

häuslichen Gewalt gegen Frauen abzuhalten, der mit dem Beginn der

gesamteuropäischen Kampagne des Europarates in allen Mitgliedstaaten
8
Versammlungsdebatte am 28. Juni 2006 (20. Sitzung) (siehe Dok. 10934, Bericht des Ausschusses für die

Gleichstellung von Frauen und Männern, Berichterstatterin: Frau Cliveti). Von der Versammlung verabschiedeter Text

am 28. Juni 2006 (20. Sitzung).

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 39 – Drucksache 16/3400

zusammenfällt und die Frage der Bekämpfung häuslicher Gewalt gegen Frauen zu

einem zentralen Thema des Internationalen Tags gegen Gewalt an Frauen 2006 zu

machen, um

5.2. am 24. November 2006 eine feierliche Erklärung anzunehmen, in der das Engage-

ment der nationalen Parlamente für die Bekämpfung häuslicher Gewalt gegen Frauen

bekräftigt wird;

5.3. sich aktiv an der Vorbereitung, dem Start und der Umsetzung der parlamentarischen

Dimension der gesamteuropäischen Kampagne von 2006 bis 2008 zu beteiligen,

indem in diesem Rahmen ein Zeitplan der Aktivitäten erstellt wird, mit denen

häusliche Gewalt gegen Frauen bekämpft werden soll;

5.4. Parlamentsabgeordnete zu ermutigen, zu der Bekämpfung häuslicher Gewalt gegen

Frauen eine individuelle und öffentliche Position zu beziehen, wann immer sie dazu

Gelegenheit haben;

5.5. öffentliche und parlamentarische Aussprachen zu organisieren, bei denen häusliche

Gewalt verurteilt wird und parlamentarische Debatten zur Prüfung und Bewertung

der Effektivität der Gesetzgebung anderer auf Gewalt in der Familie bezogener

Maßnahmen abzuhalten;

5.6. geeignete gesetzgeberische und budgetäre Maßnahmen und nationale Pläne an-

zunehmen, um häuslicher Gewalt gegen Frauen ein Ende zu setzen, unter anderen,

soweit solche Maßnahmen nicht schon bestehen, indem Vergewaltigung in der Ehe

genau wie andere Formen der Vergewaltigung zu einer Straftat gemacht werden und

für die Entfernung eines gewalttätigen Ehegatten aus der ehelichen Wohnung gesorgt

wird;

5.7. sicherzustellen, dass bereits angenommene Gesetze und Maßnahmen in zufrieden-

stellender Form angewandt werden, gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit den

öffentlichen Akteuren und den auf diesem Gebiet tätigen

Nichtregierungsorganisationen;

5.8. die Behörden darin zu bestärken, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um

effektiv und öffentlich gegen häusliche Gewalt vorzugehen, insbesondere indem den

Opfern häuslicher Gewalt und ihren Kindern Zufluchtsstätten geboten, Opfern

häuslicher Gewalt in Polizeiwachen Unterstützungsangebote gemacht, die

entsprechenden Mitarbeiter (im Gesundheitswesen, bei der Polizei, der Justiz, bei

Sozialdiensten und in Bildungseinrichtungen usw.) geschult werden und dafür

gesorgt wird, dass Beschwerden von Frauen von der Polizei ernst genommen

werden, sowie für die Gewalttäter Behandlungszentren eingerichtet und Statistiken

erstellt werden, die nach dem Geschlecht, der Art der Gewalttätigkeit und der

Beziehung zwischen Täter und Opfer aufgegliedert sind;

5.9. die Hindernisse zu ermitteln, die einer Umsetzung der in der Empfehlung Rec (2002)

5 des Ministerkomitees an die Mitgliedstaaten enthaltenen Normen für den Schutz

von Frauen vor Gewalt entgegenstehen;

5.10. auf nationaler Ebene eine inländische Informations- und Präventionskampagne über

Gewalt einzuleiten und mithilfe von Fachleuten eine Kampagne zur Erkennung von

Opfern häuslicher Gewalt zu beginnen;

Drucksache 16/3400 – 40 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

5.11. alle Anstrengungen zu unternehmen, um die verabschiedeten Gesetzgebungs-

maßnahmen und die bestehenden Regelungen zur Unterstützung der Opfer häuslicher

Gewalt der breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen;

5.12. Gruppen von Frauen besondere Aufmerksamkeit zu schenken, wie die Gefahren und

Folgen häuslicher Gewalt mehr als andere ausgesetzt sind, vor allem Frauen in und

aus Migrantengemeinschaften, Sinti und Roma, Frauen anderer ethnischer

Minderheiten, Schwangere, behinderte oder gefährdete Frauen, Frauen in prekären

Situationen oder Frauen, die mit Alkohol oder Drogenproblemen zu kämpfen haben.

6. Die Versammlung ruft die nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten des Europarates und

die Parlamente mit Beobachterstatus bei der Parlamentarischen Versammlung dazu auf, die

gesamte europäische Kampagne des Europarates zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen,

einschließlich der häuslichen Gewalt, auf folgende Weise zu unterstützen:

6.1. durch Finanzierung spezifischer nationaler und europäischer Aktivitäten auf inter-

gouvernementaler, parlamentarischer, lokaler und regionaler Ebene;

6.2. durch Anweisung an ihre Regierungen, für Initiativen auf nationaler Ebene Mittel

bereitzustellen, um häusliche Gewalt zu bekämpfen und Opfern beizustehen und in

ihre internationalen Kooperationsprogramme die Unterstützung für die Einführung

oder den Ausbau von Regelungen aufzunehmen, mit denen häusliche Gewalt in den

Mitgliedstaaten des Europarates und den Beobachterstaaten bekämpft werden kann;

6.3. durch Unterstützung lokaler NRO bei der Bekämpfung häuslicher Gewalt und

Sicherstellung, dass diese in parlamentarische Aussprachen über die Erarbeitung von

Gesetzen und Regulierungsmaßnahmen einbezogen werden;

6.4. durch Ermöglichung von Studienaufenthalten von Mitgliedern nationaler Parlamente

sowie der Parlamente von Beobachterstaaten beim Europarat, um einen Austausch

über eine gute Praxis in diesem Bereich vorzunehmen und/oder durch technische

Hilfe für Parlamente, die ihren rechtlichen Rahmen im Hinblick auf häusliche

Gewalt zu verbessern wünschen;

6.5. durch Ernennung eines Parlamentsabgeordneten, der als Kontaktperson im

Verhältnis zwischen den nationalen Parlamenten des jeweiligen Mitgliedstaats und

der Versammlung fungiert und bei der Förderung der Umsetzung der Kampagne der

Versammlung auf nationaler Ebene eine führende Rolle spielt, wobei sicherzustellen

ist, dass der betreffende Abgeordnete eine angemessene Unterstützung durch ein

Sekretariat erhält;

6.6. durch Ermutigung der lokalen und regionalen Behörden zur Umsetzung der gesamt-

europäischen Kampagne des Europarates auf lokaler und regionaler Ebene und zur

Abhaltung von Seminaren mit Vertretern des medizinischen und medizinischen

Assistenzsektors, des Bildungsbereichs, der Polizei, sozioprofessioneller Gruppen,

die hauptsächlich mit Frauen zusammenarbeiten, Gewerkschaften und

Nichtregierungsorganisationen zur Frage der häuslichen Gewalt;

6.7. durch Ermutigung der Medien zur Unterstützung der gesamteuropäischen Kampagne

des Europarates und Hervorhebung des Umstands, dass die Verbreitung von

Klischeevorstellungen über Frauen ein Faktor sein kann, der zur Banalisierung der

häuslichen Gewalt beiträgt.

7. Die Versammlung begrüßt den Bericht über die „aktuelle Lage bei der Bekämpfung von

Gewalt gegen Frauen und in Bezug auf jede künftige Aktion“, der am 2. Februar 2006 von

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41 – Drucksache 16/3400

dem Europäischen Parlament angenommen wurde und lädt dazu ein, sich der Initiative der

Parlamentarischen Versammlung „Einigkeit der Parlamente bei der Bekämpfung häuslicher

Gewalt gegen Frauen“ anzuschließen, um häusliche Gewalt als unannehmbare

Menschenrechtsverletzung zu verurteilen und bei den Behörden und in der breiten

Öffentlichkeit in der Europäischen Union das Bewusstsein für die Notwendigkeit zu

wecken, häusliche Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen.

8. Die Versammlung ruft internationale und regionale interparlamentarische Organisationen,

insbesondere die Interparlamentarische Union, den Nordischen Rat, das Forum der

Parlamente kleiner europäischer Staaten sowie das Netzwerk weiblicher Abgeordneter des

Stabilitätspakts für Südosteuropa dazu auf, sich an der Initiative der Parlamentarischen

Versammlung „Einigkeit der Parlamente bei der Bekämpfung häuslicher Gewalt gegen

Frauen“ zu beteiligen.

Entschließung 1513 (2006)
9

betr.

die Verfassungsreform in Bosnien und Herzegowina

1. Seit dem Beitritt von Bosnien und Herzegowina zum Europarat im April 2002 sind beim

Aufbau eines stabilen, funktionsfähigen und effizienten Staates langsame, aber stetige

Fortschritte erzielt worden. Beispiele sind die Errichtung eines Gerichtshofs auf der Ebene

des Gesamtstaats und die Übertragung von Zuständigkeiten von den Gebietseinheiten

(Entitäten) auf den Gesamtstaat auf den Gebieten der Verteidigung, der Nachrichtendienste,

des Gerichtswesens, der indirekten Besteuerung und der anstehenden Polizeireform auf der

Basis der Grundsätze, auf die sich im Oktober 2005 alle Parlamente auf der Ebene der

Teilstaaten wie des Gesamtstaats verständigt haben.

2. Bisher haben die anhaltende Schwäche des Staates und die verfassungsrechtliche

Notwendigkeit, auf jeder Ebene zwischen den drei staatstragenden Volksgruppen für

uneingeschränkte Gleichheit zu sorgen, zu einer Lage geführt, in der rund 60% des BIP

immer noch auf die Aufrechterhaltung des Apparats des Gesamtstaats und der

Gebietseinheiten verwandt werden: Auf gesamtstaatlicher Ebene gibt es drei rotierende

Präsidenten, 13 Ministerpräsidenten, mehr als 180 Minister, 760 Mitglieder verschiedener

gesetzgebender Körperschaften und 148 Gemeinden. Darüber hinaus hat die freiwillige oder

erzwungene Übertragung einer Reihe von Zuständigkeiten auf die gesamtstaatliche Ebene

nicht zu einem entsprechenden Abbau des Apparats in den Gebietseinheiten geführt.

3. Die Versammlung erinnert daran, dass ein grundlegendes Ziel der Mitgliedschaft von

Bosnien und Herzegowina im Europarat in der Förderung der inländischen Eigen-

verantwortung („Ownership“) und des Gefühls besteht, für Reformen zuständig zu sein.

Ebenso erinnert sie an ihre Entschließung 1383 (2004), in der sie die Behörden und die

politischen Kräfte in dem Land nachdrücklich dazu aufforderte, zu der Frage der

Verfassungs-reform einen konstruktiven Dialog aufzunehmen.

9
Versammlungsdebatte am 29. Juni 2006 (21. Sitzungsperiode) (siehe Dok. 10982, Bericht des Ausschusses über die

Einhaltung der Pflichten und Verpflichtungen der Mitgliedstaaten des Europarates (Überwachungsausschuss),

Koberichterstatter: Herr Mevlüt Çavuúo÷lu und Herr Kimmo Sasi). Von der Versammlung am 29. Juni 2006
(21. Sitzungsperiode) verabschiedeter Text.

Drucksache 16/3400 – 42 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

4. Die Eröffnung von Verhandlungen über ein Stabilisierungs- und Assoziierungs-abkommen

mit der Europäischen Union kurz vor dem 10. Jahrestag des Friedensabkommens von

Dayton im November 2005 lässt Maßnahmen als noch notwendiger erscheinen, um auf die

allgemein anerkannte Notwendigkeit einzugehen, staatliche Institutionen zu stärken, die zur

Zeit noch zu schwach sind, um Bosnien und Herzegowina eine weitere Integration in Europa

zu ermöglichen.

5. Die Venedig-Kommission hatte schon im März 2005 auf Ersuchen der Parlamentari-schen

Versammlung Optionen für eine weit reichende Verfassungsreform unterbreitet.

Konsultationen zwischen den Führern der wichtigsten politischen Parteien in Bosnien und

Herzegowina, die von den USA gefördert und unter ständiger Begleitung durch die

Venedig-Kommission durchgeführt wurden, ergaben eine politische Verständigung auf eine

Verfassungsreform, die sechs Parteien am 18. März 2006 schließlich zu Stande brachten und

dem Parlament vorlegten.

6. Das Reformpaket sah unter anderem eine Erhöhung der Zahl der Mitglieder des

Abgeordnetenhauses des Gesamtstaats (von 42 auf 87 sowie 3 Sitze, die erstmals Vertretern

nicht staatstragender Volksgruppen, den so genannten „Sonstigen“, vorbehalten sein sollten)

vor. Das Oberhaus, die Kammer der Völker, soll danach 21 an Stelle von 15 Mitgliedern

haben und als alleinige Zuständigkeit über ein Veto bei lebenswichtigen nationalen

Interessen verfügen, das von jedem der drei staatstragenden Volksgruppen geltend gemacht

werden kann. Die Reform sieht auch die indirekte Wahl eines Präsidenten des Gesamtstaats,

wobei die drei Mitglieder alle 16 Monate statt wie im Augenblick alle 8 Monate wechseln

würden sowie die Errichtung von zwei zusätzlichen Ministerien auf Gesamtstaatsebene und

eine Stärkung der Zuständigkeiten des Ministerrats vor.

7. Auch wenn manche diese Verfassungsänderungen als weder umfassend noch besonders weit

reichend angesehen haben mögen, ist die Versammlung der Auffassung, dass sie dennoch

einen ersten Versuch der Bürger von Bosnien und Herzegowina und ihrer Vertreter

darstellen, ihre Zukunft in die eigenen Hände zu nehmen und dementsprechend begrüßt

werden sollten.

8. Die Versammlung bedauert es deshalb zutiefst, dass es dem Parlament von Bosnien und

Herzegowina am 26. April 2006 wegen nur zwei fehlender Stimmen nicht gelang, im

Abgeordnetenhaus die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit für die Annahme der

Verfassungsänderungen zu erreichen.

9. Die Versammlung stellt außerdem fest, dass die gescheiterten Änderungsanträge zum 1. Mai

in Kraft treten sollten – fünf Monate vor den nächsten Parlamentswahlen in Bosnien, die für

den 1. Oktober 2006 angesetzt worden waren. Es ist mittlerweile klar, dass die neue

Regierung gebildet und mit großer Wahrscheinlichkeit während ihres gesamten vierjährigen

Mandats arbeiten können wird, und zwar auf der Grundlage der derzeitigen Verfassung, die

Bestandteil des Friedensabkommens von Dayton von 1995 war.

10. Dementsprechend werden die anstehenden Wahlen gegen die Verpflichtungen des

Europarates verstoßen, insbesondere gegen Protokoll Nr. 12 der Europäischen Menschen-

rechtskonvention über das Verbot der Diskriminierung, denn einmal mehr werden sich nur

Serben, Bosnier und Kroaten bei der Wahl der Mitglieder der Präsidentschaft und der

indirekten Wahl der Abgeordneten der Kammer der Völker zur Wahl stellen können, anders

als die so genannten „Sonstigen“, d.h. jeder, der sich nicht mit einem der drei

staatstragenden Völker identifiziert.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 43 – Drucksache 16/3400

11. Die Versammlung bedauert außerdem, dass das Scheitern des ersten Versuchs einer

Verfassungsreform und das Ergebnis der Volksbefragung in Montenegro am 21. Mai 2006

von einigen innenpolitischen Kräften im derzeitigen Wahlkampf gröblich missbraucht

werden: Nationalismus, Hass auf andere Volksgruppen und Misstrauen stehen wieder hoch

oben auf der politischen Agenda. Das ist umso bedauerlicher, als Bosnien und Herzegowina

sich weiterhin einer düsteren Wirtschaftslage gegenübersieht, die sich negativ auf den

gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Beziehungen zwischen den Volksgruppen sowie

die nachhaltige Rückkehr von Binnenvertriebenen auswirkt.

12. Die Versammlung verurteilt insbesondere die jüngsten Erklärungen der Stellen der

Republika Srpska, denen zufolge die Serben in Bosnien und Herzegowina ganz wie die

Montenegriner ein Recht auf Selbstbestimmung haben sollten: Für ein Abspaltungs-

referendum in der Republika Srpska gibt es keine verfassungsrechtliche Grundlage, und die

bereits gesammelten rund 50 000 Unterschriften, mit denen ein solches Referendum verlangt

wird, sind rechtlich unwirksam.

13. Die Versammlung verurteilt außerdem die Ablehnung der serbischen Vertreter, sich in

sinnvoller Weise an der Arbeit des Lenkungsgremiums des Police Reform Directorate zu

beteiligen, dem die Umsetzung der politischen Vereinbarungen vom Oktober 2005 über die

Polizeireform übertragen wurde und ebenso die jüngste Entscheidung (24. Mai) serbischer

Parlamentarier, die Arbeit des Abgeordnetenhauses zu boykottieren, wodurch die Annahme

dringend benötigter Gesetze verhindert wird, so die des Gesamtstaatsgesetzes über das

Hochschulwesen, eine der nicht erfüllten Verpflichtungen gegenüber dem Europarat.

14. Die Versammlung ist der Auffassung, dass, bevor die Zuständigkeit für die Führung des

Staates in vollem Umfang den inländischen Behörden übertragen wird – hoffentlich bis Juni

2007 –, die politischen Kräfte des Landes unbedingt eine Alternative zu der anhaltenden

Konfrontation und der Obstruktionspolitik finden müssen, die das politische Leben in

Bosnien bisher bestimmt haben.

15. Die Versammlung ist der festen Überzeugung, dass der einzige realistische Ausweg aus der

derzeitigen verfassungsrechtlichen Sackgasse Bosniens für die drei staatstragenden Völker

und ihre Vertreter darin besteht, ihre Kriegsmentalität hinter sich zu lassen. Serben, Bosnier

und Kroaten müssen sich gemeinsam zu einem offenen Dialog über alle strittigen Fragen

bereit finden: Das bleibt eine Vorbedingung für die Ermittlung umfassender und innovativer

Lösungen im Hinblick auf eine künftige Verfassungsreform.

16. Alle Bürger von Bosnien und Herzegowina, die auch die Staatsangehörigkeit eines

Nachbarstaats haben, müssen erkennen, dass sie nicht nur Rechte beanspruchen können,

sondern gegenüber dem Staat Bosnien und Herzegowina auch Verpflichtungen haben.

Ebenso müssen gesellschaftlich verantwortungsbewusste Bürger von Bosnien und

Herzegowina ihre Ernüchterung über den politischen Prozess aufgeben und sich auf diesen

stattdessen uneingeschränkt einlassen.

17. Auch wenn es wahrscheinlich nicht realistisch wäre, von Bosnien und Herzegowina den

schnellen Übergang von einem auf der ethnischen Vertretung beruhenden System zu einer

Struktur zu erwarten, die auf der Vertretung von Bürgern aufbaut, wäre die Erarbeitung

einer völlig neuen Verfassung auf lange Sicht mit Sicherheit dem Versuch vorzuziehen, die

Verfassung von Dayton zu verbessern.

18. Als ersten Schritt erwartet die Versammlung von den Menschen und den Politikern in

Bosnien und Herzegowina die erneute Erörterung einer Verfassungsreform sofort nach den

Parlamentswahlen vom Oktober und, wenn sie beschließen, dies auf der Grundlage der

Drucksache 16/3400 – 44 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

bisher vereinbarten Vorschläge zu tun, zumindest im Abgeordnetenhaus die Abstimmung

nach Gebietseinheiten abzuschaffen und die entscheidenden nationalen Interessen und den

entsprechenden Vetomechanismus genauer zu umreißen. In dieser Hinsicht fordert die

Versammlung das Abgeordnetenhaus nachdrücklich auf, die verschiedenen Empfehlungen

zu berücksichtigen, die von der Venedig-Kommission in ihrer vorläufigen Stellungnahme

vom 7. April 2006 abgegeben wurden – sowohl im Hinblick auf den Wortlaut der

abgelehnten Änderungsanträge als auch in Bezug auf die in der nächsten Phase der

Verfassungsreform einzuleitenden Schritte.

19. Die Versammlung erwartet von den politischen Führern, die bei den nächsten Wahlen als

Sieger hervorgehen werden, endlich über sektiererische politische Trennlinien hinaus zu

gehen und die Interessen der Bürger über alles zu stellen. Es geht nicht weiter an, dass auf

staatlicher Ebene neben den vielfältigen bürokratischen Regelungen auf der unteren Ebene

einfach zusätzliche Verwaltungsebenen eingezogen werden. Insbesondere wird möglichst

bald die Lage in der Föderation von Bosnien und Herzegowina mit ihren 10 Kantonen

angepackt werden müssen.

