BT-Drucksache 16/1547

Innovationen für Deutschland durch das Siebte Forschungsrahmenprogramm der Europäischen Union

Vom 18. Mai 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/1547
16. Wahlperiode 18. 05. 2006

Antrag
der Abgeordneten Carsten Müller (Braunschweig), Ilse Aigner, Michael Kretschmer,
Katherina Reiche (Potsdam), Ingrid Fischbach, Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land),
Eberhard Gienger, Monika Grütters, Anette Hübinger, Hartmut Koschyk, Johann-
Henrich Krummacher, Dorothee Bär, Dr. Norbert Röttgen, Uwe Schummer, Marcus
Weinberg, Volker Kauder, Dr. Peter Ramsauer und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten René Röspel, Jörg Tauss, Nicolette Kressl, Willi Brase,
Ulla Burchardt, Dieter Grasedieck, Ute Kumpf, Lothar Mark, Gesine Multhaupt,
Thomas Oppermann, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Renate Schmidt (Nürnberg),
Heinz Schmitt (Landau), Olaf Scholz, Swen Schulz (Spandau), Dr. Peter Struck
und der Fraktion der SPD

Innovationen für Deutschland durch das Siebte Forschungsrahmenprogramm
der Europäischen Union

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Es ist ein Erfolg der Bundesregierung, dass bei der Einigung der Mitgliedstaaten
über die Finanzielle Vorausschau im Dezember 2005 festgehalten wurde, die
EU-Mittel für Forschung so aufzustocken, dass die verfügbaren Mittel im Jahr
2013 real etwa 75 Prozent höher liegen als 2006. Damit wurde seitens des Rates
eine entscheidende Grundbedingung für den pünktlichen Start des Siebten For-
schungsrahmenprogramms (7. FRP) erfüllt. Für die sinnvolle Verwendung der
Mittel ist nun eine Prioritätensetzung notwendig.

Mit der Lissabon-Strategie hat sich die Europäische Union das ehrgeizige Ziel
gesetzt, ihre Wettbewerbsfähigkeit und Dynamik in einem wissensbasierten
Wirtschaftsraum entscheidend zu stärken. Zentrale Bausteine dieser Strategie
sind die Steigerung der Investitionen in Bildung, Forschung und Innovationen,
die Sicherstellung von mehr Effizienz und Wettbewerb in der Forschung und die
Schaffung von innovationsfreundlicheren Rahmenbedingungen. Dabei ist un-
verzichtbar, dass die notwendige Konzentration auf europäische Wachstums-
chancen und Innovationsstrategien auch durch weitere, nicht weniger zentrale
Bausteine der Lissabon-Agenda wie der Stärkung des europäischen Integra-
tionsprozesses gerade auch in kultureller und sozialer Hinsicht oder dem am

Leitbild der Nachhaltigkeit orientierten Umsteuern in der Ressourcenpolitik be-
gleitet wird.

Eine innovationspolitisch wichtige Wegmarke des Lissabon-Prozesses ist das
Ziel, bis 2010 den Anteil der Aufwendungen für Forschung und Entwicklung in
Europa auf 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen. Mit einem Anteil
in Höhe von gegenwärtig 2,5 Prozent ist Deutschland diesem Ziel einen Schritt
näher gekommen und liegt auch deutlich über dem europäischen Durchschnitt.

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Dies ist ein unbestreitbarer und bemerkenswerter Erfolg der bisherigen Regie-
rungspolitik. Gerade weil der deutsche Beitrag zu den europäischen Aufwen-
dungen für Forschung und Entwicklung in absoluten Zahlen nach wie vor der
stärkste ist, hat Deutschland eine besondere Verantwortung. In Deutschland
müssen daher öffentliche Hand und auch die Wirtschaft den begonnenen Kurs
fortsetzen, weiter in Forschung und Entwicklung zu investieren und sich auf Zu-
kunftstechnologien zu konzentrieren, um die Ziele von Lissabon erreichen zu
können.

