BT-Drucksache 16/10650

als 1. Untersuchungsausschuss gemäß Artikel 45a Abs. 2 des Grundgesetzes zu dem auf Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD am 25. Oktober 2006 gefassten Beschluss des Verteidigungsausschusses, sich zum Misshandlungsvorwurf des ehemaligen Guantanamo-Häftlings Murat Kurnaz gegenüber Angehörigen des Kommandos Spezialkräfte (KSK) im US-Gefangenenlager Kandahar, Afghanistan, als Untersuchungsausschuss gemäß Artikel 45a Abs. 2 des Grundgesetzes zu konstituieren

Vom 16. Oktober 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/10650
16. Wahlperiode 15. 10. 2008

Beschlussempfehlung und Bericht
des Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss
gemäß Artikel 45a Abs. 2 des Grundgesetzes

zu dem auf Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD am 25. Oktober 2006
gefassten Beschluss des Verteidigungsausschusses, sich zum Misshandlungs-
vorwurf des ehemaligen Guantánamo-Häftlings Murat Kurnaz gegenüber
Angehörigen des Kommandos Spezialkräfte im US-Gefangenenlager Kandahar,
Afghanistan, als Untersuchungsausschuss gemäß Artikel 45a Abs. 2
des Grundgesetzes zu konstituieren

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen:

den Bericht des Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss gemäß Artikel 45a Abs. 2 des Grundgesetzes
zur Kenntnis zu nehmen.

Berlin, 18. September 2008

Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss gemäß
Artikel 45a Abs. 2 des Grundgesetzes

Dr. Karl A. Lamers Bernd Siebert Elke Hoff

Stellvertretender Vorsitzender Berichterstatter Berichterstatterin

Rainer Arnold Paul Schäfer

Berichterstatter Berichterstatter

Winfried Nachtwei

Berichterstatter

Drucksache 16/10650
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 –

I n h a l t s ü b e r s i c h t

Seite

Erster Teil
Einsetzung des Untersuchungsausschusses und Verlauf des
Untersuchungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

A. Einsetzung, Auftrag und Konstituierung
des Untersuchungsausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

B. Verlauf des Untersuchungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

Zweiter Teil
Feststellungen zum Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

A. Welche Kontakte hatten Angehörige der Bundeswehr mit dem
türkischen Staatsbürger Murat Kurnaz während dessen
Inhaftierung durch die US-Streitkräfte im Zeitraum
von ca. November 2001 bis ca. Februar 2002? . . . . . . . . . . . . . . . . 44

B. Wurde Murat Kurnaz im Rahmen dieser Kontakte durch
Angehörige der Bundeswehr in seiner körperlichen
Integrität beeinträchtigt, und wenn ja, wie und
durch wen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

C. Welche Personen innerhalb der Bundeswehr und im Bundes-
ministerium der Verteidigung hatten gegebenenfalls welche
Kenntnis über die Kontakte von Angehörigen
der Bundeswehr zu Murat Kurnaz? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

D. Welche Einsätze haben KSK-Kräfte von ca. November 2001
bis ca. November 2002 in Kandahar durchgeführt, nach
welchen Einsatzregeln haben sie dabei gehandelt und
welchen Einfluss hatten Dienststellen in der Bundeswehr
und das Bundesministerium der Verteidigung auf
diese Einsätze? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

E. Welche Personen in der Bundeswehr und im Bundes-
ministerium der Verteidigung hatten je welche Kenntnis
über die KSK-Einsätze in Kandahar von ca. November 2001
bis ca. November 2002? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119

Dritter Teil
Bewertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

A. Bewertung der Untersuchungsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

B. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

Bundestag – 16. Wahlperiode
Drucksache 16/10650 – 4 – Deutscher

Seite

Vierter Teil
Sondervoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

A. Minderheitenbericht der Fraktion der FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

B. Minderheitenbericht der Fraktion DIE LINKE. . . . . . . . . . . . . . . . 143

C. Sondervotum der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . 165

Fünfter Teil
Übersichten, Verzeichnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183

Drucksache 16/10650
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 –

I n h a l t s v e r z e i c h n i s

Seite

Erster Teil

Einsetzung des Untersuchungsausschusses und Verlauf
des Untersuchungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

A. Einsetzung, Auftrag und Konstituierung des Untersuchungs-
ausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

I. Vorgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

II. Konstituierung des Untersuchungsausschusses und
Untersuchungsauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

1. Untersuchungsauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

2. Mitglieder des Untersuchungsausschusses . . . . . . . . . . . . . . 21

3. Vorsitzende, stellvertretender Vorsitzender sowie Sprecher
und Berichterstatter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

