BT-Drucksache 16/13168

Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 23. bis 27. Juni 2008 in Straßburg

Vom 27. Mai 2009


Dem Europarat als älteste zwischenstaatliche Organisa-
tion Europas gehören 47 Mitgliedstaaten an. Ziele des
Europarates sind der Schutz der Menschenrechte, der plu-
ralistischen Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Die
Parlamentarische Versammlung (ER PV) war das erste
parlamentarische Gremium auf europäischer Ebene nach
dem Zweiten Weltkrieg und stellt heute das größte politi-
sche Forum Europas dar. Ihr gehören 318 Parlamentarier
aus den Mitgliedstaaten des Europarates an.

Die Parlamente von Kanada, Israel und Mexiko haben bei
der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ei-
nen Beobachterstatus. Der Sondergaststatus des Parla-
ments von Weißrussland wurde am 13. Januar 1997 auf-

Abg. Eduard Lintner (CDU/CSU)

Abg. Ingo Schmitt (CDU/CSU)

II. Schwerpunkte der Beratungen
Die Entschließungen und Empfehlungen der dritten Teil-
sitzung der Parlamentarischen Versammlung des Europa-
rates (ER PV) vom 23. bis 27. Juni 2008 in Straßburg sind
ebenso wie die Reden und Fragen der Mitglieder der
deutschen Delegation in den Kapiteln V und VI im Wort-
laut abgedruckt.

Zentrales Thema der Teilsitzung war die Lage der
Demokratie in Europa.
Deutscher Bundestag Drucksache 16/13168
16. Wahlperiode 27. 05. 2009

Unterrichtung
durch die Delegation der Bundesrepublik Deutschland in der Parlamentarischen
Versammlung des Europarates

Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
vom 23. bis 27. Juni 2008 in Straßburg

I n h a l t s v e r z e i c h n i s

Seite

I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

II. Schwerpunkte der Beratungen . . . . . . . . 1

III. Entschließungen und Empfehlungen . . . 9

IV. Redebeiträge deutscher
Parlamentarier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

V. Ausgewählte Reden . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

VI. Mitgliedsländer und Funktionsträger . . . 81

I. Einleitung

Abg. Joachim Hörster (CDU/CSU), Leiter der Delega-
tion

Abg. Dr. Wolfgang Wodarg (SPD), stellvertretender
Leiter der Delegation

Abg. Ulrich Adam (CDU/CSU)

Abg. Doris Barnett (SPD)

Abg. Marieluise Beck, (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Abg. Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD)

Abg. Hubert Deittert (CDU/CSU)

Abg. Detlef Dzembritzki (SPD)

Abg. Axel Fischer (CDU/CSU)

Abg. Holger Haibach (CDU/CSU)

Abg. Dr. Hakki Keskin (DIE LINKE)

Abg. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP)
gehoben. Das Land ist aber Beitrittskandidat.

Der Deutsche Bundestag ist mit einer 18-köpfigen Dele-
gation vertreten. Die Deutsche Delegation wird in der
16. Wahlperiode von Abg. Joachim Hörster geleitet.

An der dritten Teilsitzung der ER PV vom 23. bis 27. Juni
2008 nahmen folgende Mitglieder der deutschen Delega-
tion teil:

Es wurden in der Versammlung Dringlichkeitsdebatten zu
den Themen „Umsetzung der Entschließung 1609
(2008) durch Armenien“ und zum „Funktionieren der
demokratischen Institutionen in der Türkei“ geführt.

Weiterhin wurde im Vorfeld der Olympischen Spiele die
politische Situation in China und insbesondere die dortige
Lage der Menschenrechte debattiert.

Drucksache 16/13168 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Darüber hinaus wurden unter anderem Berichte zur
Gleichstellungspolitik, zu Aspekten der Umwelt- und
Wirtschaftspolitik, zum Schutz von Kindern gegen Ge-
walt, zur Arbeit des Internationalen Roten Kreuzes sowie
zu einer Reihe von Regionalkonflikten behandelt.

Eine Reihe von Persönlichkeiten sprachen zu der Ver-
sammlung: Jean Lemierre, Präsident der Europäischen
Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, Jan Niessen,
Direktor der Migration Policy Group, Miklos Marschall,
Regionaldirektor von Transparency International für
Europa und Zentralasien, Jakob Kellenberger, Präsident
des Internationalen Roten Kreuzes und Boris Tadić Prä-
sident von Serbien.1

In der Teilsitzungswoche fand eine Konferenz zum
Thema „Besondere Herausforderungen für die Demo-
kratien in Europa – Vielfalt und Migration sowie
Maßnahmen zur Verbesserung der demokratischen
Mitwirkung von Migranten“ statt, die gemeinsam vom
Politischen Ausschuss und dem Ausschuss für Wanderbe-
wegungen, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen durch-
geführt wurde. Zu der Konferenz waren auch Vertreter zi-
vilgesellschaftlicher Organisationen eingeladen.

1. Dringlichkeits- und Aktualitätsdebatten

1.1 Die Umsetzung der Entschließung 1609
(2008) der Versammlung durch Armenien
(Entschließung 1620)

Die Berichterstatter des Monitoringausschusses Georges
Colombier (Frankreich) und John Prescott (Vereinigtes
Königreich) nannten in ihrem Bericht an die Versamm-
lung eine Reihe von Bedingungen, die erfüllt werden soll-
ten, um eine Lösung der politischen Krise in Armenien
nach den Präsidentschaftswahlen zu erreichen. Hierzu ge-
hörte die Freilassung aller Personen, die aufgrund von of-
fenbar erfundenen und politisch motivierten Anklagen
verhaftet worden seien und die persönlich keine gewalttä-
tigen Handlungen oder schwerwiegende Straftaten began-
gen hätten. Falls diese Voraussetzungen nicht erfüllt wür-
den, sollte der armenischen Delegation möglicherweise
das Stimmrecht entzogen werden.

In der einstimmig angenommenen Entschließung unter-
stützt die Versammlung diese Position. Gleichzeitig be-
grüßt sie, im Zusammenhang mit der Entschließung 1609
(2008), die Änderung eines Gesetzes in Armenien, das
die Versammlungsfreiheit nach den Normen des Europa-
rates regelt. Allerdings wird darauf hingewiesen, dass die
Änderungen nun in die Praxis umgesetzt werden müssten.
Weiterhin befürwortet die Versammlung die Einsetzung
eines Ad-hoc-Ausschusses in der armenischen National-
versammlung „zur Untersuchung der Ereignisse vom
1. und 2. März 2008 sowie der Umstände, die zu ihnen
führten“. Aufgrund der kurzfristigen Einsetzung des Aus-

schusses könnten die Ergebnisse jedoch noch nicht ab-
schließend beurteilt werden.

Alle politischen Kräfte werden nachdrücklich zu einer
Beteiligung am politischen Dialog aufgefordert. Gleich-
zeitig wird bedauert, dass nicht alle oppositionellen
Kräfte die Wahlergebnisse anerkannt hätten und einige
sich dem Dialog mit den Behörden verweigerten. Grund-
sätzlich werden die erzielten Fortschritte in Armenien
von der Versammlung nicht als ausreichend zur Erfüllung
der in Entschließung 1609 dargelegten Forderungen an-
gesehen. Aufgrund dessen wird die Versammlung sich
dieses Themas im Januar 2009 nochmals annehmen.

Die Entschließung wurde einstimmig verabschiedet.

1.2 Dringlichkeitsdebatte zum Thema „Das
Funktionieren der demokratischen
Institutionen in der Türkei: Aktuelle
Entwicklungen“ (Entschließung 1622)

Berichterstatter für den Monitoringausschusses war Luc
Van den Brande (Belgien). Er begrüßte grundsätzlich
eine Reihe von Fortschritten in der Türkei, die unter der
Regierung Erdogan erzielt worden seien.

In der Debatte führte Abg. Dr. Hakki Keskin aus, dass
der Verbotsantrag gegen eine Regierungspartei zunächst
schwer nachvollziehbar sei. Er befürchtete auch, dass die
politische Stabilität des Landes durch das Verfahren mög-
licherweise in Gefahr gerate. Andererseits betonte er,
dass Laizismus in einem Staat, dessen Bevölkerung zum
großen Teil moslemischen Glaubens sei, von grundlegen-
der Bedeutung sei. Gewaltenteilung gehöre zu den
Grundfundamenten eines demokratischen Rechtsstaates.
Dies bedeute auch, dass die Justiz das Recht habe, die
Gesetze des Parlamentes und die Handlungen der Regie-
rungen zu kontrollieren.

In der im Anschluss der Debatte mit großer Mehrheit an-
genommenen Entschließung 1622 bezieht sich die Parla-
mentarische Versammlung auf Entschließung 1380, in der
auf Basis eines Monitoringverfahrens die Einhaltung der
Pflichten und Verpflichtungen der Türkei beschlossen
wurde.

Die Versammlung bekennt sich in der Entschließung zum
Grundsatz der Säkularität, merkt aber an, dass dieses
Prinzip nicht auf politische Parteien übertragbar sei, da es
sehr viele Parteien gebe, die sich auf moralische Werte ei-
ner Religion beriefen. Weiterhin wird festgestellt, dass
vor allem das Prinzip der Verhältnismäßigkeit gewahrt
werden müsse. Die Auflösung einer Partei sollte nur in
den schwerwiegendsten Fällen angewendet werden. Es
wird weiter darauf hingewiesen, dass es in der Türkei
schon häufiger zu einem Verbot politischer Parteien ge-
kommen sei. Hier habe in fast allen Fällen ein Verstoß ge-
gen Artikel 11 der Europäischen Menschenrechtskonven-
tion vorgelegen. Vor dem Hintergrund der Ereignisse
fordert die Versammlung eine vollständige Überarbeitung
der türkischen Verfassung von 1982, mit dem Ziel einer1 Weitere Informationen zu der 3. Teilsitzungswoche 2008 befinden

Übernahme aller Normen des Europarates. Hierzu sollten
alle gesellschaftlichen Akteure miteinbezogen werden

sich unter http://www.coe.int/t/d/Parlamentarische_Versammlung/
hier: Sommersitzung Juni 2008

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/13168

und eine enge Zusammenarbeit mit der Venedig-
Kommission stattfinden. Der Monitoringausschuss wird
gebeten, den Post-Monitoring-Dialog mit der Türkei zu
vertiefen und gegebenenfalls die Möglichkeit der Wieder-
einleitung des Monitoringverfahrens in Betracht zu zie-
hen.

2. Bericht des Vorsitzenden des Minister-
rates, Carl Bildt, Außenminister des
Königreiches Schweden

Als Vertreter des Ministerrates des Europarates gab des-
sen Vorsitzender, der schwedische Außenminister Carl
Bildt, einen Bericht an die Versammlung, der im An-
schluss diskutiert wurde.

Zu dem Bericht hatte Abg. Dr. Herta Däubler-Gmelin
die Frage gestellt, welche Möglichkeiten der Vorsitzende
des Ministerkomittees sehe, das Inkrafttreten des Zusatz-
protokolls 14 zur Europäischen Konvention zum Schutz
der Menschenrechte zu forcieren und welche Maßnahmen
er sich zur Stärkung der beiden zentralen Institutionen des
Europarates, dem Europäischen Gerichtshof für Men-
schenrechte und dem Kommissar für Menschenrechte,
vorstellen könne. Außenminister Bildt unterstrich, dass
die Ratifizierung des Protokolls Nummer 14 von überra-
gender Bedeutung sei. Er gab sich zuversichtlich, dass ein
neues Interesse an dem Thema Rechtsstaatlichkeit in
Russland neue Möglichkeiten in dieser Hinsicht eröffnen
werde. Alle Beteiligten sollten die große Bedeutung
nationaler Anstrengungen für die Gewährleistung des
Schutzes der Menschenrechte betonen, sodass die Kon-
vention auf nationaler Ebene umgesetzt werden könne.
Dieses sei einer der wirksamsten Wege, den Gerichtshof
vor einer exzessiven Arbeitslast zu bewahren. Die Minis-
ter hätten hierzu auf ihrer Sitzung eine Bestandsaufnahme
vorgenommen und ein Kolloquium zu diesem Thema ini-
tiiert. Die Schlussfolgerungen aus dem Kolloquium wür-
den bei der weiteren Reformarbeit berücksichtigt.

Abg. Joachim Hörster wies in seiner Frage auf die Viel-
zahl offener Konflikte in Europa und insbesondere auf
den Zypernkonflikt hin und stellte die Frage, welche
Rolle der Europarat bei der Lösung solcher Konflikte
spielen könne. In seiner Antwort hob Außenminister
Bildt hervor, dass für ihn die Lösung des Zypernkonflik-
tes oberste Priorität habe. Die Überwindung der Teilung
der Insel und der Hauptstadt Nikosia stelle nicht nur für
Zypern selbst, sondern für die gesamte Region eine be-
sondere Herausforderung dar. Aus seiner Sicht sei eine
Vernetzung aller Institutionen und Instrumente in Europa
und in der NATO, wie beispielsweise bei der Lösung des
Kosovokonfliktes, notwendig.

3. Themenschwerpunkt „Lage der
Demokratie in Europa“

Im Rahmen der Debatte zum Themenschwerpunkt Lage
der Demokratie in Europa der dritten Teilsitzung 2008

3.1 Besondere Herausforderungen für
europäische Demokratien: Vielfalt und
Migration (Entschließung 1617 und
Empfehlung 1839) und

3.2 Maßnahmen zur Verbesserung der
demokratischen Mitwirkung von Migranten
(Entschließung 1618 und Empfehlung
1840)

Die beiden Berichte wurden nacheinander vorgestellt und
anschließend gemeinsam debattiert und verabschiedet.

In seinem Bericht „Besondere Herausforderungen für
europäische Demokratien: Vielfalt und Migration“
unterstrich der Berichterstatter für den Politischen Aus-
schuss Andreas Gross (Schweiz), dass die kulturelle
Vielfalt als fester Bestandteil der europäischen Kultur in
Zeiten der Globalisierung und Modernisierung nicht mehr
wegzudenken sei. Schätzungsweise 64,1 Millionen
Migrantinnen und Migranten lebten derzeit in Europa.
Dies mache 8,8 Prozent der europäischen Bevölkerung
aus und die Tendenz sei steigend. Zu kritisieren sei, dass
noch immer eine unterschiedliche Behandlung zwischen
Migranten aus Europa und Migranten aus Drittstaaten er-
folge.

In seinem Bericht „Maßnahmen zur Verbesserung der
demokratischen Mitwirkung von Migranten“ für den
Ausschuss für Wanderbewegungen, Flüchtlings- und Be-
völkerungsfragen hob John Greenway (Großbritannien)
hervor, dass es in den Mitgliedstaaten des Europarates
verschiedene Möglichkeiten der politischen Teilhabe für
Migrantinnen und Migranten gebe. Insgesamt werde die
Teilhabe von Migranten am politischen Leben in Europa
aber als äußerst unbefriedigend eingeschätzt.

Zu diesem Themenbereich sprach auch Jan Niessen,
Direktor des Forschungsinstitutes „Migration Policy
Group“, Brüssel.

In der Debatte hob Abg. Dr. Hakki Keskin hervor, dass
die Erleichterung des Erwerbs der jeweiligen Staatsbür-
gerschaft eine zentrale Funktion in den Einwanderungs-
ländern habe. Nur durch den Erwerb der Staatsbürger-
schaft könnten Migrantinnen und Migranten in allen
Bereichen der Gesellschaft, in der sie leben, gleiche
Rechte erhalten. Ein Haupthindernis für die Beteiligung
von Migranten am politischen Leben sei der Zwang, die
bisherige Staatsbürgerschaft aufgeben zu müssen.

Abg. Eduard Lintner unterstrich, dass es beim Monito-
ring des Europarates zu diesem Themenbereich keine sig-
nifikanten Unterschiede zwischen Alt und Neu, zwischen
Ost und West gebe. Er wies auf die Rechtslage in
Deutschland hin und führte aus, dass das Recht auf Teil-
nahme an Wahlen in Deutschland nicht unterschiedslos
allen Migranten zugebilligt werden könne. Das Verhältnis
zwischen Staat und seinen Bürgern sei nach deutscher
Rechtsauffassung mehr als die bloße Präsenz in einem
Mitgliedstaat. Sie setze eine engere Bindung voraus, die
wurden Entschließungs- und Empfehlungsentwürfe zu
drei Themenbereichen debattiert.

auch von längerer Dauer sein sollte. Abschließend wies er
auf eine Reihe von Änderungsanträgen auch von Mitglie-

Drucksache 16/13168 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

dern der deutschen Delegation hin, die diese Gedanken
verfolgten.

Abg. Holger Haibach hob hervor, dass, aufgrund des ho-
hen Anteils von Bürgern mit Migrationshintergrund, in
Deutschland die Frage der Migration und der Integration
ein zentrales Anliegen der Politik sei. Durch die Zuwan-
derung habe sich Deutschland verändert. Deshalb sei es
richtig, dass das kommunale Wahlrecht für diejenigen,
die aus den Staaten der Europäischen Union kamen, ver-
ankert sei. Die Frage der doppelten Staatsbürgerschaft sei
anders gelagert. Es stelle sich darüber hinaus, nicht zu-
letzt aufgrund des Gleichheitsgrundsatzes, die Frage, ob
Bürger mit doppelter Staatsangehörigkeit dann auch je-
weils über ein Wahlrecht verfügen sollten.

In der anschließenden Debatte über eine Reihe von Ände-
rungsanträgen unterstrichen die Abg. Dr. Hakki Keskin
und Eduard Lintner ihre unterschiedlichen Standpunkte
in der Frage einer doppelten Staatsbürgerschaft.

In der mit großer Mehrheit mit Änderungen angenomme-
nen Entschließung „Besondere Herausforderungen für
die europäischen Demokratien: Vielfalt und Migra-
tion“ werden die marginale Beteiligung von Einwanderern
am politischen Leben und die äußerst seltene Bekleidung
öffentlicher Ämter durch Menschen mit Migrationshin-
tergrund kritisiert. Ferner werden das Verbot einer dop-
pelten Staatsbürgerschaft, das Versagen von Wahlrechten
und die Erschwerung des Erwerbs der Staatsbürgerschaft
des Aufenthaltslandes beanstandet.

In der Empfehlung wird das Ministerkomittee aufgefor-
dert, europaweit ein Registrierungssystem einzurichten,
dass es ermöglicht, statistische Daten über die jeweiligen
Migrantengruppen zu erheben und so den jeweiligen
Sachstand messbar zu machen.

Änderungsanträge, die das Ziel hatten, die Forderung des
Erwerbs einer doppelten Staatsangehörigkeit nicht festzu-
schreiben, fanden keine Mehrheit.

Die mit großer Mehrheit und einer Reihe von Änderun-
gen angenommenen Entschließung und Empfehlung zu
Maßnahmen zur Verbesserung der demokratischen
Mitwirkung von Migranten legt ein besonderes Augen-
merk auf folgende Forderungen:

– Förderung von Integration, nicht aber Assimilation
von Migrantinnen und Migranten

– Förderung von Akzeptanz auf Seiten der Mehrheitsbe-
völkerung

– Gezielter Sprachunterricht als der Schlüssel für eine
erfolgreiche Integration

– Bekämpfung von Rassismus, Antisemitismus, Frem-
denfeindlichkeit, Intoleranz und Islamophobie

– Gleichstellung am Arbeitsplatz.

Die Mitgliedstaaten werden aufgerufen, Kindern aus Fa-
milien mit Migrationshintergrund alle Hindernisse, die
noch ihren Eltern das Leben erschwerten, zu ersparen.

dien werden aufgerufen, Migranten nicht zu stigmatisie-
ren und keine Feindbilder zu schaffen. Die Versammlung
ruft die Mitgliedstaaten auf, alle in dem Zusammenhang
stehenden Konventionen zu ratifizieren und einzuhalten.

In der Empfehlung wird der Ministerrat aufgefordert,
nachgeordnete Institutionen anzuweisen zu untersuchen,
welche Hemmnisse für eine bessere Partizipation von Mi-
grantinnen und Migranten am öffentlichen Leben bestün-
den.

3.3 Die Arbeitsweise demokratischer
Institutionen in Europa und der Fortgang
des Monitoringsverfahrens der
Versammlung (Entschließung 1619 und
Empfehlung 1841)

Serhiy Holovaty (Ukraine) stellte für den Monitoring-
ausschuss den Bericht vor und unterstrich die intensive
Arbeit des Ausschusses. So hätten Monitoringverfahren
in Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Bosnien und Her-
zegowina, Georgien, Moldau, Monaco, Montenegro,
Russland, Serbien und der Ukraine stattgefunden.

Zu diesem Thema gab für Transparency International
Miklos Marschall, Regionaldirektor für Europa und
Zentralasien, ein Statement ab.

Abg. Dr. Wolfgang Wodarg erläuterte in der Debatte,
dass der Monitoringprozess des Europarates historisch
gewachsen sei. Im Gegensatz zu den sich schnell verän-
dernden Marktmechanismen, die unser Leben heute be-
stimmten, sei die Schaffung gemeinsamer demokratischer
Prinzipien ein weitaus langwierigerer Prozess. Die Glo-
balisierung mache es notwendig, trotz aller unterschied-
lichen historischen Erfahrungen ein gemeinsames
Verständnis von Demokratie zu entwickeln. Die skandi-
navischen Länder hätten gezeigt, wie man wirtschaftlich
stark sein, trotzdem aber auch einen gesellschaftlichen
Zusammenhalt organisieren könne. Notwendig sei ein
„Best-Practice-Monitoring“, welches in die Zukunft ge-
richtet sei.

In der geänderten und mit großer Mehrheit angenomme-
nen Entschließung wird hervorgehoben, dass Ereignisse
wie die Auflösung des ukrainischen Parlaments im April
2007 oder die Ausrufung des Notstandes in Armenien im
Februar 2008 nach den Wahlen Anlass zur Sorge gäben.
Die Rolle des Parlaments sei in Albanien und Moldau ge-
stärkt worden. Dagegen sei in Armenien, Aserbaidschan,
Georgien, Monaco, Russland und der Ukraine eine Kon-
trolle der Regierung durch die Legislative rudimentär bis
nicht existent. In Bosnien und Herzegowina, Monaco und
der Ukraine seien verfassungsrechtliche Reformen zur
Implementierung der Gewaltenteilung dringend erforder-
lich. Die Neutralität der Judikative sei in Armenien, Aser-
baidschan, Bulgarien, Georgien, Monaco, Montenegro,
Serbien, Russland und der Ukraine zu schwach ausge-
prägt.

Im Zeitraum der Berichterstattung von April 2007 bis
Juni 2008 hätten in den meisten Staaten, die einem Moni-
Hierzu zählten auch eine erleichterte Einbürgerung und
die Akzeptanz von zwei Staatsbürgerschaften. Die Me-

toring unterzogen worden seien, Parlaments- oder Präsi-
dentschaftswahlen stattgefunden.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/13168

Wahlreformen seien vor allem im Hinblick auf den zu ho-
hen Schwellenwert zum Einzug ins Parlament in Russ-
land und der Türkei notwendig. In anderen Staaten wie
Albanien und Georgien sei das Fehlen von Wählerlisten
zu kritisieren. In Armenien, Aserbaidschan, Georgien und
Russland seien Oppositionelle eingeschüchtert worden.
Der mangelnde Medienpluralismus sei in unterschiedli-
cher Ausprägung in Armenien, Aserbaidschan, Moldau
und Russland zu beobachten. Vor allem in Russland, der
Türkei und Aserbaidschan müssten kritische Journalisten
mit strafrechtlicher Verfolgung, Einschüchterung, Inhaf-
tierung und körperlicher Gewalt rechnen. Im Hinblick auf
Italien wird die Monopolisierung im TV-Sektor kritisiert.

In der Empfehlung wird der Ministerrat aufgefordert, na-
tionale Standards zu schaffen bzw. aufrechtzuerhalten, die
dem Europarat seine Funktion als Beobachter weiterhin
ermöglichen und vereinfachen. Außerdem sollten natio-
nale Parlamente regelmäßig durch die Regierung über die
Umsetzung von Europaratsmaßnahmen informiert wer-
den.

4. Debatte zur politischen Situation in China
(Entschließung 1621)

Der Berichterstatter des Politischen Ausschusses, Jean-
Claude Mignon (Frankreich), sprach China Anerken-
nung für die erzielten ökonomischen Fortschritte der letz-
ten Jahre aus. Trotz allem sollten nun Reformen des poli-
tischen Systems folgen. Die Vorteile der wirtschaftlichen
Entwicklung müssten der gesamten Bevölkerung zu Gute
kommen.

Abg. Holger Haibach wies in der Debatte darauf hin,
dass es im Vorfeld auch Diskussionen darüber gegeben
hätte, ob man im Europarat über und mit China reden
solle, wobei er die grundsätzliche Notwendigkeit einer
Debatte mit China unterstrich. Ein Bereich für einen Ge-
dankenaustausch sei die Diskussion um die unterschiedli-
chen Konzepte von Entwicklungspolitik, insbesondere im
Hinblick auf Afrika. Ein anderer wichtiger Diskussions-
punkt sei die Lage der Menschenrechte in China selbst.
Dabei gehe es nicht um die Nivellierung kultureller Un-
terschiede, sondern um die Einhaltung eingegangener
Verpflichtungen. Dies gelte sowohl für den Europarat,
aber auch für alle anderen internationalen Kontexte. Hier-
bei sei es wichtig, von einer kurzfristigen, ereignisbezo-
genen Betrachtungsweise wie der Olympiade in China
abzusehen und dagegen einen langfristigen Ansatz zu fin-
den, der die Interessen aller Beteiligter in Betracht ziehe.

In der einstimmig angenommenen Entschließung erkennt
die Versammlung kulturelle Unterschiede an und sieht sie
als Bereicherung. Gleichwohl seien die Grundrechte der
Menschen universell und daher sei es die Pflicht der Ver-
sammlung, Besorgnis über die Lage in Bezug auf Men-
schenrechte und Demokratie zu äußern. Es wird als sinn-
voll erachtet, in einen Dialog mit der chinesischen
Regierung einzutreten, in dem Fragen von gemeinsamem
Interesse erörtert werden sollten. Die Erwartungen, die an
China, vor allem auch als Ausrichter der Olympischen

heit seien immer noch nicht garantiert, Presse und Inter-
net werden zensiert, die Todesstrafe würde angewandt.
Auch seien willkürliche Verhaftungen, Inhaftierungen,
Folter und Bedrohung von Menschenrechtsaktivisten an
der Tagesordnung.
Die Versammlung fordert die Mitgliedstaaten, die Euro-
päische Union und die internationale Gemeinschaft auf,
weiter mit China im Gespräch zu bleiben und in Berei-
chen von globaler Bedeutung wie Klimawandel, Terroris-
mus und Menschenhandel, gemeinsame Lösungs-
strategien zu entwickeln. Auch solle versucht werden,
greifbare Fortschritte auf dem Gebiet von Menschenrech-
ten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu erzielen.
Die chinesische Regierung wird aufgefordert, in einen of-
fenen und ehrlichen Dialog mit den Mitgliedstaaten des
Europarates zu treten, die Allgemeine Erklärung der
Menschenrechte zu beachten sowie Reformen bezüglich
der Achtung der Menschenrechte, Demokratie und
Rechtsstaatlichkeit umzusetzen. Weiterhin solle China
konkrete Maßnahmen treffen, um die Grundfreiheiten zu
gewährleisten, das Vorgehen gegen Menschenrechtsakti-
visten zu beenden und den Dialog mit den Vertretern des
tibetischen Volkes fortzusetzen. In diesem Zusammen-
hang wird der chinesischen Seite die Einsetzung einer
Wahrheits- und Versöhnungskommission vorgeschlagen.
In der dritten Teilsitzungswoche wurden die folgenden
weiteren Entschließungen und Empfehlungen diskutiert
und beschlossen:

1. Die Bekämpfung von Umweltschäden im
Schwarzen Meer (Empfehlung 1837)

Der Berichterstatter des Ausschusses für Umwelt, Land-
wirtschaft und kommunale und regionale Angelegenhei-
ten, Herr Laurenţiu Mironescu, unterstrich, dass die
Schwarzmeer-Region für Europa von fundamentaler Be-
deutung sei. Vor diesem Hintergrund habe der Schutz der
Umwelt in der Region einen besonderen Stellenwert, zu-
mal die Öl- und Erdgasförderung eine Belastung der Um-
welt darstelle.
Die ohne Änderung einstimmig angenommene Empfeh-
lung erläutert, dass das Schwarze Meer durch seine Lage
zwischen Osteuropa, dem Kaukasus und Asien eine Ver-
bindung zwischen unterschiedlichen Religionen und
Kulturen darstelle. Es gebe bereits verschiedene Koope-
rationsmodelle in der Region. Diese hätten zwar eine
parlamentarische Dimension, beschränkten sich jedoch
häufig nur auf wirtschaftliche Zusammenarbeit, wie bei-
spielsweise das regionale Schwarzmeerzentrum für Ener-
gie (Black Sea Regional Energy Centre).
Die sechs angrenzenden Staaten Russland, Georgien,
Türkei, Ukraine, Rumänien und Bulgarien werden aufge-
fordert, sich an die Unterzeichnung der Konvention zum
Schutz des Schwarzen Meeres gegen Umweltverschmut-
zung aus dem Jahr 1992 in Bukarest zu erinnern.
Die Ursachen für die Verschmutzung des Schwarzen
Meeres seien unterschiedlicher Art. Die Zuflüsse, vor al-
lem die Donau, brächten erhebliche Mengen an Kad-
Spiele, gestellt wurden, seien bisher nicht erfüllt worden.
Grundfreiheiten wie Meinungs- und Versammlungsfrei-

mium, Zink und anderen Schadstoffen in das Schwarze
Meer. Bei der Schaffung der neuen Euroregion nach dem

Drucksache 16/13168 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Vorbild der Euroregion Adria (Adriatic Sea Euroregion)
wird die Einbeziehung lokaler und regionaler Körper-
schaften zur Schaffung einer nachhaltigen Entwicklung
gefordert.

Abschließend fordert die Versammlung den Ministerrat
auf, dafür Sorge zu tragen, dass in allen Projekten ökolo-
gische Mindeststandards eingehalten werden.

2. Die Arbeitsweise der demokratischen
Institutionen in Aserbaidschan
(Entschließung 1614)

Die Berichterstatter des Monitoringausschusses Andres
Herkel (Estland) und Evguenia Jivkova (Bulgarien)
stellten in dem Bericht fest, dass die Regierung von Aser-
baidschan nach einem wirtschaftlichen Aufschwung nun
vor der Herausforderung stehe, die humanitäre Situation
nachhaltig zu verbessern.

In der Debatte würdigte Abg. Axel Fischer, dass Aser-
baidschan, trotz aller noch vorhandenen Probleme schon
große Fortschritte gemacht habe. Er forderte, dass bei der
Einschätzung der Fortschritte im Prozess der Etablierung
von Demokratie in den Staaten des Kaukasus jeweils der
gleiche Maßstab angelegt werde.

In der mit großer Mehrheit und wenigen Änderungsanträ-
gen angenommenen Entschließung wird kritisiert, dass
alle bisher stattgefundenen Wahlen demokratischen Stan-
dards nicht genügt hätten. Daher sei die für den 15. Okto-
ber 2008 angesetzte Präsidentschaftswahl für die demo-
kratische Glaubwürdigkeit des Landes von besonderer
Bedeutung. Im Einzelnen werden Einschränkungen der
Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit kritisiert.
Außerdem stelle die Bestechlichkeit von Richtern ein
großes Problem dar. Auch die Verhörmethoden seien un-
ter Menschenrechtsgesichtspunkten als sehr kritisch ein-
zustufen. Zahlreiche Vorwürfe wegen schlechter Behand-
lung und Folter seien sowohl gegen Polizei als auch
gegen Soldaten und Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft er-
hoben worden.

Die Versammlung fordert die Regierung von Aserbaid-
schan auf, die Präsidentschaftswahl als Auftakt zu einer
Demokratisierung des Landes zu verstehen Am 15. Okto-
ber 2008 werde die zweite Präsidentschaftswahl seit dem
Beitritt des Staates zum Europarat im Jahr 2001 stattfin-
den.. Hierzu zählen insbesondere Wahlen in voller Über-
einstimmung mit den Empfehlungen der Venedig-Kom-
mission, der Kampf gegen Korruption und Geldwäsche,
die Garantie der Meinungs- und Pressefreiheit, die Ge-
währung der Koalitionsfreiheit und das Recht auf faire
juristische Verfahren. Eine wichtige Voraussetzung für in-
nenpolitische Veränderungen sei eine Lösung des Na-
gorno-Karabakh-Konfliktes.

3. Die Stärkung der Rolle der Frau in einer
modernen, multikulturellen Gesellschaft
(Entschließung 1615 und Empfehlung 1838)

land). Für den Ausschuss für Kultur, Wissenschaft und
Bildung nahm Aziz Pollozhani („Ehemalige jugoslawi-
sche Republik Mazedonien“) Stellung. In dem Bericht
wird anlässlich des zehnten Jahrestages der Einrichtung
des Ausschusses für Gleichstellung von Männern und
Frauen auf die besondere Bedeutung der Gleichstellung
von Männern und Frauen hingewiesen.

Abg. Doris Barnett wies in der Debatte darauf hin, dass
nicht vergessen werde solle, wie mühevoll der bisher zu-
rückgelegte Weg gewesen sei und welche Fortschritte
doch in den letzten Jahren dank gemeinsamen Handelns
erreicht worden seien. Heute könne festgestellt werden,
dass der gesellschaftliche Konsens bezüglich der Gleich-
stellung von Männern und Frauen in allen Lebensberei-
chen zugenommen habe, auch wenn die praktische Um-
setzung dieses Prinzips lange noch nicht abgeschlossen
sei. Auch in der Europäischen Union werde die Gleich-
stellung der Geschlechter und damit die Teilhabe von
Frauen vorangetrieben. Dies geschehe auf der Basis di-
verser Richtlinien, die von den Mitgliedstaaten in natio-
nales Recht umzusetzen seien. Jetzt gelte es, diesen An-
spruch von Gleichstellung mit Leben zu erfüllen. Zu
Recht fordere die Empfehlung, Gewalt gegen Frauen, be-
sonders die sogenannten „Ehrenverbrechen“, zu bekämp-
fen. Darüber hinaus seien auch Maßnahmen erforderlich,
die das Augenmerk der Vertreter der Religionen und der
Zivilgesellschaft dahin lenken, dass kultureller und reli-
giöser Relativismus die Grundrechte der Frauen nicht un-
terminieren dürften.

In der Entschließung, die mit einigen Änderungen ein-
stimmig beschlossen wurde, wird der Rückgang des
Engagements auf dem Gebiet der Gleichstellung und da-
rüber hinaus eine seit mehreren Jahren stetig wachsende
Gegenbewegung gegen Gleichstellungsprinzipien konsta-
tiert. Es wird die Notwendigkeit einer Gleichbehandlung
unterstrichen und zu einer Bekämpfung von Stigmatisie-
rungen jeglicher Art aufgerufen. Auf Grund aktueller
Entwicklungen kritisiert die Versammlung religiös be-
dingte Diskriminierungen und schlägt die Erstellung
eines gemeinsamen Wertekanons mit dem Ziel eines
praktikablen Maßnahmenkataloges vor. Ein Monitoring-
verfahren soll schließlich die Effektivität der ergriffenen
Maßnahmen kontrollieren und dokumentieren.

Die Versammlung fordert in der Empfehlung den Minis-
terrat auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Gender-Debatte
als ein fester Bestandteil des interkulturellen und interre-
ligiösen Dialogs im Europarat implementiert wird.

4. Die Europäische Bank für Wiederaufbau
und Entwicklung: Zentraler Anlaufpunkt
für den Wandel in den Transformations-
staaten (Entschließung 1616)

Der Berichterstatter für den Ausschuss für Wirtschaft und
Entwicklung, Maximiano Martins (Portugal), stellte die
Arbeit der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Ent-
wicklung (EBRD) vor. Ein besonderes Problem seien im
Berichtszeitraum die steigenden Energiepreise in den
Berichterstatterin des Ausschusses für die Gleichstellung
von Frauen und Männern war Ingrida Circene (Lett-

Transformationsländern gewesen. Zu diesem Bericht gab
Jean Lemierre, Präsident der Europäischen Bank für

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/13168

Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD), eine Erklärung
ab.

Abg. Doris Barnett begrüßte den Bericht und unter-
stützte insbesondere das Ziel der Förderung kleiner
Unternehmen und Selbständiger. Der Transformations-
prozess bedeute die Abkehr von wenigen großen Staats-
unternehmen hin zu kleinen und mittelständischen Struk-
turen, die wesentlich flexibler seien und den größten
Fortschritt beim Übergangsprozess erzeugen könnten.
Aber gerade diese Unternehmen benötigten gezielte
Managementberatungen, die allzu oft in den Transforma-
tionsländern nicht bzw. nicht in ausreichendem Maße zur
Verfügung stünden.

In der einstimmig angenommenen Entschließung wird
zunächst erläutert, dass im Jahr 1992 die EBRD zur Er-
leichterung des Transformationsprozesses in postsozialis-
tischen Staaten gegründet worden sei. Die Bank vereine
sowohl soziale als auch politische und ökonomische Be-
lange und stehe in regelmäßigem Kontakt mit der ER PV.
Die EBRD arbeite eng mit anderen Entwicklungsinstitu-
ten wie der Weltbank und dem Internationalen Währungs-
fonds zusammen. Die Unterstützung von Kleinunterneh-
men bilde ein Herzstück der EBRD-Mission. Der Anteil
von Projekten zur Förderung von Kleinunternehmen sei
im Jahr 2007 auf 32 Prozent gestiegen. Häufig bestehe
eine Abhängigkeit der Transformationsstaaten von nur ei-
nem, zumeist russischen, Energieanbieter. Die EBRD
solle daher gezielt in Projekte investieren, die das Ziel ei-
nes möglichst effizienten Energieeinsatzes verfolgen so-
wie den Einsatz erneuerbarer Energien förderten. Weiter-
hin wird eine Verstärkung der Zusammenarbeit mit den
zentralasiatischen Staaten und insbesondere zu den Parla-
menten in dieser Region angeregt.

Auch solle ab Oktober 2008 die EBRD ihre Aktivitäten
auf die Türkei ausdehnen, da sich die Türkei als potentiel-
les Nehmerland beworben habe. Dies würde auch eine
Abkehr vom Ursprungszweck, Transformationsländern
bei der Umwandlung von einer Zentralwirtschaft zu einer
Marktwirtschaft zu helfen, darstellen. Die EBRD wird
dazu aufgerufen, die Bedürfnisse der am wenigsten auf
diesem Gebiet fortgeschrittenen Transformationsländer
bei ihrer Entscheidung zu bedenken.

5. Aktivitäten des Internationalen Komitees
vom Roten Kreuz (IKRK) (Entschließung
1623 und Empfehlung 1842)

Der Berichterstatter des Ausschusses für Wanderbewe-
gungen, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen, Michael
Hancock (Großbritannien), hob die außerordentlichen
Leistungen des IKRK hervor und forderte, das Bewusst-
sein in den nationalen Parlamenten für die Arbeit der na-
tionalen Verbände des IKRK zu stärken, ohne allerdings
dessen politische Neutralität in Frage zu stellen. Zu dem
Thema gab Jakob Kellenberger, Präsident des Internatio-
nalen Komitees des Roten Kreuzes, eine Erklärung ab.

Abg. Dr. Herta Däubler-Gmelin betonte in der Debatte,

Ausbau des humanitären Völkerrechts aktiv sei. Bereits
im 19. Jahrhundert habe der zweite Präsident des IKRK,
Gustave Moinier, gefordert, den Menschenrechten einen
völkerrechtlichen Charakter zu gewähren und humanitäre
Hilfe in völkerrechtlich wirksame Verpflichtungen aufzu-
nehmen. Einen wichtigen Niederschlag habe dieser Ge-
danke in der Etablierung des Internationalen Strafge-
richtshofes gefunden. Und gerade die Mitglieder des
Europarates und seiner Versammlung seien aufgerufen,
dessen Arbeit zu unterstützen.

In der einstimmig verabschiedeten Entschließung ruft die
Parlamentarische Versammlung die Mitgliedstaaten des
Europarates zu einer intensiven Unterstützung der Arbeit
des IKRK auf und ermutigt darüber hinaus, neue Partner-
schaften und Synergien im Bereich der humanitären Zu-
sammenarbeit zwischen Staaten, nationalen und interna-
tionalen Organisationen, dem internationalen IKRK und
seinen nationalen Verbänden sowie Nichtregierungsorga-
nisationen zu fördern. Weiterhin wird das Ziel des IKRK
unterstützt, bis 2010 die Rahmenbedingungen und Hand-
lungsmechanismen anzugleichen, sodass eine flächende-
ckende Abstimmung mit den Bedürfnissen der Opfer be-
waffneter Konflikte und anderer Formen bewaffneter
Gewalt zeitnah und effektiv ermöglicht werden könne.

Die Empfehlung hebt insbesondere die Notwendigkeit
der Einführung von Mechanismen zur Kontrolle lokaler
Haftbedingungen, die Problematik verschwundener Per-
sonen und die Notwendigkeit der Kooperation mit dem
IKRK in Bezug auf die Förderung einer breiten Akzep-
tanz des humanitären Völkerrechts hervor.

6. Verhinderung der ersten Form der Gewalt
gegen Kinder: Aussetzung nach der
Geburt (Entschließung 1624)

Für den Ausschuss für Sozialordnung, Gesundheit und
Familie gab Michael Hancock (Großbritannien) den Be-
richt ab. Er wies unter anderem auf den engen Zusam-
menhang zwischen der wachsenden Anzahl von Kindes-
aussetzungen und der stetig zu verzeichnenden Expansion
eines illegalen Adoptionsmarktes und dem hiermit ver-
bundenen Handel mit Kindern hin.

In der Entschließung, die mit wenigen Änderungen und
einer Gegenstimme angenommen wurde, werden die Ur-
sachen und die Häufigkeit des Problems von Kindesaus-
setzungen dargestellt. Betroffen seien in besonderem
Maße sehr junge Mütter, Migrantinnen, HIV-positive und
aidskranke Frauen, Prostituierte sowie sehr einkommens-
schwache Frauen und Angehörige von Minderheiten. Es
wird festgestellt, dass die Anzahl an Kindesaussetzungen
in Ost- und Zentraleuropa ungleich höher als im Westen
sei. Dort müsse aber auch eine steigende Tendenz festge-
stellt werden.