Festzustellen ist, dass sich der internationale Wettbewerb in Wissenschaft und
Forschung weiter intensiviert. Die Sicherung des Wohlstands in Europa auch für
kommende Generationen wird neben der sozialen und kulturellen Integration
maßgeblich davon abhängen, inwieweit wir den Wandel zur wissensbasierten
Wirtschaftsweise und zum innovations- sowie technologiegetriebenen Wett-
bewerb fortführen und weiter erfolgreich gestalten. Wichtige Zukunftsfelder
europäischer Forschungspolitik sind die Informations- und Kommunikations-
technologien, die Lebenswissenschaften und die Biotechnologie, die Nano-
technologien, die optischen Technologien, die Bereiche Energie und Umwelt,
die Luft- und Raumfahrt, die Verkehrsforschung, die Material- und Produktions-
wissenschaften sowie die Ausbildung und Mobilität der zukünftigen Wissen-
schaftlergenerationen.

Die beschleunigte Globalisierung hat erhebliche Konsequenzen für die wirt-
schaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Handlungsbedingungen in Eu-
ropa. Die europäische Integration und Transformation hin zu einer Wissens-
gesellschaft gehen mit großen Herausforderungen einher und machen ein fun-
diertes geistes-, sozial- und kulturwissenschaftliches Verständnis der zugrunde
liegenden Prozesse und Rahmenbedingungen erforderlich. Insbesondere sind
die Auswirkungen auf Wachstum und Beschäftigung, die Voraussetzungen für
erfolgreiche Innovation sowie die wissenschaftliche Fundierung gesellschaft-
licher Integrationsprozesse wichtige Forschungsthemen.

Der Deutsche Bundestag ist davon überzeugt, dass die Antwort auf die Heraus-
forderungen sowohl auf Ebene der Mitgliedstaaten als auch der Europäischen
Union gefunden werden muss. Die europäische Forschungsförderung hat dabei
eine wichtige Funktion. Deshalb ist auch auf europäischer Ebene ein klares
Signal für eine Prioritätensetzung zugunsten von Zukunftsfeldern der For-
schungs-, Technologie- und Innovationspolitik notwendig.

Auf Ebene der Europäischen Union sind die Forschungsrahmenprogramme das
wichtigste Instrument, um das Leitbild eines leistungsfähigen „Europäischen
Forschungs- und Innovationsraums“ schrittweise zu verwirklichen und einen
wirkungsvollen Beitrag zur Erreichung der Lissabon-Ziele zu leisten. Die
Rahmenprogramme fördern seit 1984 durch transnationale projektbezogene
Zusammenarbeit die Leistungsfähigkeit des europäischen Forschungs- und
Innovationssystems. Auf den für Europa wichtigen Zukunftsfeldern fördern sie
Kreativität und Innovationen und sind so zu einem wichtigen Motor für Wirt-
schaftswachstum und für neue Beschäftigung in Europa geworden.

Das derzeitige 6. Forschungsrahmenprogramm ist mit einem Gesamtbudget von
rund 19,2 Mrd. Euro ausgestattet und läuft 2006 aus. Das 6. FRP ist insbeson-
dere auch aus deutscher Sicht erfolgreich, da der Anteil der deutschen For-
schung am Budget im Vergleich zum 5. FRP von rund 18 Prozent auf etwa
22 Prozent gesteigert werden konnte. Der Beitragsanteil Deutschlands zum EU-
Haushalt beträgt im 6. FRP 21 Prozent. Deutsche Forscher und Unternehmen
sind an 80 Prozent der Projekte, die auf besonders zukunftsorientierte Themen-
gebiete wie etwa die Lebenswissenschaften oder die Nanotechnologie ausge-
richtet sind, beteiligt.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/1547

