BT-Drucksache 16/13692

zu der Beratung der Verordnung der Bundesregierung -16/13189, 16/13263 Nr. 2.3, 16/13677 - Verordnung über die Versteigerung von Emissionsberechtigungen nach dem Zuteilungsgesetz 2012 (Emissionshandels-Versteigerungsverordnung 2012 - EHVV 2012)

Vom 1. Juli 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13692
16. Wahlperiode 01. 07. 2009

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Michael Kauch, Horst Meierhofer, Angelika Brunkhorst, Dr. Karl
Addicks, Christian Ahrendt, Uwe Barth, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher,
Patrick Döring, Mechthild Dyckmans, Ulrike Flach, Otto Fricke, Horst Friedrich
(Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß,
Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger,
Dr. Werner Hoyer, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp,
Dr. h. c. Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht,
Michael Link (Heilbronn), Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-
Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Cornelia Pieper, Gisela Piltz,
Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Christoph Waitz, Dr. Claudia
Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Dr. Guido Westerwelle
und der Fraktion der FDP

zu der Beratung der Verordnung der Bundesregierung
– Drucksachen 16/13189, 16/13263 Nr. 2.3, 16/13677 –

Verordnung über die Versteigerung von Emissionsberechtigungen nach dem
Zuteilungsgesetz 2012
(Emissionshandels-Versteigerungsverordnung 2012 – EHVV 2012)

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die von der Bundesregierung am 27. Mai 2009 beschlossene Verordnung über
die Versteigerung von Emissionsberechtigungen nach dem Zuteilungsgesetz
2012 (EHVV 2012) sieht ein so genanntes börsennahes Verfahren vor, wonach
die Versteigerungen an einer bestehenden Handelsbörse durchgeführt werden
sollen, auf der bereits Emissionsberechtigungen im Spot- und Terminmarkt ge-
handelt werden. Zur Teilnahme an diesen Versteigerungen soll nur zugelassen
sein, wer an der mit der Versteigung beauftragten Börse auch für den sonstigen
Spot- und Terminhandel von Emissionsberechtigungen bereits zugelassen ist.
Die Teilnahme an den Versteigerungen wird damit faktisch auf wenige große
Energieversorgungsunternehmen (EVU) und große Industriekonzerne sowie
Finanzinstitutionen und großen Handelsgesellschaften begrenzt. So sind bei-
spielsweise an der „European Energy Exchange – EEX“ in Leipzig als mutmaß-
lich einziger in Deutschland infrage kommenden Börse lediglich ca. 20 Betrei-
ber von Anlagen zugelassen, die den Bestimmungen des Treibhausgasemis-

Drucksache 16/13692 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

sionshandelsgesetzes (TEHG) unterfallen. Somit wären ca. 95 Prozent der ge-
nannten Anlagenbetreiber von einer Beteiligung am Versteigerungsverfahren
ausgeschlossen. Diese könnten zwar die Mitgliedschaft an der EEX neu erwer-
ben, müssten dazu jedoch zunächst mehr als 30 000 Euro Entgelt an die EEX
entrichten, ohne auch nur eine einzige Emissionsberechtigung ersteigert zu
haben. Die Verhältnisse an den anderen in Betracht kommenden Börsen außer-
halb Deutschlands sind vergleichbar.

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU)
verweist hierzu zwar darauf, dass auch diesen Anlagenbetreibern eine indirekte
Teilnahme an den Versteigerungen über die Beauftragung von so genannten
Intermediären möglich sei, d. h. Finanzinstitutionen und großen Handels-
häusern, die an der beauftragten Börse zugelassen sind. Freilich würde dafür ein
unter Umständen erhebliches Entgelt in Rechnung gestellt werden. Einzig für
den geringen Anteil von weniger als ca. 5 Prozent der Anlagenbetreiber, die
bereits zuvor aus anderen Gründen zugelassen sind, wäre damit eine Teilnahme
an den Versteigerungen zu vernachlässigbaren Zusatzkosten möglich.

Darüber hinaus ist der Verordnungsentwurf der Bundesregierung in weiterer
Hinsicht zu kritisieren. Dies betrifft vor allem folgende Regelungen und Sach-
verhalte:

– Der Entwurf sieht nicht nur Spotversteigerungen, sondern auch Terminver-
steigerungen vor. Sofern ein Bedarf an Termingeschäften bestünde, kann aber
davon ausgegangen werden, dass dieser durch den Sekundärmarkt ausrei-
chend befriedigt werden würde. Überdies wären mit einer Teilnahme an
Termingeschäften vergleichsweise höhere Anforderungen hinsichtlich finan-
zieller Sicherheiten verbunden als am Spotmarkt. Der potenzielle Teil-
nehmerkreis der Versteigerungen wird mit der Durchführung von Termin-
versteigerungen gegenüber Spotgeschäften demnach eingeengt und ist über-
dies mit vergleichsweise höherem Abwicklungsaufwand verbunden.

