BT-Drucksache 16/12144

zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen), Alexander Bonde, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -16/11759- Aufnahme von Gefangenen aus Guantanamo Bay ermöglichen

Vom 4. März 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/12144
16. Wahlperiode 04. 03. 2009

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
(17. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen),
Alexander Bonde, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 16/11759 –

Aufnahme von Gefangenen aus Guantánamo Bay ermöglichen

A. Problem

In dem Antrag fordert die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Bundesre-
gierung auf, sich gegenüber der US-Regierung zur Aufnahme nicht mehr tatver-
dächtiger Gefangener aus Guantánamo Bay grundsätzlich bereitzuerklären. Zu-
dem soll sie die Aufnahme nicht mehr tatverdächtiger Insassen aus Guantánamo
Bay unverzüglich prüfen und sich gegenüber den Innenministern der Länder für
eine Aufnahme einsetzen.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU,
SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Keine

Drucksache 16/12144 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/11759 abzulehnen.

Berlin, den 4. März 2009

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe

Dr. Herta Däubler-Gmelin
Vorsitzende

Erika Steinbach
Berichterstatterin

Christoph Strässer
Berichterstatter

Florian Toncar
Berichterstatter

Michael Leutert
Berichterstatter

Volker Beck (Köln)
Berichterstatter

GRÜNEN die Ablehnung empfohlen. würden. Man glaube jedoch, dass der vorliegende Antrag
diesem Ziel nicht wirklich diene. Die politischen Aktivitäten
Der Innenausschuss hat den Antrag am 4. März 2009 in
seiner 86. Sitzung beraten und mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD bei Stimmenthaltung der
Fraktion der FDP und gegen die Stimmen der Fraktionen

des Auswärtigen Amts, nämlich zu klären wie die Vorausset-
zungen für die Schließung seien und zu versuchen, eine Lö-
sung herbeizuführen, mache dann Sinn, wenn sie zur Ent-
scheidung anstünden. Daher werde man zu gegebener Zeit
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/12144

Bericht der Abgeordneten Erika Steinbach, Christoph Strässer, Florian Toncar,
Michael Leutert und Volker Beck (Köln)

I. Überweisung und Mitberatung

Der Antrag auf Drucksache 16/11759 wurde in der 203. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 30. Januar 2009 dem
Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe zur
federführenden Beratung sowie dem Auswärtigen Ausschuss
und dem Innenausschuss zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

In dem Antrag fordert die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN die Bundesregierung auf, sich gegenüber der US-
Regierung zur Aufnahme nicht mehr tatverdächtiger Gefan-
gener aus Guantánamo Bay grundsätzlich bereitzuerklären.
Zudem soll sie die Aufnahme nicht mehr tatverdächtiger In-
sassen aus Guantánamo Bay unverzüglich prüfen und sich
gegenüber den Innenministern der Länder für eine Aufnahme
einsetzen.

In der Begründung weist die Fraktion darauf hin, das Gefan-
genenlager Guantánamo Bay sei von der damaligen US-Re-
gierung nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001
errichtet worden. Es sei schnell zur Achillesferse der Men-
schenrechtspolitik der USA und ihrer Verbündeten gewor-
den. Ohne Anklage oder die Aussicht auf ein rechtsstaat-
liches Verfahren seien die Gefangenen unter unwürdigen
Bedingungen zum Teil über Jahre hinweg festgehalten wor-
den. Der neue US-Präsident Barack Obama habe angeord-
net, dass umstrittene Verhörmethoden in Guantánamo Bay
ab sofort gestoppt werden und das Lager innerhalb eines Jah-
res geschlossen werden solle. Derzeit säßen noch etwa 245
Personen dort ein. Rund 50 von ihnen gälten als nicht mehr
tatverdächtig, könnten aber nicht in ihre Heimatländer zu-
rückkehren, weil ihnen dort Folter und Verfolgung drohe.
Ungeachtet der Verantwortung der USA solle auch die Bun-
desregierung ihre Bereitschaft zur Aufnahme erklären, so
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer untätig bleibe und sich
der Prüfung einer Aufnahme nicht mehr tatverdächtiger
Insassen verweigere, trage eine Mitverantwortung für die
Aufrechterhaltung von Guantánamo Bay und für die ekla-
tante Verletzung von Menschenrechten.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag am 4. März
2009 in seiner 83. Sitzung beraten und mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stim-
men der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE

IV. Beratung im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe hat
die Vorlage in seiner 80. Sitzung am 4. März 2009 beraten.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betonte, es ge-
he ihr mit dem Antrag darum, humanitäres Leiden zu been-
den. Es gebe seit langem bekannte Listen von Gefangenen,
von denen die USA davon ausgingen, dass es sich um Un-
schuldige und nicht um Tatverdächtige handele. Man habe
eine gemeinsame Verantwortung, dafür zu sorgen, dass
Guantánamo Bay schnellst möglich geschlossen werde und
die Gefangenen aufgenommen würden. Die Bundesregie-
rung sei aber nur bereit, Gefangene mit einem Deutschland-
bezug aufzunehmen. Dies sei völlig abwegig. Bei der Auf-
nahme irakischer Flüchtlinge sehe man auch nur auf das
Schicksal oder das humanitäre Leiden der Flüchtlinge und
nicht, ob ein Deutschlandbezug bestehe. Dieses Kriterium
sei im Übrigen im Aufenthaltsrecht ohnehin nicht vorhan-
den. Zu dem könne die Bundesregierung auch ohne die Zu-
stimmung der Innenministerkonferenz eine Entscheidung
treffen. Es sei geboten, Guantánamo Bay zu schließen, also
sei es auch geboten einen gemeinsamen Schritt zu tun. Man
hoffe, dass dieses Anliegen eine breite Mehrheit im Aus-
schuss finden werde, da man sich bisher einig darüber gewe-
sen sei, dass Guantánamo Bay geschlossen werden müsse.

Zudem, so die Antragsteller, wisse man, dass es bereits infor-
melle Anfragen der amerikanischen Botschaft beim Auswär-
tigen Amt gegeben habe. Es gebe auch eine neue Situation
durch die Sicherheitskonferenz in München, wo die USA
ganz klar gesagt hätten, sie erwarteten, dass die Bundesrepu-
blik Deutschland und die europäischen Staaten etwas für die
Aufnahme der Gefangenen tun.

Die Fraktion der SPD könne ruhig zugeben, dass sie dem
Antrag nicht zustimmen werde, da sie an den Koalitionsver-
trag gebunden sei. Wenn sie aber tatsächlich eine Änderung
wolle, sei auch die Bundesregierung in der Lage, eine ge-
meinsame Lösung mit den EU-Staaten zu finden. Die Bun-
desregierung habe jedoch beschlossen, sich nicht für eine ge-
meinsame Lösung einzusetzen.

Die Fraktion der SPD erklärte, inhaltlich könne man dem
Antrag prinzipiell folgen, da das Anliegen richtig sei. Man
sehe jedoch im Moment keinen Sinn darin, einen Vorratsbe-
schluss zu fassen. Auch halte man einen Deutschlandbezug
nicht für erforderlich, da man davon ausgehe, dass, wenn
Menschen in Not seien und eine besondere Schutzbedürftig-
keit nachweisen könnten, diese nach den gesetzlichen Vor-
schriften der Bundesrepublik Deutschland aufgenommen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ableh-
nung empfohlen.

einem entsprechenden Antrag zustimmen oder gegebenen-
falls einen eigenen Antrag verfassen.

gen Zeitpunkt auch ruhigen Gewissens diesen Antrag ableh-
nen.

Die Fraktion der CDU/CSU erklärte, es gebe eine große
Gemeinsamkeit im Wollen und der Überzeugung, dass das
Lager in Guantánamo Bay geschlossen werden müsse. Man
nehme Flüchtlinge aus Ländern auf, die dort keinen sicheren
Schutz oder Bleibe hätten. Im Falle von Guantánamo Bay sei
die Situation jedoch eine völlig andere. Die Menschen seien
von den USA eingesperrt worden und damit seien die USA
verantwortlich und müssten, wenn die Menschen nicht mehr
in ihre Heimatländer zurückkehren könnten, auch die Ver-
antwortung tragen, sie in ihrem Lande aufzunehmen. Die
USA müssten ihre Reputation selbst wieder herstellen.
Daher lehne man den Antrag ab.

