BT-Drucksache 16/1546

Die technologische Leistungsfähigkeit mit dem 6-Milliarden-Euro-Programm und der High-Tech-Strategie stärken

Vom 18. Mai 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/1546
16. Wahlperiode 18. 05. 2006

Antrag
der Abgeordneten Ilse Aigner, Michael Kretschmer, Katherina Reiche (Potsdam),
Laurenz Meyer (Hamm), Dorothee Bär, Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land), Eberhard
Gienger, Monika Grütters, Anette Hübinger, Hartmut Koschyk, Johann-Henrich
Krummacher, Carsten Müller (Braunschweig), Dr. Heinz Riesenhuber, Dr. Norbert
Röttgen, Uwe Schummer, Marcus Weinberg, Volker Kauder, Dr. Peter Ramsauer
und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten René Röspel, Jörg Tauss,
Nicolette Kressl, Willi Brase, Ulla Burchardt, Iris Gleicke, Dieter Grasedieck, Klaus
Hagemann, Ute Kumpf, Lothar Mark, Gesine Multhaupt, Thomas Oppermann,
Dr. Ernst Dieter Rossmann, Renate Schmidt (Nürnberg), Heinz Schmitt (Landau),
Olaf Scholz, Swen Schulz (Spandau), Dr. Peter Struck und der Fraktion der SPD

Die technologische Leistungsfähigkeit mit dem 6-Milliarden-Euro-Programm
und der High-Tech-Strategie stärken

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

In einer Welt globaler Märkte hängt die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes ent-
scheidend von seiner Innovationsfähigkeit ab. Unser Lebensstandard lässt sich
nur erhalten und ausbauen, wenn wir den Wandel zur Wissensgesellschaft voll-
ziehen, und kontinuierlich neue Verfahren, Dienstleistungen und Produkte ent-
wickeln.

Die zentralen Eckpfeiler des Innovationssystems sind:

● der Ausbildungsstand der Bevölkerung, denn Wissen ist unsere wichtigste
und nahezu einzige Ressource,

● die Exzellenz und Leistungsfähigkeit des Forschungssystems, denn For-
schung und Entwicklung sind zentrale Grundlagen für Innovationen,

● die Stärkung von forschungs- und innovationsorientiertem unternehme-
rischen Handeln und die Stärkung von Forschung und Entwicklung in der
Wirtschaft. Dabei kommt gerade jungen High-Tech-Unternehmen eine wich-
tige Rolle zu. Sie sind immer häufiger in der Spitzentechnologie zu finden
und bilden somit die Speerspitze der technologischen Weiterentwicklung.

Der Innovationsstandort Deutschland bietet derzeit ein ambivalentes Bild.
● Auf der einen Seite ist das Niveau der „Investitionen in Innovationen“ sowie
der technologischen Leistungsfähigkeit hoch. Mit 8,4 Prozent der weltweit
anerkannten Fachpublikationen in den Natur-, Ingenieur- und Medizin-
wissenschaften, mit 12 Prozent aller weltmarktrelevanten Patente und mit
16,5 Prozent der OECD-Exporte an Technologiegütern sind die Ergebnisse
des deutschen Innovationssystems beachtlich, machen Deutschland gar zum
Export-Weltmeister von Technologiegütern (USA 15,5 Prozent). Unser Land

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führt im Maschinenbau, ist erstklassig im Fahrzeugbau und in der Umwelt-
technik sowie Schrittmacher in vielen Bereichen der Erneuerbaren Energien,
der Laser-, Nano- und Medizintechnologie. Diese Leistungskraft wird durch
eine exzellente Forschungslandschaft und rund 170 000 innovative Unter-
nehmen getragen.

In den letzten Jahren sind erhebliche zusätzliche Investitionen in Forschung
und Entwicklung vorgenommen worden, so dass die Ausgaben von Staat und
Wirtschaft von 2,3 Prozent Mitte der 90er Jahre auf zeitweise mehr als
2,5 Prozent des BIPs gestiegen sind. Damit nimmt Deutschland im EU-Ver-
gleich einen überdurchschnittlichen Wert ein.

