BT-Drucksache 16/13144

Auswirkungen des Soysal-Urteils des Europäischen Gerichtshofs (Nachfrage zu Drucksache 16/12743)

Vom 20. Mai 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13144
16. Wahlperiode 20. 05. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sevim Dagd˘elen, Wolfgang Neskovic, Ulla Jelpke und der
Fraktion DIE LINKE.

Auswirkungen des Soysal-Urteils des Europäischen Gerichtshofs
(Nachfrage zu Bundestagsdrucksache 16/12743)

Die Antwort der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 16/12743 genügt
nicht den Anforderungen an eine sorgfältige Beantwortung parlamentarischer
Anfragen. Es entsteht der Eindruck, dass Fragen nicht oder nur sehr auswei-
chend beantwortet werden, um unangenehme Wahrheiten nicht aussprechen zu
müssen.

Gegenstand der Anfrage war das so genannte Soysal-Urteil (Rechtssache
C- 228/06) des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 18. Februar 2009. Die-
ses besagt, dass infolge eines Zusatzprotokolls zum Assoziierungsabkommen
zwischen der Europäischen Union und der Türkei keine strengeren Visum-
regelungen im Bereich der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit für
türkische Staatsangehörige gelten dürfen als zum Zeitpunkt des Inkrafttretens
dieses Protokolls, d. h. zum 1. Januar 1973. Während eine weitestgehende
Mehrheitsmeinung in der Fachliteratur und in der Rechtsprechung aus dem
Urteil schlussfolgert, dass z. B. auch türkische Touristinnen und Touristen im
Rahmen der passiven Dienstleitungsfreiheit von nun an visumfrei nach
Deutschland einreisen können, versucht die Bundesregierung, die Auswirkun-
gen des Urteils auf die aktive Dienstleistungserbringung zu begrenzen (vgl. die
Vorbemerkung auf Bundestagsdrucksache 16/12562).

Als einziges Argument, warum die Bundesregierung das Soysal-Urteil nicht
bezogen auf die gesamte Dienstleistungsfreiheit umsetzen will, benennt sie auf
Bundestagsdrucksache 16/12743, dass „der gemeinschaftsrechtliche, vor dem
Hintergrund des innergemeinschaftlichen Binnenmarktes geprägte Begriff der
passiven Dienstleistungsfreiheit nach Auffassung der Bundesregierung nicht
direkt in den assoziationsrechtlichen Kontext übertragen werden kann“ (Ant-
wort zu Frage 2). Warum sie dieser Auffassung ist, die der juristischen Mehr-
heitsmeinung widerspricht, legt die Bundesregierung nicht dar. Es wird auch
keine juristische Literatur, keine Quelle und kein Urteil zur Begründung be-
nannt, obwohl hiernach ausdrücklich gefragt worden war (Frage 6). Auch die
ganz konkrete Frage 7, wie die Bundesregierung ihre Auffassung angesichts
der Bestimmung im Zusatzprotokoll bzw. im Assoziierungsabkommen be-
gründe, wonach sich die Vertragsparteien von den diesbezüglichen Artikeln des

Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) leiten
lassen (was ein Verständnis der Dienstleistungsfreiheit in der Ausdeutung der
Rechtsprechung des EuGH einschließt), um untereinander Beschränkungen des
freien Dienstleistungsverkehrs aufzuheben, beantwortet die Bundesregierung
nicht (der Verweis auf die Antwort zu Frage 2 geht ins Leere, da hier keine
Gründe, sondern lediglich – wie dargelegt – eine bloße Behauptung zu finden
ist).