4. Benannte und ermächtigte Mitarbeiter der Fraktionen . . . . . 22

5. Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages . . . . . . . . 23

6. Beauftragte der Bundesregierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

7. Sekretariat des Untersuchungsausschusses . . . . . . . . . . . . . . 23

III. Parallelverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

1. Untersuchungen des Bundesministeriums der Verteidigung . . 23

2. Sonderausschuss des Europäischen Parlaments
(sog. CIA-Untersuchungsausschuss) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

3. Der 1. Untersuchungsausschuss der 16. Wahlperiode . . . . . . 24

4. Ermittlungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

5. Datenverlust im Bereich der Bundeswehr . . . . . . . . . . . . . . . 26

B. Verlauf des Untersuchungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

I. Rechtsgrundlagen für die Arbeit des Untersuchungsaus-
schusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

II. Beschlüsse und Absprachen zum Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . 27

1. Einsetzung eines interfraktionellen Gremiums . . . . . . . . . . . 27

2. Nichtöffentlichkeit der Sitzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

3. Protokollierung der Ausschusssitzungen . . . . . . . . . . . . . . . . 28

4. Verteilung von Beratungsunterlagen, Beweisbeschlüssen
und Ausschussmaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

5. Behandlung der Ausschussprotokolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

6. Verzicht auf Verlesung von Schriftstücken . . . . . . . . . . . . . . 29
7. Verpflichtung zur Geheimhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

8. Verteilung von Verschlusssachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

Bundestag – 16. Wahlperiode
Drucksache 16/10650 – 6 – Deutscher

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9. Fragerecht bei der Beweiserhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

10. Behandlung von Beweisanträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

11. Zutritt von Fraktionsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern . . . . 31

12. Mitteilungen aus nichtöffentlichen Sitzungen . . . . . . . . . . . . 31

III. Vorbereitung der Beweiserhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

1. Besprechungen des interfraktionellen Gremiums . . . . . . . . . 31

2. Strukturierung der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

IV. Beweiserhebung durch Beiziehung von Akten, Berichten,
Protokollen und sonstigen Unterlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

1. Art, Herkunft und Umfang des Beweismaterials . . . . . . . . . . 31

2. Entscheidung über die Ersuchen auf Vorlage von Beweis-
mitteln und Vollständigkeitserklärungen gemäß § 18
Abs. 2 PUAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

3. Verwendung von Unterlagen ohne formelle Beiziehung . . . . 32

4. Durchführung des Vorsitzendenverfahrens . . . . . . . . . . . . . . 32

V. Beweiserhebung durch Vernehmung von Zeugen . . . . . . . . . . . . 32

1. Behandlung von Beweisanträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
a) Entscheidung über Beweisanträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
b) Reihenfolge der Vernehmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

2. Durchführung der Zeugenvernehmungen . . . . . . . . . . . . . . . 33
a) Aussagegenehmigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
b) Art, Dauer, Anzahl und Ort der Vernehmungen . . . . . . . 33

3. Ausländische Zeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

4. Einstufung der Vernehmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

5. Abschluss der Beweisaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

VI. Zeit- und Arbeitsaufwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

VII. Umgang mit Akten nach Beendigung der Tätigkeit des
Untersuchungsausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

VIII. Abschlussbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

1. Erstellung des Abschlussberichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

2. Rechtliches Gehör zum Abschlussbericht . . . . . . . . . . . . . . . 36

3. Wörtliche Zitate aus Protokollen nichtöffentlicher
Sitzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
4. Zitate aus einer Anklageschrift oder anderen amtlichen
Schriftstücken eines Strafverfahrens (§353d Nr. 3 StGB) . . . 38

5. Feststellung des Abschlussberichtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

Drucksache 16/10650
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 –

Seite

Zweiter Teil

Feststellungen zum Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

I. Murat Kurnaz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

1. Zur Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

2. Reise nach Pakistan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

3. Verhaftung in Pakistan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

4. Verbringung nach Kandahar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

II. Das Kommando Spezialkräfte in Kandahar . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

III. Strukturen und Meldewege der deutschen Spezialkräfte
in Afghanistan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

A. Welche Kontakte hatten Angehörige der Bundeswehr mit dem
türkischen Staatsbürger Murat Kurnaz während dessen
Inhaftierung durch die US-Streitkräfte im Zeitraum
von ca. November 2001 bis ca. Februar 2002? . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

