BT-Drucksache 16/2780

Für die Ächtung von Landminen und Streumunition

Vom 27. September 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/2780
16. Wahlperiode 27. 09. 2006

Antrag
der Abgeordneten Florian Toncar, Harald Leibrecht, Burkhardt Müller-Sönksen,
Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Uwe Barth, Rainer Brüderle, Patrick Döring,
Mechthild Dyckmans, Ulrike Flach, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter
Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen),
Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Hellmut Königshaus,
Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle
Laurischk, Ina Lenke, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Horst Meierhofer,
Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia
Pieper, Gisela Piltz, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Marina Schuster, Carl-Ludwig
Thiele, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr),
Martin Zeil, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Für die Ächtung von Landminen und Streumunition

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Laut der „International Campaign to Ban Landmines“ werden jährlich schät-
zungsweise zwischen 15 000 bis 20 000 Menschen Opfer von Landminen. Da-
neben blockieren Blindgänger und Minen laut dem Aktionsbündnis Land-
mine.de rund 200 000 Quadratkilometer an landwirtschaftlicher Anbaufläche,
Verkehrswegen und Wohngebieten weltweit und verhindern so, dass nach dem
Ende von Konflikten das Leben wieder beginnen kann.

Seit Unterzeichnung der Konvention über das Verbot von Antipersonenminen
1997 in Ottawa, die von der Bundesregierung und ihrem Bundesminister des
Auswärtigen, Dr. Klaus Kinkel, maßgeblich mitgestaltet wurde, sind deshalb
zwei weitere Munitionsarten wegen ihrer gefährlichen Langzeitfolgen ins
Zentrum weitergehender Rüstungskontrollbemühungen gerückt. Nicht explo-
dierte Streumunition und Minen sind auch nach der Beendigung von Konflikten
eine unkalkulierbare Gefahr und werden zu einer Geißel für die dort lebende
Bevölkerung.

In den letzten Jahren ist die Belastung durch nicht explodierte Streumunition, die
als Blindgänger Menschen gefährdet, stark gewachsen. Streumunition zeichnet
sich dadurch aus, dass sie in großen Mengen verschossen wird und sich selbst

bei einer numerisch geringen Blindgängerquote eine zahlenmäßig hohe Belas-
tung durch Blindgänger ergibt. Solange es Blindgängermunition beim Einsatz
von Streumunition gibt, besteht eine Gefahr für die Bevölkerung. Laut dem Ak-
tionsbündnis Landmine.de verfügt allein Deutschland derzeit über ca. 30 Mil-
lionen mit Streumunition einsetzbarer Submunitionen und Bomblets verschiede-
ner Bauart und technischer Qualität. Darüber hinaus verbleiben auch nach der
Abschaffung von Antipersonenminen zahlreiche Antifahrzeug- und Panzerab-

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wehrminen im Bestand der Bundeswehr und anderer Armeen, die potentiell eine
tödliche Gefahr auch für zivile Fahrzeuge darstellen.

Um dieser Gefährdung der Bevölkerung entgegenzuwirken, müssen Landminen
und Streumunition grundsätzlich als Instrument der Kriegführung international
geächtet werden. Da es derzeit auf internationaler Ebene noch erheblichen
Widerstand gegen ein solch umfassendes Verbot gibt, ist ein multilaterales Vor-
gehen nach dem Vorbild der Diplomatie zu wählen, welche zum Abschluss der
Ottawa-Konvention über das Verbot von Antipersonenminen führte.

Um auf internationaler Ebene glaubwürdig für ein Verbot von Landminen und
Streumunition eintreten zu können, muss Deutschland eine Vorreiterrolle ein-
nehmen und selber auf alle Waffen dieser Art verzichten. Ferner ist unerlässlich,
dass sich Deutschland an der Verbreitung solcher Waffen im Ausland nicht be-
teiligt. Wie im Falle der Ottawa-Konvention über das Verbot von Antipersonen-
minen muss Deutschland eine führende Rolle im Verhandlungsprozess für eine
mögliche „Ottawa-II-Konvention“ zum Verbot aller Landminen und Streumuni-
tion einnehmen und dabei mit gutem Beispiel vorangehen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung daher auf,

1. Landminen und Streumunition aus den Beständen der Bundeswehr zu entfer-
nen und zu entsorgen;

2. einen Gesetzentwurf zu erarbeiten, der die Herstellung, den Besitz, die Erpro-
bung, die Lizenzvergabe und den Export nicht nur für Antipersonenminen,
sondern für alle Landminen und für Streumunition verbietet. Dieses Verbot
muss alle Minenverlegesysteme, Minenwurfsysteme, Streumunitionsaus-
bringungsbehältnisse (Geschosse, Raketen, Bomben, Ausstoßkanister) sowie
Bauteile und Komponenten für Minen, Streumunition, Minenverlegesys-
teme, Minenwurfsysteme und Streumunitionsausbringungsbehältnisse ein-
schließen. Ferner muss dieses Verbot die Weitergabe des technischen Know-
hows zum Bau von Landminen, Streumunition, Minenverlegesystemen,
Minenwurfsystemen, Streumunitionsausbringungsbehältnissen und der ent-
sprechenden Bauteile und Komponenten umfassen;

3. international auf Regelungen zur Ächtung aller Landminen und Streumuni-
tion, etwa im Rahmen des VN-Waffenübereinkommens, zu drängen;

4. verstärkt auf alle Länder einzuwirken, die das Antipersonenminen-Abkom-
men von Ottawa noch nicht ratifiziert haben, der Ächtung dieser Minen end-
lich zuzustimmen;

5. den Einsatz von Minen- und Kampfmittelräumgerät in minen- und blindgän-
gerverseuchten Ländern signifikant zu erhöhen und entsprechende Projekte
finanziell weiterhin und verstärkt zu fördern.

Berlin, den 26. September 2006

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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