20. Als zweiten Schritt fordert die Versammlung darum die Behörden von Bosnien und

Herzegowina nachdrücklich auf, spätestens bis Oktober 2011 eine neue Verfassung zu

erarbeiten und anzunehmen, um

20.1. die Mechanismen der ethnischen Vertretung durch eine Repräsentation nach dem

Bürgerprinzip zu ersetzen, insbesondere durch Abstellung der verfassungsrechtlichen

Diskriminierung der „Sonstigen“;

20.2. effiziente und rationale Entscheidungsmechanismen zu finden, die nicht darunter

leiden, dass bei jeder beliebigen Entscheidung grundsätzlich Vertreter jeder

Volksgruppe einbezogen werden müssen;

20.3. die territoriale Gliederung des Staates und seine Aufteilung in Gebietseinheiten,

Kantone und Gemeinden sowie die Zuständigkeitsverteilung zwischen dem Staat und

den unteren Ebenen zu überprüfen, um die Effizienz und die Nachhaltigkeit zu

steigern;

20.4. zu untersuchen, wie der Brþko-Distrikt einbezogen werden kann.
21. Die Versammlung forderte die Behörden von Bosnien und Herzegowina außerdem

nachdrücklich auf, möglichst bald auf gesamtstaatlicher Ebene wie auch in den Gebiets-

einheiten die Gesetze anzunehmen und/oder umzusetzen, die erforderlich sind, um die

verbleibenden Verpflichtungen gegenüber dem Europarat zu erfüllen, insbesondere

21.1. die Gesetze über das Hochschulwesen, zu denen eine Akkreditierung und

Finanzierung auf gesamtstaatlicher Ebene gehören sollte;

21.2. das gesamtstaatliche Gesetz über das Grund- und Sekundarschulwesen, um der

ethnischen Trennung in den Schulen ein Ende zu setzen;

21.3. die Rechtsvorschriften über ein nachhaltiges öffentliches Rundfunkangebot;

21.4. die Polizeireform entsprechend den drei von der EU-Kommission festgelegten

Grundsätzen;

21.5. die Reformen der Kommunalverwaltung – insbesondere in der Föderation – und die

Wiedervereinigung von Mostar;

21.6. die für einen effektiven Schutz der Rechte aller Minderheiten erforderlichen Gesetze;

21.7. die Errichtung eines Obersten Gerichtshofes auf gesamtstaatlicher Ebene, um die

Reform des Gerichtswesens voranzubringen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 45 – Drucksache 16/3400

22. Die Versammlung erinnert die Behörden von Bosnien und Herzegowina außerdem daran,

dass die revidierte Europäische Sozialcharta, die Charta zum Schutz von Regional- und

Minderheitensprachen und das Europäische Rahmenübereinkommen über die grenzüber-

schreitende Zusammenarbeit noch ratifiziert werden müssen und dass die Arbeiten zur

Überprüfung der Vereinbarkeit der gesamten Gesetzgebung mit den Bestimmungen der

Europäischen Menschenrechtskonvention unverzüglich abgeschlossen werden sollten.

23. Die Versammlung erinnert ferner daran, dass die Zusammenarbeit mit dem Internationalen

Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien und die Verhaftung der Herren Karadžiü and
Mladiü Voraussetzungen für jede künftige demokratische Entwicklung in dem Lande
darstellen. Die Abhaltung einer Volkszählung spätestens bis 2010 und die Einsetzung einer

Wahrheits- und Versöhnungskommission sollten ebenfalls auf der Tagesordnung der

nächsten Regierung stehen.

Entschließung 1514 (2006)
10

betr.

die Folgen des Referendums in Montenegro

1. Nach dem Referendum über den Staatenstatus von Montenegro vom 21. Mai 2006 und der

Unabhängigkeitserklärung, die die Nationalversammlung Montenegros am 3. Juni 2006

verabschiedete, wurde die Staatenunion Serbien-Montenegro aufgelöst und Montenegro zu

einem unabhängigen und souveränen Staaten mit voller internationaler Rechtspersönlichkeit.

Diese Entscheidung, die auf demokratische Art und Weise getroffen wurde, muss respektiert

werden.

2. Die Parlamentarische Versammlung beglückwünscht Montenegro und Serbien zu der

friedlichen Art und Weise, mit der die Auflösung erfolgte. Dieser Prozess illustriert die

Bereitschaft beider Staaten, die europäischen Werte zu respektieren, und ist umso

bedeutsamer vor dem Hintegrund des Konflikts und des Blutvergießens, die die Bildung

unabhängiger Staaten auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens begleiteten. Montenegro

sollte ebenso für seine gute Organisation des Referendums gelobt werden, das im Einklang

mit den relevanten internationalen Normen stattfand.

3. Die Versammlung hofft, dass das Ergebnis des Referendums dadurch, dass den

Unabhängigkeitsbestrebungen Montenegros Genüge getan und so das Ende der Auflösung

des ehemaligen Jugoslawien als Föderation markiert wurde, zur weiteren regionalen

Stabilisierung des westlichen Balkans beitragen wird.

4. Die kommenden Monate werden jedoch mit entmutigenden Herausforderungen für die

beiden betroffenen Staaten beladen sein, und zwar sowohl intern, auf internationaler Ebene

als auch in ihren bilateralen Beziehungen.

5. Montenegro wird mit der Ausarbeitung einer neuen Verfassung und mit der Reform seiner

Institutionen und Verwaltungsstrukturen beschäftigt sein. Ein Prozess des konstruktiven

Dialogs wird mit denjenigen politischen Kräften eingeleitet werden müssen, die für die

Beibehaltung der Staatenunion waren, sich weiterhin weigern, die Ergebnisse des

Referendums anzuerkennen und das Parlament bisher boykottiert haben. Die im kommenden
10

Versammlungsdebatte am 29. Juni 2006 (22. Sitzung) (siehe Dok. 10980, Bericht des Politischen Ausschusses,

Berichterstatter: Lord Russell-Johnston). Von der Versammlung verabschiedeter Text am 29. Juni 2006 (22. Sitzung).

Drucksache 16/3400 – 46 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Herbst anstehenden Parlamentswahlen werden in dieser Hinsicht ein wichtiger Test für die

demokratische Lebensfähigkeit des neuen unabhängigen Staates sein.

6. Die Versammlung beschließt, Montenegro bei der Bewältigung der anstehenden

Herausforderungen zu helfen, noch bevor eine endgültige Entscheidung im Hinblick auf

seinen Mitgliedschaftsantrag im Europarat gefallen ist, der in zwei Schreiben des

Außenministers von Montenegro an den Generalsekretär des Europarates vom 6. und 12.

Juni 2006 dargelegt wurde. Die Teilnahme einer parlamentarischen Ad-hoc-Delegation

Montenegros an der dritten Teilsitzung stellt einen Schritt in die richtige Richtung dar.

7. Die Versammlung begrüßt ferner die von Montenegro in seinem Mitgliedschaftsantrag

geäußerte Verpflichtung, alle Übereinkommen und Protokolle des Europarates zu

respektieren und umzusetzen, die von der Staatenunion Serbien-Montenegro unterzeichnet

und ratifiziert worden waren. Die Versammlung lobt ebenfalls die Entscheidung des

Ministerkomitees, als Interimsmaßnahme Vertreter der Regierung Montenegros einzuladen,

sich an seinen Sitzungen zu beteiligen und an allen intergouvernementalen

Sachverständigenausschüssen als Beobachter teilzunehmen.

8. Die Versammlung nimmt außerdem die Entscheidung der Europäischen Union und ihrer

Mitgliedstaaten positiv zur Kenntnis, ihre Beziehungen zur Republik Montenegro als einem

souveränen, unabhängigen Staat weiter zu entwickeln sowie Montenegros jüngste

Aufnahme als Teilnehmerstaat der OSZE und seine Mitgliedschaft der Vereinten Nationen.

9. Die Versammlung wird keine Anstrengungen scheuen, Serbien zu helfen, wo die Gefahr

besteht, dass die zahlreichen Herausforderungen, vor denen es heute inmitten eines Klimas

der politischen Instabilität steht, das Gefühl der Isolierung und der Frustration unter den

serbischen Bürger und die Unterstützung der radikalen nationalistischen Kräfte weiter

anwachsen lassen würden. Es ist für Serbien jetzt an der Zeit, sich auf seine eigenen

Prioritäten zu konzentrieren, wie die, die Verfassung der Milosevic-Ära zu ersetzen,

dringend benötigte Reformen einzuleiten, das Problem der neuen Ministerien zu lösen, vor

allem die des Außen- und des Verteidigungsministeriums, den künftigen Status des Kosovo

zu verhandeln und mit den Folgen der Aussetzung der Verhandlungen mit der Europäischen

Union über ein Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen fertig zu werden, da es die

Anforderungen des Internationalen Strafgerichtshofes für das ehemalige Jugoslawien nicht

erfüllt hat.

10. Als Nachfolgestaat der Staatenunion Serbien-Montenegro ist Serbien weiterhin Mitglied im

Europarat. Seine Pflichten und Verpflichtungen werden jedoch erneut geprüft und neu

definiert werden, um sie der neuen Situation anzupassen.

11. Was die bilateralen Beziehungen zwischen Montenegro und Serbien anbelangt, bekräftigt

die Versammlung nachdrücklich die Wichtigkeit, dass beide Länder freundliche und

gutnachbarschaftliche Beziehungen herstellen und gewährleisten, dass alle die Auflösung

der Staatenunion betreffenden Fragen so konstruktiv und verantwortungsvoll wie möglich

behandelt werden. Die Versammlung begrüßt in dieser Hinsicht die Anerkennung der

Republik Montenegro durch Serbien sowie das von der serbischen Regierung zugesagte

Versprechen, montenegrinischen Einwohnern die serbische Staatsbürgerschaft zu gewähren

und es montenegrinischen Studenten zu erlauben, ihre Studien zu denselben Bedingungen

durchzuführen wie Serben. Montenegro ist seinerseits seiner Verpflichtung nachgekommen,

serbischen Bürgern zu erlauben, ohne Visums- oder Passpflicht frei nach Montenegro

einzureisen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 47 – Drucksache 16/3400

12. Die Versammlung stellt fest, dass die Staatenunion Serbien-Montenegro infolge des von der

Europäischen Union ausgeübten Drucks einem Mindeststimmensatz von 55% zustimmte in

einem klaren politischen Versuch, die Staatenunion beizubehalten. Die Versammlung ist der

Auffassung, dass dieser Mindestsatz kein Präzedenzfall für weitere Referenden darstellen

sollte und dass der Europarat gemeinsame Kriterien für Referenden aufstellen sollte, und

zwar sowohl in Bezug auf das Ergebnis als auch auf den Mindeststimmensatz.

13. Im Lichte der vorstehenden Ausführungen beschließt die Versammlung,

13.1 auf ihr Ersuchen hin die Teilnahme einer Ad-hoc-Delegation des Parlaments von

Montenegro zu ihren Aktivitäten zuzulassen in Erwartung einer Entscheidung über

die Mitgliedschaft Montenegros im Europarat;

13.2 ihr Programm der parlamentarischen Hilfe für Serbien und Montenegro

weiterzuverfolgen und auszubauen unter Anpassung an die besonderen Bedürfnisse

der beiden Republiken;

13.3 seinen politischen Ausschuss anzuweisen, der Frage der politischen Stabilität auf

dem westlichen Balkan größtmögliche Beachtung zu schenken;

13.4 seinen Überwachungsausschuss anzuweisen,

13.4.1 die ursprünglich von der Staatenunion Montenegro eingegangenen

Verpflichtungen zu überprüfen und neu festzulegen und sie in

Zusammenarbeit mit den serbischen Behörden auf die Republik Serbien

anwendbar zu machen sowie so bald wie möglich einen Bericht vorzulegen;

13.4.2 zur Verhandlung über die Verpflichtungen beizutragen, die Montenegro bei

seinem Beitritt eingehen wird unter vollständiger Berücksichtigung der

anwendbaren Verpflichtungen, die die Staatenunion 2003 einging sowie

derer, die logischerweise aus den anfänglichen Verpflichtungen sowie den

Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Satzung des Europarates

herrühren, welche auf die derzeitige Situation anwendbar sind;

13.4.3 seinen Ausschuss für Wanderbewegungen, Flüchtlings- und

Bevölkerungsfragen anzuweisen, die Frage der Vertreibungen auf dem

Balkan weiter zu verfolgen und zu einem geeigneten Zeitpunkt Bericht zu

erstatten.

14. Die Versammlung ruft Montenegro ebenfalls dazu auf,

14.1 seine Institutionen und Verwaltungsstrukturen zu reformieren, um sie seinem neuen

Status als ein unabhängiger Staat so effizient und demokratisch wie möglich

anzupassen, unter umfassender Zusammenarbeit mit dem Europarat und anderen

internationalen Organisationen;

14.2 das effiziente Funktionieren des Parlaments in einem Geiste des konstruktiven und

umfassenden Dialogs unter den politischen Kräften zu gewährleisten, einschließlich

derer, die die Ergebnisse des Referendums zurückweisen;

14.3 so bald wie möglich eine neue Verfassung zu verabschieden, die vollständig im

Einklang mit den Normen des Europarates steht und unter Hinzuziehung der

Venedig-Kommission;

Drucksache 16/3400 – 48 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

14.4 freie und faire Parlamentswahlen unter internationaler Beobachtung zu veranstalten

und durchzuführen;

14.5 die den serbischen Bürgern zugesagten Rechte gesetzlich und in der Praxis zu

garantieren;

14.6 den Schutz nationaler Minderheiten zu gewährleisten;

14.7 sicherzustellen, dass sich keine Lücken bei diesem Schutz für die auf seinem

Staatsgebiet lebenden Binnenvertriebenen ergeben, auch die aus dem Kosovo

stammenden und Flüchtlinge, ungeachtet ihres ethnischen Ursprungs, und alle

geeigneten Maßnahmen zu treffen, um eine Staatenlosigkeit zu vermeiden;

14.8 die Justizreform abzuschließen;

14.9 Korruption, organisiertes Verbrechen und Menschenhandel effizient zu bekämpfen;

14.10 eine umfassende Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das

ehemalige Jugoslawien zu gewährleisten und Programme durchzuführen, die auf die

Stärkung des öffentlichen Verständnisses und die Akzeptanz seiner Ziele

ausgerichtet sind;

14.11 sich zu bemühen, alle Voraussetzungen für die Unterzeichung eines Stabilisierungs-

und Assoziationsabkommens mit der Europäischen Union in der nächsten Zukunft zu

schaffen.

15. Die Versammlung ruft ferner Serbien dazu auf,

15.1 seine Institutionen und Verwaltungsstrukturen zu reformieren, um sie seinem neuen

Status als ein unabhängiger Staat so effizient und demokratisch wie möglich

anzupassen, unter umfassender Zusammenarbeit mit dem Europarat und anderen

internationalen Organisationen;

15.2 so bald wie möglich eine neue Verfassung zu verabschieden, die vollständig im

Einklang mit den Normen des Europarates steht und unter Hinzuziehung der

Venedig-Kommission;

15.3 unterdessen keine Reformen zu verzögern, die innerhalb des derzeitigen

Verfassungsrahmens bereits möglich und für die Einhaltung der Pflichten und

Verpflichtungen Serbiens gegenüber dem Europarat von entscheidender Bedeutung

sind, wie die Justizreform und die Dezentralisierung;

15.4 konstruktive rechtliche und institutionelle Lösungen für die Probleme nationaler

Minderheiten und unter ethnischen Gruppen in verschiedenen Gebieten der Republik

Serbien zu finden;

15.5 eine umfassende Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das

ehemalige Jugoslawien zu gewährleisten und Programme durchzuführen, die auf die

Stärkung des öffentlichen Verständnisses und die Akzeptanz seiner Ziele

ausgerichtet sind sowie Bildungsaktivitäten und Aktivitäten zur Steigerung des

Bewusstseins durchzuführen, die auf die Erhöhung des Verständnisgrads der

Bevölkerung in Bezug auf die Verbrechen des Milosevic-Regime abzielen;

15.6 die interne Verfolgung von Kriegsverbrechen fortzusetzen und zu verschärfen;

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 49 – Drucksache 16/3400

15.7 entschlossen auf die Einhaltung aller anderen relevanten Empfehlungen

hinzuarbeiten, die die Versammlung im Kontext des Überwachungsverfahrens der

damaligen Staatenunion Serbien-Montenegro erlassen hat, insbesondere diejenigen,

die die Medien, NRO, religiöse Gemeinschaften, die Reform der Polizei, Armee und

Sicherheitsdienste, die Bekämpfung von Korruption, organisiertem Verbrechen und

Menschenhandel sowie die Lage der Flüchtlinge und Binnenvertriebenen betreffen.

16. Die Versammlung ruft Montenegro und Serbien ferner dazu auf, alle Fragen im Hinblick auf

die Auflösung der Staatenunion so schnell, effizient und demokratisch wie möglich sowie

im größtmöglichen Einvernehmen zu klären.

17. Schließlich ruft die Versammlung die Europäische Union auf,

17.1 Ihre Beteiligung in Serbien trotz der Aussetzung der Verhandlungen über das

Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen fortzusetzen durch die Beibehaltung

geeigneter Kanäle für den politischen Dialog und die Erhöhung der finanziellen

Hilfe;

17.2 Verhandlungen mit Montenegro im Hinblick auf den Abschluss eines

Stabilisierungs- und Assoziationsabkommens einzuleiten, sobald die relevanten

Voraussetzungen dafür erfüllt sind.

Entschließung 1515 (2006)
11

betr.

die Fortschritte im Überwachungsverfahren der Versammlung

1. Die Versammlung begrüßt die seit mittlerweile mehr als 9 Jahren von ihrem Ausschuss für

die Einhaltung der Pflichten und Verpflichtungen (Überwachungsausschuss) geleistete

Arbeit. Seine zunehmende Effizienz, Wirkung und Glaubwürdigkeit werden weithin

anerkannt.

2. Von den acht Überwachungsberichten, die der Überwachungsausschuss der Versammlung

im Zeitraum Mai 2005 bis Juni 2006 vorgelegt hat, bilanzieren drei die Lage in Georgien,

der Russischen Föderation und der Ukraine und stellen regelrechte Wegweiser für künftige

Reformen in diesen Ländern dar, während die übrigen fünf auf aktuelle politische Ereignisse

reagieren, und zwar die Verfassungsreform in Armenien, das Funktionieren demokratischer

Institutionen in Aserbaidschan und der Republik Moldau sowie die aus substantiellen

Gründen erfolgte Anfechtung der noch nicht ratifizierten Beglaubigungsschreiben der

parlamentarischen Delegation Aserbaidschans im Anschluss an die dortigen

Parlamentswahlen vom November 2005.

3. Durch Änderungen der Entschließung 1115 (1997), mit der der Überwachungsausschuss ins

Leben gerufen und sein Mandat umrissen wurde, das im letzten Jahr aufgrund der

Entschließung 1431 (2005) zu Stande kam, sollte die Rolle der Versammlung in einem

hochpolitischen Bereich gestärkt werden, und zwar bei der Entscheidung über die Eröffnung

oder Wiedereröffnung eines Überwachungsverfahrens. Ein Jahr nach dem Inkrafttreten
11

Versammlungsdebatte am 29. Juni 2006 (22. Sitzung) (siehe Dok. 10960, Bericht des Ausschusses für die Einhaltung

der Pflichten und Verpflichtungen durch die Mitgliedstaaten des Europarates (Überwachungsausschuss),

Berichterstatter: Herr György Frunda). Von der Versammlung verabschiedeter Text am 29. Juni 2006 (22. Sitzung).

Drucksache 16/3400 – 50 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

dieser Änderungen zeigte es sich jedoch, dass die Bestimmungen immer noch nicht klar

sind, insbesondere im Hinblick auf die Frist, innerhalb derer das Präsidium der

Versammlung dem Überwachungsausschuss einen Entschließungsentwurf zu einem Antrag

vorzulegen hat, ein Überwachungsverfahren zu eröffnen.

4. Außerdem ermöglicht die Entschließung 1115 (1997), geändert durch die Entschließung

1431 (2005), immer noch keine sachgerechte Regelung der Modalitäten für den Abschluss

des Post-Monitoring-Dialogs mit einem Mitgliedstaat, bei dem das Überwachungsverfahren

abgeschlossen worden ist.

5. Dementsprechend beschließt die Versammlung, um für mehr Klarheit zu sorgen und damit

die Glaubwürdigkeit und Transparenz ihres Überwachungsmechanismus zu steigern, das

Mandat des Überwachungsausschusses weiter zu ändern und insbesondere

5.1. nach Absatz 2 des Anhangs der Entschließung 1115 (1997) folgenden Absatz

einzufügen:

„Das Präsidium überweist Anträge, die in Übereinstimmung mit den obigen

Absätzen 2. i. und iii eingereicht wurden, auf einer seiner nächsten beiden Sitzungen

nach der Einreichung an den Überwachungsausschuss.“;

5.2. nach Absatz 7 in den Anhang der Entschließung 1115 (1997) folgenden Absatz

einzufügen:

„Bei der Berichterstattung gegenüber dem Präsidium der Versammlung über den

Post-Monitoring-Dialog mit einem Mitgliedstaat nach einer Entscheidung der Ver-

sammlung hat der Überwachungsausschuss in seinem entsprechenden Bericht

anzugeben, ob der Post-Monitoring-Dialog mit diesem Staat als beendet anzusehen

ist:

stimmt das Präsidium der Empfehlung des Überwachungsausschusses zu, den

Post-Monitoring-Dialog abzuschließen, sollte diese Empfehlung in dem

Fortschrittsbericht des Präsidiums und des Ständigen Ausschusses

festgehalten werden;

ist das Präsidium mit der Empfehlung des Ausschusses, den Post-Monitoring-

Dialog abzuschließen, nicht einverstanden, wird das von dem Überwachungs-

ausschuss angenommene Memorandum unter Abweichung von Art. 49.2 der

Geschäftsordnung in einen Bericht umgewandelt, der einen

Entschließungsentwurf enthält, und das Präsidium setzt den Punkt auf die

Tagesordnung und das Arbeitsprogramm der nächsten Tagung der

Versammlung zur Aussprache und Annahme des Entschließungsentwurfs.

Ein Vertreter des Präsidiums kann bei dieser Aussprache in dessen Namen

das Wort ergreifen.“

5.3. Die neuen Bestimmungen treten mit ihrer Annahme in Kraft.

6. Die Versammlung stellt mit Genugtuung fest, dass die Kommission der Europäischen Union

bei ihrer Beurteilung der Fortschritte der Staaten, die an dem Beitritts- oder

Vorbeitrittsverfahren der Europäischen Union beteiligt sind, regelmäßig auf die Erfüllung

der Pflichten und Verpflichtungen gegenüber dem Europarat verweist. Die Einhaltung der

Pflichten und Verpflichtungen des Europarates ist außerdem ein sehr wichtiger Bestandteil

der Bewertung der Demokratie- und Menschenrechtsbilanz der europäischen Staaten, die an

der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) teilnehmen oder der Russischen Föderation,

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 51 – Drucksache 16/3400

mit der die Europäische Union eine besondere Partnerschafts- und

Kooperationsvereinbarung geschlossen hat. Somit kommt der Arbeit des

Überwachungsausschusses im Rahmen der künftigen Erweiterung der Europäischen Union,

der ENP oder von Sondervereinbarungen überragende Bedeutung zu. Das bekräftigte

kürzlich auch der luxemburgische Ministerpräsident Juncker in seinem Bericht über die

Beziehungen zwischen dem Europarat und der Europäischen Union.