Die EU-Kommission hat am 6. April 2005 einen Vorschlag zum 7. FRP verab-
schiedet, der ein klares Signal in Richtung innovationspolitischer Prioritätenset-
zung gibt. Die vorgeschlagene Programmstruktur mit den vier spezifischen Be-
reichen Kooperationen, Ideen, Menschen und Kapazitäten und die vorgesehenen
thematischen Schwerpunkte und Instrumente ist grundsätzlich geeignet, sowohl
die mittelfristigen Ziele der europäischen Forschungspolitik zu unterstützen als
auch den Anforderungen nach hinreichender Kontinuität bei gleichzeitiger Ent-
bürokratisierung und stärkeren Nachfrageorientierung der Förderinstrumente
und des Forschungsmanagements im Sinne von Wissenschaft und Wirtschaft zu
genügen.

Dabei ist unbestreitbar, dass wirkliche qualitative Fortschritte in der euro-
päischen Forschung vor allem durch Wettbewerb unter den Forschern erreicht
werden können und müssen. Dies ist der Grund, weshalb allein Exzellenz das
entscheidende Kriterium der Mittelvergabe an Forschungseinrichtungen und
Unternehmen sein kann. Um exzellente Forschungsprojekte durchführen zu
können, müssen für die Forscher die bedarfsgerechten Voraussetzungen (z. B.
Geräte, Infrastruktur) geschaffen werden. Dies ist nach wie vor in erster Linie
Aufgabe der Mitgliedstaaten. Hier bleibt auch Deutschland gefordert.

Der Deutsche Bundestag begrüßt den Vorschlag der Kommission zur Einrich-
tung eines Europäischen Forschungsrates (European Research Council) ERC.
Ein Europäischer Forschungsrat, der die Grundlagenforschung auf der Basis
hervorragender wissenschaftlicher Leistungen auf europäischer Ebene unter-
stützt und durch europaweiten Wettbewerb und die Förderung von höchster wis-
senschaftlicher Qualität einen europäischen Mehrwert schafft, ist auch für die
wirtschaftliche Entwicklung ausschlaggebend.

Die Autonomie der Wissenschaft ist gleichwohl nicht grenzenlos. Die gemein-
same Forschungsförderung der Europäischen Union berührt an mehreren Stellen
medizinische und bioethische Grundsatzfragen, etwa in der Forschung mit
embryonalen Stammzellen. Es sollten daher solche Forschungsprojekte von der
EU nicht gefördert werden, an denen sich einzelne Mitgliedstaaten aus Rechts-
gründen nicht beteiligen können, weil (und soweit) solche Forschungsvorhaben
nach der Rechtsordnung ihres Landes unter Strafe stehen. Dabei bleibt es
Mitgliedstaaten, die einen solchen Forschungsbereich unterstützen wollen,
unbenommen, ihn mit eigenen Förderungsinstrumenten auf nationaler Ebene zu
finanzieren.

Im verschärften internationalen Innovationswettbewerb sind die Verzahnung
von Forschung und Entwicklung und damit die Zeitspanne zwischen dem wis-
senschaftlichen Ergebnis und einem resultierenden innovativen Produkt von
entscheidender Bedeutung. Damit neue Forschungsergebnisse möglichst zügig
in innovative Produkte mit Marktchancen einfließen und schnell zu mehr Arbeit
und wirtschaftlichem Wachstum führen können, ist eine frühzeitige und enge
Einbindung von Unternehmen in das 7. FRP erforderlich. Das Konzept der Euro-
päischen Technologieplattformen (ETP) und der Joint Technology Initiatives
(JTI) kann nur dann erfolgreich sein, wenn Themen und Umsetzung auch von
der Wirtschaft mit gestaltet werden. Der Vorrang des Forschungsaspekts muss
dennoch deutlich erkennbar sein, um Mitnahmeeffekte zu minimieren.

