BT-Drucksache 16/12512

zu dem Antrag der Abgeordneten Hellmut Königshaus, Dr. Karl Addicks, Jens Ackermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -16/5604- Ein Konzept für die Budgethilfepraxis vorlegen und die Gewährung von Budgethilfe an strenge Kriterien knüpfen

Vom 26. März 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/12512
16. Wahlperiode 26. 03. 2009

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(19. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Hellmut Königshaus, Dr. Karl Addicks,
Jens Ackermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 16/5604 –

Ein Konzept für die Budgethilfepraxis vorlegen und die Gewährung von
Budgethilfe an strenge Kriterien knüpfen

A. Problem

Die Antragsteller sind der Ansicht, in der bilateralen, europäischen und multi-
lateralen Entwicklungszusammenarbeit werde Budgethilfe u. a. als probate
Maßnahme zur Beschleunigung des Mittelabflusses gesehen, was aufgrund der
steigenden Verpflichtungen zur internationalen Öffentlichen Entwicklungshilfe
(ODA) weithin als Erfolgskriterium schlechthin gewertet werde. Auch wenn sie
in Einzelfällen positive Wirkungen auf die öffentliche Finanzverwaltung und
Prozesse der Haushaltspolitik in den Nehmerländern erkennen, stehen nach ihrer
Auffassung beabsichtigten massiven Ausweitungen der Budgethilfen durch die
Bundesregierung und die Europäische Kommission schwerwiegende Bedenken
entgegen.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktion der FDP

C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Drucksache 16/12512 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/5604 abzulehnen.

Berlin, den 4. März 2009

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Thilo Hoppe
Vorsitzender und Berichterstatter

Dr. Christian Ruck
Berichterstatter

Dr. Bärbel Kofler
Berichterstatterin

Hellmut Königshaus
Berichterstatter

Hüseyin-Kenan Aydin
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/12512

Bericht der Abgeordneten Dr. Christian Ruck, Dr. Bärbel Kofler, Hellmut
Königshaus, Hüseyin-Kenan Aydin und Thilo Hoppe

I. Zum Beratungsverfahren

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
16/5604 in seiner 196. Sitzung am 18. Dezember 2008 zur
federführenden Beratung an den Ausschuss für wirtschaft-
liche Zusammenarbeit und Entwicklung und zur Mitbe-
ratung an den Haushaltsausschuss überwiesen.

Der Haushaltsausschuss hat den Antrag in seiner 94. Sit-
zung am 4. März 2009 beraten. Er empfiehlt mit den Stim-
men der Fraktionen CDU/CSU, SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion der FDP die Ablehnung des Antrags.

Der federführende Ausschuss für wirtschaftliche Zusam-
menarbeit und Entwicklung hat den Antrag in seiner
84. Sitzung am 4. März 2009 beraten und mit den Stim-
men der Fraktionen CDU/CSU, SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion der FDP beschlossen, dem Deutschen Bundestag die
Ablehnung des Antrags zu empfehlen.

II. Zum Inhalt der Beratungen

Die Fraktion der FDP betont, sie betrachte das Instrument
der Budgethilfe als eines von mehreren der anzuwendenden
Mittel in der Entwicklungszusammenarbeit (EZ). Die Vor-
aussetzungen hierfür müssten aber tatsächlich vorliegen.
Das sei etwa in Mosambik nicht der Fall. Die von den Part-
nerländern zu erfüllenden Rahmenbedingungen, u. a. das
Erfordernis der Transparenz gegenüber der Geberseite sowie
notwendige Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten, seien im
Forderungsteil des Antrags aufgelistet. Die Bundesregierung
selbst habe nur neun Länder identifiziert, in denen die Vor-
aussetzungen gegeben seien. Wogegen die Fraktion sich ver-
wahre, sei die allgemeine Forderung, eine massive Erhöhung
nach Quote vorzunehmen. In diesem Fall könnten die Rah-
menbedingungen nicht mehr zur Voraussetzung gemacht
werden und man werde über die neun Länder hinausgehen
müssen.

Die Fraktion der SPD weist darauf hin, dass sich der Antrag
nicht durch besondere Aktualität auszeichne. Interessant sei,
dass Mitglieder der FDP-Fraktion auf Delegationsreisen in
Länder wie Ruanda oder Vietnam, in denen Budgethilfe er-
folgreich eingesetzt werde, diese durchaus befürworteten.
Im Ausschuss, wenn es grundsätzlich um Budgethilfe gehe,
seien sie dagegen. Entlarvend sei der Antrag in seiner zwei-
ten Forderung, in der behauptet werde, es ginge bei Budget-
hilfe um die Erzeugung beschleunigten Mittelabflusses und
die künstliche Erhöhung der ODA-Quote. Darum gehe es
gerade nicht. Ziel sei es, die Partnerländer einzubeziehen
und Mittel zu generieren, um z. B. Lehrergehälter bezahlen
und den Bildungssektor vorantreiben zu können. Dies be-
dürfe auch technischer Begleitung auf der Know-how-
Ebene. Daneben müsse die Zivilgesellschaft in die Lage ver-
setzt werden, ihre Kontrollfunktion auszuüben. Der Antrag
werde abgelehnt.