7. Die Versammlung

7.1. erinnert deshalb an ihre Empfehlung 1724 (2005) „Der Europarat und die

Europäische Nachbarschaftspolitik der Europäischen Union“ und weist erneut darauf

hin, dass bei unter die ENP fallenden Staaten, die Mitglieder des Europarates sind,

die Einhaltung der Pflichten und Verpflichtungen des Europarates zu einer

Vorbedingung für jede weitere europäische Integration gemacht werden sollte;

7.2. unterstützt in vollem Umfang die in dem Juncker-Bericht gemachte Empfehlung,

wonach eine Regel eingeführt werden sollte, wonach Berichte, Schlussfolgerungen

und Empfehlungen an die betreffenden Staaten, die unter anderen von seinem

Überwachungsausschuss abgegeben werden sowie die eigenen Entschließungen über

die Einhaltung von Pflichten und Verpflichtungen durch Mitgliedstaaten des

Europarates systematisch und ausdrücklich als erste Bezugsgrundlage in Europa für

Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte zitiert werden sollten;

7.3. ermutigt seinen Überwachungsausschuss dazu, seine Kontakte mit dem Europäischen

Parlament sowie den entsprechenden Dienststellen der Kommission der

Europäischen Union und des EU-Ministerrats auszubauen.

8. Die Entschließung 1115 (1997) unterstreicht eindeutig, wie wichtig es ist, „die volle

Einhaltung der Verpflichtungen aller Mitgliedstaaten [des Europarates] im Geiste der

Zusammenarbeit und der Nichtdiskriminierung sicherzustellen“ und überträgt dem

Überwachungsausschuss die Aufgabe, nicht nur die Einhaltung der spezifischen

Verpflichtungen, die von den Mitgliedstaaten bei ihrem Beitritt zum Europarat übernommen

worden sind, sondern in erster Linie „die Verpflichtungen, die die Mitgliedstaaten nach der

Satzung des Europarates, der Europäischen Menschenrechtskonvention und allen übrigen

Übereinkommen des Europarates, denen sie beigetreten sind, übernommen haben“ zu

überprüfen.

9. Trotz des klaren Wortlauts der Entschließung 1115 (1997) und anschließend der Appelle der

Versammlung ist es dem Überwachungsausschuss bisher nicht möglich gewesen, sein

Mandat voll auszuüben und die Einhaltung satzungsgemäßer Verpflichtungen, wie alle

Mitgliedstaaten sie übernommen haben, zu überprüfen, da – außer bei einem Mitgliedstaat –

Überwachungsverfahren bisher nur für Mitgliedstaaten eingeleitet worden sind, die der

Organisation seit 1989 beigetreten sind. Gleichzeitig trifft es auch zu, dass der Mechanismus

zur Einleitung neuer Überwachungsverfahren komplex und mit einem bestimmten

politischen Gewicht versehen ist.

10. Dementsprechend begrüßt die Versammlung die Initiative des Überwachungsausschusses,

ihre jährlichen Fortschrittsberichte für die Versammlung durch periodische Berichte über

Staaten zu ergänzen, die zur Zeit noch keinem Überwachungsverfahren unterliegen oder in

einen Post-Monitoring-Dialog einbezogen sind. Diese Berichte werden folgende Grundlagen

haben:

Drucksache 16/3400 – 52 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

10.1. eine Land für Land erfolgende Bewertung, die von anderen Gremien und

Institutionen des Europarates durchgeführt wird (Ministerkomitee,

Menschenrechtskommissar, Kongress der Gemeinden Europas, Staatengruppe gegen

Korruption (GRECO), Expertenausschuss zur Beurteilung von Maßnahmen gegen

Geldwäsche (MONEYVAL), Europäisches Komitee zur Verhinderung der Folter

und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT), Beirat zum

Rahmenübereinkommen für den Schutz nationaler Minderheiten, Expertenausschuss

der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen, Europäische

Kommission gegen Rassismus und Intoleranz und Europäisches Komitee für soziale

Rechte);

10.2. Entschließungen und Empfehlungen der Versammlung zu spezifischen Fragen in den

Mitgliedstaaten, die von Berichterstattern anderer Ausschüsse der Versammlung

geprüft worden sind.

11. Die Versammlung unterstreicht, dass, wenn die Situation dies rechtfertigt, in

Übereinstimmung mit Absatz 2 des Anhangs der Entschließung 1115 (1997) das Bestehen

solcher regelmäßiger Berichte nicht der Einleitung eines Überwachungsverfahrens

entgegenstehen darf, was einen oder mehrere nach Absatz 2 des Anhangs betroffene Staaten

angeht.

12. In diesem Jahr hat der Überwachungsausschuss solche Berichte über 11 von 33

Mitgliedstaaten vorgelegt, die zur Zeit keinem Überwachungsverfahren oder einem Post-

Monitoring-Dialog unterliegen und die aufgrund der alphabetischen Reihenfolge ausgewählt

worden sind: Andorra, Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Island,

Kroatien, Tschechische Republik und Zypern. Eine zweite Gruppe von Staaten wird in

Verbindung mit dem Fortschrittsbericht 2007 des Überwachungsausschusses geprüft

werden, worauf der erste Dreijahreszyklus mit der letzten Gruppe von Staaten abgeschlossen

werden wird, die 2008 geprüft werden.

13. Auf der Grundlage der Berichte, die dem diesjährigen Fortschrittsbericht des

Überwachungsausschusses beigefügt sind, bittet die Versammlung

13.1. die nationalen Parlamente der betreffenden Staaten,

13.1.1. diese Berichte als Grundlage für eine Aussprache über die Bilanz ihres

Staates im Hinblick auf die Erfüllung seiner gesetzlichen und sonstigen

vertraglichen Verpflichtungen als Mitgliedstaat des Europarates zu

verwenden;

13.1.2. die Vollstreckung der Urteile des Europäischen Gerichtshofs für

Menschenrechte und die Einhaltung der Empfehlungen des

Menschenrechtskommissars und der übrigen spezifischen

Überwachungsgremien des Europarates zu fördern, und zwar sowohl

durch Einleitung und Beschleunigung erforderlicher gesetzgeberische

Initiativen als auch durch Wahrnehmung ihrer Rolle bei der Überwachung

des staatlichen Handelns;

13.2. die vorübergehende Entschließung zur Kenntnis nehmend, die das Ministerkomitee

am 5. April 2006 in Bezug auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für

Menschenrechte in der Sache ýonka gegen Belgien hat ergehen lassen, und bestärkt
die belgischen Behörden und insbesondere das belgische Parlament darin, die für die

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 53 – Drucksache 16/3400

umfassende Vollstreckung des Urteils erforderlichen gesetzgeberischen Reformen zu

beschleunigen;

13.3. den Menschenrechtskommissar, bei der Organisation von Besuchen und der

Ausarbeitung von Berichten Belgien, Deutschland und Österreich den Vorrang zu

geben, die sein Vorgänger nicht besucht hatte.

14. Die Versammlung, mit der Feststellung, dass eine Reihe der betreffenden Mitgliedstaaten

bestimmten Überwachungsmechanismen der Organisation noch nicht unterliegen, weil sie

die entsprechenden Konventionen nicht ratifiziert haben oder den einschlägigen Gremien

nicht beigetreten sind, fordert die Mitgliedstaaten auf, innerhalb von drei Jahren die

notwendigen Schritte einzuleiten. Die Versammlung dringt vor allem darauf, dass

14.1. Andorra die Europäische Charta der lokalen Selbstverwaltung unterzeichnet und

ratifiziert und Frankreich sie ratifiziert;

14.2. Andorra, Belgien, Deutschland, Frankreich und Österreich die Zivilrechtskonvention

gegen Korruption ratifizieren;

14.3. Andorra, Deutschland, Frankreich und Österreich auch die Strafrechtskonvention

gegen Korruption ratifizieren;

14.4. Andorra, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Kroatien und die Tschechische

Republik das Übereinkommen von 2005 über Geldwäsche sowie Ermittlung,

Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten und über die

Finanzierung des Terrorismus unterzeichnen und ratifizieren und Belgien, Finnland,

Österreich und Zypern sie ratifizieren, wobei darauf hingewiesen wird, dass alle

diese Staaten das Übereinkommen von 1990 zu der gleichen Thematik ratifiziert

haben;

14.5. Andorra, Dänemark und Frankreich das Protokoll Nr. 12 zur Europäischen

Menschenrechtskonvention unterzeichnen und ratifizieren und Belgien, Deutschland,

Estland, Österreich und die Tschechische Republik es ratifizieren;

14.6. Frankreich das Protokoll Nr. 13 zur Europäischen Menschenrechtskonvention

ratifiziert;

14.7. Andorra und Belgien das Protokoll Nr. 14 zu Europäischen Menschenrechts-

konvention ratifizieren;

14.8. Dänemark, Deutschland, Österreich und die Tschechische Republik die überarbeitete

Europäische Sozialcharta ratifizieren, wobei festzuhalten ist, dass alle diese Staaten

die Europäische Sozialcharta von 1961 ratifiziert haben;

14.9. Andorra, Deutschland und Estland das Protokoll zur Europäischen Sozialcharta über

Sammelklagen unterzeichnen und ratifizieren und Dänemark, Österreich und die

Tschechische Republik es ratifizieren;

14.10. Andorra und Frankreich das Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler

Minderheiten unterzeichnen und ratifizieren und Belgien es ratifiziert;

14.11. Andorra, Belgien und Estland die Europäische Charta der Regional- oder

Minderheitensprachen unterzeichnen und ratifizieren und Frankreich und die

Tschechische Republik sie ratifizieren;

Drucksache 16/3400 – 54 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

14.12. Österreich den spezifischen Überwachungsgremien von GRECO und MONEYVAL

beitritt;

14.13. Belgien, Dänemark, Deutschland und Finnland MONEYVAL beitreten.

Empfehlung 1753 (2006)
12

betr.

die Außenbeziehungen des Europarates

1. Die Parlamentarische Versammlung ist der Auffassung, dass eine stärkere Einbeziehung des

Europarates in die Förderung der Werte der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der

Achtung der Menschenrechte außerhalb seiner Grenzen über seine Außenbeziehungen zum

Frieden und zur Stabilität seiner Mitgliedstaaten und externen Partner beitragen würde.

Dadurch würde auch die Bedeutung des Europarates in dem gegenwärtigen europäischen

und weltweiten Rahmen wieder gefestigt.

2. Die Versammlung verweist auf die Entschließung 1506 (2006) über die Außenbeziehungen

des Europarates und bittet das Ministerkomitee, die darin enthaltenen Vorstellungen und

Vorschläge gebührend zu würdigen.

3. Dementsprechend ruft sie das Ministerkomitee auf, die Außenbeziehungen des Europarates

auszubauen und dabei folgenden Aufgaben Vorrang zu geben:

3.1. Stärkung bestehender Partnerschaften, insbesondere mit Beobachterstaaten, und

Bemühungen um den Aufbau neuer Partnerschaften mit Ländern, die sich den

gleichen oder ähnlichen demokratischen Werten verpflichtet fühlen;

3.2. Förderung europäischer demokratischer Werte als Teil eines verstärkten

interkulturellen, interethnischen und interreligiösen Dialogs mit Nachbarn des

Europarates, insbesondere im Mittelmeerraum, dem Nahen Osten und Zentralasien,

und Unterstützung bestimmter Nachbarländer, vor allem der an der Europäischen

Nachbarschaftspolitik der Europäischen Union (EU) teilnehmenden Staaten, bei der

Entwicklung hin zur Demokratie über eine auf Kooperation beruhende Politik;

3.3. Aufbau eines Netzwerks von Beziehungen, eines dauerhaften und strukturierten

Dialogs sowie eines spezifischen modus operandi mit Organisationen, die sich für

die Förderung demokratischer Grundsätze einsetzen.

4. Die Versammlung bittet das Ministerkomitee,

4.1. in Absprache mit Vertretern der betreffenden Staaten die Zusammenarbeit mit den

Staaten zu überprüfen, die Beobachterstatus haben und gegebenenfalls die

satzungsmäßige Entschließung (93) 26 so zu ändern, dass Beobachter mehr in die

Tätigkeiten des Europarates einbezogen werden können;

4.2. zusätzlich zu dem in der satzungsmäßigen Entschließung (93) 26 dargelegten

Beobachterstatus die Einführung eines neuen Status für Nichtmitgliedstaaten zu

12
Versammlungsdebatte am 26. Juni 2006 (16. Sitzung) (siehe Dok.10956, Bericht des Politischen Ausschusses,

Berichterstatter: Herr Adrian Severin). Von der Versammlung am 26. Juni 2006 (16. Sitzung) verabschiedeter Text.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 55 – Drucksache 16/3400

prüfen, die sich an einem Dialog und einer Zusammenarbeit mit dem Europarat

interessiert zeigen, aber noch nicht in der Lage sind, die volle Einhaltung seiner

Grundsätze zu gewährleisten;

4.3. die Möglichkeit ins Auge zu fassen, einige der Instrumente, Institutionen und

Mechanismen des Europarates (zum einen unter Einschluss der Europäischen

Menschenrechtskonvention und des Gerichtshofs sowie der Europäischen

Antifolterkonvention und zum anderen die Abläufe für den außergerichtlichen

Schutz der Menschenrechte wie das Büro des Menschenrechtskommissars)

bestimmten Nichtmitgliedstaaten – je nach dem von ihnen eingenommenen Status –

zu öffnen.

5. Die Versammlung ersucht darüber hinaus das Ministerkomitee,

5.1. weiterhin die strategische Partnerschaft mit der Europäischen Union auszubauen,

um so die Perspektive der Integration der EU und des Europarates in einem

gesamteuropäischen Raum gemeinsamer demokratischer Werte auf der Grundlage

eines aussagekräftigen und visionären Memorandum of Understanding zu wahren,

das unter anderem folgenden Zielen dienen sollte:

5.1.1. Abgrenzung der Zuständigkeiten der beiden Organisationen;

5.1.2. Festlegung der erforderlichen Subsidiaritätsmechanismen;

5.1.3. Ermöglichung des Zugangs der EU zu den Konventionen, Institutionen

und Instrumenten des Europarates (einschließlich des Zugangs zur

Europäischen Menschenrechtskonvention und der Schaffung einer

einheitlichen europäischen Gerichtsinstanz für Grundrechte);

5.1.4. Errichtung eines Systems für die regelmäßige Kommunikation,

Konsultation, Koordinierung und Kooperation zwischen den beiden

Organisationen;

5.2. Aufbau einer engen Zusammenarbeit mit der OSZE durch Ermittlung gemeinsamer

Ziele und Beurteilung komparativer Vorteile innerhalb klar umrissener

Zuständigkeits-bereiche, wobei der Europarat sich in erster Linie dafür einsetzt, bei

der Erarbeitung von Gesetzen, dem Aufbau demokratischer Institutionen, der

Stärkung des demokratischen Bewusstseins und der Aufklärung der Öffentlichkeit

sowie ganz allgemein für den demokratischen Nationenaufbau tätig zu

werden,während die OSZE sich auf Konflikt-verhütung, Krisenbewältigung und

Friedenskonsolidierung in der Konfliktfolge konzentriert;

5.3. Intensivierung der Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen und ihren

Sonderorganisationen, um auf diese Weise beide Seiten in vollem Umfang Nutzen

aus den Erfahrungen und dem Sachverstand der jeweils anderen Seite ziehen zu

lassen, wobei der Vorrang der Förderung und Verteidigung universeller Werte, der

Verwirklichung der Millennium-Entwicklungsziele und dem Beitrag zu

Bemühungen um die Schaffung von Frieden und Demokratie gilt;

5.4. Verstärkung der Zusammenarbeit mit anderen europäischen, transatlantischen und

euroasiatischen Organisationen, wenn diese Beziehungen auf gemeinsamen Werten

beruhen oder zur Förderung der Grundsätze des Europarates beitragen können;

Drucksache 16/3400 – 56 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

5.5. Koordinierung der Positionen der Mitgliedstaaten in verschiedenen internationalen

Foren, insbesondere den Vereinten Nationen (VN) und der OSZE, zu die

Organisation betreffenden Fragen, um auf diese Weise die Position des Europarates

effektiver und kohärenter verteidigen zu können;

5.6. Erwägung der Möglichkeit, in wichtigen internationalen Hauptstädten wie New

York, Genf und Wien eine Präsenz des Europarates zu schaffen, um auf diese

Weise die Zusammenarbeit mit den VN und der OSZE zu verstärken und es dem

Rat zu ermöglichen, seine Leistungen besser bekannt zu machen und dafür zu

sorgen, dass diese Organisationen sie bei ihren eigenen Tätigkeiten verstärkt

berücksichtigen.

6. Die Versammlung bestärkt die Beobachterstaaten darin, in vollem Umfang die

Möglichkeiten zu nutzen, die ihnen ihr Status beim Europarat bietet und insbesondere:

6.1. sich auf intergouvernementaler wie auf parlamentarischer Ebene aktiver in den

politischen Dialog einzubringen;

6.2. in den für ihre Teilnahme offen stehenden Gremien und Institutionen des

Europarates eine aktivere Rolle zu spielen;

6.3. die Nichtmitgliedstaaten offen stehenden Konventionen des Europarates zu

unterzeichnen und zu ratifizieren;

6.4. zu von dem Europarat verfochtenen Werten und seinen Erfahrungen beizutragen.

7. Die Versammlung begrüßt die Einsetzung einer Berichterstattergruppe des Ministerkomitees

für auswärtige Beziehungen (GR-EXT) und freut sich auf die Anbahnung eines

regelmäßigen Dialogs zwischen dieser Gruppe und ihren entsprechenden Ausschüssen.

Empfehlung 1754 (2006)
13

betr. die angeblichen geheimen Verhaftungen und die unrechtmäßige Verbringung von

Häftlingen zwischen Staaten mit Beteiligung von Mitgliedstaaten des Europarates

1. Die Parlamentarische Versammlung verweist auf ihre Entschließung 1507 (2006) betreffend

angebliche geheime Verhaftungen und die unrechtmäßige Verbringung von Häftlingen

zwischen Staaten mit Beteiligung von Mitgliedstaaten des Europarates.

2. Die Versammlung verweist ferner auf ihre Entschließung 1433 (2005) und ihre Empfehlung

betreffend die Rechtmäßigkeit der Inhaftierung von Personen durch die Vereinigten Staaten

in Guantánamo Bay.

3. Die Versammlung ruft das Ministerkomitee dringend auf, eine Empfehlung an die

Mitgliedstaaten des Europarates auszuarbeiten, die Folgendes enthält:

3.1. gemeinsame Maßnahmen für eine effektivere Gewährleistung der Menschenrechte

von Personen, die terroristischer Gewalttaten verdächtig sind, die in Mitgliedstaaten

des Europarates gefangen genommen, festgehalten oder durch diese Länder

transportiert werden;
13

Debatte der Versammlung am 27. Juni 2006 (17. Sitzung). (Siehe Dok. 10957, Bericht des Ausschusses für Recht und

Menschenrechte, Berichterstatter: Herr Dick Marty). Von der Versammlung verabschiedeter Text am 27. Juni 2006

(17. Sitzung).

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57 – Drucksache 16/3400

3.2. eine Reihe von Mindestanforderungen für Klauseln zum Schutz der Menschenrechte,

die in bilaterale und multilaterale Übereinkünfte mit Dritten aufgenommen werden,

insbesondere solche betreffend die Nutzung von Militäreinrichtungen im Gebiet der

Mitgliedstaaten des Europarates.

4. Die Versammlung fordert mit aller Dringlichkeit,

4.1. auf internationaler Ebene eine Initiative auf den Weg zu bringen, die ausdrücklich

die Vereinigten Staaten als Beobachter im Europarat einbezieht, um eine

gemeinsame wirklich globale Strategie zur Bewältigung der terroristischen

Bedrohung zu entwickeln. Alle Elemente der Strategie sollten den Grundprinzipien

unseres gemeinsamen Erbes hinsichtlich Demokratie, Menschenrechte und Achtung

der Rechtsstaatlichkeit entsprechen;

4.2. in Fällen, in denen Staaten nicht in der Lage oder nicht bereit sind, Personen, die

terroristischer Gewalttaten bezichtigt werden, strafrechtlich zu verfolgen, den

Vorschlag zu prüfen, diese Personen der Gerichtsbarkeit eines internationalen

Gerichts zu unterstellen, das die Kompetenz hat, ihnen den Prozess zu machen. In

Betracht käme die Möglichkeit, den Internationalen Gerichtshof mit dieser

Kompetenz auszustatten und zugleich die Einladung an die Vereinigten Staaten und

an andere Länder, die dem Gerichtshof noch nicht beigetreten sind, zu erneuern, ihm

beizutreten.

4.3. dass der Generalsekretär die Mitgliedstaaten weiterhin um Fortschrittsberichte

ersucht im Hinblick auf ihre Untersuchungen in dieser Angelegenheit und der

Parlamentarischen Versammlung so bald wie möglich Bericht erstattet.

5. Die Versammlung empfiehlt ferner, dass das Ministerkomitee erwägen sollte, Artikel 11

Absatz 1 des Europäischen Übereinkommens zur Verhütung von Folter und unmenschlicher

oder erniedrigender Behandlung oder Strafe zu ändern, in dem steht, dass die Informationen,

die der Ausschuss bei einem Besuch erhält, sein Bericht und seine Konsultationen mit der

betreffenden Vertragspartei vertraulich sind.

6. Die Versammlung spricht schließlich die Empfehlung aus, das Ministerkomitee möge

Möglichkeiten zur Verbesserung der Fähigkeit des Europarates prüfen, auf Behauptungen

betreffend systematische Menschenrechtsverletzungen mit Beteiligung mehrerer

Mitgliedstaaten rasch und wirksam zu reagieren.

Empfehlung 1755 (2006)
14

betr.

die Menschenrechte irregulärer Einwanderer

1. Die Parlamentarische Versammlung verweist auf ihre Entschließung 1509 (2006) über die

Menschenrechte irregulärer Einwanderer.
14

Versammlungsdebatte am 27. Juni 2006 (18. Sitzung) (siehe Dok. 10924, Bericht des Ausschusses für

Wanderbewegungen, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen, Berichterstatter: Herr van Thijn). Von der Versammlung

verabschiedeter Text am 27. Juni 2006 (18. Sitzung).

Drucksache 16/3400 – 58 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

2. Die Versammlung ist überzeugt, dass es notwendig ist, die für irreguläre Einwanderer

geltenden Mindestrechte zu klären. Die Versammlung erkennt an, dass ein speziell den

Rechten irregulärer Einwanderer gewidmetes Rechtsinstrument bei den Mitgliedstaaten des

Europarates kaum Unterstützung finden dürfte, stellt jedoch fest, dass es andere Wege gibt,

um die Mindestrechte irregulärer Einwanderer zu kodifizieren und zu klären.

