BT-Drucksache 16/13492

Änderungen der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages hier: a) Nachträglicher Ausschluss von Mitgliedern des Deutschen Bundestages von Plenarsitzungen (§ 38 GO-BT) b) Reden zu Protokoll (§ 78 GO-BT) c) Sprachliche Beratung von Formulierung von Gesetzestexten (§ 80a GO-BT)

Vom 18. Juni 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13492
16. Wahlperiode 18. 06. 2009

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung
(1. Ausschuss)

Änderungen der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages

hier:

a) Nachträglicher Ausschluss von Mitgliedern des Bundestages
von Plenarsitzungen (§ 38 GO-BT)

b) Reden zu Protokoll
(§ 78 GO-BT)

c) Sprachliche Beratung bei der Formulierung von Gesetzestexten
(§ 80a GO-BT)

A. Problem

Zu Buchstabe a

Das nach § 38 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GO-BT)
bestehende Ordnungsmittel, ein Mitglied des Bundestages wegen gröblicher
Verletzung der Ordnung von der Teilnahme an Plenar- und Ausschusssitzungen
auszuschließen, hat sich insoweit als unbefriedigend erwiesen, als die Maß-
nahme vom amtierenden Präsidenten noch während der laufenden Plenar-
sitzung ausgesprochen werden muss. Insbesondere bei komplexen Sachlagen,
bei denen nicht alle Details sofort feststellbar sind (zum Beispiel bei mehreren
Störern, die erst nach Auswertung von Fernsehaufnahmen etc. identifizierbar
sind), ist eine Erweiterung der Entscheidungsfrist notwendig.

Zu Buchstabe b

Seit November 2007 gilt probeweise eine vorläufige Verfahrensregelung hin-
sichtlich der Abgabe von Plenarreden zu Protokoll (siehe Amtliche Mitteilung
des Präsidenten vom 30. November 2007). Nach erfolgreicher Erprobung soll
dieses Verfahren nun dauerhaft in die Geschäftsordnung übernommen werden.
Zu Buchstabe c

Gesetzestexte leiden immer wieder an sprachlicher Ungenauigkeit und sind
daher zum Teil nur schwer anwendbar. Anders als die Gemeinsame Geschäfts-
ordnung der Bundesministerien beinhaltet die Geschäftsordnung des Deutschen
Bundestages keine Verankerung eines Redaktionsstabes zur sprachlichen Bera-
tung und zur Verständlichkeitsprüfung von Gesetzestexten.

Drucksache 16/13492 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

B. Lösung

Die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages wird wie folgt ergänzt:

Zu Buchstabe a

In § 38 Absatz 2 (neu) wird die Möglichkeit geschaffen, einen Sitzungsaus-
schluss noch in der nächsten Plenarsitzung auszusprechen, wenn die Verletzung
der Ordnung während der Sitzung ausdrücklich festgestellt und dabei auf die
Möglichkeit des nachträglichen Sitzungsausschlusses hingewiesen worden ist.

Zu Buchstabe b

In § 78 Absatz 6 (neu) wird die bisher nur vorläufige Verfahrensregelung zur
Abgabe von Reden zu Protokoll dauerhaft in die Geschäftsordnung übernom-
men.

Zu Buchstabe c

In § 80a (neu) wird eine Vorschrift zur sprachlichen Beratung bei der Formulie-
rung und Änderung von Gesetzentwürfen aufgenommen.

Zu Buchstabe a

Annahme mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP
gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN

Zu den Buchstaben b und c

Einstimmige Annahme im Ausschuss

C. Alternativen

Beibehaltung der jetzigen Rechtslage oder Einführung eines Ordnungsgeldes
bei einer gröblichen Verletzung der Ordnung der Plenarsitzung (zu Buchstabe a).

