BT-Drucksache 16/11066

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung -16/9900, 16/9902, 16/10412, 16/10423, 16/10424, 16/10425- Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2009 (Haushaltsgesetz 2009) hier: Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

Vom 25. November 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11066
16. Wahlperiode 25. 11. 2008

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Alexander Bonde, Anna Lührmann, Omid Nouripour, Winfried
Hermann, Kerstin Andreae, Birgitt Bender, Christine Scheel, Dr. Harald Terpe und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 16/9900, 16/9902, 16/10412, 16/10423, 16/10424, 16/10425 –

Entwurf eines Gesetzes
über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2009
(Haushaltsgesetz 2009)

hier: Einzelplan 12
Geschäftsbereich des Bundesministeriums für
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

Der Bundestag wolle beschließen:

Im Bundeshaushalt werden keine finanziellen Mittel für das regionale Projekt
„Stuttgart 21“ zur Verfügung gestellt. Verpflichtungsermächtigungen zu Guns-
ten dieses Projekts werden nicht ausgesprochen. Die Neubaustrecke Wend-
lingen-Ulm wird nicht priorisiert.

Berlin, den 25. November 2008

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

Begründung

Die Deutsche Bahn AG (DB AG), die Landesregierung Baden-Württemberg und
die Landeshauptstadt Stuttgart entwickeln seit dem Jahre 1994 das Projekt
„Stuttgart 21“. Kernstück ist die Umwandlung des bestehenden Stuttgarter Kopf-

bahnhofs in einen achtgleisigen unterirdischen Durchgangsbahnhof für den
Fern- und Regionalverkehr. Der neue Hauptbahnhof soll durch ein Tunnelsystem
von 33 km an die Zulaufstrecken angebunden werden. Laut Bundesregierung be-
tragen die Kosten für das Bahnhofsprojekt „Stuttgart 21“ 3 076 Mio. Euro; der
Bundesrechnungshof veranschlagt 5 300 Mio. Euro.

Beim Bahnhofsprojekt „Stuttgart 21“ handelt es sich nach Auffassung der Bun-
desregierung nicht um ein Projekt des Bundes, sondern um ein Projekt der

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DB AG. Der Bund beteiligt sich allerdings an der Finanzierung. Dem widerspre-
chend vertritt der Bundesrechnungshof die Ansicht, dass es sich um ein Projekt
des Bundes handelt, da sich die Finanzierungsanteile des Bundes auf 2 553 Mio.
Euro summieren. Der Bund trage „damit die Hauptlast der Finanzierung. (…)
Der Bund finanziert nach jetzigem Stand 500 Mio. Euro nach § 8 Abs. 1 Bun-
desschienenwegeausbaugesetz (BSchWAG). (…) Weitere 200 Mio. Euro stellt
er nach dem BSchWAG für den Schienenpersonennahverkehr (§ 8 Abs. 2
BSchWAG) bereit“. Zudem sollen 300 Mio. Euro aus Mitteln der für 2009 ge-
planten Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung mit der DB AG bereitgestellt
werden sowie ein Bundesanteil von 153 Mio. Euro aus dem Gemeindeverkehrs-
finanzierungsgesetz. Hinzu kommen ferner die Erlöse aus den Verkäufen von
140 ha Grundstücken in Stadtlage, die der Bund der DB AG im Rahmen einer
Ausnahmegenehmigung 1995 geschenkt hat. „Die bisherigen und noch zu er-
wartenden Erlöse aus den Grundstücksverkäufen und deren Verzinsung belaufen
sich nach Berechnungen des Bundesrechnungshofes auf 1 400 Mio. Euro.“ (Be-
richt des Bundesrechnungshofes gemäß § 88 Abs. 2 BHO über die Projekte
„Stuttgart 21“ und die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm, S. 7 ff.).

Bisher konnte jedoch die Wirtschaftlichkeit des Projekts nicht nachgewiesen
werden. Die Bundesregierung verweigert eine öffentliche Darstellung der Wirt-
schaftlichkeitsberechnung. Eine angeblich bestehende Wirtschaftlichkeitsrech-
nung aus dem September 2004, die den betriebswirtschaftlichen Nutzen der
DB AG nachweist, wurde dem Deutschen Bundestag bisher vorenthalten. Eine
Einsichtnahme für Abgeordnete des Bundestages wurde nur unter den Bedin-
gungen des Geheimschutzes angeboten.

Ein volkswirtschaftlicher Nutzen, der nach § 7 der Bundeshaushaltsordnung
nachgewiesen werden müsste, wurde bisher nicht festgestellt. Es liegt keine
volkswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Berechnung vor, die den Einsatz der veran-
schlagten Bundesmittel rechtfertigt.

Hinzu kommt, dass die Bundesregierung bei Großbauprojekten von deutlichen
Preissteigerungen ausgeht. Dem Parlament wurde hierüber Bericht erstattet.
Hierin heißt es: „Besonders anfällig für außergewöhnliche Preissteigerungen
scheinen sehr komplexe Bauvorhaben mit Gesamtkosten jenseits von 100 Mio.
Euro zu sein, insbesondere wenn die Durchführungsverantwortung schnittstel-
lenfrei in einer Hand, z. B. durch GU-Ausschreibung liegen soll; hier werden
aktuell Kostensteigerungen von bis zu 100 Prozent beobachtet.“ Im Bereich
Eisenbahnbau beispielsweise wird darauf hingewiesen, dass gerade bei
(Groß-)Projekten mit speziellen Anforderungen (beispielsweise Tunnelbau-
werke) mit großen Preissteigerungen von bis zu 60 Prozent auszugehen ist (Aus-
schussdrucksache 16(8)4474).

Im Ergebnis muss dies zu deutlich höheren Kosten und zu einer sinkenden Wirt-
schaftlichkeit des Projektes führen. Diese Entwicklung ist bisher nicht ausrei-
chend berücksichtigt worden – Kostensteigerungen in der von der Bundesregie-
rung geschätzten Höhe werden von der Bundesregierung nicht als substanziell
begründbar angesehen.

Darüber hinaus werden die Finanzierungsquellen und -beträge für Baukosten
und Preissteigerungen bisher im Bundeshaushalt nicht transparent dargestellt,
was einen Verstoß gegen die Haushaltsklarheit und -wahrheit darstellt. Mögliche
Risiken wurden nicht ausreichend benannt, so dass das Parlament nicht auf
Grundlage exakter Daten entscheiden kann.

Auch die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm birgt hohe Kostenrisiken, da sie
durch labile Gesteinsformationen geführt wird und umfangreiche Tunnel-
strecken umfasst. Für die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm plant die Bundes-
regierung Kosten in Höhe von 2 000 Mio. Euro ein, der Bundesrechnungshof

geht von mindestens 3 200 Mio. Euro aus. Der Bau der Neubaustrecke Wend-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/11066

lingen-Ulm muss zudem solange zurückgestellt werden, bis der vordringliche
und bisher nicht finanziell abgesicherte Ausbau des dritten und vierten Gleises
der verkehrlich wichtigeren Rheintalbahn (Karlsruhe-Basel) abgeschlossen ist.
Die Bundesregierung hat sich im Vertrag von Lugano gegenüber der Schweiz
verpflichtet, die Rheintalbahn fristgerecht als Zulaufstrecke zur Neuen Alpen
Tranversalen (NEAT) viergleisig auszubauen, da der Güterverkehr der Schweiz
dann vollständig auf die Schienen verlagert werden muss. Die Fertigstellung der
NEAT wird für 2018 erwartet.

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