Zur Lösung dieser Frage beschloss die Versammlung,
dass die Aufklärung von Schülern, die Bereitstellung von
Anlaufpunkten für Mütter und ihre Kinder in Not, das
Schaffen klarer Strukturen und einfacher Abläufe im Ge-
dass das IKRK seit 145 Jahren mit konkreten Hilfsaktio-
nen im Bereich der humanitären Hilfe, aber auch beim

sundheits- und Beratungswesen sowie das konsequente
Führen eines Geburtenverzeichnisses zur Verhinderung

Drucksache 16/13168 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

illegaler Adoptionen ausgebaut werden müssten. Ein wei-
terer wichtiger Aspekt sei das Recht des Kindes auf
Kenntnis der eigenen Herkunft. Auch die Rechte der Vä-
ter sollen mit oben genannten Handlungszielen in Ein-
klang gebracht werden. Vorrang hat jedoch die Sicherheit
des Kindes, sei dies in der eigenen Familie, einer Adop-
tionsfamilie oder in einer Pflegefamilie. Grundsätzlich
wird primär die Obhut und Fürsorge in der leiblichen Fa-
milie als beste Lösung konstatiert.

7. Gökçeada (Imbros) und Bozcaada
(Tenedos): Wahrung des bikulturellen
Charakters der beiden türkischen Inseln
als Modell für die Zusammenarbeit
zwischen der Türkei und Griechenland im
Interesse der betroffenen Bevölkerung
(Entschließung 1625)

Der Berichterstatter des Ausschusses für Recht und Men-
schenrechte, Andreas Gross (Schweiz), hob die beson-
dere Rolle der ER PV im Prozess der Lösung dieses Kon-
fliktes zwischen Griechenland und der Türkei hervor. So
habe beispielsweise ein gemeinsamer Besuch der Inseln
durch die damaligen Leiter der griechischen und türki-
schen Delegationen in der Parlamentarischen Versamm-
lung stattgefunden.

Abg. Holger Haibach begrüßte in der Debatte, dass die
bestehenden Ansätze ein gutes Beispiel böten, wie unter

schwierigen Bedingungen erfolgversprechende Wege für
die Lösung eines schon lange bestehenden Konfliktes ge-
funden werden können. Auch sei hervorzuheben, dass die
Initiative von zwei Parlamentariern aus der Türkei und
Griechenland ausgegangen sei.

In der Entschließung, die mit einigen Änderungen mit
Mehrheit verabschiedet wurde, wird dargestellt, dass
beide Inseln mit einem jeweils starken griechischen Be-
völkerungsanteil zum türkischen Staatsgebiet gehörten.
Es werden die Bemühungen von türkischer Seite begrüßt,
im Rahmen der türkisch-griechischen Beziehungen eine
Lösung der Frage zu finden, welchen Rechtsstatus die
griechische Minderheit auf den Inseln haben solle, und
wie eine Rückkehr von griechischstämmigen Personen
auf die Inseln ermöglicht werden könne. Neben einer
Reihe praktischer Forderungen zur Schaffung von Rechts-
sicherheit werden die Wiedereinbürgerung von Menschen,
die in der Vergangenheit die türkische Staatsbürgerschaft
verloren haben sowie die Schaffung einer direkter Ver-
kehrsverbindung zur Förderung und Verbesserung der
Wirtschaftsbeziehungen gefordert.

Joachim Hörster, MdB
Leiter der Delegation

Dr. Wolfgang Wodarg
Stellvertretender Leiter
der Delegation

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/13168

III. Entschließungen und Empfehlungen

Vom Ständigen Ausschuss der Versammlung am 29. Mai 2008 verabschiedeter Text:

Nummer Beschreibung Seite

Entschließung 1614 (2008) Die Arbeitsweise demokratischer Institutionen in Aserbaidschan 10

Entschließung 1615 (2008) Die Stärkung der Rolle der Frau in einer modernen, multikulturellen
Gesellschaft 15

Empfehlung 1838 (2008) Die Stärkung der Rolle der Frau in einer modernen, multikulturellen
Gesellschaft 16

Entschließung 1616 (2008) Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung:
Zentraler Anlaufpunkt für den Wandel in den Transformationsstaaten 18

Entschließung 1617 (2008) Der Stand der Demokratie in Europa
Besondere Herausforderungen für die europäischen Demokratien:
Vielfalt und Migration 21

Empfehlung 1839 (2008) Der Stand der Demokratie in Europa
Besondere Herausforderungen für die europäischen Demokratien:
Vielfalt und Migration 24

Entschließung 1618 (2008) Der Stand der Demokratie in Europa
Maßnahmen zur Verbesserung der demokratischen Mitwirkung von
Migranten 25

Empfehlung 1840 (2008) Der Stand der Demokratie in Europa
Maßnahmen zur Verbesserung der demokratischen Mitwirkung
von Migranten 29

Entschließung 1619 (2008) Der Stand der Demokratie in Europa
Die Arbeitsweise demokratischer Institutionen in Europa und
der Fortgang des Monitoringverfahrens der Versammlung 31

Empfehlung 1841 (2008) Der Stand der Demokratie in Europa
Die Arbeitsweise demokratischer Institutionen in Europa und
der Fortgang des Monitoringverfahrens der Versammlung 38

Entschließung 1620 (2008) Die Umsetzung der Entschließung 1609 (2008) der Versammlung
durch Armenien 39

Entschließung 1621 (2008) Debatte zur politischen Situation in China 42

Entschließung 1622 (2008) Das Funktionieren der demokratischen Institutionen in der Türkei:
Aktuelle Entwicklungen 44

Entschließung 1623 (2008) Die Aktivitäten des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) 47

Empfehlung 1842 (2008) Die Aktivitäten des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) 50

Entschließung 1624 (2008) Verhinderung der ersten Form der Gewalt gegen Kinder:
Aussetzung nach der Geburt 50

Entschließung 1625 (2008) Gökçeada (Imbros) und Bozcaada (Tenedos):
Wahrung des bikulturellen Charakters der beiden türkischen Inseln als
Modell für die Zusammenarbeit zwischen der Türkei und Griechenland
im Interesse der betroffenen Bevölkerung 53

Empfehlung 1837 (2008) Die Bekämpfung von Umweltschäden im Schwarzen Meer 56

Empfehlung 1836 (2008) Realisierung des vollen Potenzials des netzgestützten Lernens für die

allgemeine und berufliche Bildung
Berichterstattung: Abg. Axel Fischer (siehe Dok. 11523) 57

Drucksache 16/13168 – 10 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Entschließung 1614 (2008)1

betr. Die Arbeitsweise demokratischer Institutionen in Aserbaidschan

1. Das wachsende Öl- und Gasgeschäft hat die Volkswirtschaft Aserbaidschans gestärkt. Bei einem
Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 25 % im Jahr 2007 stehen die aserbaidschanischen Behörden mit ihrem
Bemühen, beträchtliche Dividenden aus dem Ölgeschäft in die nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft
umzusetzen, vor einer großen Herausforderung.

2. Am 15. Oktober 2008 wird Aserbaidschan seine zweiten Präsidentschaftswahlen seit dem Beitritt zum
Europarat abhalten. Da alle seit dem Beitritt durchgeführten Wahlen den demokratischen Mindeststandards nicht
genügten, betrachtet die Parlamentarische Versammlung den anstehenden Urnengang als entscheidend für die
demokratische Glaubwürdigkeit Aserbaidschans. Aserbaidschan kann es sich nicht leisten, die Verpflichtungen
und Normen des Europarates für demokratische Wahlen ein weiteres Mal nicht zu erfüllen.

3. Bei seinem Beitritt zum Europarat 2001 entschied sich Aserbaidschan, für die europäischen Normen
bezüglich Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte einzutreten. Die Versammlung hat die
Entwicklungen in dem Land bisher genau verfolgt und stellt fest, dass in Zusammenarbeit mit dem Europarat
eine Reihe von Reformen in Gang gekommen sind.

4. Die Versammlung ist indessen der Ansicht, dass der Erfolg der Reformen weniger eine Frage der
Gesetze denn ihrer Umsetzung ist, und sieht sich veranlasst, ihrer großen Besorgnis über die sich
verschlechternde Menschenrechtslage Ausdruck zu geben, die die Bemühungen der Behörden untergräbt, bei
den anstehenden Präsidentschaftswahlen die grundlegenden demokratischen Normen einzuhalten.

5. Die aserbaidschanische Gesellschaft braucht konkrete Versöhnungsmaßnahmen, um den
Demokratisierungsprozess voranzutreiben. Es bleibt noch viel zu tun, damit das Parlament seine Rolle als
öffentliches Forum der politischen Diskussion spielen kann. Innerhalb wie außerhalb des Parlaments sollte
dringend ein Dialog zwischen der Regierungsmehrheit und der Opposition angebahnt werden, wenn das
politische Klima in dem Land sich bessern und das Vertrauen der Bevölkerung in den Wahlprozess
wiederhergestellt werden soll.

6. Die Versammlung bedauert, dass die wichtigsten Oppositionsparteien nicht an der Diskussion über die
Änderung des aserbaidschanischen Wahlrechts im Hinblick auf die Zusammensetzung der Wahlkommissionen
und die Beschwerde- und Berufungsverfahren beteiligt waren.

7. Die Versammlung ruft alle Oppositionsparteien auf, sich in vollem Umfang am Wahlprozess zu
beteiligen und dringend die beiden noch gesuchten Mitglieder der Zentralen Wahlkommission zu benennen.

8. Darüber hinaus fordert die Versammlung die aserbaidschanischen Behörden nachdrücklich auf, das
Recht der Opposition auf Abhaltung öffentlicher Versammlungen zu garantieren.

9. Einschränkungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung, die Verfolgung und Einschüchterung
oppositioneller Journalisten durch Gerichtsverfahren wegen Verleumdung, Inhaftierungen, tätliche Angriffe und
Drohungen sowie Beschränkungen der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sind sehr besorgniserregende
Vorgänge, die nach Ansicht der Versammlung in einem Mitgliedstaat des Europarates nicht zulässig sind. Damit
Aserbaidschan seinen Pflichten und Verpflichtungen gegenüber dem Europarat nachkommen kann, müssen diese
Probleme unverzüglich und noch vor der nächsten Präsidentschaftswahl gelöst werden.

10. Die Versammlung verurteilt die wiederholten Angriffe auf die oppositionelle Zeitung Azadliq und
insbesondere die Verhaftungen, Gerichtsverfahren und Gewalttaten gegenüber ihren Journalisten und
Mitarbeitern sowie die Einschüchterung durch finanziellen Druck. Sie fordert die aserbaidschanischen Behörden

1 Debatte der Versammlung am 24. Juni 2008 (21. Sitzung) (siehe Dok. 11627, Bericht des Ausschusses für die Einhaltung der von den
Mitgliedstaaten des Europarates eingegangenen Pflichten und Verpflichtungen (Monitoringausschuss), Koberichterstatter: Herr Herkel und
Frau Jivkova). Der Text wurde von der Versammlung am 24. Juni 2008 (21. Sitzung) verabschiedet.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 11 – Drucksache 16/13168

nachdrücklich auf, die effektive Strafverfolgung der Urheber aller Angriffe auf Journalisten zu gewährleisten;
dies beinhaltet auch sorgfältige Ermittlungen im Fall des Reporters Agil Khalil, der kürzlich von unbekannten
Tätern niedergestochen wurde.

11. Korruption in der Justiz und die fehlende Unabhängigkeit des Justizwesens sind in Aserbaidschan nach
wie vor ein schwerwiegendes Problem, wie die Behörden selbst zugeben. Die Mängel des aserbaidschanischen
Justizwesens führen immer wieder zu neuen Fällen unfairer und politisch motivierter Prozesse und
Inhaftierungen. In diesem Zusammenhang begrüßt die Versammlung die konstruktive Haltung der
aserbaidschanischen Behörden und fordert diese auf, sich verstärkt für die effektive Beseitigung der Korruption
bei Richtern, weitere Reformen und Ausbildungsmaßnahmen für die Mitarbeiter der Justiz und die Verbesserung
des geringen Ansehens der Richterschaft des Landes einzusetzen.

12. Nach wie vor wird über zahlreiche Fälle von Misshandlungen und mutmaßlicher Folter durch
Polizeibeamte während des Polizeigewahrsams oder in der Untersuchungshaft sowie bei der Armee berichtet,
mit denen Geständnisse oder belastende Aussagen von Zeugen erzwungen werden sollen. Bedauerlicherweise
haben Ermittlungen über derartige Verhaltensweisen nur selten zur Anklageerhebung gegen Beamte geführt, die
einen solchen Missbrauch begangen haben.

13. Unter Hinweis auf ihre Entschließungen 1457 (2005) über die Weiterverfolgung der Entschließung
1359 (2004) über politische Gefangene in Aserbaidschan und 1545 (2007) über die Einhaltung der Pflichten und
Verpflichtungen durch Aserbaidschan betrachtet die Versammlung unbeschadet der Bemühungen der
aserbaidschanischen Delegation bei der Versammlung, im Rahmen der Task Force aus Behördenvertretern und
Menschenrechtlern eine endgültige Lösung für diese Frage herbeizuführen, die Frage der politischen Gefangenen
nicht als gelöst.

14. Die Versammlung nimmt die Amnestieerlasse des Präsidenten vom 28. Dezember 2007 und vom
18. März 2008 zur Kenntnis, die zur Freilassung von 114 bzw. 59 Häftlingen führten, darunter 6 Journalisten
und 23 Gefangene, die auf der von Menschenrechtlern erstellten Gefangenenliste standen. Sie begrüßt darüber
hinaus die kürzlich erfolgte Freilassung von Sahawat Gumbatow und Ramin Tagijew nach entsprechenden
Gerichtsbeschlüssen. Sie bedauert allerdings zutiefst, dass keiner der in der Entschließung 1545 (2007)
genannten Gefangenen freigelassen wurde und dass die drei für die einflussreichsten Oppositionszeitungen
arbeitenden Journalisten Ganimat Sahidow, Sakit Sahidow und Eynulla Fatullajew in Haft bleiben.

15. Die Versammlung bedauert sehr, dass das vom aserbaidschanischen Parlament am 8. Mai 2007
verabschiedete Amnestiegesetz, das zur Freilassung von 9000 wegen Bagatelldelikten verurteilter Personen
führte, keinen der Häftlinge betraf, deretwegen die Versammlung sich wiederholt besorgt gezeigt hat.

16. Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen erinnert die Versammlung an ihre Entschließung
1545 (2007) und fordert die aserbaidschanischen Behörden dringend auf, unverzüglich eine Reihe von
Maßnahmen zu treffen.

17. Im Hinblick auf die Vorbereitungen für die Präsidentschaftswahlen

17.1. nimmt die Versammlung die Verabschiedung des geänderten Wahlrechts durch das
aserbaidschanische Parlament zur Kenntnis, bedauert aber, dass einige der Empfehlungen der
Europäischen Kommission für Demokratie durch Recht (Venedig-Kommission) nicht vollständig
berücksichtigt wurden. Damit die bevorstehenden Wahlen frei und fair verlaufen, sollte die Zentrale
Wahlkommission alles tun, um dafür zu sorgen, dass

17.1.1. die Zusammensetzung der Zentralen Wahlkommission wie auch der
Wahlkommissionen in den Gebieten und Wahlbezirken ausgewogen ist und diese nicht durch
regierungsfreundliche Kräfte dominiert werden;

17.1.2. unabhängige Kandidaten in der Zentralen Wahlkommission und den territorialen
Wahlkommissionen möglichst im Konsensverfahren bestimmt werden;

Drucksache 16/13168 – 12 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

17.1.3. die Ämter des Vorsitzenden, des stellvertretenden Vorsitzenden und des Sekretärs der
Wahlausschüsse auf allen Ebenen gerecht verteilt werden;

17.1.4. effiziente Beschwerde- und Berufungsverfahren gewährleistet sind;

17.2. betont die Versammlung, dass die Wahlkampfregeln lange vor Beginn des eigentlichen
Wahlkampfs bekannt sein sollten. in diesem Zusammenhang hat der Präsident der Republik
Aserbaidschan bisher nicht das Gesetz zur Änderung des Wahlrechts unterzeichnet, und nach der
derzeit gültigen Rechtslage hätte der Wahlkampf am 16. Juni beginnen sollen, was aber nicht der Fall
ist. Diese unklare Situation bereitet der Versammlung große Sorge;

17.3. begrüßt die Versammlung die Verabschiedung der Änderungen am geänderten Gesetz von
1998 über die Versammlungsfreiheit seitens des aserbaidschanischen Parlaments am 30. Mai 2008, die
den Empfehlungen der Venedig-Kommission Rechnung trägt, und fordert die Behörden dringend auf,
geeignete Maßnahmen zu treffen, um dafür zu sorgen, dass die unverzügliche Umsetzung der
entsprechenden Gesetze in vollem Einklang mit Artikel 11 der Europäischen
Menschenrechtskonvention (im Folgenden als "Konvention" - ETS Nr. 5 - bezeichnet) nach Auslegung
des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (im Folgenden als "Gerichtshof" bezeichnet)
erfolgt;

17.4. sollte ein Klima des Vertrauens wiederhergestellt werden, was zwingend die sofortige
Wiederaufnahme des Dialogs zwischen der Regierungsmehrheit und der Opposition innerhalb wie
außerhalb des Parlaments erfordert;

17.5. sollten politische Parteien und Blöcke entsprechend den Bestimmungen des
aserbaidschanischen Wahlgesetzes in den staatlich finanzierten Medien zu gleichen Bedingungen
kostenlose Sendezeiten und Veröffentlichungsmöglichkeiten in den Printmedien erhalten;

17.6. sollten alle notwendigen Maßnahmen getroffen werden, um für einen freien und fairen
Präsidentschaftswahlkampf und freie und faire Wahlen zu sorgen, damit sich die Fehler des letzten
Urnengangs nicht wiederholen;

17.7. sollte rechtzeitig vor den Präsidentschaftswahlen 2008 auf höchster politischer Ebene die klare
Aussage getroffen werden, dass Wahlbetrug nicht geduldet wird.

18. Im Hinblick auf die Bekämpfung von Korruption und Geldwäsche

18.1. begrüßt die Versammlung die Bemühungen der Behörden, sich mit dem Korruptionsproblem
zu befassen, das gegenwärtig nach wie vor alle Ebenen der Gesellschaft betrifft und das
Wirtschaftswachstum sowie die soziale und politische Entwicklung des Landes gefährdet. Die
Versammlung begrüßt insbesondere die Verabschiedung einer neuen nationalen Strategie "zur
Erhöhung der Transparenz und Korruptionsbekämpfung" sowie eines in enger Zusammenarbeit mit
dem Europarat erarbeiteten Aktionsplans für die Umsetzung der Strategie zwischen 2007 und 2011;

18.2. fordert die Versammlung das Parlament nachdrücklich auf, entsprechend den Empfehlungen
der Experten des Europarates das Gesetz über Geldwäsche und Bekämpfung der
Terrorismusfinanzierung, das Gesetz über Interessenkonflikte sowie das Gesetz über die Haftung
juristischer Personen für Korruptionsstraftaten zu verabschieden;

18.3. fordert die Versammlung die aserbaidschanischen Behörden nachdrücklich auf, die
Empfehlungen der Gruppe von Staaten gegen Korruption (GRECO) und des Expertenkomitees für
Maßnahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Finanzierung des Terrorismus (MONEYVAL)
unverzüglich umzusetzen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 13 – Drucksache 16/13168

19. Im Hinblick auf die Meinungsfreiheit sollten die aserbaidschanischen Behörden

19.1. die Gesetzesreformen einleiten, die der Entkriminalisierung der Verleumdung und der
Änderung der einschlägigen zivilrechtlichen Bestimmungen dienen, um auf diese Weise wie in der
Entschließung 1545 (2007) empfohlen die Achtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu
gewährleisten; in der Zwischenzeit sollte erneut ein politisches Moratorium vereinbart werden, um
dafür zu sorgen, dass Verleumdungsklagen nicht länger für die Einschüchterung von Journalisten
eingesetzt werden;

19.2. dafür sorgen, dass bei Übergriffen auf Journalisten die Täter einer effektiven Strafverfolgung
unterworfen werden;

19.3. die Empfehlungen umsetzen, die die Experten des Europarates in Bezug auf das
Rundfunkgesetz und den Erlass des Präsidenten zur Genehmigung der Bestimmungen des nationalen
Rundfunkrats abgegeben haben, und die entsprechende Gesetzgebung ändern, um

19.3.1. zu klären, welche Rolle der staatliche Rundfunk im Vergleich mit dem öffentlichen
Rundfunk spielen soll;

19.3.2. für die Bewahrung der Unabhängigkeit des Nationalen Rundfunkrats auch in
finanzieller Hinsicht zu sorgen;

19.3.3. genauer zu bestimmen, unter welchen Bedingungen Rundfunklizenzen erteilt werden,
und die staatlichen Eingriffe in das Rundfunkgeschehen zu beenden.

20. Im Hinblick auf die Vereinigungsfreiheit

20.1. ist die Versammlung besonders besorgt über die Entscheidung des Bezirksgerichts Khatai vom
14. Mai 2008, die Registrierung des Wahlüberwachungszentrums (Election Monitoring Centre - EMC),
einer bekannten und anerkannten überparteilichen inländischen Wahlüberwachungsorganisation, auf
Ersuchen des Justizministeriums zurückzuziehen und aufzuheben;

20.2. fordert die Versammlung die aserbaidschanischen Behörden dringend auf, aller erforderlichen
Maßnahmen zu treffen, um die Vereinigungsfreiheit gesetzlich sowie in der Praxis und gemäß
Artikel 11 der Konvention in seiner Auslegung durch den Gerichtshof zu gewährleisten und das Urteil
des Gerichtshofs in der Rechtssache Ismailow gegen Aserbaidschan, in dem ein Verstoß gegen
Artikel 11 der Konvention festgestellt wurde, umzusetzen.

21. Im Hinblick auf die Reform des Justizsystems

21.1. sollten konkrete Maßnahmen getroffen werden, um dem nach wie vor erheblichen Einfluss der
Exekutive auf das Justizwesen ein Ende zu setzen;

21.2. sollten das Recht auf einen fairen Prozess gewährleistet und Maßnahmen getroffen werden, die
gewährleisten, dass die Bestimmungen des Artikels 6 der Konvention in der Auslegung des
Gerichtshofs bei der Umsetzung der entsprechenden Gesetze in vollem Umfang erfüllt werden;

21.3. begrüßt die Versammlung die Verabschiedung des Verhaltenskodex für Richter und
Staatsanwälte im Einklang mit dem Erlass von 2006 über die Reform der Justiz und den Empfehlungen
der Experten des Europarates.

22. Im Hinblick auf die Weiterverfolgung der Frage mutmaßlicher politischer Gefangener

22.1. fordert die Versammlung die aserbaidschanischen Behörden erneut auf, alle gesetzlichen Mittel
(Amnestie, Überprüfung von Fällen durch höherinstanzliche Gerichte, Freilassung unter Auflagen aus
gesundheitlichen Gründen, Begnadigung) zu nutzen, um dieses Problem ein für allemal zu lösen;

Drucksache 16/13168 – 14 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

22.2. fordert die Versammlung die aserbaidschanischen Behörden auf, die Freilassung von Natiq
Efendijew, Rasim Alekperow, Ruslan Baschirli, Akif Huseinow und Telman Ismailow aus humanitären
Gründen zu erwägen;

22.3. verurteilt die Versammlung den Mangel an Transparenz und Fairness bei den diesbezüglichen
Ermittlungen und Gerichtsverfahren und verlangt die unverzügliche Freilassung der inhaftierten
oppositionellen Journalisten Ganimat Zahidow, Sakit Zahidow und Eynulla Fatullajew.

23. Im Hinblick auf die Haftbedingungen fordert die Versammlung die aserbaidschanischen Behörden
nachdrücklich auf,

23.1. die Empfehlungen umzusetzen, die der Ausschuss des Europarates für die Verhütung von
Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) in seinen Berichten über
die beiden Ad-hoc-Besuche vom Januar 2004 und Mai 2005 abgegeben hat;

23.2. die Veröffentlichung der oben genannten Berichte ohne weitere Verzögerungen zu
genehmigen;

23.3. die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um das Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache
Mammadow (Jalaloglu) gegen Aserbaidschan umzusetzen, in dem ein Verstoß gegen die Artikel 3
(Verbot der Folter) und 13 (Recht auf wirksame Beschwerde) der Konvention festgestellt wurde.

24. Im Hinblick auf weitere offene Fragen

24.1. sollte entsprechend der Beitrittsverpflichtung Aserbaidschans das Gesetz über den zivilen
Ersatzdienst ohne weiteren Verzug verabschiedet werden;

24.2. sollten entsprechend der Beitrittsverpflichtung Aserbaidschans das Gesetz über nationale
Minderheiten verabschiedet und die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen
(SEV Nr. 148) ratifiziert werden.

25. Im Hinblick auf das Eintreten Aserbaidschans für die friedliche Beilegung des Konflikts um die Region
Berg-Karabach

25.1. ist die Versammlung der Auffassung, dass eine nachhaltige demokratische Entwicklung in
Aserbaidschan solange überaus schwierig sein wird, wie die territoriale Integrität des Landes nicht
wiederhergestellt ist;

25.2. nimmt die Versammlung die am 14. März 2008 verabschiedete Entschließung der
Generalversammlung der Vereinten Nationen "über die Lage in den besetzten Gebieten
Aserbaidschans" zur Kenntnis, die die ernste Besorgnis zum Ausdruck bringt, dass der bewaffnete
Konflikt in der Region Berg-Karabach Aserbaidschans und um diese herum nach wie vor den
Weltfrieden und die internationale Sicherheit gefährdet, die territoriale Integrität Aserbaidschans
bekräftigt, ihre Unterstützung seiner international anerkannten Grenzen bekundet und den sofortigen
Abzug armenischer Streitkräfte aus den besetzten Gebieten fordert;

25.3. begrüßt die Versammlung die Begegnung zwischen dem aserbaidschanischen und dem
armenischen Außenminister am 6. Mai 2008 in Straßburg am Rande der Sitzung des Ministerkomitees,
nach der beide von einer konstruktiven Unterredung sprachen. Die Minister bekräftigten das
Engagement ihrer Staaten für die Suche nach einer friedlichen Lösung des Konflikts um die Region
Berg-Karabach. Die Versammlung fordert Aserbaidschan und Armenien dringend auf, weiterhin nach
einer friedlichen Lösung des Konflikts im Einklang mit den Normen und Grundsätzen des Völkerrechts
zu suchen;

25.4. begrüßt die Versammlung die Initiative des Monitoringausschusses, im November 2007 in
Berlin eine Anhörung über "eingefrorene Konflikte" durchzuführen, bei der es unter anderem um den
Konflikt um die Region Berg-Karabach ging. In diesem Zusammenhang bekräftigt die Versammlung

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 15 – Drucksache 16/13168

die Rolle, die sie im Hinblick auf die Schaffung eines positiven Verhandlungsklimas mithilfe des
Dialogs auf parlamentarischer Ebene spielen kann.

26. Die Versammlung fordert ihren Monitoringausschuss auf, die Entwicklungen in Aserbaidschan auch
weiterhin genau zu verfolgen, insbesondere um dafür zu sorgen, dass die Normen des Europarates für freie und
faire Wahlen bei den nächsten Präsidentschaftswahlen im Oktober 2008 in vollem Umfang eingehalten werden.

Entschließung 1615 (2008)2

betr. Die Stärkung der Rolle der Frau in einer modernen, multikulturellen Gesellschaft

1. Am zehnten Jahrestag der Einsetzung des Ausschusses für die Gleichstellung von Frauen und Männern
erklärt die Parlamentarische Versammlung erneut, dass sie folgenden Zielen große Bedeutung beimisst:

1.1. Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern in allen Lebensbereichen;

1.2. Förderung der Rechte von Frauen - insbesondere des Zugangs von Frauen zu
Entscheidungsfunktionen in Öffentlichkeit, Politik und Wirtschaft durch die Einführung positiver
Maßnahmen (Quotenregelungen und sonstige Mechanismen);

1.3. Bekämpfung von geschlechterspezifischer Diskriminierung (insbesondere in den Bereichen
Beschäftigung, Renten, Reduzierung des Gehaltsgefälles zwischen Frauen und Männern sowie
Durchbrechen der "gläsernen Decke", d.h. der unsichtbaren Barriere, die den beruflichen Aufstieg von
Frauen erschwert);

1.4. Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen (häusliche Gewalt, Menschenhandel, so genannte
"Ehrenverbrechen" und neue Formen von Gewalt gegen Frauen);

1.5. Bildungschancen für alle Frauen im Kindes- und Erwachsenenalter.

2. Die Versammlung ist besorgt angesichts der seit mehreren Jahren zu beobachtenden Rückschläge in
Bezug auf die Gleichheit der Geschlechter und die Rechte der Frauen. Sie stellt fest, dass die Fortschritte, die im
politischen, wirtschaftlichen und sozialen Bereich erzielt wurden, regelmäßig unterlaufen werden. So werden
beispielsweise Quotenpolitiken, die auf eine Verbesserung der Teilnahme von Frauen an den
Entscheidungsprozessen abzielen, in Frage gestellt, sogar in der Versammlung. Die Nebeneffekte Geburten
fördernder Politiken, die Folgen der Wirtschaftskrise sowie im Namen von Kultur und Religion vorgebrachte
Argumente beschränken Frauen auf ihre traditionellen Rollen und untergraben ihre Rechte und die Möglichkeit,
ihr volles Potenzial zu verwirklichen.

3. Die Versammlung erklärt erneut, dass die Staaten Frauen vor Verstößen gegen ihre Rechte schützen
(dies schließt auch die im Namen der Religion begangenen Verstöße ein), die Gleichstellung der Geschlechter
fördern sowie voll und ganz umsetzen und jeden religiösen oder kulturellen Relativismus ablehnen müssen, der
sich auf Frauenrechte bezieht.

4. Sie ist der Auffassung, dass eine konsequente Politik verfolgt werden muss, um die Rechte der Frauen
auszuweiten und zu festigen und unter entsprechender Beachtung der Menschenrechte und des Grundsatzes der
Gleichheit der Geschlechter die traditionellen Rollenklischees in Bezug auf Frauen zu verändern und die Rolle
der Frau in ihren nationalen Gemeinschaften zu stärken, indem Frauen ermöglicht wird, ihre politischen und
sozioökonomischen Rechte in vollem Umfang wahrzunehmen.

2 Debatte der Versammlung am 24. Juni 2008 (21. Sitzung) (siehe Dok. 11612, Bericht des Ausschusses für die Gleichstellung von Frauen
und Männern, Berichterstatterin: Frau Circene; Dok. 11621, Stellungnahme des Ausschusses für Kultur, Wissenschaft und Bildung,
Berichterstatter: Herr Pollozhani). Der Text wurde von der Versammlung am 24. Juni 2008 (21. Sitzung) verabschiedet.

Drucksache 16/13168 – 16 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

5. Im Einklang mit Empfehlung 1716 (2005) unterstützt die Versammlung die Bemühungen im Hinblick
auf die Durchführung einer 5. Weltfrauenkonferenz der Vereinten Nationen, die sich auf die aktuellen
Herausforderungen beziehen könnte, mit denen die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter
konfrontiert sind (die Verbreitung von HIV/AIDS unter Frauen, der Zugang von Frauen zu den neuen
Informationstechnologien, Menschenhandel und die vorsätzliche Viktimisierung von Frauen bei bewaffneten
Konflikten), während sie jeden Schritt in Richtung einer Infragestellung der Beschlüsse, die bei der letzten
Weltfrauenkonferenz der Vereinten Nationen 1995 in Peking getroffen wurden, zurückweist.

6. Die Versammlung bittet die Mitgliedstaaten, die Rolle der Frau in einer modernen multikulturellen
Gesellschaft zu stärken, und fordert sie auf,

6.1. sofern noch nicht geschehen, den Grundsatz der Gleichstellung von Männern und Frauen als
grundlegendes Menschenrecht in ihren Verfassungen oder - wenn keine Verfassung existiert - in der
Gesetzgebung zu verankern;

6.2. jeglichen kulturellen und religiösen Relativismus zu bekämpfen, der Frauen und junge
Mädchen häufig nach wie vor daran hindert, ihr volles Potenzial zu verwirklichen und gleichberechtigt
an der Entwicklung ihrer Gesellschaft teilzunehmen;

6.3. die Diskriminierung von Frauen und geschlechtsbedingte Gewalt zu bekämpfen;

6.4. "positive Maßnahmen" zu fördern, um eine angemessene Beteiligung von Frauen und Männern
am öffentlichen, politischen und wirtschaftlichen Leben zu verwirklichen;

6.5. die Bildung und Ausbildung von Frauen und Mädchen zu einer vorrangigen Frage zu erklären;
dies beinhaltet auch - soweit erforderlich - finanzielle Unterstützung von Seiten des Staates für die
Ausbildung von Mädchen und die Konzentration auf die Förderung einer gleichberechtigten Rolle für
Frauen und Mädchen in Bildungsprogrammen;

6.6. die aktive Beteiligung von Frauen am interkulturellen Dialog einschließlich seiner religiösen
Dimension zu fördern;

6.7. die Durchführung der Europäischen Regionalkonferenz zu unterstützen, die vom Europarat zur
Vorbereitung der 5. Weltfrauenkonferenz der Vereinten Nationen organisiert werden könnte.

7. Darüber hinaus fordert die Versammlung ihre Mitglieder auf, geeignete Maßnahmen in ihren nationalen
Parlamenten zu treffen, um die Durchführung einer solchen Konferenz zu fördern.

Empfehlung 1838 (2008)3

betr. Die Stärkung der Rolle der Frau in einer modernen, multikulturellen Gesellschaft

1. Am zehnten Jahrestag der Einsetzung des Ausschusses für die Gleichstellung von Frauen und Männern
erklärt die Parlamentarische Versammlung erneut, dass sie folgenden Zielen große Bedeutung beimisst:

1.1. Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern in allen Lebensbereichen;

1.2. Förderung der Rechte von Frauen - insbesondere des Zugangs von Frauen zu
Entscheidungsfunktionen in Öffentlichkeit, Politik und Wirtschaft durch die Einführung positiver
Maßnahmen (Quotenregelungen und sonstige Mechanismen);

3 Debatte der Versammlung am 24. Juni 2008 (21. Sitzung) (siehe Dok. 11612, Bericht des Ausschusses für die Gleichstellung von Frauen
und Männern, Berichterstatterin: Frau Circene; Dok. 11621, Stellungnahme des Ausschusses für Kultur, Wissenschaft und Bildung,
Berichterstatter: Herr Pollozhani). Der Text wurde von der Versammlung am 24. Juni 2008 (21. Sitzung) verabschiedet.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 17 – Drucksache 16/13168

1.3. Bekämpfung von geschlechterspezifischer Diskriminierung (insbesondere in den Bereichen
Beschäftigung, Renten, Reduzierung des Gehaltsgefälles zwischen Frauen und Männern sowie
Durchbrechen der "gläsernen Decke", d.h. der unsichtbaren Barriere, die den beruflichen Aufstieg von
Frauen erschwert);

1.4. Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen (häusliche Gewalt, Menschenhandel, so genannte
"Ehrenverbrechen" und neue Formen von Gewalt gegen Frauen).

2. Die Versammlung ist der Auffassung, dass der Europarat weiterhin eine Vorreiterrolle bei der
Förderung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in allen Mitgliedstaaten spielen muss. In den letzten
Jahren wurden Fortschritte erzielt, doch es gibt noch immer zahlreiche Ungleichheiten in Europa, die aktive
Maßnahmen erfordern, um die Rolle der Frau zu stärken und Frauen zu helfen, einen aktiven Beitrag zum
interkulturellen und interreligiösen Dialog zu leisten.

3. Die Versammlung empfiehlt in diesem Zusammenhang - wie bereits in der Empfehlung 1798 (2007)
geschehen - dem Ministerrat, ein neues Protokoll über die Europäische Menschenrechtskonvention zu erarbeiten,
das den Grundsatz der Gleichstellung von Frauen und Männern zu einem grundlegenden Menschenrecht erklärt,
und fordert das Ministerkomitee auf, unverzüglich mit der Erstellung dieses Protokolls zu beginnen.

4. Die Versammlung fordert das Ministerkomitee auf, nach dem Vorbild der Sonderberichterstatter der
Vereinten Nationen einen Sonderberichterstatter des Europarates für die Rechte von Frauen zu ernennen, der in
enger Zusammenarbeit mit dem Menschenrechtskommissar des Europarates für die Überwachung der Forschritte
bei den Rechten von Frauen in bestimmten Bereichen, darunter auch im Zusammenhang mit Maßnahmen zur
Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, zuständig sein soll.

5. Die Versammlung fordert das Ministerkomitee auf, bestimmte Maßnahmen zur Stärkung der Rolle der
Frau in der Gesellschaft zu treffen und insbesondere gemäß Empfehlung 1716 (2005) die Durchführung einer
5. Weltfrauenkonferenz der Vereinten Nationen zu unterstützen und eine vorbereitende europäische
Regionalkonferenz zu veranstalten, deren Thema die Stärkung der Rolle der Frau in einer modernen,
multikulturellen Gesellschaft sein könnte, mit dem Ziel,

5.1. alle an der Förderung der Rechte der Frau und der aktiven Beteiligung von Frauen am
interkulturellen und interreligiösen Dialog in Europa interessierten Parteien an einen Tisch zu bringen
(Vertreter der Regierungen, Parlamente, kommunalen und regionalen Behörden und der
Zivilgesellschaft sowie religiöse Führer);

5.2. mögliche Maßnahmen zu prüfen (vorbildliche Vorgehensweisen und neue Vorschläge), die auf
eine Stärkung der Rolle der Frau in den modernen Gesellschaften abzielen, auch im interkulturellen und
interreligiösen Dialog;

5.3. eine fortschrittliche Agenda auf der Grundlage gemeinsamer Werte mit dem Ziel der Stärkung
der Rolle der Frau in der Gesellschaft festzulegen;

5.4. einen Mechanismus für die regelmäßige Überwachung der im Zusammenhang mit dieser
Agenda erzielten Fortschritte zu erarbeiten.

6. Darüber hinaus fordert die Parlamentarische Versammlung im Hinblick auf den interkulturellen und
interreligiösen Dialog das Ministerkomitee auf, Aspekte der Gleichheit der Geschlechter in den interkulturellen
Dialog einzubeziehen, darunter auch die Handlungen des Europarates in ihrer religiösen Dimension, und
insbesondere

6.1. Maßnahmen zu treffen, um die Vertreter der Religionen und der Zivilgesellschaft in diesem
Bereich zu sensibilisieren, und jeglichen kulturellen und religiösen Relativismus abzulehnen, der die
Grundrechte der Frauen untergräbt;

Drucksache 16/13168 – 18 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

6.2. Programme zu entwickeln, die auf die Förderung einer aktiven Beteiligung von Frauen am
interkulturellen Dialog abzielen, darunter auch an Veranstaltungen, die der Europarat zu diesem Thema
durchführt.

Entschließung 1616 (2008)4

betr. Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung: Zentraler Anlaufpunkt für den Wandel
in den Transformationsstaaten

1. Zum Zeitpunkt der Gründung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) und
der Unterzeichnung eines Kooperationsabkommens mit dem Europarat im Jahr 1992 war Europa in politischer
und wirtschaftlicher Hinsicht tief gespalten. Mithilfe des Dialogs und konzertierter Maßnahmen in ihren
jeweiligen Aufgabenbereichen haben die beiden Institutionen seitdem umfassende Netzwerke, Plattformen und
Partnerschaften aufgebaut und sich für Reformen und Integration eingesetzt. Obwohl in Bezug auf
demokratische und marktwirtschaftliche Reformen erhebliche Fortschritte erzielt wurden und dadurch der
Lebensstandard für Millionen von Europäern gestiegen ist, gibt es nach wie vor zahlreiche Probleme, die ein
fortwährendes intensives Engagement erfordern. Von den 29 Einsatzländern der EBWE stehen die Länder, die
unmittelbare Nachbarn des Europarates sind, d.h. Belarus und die zentralasiatischen Republiken, vor besonderen
Schwierigkeiten und benötigen für ihre Reformen neue Impulse von außen.

2. Die Parlamentarische Versammlung misst dem regelmäßigen Dialog mit der EBWE über die sozialen,
politischen und wirtschaftlichen Aspekte der Arbeit der Bank große Bedeutung bei. Dies ermöglicht den
Parlamentariern der Mitgliedstaaten des Europarates und der Beobachterstaaten, die zu den wichtigsten Geber-
und Empfängerländern der EBWE zählen, im Rahmen ihrer Arbeit auf nationaler und internationaler Ebene
wertvolle Informationen von Seiten der Bank zu gewinnen und ihre Auffassungen und Vorschläge über die
zukünftige Arbeit der Bank darzulegen.

3. Die EBWE ist mehr als nur eine Bank. Sie ist eine Institution mit einem einzigartigen Auftrag und gibt
ihre umfassenden Erfahrungen an die Menschen und Länder weiter, die auf der Suche nach einer demokratischen
Identität und größeren Rolle auf der weltpolitischen Bühne sind. Vertrauensbildung, die Entwicklung von
Werten, z.B. der Integrität, strategische Beratung, Wissenstransfer und der Brückenschlag zwischen Ost und
West stellen wichtige Aspekte des Auftrags der EBWE dar - diese sind schwierig zu bemessen, aber von
entscheidender Bedeutung. Folglich fungiert die EBWE als zentraler Anlaufpunkt für Entwicklung und
Modernisierung im eurasischen Raum und verfügt über Ressourcen, die von europäischen und
außereuropäischen Akteuren kontrolliert werden. Die Förderung gesunder, dynamischer und innovativer
Entwicklungsmaßnahmen der EBWE ist für die Unterstützung der Reformstaaten bei der Bewältigung der
Herausforderungen, die sich aus dem Erbe der Vergangenheit und der neuen Wirklichkeit der Globalisierung
ergeben, von großer Bedeutung. Die EBWE sollte darüber hinaus ihre wertvolle Arbeit im Hinblick auf die
Verbreitung hoher ethischer Standards in den Unternehmen und des Konzepts über die soziale Verantwortung
der Unternehmen fortführen.

4. Das Jahr 2007 verlief für die EBWE erneut äußerst erfolgreich, obwohl es zu Turbulenzen auf den
globalen Finanzmärkten kam und ein immer größerer Teil ihrer Aktivitäten in den Ländern stattfindet, die am
Anfang bzw. in der Mitte des Transformationsprozesses stehen und ein höheres Risikoprofil aufweisen. Indessen
nimmt die Versammlung zur Kenntnis, dass der Anteil der Zahlungen an die Gruppe von Ländern, die am
Anfang des Transformationsprozesses stehen (Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Kirgisistan, Moldau, die
Mongolei, Tadschikistan und Usbekistan), im Jahr 2007 lediglich bei 9,2 % lag, und begrüßt den während der
Jahrestagung des Gouverneursrats in Kiew am 18. und 19. Mai 2008 bekräftigten Beschluss der EBWE, 80 %

4 Debatte der Versammlung am 24. Juni 2008 (22. Sitzung) (siehe Dok. 11630, Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Entwicklung,
Berichterstatter: Herr Martins). Der Text wurde von der Versammlung am 24. Juni 2008 (22. Sitzung) verabschiedet.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 19 – Drucksache 16/13168

ihrer Gewinne zu reinvestieren und dabei insbesondere die ärmsten und folglich bedürftigsten Länder zu
berücksichtigen, wodurch sich das Risiko, aber auch der Mehrwert der Maßnahmen erhöht.