D. Kosten

Zu den Buchstaben a und b

Keine

Zu Buchstabe c

Derzeit nicht bezifferbar.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/13492

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen:

Die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages vom 2. Juli 1980 (BGBl. I
S. 1237), zuletzt geändert laut Bekanntmachung vom 29. Juli 2008 (BGBl. I
S. 1712), wird wie folgt geändert:

a) § 38 wird wie folgt geändert:
1. Es wird folgender neuer Absatz 2 eingefügt:

„(2) Ein Sitzungsausschluss kann auch nachträglich, spätestens in der
auf die gröbliche Verletzung der Ordnung folgenden Sitzung ausgespro-
chen werden, wenn der Präsident während der Sitzung eine Verletzung
der Ordnung ausdrücklich feststellt und sich einen nachträglichen Sit-
zungsausschluss vorbehält. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Ein
bereits erteilter Ordnungsruf schließt einen nachträglichen Sitzungsaus-
schluss nicht aus.“

2. In Absatz 4 wird die Angabe „Absatz 2 Satz 2“ durch die Angabe „Ab-
satz 3 Satz 2“ ersetzt.

3. Die bisherigen Absätze 2 bis 5 werden die Absätze 3 bis 6.

b) In § 78 wird nach Absatz 5 folgender neuer Absatz 6 eingefügt:
„(6) Wird im Ältestenrat vorab vereinbart, anstelle einer Aussprache die

schriftlichen Redetexte zu Protokoll zu nehmen, werden die betreffenden
Punkte in der Tagesordnung kenntlich gemacht. Eine Aussprache findet ab-
weichend davon statt, wenn sie bis 18 Uhr des Vortages von einer Fraktion
oder von fünf vom Hundert der Mitglieder des Bundestages verlangt wird.
Je Fraktion kann im Regelfall ein Redebeitrag in angemessenem Umfang zu
Protokoll gegeben werden. Der Umfang je Fraktion soll sich an den auf die
Fraktionen entfallenden Redezeiten bei einer Aussprache von 30 Minuten
orientieren. Die Redetexte sollen dem Sitzungsvorstand spätestens bis zum
Aufruf des Tagesordnungspunktes vorliegen.“

c) Nach § 80 wird folgender neuer § 80a eingefügt:
㤠80a

Überprüfung von Gesetzentwürfen auf sprachliche Richtigkeit
und Verständlichkeit

(1) Ein beim Bundestag eingerichteter oder angesiedelter Redaktionsstab
soll auf Beschluss des federführenden Ausschusses einen Gesetzentwurf auf
sprachliche Richtigkeit und Verständlichkeit prüfen und bei Bedarf Empfeh-
lungen an den Ausschuss richten. Der federführende Ausschuss kann den
Redaktionsstab im gesamten Verlauf seines Beratungsverfahrens hinzuzie-
hen und um Prüfung bitten. Dies gilt insbesondere für die Prüfung von Än-
derungsanträgen, deren Annahme zu erwarten ist.

(2) Darüber hinaus bietet der Redaktionsstab auch sonstige sprachliche
Beratung an.“

Berlin, den 28. Mai 2009

Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung

Thomas Strobl (Heilbronn)
Vorsitzender

Bernhard Kaster
Berichterstatter

Dr. Ole Schröder
Berichterstatter

Christine Lambrecht
Berichterstatterin
Dr. Carl-Christian Dressel
Berichterstatter

Jörg van Essen
Berichterstatter

Dr. Dagmar Enkelmann
Berichterstatterin

Silke Stokar von Neuforn
Berichterstatterin

30) der Betroffene ausgeschlossen wird. Demgegenüber ist Die Vertreter der Fraktionen der SPD und FDP hielten die

für Ordnungsrufe anerkannt, dass diese noch nachträglich,
zum Beispiel nach einer Klärung des genauen Wortlauts
der Äußerung, ausgesprochen werden können. Ausdrück-
lich geregelt ist dies für Zwischenrufe, die dem amtieren-
den Präsidenten entgangen sind. Diese können nach § 119
Absatz 2 GO-BT in der nächsten Sitzung noch gerügt wer-

Einführung eines Ordnungsgeldes als neues Ordnungsmittel
für vorzugswürdig. Gegenüber dem nachträglichen Sit-
zungsausschluss stelle dieses einen weniger schwerwiegen-
den Eingriff in die Statusrechte der Abgeordneten dar, weil
es nicht in deren Abstimmungsrechte eingreife. Dadurch
könnten öffentlichkeitswirksame Konfrontationen in der
Drucksache 16/13492 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Bernhard Kaster, Dr. Ole Schröder, Christine
Lambrecht, Dr. Carl-Christian Dressel, Jörg van Essen, Dr. Dagmar Enkelmann
und Silke Stokar von Neuforn

