BT-Drucksache 16/2628

Forschungsprämie zur besseren Kooperation von Wissenschaft und Klein- und Mittelunternehmen (KMU) zügig umsetzen

Vom 20. September 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/2628
16. Wahlperiode 20. 09. 2006

Antrag
der Abgeordneten Dr. Heinz Riesenhuber, Ilse Aigner, Michael Kretschmer,
Katherina Reiche (Potsdam), Dorothee Bär, Klaus Brähmig, Marie-Luise Dött,
Ingrid Fischbach, Axel Fischer (Karlsruhe-Land), Eberhard Gienger, Monika
Grütters, Anette Hübinger, Hartmut Koschyk, Johann-Henrich Krummacher,
Carsten Müller (Braunschweig), Dr. Norbert Röttgen, Uwe Schummer, Marcus
Weinberg, Volker Kauder, Dr. Peter Ramsauer und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten René Röspel, Jörg Tauss, Nicolette Kressl, Willi Brase,
Ulla Burchardt, Dieter Grasedieck, Petra Hinz (Essen), Gesine Multhaupt, Thomas
Oppermann, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Renate Schmidt (Nürnberg), Heinz
Schmitt (Landau), Olaf Scholz, Swen Schulz (Spandau), Dr. Peter Struck und der
Fraktion der SPD

Forschungsprämie zur besseren Kooperation von Wissenschaft und Klein- und
Mittelunternehmen (KMU) zügig umsetzen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Ein wesentlicher Faktor für die Innovationskraft unseres Landes ist der schnelle
Weg vom Wissen in die Märkte. Bei diesem Wissens- und Technologietransfer
spielt die effiziente Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft eine
wesentliche Rolle.

Innovative Klein- und Mittelunternehmen sind besonders wichtig für die Über-
tragung neuen technischen Wissens in den Markt. Rund 29 000 KMU forschen
regelmäßig (2003; ZEW), rund 100 000 innovative KMU gibt es insgesamt.
KMU sind immer intensiver in die Spitzenforschung eingebunden und damit
treibende Kraft des technologischen Strukturwandels. Gleichzeitig garantieren
sie auch die notwendige Breite, mit der Forschung und Entwicklung (FuE) in der
Wirtschaft verankert ist.

Eine hohe Innovationskraft von KMU ist darüber hinaus von größter Bedeutung,
um das von den Regierungschefs der EU vereinbarte Ziel zu erreichen, bis zum
Jahr 2010 einen Anteil von 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für FuE
aufzuwenden, zu zwei Dritteln erbracht von der Wirtschaft und zu einem Drittel
vom Staat. Ohne einen essentiellen Beitrag innovativer KMU ist diese Kraft-

anstrengung nicht zu schaffen.

Die Verwertung der Forschungsergebnisse aus öffentlich finanzierter Forschung
muss weiter verbessert werden. Zwar sind die externen Forschungsaufwendun-
gen der Unternehmen in den letzten Jahren gestiegen, doch der Marktanteil der
deutschen Hochschulen und öffentlichen Forschungsinstitute beim Techno-
logietransfer hat sich verringert, während der Anteil der in das Ausland ver-

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gebenen Aufträge zugenommen hat. Bei der Zusammenarbeit zwischen For-
schungseinrichtungen und KMU gilt es noch immer viele Vorurteile und kul-
turelle Hürden zu überwinden.

Um in Deutschland erfolgreich innovativ zu sein, müssen wir deshalb insbeson-
dere die Förderung von FuE in KMU breitenwirksam verbessern und Koopera-
tionen von KMU mit der Wissenschaft auf vielfältige Art anregen.

Wir wollen Hochschulen und Forschungseinrichtungen darin unterstützen, sich
zu öffnen und auf die mittelständischen Unternehmen zuzugehen. Sie müssen
offener dafür werden, wissenschaftliche Erkenntnisse in Produkte von KMU
umzumünzen und so zu Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätzen beitragen.
Dies beeinträchtigt nicht die freie Grundlagenforschung, aber die Wissenschaft-
ler müssen offener für den Bedarf der Wirtschaft werden und sich bei jedem For-
schungsergebnis die Frage nach der Verwertungsrelevanz stellen.

