BT-Drucksache 16/2116

Neutrale Evaluation von Bürokratiekosten

Vom 29. Juni 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/2116
16. Wahlperiode 29. 06. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Birgit Homburger, Martin Zeil,
Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, Daniel Bahr (Münster),
Uwe Barth, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Mechthild
Dyckmans, Jörg van Essen, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund
Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen),
Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Dr. Werner Hoyer,
Dr. Heinrich L. Kolb, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Harald Leibrecht, Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger, Michael Link (Heilbronn), Patrick Meinhardt,
Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Cornelia
Pieper, Gisela Piltz, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Dr. Hermann Otto Solms,
Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner, Florian Toncar, Christoph Waitz, Dr. Claudia
Winterstein, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Neutrale Evaluation von Bürokratiekosten

Im Kabinettsbeschluss vom 25. April 2006 heißt es: „… Erfahrungen in anderen
Ländern, insbesondere den Niederlanden und Großbritannien, haben gezeigt,
dass die systematische Ermittlung einzelner Bürokratiekosten wie z. B. von In-
formationspflichten möglich ist. Auf einer solchen gesicherten Grundlage wird
Bürokratiekostenabbau in diesen Bereichen nachprüfbar …“ „… Aufgrund der
festgelegten Methodik werden zunächst bestehende Bundesgesetze und Rechts-
verordnungen auf Bürokratiekosten durch Informationspflichten untersucht.
(…) In einem ersten Schritt wird die Bestands-(Null-)messung auf die Informa-
tionspflichten der Wirtschaft konzentriert, um die Chancen für mehr Wachstum
und Beschäftigung zu verbessern.“

Im Gesetz zur Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrates ist die An-
wendung einer „standardisierten Bürokratiekostenmessung auf Grundlage des
Standardkosten-Modells“ vorgesehen. In der Begründung heißt es dazu u. a.:
„Der Nationale Normenkontrollrat hat nicht die Aufgabe, die standardisierte
Bürokratiekostenmessung durchzuführen. Dies ist Aufgabe der einzelnen
Ministerien …“

Staatsministerin Hildegard Müller hat im Interview mit den AWV-Informa-
tionen (Ausgabe 3/2006) dazu erklärt, dass „jedes Ressort … eine Bestandsmes-
sung vornehmen“ werde, wobei der Staatssekretärsausschuss „… zusammen mit

dem Statistischen Bundesamt für die Einführung und Durchführung der Büro-
kratiekosten-Messung …“ sorgen werde.

In der Fachliteratur wird intensiv darüber diskutiert, inwieweit eine Messung der
Bürokratie durch die Verwaltung selbst zielführend sein kann. So plädiert
beispielsweise die Bertelsmann Stiftung, die sich im Rahmen des Bürokratie-
abbaus besonders engagiert, in einem Thesenpapier dafür, dass „qualifizierte
Dritte“ die Bürokratiekosten feststellen sollen. Sonst sei mit „erheblichen Ver-

Drucksache 16/2116 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
zögerungen“ zu rechnen, überdies stehe zu befürchten, dass der ganze Prozess
unter einem Glaubwürdigkeitsmangel leiden werde, wenn diejenigen, deren Ar-
beit „evaluiert“ werden soll, selbst die Evaluatoren wären.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Sind der Bundesregierung weitere Verfahren bei EU-Mitgliedstaaten zur
Evaluierung und Messung der Bürokratiekosten, nicht nur in den Niederlan-
den oder Großbritannien, bekannt?

Wenn ja, welche?

2. Plant die Bundesregierung vergleichbare Maßnahmen wie in den bekannten
Entwicklungsgängen in den EU-Nachbarstaaten Großbritannien und
Niederlande vorzunehmen?

Wenn ja, welche, wenn nein, welche nicht?

3. Wird die Bundesregierung auf die Erfahrungen der Bundesländer, die der-
zeit Pilotprojekte durchführen, bei der Bemessung zurückgreifen?

4. In welcher Weise plant die Bundesregierung, die von Bürokratie betroffene
Wirtschaft – große, mittlere aber auch kleine Unternehmen – in den Prozess
der Bestandsmessung und des anschließenden Kostenabbaus einzube-
ziehen?

5. In welcher Weise wird der Normenkontrollrat in diesem Zusammenhang
tätig werden?

6. Wann rechnet die Bundesregierung nach dem bisherigen Fahrplan mit den
Ergebnissen der Bestandsmessung der Bürokratiekosten, die durch Bundes-
gesetze und -verordnungen hervorgerufen werden?

7. Welche personellen und finanziellen Ressourcen wird die Feststellung der
Bürokratiekosten in den Bundesministerien und beim Statistischen Bundes-
amt in Anspruch nehmen?

8. Ist eine Einbeziehung von Privatunternehmen oder unabhängigen öffent-
lich-rechtlichen Institutionen bei der Evaluierung der Bürokratiekosten ge-
plant?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, ist bei einem Privatunternehmen ein Vergabeverfahren geplant
oder eine spezielle öffentlich-rechtliche Institution angedacht?

9. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung im Anschluss an die Mes-
sung?

10. Plant die Bundesregierung vor der vollständigen Feststellung der Bürokra-
tiekosten Entscheidungen über den Abbau von bürokratischen Lasten?

Wenn ja, auf welcher Kostenbasis werden diese beruhen?

11. Sieht die Bundesregierung die Glaubwürdigkeit der Messergebnisse ge-
währleistet, wenn die Überprüfung der Bürokratiekosten allein durch die
Ministerien und das Statistische Bundesamt erfolgt?

Wenn ja, warum?

12. Plant die Bundesregierung, auch die Belastungen der Bürger selbst durch
Bürokratie feststellen zu lassen?

Wenn ja, wie?

Berlin, den 29. Juni 2006

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.