Hierbei ist zudem stärker zu berücksichtigen, wie eine hinreichende Einbindung
insbesondere technologieorientierter kleiner und mittlerer Unternehmen in das
europäische Forschungsprogramm gewährleistet werden kann. Die Vereinfa-
chung, Beschleunigung und Entbürokratisierung der Verfahren sind unbedingt
notwendige Ansatzpunkte, um auch die Innovationspotenziale der mittelständi-
schen Wirtschaft besser ausschöpfen zu können. Diese Punkte müssen in den
neuen Beteiligungsreglungen eine entsprechende Berücksichtigung finden.

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Die Sicherung und Verbesserung einer bezahlbaren Energieversorgung, die auf
einem ausgewogenen Energiemix beruht, ist wesentlicher Faktor der Wettbe-
werbsfähigkeit der EU. Der Deutsche Bundestag begrüßt die Festschreibung der
Energieforschung als eigenständige thematische Priorität im 7. FRP mit dem
Ziel, den Verbrauch fossiler Brennstoffe und die Abhängigkeit der EU von
Energieimporten zu reduzieren.

Um langfristige Möglichkeiten für eine verlässliche Energieerzeugung zu er-
schließen, ist auch die Fusionsforschung im Rahmen des geplanten internatio-
nalen thermonuklearen Versuchsreaktors ITER von besonderer Bedeutung. Wir
stehen dabei zu unseren in diesem Rahmen eingegangen Verpflichtungen.

Die Raumfahrt ist eine wichtige Triebfeder für wissenschaftliche und techno-
logische Entwicklungen. Ein EU-Raumfahrtprogramm bietet die Chance, die
Potenziale der anwendungsorientierten Raumfahrt besser als bisher auszuschöpfen
und die Grundlagenforschung ergebnisorientiert zu koordinieren. Die Koordina-
tion mit der ESA in ihrer Funktion als Implementierungsagentur ist dabei von
großer Bedeutung.

Der Deutsche Bundestag begrüßt die Aufnahme der Sicherheitsforschung in den
Vorschlag der Kommission zum 7. FRP. Die gewandelte Bedrohungslage der
EU sowie die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger machen ein stärkeres En-
gagement in diesem Feld notwendig. Mit dem Sicherheitsforschungsprogramm
muss die langfristige Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen
Akteure aus Forschung und Industrie unterstützt werden, die erhebliche Beiträge
hierzu erbringen können. Dabei soll aber keine Forschung unterstützt werden,
die unmittelbar auf militärische Zwecke gerichtet ist. Weltraumforschung und
Sicherheitsforschung sollen wie vorgesehen als getrennte Programme geführt
werden.

Thematisch sollte es verstärkt um Gefahren und Risiken gehen, denen die Men-
schen Europas tatsächlich und auch in ihrem alltäglichen Umfeld ausgesetzt
sind. Ein weiter Sicherheitsbegriff im Sinne der Human Security der UN lässt es
zudem sinnvoll erscheinen, in der europäischen Sicherheitsforschung verstärkt
interdisziplinäre Ansätze zu fördern, da eine sozial- und gesellschaftswissen-
schaftliche Einbettung der Fragestellungen stets notwendig ist. Der Fokus sollte
dabei auf der Prävention von Gefahren und Sicherheitsrisiken liegen. Die Finan-
zierung des neuen Schwerpunkts einer europäischen Sicherheitsforschung darf
schließlich nicht auf Kosten etablierter und wichtiger anderer Schwerpunkte rea-
lisiert werden.

