BT-Drucksache 16/2444

Bier- und weinhaltige Cocktails

Vom 24. August 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/2444
16. Wahlperiode 24. 08. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Kerstin Andreae, Birgitt Bender, Ulrike
Höfken, Dr. Thea Dückert, Kai Boris Gehring, Elisabeth Scharfenberg, Dr. Gerhard
Schick und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bier- und weinhaltige Cocktails

Mit dem Gesetz zur Verbesserung des Schutzes junger Menschen vor den
Gefahren des Alkohol- und Tabakkonsums vom 23. Juli 2004 wurde auf spiri-
tuosenhaltige Süßgetränke zusätzlich zur Branntweinsteuer eine Sondersteuer,
die so genannte Alkopopsteuer, eingeführt. Das Ziel hierbei war, die Nachfrage
nach diesen speziell auf Jugendliche zugeschnittenen Produkten zu verringern.
Der Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen der Alkopopsteuer
(Bundestagsdrucksache 15/5929) weist nach, dass die mit der Einführung
dieser Steuer beabsichtigten Ziele im Hinblick auf spirituosenhaltige Alkopops
erreicht wurden.

Die Spirituosenindustrie hat mit geänderten Rezepturen auf die Verteuerung der
herkömmlichen Alkopops reagiert. Nunmehr wird verstärkt Bier oder Wein
zugemischt, Spirituosen werden nur geringfügig zur „Geschmacksabrundung“
beigemengt. Auf diese Weise unterfallen die Produkte weder der Branntwein-
noch der Alkopopsteuer. Sie dürfen zudem an Jugendliche unter 18 Jahren
abgegeben werden und tragen keinen Warnhinweis. Der durchschnittliche
Alkoholgehalt der aromatisierten weinhaltigen Cocktails beträgt nach einer
Marktuntersuchung der Verbraucherzentralen Hessen und Niedersachsen etwa
5,5 Vol. Prozent und ist damit ähnlich hoch wie der in branntweinhaltigen
Alkopops.

Auf die besondere Gefährdung für Kinder und Jugendliche durch so genannte
alkoholische Premixgetränke hat 2004 bereits die Kinderkommission des Deut-
schen Bundestages hingewiesen. Der wenn auch geringfügige Anteil brannt-
weinhaltigen Alkohols in aromatisierten weinhaltigen Cocktails führt zudem
nach Auffassung der Verbraucherzentralen zu einer insbesondere für Jugend-
liche unerwünschten Gewöhnung an den Geschmack hochprozentigen Alko-
hols. Umstritten im Hinblick auf eine mögliche Gesundheitsgefährdung ist
auch die Beimengung von Zusatzstoffen wie Taurin und Koffein. Sie können in
Kombination mit gleichzeitiger körperlicher Anstrengung etwa in Diskotheken
zum Kreislaufversagen führen.

Eine Befragung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung aus 2005

zur Entwicklung des Alkoholkonsums bei Jugendlichen ergab einerseits einen
Rückgang der Anzahl der Jugendlichen, die angaben, in den letzten zwölf
Monaten wein- oder bierhaltige Alkopops getrunken zu haben. Anderseits
wurde ein deutlicher Anstieg des durch wein- und bierhaltige Alkopops konsu-
mierten reinen Alkohols von 3,9 Gramm pro Woche auf 5,3 Gramm gemessen.
Bei beiden Ergebnissen sind erhebliche Unterschiede im Konsumverhalten von
männlichen und weiblichen Jugendlichen festzustellen.

Drucksache 16/2444 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche aktuellen Erkenntnisse liegen der Bundesregierung zu ansteigenden
Zahlen von Alkoholintoxikationen vor bei Kindern, Jugendlichen und jun-
gen Erwachsenen?

Welche geschlechtsspezifischen Unterschiede gibt es hierbei?

2. Welche aktuellen Erkenntnisse liegen der Bundesregierung zum Absatz von
bier- und weinhaltigen Alkopops vor?

Welche Trends sind erkennbar?

3. Sieht die Bundesregierung im Hinblick auf Gefährdungen für Jugendliche
Unterschiede zwischen herkömmlichen branntweinhaltigen Alkopops und
aromatisierten bier- und weinhaltigen Cocktails?

Und wenn ja, welche sind dies?

4. Wie bewertet die Bundesregierung aromatisierte weinhaltige Cocktails im
Hinblick auf mögliche Gesundheitsgefährdungen durch Inhaltsstoffe wie
Taurin und Koffein?

5. Wie bewertet die Bundesregierung aromatisierte weinhaltige Cocktails im
Hinblick auf die Gefährdungen insbesondere für Kinder und Jugendliche
durch darin in einigen Fällen enthaltene branntweinhaltige Alkoholbei-
mengungen?

6. Wie bewertet die Bundesregierung aromatisierte bier- und weinhaltige
Cocktails im Hinblick auf den Jugendschutz?

7. a) Welchen Handlungsbedarf sieht die Bundesregierung, um die Umgehung
der Sondersteuer für Alkopops durch bierhaltige und weinhaltige aro-
matisierte Cocktails zu unterbinden?

b) Auf welche Weise will die Bundesregierung die von Experten zum Bei-
spiel anlässlich der Anhörung des Finanzausschusses am 28. April 2004
empfohlene Verteuerung von wein- und bierhaltigen Alkopops erreichen?

8. Sieht die Bundesregierung Handlungsbedarf, das geltende Jugendschutz-
gesetz (JuSchG) so zu modifizieren, dass

a) bier- und weinhaltige aromatisierte Cocktails dem Abgabeverbot nach
§ 9 Abs. 1 Nr. 1 und dem Kennzeichnungsgebot nach § 9 Abs. 4 JuSchG
unterfallen?

Wenn nein, warum nicht?

b) alle alkoholischen Premixgetränke dem Abgabeverbot nach § 9 Abs. 1
Nr. 1 und dem Kennzeichnungsgebot nach § 9 Abs. 4 JuSchG unter-
fallen?

Wenn nein, warum nicht?

9. Wie bewertet die Bundesregierung

a) ein allgemeines Werbeverbot für alle alkoholischen Premixgetränke?

b) ein Verbot der jugendbezogenen Alkoholwerbung?

Berlin, den 24. August 2006

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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