BT-Drucksache 16/1722

Ausbau des Elbe-Lübeck-Kanals als Teil des transeuropäischen Verkehrsnetzes

Vom 31. Mai 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/1722
16. Wahlperiode 31. 05. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Christel Happach-Kasan, Hans-Michael Goldmann,
Horst Friedrich (Bayreuth), Patrick Döring, Jan Mücke, Joachim Günther (Plauen),
Christian Ahrendt, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher,
Jörg van Essen, Dr. Edmund Peter Geisen, Miriam Gruß, Heinz-Peter Haustein,
Elke Hoff, Dr. Heinrich L. Kolb, Hellmut Königshaus, Gudrun Kopp,
Jürgen Koppelin, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Michael Link (Heilbronn),
Patrick Meinhardt, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto
(Frankfurt), Cornelia Pieper, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Dr. Hermann Otto Solms,
Florian Toncar, Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing,
Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Ausbau des Elbe-Lübeck-Kanals als Teil des transeuropäischen Verkehrsnetzes

Nach einer Berichterstattung in den „Lübecker Nachrichten“ vom 16. Mai 2006
hat der parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Bau
und Stadtentwicklung, Achim Großmann, in einem Brief geschrieben: „Ein
Ausbau des Elbe-Lübeck-Kanals findet nicht statt.“ Der Staatssekretär im
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Jörg Hennerkes, hat
bei der Einweihung der neuen Lauenburger Schleuse im Mai diesen Jahres fest-
gestellt: „Der Elbe-Lübeck-Kanal wird in Zukunft eine wachsende Bedeutung
haben.“

Die Lauenburger Schleuse ist der erste Neubau einer Schleuse des inzwischen
mehr als 100 Jahre betriebenen und am 16. Juni 1900 eingeweihten Elbe-
Lübeck-Kanals (ELK). Mit einer Kammerlänge von 115 Metern ermöglicht die
neue Schleuse dem modernen Großmotorgüterschiff die Fahrt zum Lauenburger
Hafen. Eine Weiterfahrt durch die übrigen sechs Schleusen in die Häfen von
Mölln und Lübeck ist jedoch aufgrund der geringen Abmessungen der alten
Schleusen (80 Meter Länge) für diese Schiffe nicht möglich. Die alten Schleusen
ermöglichen lediglich eine Durchfahrt des Europaschiffs in teilbeladenem
Zustand.

Der Elbe-Lübeck-Kanal (ELK) verbindet das Elbestromgebiet mit der Ostsee
und ist damit Zubringer für den Lübecker Hafen. Auf Vorschlag der EU-
Kommission ist der Kanal Teil des Transeuropäischen Verkehrsnetzes. Nach
über 100-jährigem Betrieb zeigen sich deutliche Schäden am Elbe-Lübeck-
Kanal und seinen Kanalbauwerken. Mehrere Brückenbauwerke weisen erheb-
liche Mängel auf, sind reparaturbedürftig und aus Sicherheitsgründen nur noch
eingeschränkt befahrbar. Nach Fertigstellung der Lauenburger Schleuse ist die
Witzeezer Schleuse mit einer Länge von 80 Metern ein für Großmotorgüter-
schiffe unüberwindliches Nadelöhr für die Nutzung des Kanals bis zum Möllner
Hafen.

Drucksache 16/1722 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Der Bundesverkehrswegeplan 2003 weist für den Elbe-Lübeck-Kanal Investi-
tionen in Höhe von 113,5 Mio. Euro aus. Geplant sind Ersatzinvestitionen ein-
schließlich von Schleusenverlängerungen. Derzeit findet auf dem Kanal ein
jährlicher Güterverkehr von etwa 1 Mio. t pro Jahr statt. Dieser Verkehr wird
sich nach Prognosen der IHK Lübeck in den kommenden Jahren um mindestens
10 bis 15 Prozent erhöhen.