II. Der Deutsche Bundestag begrüßt,

– im Grundsatz die thematische Konzeption der Kommission für ein 7. FRP der
EU;

– dass im 7. FRP die administrativen und rechtlichen Rahmenbedingungen
transparenter, nutzerfreundlicher und unbürokratischer ausgestaltet werden
sollen;

– dass die technologisch innovativsten Forschungsfelder wie Nanotechnolo-
gien, optische Technologien, Biotechnologie und Lebenswissenschaften, die
Bereiche Energie und Umwelt, Materialwissenschaften sowie Luftfahrt- und
Weltraumforschung ein stärkeres Gewicht erhalten sollen;

– dass die Geistes- und Sozialwissenschaften mit dem Bereich „Wissenschaft
und Gesellschaft“ besonders berücksichtigt werden;

– dass die Kommission die Einrichtung eines Europäischen Forschungsrates
(European Research Council, ERC) vorsieht;

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/1547

– die Schaffung von innovationsorientierten „Europäischen Technologieplatt-
formen“ mit einer gemeinsamen Strategie für die Entwicklung, Verbreitung
und Verwendung von Zukunftstechnologien;

– dass eine angemessene Beteiligung der Wirtschaft am 7. FRP der EU sicher-
gestellt werden soll, darunter insbesondere von technologieorientierten klei-
nen und mittleren Unternehmen (KMU);

– dass der Austausch von Wissenschaftlern durch eine Verstärkung des Marie-
Curie-Programms forciert werden soll.

III. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. sich weiter dafür einzusetzen, dass nicht mehr zeitgemäße öffentliche Sub-
ventionen der EU zugunsten von Zukunftsinvestitionen in Forschung und In-
novation gekürzt werden. So kann das Ziel erreicht werden, im Jahr 2010 drei
Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Entwicklung aufzu-
wenden;

2. sich bei der Umsetzung der Finanziellen Vorausschau im 7. FRP dafür einzu-
setzen, dass die neuen Bereiche nicht auf Kosten der bereits erfolgreich be-
stehenden Segmente eingeführt werden und eine Prioritätensetzung in den
Bereichen „Zusammenarbeit“, „Ideen“ und „Menschen“ vorgenommen wird;

3. sich für einen pünktlichen Start des 7. FRP einzusetzen;

4. sich dafür einzusetzen, dass Exzellenz das entscheidende Kriterium bei der
Projektauswahl im 7. FRP ist;

5. sicherzustellen, dass künftige Projekte mit Kohäsionsaspekten zum Auf- und
Ausbau von wissenschaftlichem Potenzial und zur Errichtung einer leis-
tungsfähigen regionalen Forschungsinfrastruktur mit separaten Mitteln
(Strukturfonds) gefördert werden. Auch bei Projekten mit Kohäsionsaspek-
ten sollen Exzellenzkriterien Anwendung finden;

6. sich dafür einzusetzen, dass im 7. FRP eine begleitende Evaluierung vor-
gesehen wird, damit im Sinne eines lernenden Programms wirksame Instru-
mente für Nachjustierungen im laufenden Programm und zur Vorbereitung
des Nachfolgeprogramms vorhanden sind;

7. sich dafür einzusetzen, dass der Förderung von Kompetenzen und Qualifika-
tionen von Menschen und der Mobilität von Forschern wachsende Bedeutung
im europäischen Raum zukommt. Dazu gehören auch die Steigerung des In-
teresses junger Menschen, in Bereichen der Wissenschaft und Forschung zu
arbeiten, sowie die Verbesserung von Karrieremöglichkeiten von Frauen in
der Forschung;

8. sich dafür einzusetzen, dass bei der Etablierung des 7. FRP Kontinuität ge-
wahrt wird, d. h. umsichtig mit grundlegenden Änderungen verfahren wird
und die bewährten Förderinstrumente beibehalten und benutzerfreundlich an-
gepasst werden, um die Beteiligten der europäischen Forschungsförderung
nicht – wie zu Beginn des 6. FRP geschehen – abermals zu verunsichern;

9. sich für eine weitgehende Vereinfachung und Entbürokratisierung der admi-
nistrativen Verfahren und rechtlichen Rahmenbedingungen einzusetzen, um
die Zutrittsschwellen zu senken, die Transparenz bei den Förderzielen und
-instrumenten herzustellen und die bisher langen Vorlauf- und Bearbeitungs-
zeiten der Anträge zeitlich zu reduzieren, um die Attraktivität des 7. FRP für
Forscher und Unternehmen zu erhöhen;