Zu Buchstabe a der Beschlussempfehlung (Nachträg-
licher Ausschluss von Mitgliedern des Bundestages von
Plenarsitzungen – § 38 GO-BT)

Beratungsanlass

Mehrere Ordnungsstörungen während der Plenarsitzungen
der letzten Zeit haben zu Erörterungen im Ältestenrat ge-
führt mit dem Ergebnis, dass der 1. Ausschuss gebeten
wurde zu prüfen, ob es in diesem Zusammenhang Ergän-
zungsbedarf bei den Ordnungsmaßnahmen nach der Ge-
schäftsordnung gebe.

So kam es in der 135. Sitzung des Bundestages am 16. Ja-
nuar 2008 zu einer Ordnungsstörung als mehrere Mitglieder
einer Fraktion Masken aufsetzten, die den Ministerpräsiden-
ten eines Landes mit „Pinocchio-Nase“ darstellten (siehe
Stenografischer Bericht Seite 14242 D). Der amtierende
Präsident forderte die Betreffenden auf, die Masken abzu-
nehmen oder den Saal zu verlassen.

In der 214. Sitzung des Bundestages am 26. März 2009 ent-
rollten Mitglieder derselben Fraktion während einer Debatte
Transparente und hielten Fahnen hoch (siehe Stenogra-
fischer Bericht Seite 23131 D).

Bei den Erörterungen dieser Vorfälle wurde in den Sitzun-
gen des Ältestenrats vom 17. Januar 2008 und 26. März
2009 insbesondere kritisiert, dass derzeit dem Präsidenten
keine ausreichenden Reaktionsmittel in solchen Fällen zur
Verfügung stünden. Ein Sitzungsausschluss, der hier in
Betracht gekommen wäre, sei schon deshalb problematisch,
weil er eine sofortige Identifizierung der Störer voraus-
setze und noch während der Sitzung hätte ausgesprochen
werden müssen, was jedoch zumindest im ersten Fall we-
gen der Maskierung der Betreffenden nicht möglich gewe-
sen sei. Zudem wurde bemängelt, dass durch einen in der
Sache ergangenen Ordnungsruf weitere Sanktionen, wie
zum Beispiel ein Sitzungsausschluss, verbraucht seien.
Schließlich wurde der 1. Ausschuss gebeten zu prüfen, ob
das Merkmal der „gröblichen Verletzung der Ordnung“
(§ 38 Absatz 1 GO-BT) innerhalb der Geschäftsordnung
näher definiert werden solle.

Bestehende Rechtslage

Nach bisheriger Geschäftsordnungslage (§ 38 Absatz 1
GO-BT) kann bei einer gröblichen Verletzung der Ordnung
ein Sitzungsausschluss nur bis zum Ende der Plenarsitzung
ausgesprochen werden. Bis zu diesem Zeitpunkt muss auch
bekannt gegeben werden, für wie viele Sitzungstage (bis zu

Beratungen im Ausschuss

Der 1. Ausschuss hat sich mit den Prüfbitten des Ältesten-
rats in mehreren Sitzungen befasst und abschließend in sei-
ner 54. Sitzung vom 28. Mai 2009 mehrheitlich für die o. g.
Beschlussempfehlung gestimmt.

Die Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP
im 1. Ausschuss bedauerten, dass aufgrund der verschiede-
nen Vorfälle in Plenarsitzungen in der letzten Zeit eine
Erweiterung der Ordnungsmaßnahmen notwendig geworden
sei, um das Ansehen und die Würde des Bundestages zu
wahren und ihn nicht der Lächerlichkeit preiszugeben. Die
Erfahrungen aus der Zeit der Weimarer Republik hätten ge-
zeigt, dass man einer öffentlichen Verächtlichmachung der
Demokratie und ihrer Institutionen bereits in den Anfängen
entgegentreten müsse. Auch wenn es grundsätzlich Beden-
ken gegen jede Art der Einschränkungen parlamentarischer
Rechte geben müsse, bliebe keine andere Wahl, als die Wirk-
samkeit der Ordnungsmittel zu verstärken.