I. Das Gefangenenlager in Kandahar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

1. Beschreibung des Lagers durch Murat Kurnaz . . . . . . . . . . . 44

2. Beschreibung des Lagers durch Mithäftlinge von
Murat Kurnaz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

3. Beschreibung des Lagers durch die Angehörigen
der Bundeswehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

II. Das Kommando Spezialkräfte im Gefangenenlager Kandahar . . 46

1. Besichtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

2. Wache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
a) Zustandekommen des Wachauftrages . . . . . . . . . . . . . . . 47
b) Inhalt der Wachanfrage und des Wacheinsatzes . . . . . . . 49
c) Anordnung und Einteilung zur Wache . . . . . . . . . . . . . . 49
d) Zeitpunkt und Häufigkeit des Wacheinsatzes . . . . . . . . . 50
e) Personenstärke der Wache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
f) Wacheinweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
g) Aufgaben während der Wache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
h) Beendigung des Wacheinsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

3. Kontakte des Kommandos Spezialkräfte zu Gefangenen . . . 53
a) Visuelle Kontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
b) Verbale Kontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
c) Körperliche Kontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

4. Umgang mit den Gefangenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
III. Zusammentreffen von Angehörigen des 1. Deutschen Heeres-
kontingents Spezialkräfte mit Murat Kurnaz . . . . . . . . . . . . . . . . 56

1. Visuelle Kontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

Bundestag – 16. Wahlperiode
Drucksache 16/10650 – 8 – Deutscher

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2. Verbaler Kontakt „Wortwechsel am Zaun“ . . . . . . . . . . . . . . 57
a) Aussage von Murat Kurnaz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
b) Aussagen der Mithäftlinge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
c) Aussagen der Soldaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

3. Körperlicher Kontakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

B. Wurde Murat Kurnaz im Rahmen dieser Kontakte durch
Angehörige der Bundeswehr in seiner körperlichen Integrität
beeinträchtigt, und wenn ja, wie und durch wen? . . . . . . . . . . . . . . 60

I. Darstellung des Sachverhaltes aus der Sicht von
Murat Kurnaz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

1. Darstellung gegenüber den Medien und im CIA-Unter-
suchungsausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

2. Aussagen von Murat Kurnaz vor der Staatsanwaltschaft . . . 62

3. Vernehmung vor dem Verteidigungsausschuss als
1. Untersuchungsausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

II. Untersuchung der behaupteten Misshandlungen durch das
Bundesministerium der Verteidigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

1. Bekleidung und Bewaffnung der Wachverstärkung . . . . . . . 66

2. Fahrzeuge im US-Gefangenenlager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

3. „Wortwechsel“ hinter einem LKW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

III. Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft Tübingen . . . . . . . 68

1. Aussagen der an der Wachverstärkung beteiligten
Soldaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
a) Bekleidung, Aussehen und Bewaffnung der

Wachverstärkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
b) Fahrzeuge im US-Gefangenenlager . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
c) „Wortwechsel“ hinter einem LKW . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

2. Aussagen von weiteren Kontingentangehörigen . . . . . . . . . . 69
a) Bewaffnung der Wachverstärkung . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
b) Fahrzeuge im US-Gefangenenlager . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

3. Bewertung der Aussagen durch die Staatsanwaltschaft . . . . . 71

4. Aussagen von Mithäftlingen von Murat Kurnaz nach der
Wiederaufnahme der Ermittlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
a) Bekleidung der deutschen Soldaten . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
b) Fahrzeuge im US-Gefangenenlager . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
c) „Wortwechsel“ und behauptete Misshandlungen . . . . . . 73

IV. Untersuchung der behaupteten Misshandlungen durch den
Untersuchungsausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

1. Sachverhalt nach den Zeugenaussagen der an der Wach-

verstärkung beteiligten Soldaten im Untersuchungs-
ausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
a) Bekleidung, Aussehen und Bewaffnung der Wach-

verstärkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

Drucksache 16/10650
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 –

Seite

b) Fahrzeuge im US-Gefangenenlager . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
c) „Wortwechsel“ hinter einem LKW . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

2. Aussagen von weiteren Kontingentangehörigen des
1. Kontingents, die nicht an der Wachverstärkung
teilgenommen haben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
a) Bekleidung der Wachverstärkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
b) Fahrzeuge im US-Gefangenenlager . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
c) „Wortwechsel“ und behauptete Misshandlungen . . . . . . 76

3. Aussagen von Vorgesetzten, die nicht dem 1. Deutschen
Heereskontingent Spezialkräfte angehörten . . . . . . . . . . . . . . 76

4. Aussagen von Mithäftlingen von Murat Kurnaz . . . . . . . . . . 77
a) Bekleidung, Aussehen und Bewaffnung der Wach-

verstärkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
b) Fahrzeuge im US-Gefangenenlager . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
c) „Wortwechsel“ hinter einem LKW . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