5. Die EBWE arbeitet mit anderen Entwicklungsorganisationen zusammen und ergänzt deren Arbeit.
Gemeinsame Projekte und Initiativen mit der Weltbank, der Europäischen Investitionsbank (EIB), der
Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), der Internationalen Finanz-
Corporation (IFC) und der Mitteleuropäischen Initiative (MEI) sowie der Entwicklungsbank des Europarates
sind für Fortschritte im Zusammenhang mit dem Reformprozess in der Einsatzregion der EBWE von großer
Bedeutung. Die fachliche Zusammenarbeit zur Unterstützung von Projekten und die Gewährung von
Investitionen und Kofinanzierungen verstärken die Wirkung der multilateralen Hilfe und tragen zur Vermeidung
von Doppelarbeit und Versäumnissen bei.

6. Die gemeinsam von der EBWE und der Weltbank durchgeführte Umfrage "Life in Transition" ("Leben
im Transformationsprozess") weist auf einen allgemein höheren absoluten Lebensstandard, eine wachsende
Mittelschicht, einen stabilen privatwirtschaftlichen Sektor und eine relativ starke Unterstützung für die
Demokratie hin. Die Studie zeigt darüber hinaus, dass es nach wie vor Bedenken bezüglich Korruption,
Einkommensunterschieden und Arbeitslosigkeit sowie sehr große Erwartungen bezüglich besserer öffentlicher
Dienstleistungen vor allem in den Bereichen Gesundheit und Bildung, die unter fehlenden Investitionen,
übermäßiger Bürokratie und ineffizienten Strukturen leiden, gibt. Gäbe es eine effizientere staatliche Verwaltung
und bessere öffentlichen Dienstleistungen, hätten die Menschen mehr Verständnis für bevorstehende
schmerzliche Umstrukturierungen und Reformen. Die Einbeziehung der Privatwirtschaft im Rahmen eines
partnerschaftlichen Ansatzes sollte Teil der Lösung sein und eröffnet der EBWE viele weitere Möglichkeiten, zu
Fortschritten in diesem Bereich beizutragen.

7. Die Förderung kleiner Unternehmen und des Unternehmertums gehört zu den wichtigsten Aufgaben der
EBWE. Gezielte Finanz- und Beratungsdienstleistungen und der Ausbau von Wissen sind für alle Einsatzländer
der Bank von größter Bedeutung. Dies zeigt sich durch den begrüßenswerten Anstieg der von der EBWE
durchgeführten Kleinprojekte um 32 % im Jahr 2007. Darüber hinaus sieht die neue Strategie "Turnaround
Management and Business Advisory Services (TAM-BAS)" (= Turn-Around-Management und
Wirtschaftsberatungsdienste) mehr Unterstützung (unter anderem bei der Ausbildung) für Kleinst- und
Kleinunternehmen sowie mittelständische Unternehmen vor, insbesondere in den ländlichen Gebieten Russlands
und der Ukraine, was sich im Hinblick auf die Bekämpfung der Abwanderung qualifizierter Fachkräfte
("Braindrain") oder den Verlust fähiger Unternehmer aufgrund von Auswanderung als besonders hilfreich
erweisen sollte.

8. Steigende Energiepreise, eine hohe Energieintensität und Bedenken bezüglich der Sicherung der
Energieversorgung erinnern an die ernüchternde Tatsache, dass die Förderung der Energieeffizienz in allen
Transformationsländern eine wichtige, dringende und gewaltige Aufgabe ist. Viele Transformationsländer sind
von einem einzigen Öl- und Gaslieferanten abhängig - hauptsächlich von russischen Unternehmen - und
befinden sich in einer schlechten Verhandlungsposition. Mithilfe der EBWE versuchen sie, diese Abhängigkeit
zu verringern und ihre Wettbewerbsfähigkeit durch Diversifizierung der Versorgung und Rationalisierung des
Energieverbrauchs zu stärken; dies beginnt bei den privatwirtschaftlichen Unternehmen. Generell ist die
verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien wünschenswert, aber die größte Chance - und Herausforderung - liegt
in der Verbesserung der Energieeffizienz und Energieeinsparung. Die EBWE und ihre Kreditnehmerländer
sollten diesen Weg weiter beschreiten.

9. Als neutraler Vermittler für die Vertiefung der regionalen Zusammenarbeit in Südosteuropa und im
Kaukasus spielt die EBWE eine besonders wichtige Rolle. Während sich die Volkswirtschaften beider Regionen
laufend dynamisch weiterentwickeln, was durch die Bemühungen um eine engere Anbindung an die Europäische
Union gefördert wird, konzentrieren sich Reformfortschritte hauptsächlich auf Südosteuropa, vor allem auf das
Gebiet des westlichen Balkan. Die gespannte Ruhe um die von schwelenden Konflikten gekennzeichneten
Gebiete herum verhindert, dass sich das eigentliche Entwicklungspotenzial dieser Regionen voll entfalten kann,
und die engstirnige Verfolgung nationaler Interessen verlangsamt die regionale Integration vor Ort. Die
Versammlung hofft, dass ein neu geschaffener Regionaler Kooperationsrat basisorientiertere
Entwicklungsprojekte in Südosteuropa mit größerer Eigenverantwortung und -initiative, einfacherer
Koordinierung und engerer Einbindung von Parlamenten und Zivilgesellschaften auf nationaler Ebene fördert.

Drucksache 16/13168 – 20 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Die kontinuierliche Unterstützung der internationalen Gemeinschaft und Übernahme von Ideen aus anderen
erfolgreichen regionalen Kooperationsprogrammen sollten dem Regionalen Kooperationsrat helfen, die Länder
der Region für den Aufbau von Kapazitäten zu mobilisieren, um auf diese Weise den Übergang von dumpfer
Rivalität zu gesundem Wettbewerb und Konvergenz innerhalb der Region zu vollziehen.

10. Die Untersuchungen der EBWE zeigen, dass die Länder Südosteuropas und des Kaukasus in hohem
Maße von Geldüberweisungen der ausgewanderten Arbeitnehmer aus dem Ausland und informellen
Finanzbeziehungen abhängig sind; gleichzeitig bestehen große Mängel in Bezug auf den institutionellen Aufbau,
ordnungspolitischen Rahmen und die Bandbreite an Finanzdienstleistungen, die der Bevölkerung zur Verfügung
stehen. Für die EBWE und ihre Partner gibt es natürlich zwingende Gründe dafür, weiterhin in den
Dienstleistungssektor zu investieren. Die Einrichtung eines so genannten Shareholder Special Fund
(Sonderfonds für Anteilseigner) der EBWE zur Unterstützung der technischen Zusammenarbeit für die
Vorbereitung von Investitionsprojekten, die die vorhandenen Unterstützungsleistungen der Geberländer
ergänzen, ist ein begrüßenswerter Schritt. Diese Bündelung von Ressourcen wird die Hilfe für die Länder, die
am Anfang des Transformationsprozesses stehen, sowie für die Staaten des westlichen Balkans deutlich
verstärken; dies entspricht der 2006 beschlossenen strategischen Neuausrichtung der Aktivitäten der EBWE im
Osten und Südosten der Europäischen Union.

11. Die Russische Föderation ist nach wie vor größter Nutznießer der EBWE-Gelder. Ihr Anteil am
jährlichen Geschäftsvolumen der Bank stieg von 38 % im Jahr 2006 auf 41 % im Jahr 2007, wobei 90 % der
Investitionen für Projekte in den Regionen bestimmt waren. Der breitgefächerte Einsatz von Mitteln im
Unternehmenssektor, in der städtischen und ökologischen Infrastruktur, in Energieeffizienzprojekten, in der
Agrarindustrie, in Finanzinstituten, kleinen und mittelständischen Unternehmen und in einem
Handelsförderungsprogramm macht einen einheitlichen Ansatz bei der Unterstützung der Modernisierung und
Diversifizierung der wirtschaftlichen Strukturen des Landes deutlich. Man hofft, dass ein größerer Teil des
eigenen Einkommens, das die Russische Föderation aus natürlichen Ressourcen erwirtschaftet, allmählich in die
weitere Umstrukturierung der Wirtschaft und Förderung des Unternehmertums insbesondere auf der Ebene der
Kleinstunternehmen fließen wird. Die Versammlung würdigt die großen Anstrengungen der EBWE im Hinblick
auf die Unterstützung ordnungspolitischer Verbesserungen mithilfe des politischen Dialogs mit den staatlichen
Behörden und die Förderung des Engagements ausländischer Investoren in der russischen Wirtschaft.

12. Ungeachtet andauernder innenpolitischer Machtkämpfe befindet sich die Ukraine dank ihrer
unablässigen Reformbemühungen auf dem Weg in ein neues Zeitalter der regionalen und globalen
wirtschaftlichen Integration. Nach fünfzehn Jahren multilateraler Gespräche ist die Ukraine der
Welthandelsorganisation beigetreten und hat Verhandlungen mit der Europäischen Union über den Abschluss
eines Freihandelsabkommens aufgenommen, das die Entwicklungschancen der Ukraine als immer stärker
werdendes industrielles und landwirtschaftliches Zentrum weiter verbessert. Gleichwohl muss die Ukraine
weitere Anstrengungen im Hinblick auf Steuererleichterungen, Bürokratieabbau, die Überwindung von
Infrastrukturengpässen, Umstrukturierung des Energiesektors, Verbesserung der staatlichen Verwaltung und
Stärkung der Rechtsstaatlichkeit unternehmen, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Landes auf lange
Sicht zu erhöhen. Die Versammlung begrüßt den Durchbruch, der im Zusammenhang mit dem von der EBWE
angeführten Prozess der Außerbetriebsetzung des Atomkraftwerks Tschernobyl durch die Unterzeichnung
zweier wichtiger Verträge im Jahr 2007 und die Bereitstellung eines Teils der EBWE-Gewinne (135 Millionen
Euro) für das Tschernobyl-Schutzhüllenprojekt zwecks Beschleunigung der abschließenden Arbeiten an der
Ummantelung des Reaktors erzielt wurde.

13. Vor dem Hintergrund der schwierigen politischen Situation in der Republik Belarus war die Arbeit der
EBWE in den vergangenen zehn Jahren dort relativ stark eingeschränkt. Im Rahmen einer neuen, im Dezember
2006 verabschiedeten nationalen Strategie für Belarus verpflichtet sich die EBWE, die Beziehungen zum
privatwirtschaftlichen Sektor zwischen 2007 und 2008 auszubauen und dabei den Schwerpunkt auf die
Kleinkreditvergabe und kleine Unternehmen zu legen; die Bank ist bereit, ihre Geschäftstätigkeit über den
privatwirtschaftlichen Sektor hinaus zu erweitern, sofern in Bezug auf Demokratisierung und
marktwirtschaftliche Reformen hinreichende Fortschritte erzielt werden. Die Versammlung ist der Auffassung,
dass die EBWE weiterhin jede Möglichkeit zum politischen Dialog mit den Behörden nutzen sollte, um längst
überfällige Reformen zu unterstützen und die Entwicklung der Privatwirtschaft zu fördern. Die Bank könnte

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 21 – Drucksache 16/13168

erwägen, ihr Tätigkeitsfeld in Belarus auszuweiten, indem sie örtliche privatwirtschaftliche Unternehmen
auffordert, in Energieeffizienz zu investieren - nicht zuletzt mithilfe ihrer Initiative für nachhaltige Energie.

14. Zentralasien ist eine Region von außerordentlicher geopolitischer Bedeutung, die größerer
Aufmerksamkeit und eines größeren Engagements von Seiten der europäischen Länder bedarf. Die fünf
zentralasiatischen Binnenstaaten - Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan - sehen
sich vielen gemeinsamen Bedrohungen (Terrorismus, Drogen- und Waffenschmuggel, Korruption) und
Herausforderungen (Armut, Arbeitslosigkeit, Wüstenbildung, chemische Verschmutzung von Land und
Gewässern, Staatsführung, rechtlicher Status des Kaspischen Meeres) gegenüber und sind im Hinblick auf
Verkehrswege, Bevölkerungsbewegungen, Wasserressourcen und Energieversorgung in hohem Maße
voneinander abhängig. Sie könnten von einer pragmatischeren und wirksameren wirtschaftlichen und politischen
Zusammenarbeit enorm profitieren, wenn den Worten Taten folgen.

15. Die Versammlung ist der Auffassung, dass der Europarat die Unterstützung der Länder der Region
beispielsweise mithilfe einer möglichen Nachbildung der Schools of Political Studies auf der Grundlage des
vorhandenen Programms des Europarates für die Mitgliedstaaten und Belarus erwägen könnte. Gleichzeitig
unterstreicht die Versammlung, dass die EBWE in Zentralasien besonders wachsam und vorsichtig agieren muss,
um zu verhindern, dass die in privatwirtschaftliche Unternehmen getätigten Investitionen indirekt den
Missbrauch von Menschenrechten, darunter die Kinderarbeit, begünstigen.

16. Angesichts ihrer früheren Erwägungen und ihrer Entschlossenheit, den politischen Dialog mit den
zentralasiatischen Staaten - wie zuletzt unter anderem in der Entschließung 1599 (2008) gefordert - zu stärken,
könnte die Versammlung erwägen, die Parlamente der zentralasiatischen Staaten zukünftig an ihren Debatten
über die EBWE und den Status der Menschenrechte und Demokratie zu beteiligen.

17. Im Hinblick auf den Antrag der Türkei, Einsatzland der EBWE zu werden, könnte die Bank im Oktober
2008 beschließen, ihre Tätigkeiten auf die Türkei auszuweiten und damit die Tür zu einem differenzierteren
Tätigkeitsfeld zu öffnen, das über die enge Auslegung ihrer Kernaufgaben in den Transformationsstaaten
hinausreicht. Die Versammlung geht davon aus, dass die EBWE sorgfältig prüft, inwieweit der Antrag der
Türkei möglichst optimal berücksichtigt werden kann, ohne den Grad des Engagements der Bank in den weniger
fortgeschrittenen Transformationsländern zu beeinträchtigen. Dies kann durchaus zur Folge haben, dass die
Bank die derzeitige Obergrenze ihres jährlichen Operationsvolumens überschreiten muss.

Entschließung 1617 (2008)5

betr. Der Stand der Demokratie in Europa

Besondere Herausforderungen für die europäischen Demokratien: Vielfalt und Migration

1. Die Parlamentarische Versammlung verweist auf ihre Entschließung 1547 (2007) und ihre Empfehlung
1791 (2007) über den Stand der Menschenrechte und der Demokratie in Europa sowie ihre Empfehlung 1500
(2001) über die Teilhabe von Migranten und im Ausland ansässigen Personen am politischen Leben in den
Mitgliedstaaten des Europarates und bekräftigt diese erneut.

2. Die Versammlung ist der Auffassung, dass kulturelle Vielfalt eine unvermeidliche Entwicklung in den
zeitgenössischen demokratischen Gesellschaften und die unvermeidliche Konsequenz der Modernisierung,
Globalisierung und Liberalisierung der Volkswirtschaften und einer sich wandelnden Demographie ist.

3. Die Art und das Tempo der Transformation der kulturellen Vielfalt und die daraus resultierenden
Folgen sind stetigen Veränderungen unterworfen.

5 Debatte der Versammlung am 25. Juni 2008 (23. Sitzung) (siehe Dok. 11623, Bericht des Politischen Ausschusses, Berichterstatter: Herr
Gross; Dok. 11653, Stellungnahme des Ausschusses für die Gleichstellung von Frauen und Männern, Berichterstatterin: Frau Memecan).
Der Text wurde von der Versammlung am 25. Juni 2008 (24. Sitzung) verabschiedet.

Drucksache 16/13168 – 22 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

4. Migration ist eine wichtige Ursache für die kulturelle Vielfalt in den europäischen Nationalstaaten.
Verlässlichen Schätzungen zufolge gibt es 64,1 Millionen Migranten in Europa, was 8,8 % der
Gesamtbevölkerung entspricht, und ihre Zahl steigt weiter an.

5. Die Vielfalt stellt eine Herausforderung für unsere Demokratien dar. Die meisten von ihnen waren
ursprünglich für homogenere Gesellschaften konzipiert. Heute sind sie nicht immer in der Lage, die Chancen zu
berücksichtigen und zu nutzen, die sich in Gesellschaften mit größerer kultureller Vielfalt ergeben. Diese
Mängel der Demokratien, die in extremen Fällen zu Gewalt führen können, sollten unverzüglich bekämpft und
beseitigt werden.

6. Die Versammlung ist sich der wichtigen Herausforderung bewusst, vor der die europäischen
Demokratien stehen, wenn es darum geht, die Achtung der Vielfalt in der Gesellschaft mit der Einbeziehung des
demokratischen Staatswesens und Prozesses zu vereinbaren und gleichzeitig die volle Achtung der Rechte aller
Menschen in einem Land sicherzustellen.

7. Sie begrüßt die erheblichen Fortschritte in diesem Bereich sowie die Tatsache, dass sich die Lage von
Migranten im Hinblick auf die Ausübung ihrer politischen Rechte in den letzten Jahren im Allgemeinen deutlich
verbessert hat. Die Versammlung hofft, dass der Grundsatz der Einbeziehung aller Gruppen in den Demokratien
weiter gestärkt wird.

8. Gleichzeitig erinnert die Versammlung daran, dass dem Wesen der Demokratie zufolge alle Menschen,
die von einer Entscheidung betroffen sind, mittelbar oder unmittelbar Teil des Entscheidungsprozesses sein
müssen. Andernfalls wird die Würde einer Person nicht respektiert. Daher ist der repräsentative Charakter der
Demokratie von entscheidender Bedeutung, und der Ausschluss großer Bevölkerungsgruppen vom
demokratischen Prozess ist nicht hinnehmbar. Dieses Problem muss durch Erleichterungen im Hinblick auf den
Erwerb der Staatsbürgerschaft6 oder die Ausweitung politischer Rechte, darunter des Wahlrechts, auf
Nichtstaatsbürger, gelöst werden.

9. Des Weiteren ist nach Auffassung der Versammlung die unterschiedliche Behandlung von rechtmäßig
in einem Land ansässigen Langzeitmigranten allein aufgrund ihres Herkunftslands nicht gerechtfertigt. So sollte
es beispielsweise keine Unterscheidung bei Migranten geben, die Staatsbürger von Mitgliedstaaten des
Europarates sind, unabhängig davon, ob ihr Herkunftsland Mitglied der Europäischen Union ist oder nicht.

10. Eines der wichtigsten Ziele eines jeden demokratischen Systems sollte die Gewährleistung der
Chancengleichheit sein, die allen Menschen die Wahrnehmung ihrer politischen Rechte ermöglicht.

11. Weitere Bedenken bestehen hinsichtlich der tatsächlichen Wahrnehmung von Rechten, sofern diese
gewährt wurden. Die geringe Beteiligung und Vertretung von Migranten und Menschen mit
Migrationshintergrund im politischen Leben wirft Fragen bezüglich der Hindernisse für ihre aktivere Beteiligung
am demokratischen Prozess auf. Diese Hindernisse müssen beseitigt werden.

12. Das richtige Gleichgewicht zwischen der Achtung der Vielfalt und der Notwendigkeit der Integration ist
für das reibungslose Funktionieren der Demokratie von grundlegender Bedeutung. Integration, deren Ziel im
Wesentlichen die Beseitigung von Ausgrenzung und Segregation in der Gesellschaft ist, muss mit der Achtung
der Vielfalt sowie der unterschiedlichen Kulturen, Sprachen und Religionen einhergehen und die
Menschenrechte in vollem Umfang achten. Integration darf nicht mit Assimilation verwechselt werden und
würde durch diese untergraben.

13. Gleichzeitig impliziert Integration aber ein gewisses Maß an Beteiligung an der Gesellschaft insgesamt;
dies beinhaltet auch die Beherrschung der Sprache(n) des Aufenthaltslandes sowie die Achtung der
verfassungsmäßigen Werte des Landes, vor allem die Achtung der Grundsätze der Menschenrechte und der
Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Migrantinnen sollte der Zugang zu Sprachkursen erleichtert werden, und sie
sollten aufgefordert werden, solche Kurse zu besuchen. Die Kultur- und Bildungspolitik sollte weiterentwickelt
werden, um die Kenntnisse der Migrantinnen über verfassungsmäßige Werte und die Grundsätze der
Menschenrechte zu erweitern.

6 Der Begriff "Staatsbürgerschaft" bezieht sich auf die nationale Zugehörigkeit.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 23 – Drucksache 16/13168

14. Integration ist sowohl eine notwendige Voraussetzung als auch ein Kriterium für die Bewertung der
Qualität einer Demokratie.

15. Darüber hinaus stellt die Versammlung fest, dass Demokratie auch ein wichtiges Mittel zur
Gewährleistung der Chancengleichheit für alle ist. In der Art und Weise, in der die Demokratie derzeit
praktiziert wird, kann sie ihren Versprechen indessen nicht in vollem Umfang gerecht werden. Der Weg zur
Überwindung der Defizite des heutigen demokratischen Gemeinwesens besteht darin, es auf die internationale
Ebene auszuweiten.

16. Die Versammlung erkennt an, dass unterschiedliche historische, geographische, gesellschaftliche und
kulturelle Gegebenheiten die Form der Demokratie in verschiedenen Ländern und deshalb wohl auch ihr
heutiges Bild beeinflusst haben dürften. Dies ist bei der Beurteilung der Qualität einer Demokratie zu
berücksichtigen.

17. Zwecks Verbesserung der Einbeziehung aller Gruppen in den demokratischen Prozess und der Qualität
der Demokratie fordert die Versammlung die Mitgliedstaaten des Europarates auf,

17.1. im Hinblick auf den Erwerb der Staatsbürgerschaft

17.1.1. den Erwerb der Staatsbürgerschaft zu erleichtern;

17.1.2. gegebenenfalls die Beseitigung der Beschränkungen im Hinblick auf die doppelte
Staatsbürgerschaft zu erwägen, sofern diese in der nationalen Gesetzgebung vorhanden sind,
außer in Fällen, in denen die doppelte Staatsbürgerschaft möglicherweise von Personen, denen
Kriegsverbrechen zur Last gelegt werden, missbraucht werden könnte, um sich der
Gerechtigkeit zu entziehen;

17.1.3. in den Fällen, in denen eine doppelte Staatsbürgerschaft nicht möglich ist, die
Beseitigung der Beschränkungen für Bürger, die auf ihre Staatsbürgerschaft verzichten, zu
erwägen, sofern diese Beschränkungen in der nationalen Gesetzgebung vorhanden sind;

17.1.4. das Europäische Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit (SEV Nr. 166) zu
unterzeichnen bzw. zu ratifizieren, sofern noch nicht geschehen;

17.1.5. zu erwägen, Migrantinnen einen rechtlichen Status unabhängig von dem ihres
Ehepartners zu verleihen;

17.2. im Hinblick auf das Wahlrecht die Gewährung des aktiven und passiven Wahlrechts bei
kommunalen und regionalen Wahlen zumindest für Staatsbürger der Mitgliedstaaten des Europarates,
die einen rechtmäßigen Wohnsitz in dem Land haben, zu erwägen; dies wäre ein erster Schritt, bevor
allen rechtmäßig niedergelassenen Ausländern ungeachtet ihres Herkunftslandes diese Rechte
eingeräumt werden;

17.3. im Hinblick auf andere politische Rechte

17.3.1. die Aufhebung von Beschränkungen hinsichtlich der Ausübung der individuellen
Freiheiten von rechtmäßig in dem Land niedergelassenen Migranten, insbesondere der
Vereinigungsfreiheit, sowie anderer Beschränkungen zu erwägen, auch wenn diese im
Einklang mit Artikel 16 der Europäischen Menschenrechtskonvention stehen, sofern diese
Beschränkungen in der nationalen Gesetzgebung vorhanden sind;

17.3.2. die Unterstützung der Streichung des Artikels 16 aus der Europäischen
Menschenrechtskonvention, der Beschränkungen bezüglich der friedlichen politischen
Aktivität von Ausländern ermöglicht, zu erwägen;

Drucksache 16/13168 – 24 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

17.3.3. das Übereinkommen des Europarates über die Beteiligung von Ausländern am
kommunalen öffentlichen Leben (SEV Nr. 144) zu unterzeichnen bzw. zu ratifizieren, sofern
noch nicht geschehen;

17.4. im Hinblick auf die Registrierung von Migranten

17.4.1. dafür zu sorgen, dass dem Antrag auf Registrierung von Migranten sowie ggf. auf eine
langfristige Aufenthaltserlaubnis keine Hindernisse entgegenstehen;

17.4.2. auf europäischer Ebene zur Schaffung eines harmonisierten Systems für die Erfassung
statistischer Daten über Migranten, einschließlich geschlechterspezifischer Daten, beizutragen.

18. Die Versammlung fordert die Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf, die unterschiedliche
Behandlung von Einwanderern aus Drittländern im Vergleich zu Einwanderern aus anderen Ländern der
Europäischen Union in Bezug auf die Ausübung ihrer politischen Rechte erneut zu prüfen und zu ändern.

19. Die Versammlung fordert den Kongress der Gemeinden und Regionen Europas des Europarates auf,
seine Aktivitäten in Bezug auf die Beteiligung von Ausländern an der kommunalen und regionalen Demokratie
fortzusetzen und die Frage ihrer tatsächlichen politischen Beteiligung, einschließlich ihrer Vertretung auf der
Ebene der kommunalen und regionalen Gewalt, zu untersuchen.

20. Die Versammlung ruft die zuständigen Ausschüsse der nationalen Parlamente auf, den Bericht von
2008 über den Stand der Demokratie in Europa im Hinblick auf die Gewährleistung einer sachdienlichen
Weiterverfolgung im Rahmen der nationalen Gesetze und Politiken zu prüfen.

Empfehlung 1839 (2008)7

betr. Der Stand der Demokratie in Europa

Besondere Herausforderungen für die europäischen Demokratien: Vielfalt und Migration

1. Die Parlamentarische Versammlung verweist auf ihre Entschließung 1617 (2008). Sie erinnert auch an
ihre früheren Entschließungen und Empfehlungen, in denen es um Demokratie, Migration sowie die politischen
Beteiligung von Migranten ging.

2. Die Versammlung empfiehlt dem Ministerkomitee, die Mitgliedstaaten aufzufordern, die in
Entschließung 1617 (2008) aufgeworfenen Fragen auf angemessene Art und Weise weiterzuverfolgen und die
erforderlichen Maßnahmen zur Stärkung ihrer demokratischen Prozesse zu treffen.

3. Die Versammlung empfiehlt dem Ministerkomitee, unter Nutzung seiner einzigartigen Position als
Forum für die gesamteuropäische Zusammenarbeit folgende Aktivitäten zu initiieren:

3.1. Harmonisierung der Systeme zur Erfassung und Verarbeitung von Daten über Migranten unter
den Mitgliedstaaten des Europarates;

3.2. Erarbeitung von Leitlinien für die Registrierung und den Status von Ausländern, die seit vielen
Jahren rechtmäßig in den Mitgliedstaaten des Europarates ansässig sind;

3.3. Förderung weniger restriktiver Bestimmungen für den Erwerb der Staatsbürgerschaft und der
Harmonisierung der Einbürgerungssysteme, insbesondere im Hinblick auf die erforderliche

7 Debatte der Versammlung am 25. Juni 2008 (23. Sitzung) (siehe Dok. 11623, Bericht des Politischen Ausschusses, Berichterstatter: Herr
Gross; Dok. 11653, Stellungnahme des Ausschusses für die Gleichstellung von Frauen und Männern, Berichterstatterin: Frau Memecan).
Der Text wurde von der Versammlung am 25. Juni 2008 (24. Sitzung) verabschiedet.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25 – Drucksache 16/13168

Aufenthaltsdauer in einem Land und unter Berücksichtigung des "Abhängigkeitsstatus" vieler
Migrantinnen, um die Situation in den Mitgliedstaaten gerechter zu gestalten, sowie in Bezug auf die
Kriterien zur Bestimmung des Integrationsgrades der betreffenden Person;

3.4. Förderung der Harmonisierung der Bestimmungen zum Wahlrecht und zu den politischen
Rechten von Ausländern in den Mitgliedstaaten;

3.5. Erarbeitung geschlechterspezifische Studien über die politische Beteiligung von Migranten und
Menschen mit Migrationshintergrund auf den verschiedenen Ebenen der politischen Vertretung und des
Entscheidungsprozesses;

3.6. Aufforderung an die Regierungen, dem Beispiel der niederländischen Regierung zu folgen und
nach den vom Internationalen Institut für Demokratie und Wahlhilfe (IDEA) erstellten Leitlinien eine
Selbstbeurteilung der Qualität der Demokratie in ihren Staaten durchzuführen.

4. Darüber hinaus fordert die Versammlung das Ministerkomitee auf, die erforderlichen Ressourcen
bereitzustellen und - in Zusammenarbeit mit anderen Partnern - das Forum für die Zukunft der Demokratie als
Instrument zur weiteren Entwicklung der Demokratie in Europa umfassend zu nutzen und sich in einer
zukünftigen Sitzung mit der Frage zu befassen, inwieweit die Migration für die demokratischen Systeme eine
Herausforderung darstellen könnte.

Entschließung 1618 (2008)8

betr. Der Stand der Demokratie in Europa

Maßnahmen zur Verbesserung der demokratischen Mitwirkung von Migranten

1. Den Angaben der Internationalen Organisation für Migration zufolge gibt es in Europa mehr als
64,1 Millionen Migranten, und ihre Zahl nimmt ständig zu. In ähnlichem Maße erhöht sich auch die
Notwendigkeit, dafür zu sorgen, dass Migranten "in angemessener Weise" am demokratischen Prozess in Europa
beteiligt werden.

2. Der Grad der demokratischen Teilhabe in ganz Europa ist weiterhin gering, vor allem unter den
Migranten.

3. Die Integration ist für die demokratische Teilhabe von Migranten entscheidend, und diese Teilhabe
fördert wiederum die Integration. Sie erleichtert die Teilhabe nicht nur, sondern führt auch zu einem besseren
Verständnis für gemeinsame Werte und zur Achtung kultureller Unterschiede, was für eine demokratische
Entwicklung von großer Bedeutung ist. Sie sollte stets als ein in beide Richtungen führender Prozess betrachtet
werden, an dem sich Migranten und die Bevölkerungsmehrheit gleichermaßen beteiligen.

4. Die demokratische Teilhabe ist für alle Menschen in der Gesellschaft wichtig, auch für Migranten der
ersten oder einer späteren Generation. Je eher Migranten die Möglichkeit der demokratischen Teilhabe erhalten,
desto eher werden sie sich beteiligen und integrieren. Darüber hinaus ist auch die demokratische Teilhabe von
Migranten in ihren Herkunftsländern wichtig.

5. Migranten sind keine homogene Gruppe. Sie unterscheiden sich nach Nationalität und ethnischer
Zugehörigkeit und kommen aus unterschiedlichen Gründen nach Europa. Einige kommen, um zu arbeiten oder
zu studieren oder im Rahmen der Familienzusammenführung oder auf der Flucht vor Verfolgung oder als Opfer

8 Debatte der Versammlung am 25. Juni 2008 (23. Sitzung) (siehe Dok. 11625, Bericht des Ausschusses für Wanderbewegungen,
Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen, Berichterstatter: Herr Greenway). Der Text wurde von der Versammlung am 25. Juni 2008
(24. Sitzung) verabschiedet.

Drucksache 16/13168 – 26 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

von Menschenhandel. Viele von ihnen sind illegal zugewandert. Es gibt Migranten der ersten und solche einer
späteren Generation. Fast die Hälfte der Migranten in Europa sind Frauen.

6. Demokratische Teilhabe kann viele Formen annehmen. Dazu kann die politische Teilhabe durch
Ausübung des aktiven oder passiven Wahlrechts gehören, aber auch die Wahrnehmung von Rechten wie das
Recht auf Meinungs-, Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Sie kann auch die Vereinigungsfreiheit
beinhalten, darunter die Mitgliedschaft in politischen Parteien, den Beitritt zu Gewerkschaften und die
Teilnahme an Demonstrationen. Darüber hinaus kann sie die Teilnahme an der Zivilgesellschaft umfassen, z.B.
in speziellen Migrantenvereinigungen oder in anderen Vereinen mit weiter gefasstem Tätigkeitsfeld wie Sport,
Kunst, Wohltätigkeit, Philosophie oder Religion.

7. Demokratische Teilhabe kann auf europäischer, nationaler, regionaler oder lokaler Ebene stattfinden. In
der Praxis ist die Teilhabe von Migranten auf kommunaler Ebene am wichtigsten und effektivsten. Der Kongress
der Gemeinden und Regionen Europas des Europarates (im Folgenden als "Kongress" bezeichnet) spielt auf
dieser Ebene somit eine besondere Rolle und hat bisher schon wichtige Arbeit geleistet, z.B. durch die
Einrichtung lokaler Beratungsstellen für ausländische Bürger. Die Europäische Kommission für Demokratie
durch Recht (Venedig-Kommission) spielt in diesem Zusammenhang ebenfalls eine wichtige Rolle, da sie einen
Verhaltenskodex für Wahlrechtsfragen erarbeitet hat.

8. Die Parlamentarische Versammlung erinnert an ihre jüngste Empfehlung 1500 (2001) über die Teilhabe
von Zuwanderern und ausländischen Gebietsansässigen im politischen Leben der Mitgliedstaaten des
Europarates. Sie stellt darüber hinaus fest, dass der Europarat mittels der Übereinkommen über die
Rechtsstellung von Wanderarbeitnehmern (SEV Nr. 93), die Staatsangehörigkeit (SEV Nr. 166) und die
Teilnahme von Ausländern am kommunalen öffentlichen Leben (SEV Nr. 144) wichtige Normen festgelegt hat.

9. Die Versammlung erkennt an, dass im Hinblick auf die demokratische Teilhabe von Migranten viele
Fortschritte erzielt wurden. Unter Berücksichtigung dieser Tatsache und in der Absicht, die Integration und
demokratische Teilhabe von Migranten in ganz Europa zu verbessern, ruft die Versammlung die Mitgliedstaaten
des Europarates auf,

9.1. die demokratische Teilhabe von Frauen und Männern mithilfe folgender Maßnahmen zu
fördern:

9.1.1. Förderung der Integration als nicht diskriminierender Prozess in zwei Richtungen
mithilfe von Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Diskriminierung und zur
Unterstützung der Integration (z.B. Aufklärung von Personen, die mit Migranten arbeiten, über
die kulturelle Vielfalt und Bewertungsmaßstäbe zur Gewährleistung der Integration) sowie
durch Schritte zur Aufklärung der Bevölkerungsmehrheit über die unterschiedlichen Kulturen
der Migranten und die Notwendigkeit, die Stigmatisierung von Migranten in der
Integrationsdebatte zu vermeiden;

9.1.2. Bildung und Erlernen der Sprache der Aufnahmegesellschaft. Dies ist besonders
wichtig für Frauen und Neuankömmlinge, denen Lesekurse, Sprachfortbildungen, Aufklärung
über die Rechte der Bürger und Vorbereitungskurse für den Arbeitsmarkt angeboten werden
sollten. Anforderungen in Bezug auf Sprachkenntnisse sollten kein Hindernis für die
Wahrnehmung des Rechts auf ein Familienleben bilden;

9.1.3. Gewährleistung gleichberechtigten Schutzes und der Gleichstellung vor dem Gesetz
sowie Durchführung von Maßnahmen gegen rassistisch motivierte Gewalttaten, um den Opfern
unabhängig von ihrem Status als Einwanderer Zugang zu wirksamen Rechtsbehelfen und das
Recht auf Inanspruchnahme einer fairen und angemessenen Wiedergutmachung zu garantieren.
Besondere Aufmerksamkeit sollte der Kampf gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit,
Antisemitismus, Islamfeindlichkeit und Intoleranz finden - dies umfasst auch die Neigung von
Seiten der Behördenvertreter, Pädagogen und Medien, Angehörige der "nicht
staatsbürgerlichen" Bevölkerungsgruppen anzugreifen, zu stigmatisieren oder mit Stereotypen
oder bestimmten Merkmalen zu belegen. Zugleich sind auch geschlechtsbedingte

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 27 – Drucksache 16/13168

Diskriminierungen und Gewalt gegen Frauen zu berücksichtigen. Den Empfehlungen der
Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) sollte entsprochen werden;

9.1.4. Schaffung sozialer Anknüpfungspunkte für Gemeinschaften, auch in Bereichen wie
Sport und Erziehung und bei kulturellen, philosophischen und religiösen Aktivitäten;

9.1.5. Entwicklung sozialer Bindungen innerhalb von Gemeinschaften als Mittel zur
Vertrauensbildung und Sprungbrett für andere Formen der Teilhabe;

9.1.6. Herstellung sozialer Verbindungen zu Einrichtungen und Gemeinschaften, um
Ausschluss und Diskriminierung zu vermeiden und sicherzustellen, dass Migrantinnen und
Migranten in die Gestaltung und Umsetzung der politischen Maßnahmen, die sie betreffen,
einbezogen werden. Migranten sollten auf allen Verwaltungsebenen vertreten sein und
beschäftigt werden, und die Mitgliedstaaten sollten - sofern noch nicht geschehen - erwägen,
Fachministerien oder Abteilungen für Integration aufzubauen und Integrationsfragen innerhalb
aller zuständigen Stellen durchgängig zu bearbeiten;

9.1.7. Hilfestellung bei der Integration am Arbeitsplatz, Beschäftigungssicherung,
Flexibilität beim Arbeitsplatzwechsel und bei Arbeitsgenehmigungen sowie Anerkennung der
Kenntnisse und Qualifikationen von Migranten. Migrantinnen verdienen besondere Beachtung,
da sie oft in Bereichen arbeiten, in denen sie ausgebeutet werden könnten, unter anderem in der
Schattenwirtschaft;

9.1.8. Umsetzung einer Politik der Beschäftigung von Migranten im öffentlichen Bereich,
z.B. im Gesundheits- und Bildungswesen und in der öffentlichen Verwaltung;

9.1.9. Unterzeichnung und Ratifizierung des Internationalen Übereinkommens zum Schutz
der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen;

9.1.10. Gewährung eines fairen Zugangs zu qualitativ gutem Wohnraum, um eine
ausgewogene Stadtteilstruktur herzustellen und Segregation zu verhindern und zu vermindern;

9.2. Beseitigung der Hindernisse für eine demokratische Teilhabe mithilfe der

9.2.1. Unterstützung des Erwerbs der Staatsangehörigkeit durch

9.2.1.1.Herabsetzung der für den Erwerb der Staatsangehörigkeit erforderlichen
Aufenthaltsdauer auf höchstens fünf Jahre;

9.2.1.2.Gewährleistung, dass andere Erfordernisse wie Einbürgerungstests,
Sprachprüfungen, Einkommens- und Wohnraumanforderungen, Gebühren und
eidesstattliche Versicherungen von ihrer Anzahl und ihren Anforderungen her nicht zu
einer übermäßigen Belastung führen;

9.2.1.3.Aufhebung bzw. Verringerung der Einschränkungen in Bezug auf die doppelte
Staatsangehörigkeit;

9.2.1.4.Berücksichtigung der besonderen Lage weiblicher und männlicher Flüchtlinge
und ihres dringenden Einbürgerungsbedarfs;

9.2.1.5.Unterzeichnung und Ratifizierung des europäischen Übereinkommens über die
Staatsangehörigkeit;

9.2.1.6.Gewährleistung, dass Migranten der zweiten oder einer späteren Generation
bei ihren Bemühungen um den Erwerb der Staatsangehörigkeit keine unnötigen
Hindernisse entgegenstehen;

Drucksache 16/13168 – 28 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

9.2.2. Gewährung des Daueraufenthaltsstatus für Personen, die sich seit weniger als fünf
Jahren im Land aufhalten, wobei auf überzogene bürokratische Hürden, hohe Gebühren sowie
kostspielige Sprach-, Wohn-, Einkommens- oder Beschäftigungsanforderungen verzichtet
werden sollte;

9.2.3. Festlegung von Regelungen für die Situation von illegalen Migranten, die
entsprechend der Entschließung 1568 (2007) der Versammlung über Regelungsprogramme für
illegale Migranten nicht in ihre Herkunftsländer zurückgeschickt werden;

9.2.4. Gewährung des Wahlrechts einschließlich des aktiven und passiven Wahlrechts bei
Kommunal- und Regionalwahlen für Migranten nach einer Aufenthaltsdauer von 5 Jahren oder
weniger;

9.2.5. Unterzeichnung und Ratifizierung des Übereinkommens über die Teilhabe von
Ausländern am öffentlichen Leben auf kommunaler Ebene;

9.2.6. Aufhebung der Einschränkungen des Rechts von Migranten auf Beitritt zu politischen
Parteien, Bildung von politischen Vereinigungen im Einklang mit den internationalen
Standards betreffend die Versammlungs-, Vereinigungs- und Meinungsfreiheit und
Aufforderung an die Parteien, auch Frauen und Männer mit Migrationshintergrund
aufzunehmen;

9.3. Förderung der Teilhabe durch

9.3.1. Gewährleistung, dass Migranten durch Einrichtung von Beratungsgremien im
Einklang mit dem Übereinkommen über die Teilhabe von Ausländern am kommunalen
öffentlichen Leben das Recht auf Beratung wahrnehmen können. Diese Gremien sollten dafür
sorgen, dass sie für Migranten und Mitglieder der kommunalen und anderer Behörden
repräsentativ und Frauen und Männer gleichberechtigt vertreten sind. Sie sollten Migranten
und Migrantenvereinigungen das Recht gewähren, Kandidaten aufzustellen, klar umrissene
Ziele verfolgen und politischen Aktivitäten einschließlich Beratungen und der Förderung der
Bürgerbeteiligung Vorrang geben. Darüber hinaus sollten diese Gremien das Recht auf
Unterrichtung und Anhörung sowie das Recht haben, eine Anhörung einzuleiten und eine
Antwort darauf zu erhalten;

9.3.2. Unterstützung von Initiativen der Zivilgesellschaft für und durch Migranten, die
Migranten Wahlmöglichkeiten und Optionen bieten, zum Brückenschlag zwischen den
Gemeinschaften beitragen, die Entstehung von Bindungen innerhalb der Gemeinschaften
unterstützen und Kontakte zu den Behörden erleichtern. Besondere Aufmerksamkeit sollte die
Unterstützung von Initiativen der Basisorganisationen von Migrantinnen finden;

9.3.3. Aufforderung an die Medien, ein faires und positives Bild über Migranten zu
vermitteln und keine Stereotypen zu verbreiten und dabei auch die doppelten Stereotypen zu
berücksichtigen, die über Migrantinnen in den Medien verbreitet werden; darüber hinaus ist
dafür zu sorgen, dass Migranten in den Medien als Medienprofis vertreten sind und
wahrgenommen werden und ihre Ansichten Gehör finden;

9.3.4. Unterstützung von Projekten, die Migranten und andere Mitglieder der Gemeinschaft
dazu bewegen, sich freiwillig zu bewerben und sich in die Zivilgesellschaft einzubringen;

9.3.5. Förderung von wissenschaftlichen Forschungsvorhaben einschließlich
Forschungsvorhaben von Migranten über die demokratische Teilhabe von Migranten, darunter
Studien über bewährte Verfahren für die Teilhabe und Integration, Hindernisse für eine
demokratische Teilhabe sowie Auswirkungen auf die Integration und das Wahlverhalten von
Migranten;

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 29 – Drucksache 16/13168

9.4. Gewährleistung, dass illegale Migranten nicht von allen Formen demokratischer Teilhabe
ausgeschlossen sind und in Übereinstimmung mit der Entschließung 1509 (2006) der Versammlung
über die Menschenrechte illegaler Migranten ihre Grundrechte wahrnehmen können;

9.5. Gewährleistung, dass die besonderen Bedürfnisse von Migrantinnen berücksichtigt werden und
entsprechend der Empfehlung 1732 (2006) und der Entschließung 1478 (2006) der Versammlung über
die Integration von Migrantinnen in Europa von denen der Männer unterschieden werden;

9.6. Förderung der verstärkten demokratischen Teilhabe von Migranten in ihren Herkunftsländern.

10. Die Versammlung ruft den Kongress der Gemeinden und Regionen Europas des Europarates auf, seine
Arbeit in Bezug auf die Teilnahme von Ausländern am öffentlichen Leben auf lokaler Ebene fortzuführen und
insbesondere die Nutzung von Beratungsgremien und des kommunalen Wahlrechts zu fördern. Darüber hinaus
ruft sie den Kongress auf, seine Aktivitäten zur Förderung der Integration von Migranten auf kommunaler Ebene
zu verstärken, unter anderem mithilfe des Europäischen Städtenetzwerks für lokale Integrationspolitik für
Migranten (CLIP).