Die derzeitige Möglichkeit eines Sitzungsausschlusses ist
nach ihrer Auffassung nicht ausreichend für die Fälle, in de-
nen entweder der genaue Sachverhalt oder die geschäftsord-
nungsrechtliche Würdigung des Vorfalls nicht ohne Wei-
teres vom amtierenden Präsidenten erfasst bzw. beurteilt
werden können. Dies gelte zum Beispiel dann, wenn die
Störer aufgrund ihrer großen Anzahl, von Maskierungen
oder durch schnelles Entfernen aus dem Plenarsaal nicht
sofort identifiziert werden könnten. Hierfür solle die Mög-
lichkeit geschaffen werden, auch noch nach dem Ende der
Sitzung einen Ausschluss von den folgenden Sitzungen aus-
sprechen zu können. Hierdurch könne Zeit für eine gründ-
liche Bewertung des Vorfalls gewonnen werden, bei der
auch berücksichtigt werden könne, ob der oder die Be-
treffende bereits zuvor die Ordnung von Plenarsitzungen
verletzt habe.

Einen Verbrauch weitergehender Ordnungsmaßnahmen
durch die Erteilung eines Ordnungsrufs sah die Mehrheit im
Ausschuss für nicht sachgerecht an. Dies sollte in die neue
Regelung mit aufgenommen werden.

Von einer näheren Konkretisierung des Merkmals „gröbli-
che Verletzung der Ordnung“ in der Geschäftsordnung
wurde demgegenüber abgesehen. Dies sei nur durch weitere
unbestimmte Rechtsbegriffe möglich, die eine Diskussion
im Einzelfall nicht unterbinden würden. Sachdienlicher sei
hier eine Bezugnahme auf die bisherigen Vorfälle, die zu
Sitzungsausschlüssen geführt hätten.
den. Regel vermieden werden. Sie stimmten jedoch der Möglich-
keit des nachträglichen Sitzungsausschlusses zu.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/13492

Die Vertreterin der Fraktion DIE LINKE. sah demgegen-
über keine Notwendigkeit, die bestehenden Ordnungsmittel
zu erweitern. Die bisherigen Ereignisse gäben hierfür kei-
nen Anlass.

Die Vertreterin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
lehnte ebenfalls eine Änderung der bestehenden Ordnungs-
regelungen ab. Vordringlich sei eine verbindliche Ausle-
gung des Merkmals „gröbliche Verletzung der Ordnung“ in
§ 38 Absatz 1 GO-BT. Im Übrigen stelle die Neuregelung
eine Verschärfung des Eingriffs in die Statusrechte der Ab-
geordneten dar, die verfassungsrechtlich bedenklich sei.

Zu der Regelung im Einzelnen (§ 38 Absatz 2 GO-BT)

Die neue Möglichkeit des nachträglichen Sitzungsaus-
schlusses greift die bereits bestehende Praxis eines nach-
träglichen Ordnungsrufs sowie die Regelung in § 119 Ab-
satz 2 GO-BT auf, nach der ein protokollierter Zwischenruf,
der dem Präsidenten entgangen ist, noch in der nächsten Sit-
zung gerügt werden kann. Zu der Regelung in § 119 GO-BT
hat der 1. Ausschuss in seiner Auslegungsentscheidung
11/22 klargestellt, dass die Ordnungsmaßnahme nicht später
als in der Sitzung erfolgen kann, die auf den Tag der Ver-
teilung des Plenarprotokolls folgt, in dem der zu beanstan-
dende Zwischenruf aufgenommen worden ist. Aus Gründen
der Rechtssicherheit für die Betroffenen soll ein nachträg-
licher Sitzungsausschluss jedoch nur bis zur nächsten auf
die gröbliche Verletzung der Ordnung folgenden Sitzung
des Bundestages möglich sein.

