BT-Drucksache 16/13397

Bahnanbindung für den Flughafen Berlin Brandenburg International optimieren und beschleunigen

Vom 17. Juni 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13397
16. Wahlperiode 17. 06. 2009

Antrag
der Abgeordneten Winfried Hermann, Renate Künast, Hans-Christian Ströbele,
Wolfgang Wieland, Peter Hettlich, Bettina Herlitzius, Dr. Anton Hofreiter, Cornelia
Behm, Hans-Josef Fell, Ulrike Höfken, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Undine
Kurth (Quedlinburg), Nicole Maisch und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bahnanbindung für den Flughafen Berlin Brandenburg International optimieren
und beschleunigen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Eine attraktive Schienenverkehrsanbindung des Flughafens Berlin Branden-
burg International (BBI) zur Eröffnung ist aus ökologischen und verkehrstech-
nischen Gründen unerlässlich. Der Bund steht als Miteigentümer der Deut-
schen Bahn AG (DB AG) in besonderer Verantwortung, auf praktikable und
realisierbare Lösungen zu drängen. Es gilt, weitere Verzögerungen bei der
Erschließung durch die Schiene zu vermeiden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. gemeinsam mit den Ländern Berlin und Brandenburg sowie der Deutschen
Bahn AG zeitnah zur Eröffnung des Flughafens BBI attraktive umsteigefreie
Schienenanbindungen mit kundenfreundlichen Taktfrequenzen und kurzen
Fahrzeiten sicherzustellen (vor allem zwischen Hauptbahnhof–BBI, Süd-
kreuz–BBI sowie Zoologischer Garten–Stadtbahn–BBI);

2. gemeinsam mit den Ländern Berlin und Brandenburg das laufende Plan-
feststellungsverfahren für die Dresdner Bahn abzubrechen und eine bürger-
freundliche Neuplanung vorzunehmen, die den Interessen der Anwohner und
Anwohnerinnen durch umfangreiche Maßnahmen zum Lärmschutz besser
gerecht wird als die geplante ebenerdige Trassenführung, insbesondere im
Kernbereich Lichtenrade;

3. sich für eine direkte S-Bahn-Anbindung der östlichen Stadtbezirke Berlins an
den Flughafen BBI einzusetzen und mit dem Berliner Senat Verhandlungen
darüber aufzunehmen;

4. die bislang für den Weiterbau der Bundesautobahn 100 vorgesehenen Bundes-
mittel in Höhe von 420 Mio. Euro vorzugsweise für Schienenprojekte in Berlin
zur Entwicklung einer „Leitmetropole klimagerechte Mobilität“ umzu-
schichten;

5. diese Mittel für die Fertigstellung des Eisenbahnknotens Berlin einzusetzen,
insbesondere für die Schienenanbindung des neuen Flughafens BBI über die
Dresdner Bahn (mit Lärmschutz), eine direkte Schienenanbindung der bevöl-

Drucksache 16/13397 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

kerungsreichen östlichen Bezirke zum BBI und die Verbesserung der Infra-
struktur der S-Bahn;

6. für den wahrscheinlichen Fall, dass die auszubauenden Strecken (insbeson-
dere die Dresdner Bahn) nicht rechtzeitig fertiggestellt werden, fahrzeugtech-
nische Übergangslösungen mit sogenannten Zweisystem-S-Bahnen (Ham-
burger Modell) anzustreben, die sowohl auf den Strecken der S-Bahn als auch
der Fernbahn verkehren können und die eine umsteigefreie Nord-Süd-Ver-
bindung des Flughafens BBI vom Bahnhof Gesundbrunnen bzw. vom Haupt-
bahnhof über die Stationen Potsdamer Platz und Südkreuz ermöglichen wür-
den;

7. sich aus Umwelt- und Kostengründen für die im Planfeststellungsverfahren
vorgeschlagene alternative Ostanbindung der Fernbahn zum Flughafen BBI
entlang der neu gebauten Autobahntrasse der Bundesautobahn 113 einzu-
setzen und auf die Führung durch den Bohnsdorfer Wald zu verzichten;

8. durchzusetzen, dass bei der S-Bahn-Anbindung in Richtung Norden auf dem
geplanten acht Kilometer langen Umweg (die sogenannte S-Bahn-Schleife)
durch das Land Brandenburg verzichtet und eine direkte Verbindung in Rich-
tung Grünauer Kreuz gewählt wird.

