BT-Drucksache 16/12505

Gründungsförderung aus der Arbeitslosigkeit

Vom 26. März 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/12505
16. Wahlperiode 26. 03. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Markus Kurth, Irmingard Schewe-Gerigk,
Kerstin Andreae, Birgitt Bender, Elisabeth Scharfenberg, Dr. Harald Terpe und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Gründungsförderung aus der Arbeitslosigkeit

Die Förderung der Selbständigkeit aus Arbeitslosigkeit wurde im Sommer
2006 von der Bundesregierung grundlegend verändert. Seit dem 1. August
2006 sind die beiden Instrumente Überbrückungsgeld und Existenzgründungs-
zuschuss zu einem Instrument der Existenzgründungsförderung, dem Grün-
dungszuschuss, im Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) zusammengefasst
worden. Ein Eintritt in die Förderung mit dem Existenzgründungszuschuss war
letztmalig zum 30. Juni 2006 möglich, ein Eintritt in die Förderung mit dem
Überbrückungsgeld war aufgrund einer Übergangsregelung bis zum 1. Novem-
ber 2006 möglich.

Unter dem Titel „Ich-AG und Überbrückungsgeld – Erfolgsgeschichte mit zu
frühem Ende“ hat nun das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
(IAB) kürzlich die qualitative Untersuchung der arbeitsmarktpolitischen Instru-
mente Überbrückungsgeld und Existenzgründungszuschuss (im Folgenden Ich-
AG genannt) 56 Monate nach Gründung vorgelegt. Die Autoren kommen dabei
zu den folgenden Ergebnissen:

● 47 bis 67 Prozent der vormals Geförderten sind noch nach 56 Monaten in
Vollzeit oder in Teilzeit selbstständig tätig; wird der Wechsel in abhängige
Beschäftigung mit einbezogen, ergeben sich bei den Geförderten Erwerbstä-
tigenquoten von 76 bis 90 Prozent.

● Insgesamt hat sich das Überbrückungsgeld als das erfolgreichere Grün-
dungsinstrument herausgestellt, aber auch die Ich-AG-Gründer und Gründe-
rinnen konnten sich mit sehr guten Ergebnissen am Arbeitsmarkt behaupten.
Zudem konnten mit der Ich-AG erstmalig Personengruppen erfolgreich akti-
viert, motiviert und nachhaltig unterstützt werden, die zuvor nicht im Fokus
der Gründungsförderung standen.

● Im Vergleich mit einer Kontrollgruppe weisen die geförderten Existenzgrün-
derinnen und -gründer eine deutlich bessere Arbeitsmarktbilanz auf. Über-
dies schneiden sie im Einkommensvergleich besser ab.

● Mit der Zusammenlegung von Überbrückungsgeld und Ich-AG zum Grün-

dungszuschuss wurden zwei erfolgreiche Programme, an deren Wirkungs-
grad kaum eine andere arbeitsmarktpolitische Maßnahme heranreicht, durch
ein Instrument ersetzt, dessen Wirkung noch unklar ist.

● Bereits heute ist absehbar, dass der neue Gründungszuschuss nicht kosten-
günstiger sein wird als das alte Überbrückungsgeld.

Drucksache 16/12505 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Die Ergebnisse des IAB sowie die Entwicklung der Gründungsförderung aus
Arbeitslosigkeit bestätigen die Kritik, die im Zusammenhang mit der Zusam-
menführung der beiden Existenzgründungsinstrumente zu einem einzigen ge-
äußert wurde. Schon damals zeichnete sich ab, dass beide Instrumente sehr er-
folgreich und zielgerichtet verschiedene Personengruppen ansprachen. Arbeits-
lose Geringqualifizierte und insbesondere Frauen nutzten dabei überwiegend
die Förderung im Rahmen der Ich-AG.

Obwohl bereits der Zwischenbericht der Hartz-Evaluierung die Existenz-
gründung aus Arbeitslosigkeit als eine der wirksamsten Maßnahmen der
Arbeitsmarktpolitik überhaupt einstufte, entschied sich die schwarz-rote Bun-
desregierung für die Vereinheitlichung der Existenzgründungsförderung im
Gründungszuschuss. Dies geschah noch vor der Veröffentlichung des Evaluie-
rungs-Endberichts – der die Ergebnisse des Zwischenberichts eindrucksvoll
bestätigte – und war vorrangig Einsparinteressen geschuldet. Die Bundesregie-
rung beabsichtigte mit dieser Maßnahme u. a. 1 Mrd. Euro bei der Gründungs-
förderung einzusparen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Förderfälle für Gründungen aus Arbeitslosigkeit gab es seit Ver-
einheitlichung von Überbrückungsgeld und Ich-AG zum Gründungszu-
schuss am 1. August 2006 (bitte nach Bundesländern aufgeschlüsselt)?