Im Gegensatz zum nachträglichen Ordnungsruf setzt der
nachträgliche Sitzungsausschluss auch voraus, dass noch
während der Sitzung die Verletzung der Ordnung vom am-
tierenden Präsidenten ausdrücklich festgestellt und auf die
Möglichkeit eines nachträglichen Sitzungsausschlusses hin-
gewiesen wird. Der Sitzungsausschluss als schärfste und
wegen des Ausschlusses von Abstimmungsrechten auch
nicht unumstrittene Ordnungsmaßnahme soll hier strenge-
ren Voraussetzungen unterstellt werden als der nachträg-
liche Ordnungsruf. Die Störer erhalten dadurch auch Gele-
genheit, durch ihr weiteres Verhalten (zum Beispiel sofor-
tige Beendigung der Störung oder Entschuldigung) die Ent-
scheidung über einen späteren Sitzungsausschluss noch zu
beeinflussen. Im Übrigen ist es kaum vorstellbar, dass eine
Verletzung der Ordnung einerseits so gravierend war, dass
sie für einen Sitzungsausschluss ausreicht, andererseits aber
während der Sitzung nicht aufgefallen ist.

Es ist allerdings nicht notwendig, dass der Präsident bereits
während der Sitzung die Ordnungsstörung als „gröbliche“
Verletzung der Ordnung im Sinne des § 38 Absatz 1 Satz 1
GO-BT bewertet und den oder die Störer sofort benennt.
Hierzu dient gerade die neue Entscheidungsfrist, die sowohl
zur rechtlichen Prüfung als auch dazu genutzt werden kann,
insbesondere durch Auswertung von Bildmaterial oder
sonstiger Hinweise, die Urheber der Störung zu ermitteln.
Während der Sitzung ist es vielmehr ausreichend, dass der
Präsident „eine Verletzung der Ordnung“ feststellt.

Durch die entsprechende Geltung des Absatzes 1 Satz 2
und 3 wird festgelegt, dass zusammen mit der späteren Ent-
scheidung über einen Sitzungsausschluss auch die Dauer
der Maßnahme (bis zu 30 Sitzungstage) bekannt gegeben

festgestellt hat. Die Entscheidung kann auch von anderen
Mitgliedern des Präsidiums während der späteren Sitzung in
seinem Namen bekannt gegeben werden.

Der neue Absatz 2 Satz 3 stellt klar, dass die Möglichkeit ei-
nes späteren Sitzungsausschlusses nicht durch andere Ord-
nungsmaßnahmen verbraucht wird. Dem amtierenden Präsi-
denten steht es vielmehr frei, die Verletzung der Ordnung
nach dem neuen Absatz 2 festzustellen und dies bereits mit
einem Ordnungsruf zu verbinden.

Bei den weiteren Änderungen handelt es sich um redaktio-
nelle Anpassungen.

Zu Buchstabe b der Beschlussempfehlung (Reden zu
Protokoll – § 78 GO-BT)

Beratungsanlass

In seiner 131. Sitzung am 30. November 2007 hat der Deut-
sche Bundestag auf Vorschlag des Ältestenrates eine nur
vorläufige Verfahrensordnung hinsichtlich der Abgabe von
Plenarreden zu Protokoll beschlossen. Danach konnte im
Ältestenrat für bestimmte Tagesordnungspunkte festgelegt
werden, dass anstelle einer Aussprache die jeweiligen Rede-
texte in angemessenem Umfang zu Protokoll gegeben wer-
den sollten. Ausdrücklich geregelt war zudem, dass auf ent-
sprechendes Verlangen zu einer Aussprache zurückgekehrt
werden sollte (vgl. im Einzelnen Amtliche Mitteilung des
Präsidenten vom 30. November 2007). Die vorläufige Ver-
fahrensordnung war seitdem erprobt worden und vielfach
zur Anwendung gekommen.

Die Fraktionen haben sich nunmehr darauf verständigt, dass
die erprobte Verfahrensordnung unverändert in die Ge-
schäftsordnung des Bundestages eingefügt werden soll. Der
1. Ausschuss wurde gebeten, eine entsprechende Ergänzung
der Geschäftsordnung vorzubereiten.