Der Kanal hat für den Tourismus in der Region eine erhebliche Bedeutung. Über
6 000 Freizeitboote passieren jährlich den Kanal, der durch landschaftlich sehr
reizvolle Regionen führt. Die Hansestadt Lübeck hat auf ihrem Stadtgebiet die
von Wasserbaudirektor Ludwig August Hotopp konstruierten Hubbrücken in
den neunziger Jahren unter Denkmalschutz gestellt. Die sechs alten Schleusen
des 67 km langen Elbe-Lübeck-Kanals wurden ebenfalls von Wasserbaudirektor
Ludwig August Hotopp entwickelt. Das „Hotopp’sche Schleusenprinzip“ funk-
tioniert ohne Energiezufuhr von außen. Das Öffnen und Schließen der Tore und
das Füllen und Entleeren der Schleusenkammern erfolgt auf rein pneumatisch-
hydraulischem Wege durch die Ausnutzung der Schwerkraft des Kanalober-
wassers. Diese patentierte Sonderentwicklung ist weltweit einzigartig.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Plant die Bundesregierung, den weiteren Ausbau des ELK durch Ersatzinves-
titionen in Schleusen und Brücken in zukunftsorientierten Abmessungen, das
heißt, den Ersatz der alten Schleusen in den Abmessungen für das Groß-
motorgüterschiff und den Ersatz der Brücken für den zweilagigen Container-
verkehr fortzuführen, und wenn nein, warum nicht und in welcher Weise
sollen die notwendigen Ersatzbauten ausgeführt werden?

2. Was bedeutet vor diesem Hintergrund die Aussage von Staatssekretär Achim
Großmann: „Ein Ausbau des Elbe-Lübeck-Kanals findet nicht statt“?

3. Kann der Elbe-Lübeck-Kanal der von Staatssekretär Jörg Hennerkes fest-
gestellten wachsenden Bedeutung des Kanals in seinem jetzigen Zustand
gerecht werden, und wenn nein, welche Ausbaumaßnahmen sind nach Ein-
schätzung der Bundesregierung erforderlich, damit der Kanal seiner Bedeu-
tung gerecht werden kann?

4. Ist der gegenwärtige Ausbauzustand des ELK nach Einschätzung der Bun-
desregierung geeignet, den zukünftigen Anforderungen an seine Leistungs-
fähigkeit gerecht zu werden, und wenn nein, welche Defizite erkennt die
Bundesregierung?

5. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass der Neubau der Lauenbur-
ger Schleuse an neuem Standort und mit den für das Großmotorgüterschiff
erforderlichen Maßen eine wichtige Entscheidung hinsichtlich des weiteren
Ausbaus des ELK ist, und wenn nein, warum nicht?

6. Welche Bedeutung hat nach Einschätzung der Bundesregierung die Beförde-
rung von Massengütern sowie Containern auf den Binnenschifffahrtswegen
für die umweltverträgliche Organisation des Güterverkehrs?

7. Wie wird von der Bundesregierung in diesem Zusammenhang die Bedeutung
des ELK als Teil des transeuropäischen Verkehrsnetzes bewertet?

8. Welches Wachstumspotenzial hat der Lübecker Hafen nach Einschätzung der
Bundesregierung in den kommenden zehn Jahren?

9. Sieht die Bundesregierung – auch vor dem Hintergrund der zu erwartenden
Wachstumspotenziale des Lübecker Hafens – weiterhin die Notwendigkeit,
Verkehre auf das kostengünstige und umweltschonende Binnenschiff zu ver-
lagern, und wenn ja, welche Auswirkungen wird dies voraussichtlich für den
Elbe-Lübeck-Kanal haben?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/1722

10. Wie wird sich nach Einschätzung der Bundesregierung der Güterverkehr
auf dem Kanal in den nächsten Jahren entwickeln?

11. In welchem Zeitraum beabsichtigt die Bundesregierung, die Schleusen des
Kanals zu erneuern, um die Durchfahrt für das Großmotorgüterschiff von
der Elbe bis zum Lübecker Hafen zu ermöglichen?

12. Wie ist der Stand der Planung des Neubaus der Witzeezer Schleuse?

13. Plant die Bundesregierung, den Neubau der Schleuse am selben Standort
durchzuführen, oder soll das Ersatzbauwerk parallel zum ELK errichtet
werden?