Drucksache 16/13144 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie begründet die Bundesregierung ihre Auffassung, wonach das Soysal-Ur-
teil allenfalls Auswirkungen auf die Visumbestimmungen im Zusammenhang
der „aktiven“ Dienstleistungsfreiheit habe, in Auseinandersetzung mit den in
der Vorbemerkung von Bundestagsdrucksache 16/12562 angeführten Rechts-
auffassungen, und auf welche juristischen Quellen, welche Gerichtsentschei-
dungen oder welche Kommentarliteratur stützt sie sich dabei konkret?
(Wiederholung von Frage 6 auf Bundestagsdrucksache 16/12562 wegen
Nichtbeantwortung, siehe Vorbemerkung)

2. Wie begründet die Bundesregierung ihre Auffassung, wonach das Soysal-
Urteil allenfalls Auswirkungen auf die Visumbestimmungen im Zusammen-
hang der „aktiven“ Dienstleistungsfreiheit habe, angesichts dessen, dass die so
genannte Stillstands-Klausel nach Artikel 41 des Zusatzprotokolls zum
Assoziierungsabkommen in Absatz 2 vorsieht, dass die „Beschränkungen …
des freien Dienstleistungsverkehrs untereinander schrittweise“ beseitigt wer-
den sollen, und zwar „nach den Grundsätzen des Artikels 14 des Assoziie-
rungsabkommens“, in dem es wiederum heißt, dass „die Vertragparteien ver-
einbaren, sich von den Artikeln [45, 46 und 48 bis 54 des EG-Vertrages] leiten
zu lassen, um untereinander die Beschränkungen des freien Dienstleistungs-
verkehrs aufzuheben“?

a) Bedeutet dies nicht, dass die Stillstands-Klausel im Geist der Artikel des
EG-Vertrages zur Dienstleistungsfreiheit interpretiert werden muss, und ist
diesbezüglich die Rechtsprechung des EuGH nicht unstrittig so, dass sich
z. B. Touristinnen und Touristen eindeutig auf die (passive) Dienstleis-
tungsfreiheit berufen können, und folgt hieraus nicht die Visumfreiheit für
türkische Staatsangehörige, soweit der touristische Zweck im Vordergrund
steht und kein Daueraufenthalt angestrebt wird (bitte begründen)?

b) Unterfällt im Allgemeinen die Inanspruchnahme eines Sprachkurses in ei-
nem anderen Land der Dienstleistungsfreiheit im Sinne des EG-Vertrages
bzw. der Rechtsprechung des EuGH (bitte begründen)?
(Wiederholung der Fragen 7, 7a und 7b auf Bundestagsdrucksache 16/12562
wegen Nichtbeantwortung; Frage 2b kann und muss unabhängig von den
übrigen Fragen beantwortet werden)

3. Wie ist die Rechtsauffassung der Bundesregierung, „der gemeinschaftsrecht-
liche, vor dem Hintergrund des innergemeinschaftlichen Binnenmarktes ge-
prägte Begriff der passiven Dienstleistungsfreiheit“ könne „nicht direkt in den
assoziationsrechtlichen Kontext übertragen werden“, vereinbar mit dem Ur-
teil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) 1 C 21/00 vom 26. Februar
2002, in dem unter Randnummer 10 (juris) ausgeführt wird, dass sich „der Be-
griff der Niederlassungsfreiheit im Sinne von Art. 41 Abs. 1 Zusatzprotokoll“
nach Artikel 13 des Assoziierungsabkommens „aus dem Vertrag zur Grün-
dung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag)“ und der diesbezüglichen
Rechtsprechung des EuGH ergebe und Gleiches für „die entsprechende
Regelung zur Dienstleistungsfreiheit in Art. 14 des Abkommens“ gelte (bitte
ausführlich und in Auseinandersetzung mit dem Urteil des BVerwG be-
gründen)?

