BT-Drucksache 16/12005

Rechtsextreme Tötungsdelikte seit 1990 und antisemitisch motivierte Schändungen jüdischer Friedhöfe seit 2000

Vom 17. Februar 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/12005
16. Wahlperiode 17. 02. 2009

Große Anfrage
der Abgeordneten Petra Pau, Wolfgang Neskovic, Sevim Dag˘delen, Ulla Jelpke,
Jan Korte, Kersten Naumann, Ulrich Maurer und der Fraktion DIE LINKE.

Rechtsextreme Tötungsdelikte seit 1990 und antisemitisch motivierte
Schändungen jüdischer Friedhöfe seit 2000

Zur nachhaltigen Bekämpfung der extremen Rechten ist die Analyse der realen
Gefährdungslage eine unabdingbare Voraussetzung. Da die extreme Rechte Ge-
walt als Mittel der Durchsetzung politischer Interessen nicht ausschließt, ist ins-
besondere das Gewalt- und Einschüchterungspotenzial des Rechtsextremismus
von großer Bedeutung. Hierbei spielt die Zahl der durch rechtsextreme Gewalt
getöteten Menschen in Deutschland eine besondere Rolle, lassen sich doch hier
sehr unterschiedliche Angaben über die Zahl der Opfer seit 1990 in der Öffent-
lichkeit finden. Während von Seiten der Behörden von 41 solchen Tötungs-
delikten die Rede ist, kommen unabhängige Stellen zu einer Zahl von ca. 136
(vgl. Süddeutsche Zeitung, 13. Dezember 2008).

Der kontinuierliche Anstieg antisemitischer Straf- und Gewalttaten in Deutsch-
land erfordert ebenfalls einen verstärkten Blick auf diese Entwicklung.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Tötungsdelikte mit tatsächlicher oder zu vermutender rechtsextre-
mer Motivation sind der Bundesregierung in der Zeit von 1990 bis heute be-
kannt (bitte die einzelnen Fälle genau auflisten nach Datum, Ort, Bundesland,
Opfer, Täter und dessen politische Orientierung, Verurteilung zu welchem
Strafmaß etc.)?

2. Wie viele versuchte Tötungsdelikte mit tatsächlicher oder zu vermutender
rechtsextremer Motivation sind der Bundesregierung in der Zeit von 1990 bis
heute bekannt (bitte die einzelnen Fälle genau auflisten nach Datum, Ort,
Bundesland, Opfer, Täter und dessen politische Orientierung, Verurteilung zu
welchem Strafmaß etc.)?

3. Welche Angaben im Zusammenhang mit vermuteten rechtsextrem motivier-
ten Tötungsdelikten werden von Seiten der Landeskriminalämter an das Bun-
deskriminalamt gemeldet, in welchem Stadium der Ermittlungen werden An-
gaben zur politischen Einordnung solcher Tötungsdelikte gemacht und was
sind die Kriterien, nach denen eine Tat als vermutlich politisch rechtsextrem

motiviertes Tötungsdelikt aufgeführt wird?

4. In wie vielen Fällen haben Hinterbliebene von Opfern rechtsextrem motivier-
ter Tötungsdelikte Anträge auf „Härteleistungen für Opfer rechtsextremer
Übergriffe“ beim Bundesamt für Justiz (früher der Bundesanwaltschaft)
gestellt, wie viele Anträge wurden positiv beschieden und wie hoch waren
die ausgezahlten Leistungen (bitte die einzelnen Fälle genau auflisten nach
Datum, Ort, Bundesland)?

Drucksache 16/12005 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
5. Wie viele Tötungs- oder schwere Gewaltdelikte konnten durch die Tätigkeit
verdeckter polizeilicher Ermittler oder V-Leute im Planungsstadium verhin-
dert werden?

6. Im personellen Umfeld wie vieler versuchter oder vollendeter Tötungs-
delikte oder schwerer Gewalttaten waren verdeckte polizeiliche Ermittler
oder V-Leute vor der Tat zugegen?

7. Wie viele versuchte oder vollendete Tötungsdelikte oder schwere Gewalt-
taten konnten nur durch den Einsatz verdeckter polizeilicher Ermittler oder
V- Leute aufgeklärt werden?

8. Wie viele Schändungen jüdischer Friedhöfe hat es in der Bundesrepublik
Deutschland seit 2000 gegeben, welche Schäden wurden hierbei verursacht
und welche Tatmotivationen konnten von den Behörden hierbei ermittelt
werden (bitte die einzelnen Fälle genau auflisten nach Datum, Ort, Bundes-
land, Tatmotivation etc.)?

9. Wie viele Straftäter konnten in diesem Zeitraum im Zusammenhang mit
diesen Friedhofsschändungen bundesweit ermittelt werden und wurden zu
welcher Strafe verurteilt (bitte nach Ländern und ermittelter Tatmotivation
aufschlüsseln)?

10. Wie viele antisemitisch motivierte Friedhofsschändungen konnten durch
die Tätigkeit verdeckter polizeilicher Ermittler oder V-Leute bereits im
Planungsstadium verhindert werden?

11. Im personellen Umfeld wie vieler dieser Friedhofsschändungen waren ver-
deckte polizeiliche Ermittler oder V-Leute vor der Tat zugegen?

12. Wie oft haben sich in den letzten 30 Jahren die Erfassungswege und -ver-
fahren sowie die Bewertungskriterien der Schändung jüdischer Friedhöfe
hinsichtlich der zu vermutenden oder tatsächlichen Motivation der Täter
geändert und was waren jeweils die Anlässe der Veränderungen dieser
Kriterien?

13. Wie viele Straftaten wurden im Jahr 2008 im Bereich der politisch motivier-
ten Kriminalität (PMK) rechts angezeigt (bitte auflisten nach Bundes-
ländern und den Straftaten nach den Kategorien im Themenfeld Hasskrimi-
nalität)?

14. Wie viele der unter Frage 13 genannten Straftaten gelten im Ergebnis der
polizeilichen Ermittlungen als aufgeklärt (bitte nach Bundesländern auf-
listen)?

Berlin, den 16. Februar 2009

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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