BT-Drucksache 16/13905

Auswirkungen der neuen Sprachanforderungen beim Ehegattennachzug - Bilanz zum 30. Juni 2009

Vom 18. August 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13905
16. Wahlperiode 18. 08. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sevim Dag˘delen, Wolfgang Neskovic, Ulla Jelpke,
Kersten Naumann und der Fraktion DIE LINKE.

Auswirkungen der neuen Sprachanforderungen beim Ehegattennachzug –
Bilanz zum 30. Juni 2009

Auf die letzte Quartalsanfrage der Fraktion DIE LINKE. zu den Auswirkungen
der Sprachanforderungen beim Ehegattennachzug behauptete die Bundesregie-
rung auf Bundestagsdrucksache 16/12979 (Antwort zu Frage 26): „Die Zahl
der erteilten Visa zum Ehegattennachzug nach Deutschland hat nach einer
Übergangsphase infolge der gesetzlichen Änderungen zum Ehegattennachzug
wieder ein etwa gleiches Niveau erreicht“. Diese Aussage ist falsch bzw.
irreführend, denn sie basiert – wie aus der Antwort der Bundesregierung selbst
hervorgeht – auf einem Vergleich der Visumzahlen des 3. Quartals 2007 bzw.
des Gesamtjahres 2007 mit denen des 3. Quartals 2008 bzw. des Jahres 2008.
Da die Neuregelung jedoch am 28. August 2007, d. h. mitten im 3. Quartal
2007 in Kraft trat, kann weder das 3. Quartal 2007 noch das Gesamtjahr 2007
als Vergleichswert der Visumzahlen vor der Gesetzesänderung dienen.

Je nachdem, welche Vergleichszeiträume vor bzw. nach der Gesetzesänderung
gewählt werden, ist – entgegen der Aussage der Bundesregierung – ein Rück-
gang erteilter Visa zum Ehegattennachzug infolge der Gesetzesänderung um
allgemein bis zu 25 Prozent feststellbar. Bezogen auf bestimmte Herkunfts-
länder ist dieser Rückgang noch weitaus größer (z. B. Türkei: bis zu 38 Pro-
zent). Diese Größenordnung ergibt sich, wenn die Visumzahlen der sechs Quar-
tale vor der Gesetzesänderung mit denen der sechs Quartale danach verglichen
werden (und das 3. Quartal 2007 unberücksichtigt bleibt, da es keine statisti-
sche Aufschlüsselung nach Monaten gibt). Werden hingegen beispielweise das
1. Halbjahr 2007 mit dem 1. Halbjahr 2008 verglichen, ergibt sich ein Rück-
gang um allgemein 24 Prozent und bezogen auf die Türkei um 35 Prozent.

Selbstverständlich sind die Sprachanforderungen nicht der alleinige Grund für
diesen Rückgang, doch zeigt der drastische Einbruch der Visumzahlen zum
4. Quartal 2007 um 40 Prozent (Türkei: 67,5 Prozent), welche direkten Aus-
wirkungen die Neuregelung hatte. Dieser Rückgang ist umso bedeutender, als
ein Teil des Familiennachzugs von der Neuregelung gar nicht betroffen ist: So
muss ein Sprachnachweis nicht erbracht werden, wenn deutsche Sprachkennt-
nisse bereits offenkundig vorliegen oder wegen einer Erkrankung oder Behin-
derung nicht erworben werden können (dies betrifft ca. 15 Prozent der Visum-
verfahren), wenn es um den Nachzug zu anerkannten Flüchtlingen geht, wenn
von einem „erkennbar geringen Integrationsbedarf“ ausgegangen wird (z. B.
bei Menschen mit Hoch- oder Fachhochschulabschluss) oder beim Ehegatten-
nachzug zu Hochqualifizierten, Forschenden oder Selbständigen.