4. Wie ist die Rechtsauffassung der Bundesregierung, „der gemeinschaftsrecht-
liche, vor dem Hintergrund des innergemeinschaftlichen Binnenmarktes ge-
prägte Begriff der passiven Dienstleistungsfreiheit“ könne „nicht direkt in den
assoziationsrechtlichen Kontext übertragen werden“, vereinbar mit den all-
gemeinen Anwendungshinweisen des Bundesministeriums des Innern zum
Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei vom 2. Mai 2002, die
a) unter Punkt 1.1.3 besagen, dass es der EuGH „bereits mehrfach als unab-
dingbar bezeichnet hat, dass auf türkische Arbeitnehmer, die die im ARB

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/13144

1/80 eingeräumten Rechte besitzen, soweit wie möglich die im Rahmen der
Art. 39f EG geltenden Grundsätze übertragen werden“ – und wieso sollte
sinngemäß etwas anders gelten für die im Zusatzprotokoll zum Assozia-
tionsabkommen vereinbarten Rechte (bitte begründen),

b) unter Punkt 5. in Bezug auf die Stillstands-Klausel des Artikels 13 ARB
1/80 argumentieren, dass der Regelungsgehalt von Artikel 41 Absatz 1 des
Zusatzprotokolls „umfassender“ sei als Artikel 13 ARB 1/80 – und wieso
sollte für die „umfassendere“ Regelung nach Artikel 41 Absatz 1 des Zu-
satzprotokolls nicht gelten, was bei der Stillstands-Klausel nach Artikel 13
ARB 1/80 auch nach Auffassung des Bundesministeriums des Innern ein-
deutig gilt (nämlich die Übertragung der im Rahmen der Verträge vom
EuGH entwickelten Grundsätze, hier zur Dienstleistungsfreiheit (bitte be-
gründen)?

5. Wie ist die Rechtsauffassung der Bundesregierung, „der gemeinschaftsrecht-
liche, vor dem Hintergrund des innergemeinschaftlichen Binnenmarktes ge-
prägte Begriff der passiven Dienstleistungsfreiheit“ könne „nicht direkt in den
assoziationsrechtlichen Kontext übertragen werden“, damit vereinbar, dass
bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Zusatzprotokolls die Dienstleis-
tungsfreiheit des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsge-
meinschaft (EWG-Vertrag) die passive Dienstleistungsfreiheit als Rechts-
position umschloss (vgl. etwa die Präambel der Richtlinie Nr. 64/221/EWG
vom 25. Februar 1964, in der von einem Aufenthaltswechsel zur Ausübung
einer Erwerbstätigkeit „oder als Dienstleistungsempfänger“ die Rede ist – ent-
sprechend wird in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie auch von Personen
gesprochen, die sich in einen anderen Mitgliedstaat begeben, „um Dienstleis-
tungen entgegenzunehmen“; vgl. auch die Präambel der Richtlinie Nr. 73/
148/EWG)?

6. Bedeutet die ausweichende Antwort zu Frage 7 auf Bundestagsdrucksache
16/12743, dass das Auswärtige Amt eine andere Rechtsauffassung als das
Bundesministerium des Innern zu der Frage der Auswirkungen des Soysal-
Urteils hat, und wenn ja, welche?

7. Wie kann die Bundesregierung von einer „unverzüglichen“ Umsetzung des
EuGH-Urteils sprechen (Antwort zu Frage 11 auf Bundestagsdrucksache
16/12743), wenn mehr als drei Monate nach der Urteilsverkündung nicht
einmal diejenigen türkischen Staatsangehörigen visumfrei nach Deutschland
einreisen können, von denen das Bundesministerium des Innern in seinem
Schreiben vom 6. Mai 2009 an die Innenressorts der Länder selbst sagt, dass
sie hierauf ein Anrecht haben (bestimmte aktive Dienstleistungserbringer,
z. B. bei künstlerischen oder wissenschaftlichen Darbietungen in kommer-
zieller Absicht) – welche konkreten Schwierigkeiten bei der Umsetzung gibt
es noch?

a) Wie ist das übliche Verfahren, wenn bestimmte Drittstaatsangehörige vi-
sumfrei einreisen können, und wieso kann dieses Verfahren nicht auch
für türkische Staatsangehörige gelten?