Drucksache 16/1547 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

10. darauf hinzuwirken, dass sich die zur Verfügung stehenden Instrumente und
die neu formulierten Beteiligungsregeln noch deutlicher an den Bedürfnis-
sen der beteiligten Forscher und Unternehmen orientieren, um zu erreichen,
dass vermehrt kleinere und im Projektmanagement einfacher zu handha-
bende Projekte wie STREPS zum Einsatz kommen;

11. sich für die stärkere Beteiligung der Wirtschaft, insbesondere der technolo-
gieorientierten KMU durch günstigere Teilnahmebedingungen einzusetzen,
wobei die Teilnahmebedingungen für KMU durch die Förderung kleinerer
Projekte mit wenigen Partnern und einer flexibleren Zuordnung der Instru-
mente entsprechend ihren Bedürfnissen attraktiver gestaltet und die Verbin-
dungen zu EUREKA weiter verbessert werden sollten;

12. Technologietransfer und Ergebnisverwertung im Rahmen des 7. FRP in
Deutschland zu stärken, denn die Umsetzung der Ergebnisse von Forschung
und Entwicklung in die Anwendung ist wesentlich, wenn es darum geht,
Wirtschaftswachstum und Dynamik zu stimulieren;

13. darauf hinzuwirken, dass die Technologieplattformen weiterhin innovati-
onsorientiert arbeiten und Mitnahmeeffekte vermieden werden und dass die
Prüfung neuer Joint Technology Initiatives (JTIs) anhand der strengen Kri-
terien erfolgt, die der Wettbewerbsfähigkeitsrat festgelegt hat;

14. zu unterstützen, dass die Ernennung des European Research Council (ERC)
transparent und ebenfalls nach Exzellenzkriterien erfolgt und als europäi-
sche Institution realisiert wird, um eine verstärkte Exzellenzförderung in der
wissenschaftlichen Grundlagenforschung zu gewährleisten. Dazu gehört,
dass der ERC in die Lage versetzt wird, nicht nur die Forschungsthemen,
sondern auch die Mittel autonom verwalten zu können;

15. darauf hinzuwirken, dass der ERC auf europäischer Ebene angemessen
finanziert wird und seine Arbeit autonom, unabhängig und allein dem
Exzellenzprinzip verpflichtet durchführt und dabei

– im Rahmen eines „Bottom-up-Ansatzes“ Forschungsprojekte unterstützt,
die aufgrund ihrer wissenschaftlichen Exzellenz ausgewählt werden;

– seine herausragende Stellung auch zur Förderung exzellenter Nach-
wuchswissenschaftlerteams durch eine eigene Förderlinie unterstützt;

16. darauf hinzuwirken, dass die Aktivitäten des ERC, was die Finanzierungs-
verfahren betrifft, in regelmäßigen Abständen unabhängig überprüft wer-
den, um die Akzeptanz und das Vertrauen der Wissenschaftler sowie der Ge-
sellschaft in seine Arbeit zu erhöhen;

17. im Interesse eines schnellen und reibungslosen Starts des ERC der über-
gangsweisen Übernahme der administrativen Abwicklung der Forschungs-
projekte durch eine Exekutivagentur unter Aufsicht der Europäischen Kom-
mission zuzustimmen und darauf hinzuwirken, dass deren Strukturen von
unabhängiger Seite zu gegebener Zeit überprüft wird;

18. zu prüfen, welches zukunftsweisende Modell zur weiteren Stärkung der an-
gewandten Forschung in Europa den besten Austausch zwischen Wissen-
schaft, Ausbildung und Technologietransfer gewährleisten kann;

19. darauf hinzuwirken, dass die Europäische Union keine Forschungsprojekte
fördert,