3. Die Versammlung empfiehlt darum dem Ministerkomitee,

3.1. die entsprechenden intergouvernementalen Ausschüsse anzuweisen, eine Liste der

Mindestrechte irregulärer Einwanderer, unter Einschluss bürgerlicher und politischer,

sozialer und wirtschaftlicher Rechte, zu erarbeiten, um eine Empfehlung oder

Leitsätze für die Annahme durch das Ministerkomitee vorzubereiten. Diese

Mindestrechte sollten diejenigen Rechte als Ausgangspunkt nehmen, die in der oben

erwähnten Entschließung 1509 (2006) über die Menschenrechte irregulärer

Einwanderer genannt werden.

3.2. den Europäischen Migrationsausschuss (CDMG) anzuweisen, eine Rundtisch-

Diskussion über den Stand der Ratifizierungen der Internationalen Konvention zum

Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen durch

die Mitgliedstaaten des Europarates zu veranstalten, um die Hindernisse zu

analysieren, die den Mitgliedstaaten für eine Ratifizierung dieses Vertrages im Wege

stehen;

3.3. die Effektivität beim Schutz der Rechte irregulärer Einwanderer betreffender

Menschenrechtsinstrumente, insbesondere der Europäischen Sozialcharta und der

überarbeiteten Sozialcharta, im Auge zu behalten, um zu prüfen, ob die

Notwendigkeit besteht, Menschenrechtsinstrumente auszubauen, um die Rechte

irregulärer Einwanderer auf diese Weise effektiver zu schützen.

Empfehlung 1756 (2006)
15

betr.

die Umsetzung der Beschlüsse des Dritten Gipfels des Europarates

1. Die Beschlüsse des Dritten Gipfels des Europarates der Staats- und Regierungschefs, der

vom 16. bis 17. Mai 2005 in Warschau stattfand, gaben die allgemeine Richtung und die

Prioritäten für die Aktivitäten des Europarates in den nächsten Jahren vor. Sie bekräftigen

die Aufgabe der Organisation zur Konsolidierung der paneuropäischen Einheit und zum

Aufbau eines Größeren Europas ohne Trennungslinien durch eine stärkere Kooperation und

Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten und europäischen Nationen.

2. Außerdem verstärken diese Beschlüsse die Rolle des Europarates zum Schutz und zur

Förderung von Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie sozialer

Kohäsion, Bildung für alle sowie zur Wahrung des gemeinsamen Erbes und der kulturellen

Vielfalt. Sie spiegeln die Absicht der Staats- und Regierungschefs zur Förderung der

Kohäsion unserer Gesellschaften in ihrer sozialen, bildungspolitischen, gesundheitlichen

und kulturellen Dimension wider.
15

Versammlungsdebatte am 28. Juni 2006 (20. Sitzung) (siehe Dok. 10958, Bericht des Politischen Ausschusses,

Berichterstatter: Herr Konstantin Kosachew). Von der Versammlung verabschiedeter Text am 28. Juni 2006

(20. Sitzung).

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 59 – Drucksache 16/3400

3. Zur Erreichung dieses Ziels verpflichten sie den Europarat, den interkulturellen und

interreligiösen Dialog sowohl unter den europäischen Völkern als auch zwischen Europa

und seinen Nachbarregionen sowie den Schutz nationaler Minderheiten und die

Freizügigkeit des Personenverkehrs auf dem Kontinent zu fördern, um Diskriminierung zu

bekämpfen und Bestimmungen und wirksame Mechanismen zu ihrer Verhinderung und

Beseitigung weiter zu entwickeln.

4. Ferner wurde der Europarat angewiesen, seinen Beitrag zu den internationalen Maßnahmen

gegen Terrorismus, Korruption und organisiertes Verbrechen, einschließlich Geldwäsche

und Finanzkriminalität, Menschenhandel, Cyberkriminalität und Bioethik sowie neue

Herausforderungen, die den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt begleiten, weiter

zu entwickeln.

5. Der Gipfel hat die Entschlossenheit der Staats- und Regierungschefs gezeigt zu

gewährleisten, dass der Europarat die ihm gebührende Rolle in einem sich wandelnden

Europa spielt durch die Förderung der Synergie seiner Aktivitäten mit denen der OSZE und

der EU.

6. Die Parlamentarische Versammlung begrüßte die Ergebnisse des Gipfels und betonte die

Wichtigkeit einer ordnungsgemäßen Umsetzung seiner Beschlüsse in Empfehlung 1712

(2005). Ein Jahr nach dem Gipfel ist es an der Zeit, die diesbezüglich erfolgten Fortschritte

zu überprüfen.

7. Die Versammlung befindet sich in einer guten Lage zur Überwachung der Umsetzung der

Beschlüsse des Gipfels. Bei der Ausübung dieser Aufgabe schenkt sie den weit reichenden

Beschlüssen besondere Beachtung, die das Bild Europas für viele künftige Jahre bestimmen

werden. Die Versammlung führt die Beurteilung auf der Grundlage ihrer eigenen

Vorstellung durch, was für die Effizienz der Arbeit des Europarates von entscheidender

Bedeutung ist, wie in Empfehlung 1693 (2003) dargelegt.

8. Die Parlamentarische Versammlung zieht Bilanz im Hinblick auf die Umsetzung der auf

dem Dritten Gipfel gefassten Beschlüsse und stellt mit Befriedigung fest und begrüßt

8.1. die Einsetzung der Gruppe der Weisen, die beauftragt ist, eine umfassende Strategie

zur Gewährleistung der langfristigen Effektivität der Konvention zum Schutze der

Menschenrechte und Grundfreiheiten und des Europäischen

Menschenrechtsgerichtshofes zu gewährleisten, sowie die anfänglichen Ergebnisse

ihrer Überlegungen;

8.2. die Einrichtung des Forums für die Zukunft der Demokratie, das seine erste Sitzung

am 4. November 2005 in Warschau abhielt und seine nächste Sitzung vom 18. bis

19. Oktober 2006 in Moskau durchführen wird;

8.3. die Umwandlung und Verbesserung der Modalitäten der thematischen Überwachung

des Ministerkomitees der Einhaltung der von den Mitgliedstaaten eingegangenen

Verpflichtungen;

8.4. die Schaffung der hochrangigen Task Force für soziale Kohäsion im 21. Jahrhundert;

Drucksache 16/3400 – 60 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

8.5. die Schlussfolgerungen des von Jean-Claude Juncker erstellten Berichts über die

Beziehungen zwischen dem Europarat und der Europäischen Union;

8.6. die von Ministerkomitee und Generalsekretär unternommenen Maßnahmen, um die

Arbeitsweise des Europarates offener, transparenter und besser sichtbar zu machen

und seine Organisationsstruktur und Arbeitsmethoden zu überprüfen;

8.7. die Einrichtung des Ausschusses zur Weiterverfolgung des Dritten Gipfels des

Ministerkomitees unter Beteiligung von Vertretern der Parlamentarischen

Versammlung und des Kongresses der Gemeinden und Regionen in Europa;

8.8. die Aufnahme der Beschlüsse des Dritten Gipfels in das Arbeitsprogramm des

Europarates durch ihre Eingliederung in das Tätigkeitsprogramm und den Haushalt

ab 2006.

9. Gleichzeitig ist die Versammlung besorgt über den unzureichenden Anstieg bei der Nutzung

des herausragenden Normsetzungspotenzials des Europarates. Der Europarat sollte

fortfahren, die führende Rolle in Europa auf dem Gebiet der Normsetzung und der

Entwicklung des Völkerrechts zu spielen. Er hat die Aufgabe, normative Instrumente zu

schaffen, die nach ihrer Ratifizierung in gleicher Weise Rechtsgültigkeit für die Europäische

Union wie für Nicht-EU-Mitgliedstaaten hätten.

10. Die Versammlung betont, dass es die Berufung des Europarates ist, das wichtigste

internationale Instrument zur Schaffung eines echten paneuropäischen Rechtsraumes zu

werden, indem er mit der Harmonisierung und Vereinheitlichung des nationalen Rechts in

Europa fortfährt. Die breite Erfahrung und der Sachverstand des Europarates sind von

besonderer Bedeutung in neuen prioritären Bereichen der Normsetzung wie interne

Sicherheitsfragen, Zusammenarbeit zwischen Polizei und Justizorganen,

Migrationskontrolle und visafreies Reisen, politische Parteienfinanzierung, Schutz des

privaten Eigentums und Vereinbarung der Interessen des Wohlfahrtsstaates mit denen der

Unternehmensgemeinschaft, Gewährleistung der wirtschaftlichen Freiheiten, die dem

Größeren Europa gemein sind – freier Verkehr von Beschäftigung, Gütern, Dienstleistungen

und Kapital – auf europaweiter Ebene und Verwirklichung auf kontinentaler Ebene der in

der Satzung des Europarates vereinbarten Ziele.

11. Besondere Beachtung sollte der Vereinbarung der Wahlstandards mit den Wahlpraktiken der

Mitgliedstaaten geschenkt werden. In diesem Zusammenhang sollte das Ministerkomitee die

Ausarbeitung eines Entwurfs für ein europäisches Übereinkommen über Wahlstandards,

Wahlrechte und –freiheiten aktiver verfolgen.

12. Außerdem fordert die Versammlung zur besseren Umsetzung der Beschlüsse des Gipfels

12.1 Im Hinblick auf die Effektivität des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte

12.1.1. die Mitglieder der Gruppe der Weisen nachdrücklich dazu auf,

innovativer, pragmatischer und mutiger bei ihren Vorschlägen zu sein und

nicht zu zögern, neue Ansätze zu entwickeln;

12.1.2. die Mitgliedstaaten nachdrücklich dazu auf, Initiativen zur Verbesserung

ihrer internen Lage zu ergreifen, ohne die Vorschläge der Gruppe der

Weisen abzuwarten. Sie müssen ihre Verpflichtung anerkennen, die

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 61 – Drucksache 16/3400

nötigen Maßnahmen zur Verbesserung des Leistungsvermögens nationaler

Gerichtssysteme zu ergreifen und eine unmittelbare Anwendung der

Bestimmungen der Konvention und des Fallrechts des Europäischen

Menschenrechtsgerichtshofes gewährleisten;

12.1.3. ersucht die Mitgliedstaaten, Vorschläge auf der Grundlage ihrer nationalen

Erfahrung zu machen zur Einführung von Änderungen an der Konvention,

um die Effizienz des Gerichtshofes zu verbessern;

12.1.4. ruft das Ministerkomitee auf, sein Äußerstes zur Gewährleistung des

Erfolgs der Arbeit der Gruppe der Weisen zu tun.

12.2. Im Hinblick auf das Forum für Demokratie

12.2.4. ruft das Ministerkomitee auf, seine Bemühungen fortzusetzen, das Forum

zu einem wirklichen Instrument zur Förderung der Werte des Europarates

zu machen, unter umfassender Beteiligung der Parlamentarischen

Versammlung.

12.3. Im Hinblick auf das Normsetzungspotenzial

12.3.1. fordert das Ministerkomitee nachdrücklich dazu auf, diesbezüglich eine

neue besondere Tätigkeitsstrategie zu entwickeln und sie zu einem

späteren Zeitpunkt in das multilaterale Tätigkeitsprogramm des

Europarates und das Haushaltsverfahren aufzunehmen;

12.3.2. rät dem Ministerkomitee, breitere Konsultationen über eine solche

Strategie einzuleiten unter voller Beteiligung der Vertreter der

Parlamentarischen Versammlung und der wichtigsten Ausschüsse;

12.3.3. ersucht den Generalsekretär, unverzüglich einen Entwurf für eine solche

Strategie auzuarbeiten.

12.4. Im Hinblick auf die Stärkung eines Übereinkommenssystems

12.4.1. verweist auf die in der Warschauer Erklärung enthaltene Verpflichtung,

auf die weitestmögliche Akzeptanz der Übereinkommen des Europarates

hinzuarbeiten;

12.4.2. wiederholt in dieser Hinsicht den in Empfehlung 1693 (2005) enthaltenen

Vorschlag, in dem das Ministerkomitee aufgerufen wird, das

Übereinkommenssystem des Europarates durch die Erstellung eines

Kodexes wichtiger Übereinkommen zu stärken und diese zu aktualisieren

und neu zu beleben;

12.4.3. regt an, dass das Ministerkomitee in Zusammenarbeit mit anderen Organen

des Europarates den größten Teil seiner Aktivitäten von bilateralen

Hilfsprogrammen auf die multilaterale Teilung vorbildlicher Praktiken und

die gleiche Beteiligung aller Mitgliedstaaten an der Ausarbeitung neuer

Instrumente des Völkerrechts und der europäischen Integration verlagert

und die Normsetzung vorantreibt.

Drucksache 16/3400 – 62 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

12.5. Im Hinblick auf die Einhaltung der Verpflichtungen durch die Mitgliedstaaten und

die Förderung des politischen Dialogs

12.5.1. erinnert das Ministerkomitee daran, dass die verschiedenen

Überwachungsverfahren überarbeitet werden sollten, um sie auf

vergleichbare und transparente Art und Weise auf alle Mitgliedstaaten

anzuwenden, und dass ihre Ergebnisse auf verständliche Art und Weise

zusammengeführt werden sollten, wie in Empfehlung 1693 (2005)

dargelegt.

12.6. Im Hinblick auf die Beziehungen zur EU

12.6.1. begrüßt die Entscheidung des Ministerkomitees, eine Follow-up-Gruppe

auf hoher Ebene unter Beteiligung der relevanten Institutionen des

Europarates zur Prüfung des Juncker-Berichts und der in ihm enthaltenen

Empfehlungen einzusetzen;

12.6.2. fordert das Ministerkomitee nachdrücklich dazu auf, alle konstruktiven

Vorschläge, die in dem Bericht von Jean-Claude Juncker überzeugend

dargelegt wurden, in die Vereinbarung über die Zusammenarbeit

(Memorandum of Understanding) zwischen beiden Organisationen

aufzunehmen;

12.6.3. fordert das Ministerkomitee nachdrücklich dazu auf, anderen Vorschlägen

Rechnung zu tragen, die die Versammlung in Empfehlung 1712 (2005)

unterbreitet hat;

12.6.4. ersucht das Ministerkomitee, die Parlamentarische Versammlung offiziell

zu einem Entwurf einer Vereinbarung über die Zusammenarbeit zu

konsultieren, der die Grundlage für Verhandlungen mit der EU vor seiner

Verabschiedung sein wird.

12.7. Im Hinblick auf neue Herausforderungen

12.7.1. ersucht den Generalsekretär und das Ministerkomitee, eine Reihe von

Überlegungskonferenzen zu veranstalten, um mit der Evaluierung neuer

Bedrohungen, denen unsere Gesellschaften gegenüberstehen, und neuer

Aufgaben, die der Europarat übernehmen könnte, fortzufahren,

12.7.2. regt an, dass die Mitgliedstaaten und das Ministerkomitee Beratungen

darüber beginnen, wie das hervorragende Potenzial des Europarates zur

Gestaltung neuer Instrumente und Mechanismen, die die Mitgliedstaaten

und Nicht-Mitgliedstaaten der Europäischen Union näher aneinander

bringen würden, genutzt werden kann und wie jede Art der Trennung

zwischen „alten“ und „neuen“ Mitgliedstaaten des Europarates beseitigt

werden kann;

12.7.3. empfiehlt dem Ministerkomitee, einen „Think-Tank“ unter Beteiligung der

Parlamentarischen Versammlung einzusetzen über die Wahl des

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63 – Drucksache 16/3400

Zeitpunkts und den Inhalt der Durchführung eines europäischen Gipfels

2008-2009 unter Beteiligung aller europäischen und euroatlantischen

Organisationen, um ihre Anstrengungen zu kombinieren, die interne und

externe Sicherheit in Europa zu verbessern und die Möglichkeiten eines

vereinten Europas umfassend zu nutzen;

12.7.4. fordert das Ministerkomitee nachdrücklich dazu auf, Migrations- und

demographischen Problemen sehr viel stärkere Beachtung zu schenken

und einen gemeinsamen europäischen Ansatz zu ihrer Bewältigung

auszuarbeiten.

12.8. Im Hinblick auf die Arbeitsweise des Europarates

12.8.1. ruft den Generalsekretär und das Ministerkomitee unter Hinweis auf

Empfehlung 1693 (2005) dazu auf, ihre Anstrengungen zur Stärkung des

institutionellen Systems der Europarates fortzusetzen;

12.8.2. beharrt darauf, dass eine Reihe von Maßnahmen vom Ministerkomitee

ergriffen werden müssen zur Stärkung der Parlamentarischen

Versammlung, insbesondere auf dem Gebiet der Normsetzung und des

Haushalts, und dass sie das Recht zur Gesetzesinitiative erhält.

13. Die Versammlung ersucht das Ministerkomitee, den Kongress der lokalen und regionalen

Gemeinden in Europa, den Generalsekretär sowie ihre zwischenstaatlichen und

Nichtregierungs-Partnerorganisationen, gemeinsam mit der Parlamentarischen Versammlung

2007 eine gemeinsame Veranstaltung vorzubereiten, um die Umsetzung der Beschlüsse des

Gipfels zu beurteilen und Maßnahmen zu diskutieren, mit denen die Effizienz des

Europarates verstärkt werden könnte.

Empfehlung 1757 (2006)
16

betr.

Wanderbewegungen, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen im Rahmen des Dritten Gipfels

des Europarates der Staats- und Regierungschefs (Warschau, 16.-17. Mai 2005)

1. Die Parlamentarische Versammlung verweist auf ihre Entschließung 1511 (2006) betr.

Wanderbewegungen, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen im Rahmen des Dritten Gipfels

des Europarates der Staats- und Regierungschefs (Warschau, 16.-17. Mai 2005).

2. Die Versammlung ist der Ansicht, dass der Europarat im Lichte der Warschauer Erklärung

und des Warschauer Aktionsplans eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Fragen zu

spielen hat, die im Hinblick auf Wanderbewegungen, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen

von Bedeutung sind.

3. Die Versammlung empfiehlt dem Ministerkomitee daher,
16

Versammlungsdebatte am 28. Juni 2006 (20. Sitzung) (siehe Dok. 10868, Bericht des Ausschusses für

Wanderbewegungen, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen, Berichterstatter: Herr Hagberg). Von der Versammlung am

28. Juni 2006 verabschiedeter Text (20. Sitzung).

Drucksache 16/3400 – 64 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

3.1. seine relevanten zwischenstaatlichen Ausschüsse, insbesondere den Europäischen

Ausschuss für Migration (CDMG), den Lenkungsausschuss für Menschenrechte

(CDDH) und den Europäischen Ausschuss für Rechtliche Zusammenarbeit (CDCJ)

zu ermutigen, der Parlamentarischen Versammlung innerhalb ihres jeweiligen

Zuständigkeitsbereichs Priorität zu geben und eng mit ihr zusammenzuarbeiten im

Hinblick auf

3.1.1. die Stärkung der Rechte der Migranten, Flüchtlinge, Asylsuchenden und

Vertriebenen und die Gewährleistung, dass der sie betreffende rechtliche

Rahmen ihre Rechte umfassend wahrt und die Kernwerte des Europarates

aufrecht erhält;

3.1.2. die Förderung des interkulturellen Dialogs und der Toleranz und die

Gewährleistung der Integration von Einwanderergemeinschaften in ihre

Gastgesellschaften;

3.1.3. die Bewältigung der Migration, darunter der regulären und der irregulären,

unter Gewährleistung eines effektiven Zugangs zu einem fairen

Asylverfahren für Personen, die internationalen Schutz benötigen sowie unter

Wahrung der unterschiedlichen Bedürfnisse der Herkunfts-, Transit- und

Zielländer;

3.2. die sekretariatsübergreifende Task Force für Migration sowie die vom

Ministerkomitee eingesetzte Politische Plattform für Migration umfassend zu

unterstützen.

Empfehlung 1758 (2006)
17

betr.

die Weiterverfolgung des Dritten Gipfels: Prioritäten für die kulturelle Zusammenarbeit

1. Die Parlamentarische Versammlung weist auf die politische Relevanz kultureller Werte und

des interkulturellen Dialogs in Konfliktsituationen und gegenüber dem Terrorismus hin. Sie

betont die Bedeutung der Bildung für eine demokratische Staatsbürgerschaft sowie der

kulturellen Vielfalt für eine nachhaltige Entwicklung. Sie beharrt auf der Notwendigkeit

einer ständigen Debatte über kulturelle und religiöse Werte und ihren Platz in einer

demokratischen Gesellschaft sowie bei der Antwort auf die Herausforderungen des

wissenschaftlichen und technologischen Wandels. Sie möchte die aktive Beteiligung der

Zivilgesellschaft und insbesondere junger Menschen an einem derartigen Dialog ermutigen.

2. Die Versammlung ist der Ansicht, dass solche kulturellen Belange entscheidend sind für die

langfristige Aufgabe des Europarates neben Demokratie, Menschenrechten und

Rechtsstaatlichkeit. Sie bedauert jedoch die diesem Gebiet zugemessene mangelnde Priorität

im Hinblick auf Haushalts- und andere Ressourcen. Trotz einer anhaltenden Betonung der

Bedeutung der Kultur im weiteren Sinne gefährden andauernde Einschnitte bei den

Haushaltsmitteln und anderen Ressourcen die Kompetenz, Glaubwürdigkeit und den

Einfluss der Organisation auf diesem Gebiet.
17

Versammlungsdebatte am 28. Juni 2006 (20. Sitzung) (siehe Dok. 10971, Bericht des Ausschusses für Kultur,

Wissenschaft und Bildung, Berichterstatter: Herr Lluis Maria de Puig). Von der Versammlung verabschiedeter Text am

28. Juni 2006 (20. Sitzung).

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 65 – Drucksache 16/3400

3. Diese Haltung wurde zuletzt in Empfehlung 1566 (2002) betr. die europäische kulturelle

Zusammenarbeit dargelegt, in der die Versammlung ihre langjährige Unterstützung für die

europäische kulturelle Zusammenarbeit erneut bekräftigte, wie sie im Europarat und

insbesondere auf der Grundlage der Europäischen Kulturkonvention durchgeführt wird.

