BT-Drucksache 16/195

Lebensmittelskandalen effektiv entgegenwirken - Verbraucher umfassend informieren

Vom 13. Dezember 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 16/195
16. Wahlperiode 13. 12. 2005

Antrag
der Abgeordneten Peter Bleser, Ursula Heinen, Gitta Connemann, Julia Klöckner,
Marlene Mortler, Uda Carmen Freia Heller, Franz-Josef Holzenkamp, Dr. Peter Jahr,
Dr. Hans-Heinrich Jordan, Hartmut Koschyk, Dr. Max Lehmer, Johannes Röring,
Kurt Segner, Jochen Borchert, Hubert Deittert, Josef Göppel, Susanne Jaffke,
Sibylle Pfeiffer, Norbert Schindler, Georg Schirmbeck, Bernhard Schulte-
Drüggelte, Volkmar Uwe Vogel, Wolfgang Zöller und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Waltraud Wolff (Wolmirstedt), Ulrich Kelber, Volker
Blumentritt, Dr. Gerhard Botz, Elvira Drobinski-Weiß, Gustav Herzog, Ute Kumpf,
Holger Ortel, Dr. Wilhelm Priesmeier, Mechthild Rawert, Marianne Schieder, Olaf
Scholz, Dr. Angelica Schwall-Düren, Dr. Marlies Volkmer, Manfred Zöllmer
und der Fraktion der SPD

Lebensmittelskandalen effektiv entgegenwirken – Verbraucher umfassend
informieren

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Anzahl der bekannt gewordenen Unregelmäßigkeiten bei der Lagerung und
Lieferung von Fleisch (Fleischskandale) hat in den vergangenen Monaten be-
sorgniserregend zugenommen. Die jüngsten kriminellen Machenschaften, Um-
etikettierung und Handel mit verdorbenem Fleisch, haben die Verbraucher in
Deutschland verunsichert und das Vertrauen in die Sicherheit der Lebensmittel
erschüttert. Als Folge des kriminellen Handelns einzelner Unternehmen leidet
die ganze Branche unter den ökonomischen Folgen. Die Zahl der aufgedeckten
Fälle ist allein in 2005 höher als in den vergangenen zehn Jahren.

Neben mangelnder Transparenz, Schwächen in der Lebensmittelüberwachung
und einem erheblichen Maß an krimineller Energie sind der hohe Preisdruck im
Lebensmittelhandel und die Wettbewerbssituation auf den Fleischmärkten für
diese Skandale mitverantwortlich.

CDU, CSU und SPD haben sich bereits im Koalitionsvertrag darauf verständigt,
dass Lebensmittelsicherheit und Qualitätssicherung absolute Priorität besitzen.
Zur Vorbeugung und Bekämpfung von Lebensmittelskandalen sind zahlreiche
Maßnahmen vereinbart worden, die schnellstmöglich umgesetzt werden.
II. Der Deutsche Bundestag unterstützt die Maßnahmen der Bundesregierung:

1. ein Verbraucherinformationsgesetz einzubringen, das den hohen Ansprüchen
der Verbraucherinnen und Verbraucher auf Transparenz und Information über
gesundheitsgefährdende oder risikobehaftete Produkte gerecht wird. Wenn
Unternehmen nachweislich gegen verbraucherschützende Rechtsvorschrif-

Drucksache 16/195 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

ten verstoßen, müssen diese durch Namensnennung – auch der belieferten
Unternehmen – öffentlich gemacht werden. „Schwarze Schafe“ müssen ge-
nannt und zur Rechenschaft gezogen werden. Sie dürfen nicht eine ganze
Branche in Misskredit bringen;

2. die Rückverfolgbarkeit bei Lebensmitteln insgesamt transparenter zu gestal-
ten sowie insbesondere die Dokumentation bei Transporten von Material der
Kategorie 3 (nicht mehr zum Verzehr bestimmte Produkte) zu verbessern, um
die Rückverfolgung zu gewährleisten und die Umdeklarierung zu erschweren;

3. bei den Kennzeichnungsverfahren gemeinsam mit den Ländern Möglich-
keiten zu erarbeiten, mit denen eine Umdeklarierung von Schlachtabfällen,
die nicht zum menschlichen Verzehr bestimmt sind, verhindert werden kann;