● Trotz dieser Anstrengungen und Erfolge bleibt die technologische Leistungs-
fähigkeit Deutschlands hinter ihren Möglichkeiten zurück.

Die aktuellen gegenwärtig vorliegenden Zahlen zeigen einen Rückgang des
Anteils der FuE-Ausgaben am BIP; er sank im Jahr 2004 in Deutschland auf
2,48 Prozent. Weltweit belegen Staat und Wirtschaft mit ihren Investitionen
in Forschung und Entwicklung damit heute nur noch Platz 9. Insbesondere
gab die Wirtschaft 2004 mit 46,3 Mio. Euro 0,5 Prozent weniger für
Forschung und Entwicklung aus als ein Jahr zuvor, in der Schlüsselbranche
Automobilindustrie gingen die Aufwendungen um 3,6 Prozent zurück.

Deutschland ist auf lange Sicht im Innovationswettbewerb nicht schlechter
geworden, aber andere Länder agieren weit dynamischer. Wir konkurrieren
als Forschungs- und Innovationsstandort längst nicht mehr nur mit den west-
europäischen Ländern, den USA und Japan, sondern auch mit den neuen
Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) und mit den Ländern Süd-
ostasiens, insbesondere Indien, Korea und China. Die chinesischen For-
schungsausgaben sind inzwischen mehr als doppelt so hoch wie die deut-
schen, China hat sich auf Rang 3 der forschungsintensivsten Länder
vorgearbeitet; seine FuE-Intensität (Anteil FuE am BIP) wird im Jahre 2010
nach Schätzungen der Europäischen Union die europäische übersteigen.
Hinzu kommt: Die genannten Länder verfügen schon durch ihre Bevölke-
rungsstruktur potenziell über eine weitaus größere Zahl an gut ausgebildeten
und hoch motivierten jungen Menschen als wir und somit über zunehmend
gut ausgebildete Fachkräfte.

Das Teilnehmerfeld im internationalen Innovationswettbewerb ist breiter ge-
worden. Damit sind für den Wohlstand in der Welt große Chancen, für
Deutschland aber auch gewaltige Herausforderungen verbunden. Vor diesem
Hintergrund ist das Tempo der Erneuerung hierzulande im internationalen
Vergleich zu langsam.

Mit der Koalitionsvereinbarung wurde die Voraussetzung geschaffen, an der
Erreichung des 3-Prozent-Ziels festzuhalten, wie es die Regierungschefs der
EU vereinbart haben. Danach soll bis zum Jahr 2010 ein Anteil von drei Pro-
zent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Forschung und Entwicklung (FuE)
aufgewendet werden, zu zwei Dritteln erbracht von der Wirtschaft und zu
einem Drittel vom Staat, d. h. etwa hälftig von Bund und Ländern. Dafür
müssten in Deutschland im Jahr 2010 insgesamt mehr als 20 Mrd. Euro zu-
sätzlich in Forschung und Entwicklung investiert werden. Die Koalition hat
hierfür ein Investitionsprogramm aufgelegt, mit welchem von 2006 bis 2009
zusätzliche 6 Mrd. Euro für FuE bereitgestellt werden. Damit geht der Bund
in Vorleistung. Nun sind die weiteren Investoren – Wirtschaft und Länder – am
Zuge.

Durch mehr öffentliche Investitionen in Forschung und Entwicklung folgt
Deutschland einer internationalen Entwicklung: Zwischen 2000 und 2004
stiegen im Durchschnitt der OECD-Länder die FuE-Haushaltsansätze nomi-

nal um fast sieben Prozent pro Jahr.