b) Gilt das Recht auf visumfreie Einreise – unabhängig von der umstrittenen
konkreten Reichweite des Urteils – ab Verkündigung des Soysal-Urteils,
oder galt dieses Recht durchgehend seit dem 1. Januar 1973 (Inkrafttreten
des Zusatzprotokolls), nur dass hiergegen in der Praxis verstoßen wurde,
weil die Rechte aus dem Zusatzprotokoll zum Assoziierungsabkommen
nach Auffassung des EuGH europäischen und nationalen Visumbestim-
mungen vorgehen (bitte die Rechtsauffassung des Bundesministeriums des
Innern darlegen und nicht auf die Möglichkeit des individuellen Rechts-
weges verweisen, wie in der Antwort auf Bundestagsdrucksache 16/12743,

Frage 11b geschehen)?

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c) Hat die Bundesregierung wenigstens für die Fälle der aktiven Dienst-
leistungserbringungen, in denen sie selbst von dem Recht auf visum-
freie Einreise ausgeht (aber dies noch nicht umgesetzt hat), dafür Sorge
getragen, dass gegen Betroffene, die versuchen, ohne Visum einzu-
reisen, oder dies getan haben, keine strafrechtlichen Ermittlungen ein-
geleitet oder gar Anklagen erhoben werden, und wenn ja, wie, und wenn
nein, warum nicht?

8. Wie ist die Rechtsauffassung der Bundesregierung hinsichtlich der Strafbar-
keit von Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei im Rahmen der An-
wendung unmittelbaren Zwangs sowie freiheitsbeschränkender Maßnahmen
bei Zurückweisungen an der Grenze in Fällen, in denen das Bundes-
ministerium des Innern mit Schreiben vom 6. Mai 2009 an das Bundespoli-
zeipräsidium in Potsdam erklärt hat, dass türkische Staatsangehörige kraft
Gemeinschaftsrechts einen Anspruch auf visumfreie Einreise haben?

9. Wie viele Verurteilungen türkischer Staatsangehöriger nach § 95 des Auf-
enthaltsgesetzes (AufenthG) gab es in den Jahren 2005 bis 2008 (bitte nach
Jahren differenzieren und soweit möglich Angaben zum Aufenthaltsstatus
der Betroffenen machen), und welchen ungefähren Anteil haben nach den Er-
fahrungswerten des Bundesministeriums des Innern hierbei Verurteilungen
wegen illegaler Einreise/illegalen Aufenthalts?

10. Wie viele Visumanträge türkischer Staatsangehöriger wurden seit 1973 ge-
stellt (bzw. wurden in der Türkei gestellt, bitte nach Jahren aufschlüsseln und
wenn möglich Angaben dazu machen, in welchem Umfang es sich um Kurz-
zeitvisa (touristische Aufenthalte usw.) oder Langzeitvisa (Familienzusam-
menführung usw.) handelte)?

a) Wie hoch ist die Quote der Ablehnung von Visumanträgen seit 1973 be-
zogen auf sämtliche visumpflichtigen Staaten (bitte nach Jahren und
wenn möglich nach Kurzzeit- und Langzeitvisa aufschlüsseln und zu-
mindest Angaben zu den letzten drei Jahren machen)?

b) Wie hoch ist die Quote der Ablehnung von Visumanträgen seit 1973 be-
zogen auf die – im langjährigen Durchschnitt betrachtet – 15 Haupt-
herkunftsländer von Asylsuchenden (bitte nach Jahren aufschlüsseln und
zumindest Angaben zu den Jahren seit 2005 machen; bitte keine konkre-
ten Ländernamen nennen, so dass „eine nachteilige Auswirkung auf die
jeweiligen bilateralen Beziehungen“ ausgeschlossen werden kann und
keine „Versuche des Visummissbrauchs begünstigt“ werden; vgl. Bun-
destagsdrucksache 16/12743, Frage 13)?

