BT-Drucksache 16/13023

zu dem Antrag der Abgeordneten Thilo Hoppe, Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -16/12735- Landrechte stärken - "land grabbing" in Entwicklungsländern verhindern

Vom 13. Mai 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13023
16. Wahlperiode 13. 05. 2009

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(19. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Thilo Hoppe, Marieluise Beck (Bremen), Volker
Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 16/12735 –

Landrechte stärken – „land grabbing“ in Entwicklungsländern verhindern

A. Problem

Die Antragsteller stellen fest, dass infolge der Verteuerung von Lebensmitteln
Regierungen und Unternehmen reicher Ölförder-, Schwellen- und Industrie-
länder riesige Flächen fruchtbaren Landes in den Entwicklungsländern kaufen
oder pachten, um dort Nahrungsmittel für den eigenen Binnenmarkt zu produ-
zieren. Die Regierungen in den Entwicklungsländern stünden diesen großflächi-
gen Landaneignungen oft positiv gegenüber. Kritiker hingegen bezeichneten
diese Entwicklung als „land grabbing“ – unrechtmäßige oder illegitime Land-
aneignung. Sie befürchteten, dass Landarbeiter, Bauern und lokale Gemein-
schaften den Zugang zu Land für ihre lokale Nahrungsmittelproduktion ver-
lieren würden, mit Landvertreibungen rechnen müssten und Armut und Hunger
auf dem Landweg zunähmen.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion der FDP und Abwesenheit der Fraktion
DIE LINKE.

C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Drucksache 16/13023 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/12735 abzulehnen.

Berlin, den 13. Mai 2009

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Thilo Hoppe
Vorsitzender und Berichterstatter

Dr. Wolf Bauer
Berichterstatter

Dr. Sascha Raabe
Berichterstatter

Dr. Karl Addicks
Berichterstatter

Dr. Norman Paech
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/13023

Bericht der Abgeordneten Dr. Wolf Bauer, Dr. Sascha Raabe, Dr. Karl Addicks,
Dr. Norman Paech und Thilo Hoppe

I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
16/12735 in seiner 220. Sitzung am 7. Mai 2009 zur Feder-
führung an den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammen-
arbeit und Entwicklung und zur Mitberatung an den Aus-
wärtigen Ausschuss, den Ausschuss für Ernährung, Land-
wirtschaft und Verbraucherschutz und den Ausschuss für
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
Unrechtmäßige Landaneignung in Entwicklungsländern
verhindern und Landrechte der marginalisierten Landbevöl-
kerung schützen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag in seiner 89. Sit-
zung, der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz in seiner 105. Sitzung, der Ausschuss
für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit in seiner
90. Sitzung am 13. Mai 2009 beraten. Die Ausschüsse emp-
fehlen mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der FDP die Ablehnung des Antrags.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung hat den Antrag in seiner 89. Sitzung am
13. Mai 2009 beraten. Er empfiehlt mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung
der Fraktion der FDP und Abwesenheit der Fraktion DIE
LINKE. die Ablehnung des Antrags.

Die Fraktion der CDU/CSU sieht das Dilemma, dass man
ausländische Investitionen in Form von Public-Private-
Partnership-Projekten in Entwicklungsländern durchaus be-
nötige. Allein die kleinbäuerliche Landwirtschaft verspreche
nicht die notwendige Entwicklung. Ein Ausgleich zwischen
allen Interessen sei aber sehr schwierig, insbesondere wenn
man die Einzelheiten betrachte. Im Kern gehe es um den Be-
reich der guten Regierungsführung, um Fragen der Eigen-
tums- und Besitzrechte, der Vermessung und der Kataster-
erstellung. Zu fordern sei auch, dass sich die Akteure bei der
Gestaltung von Verträgen über Grundeigentum und -besitz
verantwortungsbewusst verhielten. Fänden diese Regeln An-
wendung, würden die derzeit zu erlebenden Auswüchse ver-
ringert. Neben China, als dem größten Käufer und Pächter
von Land in Entwicklungsländern, träten erschreckender-
weise Kuwait, Katar, Saudi Arabien und Bahrain als solche
auf. Man steuere auf eine Nahrungsmittelkrise zu, weil es
immer weniger Land zum Anbau gebe. Aus ihrer Sicht gebe

es für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit nur die
Option, darauf zu vertrauen, dass alle Maßnahmen, die in
Richtung gute Regierungsführung unternommen würden, er-
folgreich sein werden.

