BT-Drucksache 16/13510

Zivilklausel für das Karlsruher Institut für Technologie

Vom 17. Juni 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13510
16. Wahlperiode 17. 06. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Petra Sitte, Karin Binder, Cornelia Hirsch, Volker Schneider
(Saarbrücken) und der Fraktion DIE LINKE.

Zivilklausel für das Karlsruher Institut für Technologie

Das Forschungszentrum Karlsruhe (FZK) sowie die Universität Karlsruhe
fusionieren zum Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Derzeit wird der
Gesetzentwurf für die zu schaffende Körperschaft öffentlichen Rechts im Land
Baden-Württemberg verhandelt. Dem gingen umfangreiche Abstimmungen
zwischen Bundes- und Landesregierung voraus. KIT soll laut Antwort der
Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „modell-
bildende Funktion entfalten“ (Bundestagsdrucksache 16/10131).

Der Gesetzentwurf und die mit dem Bund getroffene Verwaltungsvereinbarung
sehen vor, dass zwei Personalkörper gebildet werden, um die unterschiedlichen
Missionen von Universität und Großforschungseinrichtung abzubilden. Die im
Gesellschaftervertrag des FZK enthaltene Klausel zur Verpflichtung der For-
schung auf zivile Zwecke soll demnach nicht auf die Gesamteinrichtung über-
tragen werden. Laut Zeitungsberichten sieht der baden-württembergische Wis-
senschaftsminister Dr. Peter Frankenberg eine Zivilklausel „in einem demo-
kratischen Rechtsstaat mit einer demokratischen Armee“ für überflüssig an (die
tageszeitung vom 28 Mai 2009).

Da das FZK traditionell einen Schwerpunkt in der Energieforschung auch im nu-
klearen Bereich setzt, könnten zukünftig ohne eine solche Klausel Nuklear- und
Rüstungsforschung unter einem Dach stattfinden. Dagegen wendet sich ein
internationaler Appell von 60 Personen des öffentlichen Lebens, darunter der
Bürgermeister der japanischen Stadt Hiroshima und der Physiknobelpreisträger
Jack Steinberger. Der Aufruf wurde initiiert durch die Organisation INES (Inter-
national Network of Engineers and Scientists for Global Responsibility) vom
25. Mai 2009.

In einem Rechtsgutachten im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung weist Prof.
Dr. Erhard Denninger (Universität Frankfurt/Main, siehe http://www.boeckler.de/
pdf/mbf_gutachten_denninger_2009.pdf) nach, dass eine Zivilklausel entgegen
der Auffassung der Landesregierung von Baden-Württemberg gesetzlich zu-
lässig sei und nicht der verfassungsmäßig garantierten Wissenschaftsfreiheit
widerspreche.
Die Bundesregierung hat sich in der oben zitierten Antwort auf die Kleine
Anfrage für einen Erhalt der Zivilklausel für den Teil Großforschung des KIT
ausgesprochen.

Drucksache 16/13510 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Position hat die Bundesregierung zur Übernahme der so genannten
Zivilklausel in den Verhandlungen mit der Landesregierung Baden-
Württembergs vertreten?

2. Hat sich die Bundesregierung für eine Ausdehnung des Geltungsbereichs
der Zivilklausel auf den Bereich der Universität Karlsruhe im Rahmen des
Fusionsprozesses eingesetzt?

Wenn nein, warum nicht?

3. Wie bewertet die Bundesregierung die bisherige Anwendung und Wirksam-
keit der Zivilklausel am FZK vor dem Hintergrund der historischen Erfah-
rungen mit der atomaren Aufrüstung während des Kalten Krieges?

4. Welche Gründe sprechen heute aus Sicht der Bundesregierung für eine Bei-
behaltung der Trennung von Nuklearforschung und Rüstungsforschung am
KIT?

5. Inwieweit stimmt die Bundesregierung mit der im o. g. Zeitungsbericht
zitierten Auffassung von Wissenschaftsminister Dr. Peter Frankenberg über-
ein, dass eine solche Zivilklausel in einem demokratischen Rechtsstaat un-
nötig sei?

6. Inwieweit stimmt die Bundesregierung der o. g. Position des Verfassungs-
rechtlers Prof. Dr. Erhard Denninger zu, dass die für das FZK geltende Zivil-
klausel mit der im Grundgesetz verankerten Wissenschaftsfreiheit vereinbar
sei?

Berlin, den 15. Juni 2009

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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