11. Welche konkreten Rechtsbehelfe sieht die deutsche bzw. europäische (bitte
differenziert antworten) Rechtsordnung vor, wenn Drittstaatsangehörigen
ihrer Auffassung nach zu Unrecht eine visumfreie Einreise nach Deutschland
verwehrt wurde, und ist in solchen Fällen nach Auffassung der Bundesre-
gierung insbesondere die ständige Rechtsprechung des EuGH zu schaden-
ersatzrechtlichen Folgen der Verletzung von Rechten aus dem Primär- oder
Sekundärrecht der EU infolge des „Francovich“-Urteils des EuGH (C-6/90)
anwendbar?

12. Gibt es konkrete Fälle, in denen die Bundesrepublik Deutschland in einer
solchen Fallkonstellation zur Leistung von Schadensersatz, Regress oder
ähnlichem verurteilt wurde, und wenn ja, wie hoch war die angeordnete
Schadensersatzsumme ungefähr/im Durchschnitt?

13. Wie viele Klagen/Anträge türkischer Staatsangehöriger gegen die Bundes-
republik Deutschland wegen einer Versagung der visumfreien Einreise sind
nach Kenntnis der Bundesregierung (die sich etwa aus Prozessbeteiligungen

ergibt) beim (Ober-)Verwaltungsgericht Berlin anhängig?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/13144

14. Ist es zutreffend, dass die Begrenzung des nicht auf eine Erwerbstätigkeit
gerichteten visumfreien Aufenthalts türkischer Staatsangehöriger auf drei
Monate erst mit der 11. Änderungsverordnung zur Verordnung zur Durch-
führung des Ausländergesetzes (DVAuslG) vom 1. Juli 1980 eingeführt
wurde (und für alle Staatsangehörigen mit der 14. Änderungsverordnung
vom 13. Dezember 1982) – und damit nach der besagten Stillstands-Klausel
im Bereich der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit unwirksam ist
– wenn nein, was ist der Fall?

a) War die Visumsbefreiung nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 DVAuslG 1965
eine Befreiung aufgrund der Staatsangehörigkeit (bitte beantworten und
begründen)?

b) War am 1. Januar 1973 für die Frage der visumfreien Einreise türkischer
Staatsangehöriger § 1 Absatz 2 DVAuslG oder § 5 DVAuslG maßgeblich
(bitte begründen)?

c) Unter welchen Umständen war türkischen Staatsangehörigen am 1. Ja-
nuar 1973 eine visumfreie Einreise zur Erbringung oder zum Empfang
von Dienstleitungen und ein Aufenthalt von mehr als drei Monaten mög-
lich, sofern dies im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit geschah und kein
Daueraufenthalt angestrebt wurde (bitte begründen)?

d) Ist es zutreffend, das nach § 1 Absatz 2 Nummer 1 bis 4 DVAuslG 1965
bestimmte Aufenthaltszwecke (jenseits der Erwerbstätigkeit) vom
Visumverfahren und vom Erfordernis der Einholung einer Aufenthalts-
erlaubnis insgesamt befreit waren?

e) Ist es zutreffend, dass bei der Auslegung und Anwendung eines Gesetzes
dessen Wortlaut entscheidend ist, soweit dieser eindeutig ist (wenn nein,
bitte begründen)?

f) Inwieweit lässt sich nach Auffassung der Bundesregierung die Regelung
nach § 30 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 AufenthG auf Angehörige der in
§ 41 der Aufenthaltsverordnung aufgeführten Staaten reduzieren, da eine
solche einschränkende Auslegung angesichts des insofern eindeutigen
Wortlauts der Regelung nicht zulässig ist (bitte begründen)?