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Der Staat trägt durch finanzielle Forschungsförderung dazu bei, die anstehen-
den gesellschaftlichen Probleme zu lösen, die Lebensqualität zu verbessern,
eine nachhaltige Entwicklung sicherzustellen und nicht zuletzt auch die Inno-
vationskraft in Deutschland zu steigern. Er wird daneben auch durch die Set-
zung von Rahmenbedingungen Investor und über die öffentliche Nachfrage
nach Gütern und Dienstleistungen tätig und schafft auf diesen Wegen
Anreize, um Wirtschaft und Wissenschaft zusammen zu bringen und um die
Forschungs- und Innovationsanstrengungen der Unternehmen zu stimu-
lieren. Die Gestaltung innovationsgerechter Rahmenbedingungen ist für die
Innovationskraft der Unternehmen von entscheidender Bedeutung. Es geht
insbesondere darum, dass Fortschritte in der Forschung gerade in den Schlüs-
seltechnologien wie Bio-, Nano- und Informationstechnologie sowie der
Energie-, Umwelt-, und Effizienztechnologie schnell in Marktvorteile der
Unternehmen umgesetzt werden und dass die Innovationsbeteiligung des
Mittelstands wieder deutlich gesteigert wird. Hierzu erscheint auch ein
Umdenken in der Wirtschaft geboten, wenn man sich die Zahlen des kürzlich
vorgelegten Berichts des BMBF zur Technologischen Leistungsfähigkeit
2006 näher betrachtet. Während noch in den 80er Jahren vielfach anti-
zyklisch Zukunftsvorsorge angestrebt und auch in rezessiven Zeiten der Auf-
bau von Wissen in den Unternehmen gepflegt wurde, wurde Forschung und
Entwicklung seit den 90er Jahren immer stärker unter dem Gesichtspunkt
kurzfristiger Verwertung betrieben. Notwendig erscheint danach der Ausbau
längerfristiger strategischer Forschung in den Unternehmen.

II. Der Deutsche Bundestag begrüßt,

dass die Koalition 6 Mrd. Euro zusätzlich für Forschung und Entwicklung in
dieser Legislaturperiode zur Verfügung stellt. Sie setzt damit richtige Prioritäten
und ein wichtiges Signal. Dies ist wegen des schwierigen finanziellen Umfelds
und den Einsparnotwendigkeiten in anderen Bereichen der öffentlichen Haus-
halte besonders hoch zu bewerten.

Das 6-Milliarden-Euro-Programm konzentriert sich im Startjahr 2006 auf drei
Aktionsfelder:

● Stärkung von Spitzen- und Querschnittstechnologien mit breitem Anwen-
dungspotenzial

Mit dem 6-Milliarden-Euro-Programm sind die Förderschwerpunkte vorran-
gig auf Bio- und Nanotechnologie, Luft- und Raumfahrt, Informations- und
Kommunikationstechnologien, Gesundheit, Umwelt, Verkehr und Energie
gesetzt. Hierbei handelt sich um zentrale Schlüsseltechnologien und Felder
der Vorsorgeforschung. Zudem hat die Bundesregierung auf dem Energiegip-
fel beschlossen, die Ausgaben für die Energieforschung in dieser Legislatur-
periode um 30 Prozent auf 2 Mrd. Euro zu erhöhen. Ein Großteil soll für die
effizientere Nutzung von Energie, Erneuerbare Energien, umweltfreundliche
Kraftwerkstechniken, Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie und nu-
kleare Sicherheits- und Endlagerforschung eingesetzt werden.

● Stärkung innovativer Klein- und Mittelunternehmen und Anstoß einer neuen
Dynamik bei Unternehmensgründungen

Für kleinere und mittlere Unternehmen sind in diesem Jahr zusätzliche
80 Mio. Euro vorgesehen. Damit werden der High-Tech-Gründerfonds deut-
lich aufgestockt, die Biotechnologie Gründungsoffensive GO-Bio in Gang
gesetzt und bewährte Fördermaßnahmen verstärkt und zum Teil neu ausge-
richtet. So wird im Rahmen von PRO INNO II in Zukunft auch der Einstieg
weiterer KMU in Forschungsaktivitäten gefördert.