4. die Koordinierungskompetenz des Bundesamtes für Verbraucherschutz in Ab-
sprache mit den Ländern zu stärken, um schnellere Reaktionen auch zwischen
den Bundesländern zu ermöglichen sowie die Behörden zu sensibilisieren, die
geltenden Strafrahmen zur Sanktionierung konsequenter auszuschöpfen.
Lebensmittelkontrolle ist Aufgabe der Länder. Lebensmittelskandale haben
aber gezeigt, dass eine bessere länderübergreifende Koordinierung notwendig
ist. Denn Kriminelle nutzen die Lücken in der länderübergreifenden Über-
wachung und transportieren ihre Ware umgehend weiter, um so konsequenten
Lebensmittelkontrollen zu entkommen;

5. gemeinsam mit den Ländern die Einrichtung eines nationalen Frühwarn-
systems zu prüfen, in dem über entdeckte Verstöße gegen das Lebensmittel-
und Futtermittelrecht zeitnah und unabhängig von krisenhaften Vorgängen
der Informationsaustausch zwischen Ländern und Bundesbehörden statt-
findet;

6. die staatliche Lebensmittelkontrolle mit privatrechtlichen Qualitätssiche-
rungssystemen zu verzahnen und ein Pilotprojekt zu initiieren, in dem die
staatliche Lebensmittelkontrolle enger mit der privaten Qualitätssicherung
zusammenarbeitet. Daneben soll die Kapazitätsausstattung der Überwa-
chungsbehörden kritisch überprüft werden, um Schwachstellen in der Über-
wachungstätigkeit sicher ausschließen zu können und einen effektiven Ein-
satz der Ressourcen sicherzustellen. Eine wirksame Lebensmittelkontrolle
muss auch vor dem Hintergrund knapper Finanzmittel gewährleistet sein. Die
bestehenden Potentiale in der Lebensmittelkontrolle müssen weiter ausge-
schöpft werden, um so ohne zusätzliche Bürokratie eine Verbesserung der
Effizienz zu erreichen;

7. im Kartellrecht die Lücken beim Verbot des Verkaufs unter Einstandspreis im
Lebensmittelbereich zu schließen, um so den Preisdruck bei Lebensmitteln
zu stoppen;

8. Lebensmittelunternehmer zu verpflichten, die zuständigen Behörden über
Lieferungen von nicht sicheren Lebensmitteln zu unterrichten. Nicht nur die
Verbraucherinnen und Verbraucher sind die Betrogenen. Oftmals verlassen
sich auch Unternehmen gutgläubig auf die Kennzeichnung und stehen hinter-
her mit verdorbenem, wertlosem Fleisch ebenso als Betrogene da;

9. durch die Einrichtung einer Anlaufstelle, die vertrauliche Informationen ent-
gegennimmt, den Informantenschutz für Mitarbeiter aus der Lebensmittel-
wirtschaft zu verbessern, damit sie vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen ge-
schützt werden;

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/195

10. auf EU-Ebene zu überprüfen, inwieweit Regelungen zur Lebensmittel- und
Futtermittelsicherheit geändert werden müssen, um weiteren Fleischskan-
dalen vorzubeugen.

Berlin, den 13. Dezember 2005

Peter Bleser
Ursula Heinen
Gitta Connemann
Julia Klöckner
Marlene Mortler
Uda Carmen Freia Heller
Franz-Josef Holzenkamp
Dr. Peter Jahr
Dr. Hans-Heinrich Jordan
Hartmut Koschyk
Dr. Max Lehmer
Johannes Röring
Kurt Segner
Jochen Borchert
Hubert Deittert
Josef Göppel
Susanne Jaffke
Sibylle Pfeiffer
Norbert Schindler
Georg Schirmbeck
Bernhard Schulte-Drüggelte
Volkmar Uwe Vogel
Wolfgang Zöller
Volker Kauder, Dr. Peter Ramsauer und Fraktion

Waltraud Wolff (Wolmirstedt)
Ulrich Kelber
Volker Blumentritt
Dr. Gerhard Botz
Elvira Drobinski-Weiß
Gustav Herzog
Ute Kumpf
Holger Ortel
Dr. Wilhelm Priesmeier
Mechthild Rawert
Marianne Schieder
Olaf Scholz
Dr. Angelica Schwall-Düren
Dr. Marlies Volkmer
Manfred Zöllmer
Dr. Peter Struck und Fraktion

Antrag
Lebensmittelskandalen effektiv entgegenwirken – Verbraucher umfassend informieren

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