BT-Drucksache 16/3021

Bürokratieabbau in Europa unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft

Vom 18. Oktober 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/3021
16. Wahlperiode 18. 10. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sabine Zimmermann, Dr. Barbara Höll, Dr. Diether Dehm,
Ulla Lötzer, Alexander Ulrich und der Fraktion DIE LINKE.

Bürokratieabbau in Europa unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft

Die Bundesregierung will das Thema Bürokratieabbau zu einem Eckpunkt der
deutschen EU-Ratspräsidentschaft machen. Im Ausschuss für die Angelegen-
heiten der Europäischen Union des Deutschen Bundestages hat die Bundeskanz-
lerin, Dr. Angela Merkel, eine Initiative der deutschen Ratspräsidentschaft an-
gekündigt, in der Europäischen Union einen Normenkontrollrat zu installieren
und mit dessen Hilfe 25 Prozent der Kontroll- und Statistikpflichten abzuschaf-
fen. Bis auf diese Ankündigung ist wenig über die Ansichten und geplante Ini-
tiativen der Bundesregierung bekannt.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Zahlen über die Höhe der angeblichen Bürokratiekosten für Unter-
nehmen in Europa liegen der Bundesregierung vor, und wie kommentiert sie
die von EU-Kommissar Günter Verheugen bekannt gemachte neue Schät-
zung von 600 Mrd. Euro gegenüber zuvor angenommenen 325 Mrd. Euro?

2. Welche konkreten Rechtsbereiche bzw. Rechtsverordnungen und mit wel-
chen Zielstellungen hatte die Bundesregierung bei ihrem Kabinettsbeschluss
vom 25. April 2006 „Programm Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung“
im Auge, in dem es heißt: „Auf europäischer Ebene setzt sich die Bundes-
regierung ebenfalls mit Nachdruck dafür ein, neue Informationspflichten so
weit wie möglich zu vermeiden und bereits bestehende Informationspflichten
abzubauen.“

3. In welchem Zeitraum soll der von Bundeskanzlerin, Dr. Angela Merkel,
angekündigte Abbau von 25 Prozent der Kontroll- und Statistikpflichten
erfolgen?

4. Beabsichtigt die Bundesregierung, während der deutschen EU-Ratspräsident-
schaft einen Beschluss über eine aussagekräftige Methode zur Berechnung
von Bürokratiekosten herbeizuführen, wie es sich der EU-Kommissions-
vizepräsident Günter Verheugen erhofft?

5. Worin sieht die Bundesregierung die Ursache dafür, dass von ursprünglich
54 geplanten Vereinfachungen von Gesetzeskomplexen höchstens 30 umge-

setzt werden, und was leitet sie daraus für die deutsche Ratspräsidentschaft
ab?

6. Welche Schlussfolgerung zieht die Bundesregierung für die deutsche Rats-
präsidentschaft aus der Kritik, dass in dem bisherigen Verfahren zur besseren
Rechtsetzung die Europäische Kommission die Vorschläge des Europäischen
Parlaments kaum berücksichtigt und das Parlament zu kurzfristig über ihre
Vorhaben informiert hat?

Drucksache 16/3021 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
7. Wie steht die Bundesregierung zu den Vorschlägen der Europäischen Kom-
mission, künftig stärker auf das Instrument der Koregulierung und auf den
Erlass von unmittelbar anzuwendenden EU-Verordnungen statt in nationa-
les Recht umzusetzenden EU-Richtlinien zurückzugreifen?

8. Wie hat sich die Bundesregierung mit der laufenden finnischen Präsident-
schaft im Bereich Bürokratieabbau abgestimmt, insbesondere hinsichtlich
ihrer Vorschläge, einen Normenkontrollrat einzurichten und 25 Prozent der
Kontroll- und Statistikpflichten zu reduzieren?

9. Wie will sich die Bundesregierung mit den ihr folgenden EU-Ratspräsident-
schaften Portugals und Sloweniens für den Bereich Bürokratieabbau abstim-
men, insbesondere hinsichtlich ihrer Vorschläge, einen Normenkontrollrat
einzurichten und 25 Prozent der Kontroll- und Statistikpflichten zu reduzie-
ren?

10. Was erhofft sich die Bundesregierung von der Einrichtung eines Normen-
kontrollrates auf europäischer Ebene?

11. Mit welchen konkreten Überprüfungsrechten soll dieser ausgestattet werden,
und inwiefern werden davon die Rechte des Parlaments berührt?

12. Warum meint die Bundesregierung, dass zur Erfüllung der Aufgaben, die
dem Normenkontrollrat übertragen werden sollen, die bereits bestehenden
Gemeinschaftsinstitutionen, insbesondere die Europäische Kommission,
nicht in der Lage sind?

13. Wie beabsichtigt die Bundesregierung, die für die Kommission bestehenden
Pflichten in Bezug auf Transparenz und Beteiligung der Bürgerinnen und
Bürger sowie der Sozialpartner, auch im Aufgabenbereich des Normen-
kontrollrates sicherzustellen?

14. Wann soll sich der Normenkontrollrat nach den Vorstellungen der Bundes-
regierung konstituieren, und wann seine Arbeit aufnehmen?

15. Nach welchem Verfahren sollen nach Ansicht der Bundesregierung die Mit-
glieder des Normenkontrollrates bestimmt werden, und ist vorgesehen, im
Gegensatz zum Normenkontrollrat in Deutschland dort auch Vertreter von
Verbraucher-, Umweltschutz-, Sozialverbänden und Gewerkschaften zu be-
rufen?

16. Welche Initiativen jenseits des Normenkontrollrates und einer 25-prozenti-
gen Reduzierung der Kontroll- und Statistikpflichten will die Bundesregie-
rung beim Thema Bürokratieabbau bzw. bessere Rechtssetzung in Europa
ergreifen?

Berlin, den 18. Oktober 2006

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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