11. Die Versammlung fordert den Menschenrechtskommissar des Europarates auf, den Mitgliedstaaten die
Beseitigung der Hindernisse für die demokratische Teilhabe von Migranten nahezulegen.

12. Die Versammlung fordert die Europäische Union auf, über den Europäischen Integrationsfonds Projekte
zu unterstützen, die sowohl auf die Integration als auch auf die demokratische Teilhabe von Migranten abzielen.
Der Unterstützung bedürfen auch Projekte, die - möglichst nach Geschlechtern getrennt - Indikatoren für die
demokratische Teilhabe von Migranten in ganz Europa sind und sich nicht nur auf die 27 Mitgliedstaaten der
Europäischen Union beschränken.

13. Die Versammlung fordert Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände auf, sich weiterhin für die
Förderung der Integration von Arbeitsmigranten und ihren Familien einzusetzen.

14. Die Versammlung fordert die politischen Parteien auf, in verstärktem Maße Personen mit
unterschiedlichem ethnischem Hintergrund als Kandidaten bei allen Wahlen zu berücksichtigen.

15. Die Versammlung fordert ihr Präsidium auf, den Geschäftsordnungsausschuss bezüglich der Frage zu
konsultieren, ob Maßnahmen getroffen werden können, damit Menschen mit Migrationshintergrund unter den
Mitgliedern der Versammlung in stärkerem Maße vertreten sind.

Empfehlung 1840 (2008)9

betr. Der Stand der Demokratie in Europa

Maßnahmen zur Verbesserung der demokratischen Mitwirkung von Migranten

1. Die Parlamentarische Versammlung verweist auf ihre Entschließung 1618 (2008) zu diesem Thema.

2. Der Europarat spielt bei der Förderung der demokratischen Teilhabe von Migranten eine wichtige Rolle
und hat zu diesem Prozess bereits beigetragen, unter anderem durch Annahme von Konventionen über die
Rechtsstellung von Wanderarbeitnehmern (SEV Nr. 93), die Staatsangehörigkeit (SEV Nr. 166) sowie die
Teilnahme von Ausländern am öffentlichen Leben auf kommunaler Ebene (SEV Nr. 144).

9 Debatte der Versammlung am 25. Juni 2008 (23. Sitzung) (siehe Dok. 11625, Bericht des Ausschusses für Wanderbewegungen,
Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen, Berichterstatter: Herr Greenway). Der Text wurde von der Versammlung am 25. Juni 2008
(24. Sitzung) verabschiedet.

Drucksache 16/13168 – 30 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

3. Der Grad demokratischer Teilhabe von Migrantinnen und Migranten in Europa ist allerdings weiterhin
gering, und es bedarf weiterer Schritte, um die Situation zu verbessern, auch mithilfe von
Integrationsmaßnahmen, die die Teilhabe von Migranten am demokratischen Leben und der Gesellschaft
fördern.

4. Daher empfiehlt die Versammlung dem Ministerkomitee,

4.1. den Lenkungsausschuss für lokale und regionale Demokratie (CDLR) und sein
Expertenkomitee für demokratische Teilnahme und öffentliche Ethik auf lokaler und regionaler Ebene
(LR-DP) anzuweisen, in allen Mitgliedstaaten des Europarates die Umsetzung der Normen zu
untersuchen, die in der Konvention über die Teilnahme von Ausländern am öffentlichen Leben auf
kommunaler Ebene enthalten sind und die der Ratifizierung dieses Rechtsinstruments
entgegenstehenden Hindernisse zu prüfen;

4.2. den Europäischen Ausschuss für Migration (CDMG) anzuweisen, der Frage nachzugehen,
inwieweit Integrationsprogramme sowie Gleichstellungs- und Chancengleichheitsprogramme in den
Mitgliedstaaten angepasst werden sollten, um die demokratische Teilhabe von Migranten zu fördern;

4.3. den Lenkungsausschuss für Menschenrechte (CDDH) anzuweisen, Einschränkungen der
politischen und sonstigen Grundrechte von Migranten (insbesondere des Rechts, Parteien beizutreten
oder politische Vereinigungen zu bilden) zu untersuchen, um die demokratische Teilhabe von
Migrantinnen und Migranten auf diese Weise zu fördern;

4.4. den Europäischen Ausschuss für rechtliche Zusammenarbeit (CDCJ) anzuweisen, in allen
Mitgliedstaaten die Umsetzung der Standards gemäß der Europäischen Staatsangehörigkeitskonvention
und den Stand der Ratifizierungen zu prüfen;

4.5. den Lenkungsausschuss zur Gleichstellung von Frau und Mann (CDEG) anzuweisen, im
Rahmen der Kontrolle der Umsetzung der Empfehlung (2003) 3 des Ministerkomitees an die
Mitgliedstaaten zur ausgewogenen Teilhabe aller Frauen und Männer ungeachtet ihrer ethnischen
Herkunft an der politischen und öffentlichen Entscheidungsfindung die demokratische Teilhabe von
Migrantinnen und Migranten zu evaluieren;

4.6. die Europäische Kommission für Demokratie durch Recht (Venedig-Kommission)
aufzufordern, die verfassungsrechtlichen Hemmnisse zu prüfen, die einer Gewährung des aktiven
Wahlrechts für Migranten - hauptsächlich auf kommunaler und regionaler Ebene - entgegenstehen, und
diesen Staaten bei Bedarf Hilfestellung bei einer Verfassungsreform zu leisten;

4.7. die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) aufzufordern,
anhaltende Diskriminierung, Rassismus und Intoleranz als Hindernis für die demokratische Teilhabe
von Migranten zu überwachen und ihrem Rat zu folgen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 31 – Drucksache 16/13168

Entschließung 1619 (2008)10

betr. Der Stand der Demokratie in Europa

Die Arbeitsweise demokratischer Institutionen in Europa und der Fortgang des Monitoringverfahrens der
Versammlung

1. Die Parlamentarische Versammlung erkennt die Arbeit ihres Ausschusses für die Überprüfung der
Einhaltung der von den Mitgliedstaaten des Europarates eingegangenen Pflichten und Verpflichtungen
(Monitoringausschuss) an, der 11 zurzeit einem Überwachungsverfahren unterliegende Staaten (Albanien,
Armenien, Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Georgien, die Republik Moldau, Monaco, Montenegro,
die Russische Föderation, Serbien und die Ukraine) und drei an einem Post-Monitoring-Dialog beteiligte Staaten
(Bulgarien, Türkei und die "ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien") in Übereinstimmung mit den
Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit und des Schutzes der Menschenrechte bei dem Prozess der Konsolidierung
ihrer demokratischen Institutionen begleitet.

2. Die Versammlung begrüßt insbesondere die Initiative des Monitoringausschusses, zu ihrer Diskussion
über den Stand der Demokratie in Europa dadurch beizutragen, dass er bei dem diesjährigen Fortschrittsbericht,
gestützt auf seine aktuellen Länderberichte über die Überwachungsverfahren, den Schwerpunkt auf die
Arbeitsweise demokratischer Institutionen in den oben erwähnten Mitgliedstaaten legt. Einige dieser Berichte
wurden im beschleunigten Verfahren erstellt, um der Versammlung eine schnelle und effiziente Reaktion auf
dringliche und kritische Situationen zu ermöglichen, z.B.

2.1. die Auflösung des Parlaments in der Ukraine durch Erlass des Präsidenten im April 2007 nach
einer monatelangen politischen Krise;

2.2. die vorgezogenen Präsidentschaftswahlen im Januar 2008 in Georgien, mit denen der Versuch
unternommen wurde, die politische Krise zu beenden, die in dem Land nach mehrtägigen politischen
Protesten und der Ausrufung des Notstands im November 2007 ausgebrochen war;

2.3. die Krise nach den Wahlen im Februar 2008 in Armenien, die zur Ausrufung des Notstands
und den tragischen Ereignissen vom 1. März mit 10 Toten und über 100 Verletzten führten;

2.4. die Vorbereitungen auf die Präsidentschaftswahlen im Oktober 2008 in Aserbaidschan.

3. Auf der Grundlage der Berichte des Monitoringausschusses sind folgende Fortschritte und erheblichen
Mängel festzustellen:

4. Im Hinblick auf die Gewaltenteilung und die Rolle des Parlaments:

4.1. Obwohl die Rolle und der Einfluss der Parlamente im politischen Leben in zwei
Mitgliedstaaten (Albanien und die Republik Moldau) allmählich gestärkt wurden, bleibt noch viel zu
tun, um die parlamentarische Kontrolle der Exekutive auszubauen und die gegenseitige Kontrolle in
Armenien, Aserbaidschan, Georgien, der Russischen Föderation und der Ukraine zu verbessern. Der
Opposition sollten auch gemäß der Entschließung 1601 (2008) über die Verfahrensrichtlinien bezüglich
der Rechte und Verpflichtungen der Opposition in einem demokratischen Parlament eine angemessene
Rolle und entsprechende Rechte garantiert werden, und es muss ein politischer Dialog zwischen der
Regierungsmehrheit und der Opposition innerhalb wie außerhalb des Parlaments eingeleitet (Armenien,
Aserbaidschan) oder verbessert werden (Georgien);

4.2. In Bosnien und Herzegowina, Monaco und der Ukraine ist dringend eine Verfassungsreform
erforderlich, um eine wirksame Gewaltenteilung und sachgerecht arbeitende demokratische

10 Debatte der Versammlung am 25. Juni 2008 (23. Sitzung) (siehe Dok. 11628, Bericht des Ausschusses für die Einhaltung der von den
Mitgliedstaaten des Europarates eingegangenen Pflichten und Verpflichtungen (Monitoringausschuss), Berichterstatter: Herr Holovaty).
Der Text wurde von der Versammlung am 25. Juni 2008 (24. Sitzung) verabschiedet.

Drucksache 16/13168 – 32 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Institutionen zu gewährleisten. Die neue Verfassung muss in Montenegro in geeigneter Weise
umgesetzt werden. Die Hilfestellung, die die Europäische Kommission für Demokratie durch Recht
(Venedig-Kommission) diesen Mitgliedstaaten im Rahmen der Überarbeitung der Verfassung - häufig
auf Ersuchen des Monitoringausschusses - anbietet oder anbieten könnte, ist von großer Bedeutung;

4.3. Die Unabhängigkeit der Judikative von den übrigen Gewalten sollte in Armenien,
Aserbaidschan, Bulgarien, Georgien, Monaco, Montenegro, Serbien, der Russischen Föderation und der
Ukraine gestärkt werden;

4.4. In Bezug auf Monaco erkennt die Versammlung an, dass die auf der Grundlage der
Empfehlungen des Europarates durchgeführte Verfassungsreform von 2002 dem Nationalrat größere
Machtbefugnisse eingeräumt und das Gleichgewicht zwischen den Gewalten gestärkt hat. Die
Versammlung empfiehlt, den Reformprozess fortzusetzen und nicht zu stoppen, um die Rolle des
Nationalrats noch weiter zu stärken und das System der gegenseitigen Kontrolle zu verbessern.

5. Im Hinblick auf Wahlen und Wahlrechtsreformen

5.1. weist die Versammlung auch unter Verweis auf ihre Entschließung 1547 (2007) über den Stand
der Menschenrechte und der Demokratie in Europa erneut nachdrücklich darauf hin, dass die
Durchführung freier und fairer Wahlen ein wesentlicher Bestandteil einer Demokratie und
Voraussetzung für den Aufbau demokratischer Institutionen ist;

5.2. fanden während des gesamten Berichtszeitraums (April 2007 bis Juni 2008) in den meisten
einem Überwachungsverfahren unterliegenden oder an einem Post-Monitoring-Dialog teilnehmenden
Staaten Parlaments- oder Präsidentschaftswahlen statt, bei denen eine Delegation der Versammlung als
Beobachter zugegen war, d.h. in Armenien, Georgien, Monaco, Montenegro, der Russischen
Föderation, Serbien, der "ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien", der Türkei und der
Ukraine;

5.3. sind in Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Montenegro, der Republik Moldau, der
Russischen Föderation, Serbien, der Ukraine und der Türkei nach wie vor Wahlrechtsreformen
notwendig. Die Sperrklausel ist vor allem in der Russischen Föderation (7 %) und der Türkei (10 %)
nach wie vor zu hoch. In diesem Zusammenhang begrüßt die Versammlung die Senkung der
Sperrklausel auf 3 % in Bosnien und Herzegowina und 5 % in Georgien und bedauert hingegen die
jüngste Entscheidung des Parlaments der Republik Moldau, diese Schwelle für Listengemeinschaften
verschiedener Parteien auf 6 % anzuheben;

5.4. sollten diese Reformen - möglichst mit Unterstützung der Venedig-Kommission - vor allem
dafür sorgen, dass

5.4.1. die Wählerverzeichnisse in Albanien, Georgien, Montenegro und der Ukraine
verbessert und Bestimmungen aufgehoben werden, denen zufolge Personen, die sich vor den
Wahlen im Ausland aufhalten, aus den ukrainischen Wählerverzeichnissen gestrichen werden
können;

5.4.2. Wahlen in Armenien und Aserbaidschan auf unparteiische und transparente Weise
durchgeführt werden, um das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Wahlprozess
wiederherzustellen;

5.4.3. in Armenien, Aserbaidschan, Georgien und der Republik Moldau wirksame
Beschwerde- und Einspruchsverfahren für Wahlen vorhanden sind;

5.4.4. in Armenien, Aserbaidschan, der Republik Moldau und der Russischen Föderation
gleiche Bedingungen, darunter auch eine neutrale und ausgewogene
Wahlkampfberichterstattung, gegeben sind; in der Russischen Föderation kamen die
Beobachter aufgrund der Tatsache, dass diese Voraussetzung nicht gegeben ist, zu dem
Schluss, dass die Parlamentswahlen vom Dezember 2007 frei, aber nicht fair waren;

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 33 – Drucksache 16/13168

5.4.5. in Montenegro und der Russischen Föderation eine echte Trennung zwischen dem
Staat und den Parteien/Kandidaten gewährleistet ist;

5.4.6. in Armenien, Aserbaidschan, Georgien und der Russischen Föderation die Verfolgung
und Einschüchterung oppositioneller Kandidaten und Anhänger gestoppt wird;

5.4.7. in der Russischen Föderation, Serbien und der Ukraine verfassungsrechtliche und
gesetzliche Bestimmungen aufgehoben werden, die die Abberufung von Volksvertretern durch
die Parteien (das so genannte "imperative Mandat") ermöglichen;

5.4.8. in Serbien und Montenegro geltende gesetzliche Bestimmungen, denen zufolge
Parteien nach den Wahlen die Rangfolge der Kandidaten auf den Wahllisten ändern dürfen,
aufgehoben werden, da sie die Transparenz beeinträchtigen und die Wähler irreführen;

5.5. kam der Monitoringausschuss nach Prüfung des Antrags, aufgrund des Verdachts des
Wahlbetrugs in Großbritannien ein Überwachungsverfahren einzuleiten, zu dem Schluss, dass das
Wahlsystem in Großbritannien eindeutig Wahlbetrug ermöglicht, insbesondere aufgrund des relativ
undurchschaubaren Systems der Wählererfassung - die Wähler müssen sich nicht persönlich ausweisen.
Dieses Problem wurde mit der Einführung der fakultativen Briefwahl noch verstärkt, insbesondere nach
den Regelungen, die vor den Änderungen des Wahlgesetzes von 2006 bestanden. Ungeachtet der
Probleme im Zusammenhang mit dem Wahlsystem beschloss die Versammlung indessen, kein
Überwachungsverfahren für Großbritannien einzuleiten, da Wahlen in Großbritannien auf
demokratische Weise durchgeführt werden und der freien Willensäußerung des Volkes entsprechen.

6. Im Hinblick auf Parteien und deren Finanzierung

6.1. weist die Versammlung erneut darauf hin, dass die Abberufung von Volksvertretern durch
Parteien (das so genannte "imperative Mandat") nicht hinnehmbar ist und den Grundsätzen der
Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung zuwiderläuft. Aufgrund der Vorschriften für die Registrierung
von Parteien und des Verbots von Listenverbindungen bei einer gleichzeitigen Sperrklausel von 7 % ist
es für neue und kleine Parteien in der Russischen Föderation überaus schwierig, effektiv zu
konkurrieren;

6.2. verweist die Versammlung im Hinblick auf die Finanzierung auf die ersten Ergebnisse der
Bewertungen der Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) des Europarates im Rahmen ihrer Dritten
Evaluierungsrunde zur Transparenz der Parteienfinanzierung, die zeigen, dass die Mitgliedstaaten zwar
ihre Regulierungsmaßnahmen auf diesem Gebiet intensiviert haben, ihre nationalen Standards aber
deutliche Unterschiede aufweisen und in mancher Hinsicht den Standards des Europarates nicht
genügen;

6.3. empfiehlt die Versammlung daher allen Mitgliedstaaten, die noch nicht über unabhängige,
spezialisierte und wirksame Kontrollmechanismen für die Parteienfinanzierung verfügen, diese
schnellstmöglich zu etablieren;

6.4. weist die Versammlung erneut auf ihre Empfehlung an Monaco und Montenegro hin, ein
Parteiengesetz zu verabschieden, um die Transparenz der Parteien- und Wahlkampffinanzierung zu
gewährleisten.

7. Im Hinblick auf die Korruptionsbekämpfung wurden folgende Feststellungen getroffen:

7.1. Ungeachtet der begrüßenswerten Bemühungen der Behörden mit Unterstützung des
Europarates und ungeachtet der Verabschiedung nationaler Antikorruptionsstrategien und der
Umsetzung von Aktionsplänen ist Korruption in praktisch allen einem Überwachungsverfahren
unterliegenden Mitgliedstaaten nach wie vor ein großes Problem;

7.2. Die Versammlung fordert die Behörden der Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die
Empfehlungen von GRECO umzusetzen und insbesondere die nationale Gesetzgebung zu verbessern

Drucksache 16/13168 – 34 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

und die beschlossenen Maßnahmen effektiv umzusetzen. Zu den staatlichen Bemühungen um die
Beseitigung der Korruption sollten nicht nur Bekämpfungsmaßnahmen, sondern auch Aktivitäten in den
Bereichen Prävention und polizeiliche Koordinierung gehören. In diesem Zusammenhang erinnert die
Versammlung an ihre Empfehlung, in Albanien, Georgien und der Ukraine Maßnahmen zu treffen, um
einen professionellen öffentlichen Dienst zu gewährleisten, der ethischen Regeln Rechnung trägt;

7.3. Die Ukraine sollte das Strafrechtsübereinkommen des Europarates über Korruption (SEV
Nr. 173) ratifizieren.

8. Im Hinblick auf den Pluralismus der Medien wurden folgende Feststellungen getroffen:

8.1. Aufgrund des fehlenden Pluralismus der Medien ist die Versammlung in Bezug auf Armenien,
Aserbaidschan, die Republik Moldau und die Russische Föderation in unterschiedlichem Maße
beunruhigt. Auch Unzulänglichkeiten aufgrund der Monopolisierung einiger Massenmedien durch
politische Gruppen und Geschäftsleute in Serbien geben Anlass zur Besorgnis. In Armenien und
Aserbaidschan sollte die Unabhängigkeit der Regulierungsbehörden für die Medien garantiert werden;

8.2. Ungeachtet der mit Unterstützung des Europarates getroffenen Maßnahmen gibt es bislang
keinen echten öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Albanien, Armenien, Aserbaidschan, der Republik
Moldau, der Russischen Föderation und der Ukraine. in Bosnien und Herzegowina, das über einen der
fortgeschrittensten Selbstregulierungsmechanismen in Europa verfügt, stellt der Aufbau eines
einheitlichen öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der auf gesamtstaatlicher Ebene gesteuert wird, eine der
Voraussetzungen für die Unterzeichnung des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens mit der
Europäischen Union dar;

8.3. In Aserbaidschan und der Russischen Föderation kommt es nach wie vor zu Zensur,
Verfolgung, Inhaftierung und Einschüchterung oder sogar zur körperlichen Bedrohung von
Journalisten. Die Versammlung begrüßt, dass in Bosnien und Herzegowina, Georgien und der Ukraine
sowie teilweise in der Republik Moldau und der "ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien"
der Tatbestand der Verleumdung entkriminalisiert wurde. Sie fordert die anderen betreffenden
Mitgliedstaaten dringend auf, den Prozess der Entkriminalisierung der Verleumdung fortzuführen.
Zugleich muss die Berufsethik von Journalisten in vielen Mitgliedstaaten möglichst mit Unterstützung
des Europarates verbessert werden;

8.4. Untersuchungen des Monitoringausschusses in Bezug auf den Antrag, ein
Überwachungsverfahren zur Monopolbildung bei elektronischen Medien und zu einem möglichen
Machtmissbrauch in Italien einzuleiten, haben bestätigt, dass die italienische Medienlandschaft im
Fernsehbereich eindeutig eine Anomalie aufwies - in Italien herrscht eine der stärksten
Medienkonzentrationen in einem einzelnen europäischen Land vor. Allerdings haben die italienischen
Bürger im Allgemeinen Zugang zu vielfältigen Informationsquellen und den verschiedensten Inhalten
der Medienlandschaft. Die Versammlung kam deshalb zu dem Schluss, dass die Anomalie in einem der
Sektoren der elektronischen Medien aus sich heraus nicht die Einleitung eines umfassenden
Überwachungsverfahrens gegenüber Italien rechtfertigt, sondern dass die legislativen Entwicklungen in
Italien in den regelmäßigen Berichten des Monitoringausschusses verfolgt werden sollten.

9. Im Hinblick auf die lokale und regionale Demokratie

9.1. stellt die Versammlung fest, dass die Dezentralisierungsreformen in vielen überwachten oder
an einem Post-Monitoring-Dialog beteiligten Mitgliedstaaten energischer vorangetrieben werden
sollten. Das Fehlen einer klaren Aufteilung der Zuständigkeiten gegenüber den Kommunalbehörden
erschwert die effektive Dezentralisierung in Armenien, Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, der
Republik Moldau und Serbien. Darüber hinaus entsprechen die an die Kommunalbehörden abgetretenen
Einnahmen oft nicht den dezentralisierten Zuständigkeiten und sind ungleich verteilt (Armenien,
Bosnien und Herzegowina, die Republik Moldau, Serbien, die "ehemalige jugoslawische Republik
Mazedonien" und die Ukraine). Die ungelöste Frage des Eigentumsübergangs hindert die
Kommunalbehörden daran, ihre Zuständigkeiten in Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Serbien

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 35 – Drucksache 16/13168

und der "ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien" effektiv wahrzunehmen.
Überwachungsverfahren sind häufig komplex und nicht transparent, was die Gefahr einer
unangemessenen Einmischung zentralstaatlicher Stellen in die Arbeit kommunaler und regionaler
Behörden mit sich bringt (Armenien, Aserbaidschan und die Republik Moldau);

9.2. sind die Kommunalbehörden in einigen Mitgliedstaaten zu klein und zu schwach, um bei der
Bereitstellung der wichtigsten Leistungen der Daseinsvorsorge Aufgaben in nennenswertem Umfang zu
erfüllen (Armenien, Aserbaidschan, Republik Moldau). Die Versammlung begrüßt deshalb die
Bemühungen der Behörden dieser Länder, Mechanismen für die interkommunale Zusammenarbeit
aufzubauen, z.B. in Armenien und der Republik Moldau. Darüber hinaus legt die Versammlung den
Mitgliedstaaten nahe, die Erarbeitung und Umsetzung von Gebietsreformen zu erwägen, um stärkere
und finanziell nachhaltigere Gemeinden aufzubauen. Gegebenenfalls sollten solche Reformen auch den
Aufbau autonomer regionaler Strukturen mit größeren operativen und finanziellen Kapazitäten
beinhalten;

9.3. erfordert eine effektive Dezentralisierung den Aufbau von Kapazitäten auf nationaler und
kommunaler Ebene. Dabei wird die Zentralregierung im Rahmen der Erbringung dezentralisierter
Dienstleistungen tätig, und die Kommunen beteiligen sich in vollem Umfang an der
Dezentralisierungspolitik und verbessern ihre Leistungen laufend, indem sie ihre Standards in den
Bereichen Führung und strategisches Management, Erbringung von Dienstleistungen, Beteiligung der
Öffentlichkeit und öffentliche Ethik (Armenien, Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Republik
Moldau, Serbien, "ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien", Ukraine) deutlich erhöhen.

10. Im Hinblick auf das Fortbestehen ungelöster Konflikte in den einem Überwachungsverfahren
unterliegenden Mitgliedstaaten

10.1. ist die Versammlung der Auffassung, dass demokratische Entwicklungen in Aserbaidschan,
Georgien und der Republik Moldau erst nach Wiederherstellung ihrer territorialen Integrität konsolidiert
werden können;

10.2. begrüßt die Versammlung die Initiative des Monitoringausschusses, im November 2007 in
Berlin eine Anhörung über "eingefrorene Konflikte" in Bezug auf die Konflikte in Berg-Karabach,
Abchasien, Südossetien und Transnistrien durchzuführen. Dabei bekräftigt die Versammlung die Rolle,
die nationale Parlamente bei der Förderung des Vertrauensaufbaus als Voraussetzung für die friedliche
Beilegung von Konflikten spielen können. Die Versammlung selbst kann auch dazu beitragen, über
einen Dialog auf parlamentarischer Ebene ein positives Verhandlungsklima entstehen zu lassen.
Deshalb regt die Versammlung die Durchführung weiterer Anhörungen über die oben erwähnten
Konflikte an;

10.3. bedauert die Versammlung gleichzeitig, dass während des Berichtszeitraums (April 2007 bis
Juni 2008) im Hinblick auf die oben erwähnten Konflikte keine signifikanten positiven Entwicklungen
zu verzeichnen waren und in jüngster Zeit die Spannungen in Bezug auf die Konflikte um Abchasien
und Südossetien eskaliert sind.

11. Die Versammlung fordert alle Staaten, die zurzeit einem Überwachungsverfahren unterliegen oder an
einem Post-Monitoring-Dialog beteiligt sind, auf, ihre Zusammenarbeit mit dem Monitoringausschuss
fortzuführen und alle Empfehlungen umzusetzen, die in den von der Versammlung angenommenen
länderspezifischen Entschließungen enthalten sind. Sie bekräftigt ihre Bereitschaft, den betreffenden Ländern
über ihre parlamentarischen Kooperations- und Unterstützungsprogramme die nötige Hilfe zu gewähren.

12. Darüber hinaus nimmt die Versammlung die regelmäßigen Berichte über die dritte und letzte Gruppe
von 11 Mitgliedstaaten unter den Mitgliedern, die keinem Überwachungsverfahren unterliegen und nicht an
einem Post-Monitoring-Dialog beteiligt sind, zur Kenntnis: Großbritannien, Norwegen, Polen, Portugal,
Rumänien, San Marino, die Slowakei, Slowenien, Spanien, Schweden und die Schweiz. Wie in den letzten zwei
Jahren beruhen diese Berichte auf den für jedes Land vorgenommenen Bewertungen des
Menschenrechtskommissars und anderen Überwachungsmechanismen oder Institutionen des Europarates.

Drucksache 16/13168 – 36 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

13. Auf der Grundlage dieser Berichte, die dem Zwischenbericht des Monitoringausschusses beigefügt
werden,

13.1. fordert die Versammlung die nationalen Parlamente der betreffenden Länder nachdrücklich
auf,

13.1.1. diese Berichte als Grundlage für eine Debatte über die Bilanz ihres Staates im
Hinblick auf die Erfüllung seiner gesetzlichen und sonstigen vertraglichen Verpflichtungen als
Mitgliedstaat des Europarates zu verwenden;

13.1.2. die Umsetzung der Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (im
Folgenden als "Gerichtshof" bezeichnet) und die Einhaltung der Empfehlungen des
Menschenrechtskommissars und anderer besonderer Überwachungsorgane des Europarates
durch Einleitung und Beschleunigung der erforderlichen Gesetzesinitiativen und
Wahrnehmung ihrer Aufsichtsfunktion im Hinblick auf das Handeln der Regierung zu
unterstützen;

13.2. fordert die Versammlung die Gremien der Europäischen Union auf, diese Berichte
gegebenenfalls zu verwenden und die Feststellungen der Menschenrechtsinstitutionen und
Überwachungsmechanismen des Europarates zu berücksichtigen, z.B. die Urteile und Berichte des
Gerichtshofs und die Berichte des Menschenrechtskommissars und des Monitoringausschusses der
Versammlung sowie die von der Versammlung verabschiedeten entsprechenden Entschließungen und
Empfehlungen;.

13.3. fordert die Versammlung

13.3.1. Großbritannien, Schweden und die Schweiz auf, das Protokoll 12 zur Europäischen
Menschenrechtskonvention (SEV Nr. 177) zu unterzeichnen und zu ratifizieren, und
Norwegen, Portugal, die Slowakei, Slowenien und Spanien auf, dieses zu ratifizieren;

13.3.2. Polen und Spanien auf, das Protokoll 13 zur Europäischen Menschenrechtskonvention
(SEV Nr. 187) zu ratifizieren;

13.3.3. die Schweiz auf, die überarbeitete Europäische Sozialcharta (SEV Nr. 163) zu
unterzeichnen, und Großbritannien, Polen, die Slowakei und Spanien auf, diese zu ratifizieren;

13.3.4. Großbritannien, Polen, Rumänien, Spanien und die Schweiz auf, das Zusatzprotokoll
zur Europäischen Sozialcharta über Kollektivbeschwerden (SEV Nr. 158) zu unterzeichnen
und zu ratifizieren, und die Slowakei und Slowenien auf, dieses zu ratifizieren;

13.3.5. Portugal, San Marino und die Schweiz auf, das Zivilrechtsübereinkommen über
Korruption (SEV Nr. 174) zu unterzeichnen und zu ratifizieren, und Großbritannien und
Spanien auf, dieses zu ratifizieren;

13.3.6. San Marino und Spanien auf, das Strafrechtsübereinkommen über Korruption (SEV
Nr. 173) zu ratifizieren;

13.3.7. die Schweiz auf, ein Parteiengesetz zu verabschieden, um eine transparente
Parteienfinanzierung zu gewährleisten.

14. Die Versammlung stellt fest, dass der erste über drei Jahre laufende Zyklus regelmäßiger
Berichterstattungen, die von ihrem Monitoringausschuss in allen Mitgliedstaaten vorgenommen werden, die
keinem Überwachungsverfahren unterliegen oder nicht an einem Post-Monitoring-Dialog beteiligt sind, im Jahr
2008 endet.

15. Mit dieser regelmäßigen Berichterstattung sowie ihren eigenen, mithilfe des Monitoringausschusses
durchgeführten länderspezifischen Überwachungsverfahren profitiert die Versammlung auch weiterhin von der

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 37 – Drucksache 16/13168

Arbeit anderer Institutionen und Überwachungsgremien des Europarates, insbesondere des Gerichtshofs, des
Ministerkomitees im Rahmen seiner Überwachungsfunktion in Bezug auf die Umsetzung der Urteile des
Gerichtshofs, des Europäischen Ausschusses für Soziale Rechte, des Menschenrechtskommissars, des
Kongresses der Gemeinden und Regionen des Europarates, der Staatengruppe gegen Korruption (GRECO); des
Expertenkomitees zur Evaluierung von Maßnahmen gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung
(MONEYVAL), des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender
Behandlung oder Strafe (CPT); des Beirats für das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten
und der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI). Der Europäischen Kommission für
Demokratie durch Recht (Venedig-Kommission) kommt besondere Bedeutung zu, da sie mit ihrem Sachverstand
sowohl die Berichterstatter des Monitoringausschusses bei ihren Aufgaben als auch die Mitgliedstaaten bei der
Einhaltung ihrer Verpflichtungen nachdrücklich unterstützt. Die Arbeit der Europäischen Kommission für die
Wirksamkeit der Justiz (CEPEJ) verdient ebenfalls Beachtung.

16. Gleichzeitig unterstützt die Versammlung nach wie vor die Arbeit aller dieser Institutionen und
Überwachungsgremien, insbesondere durch ihre Forderung nach Umsetzung der Urteile des Gerichtshofs oder
der Empfehlungen dieser Rechtsinstrumente und Gremien in allen Staaten, die Gegenstand eines
Überwachungsverfahrens, eines Post-Monitoring-Dialogs oder einer regelmäßigen Berichterstattung sind.

17. Die Versammlung lobt die hervorragende Arbeit der Menschenrechtsinstitutionen und
Überwachungsgremien des Europarates und den von ihnen im Laufe der Jahre erarbeiteten Acquis (Besitzstand).
In diesem Zusammenhang ist die Versammlung der Auffassung, dass sich die Effizienz dieses einzigartigen
Überwachungsmechanismus durch Instrumente steigern lässt, die auf die Optimierung von Synergieeffekten und
verstärkte Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Gremien abzielen, wobei deren Unabhängigkeit
gewahrt sein muss und deren Aufgaben, unterschiedlichen Arbeitsmethoden und Prioritäten zu berücksichtigen
sind.

18. Da dies für ihre eigene Arbeit von Vorteil wäre, begrüßt die Versammlung folglich die Initiative des
Monitoringausschusses, eine Anhörung als Forum für den Gedankenaustausch und die Feststellung von
Möglichkeiten zur Verbesserung der Synergien zwischen allen Hauptbeteiligten, d.h. den im obigen Absatz 15
erwähnten Institutionen, Gremien und Mechanismen, durchzuführen.

19. Zwecks Erhöhung der Effizienz ruft die Versammlung darüber hinaus die Mitgliedstaaten auf, nationale
Mechanismen aufzubauen oder zu verbessern, die dafür sorgen sollen, dass die Erkenntnisse der
Überwachungsgremien des Europarates entsprechende Folgemaßnahmen nach sich ziehen.

20. Die Versammlung betont, dass die nationalen Parlamente regelmäßig über Maßnahmen der
Regierungen zur Umsetzung der Empfehlungen der Überwachungsgremien des Europarates sowie zur
Gewährleistung der Durchführung der Urteile des Straßburger Gerichtshofs unterrichtet werden sollten.

21. Die Versammlung weist erneut darauf hin, dass die nationalen Parlamente im Hinblick auf die Kontrolle
des Regierungshandelns eine besondere Rolle spielen. Dies beinhaltet die Notwendigkeit, dafür zu sorgen, dass

21.1. den Empfehlungen der Überwachungsgremien des Europarates Folge geleistet wird;

21.2. die Urteile des Straßburger Gerichtshofs zügig und vollständig umgesetzt werden,
insbesondere im Hinblick auf notwendige Gesetzeskorrekturen;

21.3. man sich nicht pauschal auf die nationale Sicherheit oder Staatsgeheimnisse berufen darf, um
unrechtmäßige Handlungen von Behördenvertretern der parlamentarischen und justiziellen Kontrolle zu
entziehen.

Drucksache 16/13168 – 38 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Empfehlung 1841 (2008)11

betr. Der Stand der Demokratie in Europa

Die Arbeitsweise demokratischer Institutionen in Europa und der Fortgang des Monitoringverfahrens der
Versammlung

1. Die Parlamentarische Versammlung verweist auf ihre Entschließung 1619 (2008) über die Arbeitsweise
demokratischer Institutionen in Europa und den Fortgang des Monitoringverfahrens der Versammlung, in der sie
unter anderem die bemerkenswerte Arbeit der Menschenrechtsinstitutionen und Überwachungsgremien des
Europarates wie auch den Acquis lobt, den diese im Laufe der Jahre erarbeitet haben, und empfiehlt dem
Ministerkomitee,

1.1. in ihrem eigenen regelmäßigen Berichtsverfahren die in den Entschließungen und
Empfehlungen der Versammlung in Bezug auf die Länderberichte zum Überwachungsverfahren
enthaltenen Erkenntnisse zu berücksichtigen;

1.2. die bestehenden Hilfsprogramme zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung
ihrer Pflichten und Verpflichtungen gegenüber dem Europarat durch Zuweisung angemessener
Finanzmittel und, soweit erforderlich, Nutzung von Spenden auszubauen und zu verstärken;

1.3. mit den Mitgliedstaaten weiterhin zusammenzuarbeiten, um gegebenenfalls unter voller
Nutzung insbesondere der bei den verschiedenen Finanzinstrumenten anderer internationaler
Organisationen, vor allem der Europäischen Union, neue gezielte Kooperationsprogramme zur Stärkung
der demokratischen Institutionen zu entwickeln;

1.4. dafür zu sorgen, dass die Erkenntnisse und Empfehlungen der verschiedenen
Überwachungsgremien und Menschenrechtsinstitutionen des Europarates unmittelbar in das
Tätigkeitsprogramm der Organisation einfließen, insbesondere im Hinblick auf Normensetzung,
sachkundige Unterstützung und Kooperationsprogramme. In diesem Zusammenhang könnten diese
Gremien und Institutionen aufgefordert werden, rechtzeitig vor der Annahme des Tätigkeitsprogramms
der Organisation ihre Auffassung zu der Frage darzulegen, welche Bereiche sie als vorrangig erachten;

1.5. die Menschenrechtsinstitutionen und Überwachungsgremien des Europarates durch Zuweisung
zusätzlicher Mittel zu unterstützen, um ihre Effizienz weiter zu erhöhen und sie in die Lage zu
versetzen, ihre Weiterverfolgungsverfahren auszubauen, mit denen die Umsetzung ihrer Empfehlungen
durch die Mitgliedstaaten überprüft werden soll.

2. Die Versammlung bittet das Ministerkomitee darüber hinaus, die Behörden der Mitgliedstaaten
aufzufordern,

2.1. nationale Mechanismen auf- oder auszubauen, um für die ordnungsgemäße Weiterverfolgung
der Erkenntnisse der Überwachungsgremien des Europarates zu sorgen;

2.2. dafür zu sorgen, dass die nationalen Parlamente regelmäßig über Maßnahmen der Regierungen
zur Umsetzung von Empfehlungen der Überwachungsgremien des Europarates sowie zur
Gewährleistung der Umsetzung der Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte
informiert werden.

11 Debatte der Versammlung am 25. Juni 2008 (23. Sitzung) (siehe Dok. 11628, Bericht des Ausschusses für die Einhaltung der von den
Mitgliedstaaten des Europarates eingegangenen Pflichten und Verpflichtungen (Monitoringausschuss), Berichterstatter: Herr Holovaty).
Der Text wurde von der Versammlung am 25. Juni 2008 (24. Sitzung) verabschiedet.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 39 – Drucksache 16/13168

Entschließung 1620 (2008)12

betr. Die Umsetzung der Entschließung 1609 (2008) der Versammlung durch Armenien

1. Am 17. April 2008 hat die Parlamentarische Versammlung Entschließung 1609 (2008) über das
Funktionieren der demokratischen Institutionen in Armenien, in der sie vier konkrete Bedingungen für die
Lösung der politischen Krise nach den Präsidentschaftswahlen in Armenien nannte, verabschiedet:

1.1. Rücknahme der am 17. März 2008 vorgenommenen Änderungen des Gesetzes über die
Durchführung von Sitzungen, Versammlungen, Kundgebungen und Demonstrationen gemäß den
Empfehlungen der Europäischen Kommission für Demokratie durch Recht des Europarates (Venedig-
Kommission);

1.2. Unverzügliche Durchführung einer unabhängigen, transparenten und glaubwürdigen
Untersuchung der Ereignisse des 1. März und der Umstände, die zu ihnen führten;

1.3. Freilassung aller Personen, die aufgrund von offenbar erfundenen und politisch motivierten
Anklagen verhaftet wurden und die persönlich keine gewalttätigen Handlungen oder schwerwiegenden
Straftaten begangen haben;

1.4. Aufnahme eines offenen und ernsthaften Dialogs zwischen allen politischen Kräften in
Armenien über die von der Versammlung in Absatz 8 der Entschließung im Hinblick auf das politische
System, den Wahlprozess, Medienfreiheit und Medienpluralismus, Versammlungsfreiheit,
Unabhängigkeit der Justiz und das Verhalten der Polizei geforderten Reformen.

2. In Entschließung 1609 vertrat die Versammlung die Auffassung, dass Armeniens Glaubwürdigkeit als
Mitgliedstaat des Europarates in Zweifel zu ziehen sei, solange diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, und
beschloss daher, die Möglichkeit der Entziehung des Stimmrechte der armenischen Delegation in der
Versammlung zu Beginn der Teilsitzung im Juni 2008 zu prüfen, sofern bis dahin keine deutlichen Fortschritte
im Hinblick auf diese Bedingungen erzielt werden.

3. Die Versammlung begrüßt die Tatsache, dass unmittelbar nach Verabschiedung der Entschließung 1609
mehrere hochrangige Vertreter der staatlichen Institutionen, darunter der Präsident der Republik und der
Präsident der Nationalversammlung, öffentlich ihren politischen Willen und ihre Absicht äußerten, die
Bedingungen der Versammlung zu erfüllen.