Man sei im Übrigen erstaunt, dass eine der beiden Frak-
tionen, die die letzte Regierung gestellt habe, zum jetzigen
Zeitpunkt diesen Antrag stelle. Man wehre sich ferner gegen
den Versuch, die Fraktion der CDU/CSU in die Ecke zu
drängen. Natürlich werde man sich einer vernünftigen Lö-
sung nicht verweigern, aber es sei so, dass es sich bei den
USA um einen demokratischen Staat handele. Deshalb halte

Die Fraktion DIE LINKE. legte dar, sie werde den Antrag
unterstützen. Im Gegensatz zur Fraktion der SPD sei man der
Meinung, dass dieser Antrag durchaus einen Sinn ergebe.
Wenn man die Meinung der Fraktion der CDU/CSU ansehe
und die Differenz zwischen den Koalitionspartnern betrachte,
mache es sehr wohl Sinn, die Bundesregierung mit dieser
Sache zu konfrontieren. Es gebe hier durchaus auch einen
Deutschlandbezug. Deutschland sei im Kampf gegen den in-
ternationalen Terrorismus involviert gewesen und als „Ver-
schiebebahnhof“ für die Häftlinge von Guantánamo Bay be-
nutzt worden. Es gehe hier um eine humanitäre Geste und es
sei für jeden Einzelnen eine humanitäre Katastrophe, egal ob
er vertrieben oder verschleppt worden sei. Dementsprechend
sollte man im Deutschen Bundestag auch Verantwortung
dafür tragen.

Als Ergebnis der Beratung wurde mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der
Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
empfohlen, den Antrag auf Bundestagsdrucksache 16/11759
abzulehnen.

Berlin, den 4. März 2009

Erika Steinbach
Berichterstatterin

Christoph Strässer
Berichterstatter

Florian Toncar
Berichterstatter

Michael Leutert
Berichterstatter

Volker Beck (Köln)
Berichterstatter
Drucksache 16/12144 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Es sei klar, so die Fraktion der SPD, dass es in dieser Frage
einen Dissens in der Koalition gebe. Es sei aber auch klar,
dass die Bundesregierung sehr wohl aktiv sei. Wenn die Be-
hauptung in den Raum gestellt werde, man würde das Thema
aussitzen, so sei dies falsch. Es gebe eindeutige Erklärungen,
z. B. durch den Außenminister oder auch vom Länderparla-
ment in Bayern, die besagten, wenn die Frage relevant sei,
dann werde man eine Lösung finden. Natürlich sei dies in
erster Linie die Aufgabe der USA, aber es gehe hier um die
Menschen, die nicht in ihre Heimatländer zurückkehren
könnten. Wenn die USA diesen Menschen die Aufnahme
verweigere, dann habe die Bundesrepublik die klare Aufga-
be diesen Menschen eine Perspektive zu geben.

Es sei niemandem zuzumuten, in einem Land zu leben, in
dessen Namen er verschleppt und gefoltert wurde. Daher sei
es humanitär und moralisch angebracht, zu gegebener Zeit
ein Hilfsangebot zu machen, z. B. wenn es um die Frage der
Aufnahme der Uighuren gehe. Deshalb könne man zu jetzi-

man es für richtig, auch die Verantwortung dort zu belassen.
Dies bedeute jedoch nicht, dass man sich der eigenen Verant-
wortung entziehen wolle.

Die Fraktion der FDP betonte, sie sei die erste Fraktion ge-
wesen, die sich für die Auflösung von Guantánamo Bay ein-
gesetzt habe. Daher habe man auch kein Problem damit, die-
sem Antrag nicht zuzustimmen. Es sei nicht so, dass man
sich – wie die Fraktion der SPD – auf der Zeitachse drücke,
man denke durchaus jetzt schon daran, welche Möglichkei-
ten in naher Zukunft auf die Bundesrepublik Deutschland
zukommen würden, um dann entsprechend vorbereitet zu
sein. Man müsse erst die USA auffordern, die Verantwortung
für das, was sie in Guantánamo Bay getan haben, zu über-
nehmen. Es gebe in den USA nun Gerichtsverfahren, Frei-
lassungen und weitere entsprechende Anträge. Die Bundes-
republik Deutschland solle keinen Alleingang unternehmen,
sondern solle ihren Teil dazu beitragen, eine europäische Lö-
sung herbeizuführen und diese den USA zu unterbreiten.

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