BT-Drucksache 16/13658

zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Monika Lazar, Jerzy Montag, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -16/11885- Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes

Vom 1. Juli 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13658
16. Wahlperiode 01. 07. 2009

Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Monika Lazar, Jerzy
Montag, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 16/11885 –

Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes

A. Problem

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 3. Juli 2008 (Akten-
zeichen 2 BvC 1/07, 2 BvC 7/07) festgestellt, dass das Bundeswahlgesetz
punktuell gegen das Grundgesetz verstößt, weil ein Zuwachs an Zweitstimmen
zu einem Verlust an Sitzen der Landeslisten oder ein Verlust an Zweitstimmen
zu einem Zuwachs an Sitzen der Landeslisten führen kann (Phänomen des so
genannten negativen Stimmgewichts). Der Gesetzgeber wird aufgefordert, bis
spätestens zum 30. Juni 2011 eine verfassungsgemäße Regelung zu treffen.
Sofern keine entsprechende Regelung bereits für die bevorstehende Wahl am
27. September 2009 getroffen werde, werde der 17. Deutsche Bundestag nach
einem materiell verfassungswidrigem Wahlrecht gewählt.

B. Lösung

Beseitigung des negativen Stimmgewichtes durch eine systemkonforme Ände-
rung im geltenden Wahlsystem.

Ablehnung des Gesetzentwurfs mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen

Die gesetzliche Regelung wird erst nach der Bundestagswahl vom 27. Septem-
ber 2009 erlassen.

D. Kosten

Es ist mit minimalen Kosten für die Anpassung der für die Wahl eingesetzten
Berechnungssoftware zu rechnen. Länder und Gemeinden werden durch die
Novellierung nicht mit Kosten belastet.

Drucksache 16/13658 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 16/11885 abzulehnen.

Berlin, den 1. Juli 2009

Der Innenausschuss

Sebastian Edathy
Vorsitzender

Reinhard Grindel
Berichterstatter

Klaus Uwe Benneter
Berichterstatter

Gisela Piltz
Berichterstatterin

Petra Pau
Berichterstatterin

Wolfgang Wieland
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/13658

Bericht der Abgeordneten Reinhard Grindel, Klaus Uwe Benneter, Gisela Piltz,
Petra Pau und Wolfgang Wieland
Berlin, den 1. Juli 2009

Reinhard Grindel Klaus Uwe Benneter Gisela Piltz Petra Pau Wolfgang Wieland
1. Überweisung

Der Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN auf Drucksache 16/11885 wurde in der 208. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 5. März 2009 an den
Innenausschuss federführend sowie an den Rechtsausschuss
und den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Ge-
schäftsordnung zur Mitberatung überwiesen.

2. Voten der mitberatenden Ausschüsse

Der Rechtsausschuss hat in seiner 148. Sitzung am 1. Juli
2009 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Ge-
setzentwurfs empfohlen.

Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Ge-
schäftsordnung hat in seiner 56. Sitzung am 1. Juli 2009
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Gesetzent-
wurf abzulehnen.

3. Beratungen im federführenden Ausschuss

Der Innenausschuss hat in seiner 89. Sitzung am 25. März
2009 beschlossen, eine öffentliche Anhörung zu dem Ge-
setzentwurf durchzuführen.

Die öffentliche Anhörung, an der sich sieben Sachverstän-
dige beteiligt haben, hat der Innenausschuss in seiner
92. Sitzung am 4. Mai 2009 durchgeführt. Hinsichtlich des
Ergebnisses wird auf das Protokoll Nr. 16/92 hingewiesen.

Der Innenausschuss hat den Gesetzentwurf auf Drucksache
16/11885 in seiner 102. Sitzung am 1. Juli 2009 abschlie-
ßend beraten und mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktio-
nen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN emp-
fohlen, ihn abzulehnen.

Die Fraktion der CDU/CSU hebt hervor, das Bundesver-
fassungsgericht habe nicht die Überhangmandate für verfas-
sungswidrig erklärt, sondern die Beseitigung des negativen
Stimmgewichts gefordert. Zur Umsetzung dieses komple-
xen Problems habe das Bundesverfassungsgericht eine Zeit-
vorgabe gesetzt, an die man sich halten wolle. Das Bundes-
verfassungsgericht habe diese Zeitvorgabe auch bewusst so
gesetzt, weil es sich um eine schwierige Aufgabe handele.
Es seien grundsätzliche Überlegungen anzustellen. Dazu
gehöre auch die föderale Fairness, der der Gesetzentwurf

der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht gerecht
werde. Mit einem Schnellschuss sei es nicht getan. Auch
seien Mutmaßungen über das Ausmaß und die Verteilung
von möglichen Überhangmandaten bei der Bundestagswahl
im September 2009 reine Spekulation.

Die Fraktion der SPD betont, der vorliegende Gesetzent-
wurf sei prinzipiell zustimmungsfähig. Für eine Änderung
sei auch genügend Zeit vorhanden. Unmittelbar nach dem
Urteil des Bundesverfassungsgerichts habe sich die Koali-
tion zusammengesetzt, um zu einer Lösung zu kommen. Die
Fraktion der SPD habe auch eine Lösung für das Berliner
Zweitstimmenproblem angeboten. Die Fraktion der CDU/
CSU sei aber nicht bereit gewesen, die vom Bundesverfas-
sungsgericht monierte Verfassungswidrigkeit noch vor
dieser Bundestagswahl zu beseitigen. Nunmehr greife der
Koalitionsvertrag. Die Fraktion der SPD verhalte sich koali-
tionstreu und stimme deshalb gegen diesen Gesetzentwurf.

Die Fraktion der FDP moniert, dass die gute Tradition,
Änderungen im Wahlrecht interfraktionell abzustimmen, bei
dieser beabsichtigten Regelung nicht eingehalten wurde.
Auch sei es ein wichtiger Grundsatz, nicht in ein laufendes
Verfahren einzugreifen. Die Kandidatenaufstellungen seien
vollzogen. Grundsätzlich sei die FDP relativ offen, welche
Regelung die beste sei. Im Interesse der kleineren Parteien
sei auch an Ausgleichsmandate zu denken. Hierzu fänden
sich im Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN keine Überlegungen. Auch löse der Gesetzent-
wurf das Problem der CSU in Bayern nicht. Die Fraktion
der FDP lehne deshalb diesen Gesetzentwurf ebenfalls ab.

Die Fraktion DIE LINKE. fordert, dass der neue Bundes-
tag nicht auf verfassungswidriger Grundlage entstehen
dürfe. Sie räumt allerdings ein, dass das Verhalten der Frak-
tionen CDU/CSU und FDP verständlich sei. Zu kritisieren
sei hier einzig und allein das Verhalten der Fraktion der
SPD. Diese bewerte den Koalitionszwang höher als die Ver-
fassung. Dies könne nicht sein.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN drängt auf
eine Änderung des Bundeswahlgesetzes. Das Bundesverfas-
sungsgericht habe am 3. Juli 2008 festgestellt, dass das
jetzige Bundeswahlgesetz verfassungswidrig sei. Das sog.
negative Stimmgewicht müsse beseitigt werden. Es sei den
Wählerinnen und Wählern nicht zumutbar, bei der Bundes-
tagswahl im September 2009 noch auf der Grundlage eines
verfassungswidrigen Wahlrechts zu wählen. Das sei auch
das Ergebnis der vom Innenausschuss durchgeführten Sach-
verständigenanhörung gewesen.
Berichterstatter Berichterstatter Berichterstatterin Berichterstatterin Berichterstatter

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