Ein geeigneter neuer Anreiz, um diesen Kulturwandel anzuregen und den Tech-
nologietransfer zu beschleunigen, ist die Einführung einer Forschungsprämie
für die Durchführung von FuE-Aufträgen aus der Wirtschaft. Damit sollen ge-
zielt die Forschungsinstitute gestärkt werden, denen es gelingt, Forschungs-
verträge mit Unternehmen der Wirtschaft abzuschließen. Das soll erreicht wer-
den, indem öffentlich finanzierte Forschungseinrichtungen und Hochschulen,
die Forschungsaufträge der Wirtschaft akquirieren, durch eine zusätzliche Prä-
mie in Höhe von 25 Prozent des Auftragswertes vom Staat gefördert werden.
Die Prämie soll branchen- und themenoffen und das Förderverfahren unbüro-
kratisch sein.

Die Vorteile bzw. Chancen einer solchen Prämie für alle Beteiligten und für den
Wissens- und Technologietransfer in Deutschland insgesamt liegen auf der
Hand:

● Neue Ideen in den Instituten werden schneller vom innovativen Mittelstand
aufgegriffen.

● Neue Marktchancen innovativer Unternehmen werden schneller mit bester
Technik umgesetzt.

● Die Hochschulen und Forschungseinrichtungen werden gestärkt. Die For-
schungsprämie erweitert ihren finanziellen Gestaltungsspielraum und ihre
Flexibilität. Sie erhöht ihre Motivation, wirtschafts- und marktnahe Frage-
stellungen aufzugreifen, ihr Angebot an FuE-Dienstleistungen für KMU zu
professionalisieren und so neue Forschungspartner zu gewinnen. Das verbes-
sert auch die Innovationsrelevanz der öffentlichen Förderung.

● KMU werden ermutigt, stärker auf Hochschulen und Forschungseinrich-
tungen zuzugehen und mit ihnen zu kooperieren.

● Die Bearbeitung von Aufträgen aus der Wirtschaft trägt zu einer praxisnähe-
ren Ausbildung von Hochschulabsolventen und Post-Graduierten bei und
kann so deren Berufschancen in der Wirtschaft verbessern.

● Die Prämie kann den Innovationserfolg insgesamt steigern und so zu Wachs-
tum und Beschäftigung beitragen.

II. Der Deutsche Bundestag begrüßt:

Der Deutsche Bundestag begrüßt das Ziel der Bundesregierung, im Rahmen der
Hightech-Strategie die Bedingungen für den innovativen Mittelstand weiter zu
verbessern, und zwar insbesondere durch die Aufstockung der Mittel für die
KMU-Forschungsförderung in den Jahren 2006 bis 2009; die Vereinfachung
und Straffung der Innovationsförderung; den Ausbau bewährter Fördermaß-

nahmen wie PRO INNO II und der Industriellen Gemeinschaftsforschung; die
Förderung des Neueinstiegs von KMU in Forschungsaktivitäten; die stärkere

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Beteiligung von KMU an den neuen Fördermaßnahmen für Spitzen- und Quer-
schnittstechnologien („Leuchttürme“); die stärkere Unterstützung innovativer
Gründungen durch den Ausbau der EXIST-Programme, den High-Tech-
Gründerfonds, den ERP-Startfonds, den ERP-/EIF-Dachfonds und weiterer
Fonds zur Mobilisierung von Beteiligungskapital aus der privaten Wirtschaft
sowie durch bessere Bedingungen für Wagniskapital, u. a. mit dem geplanten
Private-Equity-Gesetz.

Der Deutsche Bundestag begrüßt insbesondere die Ankündigung der Bundes-
regierung, die Kräfte von Wirtschaft und Wissenschaft stärker zu bündeln und
den Technologietransfer zu verbessern. Dabei will sie sich nicht nur auf die
Förderung von Spitzenclustern und das Hervorheben bester Beispiele für die Zu-
sammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft konzentrieren, sondern wird
auch explizit ab 2007 eine Forschungsprämie für Forschungsaufträge von
kleinen und mittleren Unternehmen an Hochschulen und außeruniversitären
Forschungseinrichtungen einführen.

III. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

– die Forschungsprämie wie angekündigt Anfang 2007 einzuführen und dafür
im Rahmen des 6-Milliarden-Euro-Programms für Forschung und Entwick-
lung in den Jahren 2007 bis 2009 Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen;

– sie so auszugestalten, dass sie Hochschulen und öffentliche Forschungs-
einrichtungen in ihrer Kooperationstätigkeit stärkt und zusätzliche private
Forschungsmittel mobilisiert;

– den Kreis der KMU, die sie adressiert, nicht zu eng zu fassen;

– das Förderverfahren so unbürokratisch wie möglich zu gestalten, um die Vor-
teile der Forschungsprämie – schnell, einfach, bedarfsorientiert – voll zum
Tragen zu bringen;

– dabei folgende Eckpunkte umzusetzen:

● Die Forschungsprämie soll 25 Prozent des Auftragsvolumens ausmachen,
um Anreize für anspruchsvolle FuE-Projekte zu setzen und eine effiziente
Abwicklung der Maßnahme zu ermöglichen. Sie soll dann ausgezahlt wer-
den, wenn das Auftragsvolumen eine praktikable und niedrigschwellige
Mindestsumme pro Auftrag überschreitet. Eine mögliche Obergrenze der
Forschungsprämie sollte nicht zu niedrig angesetzt werden, um sinnvoll
angelegte Kooperationsprojekte nicht von vornherein zu beschränken.

● Die Forschungsprämie wird nach Abrechnung des Auftrags zu Vollkosten
an die Wissenschaftseinrichtung ausgezahlt. Damit liegen die Anreize für
die Hochschulen im monetären, für die Unternehmen allein im qualitati-
ven Bereich, so dass Mitnahmeeffekte vermieden werden.

● Antragsberechtigt sind öffentliche und staatlich anerkannte private Uni-
versitäten und Fachhochschulen sowie öffentliche Forschungseinrich-
tungen in Deutschland, wenn sie FuE-Aufträge kleinerer und mittlerer Un-
ternehmen durchführen. Die Einbeziehung von Unternehmensverbünden
auf der Auftraggeberseite sollte geprüft werden. Ebenso sollte – nach
Klärung insbesondere beihilferechtlicher Fragen – die Einbeziehung
gemeinnütziger, nicht grundfinanzierter Forschungseinrichtungen (z. B.
ForschungsGmbHs in den neuen Ländern) auf der Auftragnehmerseite
geprüft werden.

● Förderfähig sind Aufträge für FuE-Projekte aus der Wirtschaft, die der
Gewinnung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse oder der Umsetzung

neuer Forschungsergebnisse in die Praxis dienen und die noch nicht ander-
weitig öffentlich gefördert werden. Mit der Forschungsprämie können

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auch kurz- und mittelfristige Projekte gefördert werden. Nicht förderfähig
sind Aufträge über die Erbringung von marktüblichen technischen Dienst-
leistungen ohne Forschungscharakter (z. B. routinemäßige Änderungen
an bestehenden Produkten, Verfahren und Dienstleistungen oder gesetz-
lich vorgeschriebene Nachweise, Normen und Qualifikationszertifikate)
und Marktstudien.

● Die Forschungsprämie ist branchen- und themenoffen zu gestalten, soll
aber nicht zu Lasten anderer Förderprogramme wie PRO INNO II,
INNOWATT oder der Industriellen Gemeinschaftsforschung gehen.

● Das Instrument der Forschungsprämie soll zunächst für drei Jahre erprobt
werden. Die Ergebnisse der Erprobung sind frühzeitig und fortlaufend zu
evaluieren, um die Durchführung dieser Fördermaßnahme bei Bedarf ver-
bessern sowie die Grundlage für eine fundierte Entscheidung über die
Fortführung des Instrumentes bilden zu können.

Berlin, den 20. September 2006

Volker Kauder, Dr. Peter Ramsauer und Fraktion
Dr. Peter Struck und Fraktion

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