4. Die Versammlung war erfreut, aktiv an der Reihe der Ministerkonferenzen beteiligt zu sein,

die zur Feier des 50. Jahrestages der Konvention in Wroclaw (Dezember 2004), Straßburg

(September 2005) und Faro (Oktober 2005) stattfanden. Sie nimmt den Schwerpunkt zur

Kenntnis, den diese Konferenzen auf die Bedeutung der kulturellen Zusammenarbeit zur

Förderung der Kernwerte des Europarates legten und begrüßt die erheblichen Fortschritte,

die zur Bestimmung wichtiger Aktionslinien für ein Europa ohne Trennungslinien und den

Start eines Programms für den interkulturellen Dialog erzielt wurden.

5. Die Versammlung begrüßt auch die Beachtung, die der europäischen kulturellen

Zusammenarbeit vom Dritten Gipfel (Warschau, Mai 2005) geschenkt wurde. Sowohl die

Erklärung als auch der Aktionsplan widmen dem Bereich großen Raum und spiegeln die

meisten Besorgnisse wieder, die die Versammlung in ihrer Empfehlung 1693 (2005) an den

Gipfel übermittelt hatte. Dies wurde bereits in einer ersten Reaktion der Versammlung auf

den Gipfel in Empfehlung 1712 (2005), Abs. 16-21 anerkannt.

6. Die Texte des Dritten Gipfels erwähnen die meisten Bereiche der kulturellen

Zusammenarbeit. Die Versammlung ist der Ansicht, dass der Europarat eine Arbeitspräsenz

im Vorstand beibehalten sollte (einschließlich einer Abdeckung des Gebiets Wissenschaft

und Medien), selbst wenn es nicht möglich sein dürfte, prioritäre Aktivitäten in allen

Bereichen aufrecht zu erhalten. Sie ist besorgt angesichts nachweislicher Einsparungen im

Sport- und Jugendsektor und hofft, dass diese korrigiert werden können.

7. In den jüngsten Texten in Bezug auf die kulturelle Zusammenarbeit wurde eine erhebliche

Betonung auf die Möglichkeiten gemeinsamer Programme oder Projekte im breiten

kulturellen Bereich mit anderen Organisationen (EU, OSZE und Unesco) gelegt. Die

Versammlung ist sich bewusst, dass dies eine Möglichkeit zur Erhöhung der Ressourcen für

Maßnahmen des Europarates sein könnte. Sie möchte von diesen potenziellen Partnern eine

Bestätigung erhalten.

8. Die Entwicklung des interkulturellen Dialogs wurde als eines der wichtigsten Gebiete für

künftige Aktivitäten des Europarates identifiziert. Die Versammlung unterstützt diesen

Dialog sowohl innerhalb Europas als auch, gemäß ihrer eigenen Empfehlung 1590 (2003)

betr. die kulturelle Zusammenarbeit mit dem südlichen Mittelmeerraum, mit den

Nachbarregionen außerhalb Europas. Sie wird selbst einen Beitrag zum Weißbuch über den

interkulturellen Dialog leisten.

9. Die Versammlung begrüßt die neue europaweite Jugendkampagne zur Förderung der

Vielfalt, der Einbeziehung und der Teilnahme an der Gesellschaft, die auf dem Gipfel

vorgeschlagen wurde. Sie sieht ihrer aktiven Rolle bei dieser Kampagne erwartungsvoll

entgegen.

10. Sie erkennt auch die Rolle an, die die Kultur in Konfliktsituationen spielen kann. Die

Versammlung hat bereits selbst beigetragen (Friedensprozess im Nahen Osten, ehemaliges

Jugoslawien) und möchte die fortlaufenden zwischenstaatlichen Aktivitäten unterstützen

(z.B. im Hinblick auf das kulturelle Erbe im Südkaukasus).

Drucksache 16/3400 – 66 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

11. Im Allgemeinen wiederholt die Versammlung ihre Überzeugung, dass ihr Beitrag zur Arbeit

des Europarates im Bereich der kulturellen Zusammenarbeit in der Initiative, der Ergänzung

und in der Wechselwirkung besteht. Sie bedauert, dass es ihr ebenfalls an den erforderlichen

Ressourcen zur Ausführung ihres potenziellen Beitrags mangelt.

12. Die Versammlung empfiehlt dem Ministerkomitee,

12.1. die Kultur im weiteren Sinne anzuerkennen – einschließlich Kunst, kulturelles Erbe,

Medien, Wissenschaft, Bildung, Jugend und Sport – als Teil der zentralen Aufgabe

des Europarates neben Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit;

12.2. die geeigneten, erforderlichen Ressourcen bereitzustellen zur Durchführung der vom

Dritten Gipfel bestimmten Prioritäten in diesen Bereichen, und gleichzeitig eine

Arbeitspräsenz auf allen Gebieten der kulturellen Zusammenarbeit und die

Möglichkeit beizubehalten, auf neue Vorschläge zu reagieren, wo dies die Sache

wert sein kann;

12.3. insbesondere die Rolle des Europarates beim interkulturellen Dialog (innerhalb

Europas und zu seinen Nachbarregionen) und bei der kulturellen Vielfalt zu fördern;

12.4. weiterhin Bildungsmaßnahmen für eine demokratische Staatsbürgerschaft zu

entwickeln mit Programmen für die Lehrerfortbildung und die Ausweitung auf

inoffizielle Bildung;

12.5. seine einzigartige Zusammenarbeit zwischen den Regierungen sowie Vertretern

unabhängiger höherer Bildungseinrichtungen beizubehalten;

12.6. den Informationsaustausch und die Vernetzung im Bereich der Kulturpolitik und des

kulturellen Erbes beizubehalten und zu entwickeln;

12.7. die Demokratisierung des Zugangs zur Kultur durch solche Aktivitäten wie die Tage

des Europäischen Erbes, die europäischen Kulturstraßen und –korridore, die

Kunstausstellungen des Europarates und das Europäische Museumsforum zu fördern;

12.8. seine Arbeit im Hinblick auf den Sprachenerwerb fortzusetzen mit besonderem

Bezug zur Diversifizierung des sprachlichen Verständnisses und der Beibehaltung

von Minderheitensprachen, wo dies machbar ist;

12.9. die Zukunft der Zusammenarbeit im Sport erneut zu bewerten im Lichte der

Schlussfolgerungen der inoffiziellen Konferenz der Sportminister im Oktober 2006

in Moskau;

12.10. Mittel zur Erhaltung des Europäischen Jugendzentrums in Straßburg zu garantieren,

um die Fortsetzung der Jugendaktivitäten zu ermöglichen und Mittel für die neue

europaweite Jugendkampagne zur Förderung von Vielfalt, Menschenrechten und

Beteiligung zu fördern;

12.11. die Mitgliedstaaten, die dies noch nicht getan haben, zu ermutigen, die

Rahmenkonvention des Europarates über den Wert des Kulturerbes für die

Gesellschaft (Faro 2005) zu ratifizieren;

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 67 – Drucksache 16/3400

12.12. die Überwachung der Normen und die Umsetzung der internationalen Instrumente

für den Kulturbereich (insbesondere im Hinblick auf das kulturelle Erbe, Bildung,

Sport, Medien und Bioethik) zu entwickeln und die Versammlung daran

anzuschließen;

12.13. sich um Unterstützung von anderen Regierungsorganisationen (wie der EU, der

OSZE und der UNESCO) für eine engere institutionelle Zusammenarbeit im

Kulturbereich mit dem Europarat zu bemühen;

12.14. die EU einzuladen, bis zu ihrer Mitgliedschaft im Europarat dem Europäischen

Kulturabkommen beizutreten.

Empfehlung 1759 (2006)
18

betr.

die Einigkeit der Parlamente bei der Bekämpfung häuslicher Gewalt gegen Frauen

1. Die Parlamentarische Versammlung verweist auf ihre Entschließung 1512 (2006) betr. die

„Einigkeit der Parlamente bei der Bekämpfung häuslicher Gewalt gegen Frauen“.

2. Die Versammlung begrüßt es, dass die Staats- und Regierungschefs auf Empfehlungen der

Versammlung positiv reagiert und die Durchführung einer gesamteuropäischen Kampagne

zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen, einschließlich der häuslichen Gewalt, in den

Aktionsplan aufgenommen haben, der auf dem Warschauer Gipfel (16./17. Mai 2005)

angenommen wurde. Sie bringt ihre Wertschätzung für die Arbeit zum Ausdruck, die von

den Mitgliedern der Arbeitsgruppe geleistet wurde, die der Generalsekretär des Europarates

eingesetzt hatte und deren Sachverstand es ermöglicht hat, den Entwurf einer Strategie für

die Kampagne des Europarates auszuarbeiten, der dem Ministerkomitee vorgelegt werden

soll.

3. Die Versammlung beschließt, die parlamentarische Dimension dieser Kampagne weiter-

zuentwickeln und mit einer Initiative mit dem Titel „Einigkeit der Parlamente bei der

Bekämpfung häuslicher Gewalt gegen Frauen“ zu beginnen, um die Durchführung der

Kampagne des Europarates in den nationalen Parlamenten der Mitgliedstaaten im Auge zu

behalten.

4. Die Versammlung ruft das Ministerkomitee auf, die Bekämpfung der häuslichen Gewalt

2007/2008 zu einer vorrangigen Aufgabe zu machen und dafür Sorge zu tragen, dass die

Parlamentarische Versammlung in den die Kampagne des Europarates koordinierenden

Gremien weiterhin vertreten ist.

5. Die Versammlung stärkt die Europäische Kommission darin, die Tätigkeiten zu

unterstützen, die als Teil der Kampagne des Europarates vorgeschlagen werden, um Gewalt

gegen Frauen, einschließlich der häuslichen Gewalt, insbesondere im Rahmen des Daphne-

Programms, zu bekämpfen.
18

Versammlungsdebatte am 28. Juni 2006 (20. Sitzung) (siehe Dok. 10934, Bericht des Ausschusses für die

Gleichstellung von Frauen und Männern, Berichterstatterin: Frau Cliveti). Von der Versammlung verabschiedeter Text

am 28. Juni 2006 (20. Sitzung).

Drucksache 16/3400 – 68 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

6. Die Versammlung bestärkt das Ministerkomitee darin, seine Lenkungsausschüsse darum zu

bitten, die Ziele der Kampagne in ihre Tätigkeiten aufzunehmen, insbesondere im Rahmen

ihres Programms „Polizei und Menschenrechte“ sowie im Hinblick auf den Schutz der

Rechte von Einwanderinnen und des polizeilichen Umgangs mit von Frauen eingereichten

Beschwerden.

7. Die Versammlung ruft das Ministerkomitee auf,

7.1. die erforderlichen Haushaltsmittel zuzuweisen, um für den Erfolg dieser Kampagne

zu sorgen, indem auf intergouvernementaler, parlamentarischer, lokaler und

regionaler Ebene spezifische nationale und europäische Aktivitäten finanziert

werden;

7.2. die Mitgliedstaaten dringend dazu aufzufordern,

7.2.1. bei der Umsetzung der Initiative – unter Einschluss der parlamentarischen

Dimension – ihren Beitrag zu leisten, indem sie zur Finanzierung der

Aktivitäten freiwillige Beiträge erbringen, die als Teil der Kampagne des

Europarates vorgeschlagen werden;

7.2.2. Nichtregierungsorganisationen bei ihren Bemühungen zu unterstützen, das

Bewusstsein der Öffentlichkeit zu wecken und Opfern Schutz zu gewähren.

8. Die Versammlung ruft das Ministerkomitee auf, seine Zusammenarbeit mit der

Europäischen Union zu verstärken, um eine gemeinsame Methode zur Erhebung von

Statistiken über Gewalt in der Familie zu entwickeln.

Empfehlung 1760 (2006)
19

betr.

die Haltung der Parlamentarischen Versammlung im Hinblick auf die Mitglied- und

Beobachterstaaten, die die Todesstrafe nicht abgeschafft haben

1. Die Anwendung der Todesstrafe ist eine Verletzung des grundlegendsten Menschenrechts,

des Rechts auf Leben. Die Todesstrafe muss ein für allemal aus der Gesetzgebung aller

Länder gestrichen werden, die nach der Aufrechterhaltung von Demokratie,

Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten streben.

2. Die Parlamentarische Versammlung begrüßt die Tatsache, dass weniger als vier Jahre,

nachdem Protokoll Nr. 13 zur Europäischen Menschenrechtskonvention bezüglich der

Abschaffung der Todesstrafe unter allen Umständen (SEV Nr. 187) zur Unterzeichnung

geöffnet wurde, es bereits von 36 der 46 Mitgliedstaaten des Europarates ratifiziert und von

weiteren acht unterzeichnet wurde. Nur Aserbaidschan und Russland haben noch nicht

unterzeichnet.

3. Die Todesstrafe wurde in allen Mitgliedstaaten des Europarates abgeschafft, mit einer

Ausnahme. Die Versammlung weist darauf hin, dass die Russische Föderation sich bei
19

Versammlungsdebatte am 28. Juni 2006 (20. Sitzung) (siehe Dok. 10911, Bericht des Ausschusses für Recht und

Menschenrechte, Berichterstatterin: Frau Wohlwend). Von der Versammlung am 28. Juni 2006 verabschiedeter Text

(20. Sitzung).

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 69 – Drucksache 16/3400

ihrem Beitritt feierlich dazu verpflichtet hat, die Todesstrafe abzuschaffen und insbesondere

Protokoll Nr. 6 zur Europäischen Menschenrechtskonvention bezüglich der Abschaffung der

Todesstrafe in Friedenszeiten (SEV Nr. 114) innerhalb eines Jahres nach ihrem Beitritt zu

unterzeichnen und es innerhalb von drei Jahren zu ratifizieren.

4. Die Versammlung hält es für bedauerlich, dass diese Verpflichtung nur teilweise

eingehalten wurde und dass die Russische Föderation mehr als zehn Jahre nach ihrem

Beitritt noch immer die Todesstrafe in ihrer Gesetzgebung vorsieht, obwohl sie das

Moratorium für die 1996 von ihr beschlossenen Hinrichtungen respektiert. Obgleich die

Versammlung die von der russischen parlamentarischen Delegation unternommenen

Anstrengungen zur Förderung der Achtung der eingegangenen Verpflichtung anerkennt,

bedauert sie, dass sie bisher keinen klaren Hinweis von den russischen Behörden auf

höchster Ebene erhalten hat, was ihre Absichten in dieser Angelegenheit sind. Sie fordert die

russischen Behörden nachdrücklich dazu auf, gegenüber der Öffentlichkeit in ihrem Land

dieselbe Entschlossenheit und Überzeugungskraft an den Tag zu legen wie die übrigen

Mitgliedstaaten des Europarates, die den politischen Willen und den Mut zur Abschaffung

der Todesstrafe hatten, trotz der potenziellen Unpopularität dieser Maßnahme.

5. Die Versammlung verweist diesbezüglich auf die Entschließungen 1455 (2005), 1277

(2002) und 1187 (1999), in denen sie wiederholte Aufrufe an die russischen Behörden im

Hinblick auf die Frage der Abschaffung der Todesstrafe richtete und sie nachdrücklich dazu

aufforderte, unverzüglich Protokoll Nr. 6 zur Europäischen Menschenrechtskonvention zu

ratifizieren. Die Versammlung weist darauf hin, dass die anfänglich zur Einhaltung dieser

Verpflichtung gesetzte Frist 1999 ablief.

6. Die Versammlung stellt ebenfalls mit Besorgnis fest, dass die international nicht

anerkannten separatistischen Gebiete in Abchasien, Südossetien und die moldauische

Republik Dnestr die Abschaffung der Todesstrafe durch Georgien bzw. Moldau nicht

beachten. Sie ist der Auffassung, dass die Todesstrafe in diesen Gebieten abgeschafft

werden sollte und dass die Verurteilungen aller Gefangenen, die gegenwärtig in Abchasien

und der moldauischen Republik Dnestr in Todeszellen sitzen, unverzüglich in Haftstrafen

umgewandelt werden sollten, damit der grausamen und unmenschlichen Behandlung

derjenigen ein Ende gesetzt wird, die seit Jahren in einem Status der Unsicherheit im

Hinblick auf ihr letztendliches Schicksal in Todeszellen gefangen gehalten werden.

7. Im Hinblick auf die Länder, die über einen Beobachterstatus beim Europarat verfügen,

verweist die Versammlung auf die Entschließungen 1349 (2003) und 1253 (2001), in denen

sie Japan und die Vereinigten Staaten aufrief, ein sofortiges Hinrichtungsmoratorium zu

verhängen und die notwendigen Schritte zur Abschaffung der Todesstrafe zu ergreifen. Sie

hält es für unstatthaft, dass diese Aufrufe unbeachtet geblieben sind und dass sowohl Japan

als auch die Vereinigten Staaten die Todesstrafe weiter anwenden und ihre grundlegende

Verpflichtung zur Aufrechterhaltung der Menschenrechte gemäß der satzungsmäßigen

Entschließung (93) 26 verletzten. Seit der Einführung der Todesstrafe 1977 haben in den

USA 1.016 Hinrichtungen stattgefunden, seit 2001 haben in Japan acht Hinrichtungen

stattgefunden.

8. Im Hinblick auf die Mitgliedstaaten des Europarates empfiehlt die Versammlung dem

Ministerkomitee,

Drucksache 16/3400 – 70 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

8.1 seine Anstrengungen fortzusetzen, um sicherzustellen, dass Protokoll Nr. 13 (SEV

Nr. 187) so schnell wie möglich von allen Mitgliedstaaten des Europarates ratifiziert

wird;

8.2 die Russische Föderation zu verpflichten, Protokoll Nr. 6 zur Abschaffung der

Todesstrafe in Friedenszeiten (SEV Nr. 114) ohne weitere Verzögerung zu

ratifizieren;

8.3 Albanien und Lettland aufzufordern, ihre nationalen Gesetzgebungen dahingehend

zu ändern, dass die Todesstrafe für in Kriegs- oder Notstandszeiten begangene

Verbrechen abgeschafft wird;

8.4 mit Aserbaidschan die Lage der Häftlinge zu klären, die vor der Abschaffung der

Todesstrafe in dem Land 1998 zum Tode verurteilt wurden, deren Verurteilungen

anscheinend noch immer nicht umgewandelt wurden und die daher weiterhin in

Todeszellen gefangen gehalten werden.

9. Im Hinblick auf die Länder, die über einen Beobachterstatus beim Europarat verfügen,

verweist die Versammlung auf ihre Empfehlungen 1627 (2003) und 1522 (2001) und fordert

das Ministerkomitee nachdrücklich dazu auf,

9.1 den früheren Empfehlungen der Versammlung zur Abschaffung der Todesstrafe in

den Beobachterstaaten eine praktische Weiterverfolgung zuteil werden zu lassen und

die geeigneten Schlussfolgerungen aus der Haltung der Behörden beider Länder zu

dieser Frage zu ziehen;

9.2 dringend einen aktiven und substantiellen politischen Dialog mit Japan und den

Vereinigten Staaten einzuleiten und beide Länder zu ermutigen, endlich ein

unverzügliches Hinrichtungsmoratorium einzuführen, unter Betonung der

grundsätzlichen Haltung, dass es für den Europarat nunmehr unmöglich ist zu

akzeptieren, dass Staaten, die über einen Beobachterstatus verfügen, die Todesstrafe

anwenden;

9.3 Japan nachdrücklich dazu aufzufordern, die Todesstrafe so bald wie möglich, jedoch

in jedem Fall vor der Umsetzung seiner Justizreform und der Einführung von

bürgerlichen Geschworenengerichten im Jahre 2009 abzuschaffen;

9.4 die Vereinigten Staaten nachdrücklich dazu aufzufordern, die Todesstrafe so bald

wie möglich abzuschaffen;

9.5 bis Ende 2006 die Frage der Aussetzung des Beobachterstatus Japans und der

Vereinigten Staaten auf die Tagesordnung zu setzen, wenn bis dann keine

Fortschritte in dieser Frage erzielt wurden.

10. Die Versammlung empfiehlt dem Ministerkomitee ebenfalls, die Europäische Union

nachdrücklich dazu aufzufordern, die Frage der Todesstrafe in ihrem politischen Dialog mit

China anzusprechen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 71 – Drucksache 16/3400

Empfehlung 1761 (2006)
20

betr.

die Verhütung von Waldbränden

1. Waldbrände sind einer der negativsten Aspekte der Schädigung unserer Umwelt. Jedes Jahr

verringern Feuer in Wald- und Bergregionen das Naturerbe unseres Kontinents, indem sie

große Massen von Wald zerstören und die biologische Vielfalt schwächen.

2. Sie verursachen ebenfalls Emissionen in die Erdatmosphäre, zerstören Eigentum und fordern

Todesopfer, sowohl unter der betroffenen Bevölkerung als auch unter den

Brandschutztruppen. Hinzu kommt die schrittweise Zerstörung der

Grundwasserspeicherkapazität, die Ungleichgewichte im Wassersystem verschärft und zu

häufigerer Wasserknappheit führt.

3. Waldbrände sind eine Realität, die alle Länder des Europarates betrifft, vor allem die

Mittelmeerländer, die am schlimmsten beeinträchtigt sind, was die Anzahl der Brände und

der verbrannten Flächen anbelangt. In den nächsten Jahren wird die Trockenheit in

Südeuropa aufgrund des Klimawandels zunehmen, was häufigere Waldbrände zur Folge

haben wird.

4. Einer der Faktoren, die Brände begünstigen, ist die ländliche Abwanderung, die dazu geführt

hat, dass eine Reihe landwirtschaftlicher Praktiken, die zur Verhütung von Waldbränden

beitrugen, in den letzten Jahrzehnten aufgegeben wurden.

5. Die Parlamentarische Versammlung unterstützt vorbehaltlos die Entschließung

P6_TA(2005)0334 des Europäischen Parlaments zu den Naturkatastrophen (Brände und

Überschwemmungen) des Sommers 2005 in Europa.