Die Fraktion der FDP hält ebenfalls die Fragen der guten
Regierungsführung und vor allem der Sicherung von Land-
rechten für entscheidend. Der Antrag ginge in die richtige
Richtung und ein großer Teil der Forderungen könne unter-
stützt werden. Da er aber Sachverhalte vermische, wie z. B.
die Festlegung von Standards, die nicht in diesen Kontext
gehörten, werde sie sich enthalten.

Die Fraktion der SPD streicht heraus, bei ausländischen In-
vestitionen in Entwicklungsländern müsse gerade im länd-
lichen Bereich besonders vorsichtig agiert werden. Auf
brachliegenden Flächen könnten z. B. unter sehr strengen
Voraussetzungen für fünf bis zehn Jahre im Rahmen eines
ausländischen Investments Infrastrukturen geschaffen und
eine landwirtschaftliche Produktion ermöglicht werden. Die
Parameter müssten aber so gestaltet sein, dass die heimische
Bevölkerung davon sowohl mit Blick auf die Arbeitsplätze
als auch im Hinblick auf die Eigentumsgestaltung profitiere.
Nachhaltig und sinnvoll sei ein solches Investment nur dann,
wenn es nach einer Anschubphase selbständig von den Men-
schen vor Ort fortgeführt werden könne. Es müsse verhin-
dert werden, dass sich investierende Länder in Entwick-
lungsländern eine Enklave zur Sicherung der Ernährung der
eigenen Bevölkerung schafften und die Motivation wegfalle,
diese Länder zu entwickeln. Um sehr krassen Fällen von
Landverpachtungen oder -käufen gegen die Interessen der
Bevölkerung begegnen zu können, sollte auf der UN-Ebene
ein Gremium geschaffen werden, das derartige Verträge als
sittenwidrig einstufen könne. Nachfolgend demokratisch ge-
wählte Regierungen könnten sie dann als nichtig behandeln.
Dies würde auch präventive Wirkung entfalten. Der Antrag
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ginge zwar in
die richtige Richtung, dennoch werde sie ihn ablehnen, denn
die entscheidenden Forderungen (Katasterwesen, Flächen-
nutzungsplanung, gute Regierungsführung und Landrefor-
men) seien bereits in dem Antrag der Koalitionsfraktionen
der CDU/CSU und SPD zur ländlichen Entwicklung (Druck-
sachen 16/11203, 16/11973) enthalten.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN legt dar, in der
Analyse der Problematik des land grabbings seien sich die
Fraktionen relativ einig. Bei der Frage, wie gegengesteuert
werden könne, werde aber Hilflosigkeit deutlich. Gute
Regierungsführung der einzelnen Staaten sei in der Tat ge-
fordert. Es gebe aber Investoren, die gerade schlechte Regie-
rungsführung ausnutzten und davon profitierten. Bei
illegalen Geschäften sei dies eindeutig. Häufig gehe es aber
unter Beachtung der bestehenden Gesetze um Verträge mit
demokratisch gewählten Regierungen, in deren Folge hun-
derttausende von Kleinbauern in den Ruin getrieben und das
Menschenrecht auf Nahrung verletzt würden. Es gebe dane-
ben Verträge, die in einem gewissen Graubereich anzusie-
deln seien, bei denen es Vermutungen z. B. über Beste-
chungsgelder gebe. Zu denken sei auch an Fälle, in denen

Drucksache 16/13023 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

schwache Regierungen aus zwielichtigen Motiven heraus
handelten, die einer nachhaltigen Entwicklung entgegen-
steuerten. Der Antrag befürworte, dass die Ernährungs- und
Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO)
analog zu den freiwilligen Leitlinien zur Umsetzung des
Rechts auf Nahrung auch Leitlinien zum Umgang mit dem
Phänomen land grabbing entwickle. Im Ergebnis müsste un-
ter dem Leitthema Ernährungssicherheit ein Landrecht ge-
staltet werden, das sowohl den kulturellen Kontext ernst
nehme, übergeordnete Menschenrechtskriterien berücksich-
tige als auch Sicherheit für Investitionen in eine nachhaltige
Landwirtschaft bereitstelle.

Berlin, den 13. Mai 2009

Dr. Wolf Bauer
Berichterstatter

Dr. Sascha Raabe
Berichterstatter

Dr. Karl Addicks
Berichterstatter

Dr. Norman Paech
Berichterstatter

Thilo Hoppe
Berichterstatter

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