14. Welche weiteren Maßnahmen sollen zum Substanzerhalt am Elbe-Lübeck-
Kanal in der Laufzeit des jetzigen Bundesverkehrswegeplans durchgeführt
werden?

15. Unterstützt die Bundesregierung die Forderung der Wirtschaft, den Elbe-
Lübeck-Kanal auch für mehrlagige Containertransporte vollständig zu
ertüchtigen?

16. Welche Ausbaumaßnahmen am Kanalbett sind dafür mittelfristig erforder-
lich?

17. Wie ist der derzeitige Zustand der Straßen- und Eisenbahnbrücken über den
Elbe-Lübeck-Kanal, und bei welchen Brücken sind aus Gründen der Sicher-
heit welche Verkehrsbeschränkungen angeordnet worden?

18. Trifft es zu, dass einige Brücken über den ELK aus Sicherheitsgründen nur
noch eingeschränkt befahrbar sind?

19. Trifft es zu, dass die Erneuerung einzelner Brücken seit mehreren Jahren
geplant ist, und wenn ja, aus welchen Gründen ist deren Erneuerung bislang
verschoben worden?

20. Besteht Einigkeit unter den verschiedenen Baulastträgern der Brücken des
Elbe-Lübeck-Kanals über die notwendigen Maße der Brücken, die für die
zukünftige verkehrstechnische Nutzung des Kanals erforderlich sind, und
wenn ja, welche Maße sind vereinbart worden?

21. Wird bei der Erneuerung der Kanalbrücken eine Erweiterung der Durch-
fahrtsweite wie auch der Durchfahrtshöhe für die moderne Containerschiff-
fahrt eingeplant, und welche Maße sollen diese neuen Brücken besitzen?

22. Welche Brücken sollen in den nächsten fünf Jahren durch Neubauten ersetzt
werden?

23. Welche Bedeutung hat nach Einschätzung der Bundesregierung die touristi-
sche Nutzung des Kanals?

24. Werden bei der Planung der Erneuerung der Brücken des Elbe-Lübeck-
Kanals denkmalpflegerische Gesichtspunkte mit berücksichtigt, und wenn
ja, welche entsprechenden Maßnahmen sind hierbei für welche Brücken-
und Schleusenbauwerke vorgesehen?

25. Wie beurteilt die Bundesregierung die Möglichkeit, langfristig eine der
alten Schleusen des Elbe-Lübeck-Kanals unter Denkmalschutz zu stellen
und somit aus dem Kanalbetrieb mit den zukünftigen neuen Schleusen aus-
zugliedern, um das geniale Hotopp’sche Schleusenprinzip einem technik-
geschichtlich interessierten Publikum demonstrieren zu können, und welche
Schleuse wäre dafür besonders geeignet?

26. Welche Kanalbauwerke des Elbe-Lübeck-Kanals sind derzeit denkmal-
geschützt?

Drucksache 16/1722 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
27. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass bestimmte Kanalbau-
werke des Elbe-Lübeck-Kanals für das Stadtbild der Hansestadt Lübeck
prägend sind und auch unter fremdenverkehrspolitischen Gesichtspunkten
eine große Bedeutung besitzen, und wenn ja, welche Bauwerke sind hier
besonders zu benennen?

Berlin, den 30. Mai 2006

Dr. Christel Happach-Kasan
Hans-Michael Goldmann
Horst Friedrich (Bayreuth)
Patrick Döring
Jan Mücke
Joachim Günther (Plauen)
Christian Ahrendt
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Dr. Edmund Peter Geisen
Miriam Gruß
Heinz-Peter Haustein
Elke Hoff
Dr. Heinrich L. Kolb
Hellmut Königshaus
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Michael Link (Heilbronn)
Patrick Meinhardt
Burkhardt Müller-Sönksen
Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Cornelia Pieper
Jörg Rohde
Frank Schäffler
Dr. Hermann Otto Solms
Florian Toncar
Christoph Waitz
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)
Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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