Berlin, den 17. Juni 2009

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

Begründung

Zur Eröffnung des Flughafens Berlin Brandenburg International (BBI) im Jahr
2011 soll die Hälfte aller Fluggäste laut Planungen der Länder Berlin und Bran-
denburg mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen. Doch obwohl Investitions-
mittel in Höhe von 636 Mio. Euro in die Bahnanbindung des Flughafens fließen,
wird er zur Eröffnung nicht über eine schnelle und attraktive Bahnverbindung
zu erreichen sein. Es ist beim derzeitigen Planungsstand ungewiss, wann der
ursprünglich geplante Airport-Express (BBI-Shuttle) zwischen dem Berliner
Hauptbahnhof und dem Flughafen BBI seinen Betrieb aufnehmen kann.

Seit Jahren verzögert sich der Planfeststellungsbeschluss über den dafür not-
wendigen Ausbau der Trasse der Dresdner Bahn, da die DB AG keinen optima-
len Lärm- und Erschütterungsschutz an der Trasse vorsieht. Falls die DB AG die
von den Anwohnern und Anwohnerinnen geforderte „Tunnellösung“ im Kern-
bereich von Lichtenrade weiter ablehnt, sind bereits Musterklagen angekündigt
(DER TAGESSPIEGEL, 22. April 2008). Damit würde sich die Fertigstellung
dieser Bahnanbindung weiter verzögern.

Als Ersatzlösung sollen deshalb ab 2011 stündlich vier Regionalzüge vom Haupt-
bahnhof zum Flughafen BBI eingesetzt werden. Zwei Züge sollen über die Trasse
der Berliner Stadtbahn fahren und zwei Züge den Umweg über die Strecke der
Anhalter Bahn nehmen (www.s-bahn-berlin.de). Das ist wenig kundenfreund-
lich, denn am Hauptbahnhof starten die Züge jeweils auf unterschiedlichen
Ebenen, und durch Umwege und Baumaßnahmen am Bahnhof Ostkreuz müssen
die Fahrgäste längere Fahrzeiten und mögliche Zugausfälle in Kauf nehmen.

Für einen Großflughafen müssen verträgliche und umsteigefreie Anbindungen
der Stadtteile geschaffen werden.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/13397

Da sich die schnelle Schienenanbindung vom Hauptbahnhof über die Dresdner
Bahn noch Jahre verzögern wird, sind alternative Lösungen erforderlich. Zu-
allererst müssen an der Stadtbahn die Langsamfahrstellen beseitigt und marode
Abschnitte saniert werden.

Für eine Übergangszeit sollen Zweisystem-S-Bahnen zum Einsatz kommen.
Diese verfügen über die technischen Möglichkeiten, sowohl im mit Gleichstrom
(Stromschiene) betriebenen Berliner S-Bahn-Netz als auch mit Wechselstrom
aus der Oberleitung im Fernverkehrsnetz zu verkehren. In Hamburg wurden mit
diesen Bahnen in den letzten anderthalb Jahren große Fahrgastzuwächse er-
reicht. Inzwischen hat Hamburg die Taktfrequenzen verstärkt und plant einen
weiteren Ausbau der Linien.

In Berlin könnten diese Bahnen auf den Fernbahngleisen von Gesundbrunnen
über Hauptbahnhof, Potsdamer Platz und Südkreuz verkehren, dann auf die
vorhandenen S-Bahn-Gleise auf der Dresdner Bahn wechseln und hinter Lich-
tenrade erneut über die neu zu bauende Mahlower Kurve zum Flughafen
BBI führen. Die Fahrzeit vom Flughafen BBI bis zum Hauptbahnhof läge
unter 30 Minuten. Das System könnte in weniger als drei Jahren verfügbar
sein. Gleichzeitig würden diese Zweisystem-S-Bahnen die Nahverkehrsanbin-
dung des Hauptbahnhofes in Nord-Süd-Richtung in der kürzest möglichen
Zeit garantieren. Auf den 500 Mio. Euro teuren S21-Tunnel, der erst in Jahr-
zehnten fertiggestellt werden kann, könnte somit verzichtet werden.

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