BT-Drucksache 16/13039

Zielsetzung und Einführung des Deutschen Qualifikationsrahmens

Vom 13. Mai 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13039
16. Wahlperiode 13. 05. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Patrick Meinhardt, Uwe Barth, Cornelia Pieper, Jens Ackermann,
Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst,
Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke,
Paul K. Friedhoff, Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß,
Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein,
Dr. Werner Hoyer, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp,
Heinz Lanfermann, Harald Leibrecht, Michael Link (Heilbronn), Horst Meierhofer,
Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt),
Frank Schäffler, Dr. Konrad Schily, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler,
Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing,
Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Zielsetzung und Einführung des Deutschen Qualifikationsrahmens

Der im Rahmen der europäischen Öffnung angestrebte grenzüberschreitende
Bildungsraum macht eine internationale Abstimmung und Einordnung der
Abschlüsse und Qualifikationen zwingend notwendig. Mit dem Europäischen
Qualifikationsrahmen (EQR) ist ein Referenzsystem, bestehend aus acht
Niveaustufen, geschaffen worden, welches als Metarahmen wiederum eine Ver-
bindung unterschiedlicher Qualifikationsrahmen auf nationaler und sektoraler
Ebene ermöglicht. Diese Funktion wird künftig durch den Deutschen Qualifi-
kationsrahmen (DQR) erfüllt. Ab dem Jahr 2012 sollen dann alle neuen Quali-
fikationsnachweise, Zeugnisse und Europass-Dokumente einen klaren Verweis
auf das zutreffende Niveau des EQR enthalten.

Leider deutet einiges darauf hin, dass mit Blick auf den DQR, sowohl bei der
Zielsetzung und der inhaltlichen Ausgestaltung des Instrumentariums, erheb-
licher Klärungs- und Handlungsbedarf besteht. In den Expertenkreisen herrscht
offensichtlich Uneinigkeit darüber, ob und inwiefern der DQR sich auf die
Dokumentation formaler Qualifikationen beschränken sollte oder eine Zu-
ordnung von Personen in ein Kompetenzraster wünschenswert und damit an-
zustreben ist.

Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und Kultusminister-
konferenz (KMK) haben erklärt, die Orientierung im deutschen Bildungssystem
wesentlich erleichtern und hierzu die Entwicklung des DQR vorantreiben zu

wollen. Auch bei unstrittiger Zielsetzung stellt sich die Frage, inwiefern die
Landesparlamente, in deren unmittelbare Zuständigkeit die Ausgestaltung des
Bildungssystems fallen, im Rahmen dieses Prozesses beteiligt waren. Hier
zeichnen sich deutliche Defizite ab.

Drucksache 16/13039 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie gestaltet sich die inhaltliche und zeitliche Entwicklung und Umsetzung
des DQR?

2. Hat es bereits Übereinkünfte mit Blick auf die Eingruppierung der formalen
Bildungsabschlüsse in die jeweiligen Niveaustufen gegeben, und wo ist
diesbezüglich mit Problemen zu rechnen?

3. Sind die Niveaustufen 1 bis 8 des DQR ausreichend spezifisch, als dass sie
die komplette Bildungsbiographie (Soft Skills und persönliche Eigenschaf-
ten/Tugenden) abbilden könnten?

Wie wird diese Auffassung begründet?

4. Auf welchem Wege, und mit welchem Aufwand würden sich informell er-
worbene Kompetenzen im Rahmen eines nationalen Qualifikationsrahmens
abbilden lassen?

Welche Mess- und Bewertungsverfahren könnten hierfür sinnvoller Weise
herangezogen werden?

5. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass eine umfassende Abbildung
von Bildungsbiographien mittels des DQR möglich oder wünschenswert
wäre?

Sollen alle Niveaustufen unabhängig von dem formalen Bildungsgang
erreicht werden können?

Wie begründet die Bundesregierung diese Haltung?

6. Auf welche Erfahrungswerte kann die Bundesregierung mit Blick auf die
Anerkennung informellen Lernens verweisen?

Inwiefern können andere Bildungssysteme, wie in Schottland und Frank-
reich, herangezogen werden?

7. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse über den Stand der Umsetzung
des EQR in den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union vor?

Wenn ja, welche Erkenntnisse sind dies?

8. Wie soll die Einordnung der Bachelor-Abschlüsse in die Niveaustufen vor-
genommen werden?

9. Wie sollen nach Willen der Bundesregierung die derzeit bei der Akkreditie-
rung von Studiengängen üblichen Bewertungen „stärker forschungsorien-
tiert“ und „stärker anwendungsorientiert“ in die Niveaustufen eingepasst
werden?

10. Ist sichergestellt, dass andere EU-Mitgliedstaaten die gebotene Sorgfalt bei
der Qualitätssicherung gewährleisten und es nicht zu einem Qualitäts- und
Glaubwürdigkeitsverfall des EQR kommt?

Wie wird dies garantiert?

Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass unter Umständen die
Standards der EU in Vereinbarungen mit Drittländern (wie z. B. dem
Washington Accord) konterkariert werden?

11. Wie soll sichergestellt werden, dass der DQR nicht zu einem Mehraufwand,
sondern zu einer tatsächlichen Erleichterung für Personen und Organisatio-
nen führt?

12. Welche Rolle soll der DQR künftig im alltäglichen Gebrauch spielen?

Werden DQR-Niveaustufen bei Stellenausschreibungen, auf Arbeitszeug-

nissen oder im Abschlusszeugnis auftauchen?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/13039

13. Wie soll die rechtliche Verbindlichkeit des DQR geregelt werden?

Wird dem DQR lediglich die Rolle eines unverbindlichen Orientierungs-
rahmens zukommen oder soll er eine normative Funktion mit Qualitäts-
sicherungscharakter einnehmen?

14. Gibt es bereits Überlegungen dazu, wie sichergestellt werden kann, dass der
DQR laufend an neue Entwicklungen und Herausforderungen angepasst
wird?

Welche sind dies?

15. Trifft es zu, dass die Bundesregierung bezüglich des Rechtscharakters des
DQR ein Gutachten in Auftrag gegeben hat?

Was war der genaue Gegenstand des Interesses?

Wann wird das Gutachten dem Deutschen Bundestag vorgelegt?

16. Inwieweit spiegelt der Diskussionsprozess um den DQR die föderalen
Zuständigkeiten für Bildung wider?

17. Welche Bundesländer haben sich bislang auf parlamentarischer Ebene mit
Fragen des DQR und EQR auseinandergesetzt?

18. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung bisher ergriffen, um die Lan-
desparlamente über die Planungen und den Stand der Entwicklung des DQR
zu informieren?

Welchen Kenntnisstand haben die Landesparlamente bisher über den Dis-
kussionsprozess des DQR, und in welcher Form haben die Bundesregierung
und die KMK die Landesparlamente bisher in den Prozess eingebunden?

Berlin, den 13. Mai 2009

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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