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● Stärkung der Leistungsfähigkeit und internationalen Attraktivität des Wis-
senschafts- und Forschungsstandortes Deutschland

Der Pakt für Forschung sieht für die öffentlich geförderten Forschungsorga-
nisationen einen Aufwuchs von zusätzlichen 3 Prozent jährlich vor. Mit dem
Bau neuer Großgeräte, wie beispielsweise dem Röntgenlaser XFEL und dem
Beschleunigerzentrum FAIR, wird die erstklassige Forschungsinfrastruktur
in Deutschland weiter ausgebaut. Mit der Exzellenzinitiative haben Bund und
Länder einen Paradigmenwechsel bei der Förderung von Hochschulen einge-
leitet und ermöglichen die Herausbildung einer sichtbaren Spitze. Zugleich
muss aber auch die notwendige Breite in Qualität und Quantität von Lehre im
Rahmen des Hochschulpakts von Bund und Ländern im Rahmen ihrer jewei-
ligen Zuständigkeiten sichergestellt werden.

2006 werden bis zu 700 Mio. Euro des 6-Milliarden-Euro-Programms wirksam.
Zwei Drittel des 6-Milliarden-Euro-Programms entfallen auf das Bundesminis-
terium für Bildung und Forschung (BMBF), dessen Haushalt in diesem Jahr ins-
gesamt um 5,6 Prozent zunimmt. Die Zuwächse kommen insbesondere zu-
kunftsträchtigen Bereichen der Projektförderung zugute, die Aufwüchse von
zum Teil mehr als 10 Prozent verzeichnet. Der Bund fördert damit auch Leucht-
turmprojekte, wie „Nano geht in die Produktion“, „High-Tech und Klinische
Forschung für Gesundheit“, „Innovationen Neurowissenschaften“, „Global
2021 – Lebensraum Erde in 15 Jahren“, „Konventionelle hocheffiziente Kraft-
werke mit dem Ziel Null-Emission“ und das „Innovationsprogramm Wasser-
stoff- und Brennstoffzelltechnologie“.

Das 6-Milliarden-Euro-Programm begründet darüber hinaus einen neuen Pro-
zess der Zusammenarbeit der Bundesressorts unter Federführung des Bundes-
ministeriums für Bildung und Forschung mit dem Ziel einer stimmigen For-
schungs- und Innovationspolitik der Bundesregierung. Die Bundesregierung hat
auf diesem Weg angekündigt, bis zum Sommer 2006 eine umfassende High-
Tech-Strategie zu entwickeln, die strategischen Maßnahmen zum Ausbau von
Informations- und Kommunikationstechnologie zusammenzufassen und einen
Rat für Innovation und Wachstum einzurichten.

III. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. das 6-Milliarden-Euro-Programm mit einem Fokus auf Querschnitts- und
Spitzentechnologien, der Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen
sowie dem Ausbau der Leistungsfähigkeit, Exzellenz und internationalen
Attraktivität der deutschen Forschungslandschaft umzusetzen und in diesem
Rahmen einen kontinuierlichen Prozess der Zusammenarbeit der Bundes-
ressorts zu erreichen;

2. eine High-Tech-Strategie für Deutschland vorzulegen, die den Anspruch
einer Innovationspolitik aus einem Guss erfüllt, indem sie alle Politikfelder,
von der Forschungs- und Bildungspolitik über die Wirtschaftspolitik bis hin
zur Gesundheits- und Verbraucherschutzpolitik, besser aufeinander abstimmt
und verzahnt. Innovationspolitik muss als Querschnittsaufgabe wahrgenom-
men werden. In allen Ressorts sind innovationsfreundliche Prioritäten zu set-
zen, beispielsweise durch:

● technologiefreundliche Wettbewerbsbedingungen auf den Produktmärk-
ten,

● ein wettbewerbsfähiges Patentrecht, auch auf EU-Ebene, das zudem den
Patentschutz ausreichend stärkt und dem wachsenden Missbrauch etwa
durch Patentdiebstahl oder durch Marktabschottung entgegentritt,
● ein innovatives Beschaffungswesen,

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/1546

● die Förderung innovationsfreundlicher Standardisierung und Normung,

● die Weiterentwicklung des Stiftungsrechts durch Bund und Länder,

● innovationsfreundliche Rahmenbedingungen, z. B. durch die wissen-
schafts- und forschungsfreundliche Novellierung des Gentechnikgesetzes
unter Beachtung des Vorsorge- und Nachhaltigkeitsprinzips,