4. Im Hinblick auf die Erfüllung der in Entschließung 1609 (2008) dargelegten Bedingungen durch die
Behörden

4.1. begrüßt die Versammlung die Verabschiedung des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des
Gesetzes über die Durchführung von Sitzungen, Versammlungen, Kundgebungen und Demonstrationen
entsprechend den Normen des Europarates und ist der Ansicht, dass die Anforderung der Versammlung
in dieser Hinsicht von Seiten den Behörden erfüllt wurde;

4.2. weist die Versammlung erneut auf ihre Forderung hin, dass die Versammlungsfreiheit in
Armenien auch in der Praxis garantiert sein sollte. Folglich beharrt sie darauf, dass die armenischen
Behörden dafür sorgen sollten, dass Kundgebungen der Opposition, die den Bestimmungen des
Gesetzes über die die Durchführung von Sitzungen, Versammlungen, Kundgebungen und
Demonstrationen entsprechen, keinen ungebührlichen Beschränkungen unterliegen, vor allem im
Hinblick auf die beantragten Veranstaltungen. Sie begrüßt in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass
die Kundgebung der Opposition vom 20. Juni 2008 ohne Beschränkungen stattfinden konnte;

12 Debatte der Versammlung am 25. Juni 2008 (24. Sitzung) (siehe Dok. 11656, Bericht des Ausschusses für die Einhaltung der von den
Mitgliedstaaten des Europarates eingegangenen Pflichten und Verpflichtungen (Monitoringausschuss), Koberichterstatter: Herr
Colombier und Herr Prescott). Der Text wurde von der Versammlung am 25. Juni 2008 (24. Sitzung) verabschiedet.

Drucksache 16/13168 – 40 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

4.3. begrüßt die Versammlung die - wenn auch sehr späte - Einsetzung eines Ad-hoc-Ausschusses
in der armenischen Nationalversammlung "zur Untersuchung der Ereignisse vom 1. und 2. März 2008
sowie der Umstände, die zu ihnen führten";

4.4. begrüßt die Versammlung, dass der Untersuchungsausschuss die Möglichkeit hat, nationale
und internationale Sachverständige zur Teilnahme an seiner Arbeit einzuladen, wodurch sich die
Glaubwürdigkeit seiner Untersuchungen erhöhen sollte;

4.5. ist die Versammlung der Auffassung, dass sie aufgrund der erst kürzlich erfolgten Einsetzung
des Untersuchungsausschusses die Kriterien der Unabhängigkeit, Transparenz und Glaubwürdigkeit
derzeit nicht beurteilen kann. Sie stellt darüber hinaus fest, dass das Format und die Zusammensetzung
des Untersuchungsausschusses nicht per se seine Unabhängigkeit und Unparteilichkeit und somit seine
Glaubwürdigkeit in den Augen der armenischen Öffentlichkeit garantieren. Die Versammlung ist daher
der Ansicht, dass folgende Voraussetzungen erfüllt sein müssen:

4.5.1. Der Ausschuss sollte bei seiner Arbeit grundsätzlich Entscheidungen im
Konsensverfahren herbeiführen, und Abstimmungen sollten nur im Notfall durchgeführt
werden, insbesondere in Bezug auf die Fragen, denen der Ausschuss nachgehen, und die
Personen, die er befragen möchte. Die Arbeitsmethoden der Arbeitsgruppe für die Reform des
Wahlgesetzes der Nationalversammlung, die ihre Entscheidungen grundsätzlich auf der
Grundlage einer konsultativen Abstimmung trifft, sollten als Beispiel für die Arbeitsweise des
Untersuchungsausschusses angesehen werden;

4.5.2. Aus dem Auftrag des Ausschusses sollte klar hervorgehen, dass er befugt ist, die
Umstände, die zu den Ereignissen des 1. März 2008 geführt haben, sowie die Ereignisse
unmittelbar danach zu untersuchen, vor allem im Hinblick auf die Verhaftung von
Oppositionellen sowie die gegen sie erhobenen Anklagen;

4.5.3. Der Menschenrechtsverteidiger sollte aufgefordert werden, sich ex officio an der
Arbeit des Ausschusses mit beratender Stimme zu beteiligen;

4.6. ruft die Versammlung alle politischen Kräfte auf, sich konstruktiv an der Arbeit des
Untersuchungsausschusses zu beteiligen;

4.7. begrüßt die Versammlung die jüngsten Entwicklungen im Hinblick auf die Freilassung von
Personen, die anscheinend aufgrund von offenbar erfundenen und politisch motivierten
Anschuldigungen verhaftet wurden und selbst keine gewalttätigen Handlungen oder schwerwiegenden
Straftaten begangen haben. Sie ist allerdings der Auffassung, dass die in dieser Frage erzielten
Fortschritte nicht ausreichen, um sicherzustellen, dass die Forderungen der Versammlung voll und ganz
erfüllt werden. Darüber hinaus ist die Versammlung der Auffassung, dass

4.7.1. die Fälle, in denen die Untersuchungen noch laufen, abgeschlossen oder unverzüglich
vor Gericht gebracht werden sollten, um das Recht auf einen fairen Prozess innerhalb eines
angemessenen Zeitraums im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs
für Menschenrechte (im Folgenden als "Gerichtshof" bezeichnet") zu gewährleisten;

4.7.2. die Fälle, in denen Personen gemäß Artikel 300 und 225 des Strafgesetzbuches
angeklagt wurden, fallen gelassen werden sollten, sofern es keine stichhaltigen Beweise dafür
gibt, dass die Beklagten persönlich Gewalttaten begangen oder diese angeordnet oder zu diesen
Beihilfe geleistet oder diese unterstützt haben;

4.7.3. ein Urteil, dass ausschließlich auf einer Aussage der Polizei beruht und ohne
erhärtende Beweise getroffen wird, nicht akzeptiert werden darf;

4.7.4. die Nationalversammlung die ablehnende Stellungnahme der Venedig-Kommission
bezüglich der vorgeschlagenen Änderungen der Artikel 225, 2251, 301 und 3011 des
Strafgesetzbuches berücksichtigen sollte;

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41 – Drucksache 16/13168

4.8. begrüßt die Versammlung die Initiativen der Behörden zur Aufnahme eines Dialogs über die
von der Versammlung geforderten Reformen;

4.9. betont die Versammlung, dass die Vorgehensweise der Arbeitsgruppe der
Nationalversammlung zur Reform des Wahlgesetzes Vorbild für den Dialog über andere von der
Versammlung geforderte Reformen sein könnte;

4.10. fordert die Versammlung alle politischen Kräfte nachdrücklich auf, die von den Behörden
gebotene Möglichkeit zu nutzen, einen offenen, konstruktiven und ernsthaften Dialog über die von der
Versammlung geforderten Reformen zu führen;

4.11. im Hinblick auf die Erfüllung der in Entschließung 1609 dargelegten Anforderungen seitens
der Opposition

4.11.1. bedauert die Versammlung, dass bisher nicht alle oppositionellen Kräfte die
Entscheidung des Verfassungsgerichts, das die von der zentralen Wahlkommission
bekanntgegebenen Wahlergebnisse bestätigte, anerkannt haben;

4.11.2. bedauert die Versammlung, dass auch infolge der Entscheidung eines Teils der
Opposition, den Dialog mit den Behörden zu boykottieren, die Opposition nur teilweise an der
Formulierung dieser Initiativen mitgewirkt hat.

5. Die Verhaftung und Verurteilung von Anhängern der Opposition im Zusammenhang mit den
Ereignissen des 1. März 2008 ist ein Streitpunkt, der die Beziehungen zwischen Opposition und Behörden
weiterhin belasten wird und einem konstruktiven Dialog über die für Armenien notwendigen Reformen
entgegenstehen könnte. Die Versammlung fordert die armenischen Behörden nachdrücklich auf, als Zeichen des
guten Willens und zwecks Stärkung des Vertrauens in der armenischen Gesellschaft und des Dialogs zwischen
allen politischen Kräften alle verfügbaren Rechtsmittel zu prüfen, darunter Amnestien, Begnadigungen und die
Einstellung von Verfahren gegen alle Personen, die im Zusammenhang mit den Ereignissen vom 1. und
2. März 2008 verhaftet oder gerichtlich verurteilt wurden, sofern sie nicht persönlich Gewalttaten begangen oder
diese angeordnet oder zu diesen Beihilfe geleistet oder diese unterstützt oder weitere schwerwiegende Straftaten
begangen haben.

6. Die Versammlung erinnert daran, dass pluralistische elektronische Medien in Armenien vorhanden sein
müssen, und fordert unter Verweis auf die Entscheidung des Gerichtshofs bezüglich der Verweigerung einer
Sendelizenz für den Fernsehsender A1+ die Lizenzierungsbehörde auf, nunmehr für ein offenes, faires und
transparentes Lizenzierungsverfahren zu sorgen, das den seitens des Ministerkomitees des Europarates am
26. März 2008 verabschiedeten Richtlinien und der Rechtsprechung des Gerichtshofs gerecht wird.

7. Die Versammlung begrüßt die Fortschritte der armenischen Behörden im Hinblick auf die Erfüllung der
von der Versammlung in Entschließung 1609 geäußerten Forderungen. Trotz des von den Behörden geäußerten
politischen Willens reichen diese Fortschritte aber derzeit nicht für die Erfüllung der in der Entschließung
dargelegten Forderungen aus.

8. Die Versammlung bedauert die Verzögerungen bei der Durchführung konkreter Maßnahmen zur
Erfüllung ihrer Forderungen, erkennt jedoch an, dass die den armenischen Behörden eingeräumte Frist kurz war.
Die Versammlung beschließt daher, im Rahmen ihrer Teilsitzung im Januar 2009 das Ausmaß der Erfüllung der
in Entschließung 1609 genannten Anforderungen zu überprüfen. Falls diese und die in den Absätzen 4.2., 4.5.,
4.7. und 6 genannten Anforderungen bis dahin nicht erfüllt sind, wird die Versammlung die Möglichkeit prüfen,
die Stimmrechte der armenischen Delegation in der Versammlung bei der Eröffnung ihrer Teilsitzung vom
Januar 2009 auszusetzen.

9. Die Versammlung fordert

9.1. den Generalsekretär des Europarates auf, das Verfahren zur Ernennung eines neuen
Sondervertreters des Generalsekretärs des Europarates in Eriwan zu beschleunigen und über das Büro

Drucksache 16/13168 – 42 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

des Sondervertreters in Eriwan einen dauerhaften Kontakt mit dem Untersuchungsausschuss
herzustellen;

9.2. den Menschenrechtskommissar des Europarates auf, zur Beteiligung internationaler
Sachverständiger an der Arbeit des Untersuchungsausschusses der Nationalversammlung über die
Ereignisse des 1. und 2. März 2008 sowie die Umstände, die zu ihnen führten, beizutragen, sofern die
Bedingungen hinsichtlich Unabhängigkeit, Transparenz und Glaubwürdigkeit erfüllt sind. Die
Versammlung fordert den Menschenrechtskommissar auf, den Ausschuss für die Einhaltung der von
den Mitgliedstaaten des Europarates eingegangenen Verpflichtungen (Monitoringausschuss) während
seiner Sitzung im September 2008 über die Fortschritte bezüglich des Untersuchungsausschusses sowie
der Freilassung von Gefangenen zu informieren.

10. Die Versammlung wird die Situation in Armenien auf der Grundlage der von ihrem
Monitoringausschuss zur Verfügung gestellten Informationen weiterhin überwachen, insbesondere im Hinblick
auf die Fortschritte hinsichtlich der Erfüllung der oben genannten Anforderungen.

Entschließung 1621 (2008)13

betr. Debatte zur politischen Situation in China

1. Die Parlamentarische Versammlung spricht dem chinesischen Volk ihr Beileid für die Opfer der
Erdbeben aus, die das Land auf so schreckliche Weise trafen. Sie begrüßt, dass der Bevölkerung rasch geholfen
wurde, bedauert aber, dass das chinesische Militär angewiesen wurde, Militäranlagen zu schützen, anstatt der
betroffenen Bevölkerung sofort zu helfen.

2. Die Versammlung spricht China ihre Anerkennung für die gewaltigen Fortschritte aus, die das Land in
den letzten Jahrzehnten erzielt hat, insbesondere im Hinblick auf seine blühende Wirtschaft, seine Außenpolitik,
die darauf ausgerichtet ist, ein stabiles internationales Umfeld zu schaffen, das die Entwicklung des Landes
begünstigt, sowie seine wichtige Rolle als Vermittler in vielen Krisen.

3. Diese Fortschritte sind begrüßenswert, aber ihnen folgten weder tiefgreifende Reformen des politischen
Systems noch die erforderlichen Fortschritte hinsichtlich des Schutzes der Menschenrechte, was sich unter
anderem an der verstärkten Unterdrückung von Dissidentengruppen durch die Kommunistische Partei Chinas
zeigt. China kann keine führende Wirtschaftsmacht bleiben, wenn es ihm nicht gelingt, die Vorteile seiner
wirtschaftlichen Entwicklung der gesamten Bevölkerung zugute kommen zu lassen.

4. Die Versammlung bekräftigt erneut, dass die Grundsätze, auf denen die Grundrechte der Menschen
beruhen, universell sind. Sie stellt fest, dass China ebenso wie die 47 Mitgliedstaaten des Europarates die Charta
der Vereinten Nationen ratifiziert hat. Sie achtet die Vielfalt der kulturellen Ansätze, ist aber der Auffassung,
dass die Förderung dieser Grundsätze nicht an den Grenzen der 47 Mitgliedstaaten des Europarates Halt machen
sollte.

5. Die Versammlung ist daher der Ansicht, dass es ihre Pflicht ist, die politische Lage in China zu
betrachten und ihre Besorgnis über die Lage in Bezug auf Menschenrechte und Demokratie zu äußern. Damit
will die Versammlung China nicht einseitig ihren Standpunkt aufzwingen, sondern kommt ihrer Auffassung
nach der Aufgabe nach, die sie seit ihrer Gründung hat.

6. Vor dem Hintergrund der grundlegenden Werte, für die der Europarat steht, ist die Versammlung bereit,
den Dialog mit der chinesischen Regierung über eine ganze Reihe von Fragen von gemeinsamem Interesse zu

13 Debatte der Versammlung am 26. Juni 2008 (25. Sitzung) (siehe Dok. 11654, Bericht des Politischen Ausschusses, Berichterstatter: Herr
Mignon). Der Text wurde von der Versammlung am 26. Juni 2008 (25. Sitzung) verabschiedet.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 43 – Drucksache 16/13168

eröffnen, insbesondere über Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, um China zu ermutigen,
Reformen in diesen Bereichen umzusetzen.

7. Die Versammlung ist überzeugt, dass die Verschiedenartigkeit der kulturellen Ansätze im Vergleich mit
China insbesondere im Rahmen des politischen, interkulturellen und interreligiösen Dialogs unbedingt zur
gegenseitigen Bereicherung beiträgt.

8. Als Ausrichter der Olympischen Spiele 2008 hat China die einmalige Gelegenheit, der Welt nicht nur
sein Organisationstalent, sondern auch seine Entschlossenheit zu zeigen, seine Bilanz in den Bereichen
Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu verbessern. Es gibt viele Menschen in China und in
anderen Teilen der Welt, die hohe Erwartungen in Bezug auf entsprechende Fortschritte anlässlich der
Olympischen Spiele haben. Die Versammlung bedauert, dass diese Erwartungen bisher nicht erfüllt wurden.

9. Indessen befürchtet die Versammlung, dass Grundfreiheiten wie die Meinungs- und
Versammlungsfreiheit zwei Monate vor Eröffnung der Olympischen Spiele nach wie vor nicht garantiert sind.
Chinesische Bürger, die ihre Ansichten äußern, die Regierung kritisieren, Artikel im Internet veröffentlichen,
ausländischen Journalisten Interviews geben oder ihre Religion außerhalb der von der Regierung kontrollierten
Gebetsstätten praktizieren, sind nach wie vor gefährdet.

10. Der Informationszugang ist eingeschränkt, und das Internet und die Presse unterliegen einer scharfen
Zensur. Zudem wird nach wie vor die Todesstrafe angewandt. Missbräuchliche Verhaftungen im Rahmen von
Verwaltungsakten sind noch immer weit verbreitet; willkürliche Verhaftungen und Inhaftierungen, Folter und
Bedrohung von Menschenrechtsaktivisten, darunter Gewerkschaftsvertretern, Rechtsanwälten und Journalisten,
sind an der Tagesordnung. Die Diskriminierung von ländlichen Migranten, ethnischen Minderheiten und Frauen
ist ebenfalls weit verbreitet.

11. Die Versammlung verurteilt die gewaltsame Unterdrückung von Demonstrationen, die in den letzten
Monaten in Tibet und in benachbarten Regionen stattgefunden haben und in deren Verlauf Personen verhaftet
wurden, verschwanden und ums Leben kamen.

12. Gleichzeitig nimmt die Versammlung die Wiederaufnahme der Gespräche am 4. Mai 2008 in Südchina
zwischen Gesandten des Dalai Lama und Vertretern der Chinesischen Regierung erfreut zur Kenntnis, auch
wenn es sich um inoffizielle Gespräche handelt. Dies war eine lobenswerte Initiative.

13. Die Versammlung möchte China nicht vollständig verurteilen, sondern stellt vielmehr das politische
Funktionieren des chinesischen kommunistischen Regimes in Frage, das weit von den Grundsätzen moderner
Demokratien entfernt ist.

14. Die Versammlung fordert in diesem Zusammenhang die Mitgliedstaaten des Europarates und die
internationale Gemeinschaft nachdrücklich auf,

14.1. die wichtigsten Herausforderungen unserer sich ständig verändernden Welt mit China weiter
zu diskutieren und zu versuchen, sie in Bereichen wie Klimawandel, Terrorismus und Menschenhandel
gemeinsam zu lösen;

14.2. einen konsequenten und kohärenten Ansatz im Hinblick auf China zu beschließen, der darauf
abzielt, greifbare Fortschritte auf dem Gebiet von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und
Menschenrechten zu erzielen;

14.3. auf individueller Basis Einfluss auf China auszuüben, um das Land davon zu überzeugen,
einen echten Dialog über Tibet und die benachbarten Regionen zu führen.

15. Die Versammlung fordert die Regierung Chinas auf,

15.1. einen offenen und ehrlichen Dialog mit den Mitgliedstaaten des Europarates zu führen, um die
wichtigsten Probleme unserer sich ständig verändernden Welt gemeinsam zu lösen;

Drucksache 16/13168 – 44 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

15.2. die Ratifizierung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte zu beachten, so wie es alle
Mitgliedstaaten des Europarates auch zu tun sollten;

15.3. weitreichende Reformen zur Achtung der Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit
auch nach dem Ende der Olympischen Spiele umzusetzen;

15.4. konkrete Maßnahmen zu treffen, um ihrer Zusage, ihre Bilanz im Hinblick auf die
Grundfreiheiten zu verbessern, nachzukommen, z.B. Aufhebung der Internet-Blockade, Freilassung so
genannter "Cyber-Dissidenten", Beendigung des Hausarrests für Menschenrechtsaktivisten, Einstellung
der Verfolgung und Verhaftung von Mitgliedern religiöser Gemeinschaften, darunter der Falun Gong,
Einstellung der willkürlichen Inhaftierung, Verfolgung und unfairen Entlassung von Reportern und
Journalisten sowie Sicherstellung der Bewegungsfreiheit und der freien Berichterstattung für in- und
ausländische Journalisten während der Olympischen Spiele und danach;

15.5. das gewaltsame Vorgehen gegen Aktivisten, die Menschenrechtsprobleme aufgreifen, zu
beenden;

15.6. den Dialog mit tibetischen Vertretern über die Lage in Tibet fortzusetzen;

15.7. die Einsetzung einer Wahrheits- und Versöhnungskommission zu prüfen, die Chinesen und
Tibetern die Möglichkeit bietet, mit dem Erbe des Konflikts in dieser Region umzugehen und die
Geschichte der von allen Seiten begangenen Verbrechen und erlittenen Ungerechtigkeiten
aufzuarbeiten.

16. Die Versammlung fordert das chinesische Parlament auf, einen politischen Dialog zur Förderung der
parlamentarischen Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der Menschenrechte zu führen. Sobald
China merkliche Fortschritte auf diesen Gebieten erzielt hat, kann das chinesische Parlament die Erlangung des
Beobachterstatus bei der Versammlung beantragen.

17. Die Versammlung - und der Europarat im Allgemeinen - verfügen über große Erfahrungen auf dem
Gebiet der Demokratie. Die Versammlung weiß, dass jede Demokratie ihren eigenen Ansatz selbst wählen muss,
und ist bereit, ihre Erfahrungen anderen zur Verfügung zu stellen.

18. Die Versammlung fordert die Europäische Union auf, Fragen wie die Todesstrafe, Folter und
unmenschliche und erniedrigende Behandlung oder Strafe, die Lage der Menschenrechtsaktivisten sowie die
Medien- und Meinungsfreiheit in ihrem politischen Dialog und im Dialog mit China über die Menschenrechte
weiterhin zu thematisieren.

19. Schließlich ist die Versammlung bereit, eine Delegation von Abgeordneten zu einer Erkundungsmission
nach China zu entsenden, um vor Ort weitere Informationen über die aktuelle Lage in dem Land zu gewinnen.

Entschließung 1622 (2008)14

betr. Das Funktionieren der demokratischen Institutionen in der Türkei: Aktuelle Entwicklungen

1. Die Parlamentarische Versammlung erinnert daran, dass sie in ihrer im Juni 2004 verabschiedeten
Entschließung 1380 über die Einhaltung der Pflichten und Verpflichtungen durch die Türkei beschloss, das
Überwachungsverfahren für die Türkei zu beenden, und dabei die im Rahmen des Reformprozesses erzielten
Forschritte anerkannte und davon ausging, dass die türkischen Behörden diese Reformen weiterverfolgen und

14 Debatte der Versammlung am 26. Juni 2008 (26. Sitzung) (siehe Dok. 11660, Bericht des Ausschusses für die Einhaltung der von den
Mitgliedstaaten des Europarates eingegangenen Pflichten und Verpflichtungen (Monitoringausschuss), Berichterstatter: Herr Van den
Brande). Der Text wurde von der Versammlung am 26. Juni 2008 (26. Sitzung) verabschiedet.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 45 – Drucksache 16/13168

konsolidieren würden, wobei deren Umsetzung in den kommenden Jahren umfassende Änderungen von
Gesetzen und Vorschriften erforderlich machen würde. Die Versammlung beschloss, in Bezug auf zwölf
Themen, mit denen sich die Türkei im Rahmen des von ihren Behörden durchgeführten Reformprozesses
befassen sollte, den Post-Monitoring-Dialog mit der Türkei nach Abschluss des Überwachungsverfahrens
mithilfe des Ausschusses für die Überprüfung der Einhaltung der von den Mitgliedstaaten des Europarates
eingegangenen Pflichten und Verpflichtungen (Monitoringausschusses) fortzusetzen.

2. Die Versammlung nimmt mit Befriedigung zur Kenntnis, dass die Regierung der Türkei unter der
Führung von Ministerpräsident Erdogan nunmehr seit über fünf Jahren für ein stabiles Wirtschaftswachstum und
politische Reformen verantwortlich ist, wodurch die Unterstützung von Investoren gewonnen werden konnte, da
die Türkei an der Beibehaltung volkswirtschaftlicher Stabilität und Fortführung der Privatisierungen festhält,
und im Oktober 2005 Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union ermöglicht wurden. Seitdem bemüht
sich die Türkei fortwährend um die Erfüllung der Kopenhagener Kriterien, darunter auch die Notwendigkeit der
Herbeiführung "institutioneller Stabilität als Garantie für demokratische und rechtsstaatliche Ordnung und
Wahrung der Menschenrechte", was auch den Verpflichtungen der Türkei als Mitgliedstaat des Europarates
entspricht.

3. Indessen wurden die Reformen im Frühjahr 2007 ausgesetzt, als aufgrund der Tatsache, dass die Große
Nationalversammlung der Türkei (im Folgenden als "das Parlament" bezeichnet) nicht in der Lage war, einen
neuen Staatspräsidenten zu wählen, eine politische Krise ausbrach. Diese Krise führte zu vorgezogenen
Neuwahlen, die im Juli 2007 durchgeführt wurden und bei denen nach Auffassung der Versammlung und
anderer internationaler Beobachter die Verpflichtungen der Türkei als Mitgliedstaat des Europarates und die
europäischen Standards für freie und faire Wahlen weitgehend eingehalten wurden. Nach Ansicht der
Versammlung hat die höhere Wahlbeteiligung bestätigt, dass dem demokratischen Prozess in der Türkei
Vertrauen entgegengebracht wird.

4. Mit 46,6 % der Stimmen erzielte die "Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung" von Ministerpräsident
Erdogan (im Folgenden als "AK-Partei" bezeichnet) bei den Parlamentswahlen im Juli 2007 eine absolute
Mehrheit. The Assembly, while regretting the Turkish authorities’ failure to comply with its previous calls to
lower the 10% electoral threshold, notes that the current parliament is more representative of the country’s
political diversity than the previous one, representing about 90% of the opinions of the electorate.

5. Indessen kam es erneut zu einer Krise, nachdem das Parlament am 9. Februar 2008
Verfassungsänderungen und eine Änderung des Hochschulgesetzes, das eine Lockerung des Kopftuchverbots für
muslimische Studentinnen an den Universitäten vorsah, verabschiedet hatte. Nach allgemeiner Auffassung
standen diese Änderungen säkularen Grundsätzen entgegen und wurden von Seiten des Verfassungsgerichts am
5. Juni 2008 für verfassungswidrig erklärt.

6. Zwischenzeitlich strengte der leitende Staatsanwalt des Obersten Gerichtshofs der Türkei am
14. März 2008 mit der Begründung, dass die regierende AK-Partei zu einem "Zentrum antisäkularer Aktivitäten"
geworden sei, ein gerichtliches Verfahren mit dem Ziel an, die Partei aufzulösen und 71 Parteimitglieder -
darunter Staatspräsident Gül und Ministerpräsident Erdogan sowie 39 Parlamentsabgeordnete - fünf Jahre lang
vom politischen Leben auszuschließen. Das Verfahren ist vor dem Verfassungsgericht anhängig.

7. Die Versammlung bekennt sich zum Grundsatz der Säkularität des Staates in den Mitgliedstaaten des
Europarates. Allerdings können die Kriterien, die für den Säkularismus gelten, nicht auf politische Parteien
übertragen werden, da es in den meisten Mitgliedstaaten des Europarates politische Parteien gibt, die sich auf die
moralischen Werte einer Religion berufen. Wenn eine solche Partei an der Regierung ist und die Regierung
verfassungswidrige Entscheidungen trifft, sollte mit rechtlichen Mitteln gegen diese Entscheidungen
vorgegangen werden, aber nicht gegen die politische Partei, die sie trifft.

8. Die Versammlung befürchtet, dass das Verfahren gegen die Regierungspartei sowie den
Ministerpräsidenten und den Präsidenten der Republik sich unbeschadet des Ergebnisses gravierend auf die
politische Stabilität im Land und das demokratische Funktionieren der staatlichen Institutionen auswirkt und
dringend notwendige wirtschaftliche und politische Reformen hinauszögert.

Drucksache 16/13168 – 46 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

9. Gleichzeitig hebt die Versammlung hervor, dass es sich bei der wirksamen Gewaltenteilung und der
Unabhängigkeit der Justiz um Grundsätze einer rechtstaatlichen Demokratie handelt, die von allen staatlichen
Institutionen in vollem Umfang zu gewährleisten sind. Auf das Verfassungsgericht des Landes sollte kein
Einfluss ausgeübt werden. Die Versammlung ist in diesem Zusammenhang zuversichtlich, dass das
Verfassungsgericht die europäischen Normen betreffend die Auflösung politischer Parteien anwendet, die sich
aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte über Artikel 10 (Freiheit der
Meinungsäußerung) und 11 (Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit) der Europäischen
Menschenrechtskonvention (im Folgenden als "Konvention" bezeichnet - SEV Nr. 5) und den Leitlinien über das
Verbot und die Auflösung politischer Parteien und ähnliche Maßnahmen ergeben, die im Dezember 1999 von
der Europäischen Kommission für Demokratie durch Recht (Venedig-Kommission) des Europarates
verabschiedet wurden.

10. Die Versammlung stellt fest, dass die Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im
Zusammenhang mit der Auflösung politischer Parteien besonders wichtig ist, da diese für die Gewährleistung
des Pluralismus und das ordnungsgemäße Funktionieren der Demokratie eine entscheidende Rolle spielen. Sie
erinnert daran, dass nach wiederholter Feststellung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte die
Auflösung einer politischen Partei, die mit einem vorübergehenden Verbot der Wahrnehmung der politischen
Verantwortung seitens der Parteiführung einhergeht, die einschneidendste Maßnahme ist; diese sollte nur in den
schwerwiegendsten Fällen getroffen werden.

11. Die Versammlung erinnert darüber hinaus an ihre Entschließung 1308 (2002) über Beschränkungen für
politische Parteien in den Mitgliedstaaten des Europarates, in der sie hervorhob, dass Demokratien das Recht
haben, sich gegen extremistische Parteien zur Wehr zu setzen, die Auflösung politischer Parteien aber ein
Ausnahmefall bleiben sollte, die nur dann zur Anwendung kommen soll, wenn die betreffende Partei Gewalt
anwendet oder den bürgerlichen Frieden und die verfassungsmäßige Ordnung des Landes bedroht.

12. Die Versammlung nimmt zur Kenntnis, dass es in der Türkei schon häufiger zum Verbot politischer
Parteien gekommen ist, bei denen in fast allen Fällen ein Verstoß gegen Artikel 11 der Konvention festgestellt
wurde. In ihrer Entschließung 1380 (2004), die das Überwachungsverfahren für die Türkei beendete, betonte die
Versammlung, dass die Häufigkeit des Verbots politischer Parteien Anlass zur Besorgnis gebe, und äußerte die
Hoffnung, dass die Verfassungsänderungen von Oktober 2001 und die Änderungen des Gesetzes über die
politischen Parteien zukünftig die "Anwendung einer solch extremen Maßnahme wie der Auflösung
einschränken werde".

13. Sie stellt darüber hinaus fest, dass das Ministerkomitee vor dem Hintergrund dieser Reformen im Jahr
2007 die Überwachung der Umsetzung der Urteile des Gerichtshofs in allen Fällen betreffend die Auflösung
politischer Parteien in der Türkei zwischen 1991 und 1997 beendete, da es sich davon überzeugt hatte, dass die
entsprechenden Urteile ordnungsgemäß umgesetzt wurden. In diesem Zusammenhang forderte das
Ministerkomitee die türkischen Behörden nachdrücklich auf, sich weiterhin dafür einzusetzen, dass die
Rechtsprechung des Gerichtshofs direkt in die Umsetzung des türkischen Rechts einfließt.

14. Das laufende Verfahren gegen die AK-Partei stößt unbeschadet des Ergebnisses eine erneute Debatte
über die rechtliche Grundlage des Verbots politischer Parteien im Land an und zeigt, dass ungeachtet der oben
genannten Reformen die Frage der Auflösung politischer Parteien in der Türkei nach wie vor offen ist. Die
Versammlung stellt fest, dass in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit weiterer verfassungsmäßiger und
gesetzlicher Reformen deutlich geworden ist.

15. Eine vollständige Überarbeitung der Verfassung von 1982, die trotz mehrfacher Überarbeitungen nach
wie vor von dem Militärputsch von 1980 geprägt ist, und eine umfassende Überprüfung des Gesetzes über die
politischen Parteien sind erforderlich, um dafür zu sorgen, dass diese Texte voll und ganz den europäischen
Normen entsprechen. Bei der Durchführung dieser Reformen sollten die türkischen Behörden vor allem gemäß
den oben genannten Leitlinien der Venedig-Kommission die Einführung strengerer Kriterien für die Auflösung
politischer Parteien ins Auge fassen, z.B. die Duldung von Gewalt oder den Aufruf zur Gewalt oder die
offenkundige Bedrohung grundlegender demokratischer Werte.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 47 – Drucksache 16/13168

16. Die Versammlung erinnert daran, dass sie im Zuge der Verabschiedung der Entschließung 1380 und der
Beendigung des Überwachungsverfahrens für die Türkei das Land aufgefordert hatte, im Rahmen des
Reformprozesses "mit Unterstützung der Venedig-Kommission eine grundlegende Reform der Verfassung von
1982 durchzuführen, um diese an die geltenden europäischen Normen anzupassen". Die Notwendigkeit der
Erarbeitung einer neuen zivilen Verfassung ist nunmehr deutlicher zutage getreten als jemals zuvor.

17. In diesem Zusammenhang nimmt die Versammlung die Initiative der Regierung im Hinblick auf den
Entwurf einer neuen zivilen Verfassung zur Kenntnis und ist der Auffassung, dass dieser Entwurf eine
Gelegenheit für eine umfassende nationale Debatte mit Beteiligung aller gesellschaftlichen Akteure bietet. Sie
fordert die Regierung auf, diesen Prozess in enger Zusammenarbeit mit der Venedig-Kommission abzuschließen.
Die neue Verfassung sollte vor allem ein geeignetes System der gegenseitigen demokratischen Kontrolle
garantieren und dem Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten im Einklang mit europäischen Normen
einen wichtigen Platz einräumen, um funktionierende demokratische Institutionen in der Türkei und die
Konsolidierung des Modernisierungs- und Reformprozesses der Türkei vollständig zu gewährleisten.

18. Gleichzeitig fordert die Versammlung unter Hervorhebung der Bedeutung einer wirksamen
Gewaltenteilung alle staatlichen Institutionen dringend auf, ihre jeweiligen Zuständigkeitsbereiche zu beachten
und sich gemeinsam verstärkt für die dringend benötigten wirtschaftlichen und politischen Reformen
einzusetzen, durch die die Türkei zu einer modernen Demokratie wird.

19. Alle Institutionen der Mitgliedstaaten sind an die Pflichten, Verpflichtungen und Grundsätze des
Europarates gebunden. Unter Berücksichtigung der Trennung von justizieller und politischer Gewalt hebt die
Versammlung hervor, dass sich auch die Justizbehörden an diese Normen und Grundsätze halten und
entsprechend handeln müssen.

20. Die Versammlung bittet ihren Monitoringausschuss, den Post-Monitoring-Dialog mit der Türkei zu
vertiefen, die Entwicklung funktionierender demokratischer staatlicher Institutionen und vor allem den Prozess
des Entwurfs einer Verfassung aufmerksam zu verfolgen sowie gegebenenfalls die Möglichkeit der
Wiedereinleitung des Überwachungsverfahrens für die Türkei in Betracht zu ziehen.

Entschließung 1623 (2008)15

betr. Die Aktivitäten des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK)

1. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) wurde 1863 gegründet und begründete die
Bewegung des Internationalen Roten Kreuzes und des Roten Halbmonds (im Folgenden als "die Bewegung"
bezeichnet).

2. Es handelt sich um eine unparteiische, neutrale und unabhängige Organisation mit einem ausschließlich
humanitären Mandat zum Schutz des Lebens und der Würde der Opfer von Kriegen, bewaffneten Konflikten und
innerstaatlicher Gewalt und zur Hilfeleistung für diese Opfer. Es leitet und koordiniert internationale
Hilfsaktionen, die von der Bewegung in Konfliktsituationen durchgeführt werden. Es bemüht sich auch, durch
die Förderung und Stärkung des humanitären Rechts und der universellen humanitären Grundsätze Leiden zu
verhindern.

3. Das IKRK besitzt ein internationales rechtliches Mandat gemäß den Genfer Abkommen von 1949 sowie
der Zusatzprotokolle von 1977 zum Besuch von Gefangenen, zur Organisation von Hilfsaktionen, zur
Wiedervereinigung getrennter Familien und zur Durchführung anderer humanitärer Aktivitäten bei bewaffneten

15 Debatte der Versammlung am 26. Juni 2008 (26. Sitzung) (siehe Dok. 11608, Bericht des Ausschusses für Wanderbewegungen,
Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen, Berichterstatter: Herr Hancock). Der Text wurde von der Versammlung am 26. Juni 2008
(26. Sitzung) verabschiedet.

Drucksache 16/13168 – 48 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Konflikten. Es besitzt gemäß seiner Satzung auch ein Mandat, ähnliche Arbeiten in Situationen innerstaatlicher
Gewalt durchzuführen, in denen die Genfer Abkommen nicht gelten.

4. Das IKRK verfügt über mehr als 12.000 engagierte Mitarbeiter weltweit, unterhält eine Präsenz in 80
Ländern der Welt und hilft Millionen Menschen, die von bewaffneten Konflikten und anderen Gewaltsituationen
betroffen sind. Es wird von den europäischen Staaten großzügig unterstützt, insbesondere von Belgien,
Dänemark, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, den Niederlanden, Norwegen, Schweden, der
Schweiz und Spanien.

5. Das humanitäre Völkerrecht ist heute bei internationalen und nicht internationalen bewaffneten
Konflikten nach wie vor wichtig, und es ist weiterhin unerlässlich, Schutz für alle Opfer auf allen Seiten des
bewaffneten Konflikts zu bieten.

6. Die Parlamentarische Versammlung begrüßt die weltweite Ratifizierung der Genfer Abkommen von
1949 und das Inkrafttreten des 3. Zusatzprotokolls zu diesen Abkommen am 14. Januar 2007. Darüber hinaus
hofft sie, dass alle unter dem humanitären Völkerrecht geschlossenen Verträge weltweit anerkannt werden.

7. Darüber hinaus begrüßt die Versammlung die Fortschritte bei der Umsetzung des humanitären
Völkerrechts und erkennt an, dass es wichtig ist, auf allen Ebenen Maßnahmen zur tatsächlichen Umsetzung,
Verbreitung und Durchsetzung des humanitären Völkerrechts zu treffen. Die Versammlung empfiehlt den
Mitgliedstaaten des Europarates daher,

7.1. die Arbeit des IKRK und seines Beratungsdienstes im Bereich des humanitären Völkerrechts,
deren Ziel die Unterstützung der Staaten beim Abschluss von Verträgen nach dem humanitären
Völkerrecht und bei deren Umsetzung ist, aktiv zu unterstützen;

7.2. Partnerschaften und Synergien mit anderen Ländern, internationalen und regionalen
Organisationen, dem IKRK, den nationalen Gesellschaften des Roten Kreuzes und des Roten
Halbmonds und ihrer internationalen Föderation, mit akademischen Einrichtungen und nichtstaatlichen
Organisationen zur Umsetzung, Verbreitung und Entwicklung des humanitären Völkerrechts zu fördern;

7.3. die Bemühungen um die Durchsetzung des humanitären Völkerrechts auf nationaler und
internationaler Ebene zu verstärken und dabei zu berücksichtigen, dass Straflosigkeit für Verbrechen
nach dem humanitären Völkerrecht nicht hingenommen werden darf und dass die Rechte der Opfer im
Rahmen des humanitären Völkerrechts geltend gemacht werden müssen;

7.4. das humanitäre Völkerrecht bei der Durchführung militärischer Operationen umzusetzen und in
militärische Regelungen und Mechanismen zu integrieren;

7.5. Angehörigen der Streitkräfte und Sicherheitspersonal auf allen Ebenen laufend gründlich über
die Regeln des humanitären Völkerrechts und deren konkrete Anwendung zu unterrichten, auch im
Zusammenhang mit multinationalen friedenssichernden Operationen.

8. Die Versammlung unterstützt voll und ganz das institutionelle Ziel des IKRK für den Zeitraum von
2007 bis 2010, den Handlungsrahmen und die Aktivitäten des IKRK anzupassen, um den Bedürfnissen der
Opfer bewaffneter Konflikte und anderer Formen bewaffneter Gewalt so schnell und wirksam wie möglich zu
entsprechen. Die Versammlung fordert das IKRK auf,

8.1. Schutzmaßnahmen noch stärker in den Vordergrund zu rücken, was am besten über verbesserte
Finanzierungsmöglichkeiten zu erreichen ist;

8.2. sich weiterhin für den Schutz von Personen vor dem Verschwindenlassen einzusetzen;

8.3. Regierungen bei der Lösung des Problems bezüglich Personen, die im Rahmen eines
bewaffneten Konflikts oder von innerstaatlicher Gewalt vermisst werden, vor allem in den Ländern des
ehemaligen Jugoslawien und der Kaukasus-Region, stärker zu unterstützen;

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 49 – Drucksache 16/13168

8.4. weiterhin zum Aufbau und Erhalt der Fähigkeit der nationalen Rotkreuz-Gesellschaften
beizutragen, das humanitäre Völkerrecht, die Grundsätze und humanitären Werte der Bewegung zu
fördern und die Fähigkeiten der nationalen Rotkreuz-Gesellschaften zu verfestigen, getrennte Familien
wieder zusammenzuführen;

8.5. sich weiterhin an der institutionellen und operativen humanitären Koordinierung mit anderen
humanitären Organisationen zu beteiligen und sich neuen Formen der Koordinierung anzupassen, die
im Rahmen der humanitären Reform der Vereinten Nationen durchgeführt werden, und dabei den
unparteiischen und unabhängigen Ansatz des IKRK beizubehalten;

8.6. das humanitäre Völkerrecht durch Bildung sowie insbesondere durch die Umsetzung des
Programms "Entdecke das humanitäre Völkerrecht" weiter zu fördern, das darauf abzielt, das
humanitäre Völkerrecht in die offiziellen Lehrpläne weiterführender Schulen der ganzen Welt als Teil
der Schulkindern vermittelten Grundausbildung zu integrieren;

8.7. die Arbeit zur Verringerung des durch Landminen, Streumunition und anderen explosiven
Kampfmittelrückständen verursachten Leidens für die Zivilbevölkerung fortzusetzen;

8.8. seine Arbeit zum Schutz von Einwanderern, Flüchtlingen und Binnenvertriebenen
fortzuführen.

9. Die Versammlung empfiehlt den Mitgliedstaaten des Europarates und den Staaten, deren Parlamente
Beobachterstatus bei der Parlamentarischen Versammlung haben,

9.1. unter anderem die Zusatzprotokolle zu den Genfer Abkommen von 1977 und 2005, das
Protokoll über explosive Kampfmittelrückstände aus dem Jahr 2003, das Fakultativprotokoll aus dem
Jahr 2000 zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend die Beteiligung von Kindern an
bewaffneten Konflikten, das Internationale Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem
Verschwindenlassen sowie das Übereinkommen von Ottawa über das Verbot des Einsatzes, der
Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe von Anti-Personenminen und über deren Vernichtung zu
ratifizieren, sofern noch nicht geschehen, und vollständig umzusetzen;

9.2. einen nationalen rechtlichen Rahmen für die Untersuchung und strafrechtliche Verfolgung von
Straftaten nach dem Völkerrecht, insbesondere Kriegsverbrechen, zu schaffen, und empfiehlt den
Staaten, die dies noch nicht getan haben, das Statut des Internationalen Strafgerichtshofs zu ratifizieren;

9.3. das Abkommen über Streumunition, das am 2. Dezember 2008 in Oslo (Norwegen) zur
Unterschrift bereit liegt, zu unterzeichnen und baldmöglichst die erforderlichen Schritte zur
Ratifizierung des Abkommens einzuleiten;

9.4. die notwendigen Gesetze zur Umsetzung der Normen des humanitären Völkerrechts zu
verabschieden und die erforderlichen finanziellen Ressourcen für deren Umsetzung bereitzustellen;

9.5. den Mitarbeitern des IKRK uneingeschränkten Zugang zu gefangenen Personen zu
ermöglichen, damit diese das Wohlergehen von Häftlingen überwachen können;

9.6. das Problem der vermissten Personen unter Nutzung der guten Dienste und Erfahrungen des
IKRK zu lösen;

9.7. Kulturgüter vor den Auswirkungen bewaffneter Konflikte zu schützen;

9.8. dem IKRK finanzielle Unterstützung für seine laufenden Aktivitäten und zukünftigen
Spendenaufrufe zu leisten;

9.9. den Unterricht über das humanitäre Völkerrecht als Teil der den Schülern vermittelten
Grundbildung in die offiziellen Lehrpläne weiterführender Schulen aufzunehmen;

Drucksache 16/13168 – 50 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

9.10. das Wissen über das IKRK und seine Aktivitäten zu verbreiten;

9.11. die Unabhängigkeit und die helfende Rolle der nationalen Rotkreuz- und
Rothalbmondgesellschaften zu fördern;

9.12. Maßnahmen hinsichtlich der Verwendung und zum Schutz der charakteristischen Embleme
und Abzeichen der Rotkreuzbewegung, die nach den Genfer Abkommen und den dazugehörigen
Protokollen anerkannt sind, zu treffen.

