BT-Drucksache 16/11828

Tritiumbelastung der Mosel und anderer Gewässer aus Atomanlagen in der Bundesrepublik Deutschland

Vom 3. Februar 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11828
16. Wahlperiode 03. 02. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Hüseyin-Kenan Aydin, Sevim Dag˘delen,
Lutz Heilmann, Hans-Kurt Hill, Inge Höger, Ulla Jelpke, Ulla Lötzer,
Paul Schäfer (Köln), Volker Schneider (Saarbrücken), Alexander Ulrich
und der Fraktion DIE LINKE.

Tritiumbelastung der Mosel und anderer Gewässer aus Atomanlagen
in der Bundesrepublik Deutschland

In unbelasteten Flüssen liegt die Tritiumbelastung normalerweise bei unter
1 Bequerel pro Liter Wasser (Bq/l). Dieser Wert wird an Fließgewässern in der
Bundesrepublik Deutschland flussabwärts von Atomanlagen erheblich über-
schritten, wie der Bund der Bürgerinitiativen Mittlerer Neckar e. V. (BBMN) zu-
sammen mit dem Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e. V. (BBU)
bei Messungen feststellte.

Tritium ist ein besonders problematischer radioaktiver Stoff, da er zu einem
Bestandteil des Wassers wird und durch herkömmliche Aufbereitungsverfahren
nicht mehr daraus zu entfernen ist. Es wird vom Körper aufgenommen und führt
zu einer Strahlenbelastung aller Organe. Weil Tritium im Körper organisch ge-
bunden wird, kann es bei seinem radioaktiven Zerfall noch nach Jahrzehnten den
menschlichen Körper schädigen und Krebs hervorrufen.

Als vor einigen Jahren der französische Elektrizitätskonzern EdF beantragte,
die Tritiumkonzentration des Atomkraftwerkparks Cattenom in der Mosel zu
erhöhen, kam es in der Bundesrepublik Deutschland zu massiven Protesten. Die
deutsche Strahlenschutzkommission (SSK) konnte in ihrer Stellungnahme vom
Oktober 2003 den massiven Widerständen in der Öffentlichkeit gegen die Er-
höhung der radioaktiven Einleitung nicht folgen: „Die in Cattenom gemessenen
Tritiumeinleitungen von 16 bis 22 TBq (Terabequerel) pro Block und Jahr lie-
gen in den gleichen Größenordnungen der Ableitungen deutscher Druckwasser-
reaktoren gleicher Leistung“. In diesem Maße belasten auch die deutschen
Atomkraftwerke Elbe, Weser, Ems, Rhein und Donau mit Tritium. Durch die
Umstellung auf die Verwendung von höher angereicherten Brennelementen
wurde ein neuer Grenzwert für die Einleitung beantragt. Die französische
Regierung legte den Grenzwert für die Tritiumeinleitung nun mit 48 TBq pro
Jahr und Reaktorblock fest. Genau der gleiche Wert wurde auch schon früher
dem deutschen Atomkraftwerk ISAR 2, das ebenfalls höher angereicherte

Brennelemente einsetzt, zugebilligt.

Gerade aus der Verwendung dieser neuartigen Brennelemente bei den Druck-
wasserreaktoren kommt es zu einer stark erhöhten Tritiumbelastung der Um-
welt. So erreichten zwar einige deutsche Atomkraftwerke Spitzenleistungen in
der Stromerzeugung, aber auch in der Tritiumabgabe.

Drucksache 16/11828 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie beurteilt die Bundesregierung die Ergebnisse einer Untersuchung des
Deutschen Kinderkrebsregisters Mainz vom November 2007, wonach das
Risiko für kleine Kinder an Krebsleiden zu erkranken zunimmt, je näher ihr
Wohnort an einem Atomkraftwerk oder einer anderen Atomanlage liegt?

2. Wie beurteilt die Bundesregierung die Gefahr der Belastung des Grund-
wassers und der Trinkwasservorräte, da Tritium bei der Wasseraufbereitung
nicht beseitigt werden kann?

3. Wie beurteilt die Bundesregierung die gesundheitliche Gefährdung durch den
Verzehr von Fischen aus tritiumbelasteten Gewässern in der Bundesrepublik
Deutschland?

4. Wie beurteilt die Bundesregierung die gesundheitliche Gefährdung von
Tieren, die Wasser aus tritiumbelasteten Gewässern in der Bundesrepublik
Deutschland trinken?

5. In welchem Maße wird die Belastung der Gewässer mit Tritium in der
Bundesrepublik Deutschland in den nächsten Jahren noch weiter zunehmen?

6. Wie beurteilt die Bundesregierung die Belastung der Mosel durch Tritium-
abgabe aus dem französischen Atomkraftwerk Cattenom heute, und welche
Messergebnisse liegen vor?

Berlin, den 27. Januar 2009

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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