● den Ausbau der digitalen Infrastruktur und die Etablierung der neuen
Breitbandtechniken und der neuen Dienste zu fördern durch Modernisie-
rung von Medienordnungen und den Schutz des geistigen Eigentums unter
Berücksichtigung der Belange von Bildung, Wissenschaft und Forschung;

3. konsistente Förderstrategien für zukunftsweisende Innovationsfelder wie
Energie, Pharma, Umwelttechnik, Luft- und Raumfahrt, Gentechnik, Res-
sourceneffizienz und Chemie zu entwerfen. Hierzu sind:

● einheitliche Innovationsstrategien von der Forschung bis zur Produkt-
entwicklung unter Einschluss der rechtlichen Rahmenbedingungen zu ent-
wickeln,

● die Projektförderung in den technologieorientierten Forschungsfachpro-
grammen zu verstärken, ihr verlässliche Aufwüchse aus dem 6-Milliar-
den-Euro-Programm zu gewähren,

● eine ressortübergreifende Strategie zur nationalen Sicherheitsforschung
zu erarbeiten; unabhängig davon muss die Forschung zur Konfliktvermei-
dung und Friedenssicherung verstärkt werden,

● neue inhaltliche Schwerpunkte entsprechend den Herausforderungen des
demographischen Wandels zu setzen, d. h. zum Beispiel die Alters- und
Pflegeforschung zur Verbesserung der individuellen und sozialen Lebens-
qualität in einer alternden Gesellschaft zu verstärken und hierfür neue
Strukturen und Dienstleistungen zu entwickeln,

● in der Gesundheitsforschung die großen Volkskrankheiten wie z. B.
Krebs, Herz-Kreislauf, Erkrankungen des Bewegungsapparates bzw.
Muskuloskelettale Erkrankungen, aber auch die alten und neuen Infek-
tionskrankheiten, die weltweit auf dem Vormarsch sind, und die „vernach-
lässigten Krankheiten“ wie Malaria und Tuberkulose sowie zunehmend
die neurologischen und psychischen Erkrankungen in den Blick zu
nehmen. Gleichzeitig müssen die Rahmenbedingungen für die klinische
Forschung verbessert werden,

● in der Energieforschung zusätzlich zu den geplanten Schwerpunkten auch
die Exploration neuer Energiequellen und Technologien zur nachhaltigen
Nutzung bestehender Energiequellen voranzutreiben sowie das Know-
how der Kernkrafttechnik – vor allem nukleare Sicherheitsforschung,
Rückbau kerntechnischer Anlagen, Endlagerfragen und Strahlenbio-
logie – zu erhalten und, wo erforderlich, auszubauen. Dazu gehört auch
die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses auf diesem Gebiet,

● ein neues Informations- und Kommunikationstechnologie-Forschungs-
programm auch in Bezug auf die Medienkonvergenz aufzulegen, das vor
allem die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft steigert,

● die Luft- und Raumfahrtforschung zu fördern, insbesondere die nationale
Weltraumforschung, beispielsweise im Rahmen von Vorlaufprojekten für
internationale Programme,

● im Bereich von innovativen unternehmensnahen Dienstleistungen einen
Akzent zu setzen;

Drucksache 16/1546 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

4. dazu beizutragen, dass sich der Stellenwert von Innovation in der öffent-
lichen Diskussion widerspiegelt und dafür

● Anstrengungen zur Vermittlung von Wissenschaft und Innovationsprozes-
sen zu intensivieren und insbesondere junge Menschen für Wissenschaft
und Technik zu begeistern,

● Wissenschaftlern und innovativen Unternehmen in ihrer Arbeit Rückhalt
zu geben und Anerkennung zu zollen, wie dies beispielsweise durch das
Sofja-Kovalevskaja-Programm zum Ausdruck kommt,

● Technologiedebatten offen zu führen, Potenziale und Chancen zu betonen
wie auch ethischen Grenzen und Risiken neuer Technologien aufzuneh-
men;

5. eine Bildungsoffensive zur Sicherung des Nachwuchses für das Innovations-
system zu starten, d. h.