6. Die Versammlung empfiehlt dem Ministerkomitee daher, die Mitgliedstaaten aufzufordern,

6.1. die Entwicklung von Aktivitäten zu fördern, die die Nutzung der Wälder in einem

Geiste der Achtung der Grundsätze der nachhaltigen Entwicklung ermutigen, und,

soweit möglich, finanzielle und steuerliche Unterstützung für diese Aktivitäten zu

leisten;

6.2. Politiken zu fördern, die auf dem Grundsatz beruhen, dass das beste Mittel zur

Bekämpfung von Waldbränden ihre Verhütung ist;

6.3. die Einführung von Waldverhütungsmaßnahmen zu fördern, die Forsttechniken wie

Feuerschneisen und den intelligenten Einsatz kontrollierter Brände einschließen;

6.4. präventive sozioökonomische Strategien zu entwickeln, die es Landwirten,

Tierzüchtern und Forstwirten – der ländlichen Bevölkerung im allgemeinen –

ermöglichen, ihre gewöhnlichen Aktivitäten in Gebieten fortzusetzen, die von

Bränden betroffen sind;
20

Versammlungsdebatte am 30. Juni 2006 (23. Sitzung) (siehe Dok. 10962, Bericht des Ausschusses für Umwelt,

Landwirtschaft und kommunale und regionale Angelegenheiten, Berichterstatter: Herr Iñaki Txueka). Von der

Versammlung verabschiedeter Text am 30. Juni 2006 (23. Sitzung).

Drucksache 16/3400 – 72 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

6.5. die wissenschaftliche Forschung über das Potenzial von aus Wäldern stammendem

Rohmaterial zu fördern als ein wichtiger Faktor zur Aufwertung der Waldnutzung

und Steigerung ihrer Rentabilität;

6.6. Informationskampagnen zu veranstalten, die sich unmittelbar an Landwirte,

Tierzüchter und Forstwirte richten über die Notwendigkeit und Verpflichtung,

(traditionellen oder anderen) Praktiken ein Ende zu setzen, die die Gefahr von

Bränden nach sich ziehen, vor allem zu bestimmten Jahreszeiten;

6.7. Strategien für das Sammeln und Recyceln von Waldabfall-Biomasse und zur

Walddiversifizierung, Waldpflanzung und Waldverjüngung durch das Verwenden

brandresistenterer Arten in von Bränden betroffenen Gebieten zu verabschieden,

unter Berücksichtigung der örtlichen bioklimatischen und ökologischen Merkmale;

6.8. zu verhindern, dass ein materieller Nutzen oder Vorteile aus der Nutzung verbrannter

Flächengebiete oder aus dem Verkauf von verbranntem Holz gezogen werden;

6.9. Änderungen bei der Nutzung brandgeschädigter Berggebiete oder Wälder zu

verbieten, die die Erneuerung der Pflanzendecke verhindern, und Verbote für die

städtische Entwicklung und Bebauung in verbrannten Gebieten auf mindestens

dreißig Jahre auszudehnen;

6.10. Mindestabstände rechtlich vorzuschreiben, die für alle Neubauten in gefährdeten

Gebieten zwischen Wohn- und Waldgebieten einzuhalten sind;

6.11. das Entzünden von Feuern in Wäldern in den gefährdeten Regionen und Jahreszeiten

zu verbieten und ernste Strafen für Verstöße vorzusehen;

6.12. Kampagnen zur Erhöhung des Bewusstseins über dieses Problem in Schulen und

insbesondere in Gemeinschaften auszuweiten, die Freizeitaktivitäten in den Bergen

und Wäldern nutzen und sich mit ihnen beschäftigen;

6.13. die Strafen für kriminelle Handlungen, die einen beträchtlichen Teil der Waldbrände

verursachen, zu verschärfen;

6.14. die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Ausbildung der

Brandschutzabteilungen und –truppen zu verstärken und sie mit angemessenen

Mitteln auszustatten;

6.15. ein paneuropäisches Netzwerk für eine spezialisierte Weiterbildung einzurichten, das

sich auf Techniken zur Verhütung und Bekämpfung von Waldbränden konzentriert,

die zur Kontrolle des Ausmaßes und der Verbreitung von Waldbränden immer

notwendiger sind;

6.16. Warnanlagen und angemessene Infrastruktureinrichtungen einzurichten, um einen

möglichst raschen, wirksamen Einsatz zu ermöglichen und zu verhindern, dass

Brände außer Kontrolle geraten;

6.17. die Einführung koordinierter Einsatzprotokolle zu fördern und die Verantwortung für

das Waldbrandmanagement kommunalen und regionalen Behörden zu übertragen;

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 73 – Drucksache 16/3400

6.18. die Koordinierungs- und Einsatzeinrichtungen zu verstärken und zu finanzieren,

insbesondere Einsatzsysteme aus der Luft, die grenzübergreifend anwendbar sind;

6.19. sofern sie es noch nicht bereits getan haben, dem Katastrophenabkommen EUR-OPA

beizutreten.

7. Die Versammlung empfiehlt dem Ministerkomitee ebenfalls,

7.1. die Europäische Ministerkonferenz für Raumplanung (CEMAT) zu ersuchen, die

Anwendung der Leitlinien für eine nachhaltige Raumentwicklung auf dem

europäischen Kontinent zu verstärken, insbesondere der Maßnahmen zur Verhütung

von Katastrophen wie Waldbränden durch eine geeignete Planung der Waldgebiete,

und diese Frage in ihr Arbeitsprogramm aufzunehmen.

7.2. das Katastrophen-Teilabkommen EUR-OPA anzuweisen, seine Aktivitäten im

Hinblick auf Waldbrände vor allem im Mittelmeerraum zu entwickeln, in

Zusammenarbeit mit anderen Partnern, die auf diesem Gebiet tätig sind wie der

Europäischen Kommission, der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der

Vereinten Nationen (FAO) und dem Weltweiten Wildland-Feuernetzwerk der

Internationalen Strategie zur Katastrophenvorsorge der Vereinten Nationen (UN-

ISDR);

8. Die Versammlung betont, dass kommunale und regionale Behörden eine wichtige Rolle und

eine beträchtliche Verantwortung bei der Bekämpfung von Waldbränden haben und

empfiehlt, dass der Kongress der Gemeinden und Regionen Europas des Europarates diese

Frage untersuchen sollte, um konzertierte Strategien zu entwickeln, die von den

kommunalen und regionalen Behörden auf paneuropäischer Ebene umgesetzt werden

sollten.

Empfehlung 1762
21

betr.

die akademische Freiheit und Hochschulautonomie

1. Die Parlamentarische Versammlung des Europarates verweist auf die Magna Charta

Universitatum, die von den Hochschulen 1988 aus Anlass des 900. Jahrestages der

Universität Bologna (Italien) zur Unterzeichnung eröffnet wurde, welche seither von ca. 600

Hochschulen aus allen Kontinenten unterzeichnet wurde und zu der jedes Jahr neue

Unterzeichner hinzukommen.

2. Die Magna Charta Universitatum spiegelt die entscheidende Rolle wider, die die

Universitäten bei der Entwicklung der europäischen humanistischen Tradition und der

Entwicklung der menschlichen Zivilisationen gespielt haben. Sie wiederholt auch, dass die

grundlegenden Prinzipien und Rechte der akademischen Freiheit und der institutionellen

Autonomie entscheidend für die Hochschulen sind und dass die anhaltende Beobachtung
21

Versammlungsdebatte am 30. Juni 2006 (23. Sitzung) (siehe Dok. 10943, Bericht des Ausschusses für Kultur,

Wissenschaft und Bildung, Berichterstatter: Herr Jarab). Von der Versammlung verabschiedeter Text am 30. Juni 2006

(23. Sitzung).

Drucksache 16/3400 – 74 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

dieser Werte zum Nutzen der einzelnen Gesellschaften und der Menschheit im Allgemeinen

ist.

3. Im Jahr 2000 gründeten die Universität Bologna und der Verband der europäischen

Universitäten als Verwahrer der Magna Charta Universitatum das „Observatory of

Fundamental University Values and Rights“ (Beobachtungsstelle für grundlegende

universitäre Werte und Rechte), in das der Europarat einen Vertreter entsandt hat. Die

Aufgabe der Beobachtungsstelle ist es, die Beachtung der Grundsätze zu überwachen und

eine offene Diskussion über die Werte einzuleiten, die diese Grundsätze repräsentieren.

4. Im Einklang mit der Magna Charta Universitatum bekräftigt die Versammlung erneut das

Recht auf akademische Freiheit und universitäre Autonomie, das folgende Grundsätze

umfasst:

4.1. die akademische Freiheit in Forschung und Ausbildung sollte die Meinungs- und

Handlungsfreiheit garantieren, die Freiheit der Informationsverbreitung sowie die

Freiheit der uneingeschränkten Suche beim Streben und bei der Verbreitung von

Wissen und Wahrheit;

4.2. die institutionelle Autonomie der Universitäten sollte der Ausdruck einer

unabhängigen Verpflichtung gegenüber dem traditionellen und noch immer

wesentlichen kulturellen und sozialen Auftrag der Universität im Hinblick auf eine

Politik von geistigem Nutzen, verantwortungsbewusstes Handeln und ein effizientes

Management sein;

4.3. die Geschichte hat gezeigt, dass Verstöße gegen die akademische Freiheit und die

universitäre Autonomie immer zu intellektuellem Rückfall und folglich auch zu

sozialer und wirtschaftlicher Stagnation geführt haben;

4.4. es könnten sich jedoch auch hohe Kosten und Verluste ergeben, wenn die

Hochschulen sich in die Isolierung eines „Elfenbeinturms“ begeben und nicht auf die

sich wandelnden Bedürfnisse der Gesellschaften reagieren würden, denen sie dienen

und dazu beitragen sollen, sie zu bilden und sich zu entwickeln; die Hochschulen

müssen der Gesellschaft nahe genug stehen, um zur Lösung grundlegender Probleme

beizutragen, jedoch genügend losgelöst sein, um eine kritische Distanz zu wahren

und eine langfristigere Sichtweise anzunehmen.

5. Im Lauf der Geschichte wurden die Hochschulen mit tiefgreifenden Änderungen und

Herausforderungen konfrontiert, die aus dem Wandel der Gesellschaften und der

Institutionen selbst resultierten. Sie erwiesen sich meistens als in der Lage, notwendige

externe und interne Anforderungen gleichzeitig zu beantworten, um ihrer historischen Rolle

beim Streben nach freiem und universalem Wissen gerecht zu werden.

6. Mit der Ankunft der „Wissensgesellschaft“ ist offenkundig geworden, dass „ein neuer

Vertrag“ zwischen Hochschule und Gesellschaft erzielt werden muss, der die neuen

Entwicklungen widerspiegeln und anerkennen würde. In einem solchen Verständnis müssen

die gesellschaftliche und kulturelle Verantwortung und Verantwortlichkeit der Universitäten

gegenüber der Öffentlichkeit und gegenüber ihrer eigenen Aufgabe als die unvermeidliche

andere Seite der Medaille der akademischen Freiheiten erachtet werden.

7. Es mag wahr sein, dass die akademische Freiheit der Forscher, Wissenschaftler und

Dozenten und die institutionelle Autonomie der Hochschulen nach den heutigen

Bedingungen neu definiert werden müssen, doch diese Grundsätze sollten ebenfalls

bekräftigt und gesetzlich, vorzugsweise verfassungsmäßig garantiert werden. Wie durch

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 75 – Drucksache 16/3400

häufige international durchgeführte Bewertungen und Evaluierungen belegt wurde, kann der

akademischen Aufgabe, die Anforderungen und Bedürfnisse der modernen Welt und der

heutigen Gesellschaften zu erfüllen, am besten nachgekommen werden, wenn die

Hochschulen moralisch und geistig unabhängig von allen politischen oder religiösen

Instanzen und Wirtschaftsmächten sind.

8. Die soziale und kulturelle Verantwortung der Hochschulen bedeutet mehr als reine

Reaktionsbereitschaft auf unmittelbare Forderungen der Gesellschaften oder die Bedürfnisse

des Marktes, wie wichtig es auch sein mag, diesen Forderungen und Bedürfnissen ernsthaft

Rechnung zu tragen. Sie ruft zu einer Partnerschaft zur Definition des Wissens für die

Gesellschaft auf und impliziert, dass die Hochschulen weiterhin eine langfristige Sichtweise

annehmen und zur Lösung der grundlegenden Fragen der Gesellschaft sowie zum Finden

von Abhilfen für unmittelbare Probleme beitragen sollten.

9. Zur traditionellen Berufung und zum vollständigen Potenzial der Universitäten für das 21.

Jahrhundert gehören neben der unabhängigen Untersuchung und der freien Förderung

erworbenen Wissens (aber auch durch diese Aktivitäten) das Leisten stetiger Beiträge zur

Entwicklung der sozialen Ordnung und ein Sinn für die Grundwerte in den Gesellschaften,

die Kultivierung der nationalen Identität sowie ein offenes Verständnis für internationale

und universale Verdienste, die Förderung einer demokratischen Staatsbürgerschaft und

Sensibilität für die menschliche und natürliche Umwelt auf kommunaler und weltweiter

Ebene, die Festlegung akademischer Ziele, Ausbildung zur praktischen Flexibilität sowie

das Lehren einer kritischen Denkweise.

10. Den Hochschulen akademische Freiheit und Autonomie zu gewähren ist eine Frage des

Vertrauens in die Besonderheit und Einzigartigkeit dieser Institution, die im Laufe der

Geschichte immer wieder bestätigt wurde, und doch sollte der Begriff weiterhin Thema

eines fortgesetzten und offenen Dialogs zwischen der akademischen Welt und der

Gesellschaft als Ganzem im Geiste der Partnerschaft sein. Von den Hochschulen könnte

erwartet werden, bestimmten gesellschaftlichen und politischen Zielen gerecht zu werden,

sogar bestimmte Forderungen des Marktes und der Unternehmenswelt zu erfüllen, doch sie

sollten auch das Recht haben zu entscheiden, welche Mittel sie beim Erstreben und zur

Erfüllung ihrer kurzfristigen und langfristigen Aufgaben in der Gesellschaft wählen.

11. Verantwortlichkeit, Transparenz und Qualitätsgewährleistung sind Voraussetzungen für die

Gewährung akademischer Freiheit und institutioneller Autonomie für die Hochschulen. Nur

mit einem derartigen Vertrag zwischen der Gesellschaft und den Universitäten kann erwartet

werden, dass die Hochschulen den Gesellschaften gut dienen und durch die Freiheit ihrer

Wahl, wie sie dies am besten tun, proaktiv sein werden, was bedeutet, dass sie nicht nur auf

Veränderungen antworten, sondern auch führend sein werden bei der Einleitung und

Vollendung wünschenswerter Entwicklungen.

12. Anhand der Befugnis der Parlamentarischen Versammlung und ihrer zuständigen

Ausschüsse sowie des Ministerkomitees und der Aktivitäten seines zwischenstaatlichen

Lenkungsausschusses für Höhere Bildung und Forschung (CD-ESR) sollte der Europarat

dahingehend handeln, dass er die entscheidende Bedeutung der akademischen Freiheit und

universitären Autonomie erneut bekräftigt und zu einem offenen politischen Dialog über das

Verständnis der Konzepte in der komplexen und sich verändernden Realität unserer

modernen Gesellschaften beiträgt. Ziele und Kriterien müssen realistisch und gut definiert

sein, was in der entstehenden „Audit-Gesellschaft“ häufig nicht der Fall ist.

Drucksache 16/3400 – 76 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

13. Die Versammlung beschließt, mit der Beobachtungsstelle der Magna Charta Universitatum

bei der Überwachung der Befolgung der Grundsätze der akademischen Freiheit und

universitären Autonomie in Europa zusammenzuarbeiten und der Arbeit der

Beobachtungsstelle somit eine europäische parlamentarische Dimension hinzuzufügen.

14. Die Versammlung empfiehlt dem Ministerkomitee, seine Arbeit im Hinblick auf die

akademische Freiheit und universitäre Autonomie als eine grundlegende Voraussetzung

einer jeden demokratischen Gesellschaft zu verstärken. Die Versammlung ersucht das

Ministerkomitee, die Anerkennung der akademischen Freiheit und universitären Autonomie

zu einer Voraussetzung für die Mitgliedschaft im Europarat zu erklären. Die Versammlung

ruft in diesem Zusammenhang das Ministerkomitee, die zuständigen speziellen Ministerien

der Regierungen der Mitgliedstaaten und die Universitäten in den Mitgliedstaaten auf, ein

multilaterales Programm für europäische Studenten- und Fakultätsaustausche mit den

Universitäten in Belarus und der weissrussischen „Europäischen humanitären Universität“ in

Vilnius (Litauen) einzurichten.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 77 – Drucksache 16/3400

2. Redebeiträge deutscher Parlamentarier

Umsetzung von Entschließung 1480 (2006) über das Problem der Beglaubigungsschreiben der

Parlamentarischen Delegation Aserbaidschans

Abg. Eduard Lintner (CDU/CSU): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe

mich deshalb zu Wort gemeldet, weil auch ich an der „Pre-Election“ -Mission teilgenommen habe

und auch am Wahltag, am 13. Mai, dort Wahlbeobachtung gemacht habe. Mir liegt sehr daran, dass

wir dieses Land, welches sich ja auf dem Wege in die Demokratie befindet, in seinen Bemühungen

fair beurteilen; doch ich glaube, dem wird der Bericht, den die beiden Herren vorgelegt haben, nicht

in allen Punkten gerecht.

Es trifft durchaus zu, dass noch viel Grundsätzliches getan werden muss, zum Beispiel muss das

Wahlrecht geändert werden, es muss die Zusammensetzung der Wahlkommission geändert werden

und es muss mehr Versammlungsfreiheit geschaffen werden.

All das muss festgestellt, jedoch von uns auch unterstützt werden.

Auf der anderen Seite müssen wir jedoch eingestehen, wie der Kollege Walter bereits gesagt hat,

dass es sich um einen Entwicklungsprozess handelt. Keine Demokratie in unseren Ländern – mag

sie auch noch so klassisch sein – hat jemals von heute auf morgen perfekt funktioniert, sondern es

gibt immer einen Entwicklungsprozess, der sich in die richtige Richtung entwickeln muss, und

unsere Aufgabe muss es vor allem sein, eben diese Richtung zu beobachten und darauf zu achten –

notfalls auch mit Druck – dass diese Richtung nicht verlassen wird. Wir müssen diesen Prozess auf

jeden Fall unterstützen und begleiten.

Die Wahlen am 13. Mai haben natürlich keine so große Aufmerksamkeit genossen wie die Wahlen

vom November, da es ja nur um zehn Wahlkreise ging, die für die Mehrheit im Parlament nicht

entscheidend waren. Deshalb war das nationale Interesse schon relativ gering. Das internationale

Interesse jedoch war noch geringer, worin ich übrigens auch einen Grund dafür sehe, dass die

Wahlbeteiligung nicht den Erwartungen entsprochen hat, die wir alle an das Ereignis in diesem

Land gestellt hatten.

Im übrigen hat die Tatsache, dass die Opposition sich nicht einig ist und sich zum Teil auch nicht an

den Wahlen beteiligt hat, die Bevölkerung auch nicht dazu bewogen, sich stärker zu beteiligen. Wer

permanent demotiviert, braucht sich nicht zu wundern.

Jedoch stellt – ich habe das nachgelesen, Herr Kollege Platvoet – die OSZE in ihrem Bericht

immerhin fest, dass sich einiges zum Positiven geändert hat, zum Beispiel die Tatsache, dass immer

zahlreiche Beobachter in den Wahllokalen selbst zugegen waren. Ich muss dem Kollegen Walter

Recht geben: Bei uns wäre das nicht möglich; bei uns werden die Wahllokale abgeschirmt. Dass hin

und wieder jemand entfernt werden muss, weil er den Prozess stört, halte ich für normal und nicht

für würdig, in einem solchen Bericht erwähnt zu werden.

Die Feststellung, dass sich noch vieles ändern muss, teile ich uneingeschränkt.

Ich möchte jedoch auf ein paar Elemente in diesem Bericht hinweisen, die meines Erachtens in

dieser Form seiner Ernsthaftigkeit nicht gerecht werden.

Da heißt es zum Beispiel, man habe gehört oder es würde berichtet und so fort, und daraus werden

dann Fakten gezimmert, die als Beweis für das Gegenteil nicht geeignet sind.

Ein besonders eindrucksvolles Beispiel hat der Kollege Walter bereits angeführt: Die kritischen

Intellektuellen.

Drucksache 16/3400 – 78 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Auch ich wollte darauf hinweisen, dass es zum täglichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland

gehört, dass Intellektuelle in härtesten Worten unsere Bundesregierung kritisieren. Dies ist jedoch

Teil des Rechts und kann doch nicht negativ beurteilt werden!

Im Gegenteil ist die Tatsache, dass dies auch gegenüber internationalen Beobachtern möglich ist,

für mich ein Zeichen dafür, dass das Land auf dem richtigen Wege ist.

Deshalb tun wir meines Erachtens gut daran, die Dinge weiterhin zu beobachten, die Kolleginnen

und Kollegen aus Aserbaijdjan zu unterstützen, und uns immer wieder mit der Regierung in

Verbindung zu setzen, um sie zu motivieren, auf dem Weg, den wir für den richtigen halten, weiter

zu gehen.

Bitte seien Sie nicht beleidigt, Herr Kollege Gross: mir ist berichtet worden, Sie hätten sich in der

Vergangenheit geweigert, mit Regierungsmitgliedern zusammen zu treffen, deshalb wundert es

mich nicht, wenn Sie im Moment ähnliche Schwierigkeiten haben.

Die Frage ist immer, wie man miteinander umgeht, und ich bitte daher darum, für die Zukunft

unterstützende und positive Ansätze zu finden.

Im übrigen bin ich mit den Berichterstattern einer Meinung, dass es sich erübrigt, wieder den Status

der Kolleginnen und Kollegen zu überprüfen. Wir können das jederzeit tun, davor ist keiner gefeit,

auch Aserbajdjan nicht. Insofern bleibt der für die Erreichung der Ziele notwendige Druck erhalten,

und dies halte ich für eine gute Basis für die Zukunft.

Die Außenbeziehungen des Europarates

Abg. Wolfgang Wodarg (SPD): Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich

möchte mich bei Adrian Severin dafür bedanken, dass er neue Facetten aufgezeigt hat, und dass er

ein neues Buch aufgeblättert hat für uns, die wir von dem überzeugt sind, was wir hier für Europa

tun.

Wir wollen für die Werte kämpfen und einstehen, an die wir glauben: Für die Menschenrechte, für

die Entwicklung der Demokratie, für die Gerechtigkeit und für ein gerechtes System in den

Mitgliedsländern. Morgen haben wir eine wichtige Debatte, in der wir zeigen können, wie gut wir

das in unseren eigenen Ländern machen.

Wir wollen aber auch in dem großen, weltweiten Wettbewerb attraktiv sein, in diesem globalen

Wettbewerb: es ist Amerika, es ist der ostasiatische Raum, und es ist Europa. Es ist nicht zu

leugnen, dass dies unterschiedliche Wertsysteme sind.