Empfehlung 1842 (2008)16

betr. Die Aktivitäten des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK)

1. Die Parlamentarische Versammlung verweist auf ihre Entschließung 1623 (2008) zu diesem Thema und
fordert das Ministerkomitee auf, die darin enthaltenen Ideen und Vorschläge zu berücksichtigen.

2. Die Versammlung empfiehlt dem Ministerkomitee,

2.1. das IKRK bei seinen Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Überwachung von
Haftbedingungen zu unterstützen;

2.2. zwecks Unterstützung der humanitären Hilfe für von bewaffneten Konflikten und anderen
Gewaltsituationen betroffene Personen (einschließlich Flüchtlinge und Binnenvertriebene) mit dem
IKRK zusammenzuarbeiten;

2.3. zur Lösung der Frage der infolge von bewaffneten Konflikten und anderen Gewaltsituationen
in Europa vermissten Personen beizutragen;

2.4. die Verbreitung und Umsetzung des internationalen humanitären Völkerrechts auf nationaler
Ebene zu fördern.

3. Die Versammlung fordert das Ministerkomitee darüber hinaus auf, den Lenkungsausschuss für
Erziehung und Bildung (CDED) des Europarates anzuweisen, zu prüfen, inwieweit das IKRK bei seinen
Bemühungen um die Einbeziehung von Kenntnissen über das humanitäre Völkerrecht in die schulischen
Lehrpläne im Rahmen des IKRK-Projekts "Entdecke das humanitäre Völkerrecht" unterstützt werden kann.

Entschließung 1624 (2008)17

betr. Verhinderung der ersten Form der Gewalt gegen Kinder: Aussetzung nach der Geburt

1. Die Parlamentarische Versammlung ist sich bewusst, dass es die Aussetzung von Kindern, insbesondere
Neugeborener, schon immer gegeben hat und immer geben wird. Es wird immer Mütter in Not geben, die der
Ansicht sind, gute Gründe dafür zu haben, ihr Kind bei der Geburt auszusetzen (Ablehnung der

16 Debatte der Versammlung am 26. Juni 2008 (26. Sitzung) (siehe Dok. 11608, Bericht des Ausschusses für Wanderbewegungen,
Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen, Berichterstatter: Herr Hancock). Der Text wurde von der Versammlung am 26. Juni 2008
(26. Sitzung) verabschiedet.

17 Debatte der Versammlung am 27. Juni 2008 (27. Sitzung) (siehe Dok. 11538, Bericht des Ausschusses für Sozialordnung, Gesundheit
und Familie, Berichterstatter: Herr Hancock). Der Text wurde von der Versammlung am 27. Juni 2008 (27. Sitzung) verabschiedet.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 51 – Drucksache 16/13168

Schwangerschaft, Schwangerschaft außerhalb der Ehe oder in jungen Jahren, Armut, HIV/AIDS usw.). In der
Vergangenheit verfolgten einige osteuropäische Staaten auch eine Politik, die das Aussetzen von Säuglingen
"institutionalisierte" oder Eltern, die sich in einer schwierigen Situation befanden, aufforderte, ihre neugeborenen
Kinder dem Staat zu überlassen; Spuren dieser Politik lassen sich im Verhalten der Mitarbeiter öffentlicher
Krankenhäuser und Entbindungsanstalten finden.

2. Gleichwohl ist die Versammlung beunruhigt, da wir heute leider weit von einem Ende des Aussetzens
von Säuglingen und Kleinkindern entfernt sind. Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten, Armut und HIV/AIDS
gibt es in einigen Staaten Mittel- und Osteuropas nach wie vor eine hohe Aussetzungsrate von Neugeborenen,
und dieses Phänomen tritt auch erneut in westeuropäischen Staaten auf, wenngleich eindeutig nicht in
vergleichbarem Ausmaß.

3. Sie stellt darüber hinaus fest, dass es nur wenige Daten zu diesem Thema gibt. Um dieser
Herausforderung mit entsprechenden Maßnahmen zu begegnen, müssen wir das Problem genauer quantifizieren
und mit Zahlen belegen, insbesondere im Hinblick auf die Erfassung der ausgesetzten Säuglinge nach ihrem
Geschlecht. Wir müssen auch ein klareres Bild des typischen Profils der Mütter gewinnen, die ihre Kinder
aussetzen, und es mit einer gewissen Sicherheit bestimmen. In Westeuropa stehen die meisten Fälle von
Kindesaussetzung offenbar im Zusammenhang mit sehr jungen Müttern (Ausländerinnen, illegale
Einwanderinnen oder Prostituierte), die in Abhängigkeitsverhältnissen leben.

4. Die Versammlung stellt fest, dass Adoption zu einem Markt geworden ist und der Mangel an zur
Adoption freigegebenen Babys im Westen die Situation verschlimmert. Adoption steht in einem engen
Zusammenhang mit dem Aussetzen von Kindern, ebenso wie mit Kinderhandel. Nichtstaatliche Organisationen
beklagen häufig, dass in Not geratene Mütter nicht hinreichend über die ihnen zur Verfügung stehenden
Möglichkeiten informiert werden und dass ihre prekäre Situation ausgenutzt wird, um sie zur Abgabe ihrer
neugeborenen Kinder zu überreden.

5. Das Aussetzen von Kindern bei der Geburt ist ein komplexes Thema, das über die Rechte der Mutter
hinausgehend noch andere Rechte berührt, z.B. die des Kindes und des Vaters. Es ist heutzutage nicht möglich,
über die Rechte von Kindern hinwegzugehen, vor allem das Recht von Kindern, in einer Familie zu leben und
ihre Herkunft zu kennen; ebenso schwierig ist es auch, die Rechte der Väter zu ignorieren.

6. Die Versammlung stellt fest, dass wir derzeit in Europa und auf der ganzen Welt die umstrittene
Wiedereinführung des Systems der Babyklappe erleben, die in Europa im Mittelalter genutzt wurde. In vielen
Fällen wird das Aussetzen von Kindern als ein Verbrechen betrachtet, und dieses System wird von Einigen als
Anstiftung zum Verbrechen angesehen, das den Müttern die Verantwortung abnimmt. Die Befürworter des
Systems argumentieren, dass durch die allgemeine Verbreitung die Zahl der Abtreibungen verringert,
Kindstötungen, Kindesmisshandlungen und das Aussetzen von Säuglingen an öffentlichen Orten verhindert und
sichergestellt wird, dass die Kinder adoptiert werden.

7. Für die Versammlung stellt sich angesichts des Aussetzens von Neugeborenen eindeutig die Frage nach
dem Zugang für Frauen und Männer - insbesondere Migranten - zu sexuellen Rechten und reproduktiven
Gesundheitsdienstleistungen. in Ländern, in denen ein Schwangerschaftsabbruch erlaubt ist, unterliegt dieser
unzähligen administrativen Formalitäten, die für viele Frauen in Notlagen Hindernisse darstellen.

8. Die Versammlung bekräftigt erneut ihre Haltung gegen eine Heimunterbringung ausgesetzter Säuglinge
und Kleinkinder und für die Bevorzugung der alternativen Betreuung dieser Kinder in einer Familie. Sie bringt
darüber hinaus erneut zum Ausdruck, dass die nationale Adoption Vorrang vor der internationalen Adoption
haben sollte.

9. Die Versammlung fordert die Mitgliedstaaten auf,

9.1. ihrer Familienpolitik ein unumstößliches zentrales Prinzip zugrunde zu legen, und zwar die
Wahrung der Rechte von Kindern, insbesondere das Recht, in ihrer Familie zu leben und ihre Herkunft
zu erfahren - ein grundlegendes Menschenrecht, das von entscheidender Bedeutung für ihre
Entwicklung ist;

Drucksache 16/13168 – 52 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

9.2. schwangere Frauen und junge Mütter und Väter mithilfe von Maßnahmen zu unterstützen, die
die medizinisch-soziale Überwachung von Schwangerschaften, den Schutz vor dem HIV/AIDS-Virus
und andere Maßnahmen zur Verhinderung der Übertragung des Virus von der Mutter auf das Kind,
Geburtshilfe, die Verhinderung der Trennung des Kindes von der Mutter nach der Geburt sowie
postnatale medizinische und soziale Unterstützung für Mutter und Vater sowie das Kind beinhalten;

9.3. die finanzielle Belastung, die die Geburt eines Kindes für Familien oder alleinerziehende
Mütter bedeutet, angemessen zu berücksichtigen;

9.4. das umfassende Recht einer Frau anzuerkennen, sich frei für eine Schwangerschaft zu
entscheiden, was den rechtlichen und leichteren Zugang zu sexuellen Rechten und reproduktiven
Gesundheitsdiensten beinhaltet;

9.5. besonders gefährdeten Gruppen junger Mädchen und Frauen - z.B. Einwanderinnen, mit
HIV/AIDS infizierten Frauen und Minderheitengruppen angehörenden Frauen - besondere Beachtung
zu schenken.

10. Die Mitgliedstaaten werden darüber hinaus aufgefordert, eine aktive Politik zur Verhinderung des
Aussetzens von Neugeborenen zu gestalten, die

10.1. jegliche Aufforderung oder jeglichen Druck von Seiten des medizinischen oder
paramedizinischen Personals oder der staatlichen Behörden gegenüber Müttern mit dem Ziel, diese zur
Abgabe ihres Kindes zu bewegen, verbietet;

10.2. mithilfe geeigneter Maßnahmen, z.B. leicht zugängliche Aufnahmeeinrichtungen, das
Aussetzen verhindert, da dies das Leben des Neugeborenen gefährdet;

10.3. frühe und unerwünschte Schwangerschaften durch Aufklärung und Sexualerziehung für
Mädchen und Jungen - vor allem in den Schulen - verhindert;

10.4. Müttern, vor allem Müttern, die besonders gefährdeten Gruppen angehören, und Vätern bessere
Informationen über die ihnen zur Verfügung stehende Unterstützung anbietet, insbesondere über
finanzielle Unterstützung, mit deren Hilfe sie die mit einem Kind verbundenen zusätzlichen finanziellen
Lasten tragen können;

10.5. die Einrichtung und den Ausbau von Betreuungseinrichtungen und vorübergehenden
Unterbringungsmöglichkeiten für Mütter und ihre Kinder unterstützt.

11. Die Mitgliedstaaten des Europarates sollten Mütter nachdrücklich zur Bekanntgabe ihrer Identität
auffordern; gleichzeitig sollten aber Möglichkeiten geschaffen werden, Kinder an geschützten Orten zur Welt zu
bringen, die der Mutter ein gewisses Maß an Vertraulichkeit gewähren. Kinder dürfen nicht des Rechts beraubt
werden, ihre Herkunft zu erfahren, und es sollte ihnen erlaubt werden, dies noch vor Erreichen der Volljährigkeit
zu tun.

12. Zur Bekämpfung des Handels mit Neugeborenen empfiehlt die Versammlung, dass die Registrierung
aller Kinder bei der Geburt eine für die Eltern völlig kostenlose Verpflichtung sein sollte; es sollten Anreize für
eine derartige Registrierung geschaffen werden, beispielsweise durch eine bei der Geburt des Kindes
auszuzahlende Beihilfe.

13. Die Versammlung fordert die Mitgliedstaaten auf, transparente Verfahren für die Freigabe von
Neugeborenen zur nationalen und internationalen Adoption einzuführen; Müttern sollte ein angemessener
Zeitraum zugestanden werden, innerhalb dessen sie ihre Meinung ändern können, und die Zustimmung des
Vaters sollte soweit möglich berücksichtigt werden; eine nationale oder internationale Adoption sollte Kinder
nicht daran hindern oder es ihnen verbieten, nach ihrer Herkunft zu forschen.

14. Schließlich ist die Versammlung der Auffassung, dass die Nichtumsetzung einer Politik seitens aller
Mitgliedstaates des Europarates, die jedem Kind ungeachtet seines Lebensmittelpunkts oder seiner Herkunft die

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 53 – Drucksache 16/13168

Möglichkeit gibt, sein volles Potenzial auszuschöpfen, ein Versäumnis darstellt. Jeder Staat sollte verpflichtet
sein, dafür zu sorgen, dass jedes Kind entweder bei seiner Familie, einer Pflegefamilie oder einer Adoptivfamilie
immer sicher untergebracht ist. Kein Kind sollte unnötig gefährdet werden, wenn Bildung, Gesundheitsfürsorge
oder die allgemeine soziale Lebensinfrastruktur vorhanden sind. Wenn dies nicht geschieht, wären jedes einzelne
Land und seine fortgesetzte Mitgliedschaft im Europarat diskreditiert. Der Europarat als Ganzes sollte sich
bemühen, dafür zu sorgen, dass jedes Land seinen Verpflichtungen gegenüber seinen Kindern nachkommt, und
der Versammlung sollte regelmäßig über die Einhaltung dieser Verpflichtungen durch die Mitgliedstaaten
Bericht erstattet werden.

Entschließung 1625 (2008)18

betr. Gökçeada (Imbros) und Bozcaada (Tenedos) 19: Wahrung des bikulturellen Charakters der beiden
türkischen Inseln als Modell für die Zusammenarbeit zwischen der Türkei und Griechenland im Interesse

der betroffenen Bevölkerung

1. Die Parlamentarische Versammlung begrüßt mit lebhafter Genugtuung die Verbesserungen der jüngsten
Zeit in den Beziehungen zwischen der Türkei und Griechenland, die den wirtschaftlichen und kulturellen
Austausch zwischen beiden Staaten erheblich verstärkt haben.

2. Die verbesserten Beziehungen ermöglichten es den ehemaligen Leitern der türkischen und der
griechischen Delegation in der Versammlung, Elsa Papademetriou und Murat Mercan, 2005 den Inseln
Gökçeada (Imbros) und Bozcaada (Tenedos) einen historischen Besuch abzustatten, deren Bevölkerung viel zu
lange unter den Folgen der unterschiedlichen Krisen in den Beziehungen zwischen beiden Staaten gelitten hat.

3. Auf den Besuch im Jahr 2005 folgte die gemeinsame Vorlage des Antrags, der der vorliegenden
Entschließung zugrunde liegt. Aufgrund der geringen Einwohnerzahl der Inseln wäre es möglich, die Probleme
der dortigen Bevölkerung außerhalb des größeren Rahmens der griechisch-türkischen Beziehungen zu lösen.

4. Die Versammlung ist der Ansicht, dass positive Maßnahmen seitens der türkischen Behörden zur
Wahrung des bikulturellen Charakters der beiden kleinen türkischen Inseln nicht nur ein konkretes Zeichen für
die Achtung der Rechte ihrer eigenen Staatsbürger durch die Türkei sein werden, sondern auch ein Modell für
die Zusammenarbeit zwischen der Türkei und Griechenland im ausschließlichen Interesse der betroffenen
Bevölkerung sein könnten.

5. Eine positive Haltung gegenüber den griechischen Inselbewohnern und ihren Nachfahren wäre ebenfalls
ein hervorragendes Beispiel für die Bereitschaft der Türkei, sich die europäischen Werte guter Nachbarschaft zu
Eigen zu machen.

6. Die Versammlung bedauert, dass aufgrund verschiedener Maßnahmen, die zu einem früheren Zeitpunkt
von den Behörden getroffen wurden (Schließung aller Schulen der griechischen Gemeinschaft auf den Inseln,
Enteignungen in großem Stil, Misshandlungen), aber auch aus wirtschaftlichen Gründen die große Mehrheit der
ursprünglichen Bewohner der Insel (ethnische Griechen) ausgewandert ist, sodass nur etwa 250 Mitglieder dieser
Gemeinschaft auf Gökçeada (Imbros) und 25 auf Bozcaada (Tenedos) leben; dabei handelt es sich hauptsächlich
um ältere Menschen. Gleichzeitig haben viele Tausende ehemalige Inselbewohner und ihre Nachfahren den
Wunsch geäußert, enge Beziehungen zu ihrer Heimatinsel zu unterhalten, indem sie regelmäßig zu traditionellen
Feiern und Familientreffen und im Urlaub in die Heimat ihrer Vorfahren zurückkehren, und eine Reihe von
ihnen erwägt ernsthaft, sich dort im Rentenalter oder als Unternehmer erneut niederzulassen. Die Mitglieder der

18 Debatte der Versammlung am 27. Juni 2008 (27. Sitzung) (siehe Dok. 11629, Bericht des Ausschusses für Recht und Menschenrechte,
Berichterstatter: Herr Gross). Der Text wurde von der Versammlung am 27. Juni 2008 (27. Sitzung) verabschiedet.

19 Den Beschlüssen der dritten Konferenz der Vereinten Nationen über die Standardisierung geografischer Namen zufolge haben
Nationalstaaten das Recht, die in ihrem Hoheitsgebiet befindlichen geografischen Orte zu benennen.

Drucksache 16/13168 – 54 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Diaspora-Vereinigungen spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, den Gebietsansässigen bei der
Bewältigung der objektiven Schwierigkeiten, vor denen sie stehen, zu helfen.

7. Positive Maßnahmen sind heute dringend erforderlich, um der Abwanderung der ethnisch-griechischen
Bevölkerung von den Inseln Einhalt zu gebieten oder diese zumindest teilweise zur Rückkehr zu bewegen, so
dass der bikulturelle Charakter der Inseln nachhaltig gewahrt werden kann.

8. Die Versammlung begrüßt eine Reihe positiver Gesten der türkischen Behörden der jüngsten Zeit, z.B.

8.1. den Wiederaufbau des Glockenturms der Kirche der griechischen Gemeinde Bozcaada
(Tenedos) nach dem Besuch des türkischen Premierministers und auf seinen ausdrücklichen Wunsch;

8.2. die unlängst durchgeführte Renovierung der Agios-Nikolaos-Kirche in Kaleköy (Kastro) auf
Gökçeada (Imbros);

8.3. die bevorstehende (bereits genehmigte und finanzierte) Restaurierung der ehemaligen
Domkirche der Insel, Agia Marina, in dieser Stadt;

8.4. die vielbeachtete beruhigende und hilfreiche Haltung der beiden kommunalen Unterpräfekten
("Kaymakams") gegenüber der ethnisch-griechischen Bevölkerung.

9. Zur Verstärkung der positiven Dynamik sind folgende zusätzliche Maßnahmen vordringlich zu prüfen:

9.1. die Erlaubnis, mindestens eine Schule der griechischen Gemeinschaft auf Gökçeada (Imbros)
gemäß den Leitlinien der Schulen der griechisch-orthodoxen Gemeinschaft in Istanbul oder der Schulen
der muslimisch-türkischen Gemeinschaft für Menschen türkischer Herkunft, Pomaken und Roma in
Westthrakien wiederzueröffnen, sobald eine ausreichende Zahl ethnisch-griechischer Familien mit
Kindern im schulpflichtigen Alter sich verpflichtet hat, sich wieder auf der Insel niederzulassen. Die
neue Schule soll den bikulturellen Charakter fördern und Unterricht in griechischer Sprache und Kultur
anbieten;

9.2. die Rückerstattung von enteignetem Land und Gebäuden an ihre früheren Eigentümer, wenn
dieses Land nicht oder nicht mehr für den öffentlichen Zweck genutzt wird, für den es enteignet worden
war. Kann das Land billigerweise nicht zurückgegeben werden, da es auf neue Bewohner übertragen
wurde, sollte den früheren Eigentümern eine faire Entschädigung geboten werden, vorzugsweise in
Form anderen staatseigenen Landes auf der betreffenden Insel;

9.3. die Rückgabe öffentlicher Gebäude, die der ethnisch-griechischen Gemeinschaft gehörten
(religiösen Stiftungen und Gemeinden), sowie der religiösen Stiftungen und ihres Eigentums, die (als
"Mazbut") beschlagnahmt und der direkten Verwaltung des Vakif-Generaldirektoriums unterstellt
wurden;

9.4. Einleitung besonderer Maßnahmen, die die Rückkehr (in Gebieten, in denen der
Katasterprozess abgeschlossen ist) oder die ordnungsgemäße Eintragung von Gemeinschafts- und
Familieneigentum gewährleisten, darunter:

9.4.1. Gewährung des Zugangs zu den Katasterarchiven des osmanischen Zeitalters und zu
den Ergebnissen der 1936 zu Einkommensteuerzwecken durchgeführten Umfrage für alle
Bewohner der Insel und ihre Nachfahren sowie Zulassung dieser Dokumente als
Eigentumsnachweis im laufenden Katasterüberprüfungsprozess;

9.4.2. Abschaffung der von den Katasterbeamten und Katasterbehörden verfolgten Praxis,
nach der ethnisch-griechische Einwohner nicht nur - unter Anführung von Zeugen -
nachweisen müssen, dass sie über einen Zeitraum von mindestens 20 Jahren im Besitz des
Landes waren, sondern dass sie die Felder oder Häuser zum Zeitpunkt des Antrags noch immer
"nutzen", obwohl sie aus Gründen, die außerhalb ihres Einflussbereichs liegen, gezwungen
waren, sie "ungenutzt" zu lassen;

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 55 – Drucksache 16/13168

9.4.3. Unterbrechung des 1996 auf den Inseln begonnenen Katasterüberprüfungsprozesses
bis zur Verabschiedung der in den Absätzen 9.4.1 und 9.4.2. erwähnten Maßnahmen, um den
Bewohnern der Inseln ein für die Korrektur einer falschen Verwaltungsentscheidung
erforderliches teures, zeitraubendes und aleatorisches Gerichtsverfahren zu ersparen;

9.4.4. Gewährung eines Zeitraums von zehn Jahren, in dem alle in einem
Verwaltungsverfahren oder vor Gericht abgewiesenen Ansprüche gemäß der neuen Regelung
und nach einfachen, kosteneffizienten Verwaltungsverfahren neu geprüft werden;

9.5. die Umsetzung der jüngsten Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, die die
Erbrechte von Nicht-Staatsangehörigen für alle anhängigen und zukünftigen Fälle, die Inselbewohner
und ihre Nachfahren einschließen, aufrecht erhalten, sowie Verzicht auf die Anwendung neuer
Restriktionen aufgrund der angeblichen militärisch-strategischen Bedeutung der Inseln auf im Exil
lebende Inselbewohner, die ihre türkische Staatsbürgerschaft verloren haben und deren Anwesenheit
beim besten Willen keine "strategische" Bedeutung haben kann;

9.6. die Beseitigung der bereits am natürlichen und kulturellen Erbe der Inseln eingetretenen
Schäden zu gegebener Zeit mithilfe folgender Maßnahmen:

9.6.1. Vereinfachung und Beschleunigung der Verfahren für die Eigentümer geschützter
historischer Gebäude auf beiden Inseln für die Beschaffung der für deren Restaurierung und
Wiederaufbau erforderlichen Genehmigungen;

9.6.2. rasche Erteilung der für die Restaurierung der Kapelle von Agia Paraskevi
erforderlichen Genehmigung an die griechisch-orthodoxe Gemeinde von Bozcaada (Tenedos)
und Ausstellung ordnungsgemäßer Eigentumstitel sowohl im Hinblick auf diese spezielle
Kapelle als auch auf alle übrigen Besitztümer der religiösen Stiftung;

9.6.3. Überprüfung der dem "Wind-Surf Club" erteilten Baugenehmigung; dieser wurde in
die empfindlichen natürlichen Lebensraumzone zwischen dem Salzsee und der Ägäischen See
an der Südostküste Gökçeadas (Imbros) hineingebaut;

9.6.4. Verbot aller weiteren Ausgrabungen am Naturdenkmal "Kaskavalia-Felsen" in der
Nähe des Hafens von Kuzulimani (Agios Kyrikos) auf Gökçeada (Imbros) und Behebung der
diesem Naturdenkmal bereits zugefügten Schäden;

9.6.5. Entfernung der ungenutzten, verfallenen Betonbaracke, die vom Militär auf dem
landschaftlich reizvollen, unter dem Namen Pinarbasi (Spilia) bekannten Platz des ehemaligen
Festbereichs des Dorfes Tepeköy (Agridia) auf Gökçeada (Imbros) errichtet wurde, erneute
Bereitstellung des gesamten Gebiets für traditionelle Feste und Finanzierung des
Wiederaufbaus der Agia-Marina-Kapelle;

9.6.6. soweit möglich Restaurierung des antiken Hafens Kaleköy (Kastro) auf Gökçeada
(Imbros), der bei dem kürzlich erfolgten Bau eines modernen Hafens an diesem Ort zerstört
wurde, sowie Erhaltung der Überreste der alten Burg aus venezianischer/byzantinischer Zeit,
die dieses Dorf überragt;

9.6.7. Bewahrung des ursprünglich religiösen Zwecks der neu restaurierten Kirche von
Agios Nikolaos in Kaleköy (Kastro);

9.7. die Rückgabe der türkischen Staatsbürgerschaft an diejenigen Inselbewohner, die diese in der
Vergangenheit verloren haben, und an ihre Nachfahren;

9.8. die Herstellung einer direkten Verbindung auf dem Seewege zwischen Gökçeada (Imbros) und
Bozcaada (Tenedos) sowie zwischen Gökçeada und Griechenland unter Berücksichtigung der
wirtschaftlichen Rentabilität;

Drucksache 16/13168 – 56 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

9.9. die Verbesserung der Infrastruktureinrichtungen für die Dörfer auf Gökçeada (Imbros), die
noch immer von einer erheblichen Anzahl ethnisch-griechischer Einwohner besiedelt sind -
insbesondere Tepeköy (Agridia), Dereköy (Schinoudi), Zeytinliköy (Aghii Theodori) und Eski Bademli
(Glyky).

10. Zwecks Unterstützung der Umsetzung der oben empfohlenen Maßnahmen und zur Förderung der
frühzeitigen Feststellung aller anderen zu behandelnden Fragen empfiehlt die Versammlung die Schaffung eines
inoffiziellen Mechanismus für den regelmäßigen Dialog ("Runder Tisch") unter Einschluss der lokalen
türkischen Behörden und von Vertretern beider Gemeinschaften.

11. Die Versammlung fordert darüber hinaus die Türkei und Griechenland auf, den Dialog aufzunehmen
und einen Konsultationsmechanismus zu schaffen, durch den alle die jeweiligen Minderheiten betreffenden
Themen nach den Vorgaben des Lausanner Friedensvertrag im bilateralen Kontext aufgegriffen werden.

12. Die Versammlung fordert ihren Monitoringausschuss auf, die Weiterverfolgung der vorgeschlagenen
Maßnahmen (Absatz 9 oben) in ihren Post-Monitoring-Dialog mit der Türkei aufzunehmen.

Empfehlung 1837 (2008)20

betr. Die Bekämpfung von Umweltschäden im Schwarzen Meer

1. In Anbetracht seiner geographischen Lage und sozioökonomischen, kulturellen und ökologischen
Eigenschaften ist das Schwarze Meer von entscheidender Bedeutung für Europa. Es liegt an den Grenzen des
geographischen Europas (des Europarates) und der Europäischen Union und bildet eine Brücke zwischen
unterschiedlichen Kulturen und Religionen.

2. Das Schwarze Meer war einst einer der reichsten Fischgründe Europas. Die Industrialisierung und die
regionale Bevölkerungsexplosion haben zu Überfischung, Eutrophierung und zur Einleitung chemischer und
radioaktiver Gifte in das Meer geführt. Heute besteht die Gefahr, dass es in diesem Gewässer, das einmal eine
wichtige Quelle für Nahrungsmittel war und Erholungsfunktion hatte, zu einer noch nie dagewesenen
ökologischen Katastrophe kommt.

3. Aus diesem Grund kann und muss die Zusammenarbeit zwischen den Anrainerstaaten auf nationaler,
regionaler und lokaler Ebene verstärkt werden, um Umweltschäden zu bekämpfen und das Wohlergehen der
Bewohner dieser Länder zu verbessern.

4. Die Parlamentarische Versammlung erinnert daran, dass es bereits eine Reihe von
Kooperationsstrukturen in der Schwarzmeerregion gibt, von denen sich einige mit weit über die Umwelt
hinausgehenden Bereichen befassen. Auf Regierungsebene sind die Schwarzmeerwirtschaftskooperation
(BSEC), die mit der Parlamentarischen Versammlung der Schwarzmeerwirtschaftskooperation (PABSEC) auch
über eine parlamentarische Dimension verfügt, die Energiegemeinschaft Südosteuropa, das Regionale
Energiezentrum Schwarzes Meer (BSREC), die Kommission zum Schutz des Schwarzen Meeres vor
Verschmutzung (Schwarzmeerkommission) usw. sowie auf regionaler Ebene die Regionale Kommission
Balkan/Schwarzes Meer, deren Ziel die Förderung des Dialogs und der Zusammenarbeit zwischen substaatlichen
Regierungsebenen ist, zu nennen.

5. Die Versammlung bedauert indessen, dass die Erklärung von Bukarest, die 1985 von den Ländern,
durch die die Donau fließt, unterzeichnet wurde, und darauf ausgerichtet ist, den Grad der Verschmutzung in

20 Debatte der Versammlung am 23. Juni 2008 (20. Sitzung) (siehe Dok. 11632, Bericht des Ausschusses für Umwelt, Landwirtschaft und
kommunale und regionale Angelegenheiten, Berichterstatter: Herr Mironescu). Der Text wurde von der Versammlung am 23. Juni 2008
(20. Sitzung) verabschiedet.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57 – Drucksache 16/13168

12.4. für eine deutliche Verringerung der Schadstoffe, die durch die Flüsse und Flussmündungen in
das Schwarze Meer gelangen, zu sorgen;

12.5. auf Maßnahmen zu verzichten, die die Umwelt der geschützten Räume um das Schwarze Meer
herum gefährden, sowie bestimmte aktuelle Projekte zu beenden, insbesondere das "Donau-
Schwarzmeer-Navigationsstreckenprojekt" im ukrainischen Teil des Donaudeltas;.

12.6. einen gesunden Tourismus um das Schwarzmeergebiet herum unter umfassender Wahrung des
natürlichen Erbes zu fördern;

12.7. die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energiequellen wie Sonnen-, Wind- und Gezeitenenergien
in der Schwarzmeerregion zu fördern;

12.8. die kommunalen Behörden bei ihren Bemühungen im Hinblick auf die Meeresbewirtschaftung
im Einklang mit dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung sowie bei ihren grenzübergreifenden
Kooperationsprojekten zu unterstützen;

12.9. die Kontrolle der Fischereiindustrie zu verbessern und konzertierte Maßnahmen zu
organisieren, um einen Beitrag zur Erholung der erschöpften Fischbestände zu leisten;

12.10. die Umsetzung der Umweltabkommen in der Region zu verstärken und obligatorische
Umweltverträglichkeitsprüfungen für alle regionalen Projekte einzuführen;

12.11. alle erforderlichen Gesetzesreformen auf den Weg zu bringen, um eine produktive
Zusammenarbeit auf regionaler Ebene zu gewährleisten und in diesem Zusammenhang die Schaffung
einer Schwarzmeer-Euroregion aktiv zu fördern.

Empfehlung 1836 (2008)21

Betr. Realisierung des vollen Potenzials des netzgestützten Lernens für die allgemeine und berufliche
Bildung

1. Die Parlamentarische Versammlung erinnert daran, dass die Entwicklung netzgestützter
Lerninstrumente erhebliche Auswirkungen auf die allgemeine und berufliche Bildung gehabt hat. Derartige
Instrumente werden gegenwärtig jedoch nicht im Rahmen ihres vollen Potenzials zum Nutzen der Bildung in
Europa eingesetzt. Die hohen Erwartungen, die diese Instrumente geweckt haben, wurden noch nicht
verwirklicht. Netzgestützte Lerninstrumente sind elektronische Lehr- und Lernmittel innerhalb des
Klassenzimmers und außerhalb des Klassenzimmers im Fernunterricht – entweder für den Einzel- oder
Gruppenunterricht – sowie für gemischte Methoden im Klassen- und Fernunterricht.

2. Die Versammlung ist sich der Tatsache bewusst, dass Fernunterricht und der Einsatz audiovisueller
Medien, einschließlich des Fernsehens, eine lange Geschichte in Europa haben, und erkennt daher die
bahnbrechenden Errungenschaften auf diesem Gebiet an, wie das Fernsehprogramm „Telekolleg“, das 1967 von
den Bildungsministerien der Länder in Deutschland gemeinsam mit den regionalen öffentlich-rechtlichen
Rundfunkanstalten geschaffen wurde, die Open University in Milton Keynes (Großbritannien), die seit 1971
Kurse anbietet, sowie die Fernuniversität Hagen (Deutschland), die ihre Arbeit 1975 aufgenommen hat.

21 Vom Ständigen Ausschuss im Auftrag der Versammlung am 29. Mai 2008 verabschiedeter Text (siehe Dok. 11523, Bericht des
Ausschusses für Kultur, Wissenschaft und Bildung, Berichterstatter: Herr Fischer; Dok. 11525, Stellungnahme des Ausschusses für
Wirtschaft und Entwicklung, Berichterstatter: Frau Papadopoulos, sowie mündliche Stellungnahme des Ausschusses für die
Gleichstellung von Frauen und Männern, Berichterstatter: Herr Ayva).

Drucksache 16/13168 – 58 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

3. Die Versammlung verweist auf ihre Empfehlung 650 (1971) betr. die Gründung einer „Europäischen
Fernsehuniversität“, Empfehlung 1110 (1989) betr. den Fernunterricht, Entschließung 1193 (1999) betr. die
Schulen der zweiten Chance – oder wie Arbeitslosigkeit und Ausschluss durch Aus- und Weiterbildung
bekämpft werden können, Empfehlung 1437 (2000) betr. informelle Bildung, Empfehlung 1559 (2002) betr. die
Schulung von Arbeitnehmern in der Verwendung neuer Technologien sowie Empfehlung 1586 (2002) betr. die
digitale Kluft und Bildung.

4. Bildung ist von zunehmender Bedeutung für die Entwicklung sozialer und menschlicher Kompetenzen
im Alltagsleben, für die Beschäftigung sowie für den sozialen und kulturellen Zusammenhalt in sich schnell
verändernden Lebens- und Arbeitsumfeldern. Im Zeitalter der Globalisierung und des schnellen technologischen
Wandels werden Europas Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand von seiner Fähigkeit abhängen, über die
ständige Verbesserung der lebenslangen Aus- und Weiterbildung der Bevölkerung im Allgemeinen sowie der
Arbeitskräfte im Besonderen, auch über das netzgestützte Lernen, eine moderne, wissensgestützte Gesellschaft
zu werden. Die traditionelle Schulbildung im Klassenzimmer sollte zur Vorbereitung auf diese
Herausforderungen ergänzt werden. Unsere Gesellschaften sehen sich einer größeren studentischen Mobilität,
flexibleren Arbeitszeiten, der Ersetzung linearer Berufskarrieren durch sporadische Folgen von Arbeits- und
Lernperioden, der Notwendigkeit, Familien- und Arbeitsleben miteinander zu vereinbaren sowie der Verbreitung
der neuen Medien- und Kommunikationsdienste in allen Lebensbereiche gegenüber.

5. Die Versammlung ist daher davon überzeugt, dass die neuen Mittel zur Verbreitung und zum Erwerb
von Wissen und Fähigkeiten über das netzgestützte Lernen das Potenzial besitzen, geeignetere Lösungen für
diese Anforderungen und Umstände anzubieten. Sie können auch mehr Menschen einbeziehen, insbesondere
Behinderte und Menschen in schwierigen sozialen Umständen. Im Zusammenhang mit der Integration von
Einwanderern kann das netzgestützte Lernen ein unschätzbares Instrument für den Sprachunterricht und für
andere Fähigkeiten sein, die im Gastland benötigt werden.

6. Die Versammlung begrüßt die Entwicklung eines internetgestützten Lerninstruments für die
Menschenrechtsausbildung von Rechtsanwälten, Richtern und Staatsanwälten, das Teil seines Europäischen
Programms für die Menschenrechtsausbildung von Rechtsexperten (HELP) ist, sowie eines internetgestützten
Spiels für Kinder über die sichere Nutzung des Internets durch den Europarat im Jahre 2007. Die Versammlung
betont die Notwendigkeit, Kinder vor den potenziellen Gefahren der Informations- und
Telekommunikationstechnologien (IKT) für ihre Gesundheit und Sicherheit zu schützen. Es darf nicht gestattet
werden, dass die IKT die zwischenmenschlichen Beziehungen und Kontakte unterminieren, die die wesentliche
Grundlage für erfolgreiches Lernen und die Entwicklung sozialer Fähigkeiten bilden.

7. Das netzgestützte Lernen stellt neue Herausforderungen an Bildungseinrichtungen, Lehrer und Schüler.
Bildungseinrichtungen sollten mit der technischen Infrastruktur und der notwendigen Software ausgestattet sein
und miteinander zusammenarbeiten, um Synergien zu schaffen. Die Lehrer sollten die neuen elektronischen
Mittel für den Unterricht und die Kommunikation mit den Schülern kennen und wissen, wie sie eingesetzt
werden. Schulungskurse für Lehrer über netzgestütztes Lernen sollten obligatorisch sein. Schülern sollten die
technischen Mittel und Unterrichtsmaterialien zugänglich sein, und sie sollten wissen, wie sie sie für ihren
eigenen Studien- und Kommunikationsbedarf einsetzen können. Dies erfordert eine frühzeitige Ausbildung von
Schülern in der Verwendung der neuen Kommunikationsinstrumente, insbesondere Online. Es erfordert auch,
dass netzgestützte Unterrichtstechnologien gesichert werden, damit versuchte Verletzungen der Privatsphäre von
Schülern, die netzgestützte Unterrichtsmethoden nutzen, vermieden werden.

8. Die Versammlung bittet daher die am Bologna-Prozess teilnehmenden europäischen Bildungsminister
und die Hochschulen Europas, vor allem über den Europäischen Hochschulverband und die Europäische
Vereinigung der Fernuniversitäten EADTU gemeinsame Ansätze für das netzgestützte Lernen im Bereich der
europäischen Hochschulbildung zu entwickeln. In diesem Zusammenhang sollten die nationalen Gesetze
modernisiert und Möglichkeiten zur Bereitstellung einer angemessenen Finanzierung über die staatliche
Finanzierung hinaus gefunden werden, auch über Partnerschaften zwischen dem Staat und dem Privatsektor.

9. Das netzgestützte Lernen bietet ebenfalls neue Möglichkeiten für berufliche Bildung, Weiterbildung
und interne betriebliche Ausbildung. Um auf weltweiter Ebene wettbewerbsfähig zu sein, müssen die
europäischen Unternehmer und Beschäftigten kontinuierlich in Wissen und Fähigkeiten investieren. Menschen

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 59 – Drucksache 16/13168

und Unternehmen, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, sollten nicht aufgrund hoher finanzieller
Kosten von der Bildung ausgeschlossen sein. Daher ruft die Versammlung die Parlamente der Mitgliedstaaten
auf, zu erwägen, die berufliche Bildung und die interne betriebliche Ausbildung zu unterstützen sowie
Partnerschaften zwischen dem Staat und dem Privatsektor zu fördern.

10. Das netzgestützte Lernen kann ein leistungsfähiges Mittel zur Schaffung von allen zugänglichen,
offenen Bildungsressourcen sein und somit einer Gesellschaft entgegenwirken, die durch ungleiche
Qualifikationsniveaus geteilt ist. In dieser Hinsicht ruft die Versammlung die Parlamente der Mitgliedstaaten
dazu auf, die sogenannte „Open-Source“-Bewegung bei der Softwareentwicklung sowie Initiativen für offene
Bildungsressourcen, die im Internet frei zugänglich sind, zu unterstützen sowie Maßnahmen zur Bekämpfung der
digitalen Kluft zu verabschieden, um die Kluft zwischen denen, die Zugang zu den IKT und zum Erwerb von
IKT-Fähigkeiten haben und denen, die über keinen Zugang verfügen, zu schließen und somit digitale Kompetenz
für alle zu gewährleisten.

11. Die Versammlung erinnert an die finanzielle Unterstützung, die die Europäische Union im Rahmen
ihres Programms zur effektiven Integration der Informations- und Kommunikationstechnologien in die
allgemeinen und beruflichen Bildungssysteme in Europa von 2004 bis 2006 geleistet hat. Sie begrüßt die
Unterstützung für das lebenslange Lernen und die Mobilität der Studenten im Einklang mit den Empfehlungen
des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union über Schlüsselkompetenzen für
lebenslanges Lernen und zur transnationalen Mobilität innerhalb der Europäischen Gemeinschaft zu Bildungs-
und Ausbildungszwecken vom 18. Dezember 2006. Die Versammlung unterstreicht ihre Unterstützung für das
umfassende Programm der Europäischen Union für lebenslanges Lernen 2007 bis 2013, das auf ihren früheren
Programmen für netzgestütztes Lernen aufbaut und darauf abzielt, zu einem weltweiten Qualitätsstandard zu
werden. Sie ermutigt die Europäische Kommission, von der in dem Programm vorgesehenen Möglichkeit einer
Zusammenarbeit mit dem Europarat umfassenden Gebrauch zu machen, der über eine ausgedehnte
Kooperationserfahrung auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung und bei der Förderung des
gesellschaftlichen Zusammenhalts verfügt.