Zwar behauptet die Bundesregierung, mit der Neuregelung sei keine „Be-
schränkung des Familiennachzugs“ bezweckt (vgl. z. B. Bundestagsdrucksache

Drucksache 16/13905 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

16/7288, Antwort zu Frage 22), in der Gesetzesbegründung ist im Zusammen-
hang der Sprachnachweise jedoch wörtlich von einer „Beschränkung“ und
einem (zumutbaren) „Eingriff in das Recht auf Führung der Ehe“ die Rede. In
der Rechtsprechung wird dieser Eingriff zum Teil (so z. B. VG Frankfurt, 1 K
4071/08.F, Urteil vom 16. Februar 2009 und VG Koblenz, 3 L 849/08.KO,
Beschluss vom 22. August 2008) allerdings nur deshalb als verhältnismäßig und
zumutbar erachtet, weil die geforderten Sprachkenntnisse nach Auffassung des
Gesetzgebers angeblich in „relativ kurzer Zeit“ erlernbar seien – was offenkun-
dig in vielen Fällen nicht zutrifft, wie nicht nur die oben dargelegte zahlenmä-
ßige Entwicklung, sondern auch zahlreiche von Beratungsstellen dokumentierte
Einzelfälle (vgl. z. B. die Vorbemerkung auf Bundestagsdrucksache 16/10564)
und eine Vielzahl diesbezüglicher Eingaben an Abgeordnete bzw. den Petitions-
ausschuss des Deutschen Bundestages belegen.

In dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg OVG 2 B 6.08
vom 28. April 2009, dessen Argumentation sich die Fragesteller nicht zu eigen
machen, heißt es, dass die Privilegierung und der Verzicht von Sprachnachwei-
sen bei Personen aus bestimmten Ländern (§ 30 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 des
Aufenthaltsgesetzes – AufenthG) wegen der in der Gesetzesbegründung be-
haupteten erforderlichen Rücksichtnahme auf die engen wirtschaftlichen Bezie-
hungen zu diesen Ländern „noch (!) sachgerecht“ erscheine (Urteilsabschrift,
S. 21). Allerdings ist diese Begründung bei genauerer Betrachtung nicht nach-
vollziehbar, denn die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und
zum Beispiel der Türkei sind weitaus bedeutender als zwischen Deutschland
und den in § 41 der Aufenthaltsverordnung (AufenthV) genannten privilegierten
Ländern (von den USA und Japan abgesehen): Das deutsch-türkische Handels-
volumen betrug nach Angaben des Auswärtigen Amtes (AA) im Jahr 2008 fast
25 Mrd. Euro, in Bezug auf die anderen Länder lagen die Werte zum Teil erheb-
lich niedriger: Neuseeland: gut 1 Mrd. Euro, Kanada (2007): gut 10 Mrd. Euro,
Südkorea: ca. 18 Mrd. Euro, Australien (2007): 6,4 Mrd. Euro, Israel (2007): gut
4 Mrd. Euro, Honduras: 0,2 Mrd. Euro, San Marino (2007): 0,07 Mrd. Euro, An-
dorra/Monaco: unbekannt.

Auf Bundestagsdrucksache 16/13327 (Nachfrage zu den Auswirkungen des
Soysal-Urteils des Europäischen Gerichtshofs) hat die Bundesregierung zu
Frage 14c bestätigt, dass zum 1. Januar 1973 türkischen Staatsangehörigen „die
Einreise für einen Aufenthalt von mehr als drei Monaten … zum Zwecke des
Dienstleistungsempfangs unter den Voraussetzungen des § 5 Absatz 1 Num-
mer 1 der Durchführungsverordnung zum Ausländergesetz (DVAuslG) sicht-
vermerksfrei möglich“ war – was zur Folge hat, dass nach dem eindeutigen
Wortlaut von § 30 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 AufenthG türkische Staats-
angehörige vom Sprachnachweis beim Ehegattennachzug ausgenommen wären,
wenn sich die Mehrheitsauffassung in der Literatur und Rechtsprechung bestä-
tigen sollte, wonach der Begriff der Dienstleistungsfreiheit im Zusammenhang
des Zusatzprotokolls zum Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen
Union und der Türkei den Dienstleistungsempfang mit umfasst (vgl. zum
Verständnis die Vorbemerkungen zu den Bundestagsdrucksachen 16/12562 und
16/13144).

Bemerkenswerterweise konnte die Bundesregierung in ihrer Antwort auf
Bundestagsdrucksache 16/12979 (Antwort zu Frage 18c) nicht die Quelle be-
nennen, auf die sich der Bundesminister des Innern Dr. Wolfgang Schäuble
stütze, als er im Plenum des Deutschen Bundestages erklärte, der „sachliche
Grund“ für die Neuregelung der Sprachanforderungen sei, dass angeblich „bis
zu 50 Prozent der dritten Generation bestimmter Zugewanderter Ehegatten
haben, die nicht in Deutschland aufgewachsen sind“, was dafür spreche, „dass
es sich oft um arrangierte Ehen“ und um einen „integrationsverhindernden
Missbrauch“ handele, der „im Sinne von Artikel 6 des Grundgesetzes“
bekämpft werden müsse (Plenarprotokoll 16/103, S. 10598).