(Nachfragen zu den nicht bzw. nur ausweichend beantworteten Fragen 20a
bis 20c auf Bundestagsdrucksache 16/12743)

15. Wie begründet die Bundesregierung ihre Antwort zu Frage 21 auf Bundes-
tagsdrucksache 16/12743, und auf welche konkreten Gesetzesbestimmungen
und/oder Verwaltungsvorschriften (bitte unter Angabe von Paragrafen) stützt
sie sich dabei?

16. In wie vielen Fällen liegen der deutschen Botschaft in Ankara, dem deutschen
Generalkonsultat in Istanbul oder anderen Vertretungen in der Türkei inzwi-
schen Anträge auf Ausstellung von Bescheinigungen zur Bestätigung der
Möglichkeit einer visafreien Einreise in das Bundesgebiet vor, in wie vielen
Fällen wurde diesen Anträgen bislang stattgegeben, und erfolgte dies gebüh-
renfrei?

17. Welche Gruppen türkischer Staatsangehöriger konnten zum Stichtag des
1. Januar 1973 auf welcher Rechtsgrundlage, zu welchen Zwecken, unter
welchen Bedingungen, für wie lange visumfrei nach Deutschland einreisen,
und wie waren die Einreisebedingungen konkret für die Gruppen „Touristen“
bzw. „Personen, die in Deutschland einen Sprachkurs besuchen wollen“?

18. Welche ersten Ergebnisse haben die Konsultationen der Bundesregierung auf
EU-Ebene zu den Auswirkungen des Soysal-Urteils erbracht, und wie ist die

Position der Europäischen Kommission hierzu?

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19. Hat die Bundesregierung Kenntnis davon, wie viele Staaten der EU von der
Soysal-Entscheidung des EuGH betroffen sind, und ob diese bereits Umset-
zungsakte – gegebenenfalls mit welchem Inhalt – erlassen haben?

20. Hat die Bundesregierung gegenüber der Europäischen Kommission ihre
Rechtsauffassung zu den Auswirkungen der Soysal-Entscheidung auf die
Einreisebedingungen türkischer Staatsangehöriger nach Deutschland darge-
legt, und wenn ja, welchen Inhalt hat das Schreiben an die Europäische Kom-
mission?

a) Liegt der Bundesregierung eine Stellungnahme der Europäischen Kom-
mission zur Auslegung der Stillstands-Klausel im Hinblick auf die passive
Dienstleistungsfreiheit vor?

b) Ist eine Änderung des Schengen Handbuchs im Hinblick auf die Soysal-
Entscheidung geplant, und wenn ja, mit welchen Änderungen?

21. Gab es im Rahmen des ARB 1/80 für türkische Staatsangehörige spätestens
ab dem 1. Januar 2005 einen Anspruch auf Familiennachzug ohne Sprach-
kenntnisprüfung?

a) Ist die Stillstandsklausel nach Artikel 13 ARB 1/80 so auszulegen, dass
nicht nur keine Verschlechterungen des Rechtszustandes gegenüber dem
Zeitpunkt des Inkrafttretens der Klausel zulässig sind, sondern vielmehr
auch jede Verschlechterung nach einer zwischenzeitlich erreichten Ver-
besserung unzulässig ist (bitte begründen)?

b) Wenn ja, was folgt hieraus in Bezug auf die Frage, ob die Einführung der
Neuregelung von Sprachnachweisen vor Einreise beim Ehegattennach-
zug mit Artikel 13 ARB 1/80 vereinbar ist?

22. Ist es zutreffend, dass nach § 21 des Ausländergesetzes (AuslG) 1965 jeder
(Erst-)Antrag eines Ausländers oder einer Ausländerin eine Fiktionswirkung
auslöste, und gilt diese Fiktionswirkungsregelung in Anbetracht der Still-
standsklauseln des Assoziierungsabkommens bzw. des Zusatzprotokolls für
türkische Staatsangehörige nach wie vor, und wenn ja, in welchem konkreten
Umfang (bitte ausführlich darlegen)?

Berlin, den 19. Mai 2009

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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