Es gibt auch Regionen in dieser Welt, die sich noch nicht entschieden haben, sondern zwischen

diesen Räumen stehen. Wir sind der Meinung, dass Demokratie und Menschenrechte notwendig

sind, und wir treten dafür ein. Und dieses Eintreten muss offensiv geschehen, denn unsere

Mitbewerber machen es ebenso, und wer, wenn nicht der Europarat, könnte dieses Geschehen

vorantreiben?

Natürlich hört man immer wieder, die Europäische Union sei attraktiv für viele Länder.

Aber: die Europäische Union zieht diese Länder mit Werten an, die weltweit gelten, nämlich mit

Geld. Genau hier sind wir jedoch möglicherweise nicht wettbewerbsfähig; es kann sein, dass andere

Länder wirtschaftlich stärker werden. Es kann auch sein, dass manche Länder sich infolge

attraktiverer Geldangebote anders orientieren. Wenn wir es nicht schaffen, andere Werte zu

entwickeln als die des Geldes und auch glaubhaft machen, dass wir für sie einstehen, dass es bei uns

funktioniert, dass Gerechtigkeit bei uns dazu führt, dass nicht nur die Regierungen selbst, sondern

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 79 – Drucksache 16/3400

auch die Menschen in diesen Ländern zufrieden und glücklich dabei sind - wenn wir all das nicht

schaffen, werden wir weniger Anhänger in der Welt haben.

Deshalb bin ich froh, dass wir als diejenige Organisation, welche sich um diese Rechte und Werte

kümmert, hier in die Offensive gehen. Wir müssen gemeinsam überlegen, was wir anbieten, wen

wir einladen können. Wir sind ein relativ armes Haus, was die Geldmittel angeht, doch ein reiches

Haus, was die anderen Werte angeht. Wenn wir nun andere Länder zu uns einladen, dann muss das

so geschehen, dass sie sich auch bei uns wohl fühlen.

Wir dürfen sie nicht überfordern und ihnen keine Dinge anbieten, für die sie nachher Schlange

stehen müssen. Wenn wir den Gerichtshof für die ganze Welt öffnen, wird er vollends zusammen

brechen.

Wenn wir also die Funktionen eines solchen Gerichtshofs auch anderswo propagieren und attraktiv

machen wollen, müssen wir uns Gedanken darüber machen, wie das geschehen soll, woher die

Mittel kommen sollen und welche Organisationsformen in Frage kommen.

Ich glaube jedoch, dass wir zu Recht formulieren können: Wir laden euch ein, zusammen mit uns zu

lernen, nicht Wir haben schon alles gelernt. Wir sind nämlich immer noch dabei. Unser Ziel jedoch

offen und ehrlich anzustreben, sollen die anderen miterleben und gleichzeitig als Beispiel erfahren.

Wir haben – zum Beispiel in Marokko, bei unseren Nachbarn - Wahrheitskommissionen gehabt,

und wir konnten sehen, wie segensreich sie funktionieren. Wir haben gesehen, wie in Europa und

auch weltweit mit Minderheiten umgegangen wird; und auch hier haben wir wohl einiges zu zeigen,

wie man das richtig macht, wie Minderheiten zu ihrem Recht kommen können. Wir sind noch nicht

fertig, doch wir haben Werte für unsere Vorgehensweise entwickelt. Ich halte dies für attraktiv in

den Augen anderer Länder, besonders dann, wenn die Bevölkerung davon weiß, und nicht nur die

Regierung.

Ich habe neulich etwas erlebt, was den Unterschied zwischen der Europäischen Union und uns

illustrieren kann: ich habe bei den Vereinten Nationen an einer Diskussion teilgenommen, bei der es

um die Bereitstellung von Grippe-Impfstoff ging. Wir haben hier vor kurzem beschlossen, dass im

Falle einer Pandemie jeder die Erlaubnis zur Herstellung dieses Impfstoffes erhalten muss, der zur

Herstellung in der Lage ist, dass die Herstellung nicht durch Patente eingeschränkt werden darf,

dass der freie Zugang zu diesem wichtigen Medikament sofort für jedermann gesichert werden

muss.

Im selben Gremium jedoch hat sich die Europäische Union dafür ausgesprochen, dass die Patente

größere Bedeutung haben müssten als der freie Zugang. Die Europäische Union vertritt nämlich

andere Werte. Die Dichotomie europäischer Bemühungen wurde überaus deutlich, und man konnte

Europa dort auf zweierlei Weise erleben.

Ich freue mich, dass wir mit unserer Arbeit und mit unseren Entscheidungen hier nicht nur das Geld

im Auge haben, sondern dass wir stattdessen den Zugang zu einer gerechten Versorgung, zu

Gerechtigkeit überhaupt, sowie zur Pflege der Menschenrechte als erstes bedienen. In diesem Sinne

auch ein Dank an Herrn Severin für seine Arbeit, die wir unterstützen

Die Außenbeziehungen des Europarates

Abg. Wolfgang Wodarg (SPD): Es entspricht dem, was schon vorhin gesagt wurde. Es wird auch

hier zuviel angeboten, und aus diesem Grund gibt es eine etwas allgemeinere Formulierung, bei der

die konkreten Angebote noch nicht genannt werden. Dieses Amendement würde ich dann gerne

zurücknehmen, wenn das Wort „core“ gestrichen wird. Dies müsste dann aber hier als All-

Amendment noch erfolgen.

Drucksache 16/3400 – 80 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Abg. Wolfgang Wodarg (SPD): Wir wollen, dass das Wort „core“ gestrichen wird, denn wir sind

der Meinung dass bestimmte Teil-Abkommen auch Nicht-Mitgliedern offen stehen, und es verfrüht

wäre, jetzt gleich einzuladen, und die ganze Küche in Beschlag zu nehmen, um dieses Bild zu

benutzen. Wir haben unsere Küche noch nicht aufgeräumt, wir müssen erst schauen, was wir

unseren Gästen bieten können, wir müssen dies diskutieren, und wollen deshalb nicht gleich alles

anbieten. Daher bitte ich, das Wort „core“ zu streichen.

Abg. Wolfgang Wodarg (SPD): Ich ziehe dieses Amendment zurück.

Abg. Wolfgang Wodarg (SPD): Hier geht es darum, welche Möglichkeiten Mitglieder anderer

Delegationen haben sollen, die noch nicht Mitglied des Europarates sind. Wir sind der Meinung,

dass die Möglichkeit, Änderungsanträge einzubringen und zu unterzeichen, für Nichtmitglieder zu

weit geht, weil sie nicht an unsere Regeln gebunden sind, und weil dadurch unsere Arbeit gestört

und gesprengt werden kann. Dies ist ein empfindlicher Bereich den wir nicht freigeben wollen.

Abg. Wolfgang Wodarg (SPD): Hier geht es um das gleiche Problem: das Mitglieder von Nicht-

Mitgliedstaaten als Berichterstatter auftreten. Dies lehnen wir als generelles Angebot hier ab, das es

für Nicht-Mitglieder einfach zu viel sein kann. Sie können sich in Nicht-Mitgliedstaaten nicht so

gut informieren, es ist für sie schwieriger, hier kann es zu Überforderungen und Missverständnissen

kommen, sodass wir meinen, dass dies nicht das richtige Mittel zum Einstieg für neue Gäste sein

soll.

Angebliche geheime Verhaftungen und die unrechtmäßige Verbringung von Häftlingen

zwischen Staaten mit Beteiligung von Mitgliedstaaten des Europarates

Abg. Holger Haibach (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, es

ist in der Debatte schon häufig angesprochen worden, dass es beim Kampf gegen den Terrorismus

keine Einschränkungen in Bezug auf Menschenrechte geben darf, weil dies dazu führt, dass

diejenigen, welche den Terrorismus bekämpfen, unglaubwürdig werden.

In der heutigen Sitzung hat der Präsident meines Erachtens zu Recht die Frage aufgeworfen, was

wir als parlamentarische Versammlung des Europarates tun können, um unseren Teil zur

Aufklärung beizutragen und die richtigen Schlüsse für die Zukunft zu ziehen.

In diesem Sinne begreife ich den Bericht, der uns heute vorliegt, als einen Baustein, der uns dazu

führen soll, aufzuklären und die richtigen Schlüsse zu ziehen. Wir werden – auch das ist in der

Debatte schon angeklungen – einige Dinge unter Beweis stellen können.

Mir ist durchaus klar, dass es sich hier um einen politischen Bericht handelt und nicht um einen,

den man vor Gericht verwenden kann. Doch wir werden Fragen beantworten und wir werden das

alles untermauern müssen. Es geht am Ende um unsere Glaubwürdigkeit, die Glaubwürdigkeit

dieses Gremiums, welches sich auch als Hüter der Menschenrechte in Europa begreift.

Meiner Meinung nach können wir zweierlei tun: Der Bericht weist zu Recht darauf hin, dass wir auf

der Ebene des Europarates und seiner Parlamentarischen Versammlung nicht die Mittel zur

Einrichtung eines Untersuchungsausschusses haben werden, die einige Nationalstaaten zur

Verfügung haben. Ich bin dem Vizepräsidenten der Kommission sehr dankbar für seinen Hinweis

darauf, dass die Nationalparlamente hier eine große Rolle spielen, und hier sehe ich das Bindeglied

für uns. Wir sind Vertreter der Nationalparlamente, aber wir sind auch gleichzeitig hier tätig. Ich

halte es für wichtig, dass wir unsere Nationalparlamente und unsere nationalen Mittel nutzen, und

dass wir unsere Kollegen in unseren Parlamenten auf die große Chance aufmerksam machen, die in

der Zusammenarbeit insgesamt liegt.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 81 – Drucksache 16/3400

In diesem Zusammenhang möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf das Amendement Nummer 2

lenken, welches ich im Namen der Deutschen Delegation hier vorbringe, der noch einmal auf die

Wichtigkeit verweist, dass auch die Ergebnisse nationaler Untersuchungen Eingang in unsere

Arbeit hier finden.

Aus der Erfahrung eines deutschen Bundestagsabgeordneten darf ich wohl sagen, dass wir in

Deutschland über ein System verfügen, das weitreichende Kompetenzen vorsieht.

Wenn wir parlamentarische Untersuchungsausschüsse einrichten, so haben diese mit Gerichten

vergleichbare Kompetenzen, sie können Akten einsehen und Zeugen vorladen.

Für mich ist dies ein Schritt in die richtige Richtung. Es gibt in Deutschland etwas, was offenbar –

so geht aus dem Bericht hervor – nicht überall möglich ist. Es gibt ein Gremium, das sich speziell

mit der Kontrolle der Geheimdienste beschäftigt.

Wie gut es arbeitet, ist immer eine Frage der Diskussion, auch der parlamentarischen Diskussion.

Wichtig ist jedoch, dass ein solches Gremium existiert; und ich möchte noch darauf hinweisen, dass

dies eben offenbar nicht in allen Ländern der Fall ist. Soviel zu dem einen Punkt.

Zum zweiten sind wir aber auch ein internationales Gremium; und hier sehe ich sowohl eine

Aufgabe als auch eine Chance. Seit Jahren bemühen sich die Vereinten Nationen, einen allgemein

gültigen Begriff für Terrorismus zu finden. Was ist Terrorismus? Was sind Terroristen? Wie

können sie von anderen Elementen abgegrenzt werden?

Wenn wir als Parlamentarische Versammlung des Europarates hier bei der Frage der Definition

einen Beitrag leisten könnten, dann könnten wir durchaus auch weitergehend definieren, was dann

im Kampf gegen den Terrorismus erlaubt ist und welche Maßnahmen ergriffen werden dürfen. Ich

glaube, in diesem Sinne können wir national wie international als Parlamentarische Versammlung

des Europarates durchaus einen wichtigen Beitrag leisten – und so sollten wir auch den heutigen

Bericht verstehen.

Danke sehr.

Angebliche geheime Verhaftungen und die unrechtmäßige Verbringung von Häftlingen

zwischen Staaten mit Beteiligung von Mitgliedstaaten des Europarates

Abg. Wolfgang Wodarg (SPD): Dieses Amendment hebt hervor, dass der Generalsekretär nach

unserer Satzung die Möglichkeit hat, Berichte von den einzelnen Ländern abzufordern. Das hat er

gemacht und es hat sehr geholfen. Wir möchten, dass er damit nicht aufhört, sondern dass er dieses

Instrument auch in Zukunft weiter nutzt.

Angebliche geheime Verhaftungen und die unrechtmäßige Verbringung von Häftlingen

zwischen Staaten mit Beteiligung von Mitgliedstaaten des Europarates

Abg. Wolfgang Wodarg (SPD): Hier geht es darum, dass Opfern illegaler Handlungen gegenüber

nicht nur eine Entschuldigung ausgesprochen wird, sondern dass ihnen Gerechtigkeit widerfährt.

Angebliche geheime Verhaftungen und die unrechtmäßige Verbringung von Häftlingen

zwischen Staaten mit Beteiligung von Mitgliedstaaten des Europarates

Abg. Wolfgang Wodarg (SPD): Wir wollen darauf achten, dass Zwangsrückführungen und

Auslieferungen an Orte wo die Todesstrafe, oder andere Menschenrechtsverletzungen, wie

Folterungen und Misshandlungen oder andere eklatante Verbrechen wie das Verschwinden lassen

drohen, nicht erfolgen dürfen. Sie dürfen von uns, den Mitgliedsländern weder toleriert noch

Drucksache 16/3400 – 82 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

durchgeführt werden. Hier soll es auch nicht ausreichen, dass man sich unter Diplomaten einig ist,

und wir hier Absprachen treffen, sondern es muss eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden,

die Wirklichkeit muss genau analysiert werden; ob es sich um ein solches Vergehen handelt oder

nicht.

Angebliche geheime Verhaftungen und die unrechtmäßige Verbringung von Häftlingen

zwischen Staaten mit Beteiligung von Mitgliedstaaten des Europarates

Abg. Wolfgang Wodarg (SPD): Ich möchte ergänzen, dass die für Menschenrechtsverletzungen

Verantwortlichen von unabhängigen, unparteilichen Gremien und durch wirksame Untersuchungen

gefasst werden, und dass auch die Flughäfen und Lufträume, die überflogen worden sind, mit in die

Untersuchungen einbezogen werden müssen. Die Untersuchung muss außerdem öffentlich gemacht

werden, und die Ergebnisse müssen der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.

Angebliche geheime Verhaftungen und die unrechtmäßige Verbringung von Häftlingen

zwischen Staaten mit Beteiligung von Mitgliedstaaten des Europarates

Abg. Rainder Steenblock (B90/DG):Zunächst möchte ich dem Berichterstatter Dick Marty für den

sehr wichtigen Bericht: „Mutmaßliche geheime Haft und unrechtmäßige Verbringung von

Häftlingen zwischen Staaten unter Beteiligung von Mitgliedstaaten des Europarates“ danken.

Mit diesem Bericht untersucht Herr Marty ungeheuerliche Vorwürfe gegen eine Reihe von

Mitgliedstaaten des Europarates: Durch Duldung und aktive Mithilfe Verdächtige als Gefangene in

Länder gebracht zu haben, in denen gefoltert wird.

Gerade angesichts der widrigen Untersuchungsbedingungen muss unser aller Dank an Dick Marty

gehen, der mit seinem Bericht dazu beitragen möchte, die beschädigte Glaubwürdigkeit

europäischer Staaten in Menschenrechtsfragen wiederherzustellen.

Niemand ist vor Terror gefeit. Dies haben uns die Terroranschläge des 11. September 2001 in New

York und vom 11. März 2004 in Madrid schmerzhaft bewusst gemacht. Dies Anschläge haben uns

auch bewusst gemacht, dass Terrorismus nicht vor Landesgrenzen Halt macht, und wir ihn

gemeinsam bekämpfen müssen. Aber dabei muss jederzeit die Achtung der Grundfreiheiten und

Grundrechte gewährleistet sein.

Der Bericht von Dick Marty dagegen erhärtet den Verdacht gegen Mitgliedstaaten des Europarates,

Menschenrechte verletzt und geheime Verhaftungen sowie gesetzeswidrige Auslieferungen von

tatsächlichen oder angeblichen Terroristen in Europa gebilligt zu haben. Im Kampf gegen den

Terror haben die Vereinigten Staaten neue rechtliche Begriffe wie „feindliche Kombattanten“ und

„Verschleppung“ eingeführt, die im Widerspruch zu unseren grundlegenden Rechtsprinzipien

stehen.

Im Wege solcher „Verschleppungsprogramme“ wird der Umgang mit Menschen gezielt einer

gerichtlichen Kontrolle entzogen. Dabei wurden Menschen illegal inhaftiert und heimlich in Länder

gebracht, in denen Folter eine gängige Methode bei Verhören ist.

Dick Martys Bericht zeigt, dass mehrere europäische Regierungen vor dieser Praxis Augen und

Ohren geschlossen haben und einige Staaten sogar aktiv in einzelne Verschleppungsfälle involviert

waren. Durch diese stillschweigende Duldung oder die aktive Hilfe von europäischen Staaten

gelangten Gefangene auch ins berüchtigte US-Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba.

Dies ist beschämend für Europa.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 83 – Drucksache 16/3400

Bislang haben europäische Regierungen wiederholt geleugnet, an diesem Verschleppungsprogramm

der CIA beteiligt gewesen zu sein.

Deshalb ist es jetzt umso wichtiger, dass wir auf verschiedenen Wegen Druck auf die nationalen

Regierungen ausüben, damit diese endlich die Untersuchungen aktiv unterstützen und ihrer

Ermittlungspflicht gemäß der Europäischen Menschenrechtskonvention nachkommen.

Denn Mitgliedstaaten des Europarates sind verpflichtet, jedem Verdacht auf

Menschenrechtsverletzungen nachzugehen. Die nationalen Parlamente müssen alle notwendigen

Informationen erhalten, um die Vorwürfe restlos aufzuklären. In Europa muss wieder

unmissverständlich gelten, dass Menschenrechte uneingeschränkt geachtet werden müssen. Denn

wenn wir Europäerinnen und Europäer Demokratie und Rechtsstaatlichkeit weltweit fördern

wollen, müssen wir bei uns zuhause damit anfangen.

Angebliche geheime Verhaftungen und die unrechtmäßige Verbringung von Häftlingen

zwischen Staaten mit Beteiligung von Mitgliedstaaten des Europarates

Abg. Wolfgang Wodarg (SPD): Der Abgeordnete Marty hat einen guten und für uns alle einen

wichtigen Bericht vorgelegt.

Er hat sich verdient gemacht, weil er die politische Bewertung offenbar vorliegender Verfehlungen

des CIA und kooperierender nationaler Geheimdienste dorthin gebracht hat wo sie hingehört: hier

in dieses Haus, in den Europarat!

Kollege Marty hatte keine Instrumente um eigene Untersuchungen durchzuführen. Er war

Berichterstatter und nicht Untersuchungsrichter oder Vorsitzender eines Untersuchungsausschusses.

Er konnte uns keine gesicherten Tatbestände präsentieren sondern lediglich als Berichterstatter all

die schwerwiegenden Hinweise sammeln und für uns aufbereiten, die bisher bekannt geworden

sind.

Er hat ausreichend Hinweise gegeben, die uns und unsere nationalen Parlamente dazu bringen

müssen jeweils im eigenen Land bei der eigenen Regierung und beim eigenen Geheimdienst die

notwendigen Nachforschungen anzustellen.

Im Deutschen Bundestag gibt es ein Parlamentarisches Kontrollgremium, welches mit besonderen

Vollmachten auch gegenüber der Regierung und den Geheimdiensten ausgestattet ist. Die Balance

zwischen der nötigen Geheimhaltung bei der Verbrechens- und Terrorismusbekämpfung und einer

ebenso notwendigen Kontrolle des Regierungshandelns durch die Volksvertreter ist nicht

konfliktfrei.

Wir sind der Auffassung, dass die Möglichkeit, die Arbeit und sogar die Budgets der

Geheimdienste zu kontrollieren auch für speziell zur Verschwiegenheit verpflichtete Parlamentarier

gegeben sein muss.

Zusätzlich werden die jetzt notwendigen Nachforschungen in Sachen CIA-Netzwerk und möglicher

deutscher Beteiligung durch einen öffentlich arbeitenden Untersuchungsausschuss durchgeführt.

Wir werden in allen involvierten Mitgliedsländern solche oder ähnliche Instrumente auch in

Zukunft brauchen!

Es ist zu fordern, zu hoffen und wohl auch zu erwarten, dass unsere amerikanischen Freunde

endlich die Gefangenen aus dem Lager in Guantanamo in rechtlich einwandfreie Umgebungen

bringen, und dass sie angemessener rechtlicher Beurteilung zugeführt werden.

Wir werden dann vermutlich noch mehr Details erfahren, die uns zu weiteren Nachforschungen

verpflichten und wir werden die jetzt zu sammelnden Erfahrungen brauchen.

Drucksache 16/3400 – 84 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bislang haben europäische Regierungen wiederholt geleugnet, an diesem Verschleppungsprogramm

der CIA beteiligt gewesen zu sein.

Deshalb ist es jetzt umso wichtiger, dass wir auf verschiedenen Wegen Druck auf die nationalen

Regierungen ausüben, damit diese endlich die Untersuchungen aktiv unterstützen und ihrer

Ermittlungspflicht gemäß der Europäischen Menschenrechtskonvention nachkommen.

Denn Mitgliedstaaten des Europarates sind verpflichtet, jedem Verdacht auf

Menschenrechtsverletzungen nachzugehen. Die nationalen Parlamente müssen alle notwendigen

Informationen erhalten, um die Vorwürfe restlos aufzuklären. In Europa muss wieder

unmissverständlich gelten, dass Menschenrechte uneingeschränkt geachtet werden müssen. Denn

wenn wir Europäerinnen und Europäer Demokratie und Rechtsstaatlichkeit weltweit fördern

wollen, müssen wir bei uns zuhause damit anfangen.

Angebliche geheime Verhaftungen und die unrechtmäßige Verbringung von Häftlingen

zwischen Staaten mit Beteiligung von Mitgliedstaaten des Europarates

Abg. Wolfgang Wodarg (SPD): Der Abgeordnete Marty hat einen guten und für uns alle einen

wichtigen Bericht vorgelegt.