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/13905

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Visa zum Ehegattennachzug wurden im 2. Quartal des Jahres 2009
erteilt (bitte auch den Vergleichswert für das 1. Quartal 2009 und den pro-
zentualen Rückgang oder Anstieg benennen)?

a) Wie lauten die entsprechenden Angaben zu den 15 stärksten Herkunfts-
ländern, differenziert nach Ländern (bitte auch die Summe aller 15 Län-
der nennen)?

b) Wie lauten die entsprechenden Angaben zu den 15 stärksten Herkunfts-
ländern, differenziert nach Zuzug zu Deutschen/Nicht-Deutschen/Ehe-
frauen/Ehemännern?

c) Wie lauten die entsprechenden Angaben zu den Herkunftsländern Nigeria,
Dominikanische Republik, Kirgisien, Kasachstan, Kenia, Kuba, Usbekis-
tan, Sri Lanka, Vietnam, Kosovo und Bosnien-Herzegowina (soweit sie
nicht bereits in der Antwort zu Frage 1a enthalten sind)?

2. Wie lautet die gesonderte Statistik des AA zum Sprachnachweis beim Ehe-
gattennachzug für die zehn Hauptherkunftsländer (vgl. Anlage 2 zu Bundes-
tagsdrucksache 16/12979) für das 2. Quartal 2009 (bitte auch die Vergleichs-
werte des 1. Quartals 2009 benennen)?

3. Räumt die Bundesregierung ein, dass die von ihr auf Bundestagsdrucksache
16/12979 bei der Beantwortung der Frage 26 gewählten Zeiträume des
3. Quartals 2007 bzw. des Gesamtjahres 2007 aus den in der Vorbemerkung
ausgeführten Gründen ungeeignet waren, um die Behauptung stützen zu
können, die Visumzahlen lägen nach einer Übergangsphase wieder auf ei-
nem „etwa gleichen Niveau“, und dass vielmehr ein Rückgang infolge der
Gesetzesänderung in Höhe von bis zu 25 Prozent bezogen auf alle Her-
kunftsländer feststellbar ist (unabhängig von den genauen Gründen für die-
sen Rückgang), und wenn nein, bitte ausführlich begründen?

4. Welche Kenntnisse oder ungefähre Schätzungen liegen der Bundesregierung
zu der Frage vor, welchen Anteil diejenigen nachziehenden Ehegatten am
gesamten visumpflichtigen Ehegattennachzug ausmachen, die keinen
Sprachnachweis führen müssen (offenkundige Sprachkenntnisse, Ausnah-
metatbestand, Nachzug zu anerkannten Flüchtlingen, erkennbar geringer
Integrationsbedarf, Nachzug zu Hochqualifizierten, Forschenden oder Selb-
ständigen; bitte differenzierte Angaben zu allen Teilgruppen machen)?

5. Wie stichhaltig ist das Argument, (zwangsverheiratete) Frauen könnten an
der Teilnahme an Integrationskursen durch ihre Ehemänner gehindert wer-
den, angesichts des Umstands, dass zwei Drittel aller bisherigen Kurs-
teilnehmenden Frauen waren, und wie hoch ist der Anteil von Frauen bei
türkischen Sprachkursteilnehmerinnen und -teilnehmern?

6. Wie stichhaltig ist das Argument, (zwangsverheiratete) Frauen könnten an
der Teilnahme an Integrationskursen durch ihre Ehemänner gehindert
werden, angesichts des Umstands, dass in diesen Fällen regelmäßig eine
Teilnahmepflicht vorliegen dürfte, die nach § 44 Absatz 3 AufenthG mit
Mitteln des Verwaltungszwangs durchsetzbar sowie aufenthalts-, sozialhilfe-
rechtlich und finanziell sanktionierbar ist?