● weiterhin darauf hinzuwirken, dass die Ausbildungsberufe und -ordnun-
gen den Anforderungen der modernen Technik und Dienstleistungen ent-
sprechen,

● die Weiterbildung zu einer vierten Säule des Bildungssystems auszu-
bauen, das Bildungssparen zu unterstützen, das Nachholen von Schul- und
Berufsabschlüssen zu fördern und mit der staatlichen Förderung neue Hil-
fen für die bildungsferneren Schichten anzubieten,

● mit den Ländern einen Hochschulpakt zu schließen, der hervorragende
Studien- und Forschungsbedingungen an den Hochschulen auch bei den
zu erwartenden steigenden Studierendenzahlen ermöglicht und der den
Kapazitätsausbau baulich und personell gewährleistet,

● im Rahmen des Hochschulpakts den Ausbau und die Qualitätssicherung
von Forschung und Lehre an den Hochschulen im Rahmen der jeweiligen
Verantwortlichkeiten von Bund und Ländern zu stärken, um den guten
Ausbildungsstand auch in Zukunft sicherzustellen,

● dem wissenschaftlichen Nachwuchs verbesserte Lehr- und Berufswege zu
eröffnen und wissenschaftliche Karrieren von Frauen zu fördern, hierzu
sollten neue über den bisherigen „Girls-Day“ und andere Projekte wie
„Frauen in IT-Berufen“ hinausgehende Projekte auf den Weg gebracht
werden, um Frauen für berufliche und wissenschaftliche Ausbildungen zu
begeistern, die in innovativen Bereichen liegen,

● das BAföG in der bestehenden Form zu erhalten,

● die Begabtenförderung auszubauen und der Bedeutung von Leistungs-
spitzen Rechnung zu tragen sowie Maßnahmen zu entwickeln, die darauf
abzielen, die Abhängigkeit des Bildungserfolgs vom sozialen Status zu
verringern. Hierzu gehören auch die Programme für eine „2. Chance“,

● das Bildungssystem durchlässiger zu machen und die Zulassung zu Fach-
hochschulen und Universitäten auf der Grundlage einer erfolgreich abge-
schlossenen Berufsausbildung zu erleichtern,

● bei den Ländern für die frühe Förderung von Kindern, insbesondere aus
benachteiligten Familien und solchen mit Migrationshintergrund, zu wer-
ben, denn kein Talent darf verloren gehen;

6. die Hochschulforschung zu stärken durch

● den schrittweisen Einstieg in die Vollkostenfinanzierung für die Dritt-
mittelforschung der Hochschulen,

● die Förderung der ingenieur-, natur- und wirtschaftswissenschaftlichen

Forschung an den Fachhochschulen, da sie besonders wichtige Innova-
tionspartner der regionalen Wirtschaft sind;

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/1546

7. die Attraktivität des Bildungs- und Wissenschaftsstandorts Deutschland zu
steigern durch

● die Optimierung des Marketings für den Bildungs- und Wissenschafts-
standort Deutschland erreichen, um damit insbesondere besser Qualifi-
zierte zu erreichen,

● eine stärkere internationale Ausrichtung der Hochschulen sowie mehr
Austausch von Studierenden, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern
– der internationale Austausch und Dialog ist mehr denn je Voraussetzung
für moderne Hochschulen und Forschungseinrichtungen,

● die Erleichterung der Zuwanderung von Forschern und Wissenschaftlern
auf der Grundlage des Evaluationsberichts zum Zuwanderungsgesetz und
durch die Umsetzung der EU-Forscherrichtlinie,

● die Befristungsregelungen und Altersgrenzen im Wissenschafts- und For-
schungsbereich zu überprüfen;

8. Brücken von der Grundlagenforschung in die Anwendung zu schlagen und
dafür

● die strategische Lücke in der Forschungsförderung, die vielfach in der so
genannten Validierungsphase zwischen Grundlagenforschung und ver-
marktbarer Entwicklung oder dem Prototyp klafft, zu schließen und hierzu
geeignete Maßnahme und Instrumente zu entwickeln,