2. Wie viele Gründungen aus Arbeitslosigkeit gab es im Vergleich zwischen
Gründungszuschuss einerseits und Ich-AG und Überbrückungsgeld anderer-
seits in einem Vergleichszeitraum von einem Jahr (bitte getrennt nach den
Instrumenten und nach Bundesländern aufgeschlüsselt)?

3. Wie beurteilt die Bundesregierung die Entwicklung bei der Gründungsför-
derung aus Arbeitslosigkeit insgesamt?

4. Wie hat sich der Frauenanteil an Gründungen aus der Arbeitslosigkeit seit
der Neustrukturierung der Gründungsförderung absolut und relativ entwi-
ckelt (bitte nach Bundesländern aufgeschlüsselt)?

5. Hat sich die Erkenntnislage der Bundesregierung über die Gründe für die
Entwicklung des Frauenanteils an den Gründungen aus Arbeitslosigkeit seit
der Beantwortung der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN „Förderung und Erleichterung von Existenzgründungen“ auf
Bundestagsdrucksache 16/7996 verbessert, und wenn ja, zu welchen
Erkenntnissen ist sie gekommen, und wenn nein, aus welchem Grund zeigt
die Bundesregierung anhaltendes Desinteresse an den Hintergründen der
Entwicklung des Frauenanteils an den Gründungen aus Arbeitslosigkeit?

6. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über die Nutzerinnen und
Nutzer (z. B. Bildungsgrad, Verdienst vor Arbeitslosigkeit bzw. Höhe des
Arbeitslosengeldes, Gründungsbranche) des Gründungszuschusses vor, und
welche Unterschiede sind hinsichtlich der Nutzerinnen und Nutzer des
Überbrückungsgeldes und der Ich-AG festzustellen?

7. Wie hoch ist der Anteil der Gründungen über den Gründungszuschuss, die
über neun Monate hinaus weitere sechs Monate gefördert wurden (bitte nach
Bundesländern aufgeschlüsselt)?

8. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den nachhaltigen Erfolg
von Gründungen mit dem Gründungszuschuss nach Ende der Förderung:

a) Wie viele der Geförderten sind nach Ende der Förderung noch im gegrün-
deten Betrieb erwerbstätig (bitte nach Bundesländern aufgeschlüsselt)?
b) Wie viele der Geförderten sind nach Ende der Förderung anderweitig er-
werbstätig (bitte nach Bundesländern aufgeschlüsselt)?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/12505

c) Wie viele der Geförderten sind nach Ende der Förderung arbeitslos und/
oder hilfebedürftig (bitte nach Bundesländern aufgeschlüsselt)?

9. Wie haben sich die Kosten für die Gründungsförderung seit der Vereinheit-
lichung der Instrumente absolut und gemessen am Anteil an allen Instru-
menten der aktiven Arbeitsmarktpolitik unter dem Dach der Bundesagentur
für Arbeit entwickelt (bitte nach Bundesländern aufgeschlüsselt)?

10. Wie haben sich die monatlichen Durchschnittskosten für eine Gründungs-
förderung seit der Einführung des Gründungszuschusses im Vergleich zur
Ich-AG und zum Überbrückungsgeld entwickelt?

11. a) Wie beurteilt die Bundesregierung die von ihr vorgenommene Verein-
heitlichung der Gründungsförderung vor dem Hintergrund der Ergeb-
nisse des IAB-Berichts „Ich-AG und Überbrückungsgeld – Erfolgsge-
schichte mit zu frühem Ende“ und im Hinblick auf die generelle Ent-
wicklung bei der Gründungsförderung aus Arbeitslosigkeit?

b) Wie beurteilt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang insbeson-
dere die Rolle der Ich-AG bei der Gründungsförderung hinsichtlich der
von ihr angesprochenen Personengruppen und hinsichtlich der vom IAB
ermittelten Ergebnisse von Gründungen mithilfe der Ich-AG?

12. Plant die Bundesregierung eingedenk der Ergebnisse der IAB-Forschung
eine Ergänzung der bestehenden Gründungsförderung hinsichtlich

a) einer möglichen längeren Förderungsdauer,

b) der möglichen Förderung von Teilzeitgründungen,

c) einer möglichen Förderung von Mehr-Personen-Gründungen,

d) einer möglichen Förderung von Genossenschaftsgründungen?

Wenn ja, wann will sie entsprechende Änderungsvorschläge vorlegen, und
wenn nein, warum sieht sie keinen entsprechenden Bedarf?

Berlin, den 26. März 2009

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.