12. Die Versammlung empfiehlt dem Ministerkomitee,

12.1. Empfehlungen zur Gewährleistung und Erleichterung der gegenseitigen Anerkennung der über
netzgestütztes Lernen geleisteten Studienzeiten und erworbenen Qualifikationen auszuarbeiten;

12.2. im Rahmen des Übereinkommens über die Anerkennung von Qualifikationen im
Hochschulbereich in der europäischen Region (SEV-Nr. 165) gemeinsame europäische
Qualitätsindikatoren für technische und inhaltliche Aspekte im Hinblick auf die Anerkennung und
Mobilität auf Hochschulebene (ENIC-NARIC-Netze) für die nationalen Informationszentren
auszuarbeiten;

12.3. die Standardisierung der technischen Infrastruktur und der Software für netzgestütztes Lernen
zu prüfen, einschließlich der kostenlosen „Open-Source“-Software, um ihre Verwendung zu erleichtern
und ihre Kompatibilität zu gewährleisten;

12.4. die soziologischen, psychologischen und pädagogischen Auswirkungen der netzgestützten
Lernsysteme zu beurteilen, insbesondere auf spezielle gesellschaftliche Gruppen wie Frauen,
Migranten, Behinderte sowie in ländlichen Gebieten lebende Menschen, um die netzgestützten
Lernstrategien entsprechend anzupassen und die digitale Kluft zu bekämpfen;

12.5. ein Handbuch auszuarbeiten und eine Lehrerausbildung für die Verwendung von
netzgestützten Lerninstrumenten und den neuen Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten zu
Bildungszwecken anzubieten;

12.6. eine Website zur Förderung der in den Mitgliedstaaten entwickelten beispielhaften Praktiken
einzurichten, die es den staatlichen Behörden und nichtstaatlichen Organisationen ermöglicht, diese
Informationen zu aktualisieren, unter Hervorhebung beispielhafter Praktiken, die auf gesellschaftliche
Gruppen mit speziellen Bedürfnissen und Beschränkungen abzielen (wie Frauen, Migranten,

Drucksache 16/13168 – 60 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Behinderte) und auf der den Internet-Nutzern diese Vorgaben, Untersuchungen, Lehrpläne und
Aktivitäten zur freien Verfügung gestellt werden;

12.7. die Ständige Konferenz der Europäischen Bildungsminister zu bitten, einschlägige nationale
oder regionale Gesetze vorzuschlagen und nationale Aktionspläne zur Verwirklichung des gesamten
Potenzials des netzgestützten Lernens sowie zur Bestimmung von Beispielen für mustergültige
Praktiken beim netzgestützten Lernen zu schaffen;

12.8. zu gewährleisten, dass netzgestützte Lernsysteme gesellschaftlichen Gruppen zu zugänglich
sind – darunter Frauen, Migranten, Behinderte sowie Menschen in ländlichen Gebieten – die spezielle
Bedürfnisse haben und sich besonderen Hindernissen gegenübersehen, ungeachtet ihres Geschlechts,
ihrer Rasse, ihrer ethnischen oder sozialen Herkunft, Religion oder ihrer religiösen Überzeugung;

12.9. die Mitgliedstaaten zu ersuchen, die Kommunikations- und Mobiltelefon-Technologien zu
verbessern und einen freien Zugang zum Internet und zu den Mobiltelefon-Technologien zu
unterstützen;

12.10. die Unterzeichnerstaaten des Europäischen Kulturabkommens (SEV-Nr. 18) zu bitten,
transnationale netzgestützte Lernprogramme zu schaffen, insbesondere zu den in Artikel 2 des
Übereinkommens genannten Zwecken;

12.11. ein netzgestütztes Lerninstrument über die Arbeit des Europarates zu entwickeln, das Grund-
und weiterführenden Schulen sowie Einrichtungen für die Erwachsenenbildung zur Verfügung gestellt
werden sollte, und die Mitglieds- und Beobachterstaaten aufzurufen, sich an der Übersetzung und
Verbreitung dieses netzgestützten Lerninstruments finanziell zu beteiligen;

12.12. die notwendigen Ressourcen für die Veranstaltung internationaler Sitzungen und Konferenzen
im Europarat in Straßburg mittels Nutzung der internetgestützten audiovisuellen
Telefonkonferenzeinrichtungen bereitzustellen, um eine Teilnahme von außerhalb Straßburgs und von
Behinderten zu erleichtern;

12.13. zu erwägen, netzgestützte Lerninstrumente wie die Open-Source-Software „Moodle” sowie
neue Informations- und Kommunikationseinrichtungen für zukünftige Europaratskampagnen
einzusetzen, um ihren Wirkungsbereich auszuweiten, ihre Zugänglichkeit zu erhöhen und finanzielle
Mittel einzusparen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 61 – Drucksache 16/13168

IV. Redebeiträge deutscher Parlamentarier

Frage an den schwedischen Außenminister Carl Bildt

Abg. Joachim Hörster (CDU/CSU):

Herr Minister,

es gibt neben vielen anderen noch einen ungeklärten Konflikt in Europa, den Zypernkonflikt. Er hat insoweit
einen besonderen Bezug zum Europarat, als alle Beteiligten, Mitglieder des Europarates sind. Können Sie sich
vorstellen, nach den personellen Veränderungen im Frühjahr dieses Jahres, dass dieser Konflikt einer Lösung
zugeführt werden kann und in welcher Weise kann der Europarat dabei unterstützend helfen?

Die Stärkung der Rolle der Frau in einer modernen, multikulturellen Gesellschaft

Abg. Doris Barnett (SPD):

Herr Präsident,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Wenn wir in diesen Tagen auf 10 Jahre Einsetzung des Ausschusses für Gleichstellung von Frauen und Männern
zurückblicken, sollten wir nicht vergessen, wie mühevoll unser bisher zurückgelegter Weg war und welche
Fortschritte doch in den letzten Jahren dank gemeinsamen Handelns erreicht wurden:

Vor 90 Jahren wurde das Wahlrecht für Frauen eingeführt, die bis dahin als politisch unmündig galten.

Vor 60 Jahren dann wurde in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte das Ziel der Gleichstellung von
Frauen und Männern festgeschrieben. Dass dennoch frauenspezifische Diskriminierung und
Menschenrechtsverletzung an der Tagesordnung war, fand dagegen weniger Berücksichtigung. Damals war noch
viel Überzeugungsarbeit in unseren Gesellschaften nötig, um dem Prinzip der Gleichheit der Geschlechter vor
dem Gesetz Akzeptanz zu verleihen.

1975 dann rief die UN das Internationale Jahr und die Dekade der Frau aus, was einen entscheidenden
Wendepunkt für Frauen ausmachte. Die Diskriminierung von Frauen wurde zum ersten Mal international ein
Thema, ja, es wurde sogar zur ersten Weltfrauenkonferenz nach Mexiko eingeladen. 1975 war auch das Jahr, in
dem in Deutschland die Möglichkeit für Männer abgeschafft wurde, ohne Wissen und Wollen ihrer Ehefrauen
deren Arbeitsplatz fristlos zu kündigen. Wie dieses Beispiel zeigt, waren massive Eingriffe in die Rechte der
Frauen bis vor kurzem sogar in der fortschrittlichen westlichen Welt möglich.

Allerdings können wir heute feststellen, dass der gesellschaftliche Konsens bezüglich der Gleichstellung von
Männern und Frauen in allen Lebensbereichen zugenommen hat und heute Standard ist, auch wenn die
tatsächliche Umsetzung Lücken aufweist.

So wurde anlässlich der Zweiten Weltmenschenrechtskonferenz in Wien 1993 auch die „Erklärung über die
Beseitigung der Gewalt gegen Frauen“ verabschiedet, die Gewalt gegen Frauen sowohl im öffentlichen als auch
im privaten Bereich als Menschenrechtsverletzung ansieht. Damit ist Gewalt geächtet und wird bestraft –
allerdings muss sie auch zur Anzeige kommen.

Drucksache 16/13168 – 62 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Zwei Jahre später, 1995, fand in Peking die 4. Weltfrauenkonferenz statt. Mit der Annahme der Aktionsplattform
haben sich 189 Staaten verpflichtet, die Armut von Frauen zu bekämpfen, den gleichberechtigten Zugang zu
wirtschaftlichen Ressourcen und zu Bildung und Gesundheit zu fördern.

Auch in der Europäischen Union wurde und wird weiterhin die Gleichstellung der Geschlechter und damit die
Teilhabe von Frauen vorangetrieben und in diversen Richtlinien, die von den Mitgliedsstaaten in nationales
Recht umzusetzen sind, vorangetrieben. Jetzt gilt es, diesen Anspruch von Gleichstellung mit Leben zu erfüllen.
Allerdings wäre es viel zu wenig, würden wir darunter nur das Recht verstehen, vor Gericht – und zwar bis vor
den Menschenrechtsgerichtshof – ziehen zu können und das Recht einzuklagen. Die „Gleichstellung der
Geschlechter“ – ein Leitbild unserer Wertegemeinschaft – muss zum Allgemeingut werden, das nicht ständig
hinterfragt werden braucht.

Noch haben wir dieses Ziel nicht erreicht, auch wenn wir auf einem wirklich guten Weg sind. Noch sind
Forderungen – wie jetzt auch in der Empfehlung – nach Bekämpfung von Diskriminierung, z.B. im Bereich
Beschäftigung, Renten, Abbau des Gehaltsunterschieds, notwendig, wenngleich deren Durchsetzung erst den
kommenden Generationen zu Gute kommt. Quotenregelungen haben einen wichtigen Beitrag zur stärkeren
Vertretung von Frauen, gerade im politischen Bereich, geleistet, aber sie sind kein Allheilmittel. Qualifizierte
Bewerberinnen benötigen effektive Unterstützungs-Netzwerke, um Schlüsselpositionen zu erobern.

Der Grundsatz der Gleichberechtigung von Männern und Frauen hat bei uns in Deutschland Verfassungsrang.
Dennoch erleben wir, dass z.B. die Umsetzung dieses Grundsatzes bei den 7.619.400 Frauen mit
Migrationshintergrund, die in Deutschland leben, nicht einfach ist. Oft fehlt der wichtigste Schlüssel überhaupt –
die Sprache. Deshalb engagieren wir uns nicht nur offiziell, sondern auch in vielen privaten Projekten und
Initiativen um die bessere Teilhabe gerade dieser Frauen.

Denn zu Recht fordert die Empfehlung einerseits die Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen, besonders die
sogenannten „Ehrenverbrechen“, andererseits sind auch Maßnahmen notwendig, das Augenmerk der Vertreter
der Religionen und der Zivilgesellschaft dahin zu lenken, dass kultureller und religiöser Relativismus die
Grundrechte der Frauen nicht unterminieren dürfen.

Wir wissen: Es ist nicht damit getan, die Grundrechte der Geschlechter im eigenen Land sicherzustellen, nein,
auch in unserem internationalen Handeln, in der Entwicklungszusammenarbeit müssen wir der
Gleichberechtigung der Geschlechter zum Durchbruch verhelfen. In Deutschland gehört die
Geschlechtergerechtigkeit zu einem der drei Grundpfeiler der Entwicklungszusammenarbeit neben guter
Regierungsführung und friedlichem Umfeld.

10 Jahre Gleichstellungsausschuss hat mit Sicherheit dazu beigetragen, das Recht der Frauen auf
Gleichbehandlung, auf Gleichstellen, auf Gleichheit, nicht nur ins Bewusstsein der Delegierten zu befördern,
sondern über diese in den Mitgliedstaaten auch Fortschritte zu erreichen. Auch wenn dieser Fortschritt
manchmal wie eine Schnecke daher kommt, werden wir nicht ungeduldig – schließlich haben wir Frauen nur
diesen Weg, von dem uns aber keiner abbringt.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63 – Drucksache 16/13168

Die Arbeitsweise demokratischer Institutionen in Aserbaidschan

Abg. Axel E. Fischer (CDU/CSU):

Herr Präsident,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

mein sehr geehrten Damen und Herren,

zunächst möchte ich den Berichterstattern herzlich für ihren Bericht danken. Sie haben einen wichtigen Bericht
vorgelegt und es ist gut, dass wir heute, dieses wichtige Thema debattieren.

Mir ist vorweg wichtig festzuhalten, dass Aserbaidschan schon große Fortschritte gemacht hat. Demokratie
kommt nicht von heute auf morgen. Ja, es ist eigentlich ein nie enden wollender Prozess. Deshalb gratuliere ich
Aserbaidschan, das diesen Weg geht. Das muss man lobend erwähnen, auch wenn noch Mängel vorhanden sind,
die angesprochen werden müssen. Dies tut dieser Bericht auch.

Man darf allerdings nicht mit zweierlei Maß messen. Der Maßstab muss überall der gleiche sein. Wenn man über
Demokratie in Georgien oder Russland spricht, auch da hat sich vieles getan, dann müssen diese Fortschritte
ebenso gewertet werden, wie die Fortschritte, die Aserbaidschan gamacht hat. Dies scheint mir bei diesem
Bericht nicht in allen Punkten der Fall zu sein. Deshalb ist es vernünftig und richtig mit einigen
Änderungsanträgen zu einem ausgewogenen Bericht zu kommen. Noch einige Worte zum Thema politische
Häftlinge und inhaftierte Journalisten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Frage ist nicht, welchen Beruf ein Inhaftierter hat, sondern aus welchem Grund er inhaftiert wurde. Wenn
Journalisten aufgrund ihrer Berichterstattung inhaftiert sind, ist das ein völlig anderer Fall, als wenn sie wegen
Straftaten oder Verbrechen inhaftiert sind. Wenn sie aufgrund einer regierungspolitischen Berichterstattung
inhaftiert sind, sind sie unverzüglich frei zu lassen. Sollten sie aber wegen Straftaten inhaftiert sein, dann muss
ihnen der Prozess gemacht werden.

Wir dürfen keinesfalls zulassen, dass sich Terroristen, Straftäter oder gar Spione, die inhaftiert sind, hinter dem
Denkmäntelchen Journalist oder politischer Häftling verstecken.

Wir alle sollten jedenfalls Aserbaidschan auf dem Weg zur Demokratie weiter unterstützen.

Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD): Zentraler Anlaufpunkt für den

Wandel in den Transformationsstaaten

Abg. Doris Barnett (SPD):

Vielen Dank Herr Präsident,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

zunächst einmal herzlichen Glückwunsch dem Berichterstatter für den unangefochtenen Bericht und die
Entschließung. Herr Lemierre hat eben gut herausgearbeitet, dass die Region sehr gut dasteht und das ist
sicherlich auch der Verdienst von ihm und seinen Mitarbeitern. Dafür nochmals herzlichen Dank.

Drucksache 16/13168 – 64 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Manche mögen deshalb der Auffassung sein, dass die Arbeit der EBRD deshalb ihrem Ende zugeht. Dieser
Auffassung können wir uns aber nicht anschließen, nicht zuletzt auch deshalb, weil die Türkei, die, wie er eben
ausführte bisher nur als Anteilseigner tätig war, sich ebenfalls um die Aufnahme in die Liste der Einsatzländer
der EBRD bewirbt. Das sagt ja auch vieles über die hohe Qualität der EBRD aus.

So, wie die Staaten, die mit Hilfe der EBRD den Übergang von der Plan- in die Marktwirtschaft organisieren,
sich verändern und große Fortschritte erzielt haben, wird sich auch die Aufgabenstellung der EBRD wandeln
und den neuen Bedürfnissen der Transformationsstaaten anpassen. Denn gerade jetzt, in einer Zeit, in der
Energie zu einem zentralen Thema aller Länder wird, wird die Hilfe und der Rat der EBRD erst recht gefragt
sein.

Gestern betrug der Rohölpreis über $ 130 pro Fass, was alle Volkswirtschaften massiv beeinträchtigt; am
meisten aber ist unsere Bevölkerung betroffen, und zwar egal ob sie Auto fahren oder nur einen Kühlschrank
betreiben. Gerade in den Übergangsgesellschaften führen ständig steigende Energiepreise zu einem Anstieg der
Inflation und einer schleichenden Verarmung der Bevölkerung, was zu Destabilisierungstendenzen führen kann.
Deshalb müssen alle erdenklichen Anstrengungen unternommen werden, Energie zu sparen bzw. effizient
einzusetzen. Aber das kostet zunächst viel Geld.

Die Transformationsländer haben derzeit wahrscheinlich die einmalige Gelegenheit, eine energieeffiziente
Modernisierung ihrer Gesellschaft, ihres Staates für ihre Menschen in Gang zu setzen, denn viele Firmen, die auf
diesem Gebiet arbeiten, haben ein großes Interesse, Produktionsstätten vor Ort aufzubauen. Solche Investitionen
will die EBRD ermutigen durch Kofinanzierung bzw. durch den Erwerb von Kapitalbeteiligungen. Damit hat sie
einen wesentlich breiteren Instrumentenkasten als die anderen bestehenden multilateralen Entwicklungsbanken.
Das ist gerade für die von Risiken stark gekennzeichneten Übergangsgesellschaften von Bedeutung, die jetzt
auch privates Engagement brauchen.

Sichere Energieversorgung bzw. ein berechenbarer niedriger Energieverbrauch in Zeiten exorbitanter
Preissteigerungen wird Demokratiebestrebungen unterstützen können, wenn die öffentliche Hand in den
Transformationsländern zusammen mit der EBRD sich hier um breite Bevölkerungsschichten kümmert, weil
dadurch langfristig auch der eigene Staatshaushalt entlastet wird, weil die Leute eben nicht auf Sozialhilfe
angewiesen sind wegen der hohen Energiepreise.

Und einen weiteren Punkt möchte ich aus dem ausgezeichneten Bericht und der Entschließung herausheben:

Die Förderung kleiner Unternehmen und Selbständiger.

Der Transformationsprozess bedeutet nämlich auch die Abkehr von wenigen großen Staatsunternehmen hin zur
einer kleinen und mittelständischen Struktur, die wesentlich flexibler ist und den größten Fortschritt beim
Übergangsprozess erzeugen kann. Aber gerade diese KMU brauchen eine gezielte Finanz- und
Beratungsleistung, die allzu oft in den Transformationsländern nicht bzw. nicht in ausreichendem Maße
vorhanden ist. Hinzu kommt häufig auch noch ein nicht ausreichendes qualifiziertes Arbeitnehmerangebot. Das
würde aber bedeuten, dass Investitionen in hochwertige Produktionsgüter oder Dienstleistungen nur schwer in
Gang kommen. Deshalb muss überlegt werden, ob nicht die EBRD hier auch einen neuen Weg beschreitet und
zusammen mit den Unternehmen als Kofinanzierer verstärkt in Berufs-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen
investiert – eine Investition, die sich sehr schnell bezahlt macht. Dies halte ich angesichts des nicht zu
leugnenden „Brain Drains“ für eine unverzichtbare Notwendigkeit.

Bei der Förderung der KMU und der Selbständigen spielt die Förderung durch Mikrokredite eine zunehmend
wichtige Rolle. Leider sind in den Transformationsstaaten allzu häufig nicht die Strukturen vorhanden. Hier
könnte die EBRD ebenfalls als Berater und Netzwerk-Bauer helfen. In vielen Staaten der EU bestehen bereits
gute Mikro-Finanzierungsmodelle bei öffentlichen und privaten Banken, aber auch private Gesellschaften haben
sich gegründet, die hier hervorragende Arbeit leisten. Mit Hilfe der EBRD können die Akteure über
Patenschaften miteinander neue Strukturen in den Förderländern aufbauen zum Nutzen der Wirtschaft und somit
auch der Arbeitsplätze. Dafür würde sicherlich der neu zu schaffende Regionale Kooperationsrat Hilfestellung
gerade für Südost-Europa geben können, weil die eben ausgeführten möglichen weiteren Tätigkeitsfelder der

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 65 – Drucksache 16/13168

EBRD der Zusammenarbeit der Zivilgesellschaften und gesetzgeberische Gestaltung auf nationaler Ebene eben
bedürfen.

Es gibt also nach wie vor viel zu tun für die EBRD und ich hoffe, dass wir durch ein gutes
Abstimmungsergebnis, am Besten durch 100 % Zustimmung zur Entschließung und zum Bericht, diese Arbeit
weiter unterstützen.

Zur Lage der Demokratie in Europa

x Besondere Herausforderungen für europäischen Demokratien: Vielfalt und Migration

x Maßnahmen zur Verbesserung demokratischer Mitwirkung von Migranten

Abg. Dr. Hakki Keskin (DIE LINKE):

Sehr geehrter Herr Präsident,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

Herr Greenway und Herr Gross gilt mein Dank und Anerkennung für ihre sehr guten Berichte.

Herr Greenway hat in seinem Bericht mit Nachdruck die Notwendigkeit der erleichterten Einbürgerung als
Mittel für die politische Partizipation unterstrichen. In der Tat hat die Staatsbürgerschaft eine zentrale Funktion
in den Einwanderungsländern, denn nur mit dem Erwerb der Staatsbürgerschaft können die Migrantinnen und
Migranten in allen Bereichen der Gesellschaft, in der sie leben, gleiche Rechte bekommen. Ansonsten sind sie
Ausländer oder Migranten mit minderen Rechten.

Ich rede hier nicht von Menschen, die nur provisorisch oder erst seit einiger Zeit in diesen Ländern leben. Nein,
ich rede von Menschen, die seit Jahrzehnten dauerhaft in diesen Ländern leben. Sie sind ein Teil der
Gesellschaften geworden, in denen sie leben. Diesen Menschen - und ich rede hier von Millionen von Menschen
- müssen gleiche Rechte auf allen Ebenen der Gesellschaft gewährt werden. Allein in Deutschland sind es 7
Millionen Menschen, die immer noch den Ausländerstatus haben. Sie sind Ausländer, d.h. sie haben nicht einmal
das kommunale Wahlrecht, wenn sie nicht aus einem EU-Staat kommen. Dies verstößt gegen die
Grundprinzipien der Demokratie und des Rechtsstaates. Sie können nicht auf Dauer einen beträchtlichen Teil der
Wohnbevölkerung von politischen Mitwirkungsmöglichkeiten, von politischen Rechten ausklammern,
abschotten, denn das ist eine besondere Form der Diskriminierung.

Ich glaube, diese Politik ist auch integrationsfeindlich, integrationshemmend. Denn Menschen, die nicht
gleichberechtigt in die Gesellschaft aufgenommen worden sind und keine gleichen Rechte haben, können sich
nicht vollständig mit der Gesellschaft identifizieren und sich zu diesem Land bekennen. Daher meine ich, wer
Integration will, muss dafür sorgen, dass die Menschen, die dauerhaft in diesen Ländern leben, gleiche Rechte in
allen Teilen der Gesellschaft haben.

Nun wird gesagt, ja sie können aber auch die Staatsbürgerschaft erwerben. Nein, wenn man die Barrieren zu
hoch schraubt, dann ist der Erwerb der Staatsbürgerschaft schwierig. Das Haupthindernis ist die erzwungene
Aufgabe der alten, bisherigen Staatsbürgerschaft. Das muss abgeschafft werden. Es muss toleriert werden – wie
es in vielen Ländern der Fall ist – dass man bei Beibehaltung der alten Staatsbürgerschaft die Neue bekommen
kann. Ich möchte mit Nachdruck das unterstreichen, was Herr Niessen hier gesagt hat, und zwar, dass endlich
unser Europarat, diese parlamentarische Versammlung, es zu einem Prüfstein in den alten EU-Staaten machen
sollte, dass Migrantinnen und Migranten Dauerrechte, gleiche Rechte, gewährt werden. Wenn das nicht der Fall
ist, dann muss man nachbohren, nachhaken. Es gibt eine Reihe von Beschlüssen, nun sollte dieser Beschluss der
Letzte sein.

Drucksache 16/13168 – 66 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Abg. Eduard Lintner (CDU/CSU):

Herr Präsident!

meine Kolleginnen und Kollegen,

die Dokumente, die uns die Berichterstatter vorgelegt haben, sind wertvoll und hilfreich. Darauf ist schon
hingewiesen worden. Sie enthalten eine Fülle von nützlichen Informationen, fundierte Argumente und auch
hilfreiche Ratschläge und die Regierungen der betroffenen Mitgliedstaaten sollten sie als eine Art „Spieglein an
der Wand“ benutzen und die Monitas und Hinweise ganz straff auf ihre Umsetzung ins nationale Recht prüfen.

Bevor ich nun zu einigen wenigen Punkten Stellung nehme, zwei allgemeine Bemerkungen:

Erstens, in den Berichten wird erfreulich deutlich, dass es beim Monitoring des Europarates keine signifikanten
Unterschiede gibt zwischen Alt und Neu, zwischen Ost und West. Nur die historischen, mentalen und
lagebedingten Unterschiede am Handlungsrahmen werden zu Recht – und ich finde unvermeidlicher Weise –
anerkannt und zweitens, ist auch die Zusammenschau der Arbeit aller mit Monitoring Funktionen befassten
Institutionen und Gremien des Europarates wertvoll, denn es gilt ja auch unsererseits, sicherzustellen, dass die
Fülle der im Namen des Europarates ausgeübten Missionen nicht schon wegen der bloßen Zahl die betroffenen
Mitgliedsländer vor echte Probleme stellt. Es muss auch gewährleistet sein, dass die jeweils eruierten
Informationen koordiniert werden, alles andere wäre kontraproduktive Doppelarbeit.

Lassen Sie mich nun aus der Sicht der deutschen Mitglieder der EPP zwei kritische prinzipielle Anmerkungen
machen.

Erstens kann das Recht auf Teilnahme an Wahlen auf der Basis unseres Grundgesetzes in Deutschland nicht
unterschiedslos allen Einwanderern zugebilligt werden. Zumindest bei Länder- und Bundestagswahlen setzt ein
solches Wahlrecht auch Pflichten und Rechte auf der Basis der Staatsbürgerschaft voraus. Mitbestimmung ist
ohne Mitverantwortung aus unserer Sicht nicht darstellbar. Mitbestimmung über Wahlen verlangt deshalb eine
intensivere Beziehung als den bloßen Wohnsitz. Dazu gehört im Übrigen natürlich auch der Wille des
Ausländers, sich zu integrieren, d.h. in unserem Fall die deutsche Staatsangehörigkeit überhaupt anstreben zu
wollen, und dass man sich zwischen zwei Staatsangehörigkeiten entscheiden muss.

Zweitens verlangt die Beteiligung an Wahlen auf kommunaler Ebene zwar eine geringere, aber ich meine doch
ausreichende Beziehungsdichte zwischen Personen und Kommune. Sie geht ebenfalls über die bloße
Anwesenheit weit hinaus und fordert eben auch die Gegenseitigkeit innerhalb eines staatlichen
Zusammenschlusses, der intensiver sein sollte als etwa die Mitgliedschaft im Europarat. Beispiel dafür ist in
unserem Falle die Europäische Union.

Das Verhältnis zwischen Staat und seinen Bürgern ist nach deutscher Rechtsphilosophie mehr als die bloße
Präsenz in einem Mitgliedstaat. Sie setzt eine engere Bindung voraus, die auch von längerer Dauer sein sollte,
weil sonst eben die Schere zwischen Mitbestimmung und Mitverantwortung unausgewogen wäre und deshalb
haben wir einige Änderungsanträge formuliert, zu deren Zustimmung wir sie herzlich bitten.

Vielen Dank.

Abg. Holger Haibach (CDU/CSU):

Danke Herr Präsident,

meine lieben Kolleginnen und Kollegen,

unabhängig davon wie heute Abend das Halbfinale zwischen Deutschland und der Türkei ausgeht, wird in Berlin
auf jeden Fall der Verkehr zusammenbrechen. Warum ist das so? Weil in Berlin neben etwa 3 Millionen bzw.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 67 – Drucksache 16/13168

2,5 Millionen Deutschen – je nachdem wie man zählt – sehr viele Menschen leben, die entweder türkische
Staatsbürger sind oder von türkischen Staatsbürgern abstammen.

Das zeigt, dass ein Land wie Deutschland, aber das auch der Europarat eine absolute Notwendigkeit hat, die
Frage der Migration und der Integration zu einem ihrer wichtigsten Schwerpunkte zu machen. Deswegen sind
beide Reports zu begrüßen, denn sie zeigen – und das hat der Kollege Eduard Lintner schon gesagt – wichtige
Punkte auf. Und auch wenn wir nicht in allem übereinstimmen, besonders bei den beiden Fragen Wahlrecht und
Staatsbürgerschaft, so glaube ich doch, dass es wichtig ist, dass wir dieses Thema einerseits aufgreifen und
andererseits deutlich machen, dass in diesen Berichten sehr viel Wertvolles steckt.

Auf eines möchte ich gern in diesem Zusammenhang hinweisen und gleichzeitig beim Fußball bleiben: Es ist ja
nicht so, dass Integration und Migration nur einen Einfluss auf diejenigen hätten, die in eine Gesellschaft
hineinkommen. Im Gegenteil, manchmal ist der Einfluss auf diejenigen, die sich in einer Gesellschaft befinden
sogar größer. Deswegen spreche ich gerade über Fußball. In den 60er, 70er Jahren hießen deutsche
Fußballnationalspieler selbstverständlich Beckenbauer, Müller, Maier oder wie auch immer. Heute heißen sie
fast genauso selbstverständlich Odonkor, Kuranyi, Podolski. Das zeigt, natürlich nur an diesem einen Beispiel,
dass sich auch unsere Gesellschaft durch Migration, durch Zuwanderung verändert hat und dass wir sie als
gemeinschaftliche Aufgabe betrachten müssen. Deswegen war ich demjenigen, der vorhin gesagt hat, dass z.B.
die Zivilgesellschaft und Vereine eine große Rolle in diesem Integrationsprozess spielen müssen, ausgesprochen
dankbar, denn dort kann es gelingen. Wenn Menschen mit Migrationshintergrund eine Vorbildfunktion in einer
Gesellschaft übernehmen und das gemeingesellschaftlich akzeptiert wird, dann sind wir einen guten Schritt
vorangekommen. Es zeigt auch, dass Integration auf einer staatlichen Ebene angesprochen werden muss, durch
entsprechende Gesetzgebung, durch entsprechende Initiativen. Wir haben in Deutschland mehrere
Integrationsgipfel unter Leitung der Bundeskanzlerin erlebt. Es ist aber mindestens genauso wichtig,
wahrscheinlich sogar wichtiger, dass Integration vor Ort gelingt. Auch dafür sind zivilgesellschaftliche
Organisationen, wie z.B. Fußballvereine ausgesprochen wichtig.

Und es ist deshalb auch richtig, wenn in der deutschen Gesetzgebung verankert ist, dass diejenigen die aus den
Staaten der Europäischen Union kommen, in der Kommunalwahl ein Wahlrecht haben. Die Frage der doppelten
Staatsbürgerschaft – auch darauf hat der Kollege Lindner schon hingewiesen – ist da etwas anders gelagert. Es
stellt sich darüber hinaus, aufgrund des Gleichheitsgrundsatzes, die Frage, wie es ist, wenn jemand eine doppelte
oder eine multiple Staatsbürgerschaft hat, ob er dann auch in jedem Land ein Wahlrecht hat und was das für
denjenigen, der nur eine Staatsbürgerschaft hat bedeutet.

Am Ende des Tages glaube ich – und es ist wichtig, hier darauf hinzuweisen – Integration kann nur gemeinsam
gelingen. Das bedeutet, dass diejenigen die in ein Land kommen, den Willen haben sich zu integrieren, dass die
Mehrheitsgesellschaft, wie wir sie immer nennen, den Willen hat diejenigen auch vorbehaltlos aufzunehmen. Es
bedeutet auf der anderen Seite auch, dass die Politik eine Aufgabe hat.

Um am Ende des Tages wieder zu dem Anfangsthema zurückzukommen: Wenn heute Abend die Türkei
gewinnt, dann wird das Fest in Berlin wahrscheinlich genauso groß sein, wie wenn Deutschland gewinnt. Aber
wenn es am Ende des Tages ein friedliches Fest bleibt, dann hat die Integration, dann hat das ganze Volk
gewonnen.

Herzlichen Dank!

Drucksache 16/13168 – 68 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Zur Lage der Demokratie in Europa

Die Arbeitsweise demokratischer Institutionen in Europa und der Fortgang des Monitoringverfahrens der

Versammlung

Abg. Dr. Wolfgang Wodarg (SPD):

Herr Präsident,

werte Kolleginnen und Kollegen,

ich möchte mich erst einmal bei Herr Holovaty für seinen guten Bericht bedanken. Ich bedanke mich auch bei all
den Kolleginnen und Kollegen, die den Monitoringprozess für uns qualifizieren und die uns hier die Basis gelegt
haben für diese regelmäßige Bestandsaufnahme, die uns so wichtig ist und die uns Maßstab gibt. Ich möchte
einige grundsätzliche Bemerkungen zum Monitoring machen. Unser Monitoring ist ein historisch gewachsener
Prozess. Er ist historisch ausgerichtet und versucht die Werte, die gestern noch galten zu benutzen, um das was
heute passiert zu bewerten. Wie haben wir immer wieder Probleme damit, dass es andere Entwicklungen gibt,
nicht-politische, nicht-demokratische, die sich schneller entwickeln als die Gesellschaften, die sich demokratisch
organisieren.

Der Markt, der sich in einer rasanten Eile globalisiert, hat dazu geführt, dass ausgetauscht wird, dass Menschen
sich mischen und dass die Werte auf dieser Welt durcheinander gekommen sind. Zu den Werten die überall
gelten gehören der Euro, der Dollar, die Barrels von Öl, Getreidesäcke – Werte, auf die man sich schnell einigt.
Da gibt es keine langen Diskussionen, das geht sehr schnell, das geschieht an den Börsen. Das geht schneller als
so mancher demokratischer Beschluss und das formt unser tägliches Leben. Wir sitzen hier und sprechen über
demokratische Regeln, die wir uns schaffen und wir sehen, dass unsere Gesellschaften deformiert werden durch
das, was die Wirtschaft viel schneller macht.

Wir hatten in Europa in den letzten 500 Jahren ein heftiges Wachstum. Wenn man das menschheitsgeschichtlich
betrachtet ist das enorm. Es ging los, als die Kolonien geschaffen wurden, als andere Länder ausgebeutet
wurden, Ressourcen aus anderen Ländern nach Europa gebracht wurden. Da wurde Europa stark und wuchs.
Kulturen entwickelten sich, neue Technologien wurden importiert und wir haben sehr viel gelernt und sehr viel
geraubt. Und das ging weiter und es ist immer noch so. Wir haben zwar keine Kolonien mehr, aber die reichen
Länder haben ihren Vorsprung verteidigt. Wir leben immer noch davon, dass es in der Welt Länder gibt, die wir
ausbeuten. Es sind unsere Unternehmen – und damit meine ich die reichen Länder –, die Diamanten in Afrika
schürfen. Es sind unsere Unternehmen, die das Erdöl aufkaufen, monopolisieren, an den Börsen spekulieren und
die dafür sorgen, dass die Kasse stimmt.

Das führt dazu, dass wir dann die Probleme diskutieren, die wir heute Morgen diskutiert haben: Die Probleme
der Migration. Welcher Mensch verlässt schon gern seine Heimat? Welcher Mensch geht schon gern in ein
anderes Land, wo er die Sprache nicht kennt? Wir sind diejenigen, die das verursachen und das schon seit vielen
hundert Jahren. Diese Verantwortung ist nicht Gegenstand unseres Monitoring. Wir machen ein Monitoring über
die Folgen, aber nicht über die Ursachen. Wenn wir eine nachhaltige gesellschaftliche Entwicklung auf dieser
Erde wollen, wenn wir nicht ein neues Mittelalter wollen, wo Oligarchen sich mit privaten Militärfirmen ihren
Reichtum sichern, dann müssen wir die Demokratie nicht nur national verstehen. Was Andreas Gross sagte, ist
ganz richtig – wir müssen transnationale Demokratien haben. Aber können wir das übertragen, was sich national
bewährt hat? Ich glaube, dass ist angesichts der vorher beschriebenen Kräfte nicht so einfach möglich. Ich
glaube, dass wir hierfür vielmehr Zeit brauchen und ich glaube, dass wir hier Schutzzonen sichern müssen.
Menschen organisieren sich – das ist was wir wollen. Menschen helfen sich gegenseitig. Sie sorgen dafür, dass
sie keine Angst haben müssen vor Krankheiten, vor Hunger, vor Not. Das wollen wir demokratisch ermöglichen.
Die Skandinavier zeigen uns beispielhaft, wie man wirtschaftlich stark sein, aber trotzdem diesen Zusammenhalt
organisieren kann. Was wir brauchen ist ein Best-Practice-Monitoring, welches in die Zukunft gerichtet ist,
welches versucht, gesellschaftliche Nachhaltigkeit zu erfassen. Dies ist mein Appell an ein zukünftiges
Monitoring und ich wünsche mir, dass wir uns an die Arbeit machen.

Vielen Dank!

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 69 – Drucksache 16/13168

Abg. Eduard Lintner (CDU/CSU):

Herr Vorsitzender,

die Antragsteller kennen keinen Staat, der bereit wäre wesentliche politische Rechte in so großzügiger Weise
von der Staatsangehörigkeit abzukoppeln und wir halten das auch für die richtige Position, denn Mitbestimmung
bedeutet natürlich auch immer Teilhabe an der Verantwortung als Bürger eines Staates. Deshalb hätten wir gern,
dass sie diesem Antrag zustimmen.

Abg. Dr. Hakki Keskin (DIE LINKE):

Es gibt viele Befragungen darüber, warum die Leute, die Staatsbürgerschaft des jeweiligen Landes nicht
annehmen wollen oder können. Weil Sie gezwungen werden, ihre bisherige Staatsbürgerschaft aufzugeben. Aber
viele sind nicht bereit, dies zu tun, und deshalb ist es sehr entscheidend, die Beibehaltung der bisherigen
Staatsbürgerschaft zu tolerieren.

Abg. Eduard Lintner (CDU/CSU):

Herr Vorsitzender,

selbstverständlich hat die Mitgliedschaft in der EU auch Konsequenzen für die Position der Bürger in den
Mitgliedsstaaten. Das entspricht der Logik dieses Bündnisses und deshalb glauben wir, dass es berechtigt ist,
unserem Antrag zuzustimmen.

Abg. Dr. Hakki Keskin (DIE LINKE):

Wir reden über die politischen Mitwirkungsmöglichkeiten, über die politische Partizipation der Migrantinnen
und Migranten. Wenn man diesen Menschen nicht einmal das kommunale Wahlrecht gewähren will, wie soll es
dann überhaupt eine politische Mitwirkungsmöglichkeit geben. Daher müssten wir ganz konsequent solch einen
Antrag ablehnen.

Abg. Eduard Lintner (CDU/CSU):

Wir meinen, dass Assimilation in der Regel die Folge erfolgreicher Integration ist und deshalb der im Text
vorhandene Gegensatz zwischen beiden Positionen nicht gegeben ist und nicht den Tatsachen entspricht.

Abg. Eduard Lintner (CDU/CSU):

Die hier angesprochene Problematik ist in der Bundesrepublik Deutschland jahrelang heftig erörtert worden und
hat dort zu dem Ergebnis geführt, dass wir meinen, dass sich jemand entscheiden muss zwischen den
verschiedenen Staatsangehörigkeiten, um Loyalitätskonflikten vorzubeugen, die beispielsweise entstehen
können, wenn zweierlei Kultur- oder Rechtskreise im Spiel sind. Deshalb haben wir uns dafür entschieden,
dieses Wahlrecht ausüben zu lassen bzw. zu verlangen, dass sich der Betroffene entscheidet, welche
Staatsangehörigkeit er erhalten will.

Drucksache 16/13168 – 70 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Abg. Eduard Lintner (CDU/CSU):

Im Grunde genommen dreht sich die Problematik unserer Anträge immer um zwei Fragen, unter anderem darum,
dass wir der Meinung sind, dass es einer engeren Bindung zu einem Staat bedarf, wenn ein Wahlrecht ausgeübt
werden soll. Und deshalb glauben wir nicht, dass der bloße Aufenthalt in einem Land ausreicht, sondern es muss
eine engere, bessere Bindung zum Staat existieren, wenn dieses Recht zugebilligt werden soll.

Abg. Eduard Lintner (CDU/CSU):

Herr Präsident,

jeder von uns weiß eigentlich, dass es gute Gründe dafür gibt, dass solche Einschränkungen in besonders
gefährlichen Fällen möglich sind. Ich denke nur etwa an rassistische Betreibungen oder an Terrorismus und
deshalb finde ich, muss es bei dieser Möglichkeit bleiben.

Abg. Eduard Lintner (CDU/CSU):

Herr Präsident,

im Grunde genommen geht es wieder um die Fragen, die wir vorhin schon einmal erörtert haben und deshalb
kann ich auf die Begründung von vorhin verweisen: In Deutschland hat diese Diskussion dazu geführt, dass wir
meinen, dass der jeweilige Betroffene sich unter zwei oder mehreren möglichen Staatsangehörigkeiten
entscheiden muss.

Abg. Dr. Hakki Keskin (DIE LINKE):

Wir haben vorhin sogar einige Male darüber abgestimmt. Es geht darum, mit welchen Möglichkeiten wir den
Menschen in unseren Ländern, in denen sie dauerhaft, seit Jahrzehnten leben, gleiche Rechte gewähren können.
Und da können wir nicht da und dort tricksen, sondern nur mit Hilfe des Erwerbs der Staatsangehörigkeit können
diese Menschen gleiche Rechte haben. Deshalb bin ich entschieden dagegen.

Abg. Eduard Lintner (CDU/CSU):

Auch hierüber haben wir bereits geredet, aber was hier formuliert ist, geht weit über das hinaus, was überhaupt
in den Staaten bislang vorhanden ist, nämlich ein uneingeschränktes Wahlrecht für Migranten, die 5 Jahre oder
weniger im Lande leben, d.h. völlig losgelöst von der Staatsangehörigkeit. Das glaube ich, kann man so nicht
stehen lassen.

Abg. Dr. Hakki Keskin (DIE LINKE):

Also es geht nicht um das allgemeine Wahlrecht, sondern es geht um das Wahlrecht auf kommunaler und lokaler
Ebene. Für das allgemeine Wahlrecht ist in der Tat der Erwerb der Staatsbürgerschaft notwendig. Deshalb habe
ich dafür plädiert, aber das kommunale Wahlrecht können viele Länder mit einem einfachen Gesetz gewähren.
Dies ist inzwischen in vielen Ländern, außer in Deutschland, Österreich und Luxemburg der Fall.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 71 – Drucksache 16/13168

Abg. Eduard Lintner (CDU/CSU):

In der deutschen Übersetzung ist es genau anders formuliert, als es der Kollege Keskin jetzt sagt. Deshalb wäre
ich dankbar, wenn die verbindliche englische Übersetzung – die mir allerdings nicht vorliegt – zum
Ausgangspunkt der Diskussion genommen würde. Bei der deutschen Übersetzung heißt es „Gewährung des
Wahlrechts an Migranten, einschließlich des aktiven und passiven Wahlrechts“, d.h., in Deutsch jedenfalls, dass
quasi das umfassende Wahlrecht gewährt werden soll. Es kann sein, dass das vom englischen Text abweicht. Das
kann ich aber nicht beurteilen.

Abg. Eduard Lintner (CDU/CSU):

Ehrlich gesagt, haben wir Verständnisschwierigkeiten für diese Formulierung, denn darüber, wer Mitglied dieser
Versammlung wird, entscheiden die nationalen Parlamente. Man muss also Angehöriger des nationalen
Parlaments oder einer Institution im jeweiligen Staat sein, so dass der Geschäftsordnungsausschuss eigentlich
keinen Entscheidungsspielraum hat, andere Regeln dabei einzuführen.