● herausragende Leistungen in Hochschulen und Forschungseinrichtungen
an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Wirtschaft als Best
Practice herauszustellen und Anreize zur Verbreitung geben,

● die Patentverwertung an den Hochschulen weiter zu fördern und dabei
effizienter zu gestalten,

● die Bemühungen um die Einführung einer Neuheitsschonfrist im Patent-
recht auf internationaler Ebene zu intensivieren,

● den Ausbau innovativer Netzwerke, Wertschöpfungsketten und regionaler
Cluster von Forschungseinrichtungen, Hochschulen, High-Tech-Grün-
dern, etablierten Firmen unter Einbeziehung von Kapitalgebern und Grün-
dungsberatern insbesondere für den Mittelstand zu fördern;

9. eine Gründungsoffensive zu gestalten und dafür

● sich für die Förderung der Befähigung zu Unternehmensgründungen in
Bildung und Ausbildung einzusetzen,

● auf die Einrichtung von Existenzgründerlehrstühle und die Verbesserung
des Gründungsklimas an den Hochschulen hinzuwirken,

● Ausgründungen aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen auch
über das modifizierte und weiterentwickelte Programm EXIST weiterzu-
fördern,

● für ein stärkeres Engagement der Wirtschaft beim High-Tech-Gründer-
fonds zu werben,

● bessere Rahmenbedingungen für Venture-Capital-Finanzierungen, unter
anderem durch die vorgesehene Weiterentwicklung des Gesetzes über Un-
ternehmensbeteiligungsgesellschaften (UBGG) zu einem Private-Equity-
Gesetz schaffen;

Drucksache 16/1546 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
10. verstärkte Anreize für kleine und mittlere Unternehmen zur Aufnahme bzw.
Intensivierung von FuE-Tätigkeiten zu geben und die Innovationsbetei-
ligung zu verbreitern durch

● verlässliche Aufwüchse in den bewährten und themenoffenen Program-
men der KMU-Innovationsförderung, wie PRO INNO II und industrielle
Gemeinschaftsforschung,

● die Gestaltung einer unbürokratischen Einstiegsförderung in Programme
der Forschungsförderung,

● die Prüfung indirekter und unbürokratischer Forschungsförderinstru-
mente für den Mittelstand, wie Innovationsgutscheine für kleinere und
mittlere Unternehmen zur Einlösung bei Forschungsinstituten und Hoch-
schulen in Anlehnung an das niederländische Modell oder wie Innova-
tionsbürgschaften,

● den Ausbau der Beteiligung von KMU an Fachprogrammen der For-
schungsförderung;

11. weiterhin einen besonderen Schwerpunkt auf die Innovationsförderung in
Ostdeutschland zu legen, um den wirtschaftlichen Aufholprozess zu unter-
stützen;

12. nach Vorlage der Empfehlungen des Wissenschaftsrates zur Ressort-
forschung sich daraus ergebende Konsequenzen zu prüfen mit dem Ziel, die
Qualität der Ressortforschung weiter zu steigern und Effizienzreserven zu
erschließen;

13. ÖPP (Öffentlich-Private-Partnerschaften) auch im Bereich von Forschung
und Innovation zu nutzen;

14. den Rat für Innovation und Wachstum zügig einzurichten, um den Dialog
zwischen Politik, Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft zu intensivieren
und auf eine breitere Basis zu stellen, um neue Impulse für Spitzen-
forschung und deren Umsetzung zu erhalten;

15. die Geistes- Sozial- und Kulturwissenschaften zu stärken, damit deren
spezifische Beiträge zu Innovationen angemessen eingebracht und berück-
sichtigt werden können;

16. den Dialog mit den Ländern und mit der Wirtschaft über ihre Beiträge zur
Erreichung des 3-Prozent-Ziels zu verstetigen mit dem Ziel, zu verbind-
lichen Abmachungen bzw. Selbstverpflichtungen zu kommen.

Berlin, den 18. Mai 2006

Volker Kauder, Dr. Peter Ramsauer und Fraktion
Dr. Peter Struck und Fraktion

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