7. Wie hoch waren die Prüfungszahlen und Bestehensquoten bei Prüfungen
„Start Deutsch 1“ der Goethe-Institute im Jahr 2008 und im ersten Halbjahr
2009 (bitte jeweils die Gesamtwerte weltweit angeben und zusätzlich nach
den zehn wichtigsten Herkunftsländern sowie den zehn Ländern mit den
niedrigsten Quoten und jeweils immer zusätzlich auch nach internen und
externen Prüfungsteilnehmern differenzieren; Wiederholung der Frage 8 auf
Bundestagsdrucksache 16/12764, da die Antwort keine Angaben zu den
maßgeblichen Gesamtbestehensquoten (in- und externe Prüfungen) in Pro-
zent enthielt; im Übrigen bitte wie in der Anlage zu Frage 8 antworten)?

Drucksache 16/13905 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

8. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Stand der Beratungen in
den europäischen Gremien zu der Frage, ob infolge des Metock-Urteils des
Europäischen Gerichtshofs (EuGH) eine Änderung der Freizügigkeitsricht-
linie erforderlich ist oder nicht, und wie ist nach Kenntnis der Bundesregie-
rung die aktuellste Position

a) der EU-Kommission,

b) der Mehrheit der Mitgliedstaaten,

c) der Bundesregierung,

d) des Europäischen Parlaments,

e) der von der EU-Kommission eingesetzten Expertengruppe bzw. der erlas-
senen Anwendungshinweise zur Freizügigkeitsrichtlinie zu dieser Frage?

9. Liegt inzwischen eine abschließende rechtliche Wertung der Bundesregie-
rung zu der Frage vor, ob sich der Inhalt der Metock-Entscheidung bereits
aus dem Primärrecht der Europäischen Union insbesondere angesichts der
Einführung von Artikel 18 Absatz 1 EG ergibt, und wenn ja, welche?

10. Ist die Heiratsmigration aus der Türkei auch in der zweiten Generation
„eine wesentliche Herausforderung für die Integrationspolitik der Bun-
desregierung“, da die „zugezogenen Ehepartner der zweiten Generation …
einen besonderen Integrationsbedarf“ aufweisen, wie auf Bundestags-
drucksache 16/12979 zu Frage 18b dargelegt, oder handelt es sich bei
dieser Heiratsmigration „oft um arrangierte Ehen“ und um einen „integra-
tionsverhindernden Missbrauch“, der – ungeachtet der Eheschließungs-
freiheit – im Sinne von Artikel 6 des Grundgesetzes (GG) bekämpft
werden müsse, wie vom Bundesminister des Innern Dr. Wolfgang Schäuble
im Deutschen Bundestag zur Begründung der Neuregelung dargelegt
(Plenarprotokoll 16/103, S. 10598; bitte erläutern, denn beide Aussagen
widersprechen sich)?

11. Wie viele Aufenthaltskarten an drittstaatsangehörige Familienangehörige
von Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern wurden im zweiten, dritten
bzw. vierten Quartal 2008 bzw. im ersten und zweiten Quartal 2009 erteilt
(bitte jeweils einzeln angeben und neben der Gesamtzahl jeweils auch die
Zahlen bezüglich der zehn wichtigsten Herkunftsländer gesondert auswei-
sen), und wie hoch ist hierbei nach Einschätzung der Bundesregierung
ungefähr der Anteil von Ehegatten bzw. derjenigen, die direkt aus einem
Drittstaat zuzogen?

a) Hat es infolge des Metock-Urteils bzw. z. B. im 4. Quartal 2008 einen
merklichen Anstieg dieser erteilten Aufenthaltskarten gegeben, und
welche Schlüsse zieht die Bundesregierung hieraus bezüglich der von
ihr befürchteten gestiegenen „Missbrauchsgefahr“ infolge des Metock-
Urteils?

b) Welche fünf Bundesländer haben dem Bundesministerium des Innern
aus welchen Gründen nicht auf das Umfrageschreiben vom 12. Sep-
tember 2008 geantwortet (vgl. Bundestagsdrucksache 16/12979, Ant-
wort zu Frage 20, und wie lautet die Antwort zu den Fragen 20c und 20e
auf Bundestagsdrucksache 16/12979, wenn die von den einzelnen Bun-
desländern eingegangenen Rückmeldungen berücksichtigt werden, bzw.
welche Informationen haben diese Bundesländer konkret übermittelt
(vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass es sich die Fragestellerinnen
in Anbetracht der sich aus Artikel 20 Absatz 2 GG und Artikel 38
Absatz 1 Satz 2 GG ergebenden herausragenden Bedeutung des par-
lamentarischen Frage- und Informationsrechts vorbehalten, auch un-
vollständige, der Bundesregierung vorliegende Informationen selbst zu
bewerten))?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/13905