Debatte zur politischen Situation in China

Holger Haibach (CDU/CSU):

Herzlicher Dank Herr Präsident,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

der Europarat soll sich auf seine eigenen Aufgaben konzentrieren. Deswegen hat es im Vorfeld auch die eine
oder andere Debatte darüber gegeben, ob man über China und mit China reden soll oder ob man es lassen soll.

Ich glaube es ist wichtig, dass wir diese Debatte heute führen. Es gibt viele Gründe. Einer der Gründe dafür
könnte sein, dass wir nicht nur Nachbarn sind, sondern, dass wir viele Beziehungen miteinander haben. Es geht
unter anderem um die Frage, wie wir mit Bedrohungen in dieser Welt – in diesem Zusammenhang wurde gerade
Nordkorea genannt – umgehen.

Es geht aber auch um die Frage, wie wir auf einem Kontinent der uns benachbart ist und der sehr wichtig für uns
ist, zusammentreffen: Damit meine ich Afrika. Das Konzept der chinesischen wirtschaftlichen Zusammenarbeit
und Entwicklungshilfe ist völlig anders als unseres. Das stellt Herausforderungen nicht nur an die chinesische,
sondern auch an unsere Seite. Deswegen ist es wichtig, dass wir heute sprechen.

Dabei ist es auch wichtig, eine gute Herangehensweise zu finden. Die Herangehensweise in Europa, in der
westlichen Welt schwankt meistens zwischen öffentlicher Verurteilung auf der einen Seite und Wegducken aus
wirtschaftlichen, politischen oder anderen Erwägungen auf der anderen Seite. Insofern ist dieser Dialog auch
deshalb wichtig, damit wir für uns klären, wie unsere Position, wie unsere Herangehensweise sein soll. Ich
möchte dem Berichterstatter sehr herzlich zu seinem Report gratulieren, denn ich glaube, dass die
Herangehensweise ausgewogen ist.

Es ist auf der einen Seite wichtig, notwendige, klare Kritik zu üben und es darf bei allem Verständnis für
kulturelle Unterschiede keine Abstriche bei der Frage der Menschenrechte geben. Der Kollege Prescott hat Recht
wenn er sagt, dass dies für den Europarat, für seine Mitgliedsstaaten aber auch für ein Land wie China gilt.

Auf der anderen Seite ist es auch wichtig, eine Diskussion und einen konstruktiven Ansatz zu finden. Es sind die
Fortschritte benannt worden, aber es wurden auch die Rückschläge und die Dinge, die nicht in Ordnung bzw.

Drucksache 16/13168 – 72 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

noch nicht erledigt sind erwähnt. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass es nicht
darum geht, kulturelle Unterschiede zu nivellieren und auch nicht darum, irgendjemand eine Kultur, einen
Glauben oder etwas anderes aufzudrücken, sondern es geht ausschließlich darum, dass wir uns alle
gemeinschaftlich an das halten, wozu wir uns international verpflichtet haben, sei es im Europarat oder sei es
darüber hinaus. Deshalb ist es wichtig, über Fragen wie Todesstrafe, Meinungs-, Presse- und Religionsfreiheit,
das Justizsystem und viele andere Fragen zu sprechen. Ich frage mich manchmal, wer heute über dieses Thema
reden würde, wenn es die Olympischen Spiele in China sowie die Auseinandersetzung und die Demonstrationen
in Tibet nicht gegeben hätte.

Ein anderes, großes Problem liegt meiner Ansicht nach in der Tatsache, dass wir uns immer nur punktuell, wenn
etwas auftaucht, mit dieser Frage beschäftigen und nicht wirklich versuchen, einen dauerhaften Ansatz zu finden.
Deshalb kann ich diesen Bericht hier nur unterstützen. Wir müssen von einer kurzfristigen, ereignisbezogenen
Betrachtungsweise wegkommen und einen langfristigen Ansatz finden, der die Interessen beider Seiten in
Betracht zieht und dazu dient, die Situation vor Ort zu verbessern. Das ein solches Vorgehen funktionieren kann,
zeigen Beispiele: Es gibt einen Dialog zwischen der Europäischen Union und China und es gibt auch einen
Rechtsstaatsdialog, z.B. zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China. Auch wenn
man vieles kritisieren kann, glaube ich, dass die Tatsache, dass sich im Rechtssystem einiges verändert hat auf
diese Bemühungen zurückzuführen ist. Aus diesem Grund ist es wichtig, diesen Ansatz zu verfolgen und nicht
zu fragen, was vor Olympia passieren wird – z.B. mit den Verhandlungen mit dem Dalai Lama – sondern zu
fragen was nach Olympia passiert, wenn die Scheinwerfer der Fernsehstationen in Peking ausgegangen sind und
sich das Licht der Weltöffentlichkeit auf andere, mindestens genauso wichtige Konflikte konzentrieren wird.

Deshalb ist es wichtig, in einen dauerhaften Dialog einzutreten und deswegen kann ich den hier vorliegenden
Report nur begrüßen.

Das Funktionieren der demokratischen Institutionen in der Türkei: Aktuelle Entwicklungen

Abg. Dr. Hakki Keskin (DIE LINKE):

Meine Damen und Herren,

der Verbotsantrag gegen eine Regierungspartei ist sicherlich insbesondere für die Westeuropäer und auch für
mich schwer nachvollziehbar. Ich fürchte auch, dass die politische Stabilität des Landes möglicherweise in
Gefahr gerät. Dieser Verbotsantrag ist nicht zufällig und vom Himmel gefallen. Als Abgeordneter des
Bundestages mit türkischer Herkunft verfolge ich die Entwicklung in der Türkei mit großem Interesse. Ich habe
über die Türkei eine Reihe Publikationen veröffentlicht. In meinem jüngsten Buch 2005 habe ich die Reformen
der AKP gelobt, aber ich bin besorgt, über die Vorgehensweise der Regierung, insbesondere seit einem Jahr.

Ich gebe Ihnen einige Beispiele:

Die Vorbereitung einer Verfassung bedarf einer Kommission, einer Kommission aus verschiedenen
gesellschaftlichen Gruppen sowie unterschiedlichen Parteien. Was tut die Regierung? Sie beauftragt einige, ihr
nahestehende, Hochschullehrer und bereitet einen Entwurf vor und wollte diesen Entwurf zur Verfassung
machen. Dann versucht die Regierung, die Hochschulen unter eigene Regie zu bekommen. Die Regierung
versucht, das ganze Bildungswesen im eigenen Sinne zu formen, die Regierung versucht sogar die Medien zu
kontrollieren. Die öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Rundfunkanstalten sind mehr oder weniger zu einem
Organ der Regierung gemacht worden. Auch die Versuche, die Justiz unter eigener Kontrolle zu haben, das alles
hat mich und Millionen Menschen in der Türkei beunruhigt und wir sind besorgt über die Entwicklung in der
Türkei.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 73 – Drucksache 16/13168

Laizismus ist in einem Staat, deren Bevölkerung zum großen Teil Muslime sind von fundamentaler Bedeutung.
Das ist nicht vergleichbar mit Ländern, in denen die Religion, die Gesellschaft und den Staat nach religiösen
Modalitäten neu formen will. Dies ist aber in vielen islamischen Ländern leider der Fall; es gibt immer noch
Kräfte die das wollen. Ich möchte nicht sagen, dass die Akademiker das wollen, aber es gibt die Befürchtungen
und dies müsste man wirklich ernst nehmen.

Ich habe als Politikwissenschaftler gelernt, dass die Gewaltenteilung zu den Grundfundamenten eines
demokratischen Rechtsstaates gehört. Und die Gewaltenteilung bedeutet, dass die Justiz das Recht hat, die
Gesetze des Parlamentes und die Handlungen der Regierungen zu kontrollieren. Und genau das tut jetzt die
Verfassung. Die Verfassung wird prüfen, inwieweit dieser Antrag der Staatsanwaltschaft tatsächlich berechtigt
ist, d.h. dass der Laizismus gefährdet ist.

Es gibt in jedem demokratischen Staat, unveräußerliche, unveränderliche Kriterien und auch der Artikel 20 des
Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland besagt, dass der demokratische und soziale Bundesstaat nicht
angetastet werden darf. Genauso ist das auch in der Türkei.

Ich danke Ihnen.

Die Aktivitäten des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK)

Abg. Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD):

Lieber Präsident Kellenberger,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

herzlichen Dank für diese Gelegenheit, heute anhand dieses vorzüglichen Berichts des Kollegen Hancock von
den Resolutionen und den Empfehlungen über die großartige Arbeit des Internationalen Komitees vom Roten
Kreuz zu reden. Wir unterstützen nicht nur die Arbeit des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, sondern
auch die Resolutionen und die Empfehlungen, und wir tun das aus vollem Herzen und eigentlich mit drei guten
Gründen.

Zum einen deshalb, weil in der Tat, wie der Kollege Hancock ausgeführt hat, die Breite der Arbeit des IKRK in
angemessener Weise dargestellt wird und zum zweiten, weil auch die Bedeutung dieser unglaublich vielfältigen
Arbeit jetzt, aber auch seit Beginn der Arbeit des IKRK vor nunmehr 145 Jahren in einer sehr angemessenen
Weise gewürdigt wird.

Damals hat es angefangen mit konkreten Hilfsaktionen im Bereich der Humanität, aber damals fand eben auch
schon statt, was wir heute so dringend brauchen, nämlich die Initiative, damals zum Aufbau, heute zum Ausbau
des humanitären Völkerrechts. Und wir wissen ganz genau – weil wir uns hier gerade in diesem Haus mit
Menschenrechtsverletzungen, auch mit der Vorbeugung vor Menschenrechtsverletzungen beschäftigen – dass
wir alle von der Arbeit des International Komitees des Roten Kreuzes außerordentlich stark profitiert haben, und
dass ohne die Arbeit des IKRK die Humanität in unseren Ländern anders aussehe als sie heute tut und auch die
Frage der Durchsetzung der Menschenrechte längst nicht so weit wäre, auch wenn wir natürlich sehr genau
wissen und wenn Präsident Kellenberger das auch sehr stark betont hat, wie viel hier noch zu tun bleibt.

Der dritte Grund, warum ich diesen Bericht, auch die Resolutionen und auch die Empfehlungen – jetzt
ungeachtet der Äußerungen des Kollegen Hancock zum deutschen Fußball – voll und ganz unterstreiche besteht
darin, dass er eben auch aufzeigt, was wir selbst tun können, ja, was wir selbst tun müssen. Nicht nur die Staaten,
denen wir angehören, sondern eben auch diese parlamentarische Versammlung des Europarates und der
Europarat auch.

Drucksache 16/13168 – 74 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Ich will das an einem Beispiel ganz besonders deutlich machen. Es ist ja sehr interessant und manchmal gar nicht
so bekannt, dass es der zweite Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, Monsieur Gustave
Moinier, bereits in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts war, der sehr deutlich gesagt hat, dass
Menschenrechte völkerrechtliche Charakter brauchen und dass humanitäre Hilfe ebenfalls in völkerrechtlich
wirksame Verpflichtungen gekleidet werden müssen. In beiden Fällen hat sich das IKRK ja sehr stark engagiert.
Aber er hat hinzugefügt, dass beide Bereiche des Völkerrechtes letztlich ohne Wirksamkeit bleiben müssten,
wenn nicht auch die persönliche Verantwortlichkeit der Mächtigen völkerrechtlich verankert werden würde, weil
ohne diese völkerrechtliche Verankerungen ja die Befolgung von Konventionen letztlich eben doch ein Problem
sein würde. Er hat damals schon – und es war damals ein Traum – einen internationalen Strafgerichtshof
gefordert.

Dieser Traum blieb ein Traum nahezu hundert Jahre lang, und heute haben wir ihn. Heute können wir auf der
Basis dieses Traumes weiterarbeiten, weil er Wirklichkeit geworden ist. Aber jetzt kommt unsere Aufgabe. Wir
wissen ganz genau, dass dieser Internationale Strafgerichtshof, der schwerste Menschheitsverbrechen verfolgen
soll, der gegen die Impunität der Mächtigen vorgehen soll, dass er heute 106 Mitglieder hat; aber noch längst
nicht alle Mitgliedsstaaten der Völkergemeinschaft hier mitwirken. Und wenn wir uns jetzt selbst in unseren
Reihen umsehen, dann sehen wir, dass auch noch nicht alle Mitglieder des Europarates - obwohl wir diese
Prinzipien unterstützen – Mitglieder sind und unsere Aufgabe ist es – und ich bin dankbar, dass das in der
Resolution und auch in der Empfehlung so deutlich enthalten ist, dafür zu werben, dass die Mitglieder des
Europarates sehr schnell auch in diesem Bereich den Internationalen Staatsgerichtshof unterstützen und damit
indirekt zu dem beitragen, was wir heute mit dem Dank, mit der Hochachtung, mit dem Respekt und mit der
Unterstützung für die Arbeit des Internationalen Roten Kreuzes zum Ausdruck bringen wollen.

Herzlichen Dank!

Gökçeada (Imbros) und Bozcaada (Tenedos): Wahrung des bikulturellen Charakters der beiden
türkischen Inseln als Modell für die Zusammenarbeit zwischen der Türkei und Griechenland im Interesse
der betroffenen Bevölkerung

Holger Haibach (CDU/CSU):

Herr Präsident,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

auf den ersten Blick kann man sich sicherlich fragen, warum ausgerechnet diese beiden Inseln ein Grund sind,
hier einen Bericht zu machen und diesen Bericht zu diskutieren, wo es doch größere, vielleicht andere Konflikte
gibt, außerhalb und innerhalb des Gebietes des Europarates und ich glaube, der Grund liegt einerseits bei der
besonderen Geschichte dieser beiden Inseln und andererseits in den besonderen Symbolen, die mit dieser
Geschichte verbunden sind.

Auf der einen Seite, das Symbol dass es zwischen zwei Ländern zu schwierigen Situationen, zu langwierigen
Spannungen kommen kann. Auf der anderen Seite, dass es eben Parlamentarier gewesen sind, und die Initiativen
von Mrs Elsa Papadimitriou und Mr Murat Mercan sind ja erwähnt worden, die dazu führen, dass man solche
Dinge dann auch angeht und versucht, Lösungen zu finden. Und auch, dass es sogar unter schwierigen
Bedingungen, wenn es um ganz schwierige Fragen von Nationen geht, möglich ist, Lösungen zu finden,
zumindest auf Lösungen hinzuarbeiten. Insofern möchte ich auch Herrn Gross ganz herzlich gratulieren.

Dieser Bericht hat nicht nur, wie ich sehe, politisches Fingerspitzengefühl erfordert, sondern fast noch mehr
diplomatisches Geschick, denn es ist keine ganz einfache Angelegenheit, über Themen zu sprechen, die für zwei
Nationen sensibel sind. Insofern steht die Geschichte der beiden Inseln sicherlich auch als Symbol dafür, wie

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 75 – Drucksache 16/13168

kleinere Gemeinschaften, wie Menschen vor Ort, sozusagen der kollaterale Schaden größerer Konflikte werden.
Und ich finde, wir würden gut daran tun, wenn wir uns bei dieser Frage hier auf die Situation der beiden Inseln
konzentrieren würden und sie nicht mit anderen Konflikten, die diese beiden Länder miteinander vielleicht haben
und die sie vielleicht hoffentlich auch bald lösen werden, in Verbindung bringen. Denn es geht hier um die
Menschen vor Ort, um die Menschen auf diesen beiden Inseln.

Es drängt sich mir manchmal der Eindruck auf, dass wenn Sie sich all die großen Konflikte in der Welt
anschauen, sei es Israel – Palästina, seien es andere Konflikte, es sehr viele gibt, die große Lösungen
vorschlagen, es werden viele große Konferenzen gemacht, es werden viele wahnsinnig tolle Ideen entwickelt,
aber das Entscheidende ist doch, dass für die Menschen vor Ort erkennbar wird, dass sich ihre Situation
verändert, d.h. ganz konkret, dass sie sich verbessert. In dem Moment wo sich die Situation der Menschen vor
Ort verbessert, macht es wirklich einen Unterschied, dass jeder Mensch glaubt, dass es so etwas wie Frieden und
Gerechtigkeit gibt.

Deswegen ist es wichtig, dass wir unterhalb der Ebene der großen Konflikte darauf hinwirken, dass sich die
Situation der Menschen vor Ort verbessert und genau darum, so verstehe ich zumindest diesen Bericht, geht es
eigentlich auch. Und ich bin außer den beiden Delegationsleitern, die damals diesen historischen Versuch, diese
historische Reise unternommen haben, auch den beiden Delegationen dankbar. Ich habe im Rechtsausschuss
erleben dürfen, wie die Diskussion gelaufen ist, und ich weiß, dass die eine oder andere Formulierung für beide
Delegationen wirklich die Schmerzgrenze bedeutet, und dass man ringen muss, und ich hoffe, dass dieses
Ringen sich in positive Energie für die Lösung dieses Konfliktes vor Ort umsetzt und ich hoffe auch, dass die
Diskussion konstruktiv bleibt, auch heute, wenn wir über die verschiedenen Änderungsanträge diskutieren
werden. Ich bin der Ansicht, dass es entscheidend ist, dass von uns ein Signal ausgeht, dass uns die Menschen
vor Ort wichtig sind, denn die Menschen vor Ort sind diejenigen, die zum Schluss den Frieden bedingen und die
sozusagen auch den Frieden produzieren. Es gibt im Englischen diesen schönen Spruch: „Let the people on the
ground do the job“. Es lässt sich in Deutsch kaum besser sagen, aber genau darum geht es am Ende des Tages.

Insofern wünsche ich mir, dass wir hier eine konstruktive Diskussion führen und ich gratuliere nochmals dem
Berichterstatter.

In dem Zusammenhang, würde ich gerne noch hinzufügen: Es ist wichtig, dass wir die Leute vor Ort dabei
unterstützen, ihr Leben selbstbestimmt zu führen, denn dieser Bericht – und darum geht es im Kern der ganzen
Angelegenheit – dieser Bericht handelt nicht von Vergangenheit und von Symbolen, sondern von den Menschen
und von der Zukunft.

Danke.

Drucksache 16/13168 – 76 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

V. Ausgewählte Reden

Rede von Terry Davis, Generalsekretär des Europarates über den Zustand der Demokratie in Europa,
25. Juni 2008

Im Jahre 1863 hielt der sechzehnte Präsident der Vereinigten Staaten, Abraham Lincoln, seine berühmte Rede in
Gettysburg in Pennsylvania – und sprach über die Regierung des Volkes, durch das Volk und für das Volk.

Die vergangenen einhundertfünfundvierzig Jahre haben Politiker sich weltweit sehr darum bemüht, diese
Vorstellung zu erfassen – oder sie anzunehmen. Manche bemühen sich immer noch.

Seit dem Fall der Berliner Mauer haben sich die Mitglieder des Europarates mehr als verdoppelt, um alle
europäischen Länder mit Ausnahme von Weißrussland zu umfassen. Der Grund liegt darin, dass Weißrussland
oft als die letzte Diktatur in Europa beschrieben wird. Doch bedeutet dies nicht, dass es keine anderen Länder
mit Problemen gibt, wenn wir über die Einhaltung der Normen des Europarates zu Demokratie,
Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit sprechen.

Es ist eine Tatsache, dass die Mitgliedschaft im Europarat, unabhängig davon, ob sie noch neu ist oder schon
Jahrzehnte zurückreicht, kein Zeugnis für ein unumstößliches und unumkehrbares demokratisches Verhalten
darstellt.

Es gibt mehrere Themen und sie treten nicht ausschließlich in einem Teil von Europa auf.

Ordentlich durchgeführte Wahlen sind eines dieser Themen. Vor kurzem hatten wir eine ganze Reihe von
Wahlen in unseren Mitgliedstaaten und die von der Parlamentarischen Versammlung ernannten Wahlbeobachter
haben berichtet, dass einige dieser Wahlen nicht die Normen des Europarates erfüllt haben. Die Probleme
reichen von altmodischen Methoden der Verwendung gefälschter Wahlzettel bis hin zu moderneren Methoden
der Beeinflussung des Ergebnisses, doch fast alle haben eines gemeinsam: Die Wahlsieger profitieren davon.

Demokratie ist eine Frage der Einstellung – nicht der Einstellung zum Sieg, sondern der Einstellung zur
Niederlage. Gewinnen ist leicht. Verlieren ist schwer. Glauben Sie mir, ich spreche aus persönlicher Erfahrung.
Ich habe selbst einige Wahlen verloren und meine Reaktion war immer dieselbe – die Niederlage annehmen,
aber darüber nachdenken, um das nächste Mal zu gewinnen. Manche Leute scheinen zu ungeduldig zu sein, um
sich Gedanken zu machen. Sie sind bereit, den Willen des Volkes anzunehmen – aber nur dann, wenn es zu ihren
Gunsten ist.

Erlauben Sie mir die Erwähnung von William Shakespeare: Wenn Sie in einer Demokratie eine Wahl verlieren,
liegt der Fehler nicht in den Sternen, nicht bei Ihrem Gegner oder bei der Wählerschaft, sondern der Fehler liegt
in Ihnen selbst.

Der elitäre Ansatz in der Politik, bei dem Politiker alles am besten wissen und sich dazu berechtigt fühlen,
Wahlergebnisse zu manipulieren oder sie zu ignorieren, weil die Wähler ihren Gegner gewählt haben oder deren
wichtigstes Projekt überstimmen, ist in hohem Maße undemokratisch. Und doch tritt das auf.

Meinungsfreiheit oder vielmehr der Mangel an Meinungsfreiheit ist eine sehr ernsthafte Sache. Die Methoden
variieren von Ort zu Ort, doch – ich wiederhole es - das Ergebnis ist dasselbe. Unabhängig davon, ob es sich um
Geld, brachiale Gewalt oder die staatliche Kontrolle über die Medien handelt, die angewandt werden, um
abweichende Stimmen zum Schweigen zu bringen – es ist die Demokratie, die leidet.

Oft sagen wir, dass all dies auf einen Mangel an demokratischer Kultur zurückgeführt werden kann, welche
Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte benötigt, um sich durchzusetzen. Dieser Vorwurf mag richtig sein, doch
rechtfertigt er nicht halbherzige Versuche zur Einführung von Demokratie, die mehr darauf ausgerichtet sind,
internationale Beobachter zufrieden zu stellen, als den Wählern die Wahl zu ermöglichen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 77 – Drucksache 16/13168

Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat der Europarat ein umfangreiches Volumen an Normen für Demokratie und
Menschenrechte geschaffen. Wir haben die erforderlichen Programme erstellt und zur Verfügung gestellt, um
unsere Mitgliedstaaten bei der Umsetzung dieser Normen zu unterstützen. Und immer noch stehen wir zuweilen
Situationen gegenüber, dass zwar demokratische Gesetze verabschiedet, demokratische Institutionen eingerichtet
wurden und die Politiker alle die richtigen demokratischen Aussagen gemacht haben, aber das Endergebnis einer
schlecht ausgeführten Generalprobe in einem Theater ähnelt, anstatt einer echten Übung in Demokratie.

Tatsächlich liegt das Problem nicht so sehr in einer fehlenden demokratischen Kultur. Es ist der mangelnde
demokratische Wille. Zugegeben, manche Dinge benötigen Zeit, doch wird diese Zeit nie kommen, wenn der
demokratische Prozess zum Stillstand kommt oder sich noch mehr verschlechtert. Ohne Demokraten kann es
keine Demokratie geben.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Mitteilung des Ministerkomitees, vorgetragen von Carl BILDT, Außenminister Schwedens und
Vorsitzender des Ministerkomitees, 23. Juni 2008

Herr Präsident, Herr Generalsekretär, meine Damen und Herren,

ich freue mich sehr darüber, vor dieser angesehenen Versammlung zu Ihnen in meiner Eigenschaft als
Vorsitzender des Ministerkomitees sprechen zu dürfen.

Ich hatte noch nie die Ehre, ein Mitglied Ihrer Versammlung zu sein, doch im Laufe von Jahrzehnten hatte ich
die Gelegenheit, Ihre Arbeit genau zu verfolgen, da viele bekannte Parlamentarier meines Landes ihrer Arbeit in
dieser Versammlung - ganz zu Recht - oberste Wichtigkeit beigemessen haben.

Und die Gründe dafür liegen auf der Hand.

Der Europarat mag sich vielleicht nicht mit Nahrungsmittelpreisen, Energiepolitik oder den Hindernissen bei der
Ratifizierung von Verträgen befassen – die wir in einer anderen Organisation an einigen Tagen der letzten
Woche behandelt haben.

Doch er befasst sich mit Themen, die für das Wohlergehen unserer Bürger und Gesellschaften weitaus
grundlegender sind - und er befasst sich mit diesen Fragen in einem sehr viel größeren Teil Europas.

Im Mai haben wir die 60 Jahre gefeiert, die seit dem Kongress in Den Haag vergangen sind, welcher den Impuls
zur Gründung dieses Rates ein Jahr danach gegeben hat – ein Ereignis, das wir dann im nächsten Jahr feiern
werden.

Jener Kongress war auf dem festen Glauben begründet, dass wir nur durch Bewahrung der Rechtsstaatlichkeit,
durch den Schutz der Menschenrechte und durch den Aufbau demokratischer Strukturen in der
Regierungsführung zukünftigen Frieden und Wohlstand in unserem Teil der Welt sichern können.

Diese Wahrheiten waren unmittelbar nach dem Ende eines weiteren Krieges, der Europa zerstört hatte, ganz
offensichtlich.

Doch ich glaube, dass wir uns diese Wahrheiten sogar im Europa von heute wieder in Erinnerung rufen müssen.
Frieden kann niemals als selbstverständlich genommen werden. Wohlstand entsteht nicht aus dem Nichts.

Wenn wir keine Rechtsstaatlichkeit aufbauen können, werden unsere Gesellschaften zwangsläufig in einen
Status des rechtlichen Nihilismus abgleiten, der früher oder später wirklich alles andere gefährden wird.

Wenn wir die Menschenrechte eines jeden Menschen nicht gewährleisten können, laufen unsere Gesellschaften
Gefahr, in dunkle Zeiten zurück zu fallen.

Drucksache 16/13168 – 78 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Wenn wir unsere demokratische Regierungsweise nicht schützen können – mit allem, was dies mit sich führt –
dann laufen unsere Gesellschaften Gefahr, früher oder später in Auseinandersetzungen, Krisen und Chaos zu
versinken.

Und genau um diese Dinge geht es im Europarat – es geht um die grundlegenden europäischen Werte und
europäischen Interessen.

Und hier muss Europa aufrecht stehen und stolz auf seine Errungenschaften blicken. In Europa selbst – und in
der größeren Welt.

Wir können zwar auf unsere Errungenschaften stolz sein, aber wir müssen auch anerkennen, dass noch große
Herausforderungen vor uns liegen und dass diese Werte und Interessen überall und zu jeder Zeit geschützt
werden müssen.

Mein Land – Schweden – bemüht sich nach bestem Vermögen; doch auch wir müssen feststellen, dass
Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte manchmal Fehler bei der Einhaltung der
hohen Normen in der Achtung der Menschenrechte bei uns aufzeigen und dass wir Änderungen vornehmen
müssen.

Kein Staat steht über diesen Normen. Jeder Staat unterliegt der Rechtsprechung der gemeinsamen Institutionen,
auf die wir so stolz sind.

Die Rolle des Europarates deckt eine Reihe verschiedener Bereiche ab. Doch von größter Bedeutung ist ganz
offensichtlich das Thema freier und gleicher Wahlen.

Und hier spielen Sie – zusammen mit anderen Organisationen – eine wichtige Rolle.

In dieser Woche stehen auf Ihrer Tagesordnung Berichte über die kürzlich durchgeführten Wahlen in Georgien
sowie in der „Ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien“.

In beiden Fällen haben wir Mängel festgestellt – aber in beiden Fällen haben wir auch Verbesserungen im letzten
Wahlgang beobachten können.

Auf Ihrer Tagesordnung steht auch die Lage in Aserbaidschan – mit den bevorstehenden Wahlen – sowie
Armenien, nach den tragischen Ereignissen vom 1. März.

Beide erfordern eine genaue Betrachtung. Die Aufmerksamkeit, die Sie diesen Ländern zukommen lassen, ist
überaus willkommen.

Wenn wir voraus schauen, müssen wir – so meine ich – auch die in Weißrussland für den 28. September
angesetzten Parlamentswahlen erwähnen.

Natürlich hoffen wir alle, dass in jenem Land bald der demokratische Wandel einsetzt, der es ihm ermöglichen
würde, seinen rechtmäßigen Platz in dieser Versammlung einzunehmen.

Diese Wahlen werden unter genauer Beobachtung stehen. Ich kann nur an die Behörden in Weißrussland
appellieren – im besten Interesse für die Zukunft ihres Landes – wahrhaftig freie und gleiche Wahlen zu
ermöglichen und auch internationale Langzeit- und Kurzzeitbeobachter einzuladen.

Ich werde mich mit meinen Kollegen beraten, die an der Spitze der OSZE und der Europäischen Union stehen,
um festzustellen, was wir noch tun können, um dieses wichtige Ziel zu erreichen.

Doch in der Demokratie geht es nicht nur um das Abhalten freier und gleicher Wahlen. Es geht auch um die
Achtung des Ergebnisses der Abstimmung sowie um die Achtung der daraufhin gebildeten Regierung.

Ich nehme an, dass Sie eine Diskussion über die Lage in der Türkei und die extrem weit reichenden rechtlichen
Herausforderungen beabsichtigen, die nun gegen ihre demokratisch gewählte Regierung erhoben werden.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 79 – Drucksache 16/13168

Natürlich müssen wir die Verfassung der Türkei achten, doch in der Bewertung der Funktionsweise der
verschiedenen Verfassungsorgane des Landes müssen wir auch die Grundsätze und Methoden der Länder des
Europarates berücksichtigen.

Das Verbot von politischen Parteien stellt immer ein ernstes Thema dar, doch hat die Venedig-Kommission
bestimmte Regeln festgelegt, die eingehalten werden sollten. Ich glaube, dass Gesetze und Methoden, die
wesentlich außerhalb dieser Regeln liegen, nicht nur in dieser Versammlung ernsthaft in Frage gestellt werden.

Auch wenn ich wiederum hervorhebe, dass unsere Aufgabe des Schutzes der Einhaltung der Menschenrechte
und der Rechtsstaatlichkeit in jedem Land Anwendung findet – es kann keine zwei Standards geben – so gibt es
doch zwei Regionen, auf die wir momentan ein besonderes Augenmerk richten.

Eine dieser Regionen ist Südosteuropa.

Auf der Ministersitzung am 7. Mai hatten wir die Gelegenheit zu einer ausführlichen Diskussion über dieses
Thema – sowohl auf allgemeiner Ebene, als auch hinsichtlich der Tätigkeiten des Europarates.

Sowohl die Rechtsstaatlichkeit, als auch die Achtung der Menschenrechte haben in diesem Bereich in den letzten
zehn Jahren einen großen Fortschritt gemacht – doch die verbleibenden Aufgaben sind immer noch beachtlich.

Flüchtlinge und Vertriebene sollten an jedem Ort das Recht auf Rückkehr besitzen, wenn sie dies wünschen. Die
Rechtsstaatlichkeit sollte ohne Unterschied auf jedermann Anwendung finden. Wahlen sollten friedlich und frei
von jeder Form von Zwang oder Einschüchterung durchgeführt werden. Korruption untergräbt die Demokratie
und besitzt eine zerstörerische Wirkung. Europäische Nachbarn sollten als zukünftige Freunde betrachtet werden
– und nicht als vergangene Feinde.

An diesen Punkten tritt der Europarat unterstützend hinzu – und sollte dies auch weiterhin tun.

Ich freue mich über die Ankündigung, dass der serbische Präsident Tadic in dieser Woche eine Rede vor Ihnen
halten wird. Ich hoffe, dass eine reformorientierte Regierung, die die europäische Integration in Serbien
voranbringt, schon sehr bald gebildet werden kann.

Ich bin sicher, dass er Ihnen die Position seines Landes über den Status des Kosovo erläutern wird. Andere
Regierungen besitzen dieselben Ansichten, obgleich die Mehrheit der Länder unseres Rates das Kosovo als einen
unabhängigen Staat unter internationaler Aufsicht anerkannt hat.

Die Resolution 1244 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen findet immer noch Anwendung und eine
Umgestaltung der internationalen Präsenz im Kosovo wird nun stattfinden. Es ist wichtig, dass dies auch
Möglichkeiten für die weiteren Tätigkeiten des Europarates dort einräumt.

Nur wenige Dinge sind für die Zukunft des Kosovos und alle jene dort lebenden Menschen wichtiger als die
Rechtsstaatlichkeit – und wir alle wissen, dass die heutige Lage in dieser Hinsicht noch viel zu wünschen übrig
lässt.

Der zweite Bereich besonderer Aufmerksamkeit ist natürlich der Südkaukasus.

Auch in dieser Region wurden Fortschritte hinsichtlich des Aufbaus demokratischer Institutionen, der
Einhaltung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit erzielt, seit Armenien, Aserbaidschan und Georgien
dem Europarat beigetreten sind.

Allerdings haben Wahlbeobachtungen in diesen Ländern gezeigt, dass es immer noch Mängel gibt, die beseitigt
werden müssen, damit demokratische Wahlen vollumfänglich stattfinden können.

Darüber hinaus ist in allen drei Ländern das politische Leben durch eine starke Polarisierung und einen
Antagonismus zwischen der Mehrheit und der Opposition gekennzeichnet. Dieser fehlende politische Dialog und
das mangelnde Vertrauen ist meiner Meinung nach ein ernstes strukturelles Hindernis für den demokratischen
Fortschritt.

Drucksache 16/13168 – 80 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Den Schlüssel für die Zukunft dieser Region bilden sowohl die wirtschaftliche Entwicklung, als auch die Lösung
schwelender Konflikte, welche sonst das politische Leben möglicherweise dominieren würden.

Lassen Sie mich nur die grundlegende Bedeutung hervorheben, die wir der territorialen Integrität von Georgien
beimessen. Dass Abchasien künftig das größtmögliche Maß an Autonomie erhalten muss, liegt auf der Hand,
aber die territoriale Integrität von Georgien darf nicht in Frage gestellt werden. Stellte man sie in Frage, würde
die Stabilität einer sehr viel größeren Region gefährdet werden.

Wenn wir nun zu den formelleren Punkten meiner Rede gelangen, nehme ich an, dass Sie alle meine schriftliche
Mitteilung erhalten haben, in der Sie alle Einzelheiten über den Fortschritt der Arbeit des Komitees der
vergangenen Monate finden, einschließlich der 118. Ministersitzung und der entsprechenden Nachverfolgung
sowie über bevorstehende Veranstaltungen.

Ich möchte nur einige Punkte herausgreifen, die dem schwedischen Vorsitz ganz besonders wichtig sind.

Wie meine Kollegin Cecilia Malmström Sie auf der Sitzung Ihres Ständigen Ausschusses in Stockholm im
letzten Monat informierte, besteht Schwedens Priorität in der Umsetzung der Warschauer Entscheidung mit dem
Fokus auf Kernthemen, nämlich der wirklichen Umsetzung von Rechten für die Bürger Europas.

Dieses verwirklichen wir durch die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und durch den
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Die Herausforderungen, denen wir hier gegenüber stehen, sind wohlbekannt: Der zunehmende Bekanntheitsgrad
der Konvention und des Gerichtshofes in zunehmend größeren Teilen Europas hat zu einem sehr großen
Rückstand unbearbeiteter Fälle geführt.

An sich ist diese Situation in hohem Maße befriedigend. Es gibt internationale Organisationen, die einfach so ins
Unbedeutende verklingen – hier dagegen haben wir eine Organisation, die von zunehmend mehr Europäern als
immer wichtiger wahrgenommen wird.

Und dann besitzen wir – Regierungen und Parlamentarier – in den 47 Ländern des Europarates eine kollektive
Verantwortung für die Gewährleistung, dass diese Institution gut funktioniert.

Ich kann Ihnen versichern, dass dies ein mir sehr am Herzen liegendes Thema ist, dem ich Aufmerksamkeit
widmen werde.

Die Ratifizierung von Protokoll Nr. 14 ist natürlich von überragender Bedeutung. Ich hoffe, dass ein neues
Interesse an den Themen der Rechtsstaatlichkeit in Russland neue Möglichkeiten in dieser Hinsicht eröffnen
wird und natürlich werde ich dieses Thema verfolgen.

Doch lassen Sie mich daran erinnern, dass es mehrere Wege gibt, wie diese Themen behandelt werden müssen.
Wir alle sollten die große Bedeutung nationaler Anstrengungen für die Gewährleistung betonen, dass die
Konvention auf nationaler Ebene umgesetzt werden kann.

Dieses ist einer der wirksamsten Wege, den Gerichtshof vor einer exzessiven Arbeitslast zu bewahren.

Die Minister haben in dieser Hinsicht auf ihrer Ministersitzung eine Bestandsaufnahme vorgenommen. Im
Anschluss daran wurde am Monatsbeginn in Stockholm ein Kolloquium genau zu diesem Thema organisiert.
Die Schlussfolgerungen aus dem Kolloquium werden bei der weiteren Reformarbeit berücksichtigt.

Dieses sind einige der Prioritäten, an denen wir weiterarbeiten werden.

Und diese Prioritäten sind alle nicht nur mit den vor kurzem herausgearbeiteten Kernthemen des Europarates
verbunden, sondern – was noch wichtiger ist - sie sind mit jenen Grundwerten und Grundinteressen verbunden,
die bei Gründung dieses Rates vor fast sechs Jahrzehnten festgehalten wurden.

Sie haben ihre Stärke und große Bedeutung seit jener Zeit bewiesen – ich bin davon überzeugt, dass sie es in den
vor uns liegenden Jahrzehnten ebenso beweisen werden.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 81 – Drucksache 16/13168

VI. Mitgliedsländer und Funktionsträger

Mitgliedsländer der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (47)

Albanien

Andorra

Armenien

Aserbaidschan

Belgien

Bosnien und Herzegowina

Bulgarien

Dänemark

Deutschland

Estland

Finnland

Frankreich

Georgien

Griechenland

Irland

Island

Italien

Kroatien

Lettland

Liechtenstein

Litauen

Luxemburg

„ehem. jugoslawische Republik Mazedonien“

Malta

Moldau

Monaco

Montenegro

Niederlande

Norwegen

Österreich

Polen

Portugal

Rumänien

Russland

San Marino

Schweden

Schweiz

Serbien

Slowakische Republik

Slowenien

Spanien

Tschechische Republik

Türkei

Ukraine

Ungarn

Vereinigtes Königreich

Zypern

Länder mit Sondergaststatus

- zur Mitwirkung in der Parlamentarischen Versammlung ohne Stimmrecht berechtigt

Der Sondergaststatus von Belarus wurde am 13. Januar 1997 ausgesetzt.

Beobachter (3): Israel, Kanada, Mexiko

Drucksache 16/13168 – 82 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Funktionsträger der Parlamentarischen Versammlung des Europarates

Präsident Lluís Maria de Puig (Spanien – SOC)

Vizepräsidenten 20, darunter Joachim Hörster (Deutschland – EPP/CD)

Generalsekretär Mateo Sorinas (Spanien)

Politischer Ausschuss

Vorsitzender Göran Lindblad (Schweden – EPP/CD)

Stv. Vorsitzende David Wilshire (Vereinigtes Königreich – EDG)

Björn von Sydow (Schweden – SOC)

Kristiina Ojuland (Estland – ALDE)

Ausschuss für Recht und Menschenrechte

Vorsitzende Herta Däubler-Gmelin (Deutschland – SOC)

Stv. Vorsitzende Christos Pourgourides (Zypern – EPP/CD)

Pietro Marcenaro (Italien – SOC)

Ausschuss für Wirtschaft und Entwicklung

Vorsitzender Márton Braun (Ungarn – EPP/CD)

Stv. Vorsitzende Robert Walter (Vereinigtes Königreich – EDG)

Doris Barnett (Deutschland – SOC)

Antigoni Papadopoulos (Zypern – ALDE)

Ausschuss für Sozialordnung, Gesundheit und Familie

Vorsitzende Christine McCafferty (Vereinigtes Königreich – SOC)

Stv. Vorsitzende Denis Jacquat (Frankreich – EPP/CD)

Minodora Cliveti (Rumänien – SOC)

Darinka Stantcheva (Bulgarien – SOC)

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 83 – Drucksache 16/13168

Ausschuss für Wanderbewegungen, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen

Vorsitzende Corien W.A. Jonker (Niederlande – EPP/CD)

Stv. Vorsitzende Doug Henderson (Vereinigtes Königreich – SOC)

Pedro Agramunt Font de Mora (Spanien – EPP/CD)

Alessandro Rossi (San Marino – UEL)

Ausschuss für Kultur, Wissenschaft und Bildung

Vorsitzende Anne Brasseur (Luxemburg – ALDE)

Stv. Vorsitzende Baroness Gloria Hooper (Vereinigtes Königreich – EDG)

Detlef Dzembritzki (Deutschland – SOC)

Mehmet Tekelio÷lu (Türkei – EPP/CD)

Ausschuss für Umwelt, Landwirtschaft und kommunale und regionale Angelegenheiten

Vorsitzender Alan Meale (Vereinigtes Königreich – SOC)

Stv. Vorsitzende Maria Manuela de Melo (Portugal – SOC)

Juha Korkeaoja (Finnland – ALDE)

Cezar Florin Preda (Rumänien – EPP/CD)

Ausschuss für die Gleichstellung von Frauen und Männern

Vorsitzender Steingrímur J. Sigfússon (Island – UEL)

Stv. Vorsitzende José Mendes Bota (Portugal – EPP/CD)

Ingrida Circene (Lettland – EPP/CD)

Anna ýurdová (Tschechische Republik – SOC)

Ausschuss für die Einhaltung der von den Mitgliedstaaten des Europarates eingegangenen Pflichten und

Verpflichtungen (Monitoringausschuss)

Vorsitzender Serhiy Holovaty (Ukraine – ALDE)

Stv. Vorsitzende György Frunda (Rumänien – EPP/CD)

Konstantin Kosachev (Russland – EDG)

Leonid Slutsky (Russland – SOC)

Drucksache 16/13168 – 84 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Ausschuss für Geschäftsordnung und Immunitäten

Vorsitzender John Greenway (Vereinigtes Königreich – EDG)

Stv. Vorsitzende Maria Postoico (Moldau – UEL)

Vasile Ioan DănuĠ Ungureanu (Rumänien – SOC)

Aleksandër Biberaj (Albanien – EPP/CD)

SOC Sozialistische Gruppe

EPP/CD Gruppe der Europäischen Volkspartei

EDG Gruppe der Europäischen Demokraten

ALDE Gruppe der Liberalen, Demokraten und Reformer

UEL Gruppe der Vereinigten Europäischen Linken
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Schwerpunkte der Beratungen
III. Entschließungen und Empfehlungen

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