– bei denen Embryonen zu Forschungszwecken hergestellt oder vernichtet
werden;

– die das Klonen von Embryonen oder Versuche zu Keimbahneingriffen
vorsehen;
– bei denen die freiwillige und unentgeltliche Spende von Geweben und
Zellen für die Forschung nicht sichergestellt ist;

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/1547

und in Kontinuität zum Beschluss des Deutschen Bundestages vom 16. Ok-
tober 2003 (Bundestagsdrucksache 15/1310) darauf hinzuwirken, „dass
auch auf europäischer Ebene bei den Forschungsprojekten eine Beschrän-
kung auf bestehende Stammzelllinien vorgenommen wird. Sie wird aufge-
fordert, entsprechende Regeln für die Stammzellforschung aus Mitteln der
Europäischen Union durchzusetzen“;

20. sich dafür einzusetzen, dass neue Schlüsseltechnologiebereiche, besonders
auch die Nanotechnologie, verstärkt erforscht werden und dabei ausrei-
chend Forschungsmittel für die Begleitforschung eingesetzt werden. Dabei
sollten insbesondere ethische und gesellschaftliche Aspekte, sowie poten-
zielle Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen verstärkt untersucht werden.
Mit Blick auf mögliche nanotechnologiespezifische Regulierungen sollte
das europäische Sekundärrecht auf seinen Veränderungsbedarf vor allem in
den Bereichen Umweltschutz, Verbraucherschutz, Datenschutz und Ge-
sundheit überprüft werden;

21. sich dafür einzusetzen, dass Geistes- und Sozialwissenschaften als interdis-
ziplinäre Grundlagenforschung weiter ausgebaut werden und insbesondere
Themen unterstützt werden, die mit dem gesellschaftlichen und demografi-
schen Wandel sowie den globalen Herausforderungen in Zusammenhang
stehen;

22. darauf hinzuwirken, dass Sicherheits- und Weltraumforschung als eigene
thematische Schwerpunkte definiert werden, um einerseits die Weltraum-
forschung als über die Sicherheit hinausgehenden Querschnittsbereich der
grundlagen- und anwendungsorientierten Forschung zu fördern und ande-
rerseits die spezifischen Anforderungen an ein Sicherheitsforschungspro-
gramm zu berücksichtigen;

23. für den Bereich der Weltraumforschung sicherzustellen, dass eine klare
Aufgabenverteilung zwischen EU und der ESA als ausführende Agentur ge-
funden wird und die Raumtransporttechnik weiterhin durch die ESA verant-
wortet wird;

24. sich dafür einzusetzen, dass in der Weltraumforschung ein breites Spektrum
der Anwendungen in den Bereichen Landwirtschaft, Umwelt, Kommunika-
tion, Navigation, Sicherheit, Verkehr u. a. m. gefördert wird;

25. darauf hinzuwirken, dass von der EU geförderte Raumfahrtanwendungen
über die jeweiligen Nutzungsbereiche zu finanzieren sind und dass wissen-
schaftsgetriebene Grundlagenforschung sowie internationale Raumfor-
schungsaktivitäten wie die ISS Eingang in das 7. FRP finden;

26. darauf hinzuwirken, dass das Europäische Sicherheitsforschungsprogramm
sowohl den Zielen „Schutz der Bürger“ als auch „Stärkung der Wettbe-
werbsfähigkeit der Industrie“ Rechnung trägt und ein Teil einer konsisten-
ten europäischen Sicherheitsarchitektur wird. Dabei sollen die präventions-
orientierte Forschung verstärkt berücksichtigt und die Friedens- und
Konfliktforschung verstärkt gefördert werden.

Über die entsprechende Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission
und dem Europäischen Parlament ist dem Deutschen Bundestag ein entspre-
chender Bericht vorzulegen.

Berlin, den 18. Mai 2006

Volker Kauder, Dr. Peter Ramsauer und Fraktion
Dr. Peter Struck und Fraktion

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