Die Fraktion DIE LINKE. legt dar, vieles was in dem An-
trag gefordert werde, sei bereits gängige Praxis. So müsse
der Haushaltsausschuss einer Budgethilfe stets zustimmen.
Der Antrag stelle hohe Anforderungen an die sogenannten
Nehmerländer. Es fehlten indes Forderungen an einen Poli-
tikwechsel der Geberländer. Für den Aufbau eines funktio-
nierenden Steuersystems in den Partnerländern bedürfe es
z. B. der Schließung von Steueroasen. Daneben sei eine Ver-
änderung der Strukturen der internationalen Handelspolitik
erforderlich, um Märkte aufzubauen und Arbeitsplätze zu
schaffen. Sie unterstütze das Konzept der Budgethilfe und
lehne den Antrag ab.

Die Fraktion der CDU/CSU sieht vielerorts, vor allem in
der EU, einen starken Trend zur Budgethilfe. Sie stehe der
Budgethilfe nicht ablehnend aber kritisch gegenüber. Dies
gelte vor allem mit Blick auf die derzeitige Handhabung in
der EU. Unstrittig seien bestimmte Konditionen zu erfüllen,
wie die Handlungsfähigkeit, die Handlungswilligkeit und
die Legitimität der Regierung. Vor allem müsse es ein legiti-
miertes Parlament mit Haushaltsrechten sowie ein Mindest-
maß an effizienter Verwaltung und an Korruptionsbekämp-
fung geben. Bei Übergangssituationen in fragilen Staaten
könne Budgethilfe als Not- und Übergangshilfe notwendig
sein. Sie sehe allerdings ebenfalls das Risiko, dass autoritäre
Regime einen solchen unkomplizierten „Geldfluss“ miss-
brauchen könnten. Budgethilfe falsch angewandt könne
Defizite noch verstärken und die Politik einer stärkeren
Dezentralisierung von Regierungshandeln schwächen. Auch
bei funktionierenden Regierungen dürfe man keinen Ver-
schiebebahnhof, z. B. zugunsten von Militärausgaben, zu-
lassen. Der Antrag der Fraktion der FDP vermittle, dass von
Seiten der Bundesregierung oder der Koalitionsfraktionen
der CDU/CSU und SPD bisher nichts geschehen sei. Da-
gegen hätte der Haushaltsausschuss, aber auch der Aus-
schuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(AwZ), Konsequenzen aus dem Bericht des Bundesrech-
nungshofes gezogen. Das Budgethilfekonzept des Bun-
desministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (BMZ) versuche ebenfalls, dessen Bedenken
aufzugreifen. Auch sei die Bundesregierung durch den AwZ
stets gedrängt worden, sicherzustellen, dass die EU mit
Budgethilfe sorgsam umgehe. Dies müsse beibehalten und
noch verstärkt werden. Es sollte beobachtet werden, ob sich
die Konzeption des BMZ in der Praxis bewährt und die er-
warteten Effekte belastbar eintreten. Daneben sei zu untersu-
chen, ob die Risiken, die der Bundesrechnungshof genannt
habe, beherrschbar seien. Es sei nicht sinnvoll, eine be-
stimmte Zahl von Ländern für das Instrument der Budget-
hilfe festzulegen. Sowohl der AwZ als auch der Haushalts-
ausschuss müssten in jeden Einzelfall der Budgethilfe einge-
bunden werden und seien aufgerufen, diese jeweils mit Blick
auf die Kriterien zu beurteilen. Den Antrag der Fraktion der
FDP werde sie ablehnen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN streicht heraus,
es gebe niemanden in der Runde, der bedingungslos für
Budgethilfe sei oder sie absolut ablehne. Auch der Antrag sei

Drucksache 16/12512 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

durchaus differenziert. Sie selber verstehe Budgethilfe als ein
dynamisches Instrument, das man nicht erst einsetzen sollte,
wenn das Partnerland alle Kriterien erfüllt habe. Gerade über
die sektorale Budgethilfe könne man auf den Demokra-
tisierungsprozess und den Prozess der Good Governance
Einfluss nehmen und ihn fördern. Mit 15 Prozent der bi-
lateralen EZ sei Budgethilfe nur ein Teil aus dem Instrumen-
tenkasten der EZ. Da der Antrag der Fraktion der FDP den
Widerstand gegen die Budgethilfe zu stärken suche, werde
sie ihn ablehnen.

Berlin, den 4. März 2009

Dr. Christian Ruck
Berichterstatter

Dr. Bärbel Kofler
Berichterstatterin

Hellmut Königshaus
Berichterstatter

Hüseyin-Kenan Aydin
Berichterstatter

Thilo Hoppe
Berichterstatter

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