BT-Drucksache 16/12651

Ansparungen für Rücklagen und Kontovollmachten beim Bezug von Leistungen nach dem SGB XII

Vom 20. April 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/12651
16. Wahlperiode 20. 04. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Katja Kipping, Klaus Ernst, Dr. Martina Bunge, Diana Golze,
Inge Höger, Elke Reinke, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Ansparungen für Rücklagen und Kontovollmachten beim Bezug von Leistungen
nach dem SGB XII

In der Antwort der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 16/10960) auf die
Kleine Anfrage zu Ansparungen für Rücklagen beim Arbeitslosengeld II (Bun-
destagsdrucksache 16/10743) werden die von Transferbeziehenden durch die
Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Köln abverlangten Verpflichtungserklärungen zu
Ansparungen für Rücklagen abgelehnt (siehe Antwort zu Frage 8 und 9): „Die
Vorgehensweise der ARGE Köln, von Leistungsempfängern eine Verpflich-
tungserklärung zur Ansparung von Rücklagen abzuverlangen, ist hingegen zu
beanstanden, da keine gesetzliche Verpflichtung zur Bildung einer Rücklage
aus der Regelleistung nach § 20 SGB II besteht.“ Die Bundesregierung forderte
die ARGE Köln auf, diese Verfahrensweise zur Bildung von Rücklagen künftig
zu unterlassen (siehe Antwort zu Frage 9). Ein vorliegendes Informationsblatt
der Stadt Köln informiert mit folgenden Worten Antragsteller/Antragstellerin-
nen von Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII),
also einem Bundesgesetz, über die Verpflichtung, Rücklagen aus der Regelleis-
tung zu bilden: „Die Regelleistungen des SGB XII umfassen den gesamten
Bedarf für den notwendigen Lebensunterhalt und werden nach sogenannten
Regelsätzen gewährt. Diese decken die laufenden Kosten für Ernährung, An-
schaffungen wie Bekleidung, Wäsche, Schuhe, Hausrat, besondere Anlässe etc.
Dies bedeutet, dass Sie für vom Regelsatz umfasste einmalige Bedarfe monat-
lich aus dem Regelsatz entsprechende Rücklagen bilden müssen.“ Unterschrie-
ben werden muss von den Antragstellern/Antragstellerinnen folgendes: „Ich
habe die oben genannten Mitwirkungspflichten und der Verpflichtung zur
Rücklagenbildung für einmalige Bedarfe aus dem Regelsatz zur Kenntnis ge-
nommen.“ Von den Antragstellern/Antragstellerinnen der Leistungen wird da-
rüber hinaus in einem vorliegenden Informationsblatt, welches die bei Antrag-
stellung abzugebenden Unterlagen auflistet, eine Erteilung einer „Kontovoll-

macht“ für die Stadt Köln verlangt. In einem vorliegendem Formular der Stadt
Köln wird weiterhin – neben den Angaben zum Konto der Antragsteller/An-
tragstellerinnen – eine „Einverständniserklärung zur Rückbuchung zuviel über-
wiesener Beträge und Einwilligung zur Datenverarbeitung und -nutzung gemäß
§ 67b des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X)“, also einem Bundes-
gesetz, verlangt. Diese Erklärung soll das Kreditinstitut der Antragsteller/An-
tragstellerinnen der Leistungen nach dem SGB XII ermächtigen, „zuviel über-

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wiesene Beiträge an die Stadtkasse Köln zugunsten des Sozialamtes der Stadt
Köln zurück zu überweisen.“ Zugleich soll in die „damit verbundene Daten-
übermittlung gemäß § 67b SGB X“ eingewilligt werden. Mehr ist diesem For-
mular nicht zu entnehmen, auch keine Belehrung darüber, was die Folge einer
Nichteinwilligung zur Datenübermittlung wäre (vgl. § 67b Absatz 2 SGB X).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie bewertet die Bundesregierung die Verpflichtungserklärung, ihre
Anwendung im Rahmen der Antragstellung auf Leistungen nach dem
SGB XII und die Ableitung der Verpflichtung von einem Bundesgesetz?

2. Handelt es sich bei dieser Belehrung bezüglich der Verpflichtung zur Rück-
lagenbildung um eine in der Praxis der Träger der Leistungen nach dem
SGB XII allgemein angewandte Verpflichtung?

3. Werden die Beziehenden von Leistungen nach dem SGB XII auch darüber
belehrt, wie hoch die monatlichen Ansparleistungen sein müssen?

4. Wird den Beziehenden der Leistungen nach dem SGB XII eine Übersicht
gegeben, wofür sie ansparen müssen?

5. Wird die vorgegebene Ansparleistung überprüft?

Wenn ja, wie?

6. Ist es nach Auffassung der Bundesregierung rechtmäßig eine solche Ver-
pflichtungsbelehrung auszureichen und möglicherweise von der Gegen-
zeichnung dieser Belehrung die Annahme eines Antrages auf Leistungen
nach dem SGB XII abhängig zu machen?

7. Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass Antragsteller/Antrag-
stellerinnen auf Leistungen nach dem SGB XII der Stadt Köln die o. g.
„Kontovollmacht“ erteilen müssen?

8. Wie bewertet Bundesregierung die abverlangte Einverständniserklärung
bezüglich Rücküberweisung zuviel gezahlter Beiträge und die Einwilli-
gung zur damit verbundenen Datenverarbeitung und -nutzung gemäß
einem Bundesgesetz?

9. Wird der Antrag auf Leistungen nach dem SGB XII nur in Abhängigkeit
der erfolgten Einverständniserklärung zur „Kontovollmacht“ bearbeitet?

10. Sieht die Bundesregierung einen Zusammenhang zwischen der Verpflich-
tung zur Rücklagenbildung und der Einverständniserklärung bezüglich der
Rücküberweisung zuviel überwiesener Beiträge?

11. Wie bewertet die Bundesregierung, dass die Einwilligung zur Datenüber-
mittlung ohne Folgebelehrung bezüglich möglicher Verweigerung der Ein-
willigung erfolgt?

Berlin, den 15. April 2009

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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