– Die Versteigerungen sollen, dem Entwurf der Bundesregierung folgend, wö-
chentlich stattfinden, obwohl absehbar ist, dass rd. 95 Prozent aller TEHG-
Anlagenbetreiber sich allenfalls zwei- bis dreimal pro Jahr am Emissionshan-
del beteiligen werden. Lediglich die bereits mehrfach angeführten wenigen
großen EVU dürften Ihren Bestand und Bedarf an Berechtigungen durch
Handelstransaktionen wöchentlich justieren. Um ein reibungsloses Inver-
kehrbringen der zu versteigernden Emissionsberechtigungen zu gewährleis-
ten und um den Bedürfnissen der weit überwiegenden Mehrheit der TEHG-
Anlagenbetreiber zu entsprechen, wäre ein Versteigerungstermin pro Quartal
ausreichend. Dies würde den Abwicklungsaufwand gegenüber wöchent-
lichen Versteigungen erheblich senken.

– Bei den Spotversteigerungen soll die Mindestgebotsmenge 500 Berechtigun-
gen und bei den Termingeschäften 1 000 Berechtigungen betragen – bzw.
jeweils ein Vielfaches davon. Auf diese Weise wird die Teilnahme von mit-
telständischen Unternehmen zusätzlich erschwert. Die vom BMU vorgetra-
gene Begründung, dass auf diese Weise die Anzahl der Vergabelose und der
damit verbundene Abwicklungsaufwand gering gehalten werden soll, ver-
mag nicht zu überzeugen. Einerseits lautet selbst an der EEX im Spothandel
die Mindestgebotsmenge lediglich auf genau eine Emissionsberechtigung,
zweitens wird der hohe Abwicklungsaufwand im Wesentlichen durch die
wöchentlichen Versteigerungen erzeugt (siehe oben).

– Weitestgehend ungenutzt bleibt insbesondere auch die Möglichkeit, die – bis-
lang unbekannten – Emissionsgrenzvermeidungskosten der dem System un-
terliegenden Anlagen aufzudecken. Dies wäre vor allem dann möglich, wenn
die Teilnahme an der Versteigerung auf die Betreiber von TEHG-Anlagen

beschränkt werden würde. Eine geringere Anzahl potentieller Nachfrager

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/13692

würde den Gleichgewichtspreis einer Versteigerung tendenziell senken –
auch für die zum Zuge kommenden Anlagenbetreiber als Nachfrager von
Zertifikaten. Somit entsteht der Eindruck, es gehe dem Verordnungsgeber
vordringlich um ein Erzielen möglichst hoher Versteigerungserlöse, zumal
der größte Teil dieser Erlöse unmittelbar dem Haushalt des BMU zufließt.
Dass durch unnötig hohe Preise für Emissionsberechtigungen die zusätz-
lichen „Windfall Profits“ bei den EVU um ein Vielfaches erhöht werden,
nimmt die Bundesregierung offenbar billigend in Kauf – ungeachtet der Tat-
sache, dass diese „Windfall Profits“ letztlich von den Stromkunden finanziert
werden müssen.

Insgesamt ist demnach festzustellen, dass der vorgelegte Entwurf an verschiede-
nen Stellen Regelungen vorsieht, die wenig zweckdienlich sind und bei weitem
hinter den Möglichkeiten zurückbleibt, die mit dem Instrument der Versteige-
rung als speziellem Verkaufsverfahren prinzipiell verbunden sein könnten.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

den vorliegenden Entwurf der EHVV 2012 zurückzuziehen, grundlegend zu
überarbeiten und im Rahmen dieser grundlegenden Überarbeitung vorzusehen,
dass

– die Teilnahme an den Versteigerungen auf die Betreiber von TEHG-Anlagen
beschränkt wird,

– die Teilnahme an den Versteigerungen ohne Entgelt möglich ist,

– Versteigerungen auf den Spotmarkt beschränkt werden und ein ggf. bestehen-
der Bedarf an Terminversteigerungen dem Sekundärmarkt überlassen bleibt,

– die Versteigerung von jeweils einem Viertel der zu versteigernden Jahres-
menge an Berechtigungen einmal pro Quartal durchgeführt wird und

– die Mindestgebotsmenge auf genau eine Emissionsberechtigung festgelegt
wird.

Berlin, den 30. Juni 2009

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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