Er hat sich verdient gemacht, weil er die politische Bewertung offenbar vorliegender Verfehlungen

des CIA und kooperierender nationaler Geheimdienste dorthin gebracht hat wo sie hingehört: hier

in dieses Haus, in den Europarat!

Kollege Marty hatte keine Instrumente um eigene Untersuchungen durchzuführen. Er war

Berichterstatter und nicht Untersuchungsrichter oder Vorsitzender eines Untersuchungsausschusses.

Er konnte uns keine gesicherten Tatbestände präsentieren sondern lediglich als Berichterstatter all

die schwerwiegenden Hinweise sammeln und für uns aufbereiten, die bisher bekannt geworden

sind.

Er hat ausreichend Hinweise gegeben, die uns und unsere nationalen Parlamente dazu bringen

müssen jeweils im eigenen Land bei der eigenen Regierung und beim eigenen Geheimdienst die

notwendigen Nachforschungen anzustellen.

Im Deutschen Bundestag gibt es ein Parlamentarisches Kontrollgremium, welches mit besonderen

Vollmachten auch gegenüber der Regierung und den Geheimdiensten ausgestattet ist. Die Balance

zwischen der nötigen Geheimhaltung bei der Verbrechens- und Terrorismusbekämpfung und einer

ebenso notwendigen Kontrolle des Regierungshandelns durch die Volksvertreter ist nicht

konfliktfrei.

Wir sind der Auffassung, dass die Möglichkeit, die Arbeit und sogar die Budgets der

Geheimdienste zu kontrollieren auch für speziell zur Verschwiegenheit verpflichtete Parlamentarier

gegeben sein muss.

Zusätzlich werden die jetzt notwendigen Nachforschungen in Sachen CIA-Netzwerk und möglicher

deutscher Beteiligung durch einen öffentlich arbeitenden Untersuchungsausschuss durchgeführt.

Wir werden in allen involvierten Mitgliedsländern solche oder ähnliche Instrumente auch in

Zukunft brauchen!

Es ist zu fordern, zu hoffen und wohl auch zu erwarten, dass unsere amerikanischen Freunde

endlich die Gefangenen aus dem Lager in Guantanamo in rechtlich einwandfreie Umgebungen

bringen, und dass sie angemessener rechtlicher Beurteilung zugeführt werden.

Wir werden dann vermutlich noch mehr Details erfahren, die uns zu weiteren Nachforschungen

verpflichten und wir werden die jetzt zu sammelnden Erfahrungen brauchen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 85 – Drucksache 16/3400

Der Europarat muss die nationalen Bemühungen um Aufklärung weiterhin einfordern, qualifizieren

und begleiten. Auf der Ebene des Generalsekretärs – mit dessen Möglichkeiten, auf der Ebene der

Regierungen und auf der Ebene der dieser parlamentarischen Versammlung. Wir wollen die

Mitgliedstaaten in die Pflicht nehmen, wie es die Menschenrechtskonvention vorsieht und wie es

die Menschen in unseren Ländern von uns zu Recht erwarten.

Hierfür werden wir unsere Instrumente verstärken müssen. Wir werden zunehmend hinsehen und

handeln müssen, wenn über unsere Grenzen hinweg Unrecht geschieht. Dieses Unrecht bleibt, weil

es im Ausland wirkt oder wirken lässt, zumeist verborgen oder zwischen den Zuständigkeiten

ungesühnt.

Wir sehen, dass unsere Staaten mit verbrecherischen Regierungen in aller Welt Geschäfte machen

oder Personen und Unternehmen tolerieren und manchmal sogar fördern, die damit Geschäfte

machen, dass Menschen und Menschenrechte in armen Ländern mit Füßen getreten werden. Wir

müssen nicht nur im Zusammenhang mit den Geheimdiensten, sondern auch im Zusammenhang mit

Gewaltökonomie und mit solchen Verbrechen genauer hinsehen und handeln, bei denen die Opfer

in entfernten Ländern leiden und sterben und bei denen die Täter in unseren Hauptstädten ihre

blutigen Geschäfte vorbereiten und kontrollieren.

Menschenrechte können in einer vernetzten Welt nur durch entsprechende politische Vernetzung

gesichert werden. Der vorliegende Bericht ist hier ein wichtiger Anfang.

Meinungsfreiheit und Achtung religiöser Überzeugungen

Abg. Eduard Lintner (CDU/CSU): Dabei handelt es sich eigentlich nur um einen notwendigen,

ergänzenden Hinweis auf den erforderlichen, schwierigen Abwägungsprozess. Das ist hier ja schon

betont worden.

Meinungsfreiheit und Achtung religiöser Überzeugungen

Abg. Eduard Lintner (CDU/CSU): Hier sollte eigentlich nur zum Ausdruck gebracht werden, dass

natürlich in beiden Richtungen darauf zu achten ist, dass die Dinge rechtmäßig geschehen und den

nötigen Respekt genießen. Deshalb haben wir hier in unserer Änderung vorgeschlagen, die zweite

Richtung beizufügen.

Meinungsfreiheit und Achtung religiöser Überzeugungen

Abg. Eduard Lintner (CDU/CSU): Auch hier geht es eigentlich nur darum, auf die besondere

Verpflichtung des Europarates hinzuweisen, auch seinen Beitrag zu leisten, um als multinationale

Organisation, die Erfahrung mit verschiedenen Religionen und Überzeugungen in ihren

Mitgliedstaaten hat, einen echten erzieherischen und praktischen Beitrag zu leisten.

Umsetzung der Beschlüsse des Dritten Gipfels des Europarates

Abg. Doris Barnett (SPD): Vielen Dank, Herr Vorsitzender! Meine lieben Kolleginnen und

Kollegen, zunächst möchte ich den Berichterstattern ganz herzlich danken und wende mich in

meinem Beitrag besonders an Herrn Kosachev, dem ich ganz besonders für seinen umfassenden

Bericht zur Umsetzung der Ziele des Dritten Gipfels danke. Fortschritte in diesem Bereich sind für

die Zukunft des Europarates von zentraler Bedeutung, selbst wenn sie sehr lange dauern.

Ich möchte mich im folgenden auf zwei Gegenstände konzentrieren: Erstens die Stärkung des

Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, und zweitens das Verhältnis zwischen Europarat

und EU.

Drucksache 16/3400 – 86 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Ich begrüße es nachdrücklich, dass Russland als Vorsitzender des Ministerkomitees inzwischen das

vierzehnte Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention unterzeichnet hat. Ich

hoffe, die darin enthaltenen Änderungen können nun mit der Ratifikation bald in Kraft gesetzt

werden.

Da dies allein nicht ausreicht, um die Glaubwürdigkeit des Schutzes der Menschenrechte durch den

Gerichtshof auf Dauer zu sichern, sehe ich auch dem Bericht der Weisen-Gruppe mit großer

Erwartung entgegen. Zusätzliche Strukturreformen und Finanzmittel - darauf wurde bereits

hingewiesen – sind dabei absolut notwendig, um den Rückstau von achtzigtausend Fällen

abzubauen; denn schließlich wollen wir alle uns doch nicht dem Vorwurf der Rechtsverweigerung

aussetzen - und damit der Verweigerung eines elementaren demokratischen Rechts.

Auch sollten wir bei den Finanzmitteln aufhören zu jammern; stattdessen sollten wir uns die Frage

stellen, was wir in unseren Nationalparlamenten im Haushaltsausschuss dazu beitragen, dass der

Europarat entsprechend unterstützt wird. Allerdings gebe ich auch hier noch einmal zu bedenken,

dass inzwischen mehr als die Hälfte der jährlich hinzu kommenden Beschwerden am Europäischen

Menschenrechts-Gerichtshof aus gerade mal vier Staaten stammen, weshalb es nötig ist, gerade in

diesen Ländern die Maßnahmen zur Stärkung der nationalen Justiz zu forcieren. Ich bitte die

betreffenden Kollegen, zuhause darauf hin zu wirken, um den europäischen Gerichtshof für

Menschenrechte nachhaltig zu entlasten.

Zum Zweiten: Das Verhältnis zwischen Europarat und der EU war das zentrale Thema unserer

April-Sitzung; mit guten Vorschlägen des Juncker-Gerichts müssen wir das Ziel mit Nachdruck

weiterverfolgen. Im April haben wir uns hier sehr kritisch mit den Bemühungen zur Gründung einer

EU-Grundrechte-Agentur auseinander gesetzt. Bei mir zuhause im Bundestag sowie in einigen

anderen Staaten gab es danach Initiativen, schädliche Überschneidungen und Rivalitäten bei der

Grundrechte-Agentur zu verhindern.

Auf dem EU-Gipfel vor zwölf Tagen konnte noch keine endgültige Einigung über das Mandat

erzielt werden; die Gründung soll allerdings weiterhin zum 01. Januar 2007 erfolgen.

Daher fordere ich die Kollegen aus EU-Staaten auf, über die nationalen Parlamente im Sinne der

Empfehlung 1744 vom 13. April 2006 auf die Verhandlungen, die jetzt unter der finnischen EU-

Präsidentschaft laufen, Einfluss zu nehmen.

Von zentraler Bedeutung erscheinen mir dabei folgende Überlegungen:

Zum einen muss die EU endlich der europäischen Menschenrechtskonvention beitreten, und was

die EU- Menschenrechts-Agentur angeht, so soll diese geografisch auf die EU-Mitgliedsstaaten

begrenzt werden, inhaltlich und sachlich soll die Begrenzung auf das EU-Gemeinschaftsrecht

erfolgen, und es soll eine moderate personelle und finanzielle Ausstattung erfolgen, so dass das

Geld dann möglicherweise für beide reicht.

Neben den in unserer Resolution angestellten Überlegungen halte ich es aus Gründen der

Prävention für wichtig, dass die Agentur auch das Recht erhält, zu den Legislativ-Vorschlägen der

EU-Kommission im Hinblick auf deren Auswirkungen auf Menschenrechte Stellung zu nehmen.

Ich appelliere an die EU-Kollegen in den kommenden Monaten in diesem Sinne aktiv zu werden

und danke ihnen schon heute.

Umsetzung der Beschlüsse des Dritten Gipfels des Europarates

Abg. Wolfgang Wodarg (SPD): Wir müssen uns auf unsere Aufgaben, auf unsere Pflichten

besinnen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 87 – Drucksache 16/3400

Und der Warschauer Gipfel hat dazu beigetragen, hat uns in die Pflicht genommen.

Ich möchte als Vorsitzender für den Kultur-Ausschuss der Kommission für Kultur, Wissenschaft

und Bildung, hier sagen, dass ich mich freue, dass wir auch hier fokussieren können und dass wir

darstellen können.

Lluis Maria de Puig hat das sehr schön in seinem Bericht gemacht und darstellen können, dass

Bildung eine wichtige Voraussetzung ist, wenn wir Menschenrechte zum Durchbruch bringen

wollen, wenn wir Demokratie wollen. Wir können keine Demokraten, können keine Demokratien

haben, wenn sie nicht leben lernen, wenn sie nicht schweigen lernen, wenn sie sich nicht

verständigen können, um ihre Konflikte auszutragen.

Europa wächst: es sind keine Dörfer mehr, die sich regulieren, es sind auch nicht nur Landstriche,

sondern es sind riesige Gebiete. Sie sind abhängig davon, dass die Kommunikation stimmt. Dass

die Medien da sind, um sich auseinanderzusetzen, um sich zu verständigen, um Unterschiede

überhaupt wahrzunehmen und mit ihnen leben zu können. Dafür brauchen wir funktionierende

Medien und wir kümmern uns darum, dass Medien in Zukunft besser funktionieren.

Medien dürfen nicht missbraucht werden, um an der Demokratie vorbei Macht auszuüben, sondern

sie sind wichtiges Handwerkszeug für Demokraten, und das müssen wir sicherstellen.

Wir brauchen auch die Forschung: aber wir müssen aufpassen, dass mit den Ergebnissen der

Forschung kein Missbrauch getrieben wird. Denn wir sehen, dass geforscht wird, um Menschen zu

instrumentalisieren, um Menschen als Quelle für Organe oder für Gewebe oder für neue

Medikamente zu nützen, ohne dass diese Menschen etwas dagegen tun können, wenn sie zur Sache

gemacht werden. Dann müssen wir uns melden.

Wir haben viele Dinge in Bildung, in Wissenschaft und auch im Bereich der Kultur zu entwickeln.

Wer sich nicht um die Kultur kümmert, der macht Europa arm. Sie ist unser Reichtum, davon

wollen wir leben. Software ist wichtig und Ideen sind wichtig: darum wird es in der Welt gehen,

und Europa ist da gut und soll auch gut bleiben.

Verfassungsreform in Bosnien und Herzegowina

Abg. Eduard Lintner (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen,

zunächst möchte ich im Namen meiner Fraktion den beiden Berichterstattern und dem Sekretariat

des Ausschusses herzlich dafür danken, dass sie trotz der Eile einen so fundierten und umfassenden

Bericht hier vorgelegt haben.

Wir haben uns auch in den letzten Stunden intensiv darum bemüht, die Einwände, die seitens der

Betroffenen gegen die jetzige Fassung des Berichts vorgebracht worden sind, ernst zu nehmen und

sorgfältig zu prüfen, doch ich muss gestehen: Je mehr man sich mit dem Thema beschäftigt, desto

klarer wird eigentlich, dass der geforderte Reformprozess unabwendbar ist und gefördert werden

muss. Unter anderem hängt von seinem Erfolg ja nichts weniger als zum Beispiel die

Beitrittsfähigkeit von Bosnien-Herzegowina zur EU ab, und das ist auch in den Augen der

Bevölkerung ein außerordentlich wichtiges Ziel.

Dies entspricht im übrigen auch genau dem, was der Hohe Repräsentant der Internationalen

Gemeinschaft und Sonderbeauftragte der Europäischen Union, mein früherer Bundestagskollege,

Herr Schwarz-Schilling, bis in die jüngste Zeit hinein immer wieder erklärt und betont hat. Trotz

des Reformpakets, welches im April dieses Jahres knapp gescheitert ist, ist eigentlich allen klar,

dass der Reformprozess fortgesetzt werden muss.

Drucksache 16/3400 – 88 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Wir wollen nicht, dass die Kolleginnen und Kollegen dabei den Eindruck gewinnen, es solle ihnen

etwas aufoktroyiert werden, sondern, wie der Hohe Repräsentant, so setzen auch wir auf

Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger. Sie selbst müssen diesen Prozess in die Hand

nehmen.

Die Tatsache jedoch, dass die gegenwärtig geltende Verfassung nicht EU-tauglich ist, muss klar

sein. Der jetzige Status ist im Hinblick auf dieses Ziel, oder auch im Hinblick auf die Vorgaben des

Dayton-Vertrages als Dauerzustand nicht akzeptabel.

Zu den Standards in den Staaten der Europäischen Gemeinschaft gehört eben auch die

Funktionsfähigkeit gesamtstaatlicher Institutionen, und vor allem eine gültige Verfassung die

demokratischen Standards und Anforderungen genügt, und welche gleichermaßen für alle Bürger

von Bosnien-Herzegowina gilt, das heißt letztlich ohne Unterschied aufgrund ethnischer oder

religiöser Zugehörigkeit. Wir wissen auch – Kollege Lloyd hat es bereits betont, dass es ein

schwieriger und mühsamer Prozess ist, aber er kann den Betroffenen nicht erspart werden.

Wir können auch auf dieses Ziel allein aus grundsätzlichen Erwägungen heraus nicht verzichten;

andernfalls würden wir nämlich so ziemlich alles in Frage stellen, was im Zentrum der

Aufgabenstellung des Europarates liegt.

Wir müssen verlangen, dass sich unsere Mitglieder zu diesem Ziel bekennen; deshalb sind wir mit

dem Hohen Repräsentanten einig, wenn er fordert, dass die Verantwortlichen in Bosnien-

Herzegowina selbst aktiv den Reformprozess in die Hand nehmen. Wir unterstützen sie dabei mit

all den Hilfen, die der Europarat geben kann; und dies umso mehr, als der Hohe Repräsentant, Herr

Schwarz-Schilling, seine Tätigkeit am 30. Juli nächsten Jahres definitiv einstellen wird. Spätestens

nach den Wahlen im Herbst muss dieses Bemühen nach Reformen auch konkret in der Politik

erkennbar werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will nicht verschweigen, dass die Vorschläge, die in den

letzten Tagen aus der Republik Srpska zu hören waren, nämlich eine Volksabstimmung über die

Unabhängigkeit dieser Republik abzuhalten, dem ursprünglich von allen Parteien favorisierten

Reformprozess nicht dienlich sind. Eine solche Idee kann sich weder auf das Beispiel Montenegro

berufen, weil die historische Entwicklung gar nicht vergleichbar ist, noch auf den Friedensvertrag

von Dayton, denn dort wird die Republik ausdrücklich als Entität, das heißt als Teilstaat in Bosnien

und Herzegowina, bezeichnet.

Das Entfachen eines solchen Feuers kommt dem Hantieren mit Sprengstoff in einer sehr labilen

Region gleich.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bewertet man den Inhalt des Berichts an dieser Faktenlage und

vor diesem Hintergrund, so kann ich eigentlich nur dafür plädieren, dem Bericht, so wie er

vorgelegt worden ist, auch zuzustimmen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 89 – Drucksache 16/3400

Mitgliedsländer und Funktionsträger

Mitgliedsländer der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (46)

Albanien

Andorra

Armenien

Aserbaidschan

Belgien

Bosnien und Herzegowina

Bulgarien

Dänemark

Deutschland

Estland

Finnland

Frankreich

Georgien

Griechenland

Irland

Island

Italien

Kroatien

Lettland

Liechtenstein

Litauen

Luxemburg

„ehem. jugoslawische Republik Mazedonien“

Malta

Moldau

Monaco

Niederlande

Norwegen

Österreich

Polen

Portugal

Rumänien

Russland

San Marino

Schweden

Schweiz

Serbien und Montenegro

Slowakische Republik

Slowenien

Spanien

Tschechische Republik

Türkei

Ukraine

Ungarn

Vereinigtes Königreich

Zypern

Länder mit Sondergaststatus

- zur Mitwirkung in der Parlamentarischen Versammlung ohne Stimmrecht berechtigt

Der Sondergaststatus von Belarus wurde am 13. Januar 1997 ausgesetzt.

Beobachter (3): Israel, Kanada, Mexiko

Drucksache 16/3400 – 90 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Funktionsträger der Parlamentarischen Versammlung des Europarates

Präsident René van der Linden (Niederlande – EPP)

Vizepräsidenten 20, darunter Joachim Hörster (Bundesrepublik Deutschland – CDU/CSU /

EPP)

Generalsekretär Mateo Sorinas (Spanien)

Politischer Ausschuss

Vorsitzender Abdülkadir Ateú (Türkei – SOC)

Stv. Vorsitzende Konstantin Kosachev (Russland – EDG)

Zsolt Nemeth (Ungarn – EPP)

Giorgi Bokeria (Georgien – ALDE)

Ausschuss für Recht und Menschenrechte

Vorsitzender Dick Marty (Schweiz – ALDE)

Stv. Vorsitzende Erik Jurgens (Niederlande – SOC)

Eduard Lintner (Bundesrepublik Deutschland – CDU/CSU / EVP)

Adrian Severin (Rumänien – SOC)

Ausschuss für Wirtschaft und Entwicklung

Vorsitzender Evgeni Kirilov (Bulgarien – SOC)

Stv. Vorsitzende Antigoni Pericleous Papadopoulos (Zypern – ALDE)

Márton Braun (Ungarn – EVP)

Konstantinos Vrettos (Griechenland – SOC)

Ausschuss für Sozialordnung, Gesundheit und Familie

Vorsitzender Marcel Glesener (Luxemburg – EVP)

Stv. Vorsitzende Christine McCafferty (Vereinigtes Königreich - SOC)

Patrizia Paoletti Tangheroni (Italien – EVP)

Helena Bargholtz (Schweden – ALDE)

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 91 – Drucksache 16/3400

Ausschuss für Kultur, Wissenschaft und Bildung

Vorsitzender Jacques Legendre (Frankreich – EVP)

Stv. Vorsitzende Baroness Gloria Hooper (Vereinigtes Königreich – EDG)

Josef JaĜab (Tschechische Republik – ALDE)

Dr. Wolfgang Wodarg (Bundesrepublik Deutschland – SPD / SOC)

Ausschuss für Umwelt, Landwirtschaft und kommunale und regionale Angelegenheiten

Vorsitzender Walter Schmied (Schweiz – ALDE)

Stv. Vorsitzende Alan Meale (Vereinigtes Königreich – SOC)

Renzo Gubert (Italien – EVP)

Elsa Papadimitriou (Griechenland – EVP)

Ausschuss für Wanderbewegungen, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen

Vorsitzender Mevlüt Çavuúo÷lu (Türkei – EDG)

Stv. Vorsitzende Tana de Zulueta (Italien – SOC)

Doros Christodoulides (Zypern – UEL)

Jean-Guy Branger (Frankreich – EVP)

Ausschuss für Geschäftsordnung und Immunitäten

Vorsitzender Andreas Gross (Schweiz – SOC)

Stv. Vorsitzende Andrea Manzella (Italien – SOC)

Ganka Samoilovska-Cvetanova („ehem. jugoslawische Republik Mazedonien“ –EVP)

Mats Einarsson (Schweden – UEL)

Ausschuss für die Gleichstellung von Frauen und Männern

Vorsitzende Minodora Cliveti (Rumänien – SOC)

Stv. Vorsitzende Rosmarie Zapfl-Helbling(Schweiz – EVP)

Anna ýurdová (Tschechische Republik – SOC)

Svetlana Smirnova (Russland – EDG)

Drucksache 16/3400 – 92 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Ausschuss für die Einhaltung der von den Mitgliedstaaten des Europarates eingegangenen

Pflichten und Verpflichtungen (Monitoring-Ausschuss)

Vorsitzender György Frunda (Rumänien – EVP)

Stv. Vorsitzende Hanne Severinsen (Dänemark – ALDE)

Mikko Elo (Finnland – SOC)

Tigran Torosyan (Armenien – EDG)

SOC Sozialistische Gruppe

EVP Gruppe der Europäischen Volkspartei

EDG Gruppe der Europäischen Demokraten

ALDE Gruppe der Liberalen, Demokraten und Reformer
UEL Gruppe der Vereinigten Europäischen Linken
Inhaltsverzeichnis
I. Teilnehmer
II. Zusammenfassung
III. Schwerpunkte der Beratungen
IV. Anhang

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