Beratungen im Ausschuss

Der Ausschuss hat die Änderung der Geschäftsordnung in
seiner 51. Sitzung in Geschäftsordnungsangelegenheiten am
6. Mai 2009 abschließend beraten und sich einvernehmlich
auf die obige Beschlussempfehlung geeinigt. Diese über-
nimmt mit nur redaktionellen Änderungen die bisherige
Verfahrensordnung und fügt die Regelung als neuen § 78
Absatz 6 in die Geschäftsordnung ein.

Bei den Beratungen wurde von allen Fraktionen als Ziel der
Regelung zum einen hervorgehoben, die zeitlichen Diffe-
renzen zwischen dem geplanten und dem tatsächlichen
Ende der Plenarsitzungen am Hauptsitzungstag, dem Don-
nerstag, zu verkleinern. Zum anderen soll bei Tagesord-
nungspunkten, bei denen ansonsten eventuell auf eine Aus-
sprache verzichtet würde, die Möglichkeit eröffnet werden,
der Öffentlichkeit zumindest schriftlich die inhaltlichen
Positionen der Fraktionen darzulegen.

Die intensive Nutzung dieser Möglichkeit habe gezeigt,
dass sich das Verfahren insgesamt bewährt habe. Es solle
damit neben die bisher bereits bestehende Möglichkeit
treten, kurzfristig interfraktionell zu vereinbaren, Reden zu
Protokoll zu geben. Auch solle die Möglichkeit beibehalten
werden, nur einzelne Reden zu einem Tagesordnungspunkt
zu Protokoll zu geben.
werden muss. Zuständig für die Entscheidung ist der amtie-
rende Präsident, der die Störung der Ordnung in der Sitzung

Im Ausschuss bestand auch Einigkeit darüber, dass eine
Einbeziehung der Reden von Redeprivilegierten (Mitglieder

Beratung bei der Formulierung von Gesetzestexten – schäftsordnungsangelegenheiten am 28. Mai 2009 beraten

§ 80a GO-BT)

Bestehende Rechtslage

Gesetzentwürfe der Bundesregierung müssen nach § 42 Ab-
satz 5 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundes-
ministerien (GGO) „sprachlich richtig und möglichst für
jedermann verständlich gefasst sein“. Sie sind grundsätzlich
dem Redaktionsstab der Gesellschaft für deutsche Sprache
beim Deutschen Bundestag zur Prüfung auf ihre sprachliche
Richtigkeit und Verständlichkeit zuzuleiten. Für die rechts-
förmliche Gestaltung der Gesetzentwürfe gilt das vom Bun-
desministerium der Justiz herausgegebene Handbuch der
Rechtsförmlichkeit (§ 42 Absatz 4 GGO), das auch Empfeh-
lungen zur sprachlichen Gestaltung von Gesetzen enthält.

Eine entsprechende Regelung für Gesetzentwürfe von Mit-
gliedern des Bundestages oder vom Bundesrat existiert
nicht. Eine Beteiligung des Redaktionsstabes der Gesell-
schaft für deutsche Sprache ist in der Geschäftsordnung des
Bundestages bisher nicht vorgeschrieben; sie ist daher nur
fakultativ und spielt in der parlamentarischen Praxis eine
eher untergeordnete Rolle.

Beratungen im Ausschuss

Die Förderung der sprachlichen Richtigkeit und Verständ-
lichkeit von Gesetzestexten ist ein besonderes Anliegen al-
ler Fraktionen im Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität
und Geschäftsordnung. Hierzu hat der Ausschuss im Jahr
2008 auch eine Delegationsreise in die Schweiz unternom-
men, um sich über die dortigen Verfahren zur sprachlichen
Kontrolle von Gesetzen und Verordnungen zu informieren.
Die hieraus gewonnenen Erkenntnisse waren für die wei-
teren Beratungen im Ausschuss besonders ergiebig. Als
nächsten Schritt zur Erreichung des Zieles strebt der Aus-
schuss nunmehr eine Änderung der Geschäftsordnung an.