12. Was hat die Prüfung der Bundesregierung ergeben, ob die Bestehensquoten
bei Sprachprüfungen Deutsch Start 1 an Goethe-Instituten im Ausland nach
erst- bzw. mehrmaliger Teilnahme differenziert erfasst werden sollen (vgl.
Bundestagsdrucksache 16/12979, Frage 25), angesichts des Umstandes,
dass die jetzige Gesamtbestehensquote angesichts der vielen Wiederho-
lungsprüfungen kein realistisches Bild davon zu geben vermag, wie viele
Betroffene den Test bei erstmaligem Versuch bestehen und welche Verbes-
serungen oder Verschlechterungen es diesbezüglich gegeben hat?

13. Wie beurteilt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang die Aussage
der Leiterin der Sprachabteilung des Goethe Instituts, Erika Broscher (vgl.
TÜRKIYE vom 27. April 2009), wonach viele Betroffene die Kursdauer
von vorgesehenen elf Monaten überschreiten würden und einige bis zu
sieben oder acht Mal an den Prüfungen teilnehmen müssten?

14. Was hat die Evaluierung der Regelung der Sprachnachweise beim Ehe-
gattennachzug durch das AA, die Bundesbeauftragte für Migration, Flücht-
linge und Integration und das Bundesministerium des Innern konkret er-
bracht (vgl. Bundestagsdrucksache 16/12979, Frage 28 und 31), und falls
noch keine Ergebnisse vorliegen, warum nicht, und wann ist mit solchen zu
rechnen?

15. Wie lauten die Angaben entsprechend der Anlage zu Frage 32 auf Bundes-
tagsdrucksache 16/12979 für das Jahr 2006?

16. Wie ist Ungleichbehandlung und der Verzicht auf Sprachprüfungen beim
Ehegattennachzug in Bezug auf bestimmte Länder (vgl. § 30 Absatz 1
Satz 3 Nummer 4 AufenthG i. V. m. § 41 AufenthV) mit der Begründung,
zu diesen Ländern bestünden besonders enge wirtschaftliche Beziehungen,
sachlich zu rechtfertigen angesichts des Umstandes, dass die wirtschaft-
lichen Beziehungen zu diesen Ländern nicht so bedeutend sind (von den
USA und Japan abgesehen, siehe Vorbemerkung) wie z. B. diejenigen zur
Türkei oder zu Russland, hinsichtlich derer die Ausnahmeregelung jedoch
gerade nicht gilt?

17. Wie ist die Erklärung der Bundesbeauftragten für Migration, Flüchtlinge
und Integration, Dr. Maria Böhmer, am 18. Juni 2009 im Deutschen Bun-
destag (Plenarprotokoll 16/227, S. 25337): „Bei meiner letzten Türkei-
Reise konnte ich erleben, wie viele junge Frauen und Männer Freude am
Lernen der deutschen Sprache haben. Sie wissen, dass sie damit leichter
hier heimisch werden“, damit zu vereinbaren, dass nach einer (nicht reprä-
sentativen) Befragung von Sprachkursteilnehmerinnen und -teilnehmern
durch das Goethe-Institut in Ankara nur weniger als 60 Prozent antworte-
ten, dass ihnen der Kurs Spaß gemacht habe (Broschüre „Sprache und Inte-
gration“, S. 11), und ist die Bundesregierung nicht der Auffassung, dass der
Anteil derjenigen, die Freude am Deutschlernen haben, wesentlich höher
wäre, wenn die Betroffenen mit ihren Ehegatten in Deutschland leben und
hier unter weniger belastenden Bedingungen den Sprachkurs absolvieren
könnten und ihn nicht als „Trennungsgrund“ erfahren müssten?

18. Wie ist die obige Erklärung der Bundesbeauftragten für Migration, Flücht-
linge und Integration vereinbar mit Erfahrungen von Betroffenen, die z. B.
in einer E-Mail an eine Abgeordnete schreiben: „Der Staat trennt uns.
Natürlich nur zu unserem Besten, wie man uns mitteilte. ‚Damit Sie sich
mit Ihrer Frau verständigen können, wenn sie nach Deutschland kommt.‘
Kann man Menschen mehr verhöhnen?“?

Berlin, den 17. August 2009

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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