Im Ausschuss bestand Einigkeit darüber, dass die als not-
wendig empfundene Verbesserung der sprachlichen Qualität
von Gesetzen aber nicht zu einer zeitlichen Verzögerung
oder Blockade des Gesetzgebungsverfahrens führen soll.
Deshalb soll die Einbeziehung des Redaktionsstabes stets
von einem ausdrücklichen Beschluss des federführenden
Ausschusses abhängig gemacht werden, um inhaltliche oder
zeitliche Besonderheiten bei Gesetzesvorhaben individuell
und angemessen berücksichtigen zu können.

Einigkeit bestand im Ausschuss auch darin, dass darüber
hinaus der Redaktionsstab auch sonst sprachliche Beratun-

und sich einvernehmlich auf die obige Beschlussempfeh-
lung geeinigt.

Zu der Regelung im Einzelnen (§ 80a GO-BT)

Zu Absatz 1 Satz 1

Anders als in der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bun-
desministerien wird der Redaktionsstab nur abstrakt be-
schrieben, um einen Anpassungsbedarf der Geschäftsord-
nung des Bundestages bei Änderungen zu vermeiden.

Nur aufgrund eines entsprechenden Beschlusses des feder-
führenden Ausschusses wird ein Gesetzentwurf vom Aus-
schusssekretariat dem Redaktionsstab mit der Bitte um Prü-
fung zugeleitet. Dadurch soll zum einen vermieden werden,
dass der Redaktionsstab unnötig belastet wird und zum an-
deren, dass besonders eilbedürftige Gesetzesverfahren sich
verzögern. Auch bei bereits sprachlich geprüften Gesetzent-
würfen, wie zum Beispiel Gesetzentwürfen der Bundes-
regierung oder erneut eingebrachten Gesetzentwürfen, kann
die Zuleitung unterbleiben. Der Ausschuss kann auch nur
Teile des Gesetzentwurfs dem Redaktionsstab zur Prüfung
zuleiten.

Liegt eine Stellungnahme des Redaktionsstabes nicht oder
nicht rechtzeitig vor, kann der federführende Ausschuss
auch ohne diese Stellungnahme den Gesetzentwurf ab-
schließend beraten und dem Plenum eine Beschlussempfeh-
lung vorlegen. Der Ausschuss ist nicht verpflichtet, in sei-
nem Bericht Angaben über die Durchführung der Prüfung
aufzunehmen oder einen Prüfungsverzicht zu begründen.

An die Empfehlungen des Redaktionsstabes ist der feder-
führende Ausschuss nicht gebunden.

Zu Absatz 1 Satz 2 und 3

Durch Satz 2 wird klar gestellt, dass der federführende Aus-
schuss im gesamten Verlauf seines Beratungsverfahrens den
Redaktionsstab hinzuziehen und insbesondere um Prüfung
von Änderungsanträgen bitten kann, die im Ausschuss ge-
stellt werden. Der Ausschuss kann auch eine Anwesenheit
von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Redaktionssta-
bes bei den Beratungen zulassen.

Zu Absatz 2

Der Redaktionsstab soll auch unabhängig von einem kon-
kreten Gesetzgebungsverfahren im Rahmen seiner Kapazi-
täten sprachliche Beratungen anbieten.

Berlin, den 28. Mai 2009

Bernhard Kaster
Berichterstatter

Dr. Ole Schröder
Berichterstatter

Christine Lambrecht
Berichterstatterin

Dr. Carl-Christian Dressel
Berichterstatter
Drucksache 16/13492 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

der Bundesregierung und ihre Beauftragten sowie Mitglie-
der des Bundesrates) sowie von Fraktionslosen selbstver-
ständlich und daher nicht regelungsbedürftig sei.

Zu Buchstabe c der Beschlussempfehlung (Sprachliche

gen anbieten soll. Auch eine sprachliche Schulung von
Fraktionsmitarbeitern, die mit Gesetzgebung betraut sind,
kann angeboten werden.

Der Ausschuss hat die entsprechenden Änderungen der Ge-
schäftsordnung abschließend in seiner 54. Sitzung in Ge-
Jörg van Essen
Berichterstatter

Dr. Dagmar Enkelmann
Berichterstatterin

Silke Stokar von Neuforn
Berichterstatterin

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