5. Berichte über die Äußerungen von US-Soldaten . . . . . . . . . . 78

C. Welche Personen innerhalb der Bundeswehr und im Bundes-
ministerium der Verteidigung hatten gegebenenfalls welche
Kenntnis über die Kontakte von Angehörigen
der Bundeswehr zu Murat Kurnaz? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

I. Kenntnis vor Ort in Kandahar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

1. Kontingentführung und Einsatzkräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
a) Existenz eines deutschen oder deutsch sprechenden

Gefangenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
b) Visuelle Kontakte und „Wortwechsel“ am Zaun . . . . . . 80
c) Weiterleitung von Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

2. Zelle Militärisches Nachrichtenwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
a) Existenz eines deutschen oder deutsch sprechenden

Gefangenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
b) Visuelle Kontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
c) Weiterleitung von Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

II. Kenntnis im Einsatzführungskommando der Bundeswehr . . . . . 82

1. Befehlshaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
a) Existenz eines deutschen oder deutsch sprechenden

Gefangenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
b) Visuelle Kontakte und „Wortwechsel“ am Zaun . . . . . . 83
c) Weiterleitung von Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

2. Abteilung „Spezialoperationen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
a) Existenz eines deutschen oder deutsch sprechenden

Gefangenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

b) Visuelle Kontakte und „Wortwechsel“ am Zaun . . . . . . 83
c) Weiterleitung von Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

III. Kenntnis in der Division Spezielle Operationen . . . . . . . . . . . . . 84

Bundestag – 16. Wahlperiode
Drucksache 16/10650 – 10 – Deutscher

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IV. Kenntnis im Bereich des KSK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

V. Kenntnis des US Central Command in Tampa und anderer
Stellen in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

VI. Kenntnis im Bundesministerium der Verteidigung . . . . . . . . . . . 85

1. Generalinspekteur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

2. Stabsabteilungsleiter Fü S V . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86

3. Leiter des Referats Fü S V 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

4. Staatssekretäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

5. Bundesminister der Verteidigung a. D. Rudolf Scharping . . 88

6. Bundesminister der Verteidigung a. D. Dr. Peter Struck . . . . 89

D. Welche Einsätze haben KSK-Kräfte von ca. November 2001 bis
ca. November 2002 in Kandahar durchgeführt, nach welchen
Einsatzregeln haben sie dabei gehandelt und welchen Einfluss
hatten Dienststellen in der Bundeswehr und das Bundes-
ministerium der Verteidigung auf diese Einsätze? . . . . . . . . . . . . . 90

I. Einsatzregeln des Kommandos Spezialkräfte . . . . . . . . . . . . . . . 90

1. Beschluss des Bundestages vom 16. November 2001 . . . . . . 90

2. Die Regelungen des humanitären Völkerrechts . . . . . . . . . . . 92
a) Das humanitäre Völkerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
b) Die Anwendung des humanitären Völkerrechts im

Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93

3. Die rechtliche Unterweisung der Einsatzkontingente
Spezialkräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
a) Die Vorbereitung in Calw . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
b) Die „Taschenkarte“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

4. Einsatzregeln des KSK für Gefangennahmen . . . . . . . . . . . . 97
a) Abgrenzung Festhalten/Gewahrsam . . . . . . . . . . . . . . . . 97
b) Praktische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

5. Die Rechtsauffassung des AA, BMJ, BMI und des BMVg . . 99
a) Presseerklärung des Auswärtigen Amtes vom

22. Januar 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
b) Die Anfragen des Wehrbeauftragten . . . . . . . . . . . . . . . . 100
c) Die gutachtliche Stellungnahme vom 6. Juni 2002 . . . . . 101
d) Die gutachtliche Stellungnahme vom 7. August 2002 . . 102

II. Einsätze des Kommandos Spezialkräfte von November 2001
bis November 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

1. Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

a) Aufgabenspektrum des KSK in Kandahar . . . . . . . . . . . . 104
b) Verlegung des KSK in den Einsatzraum . . . . . . . . . . . . . 105
c) Anforderungen an die eingesetzten Spezialkräfte-

Kontingente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106

Drucksache 16/10650
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 11 –

Seite

2. Einsätze des 1. Kontingents . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

a) Führungsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

b) Einsatzplanung und Einsatzdurchführung . . . . . . . . . . . . 108

c) Innere Führung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

3. Einsätze des 2. Kontingents . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

a) Führungsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

b) Einsatzplanung und Einsatzdurchführung . . . . . . . . . . . . 111

4. Einsätze des 3. Kontingents . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

a) Führungsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

b) Einsatzplanung und Einsatzdurchführung . . . . . . . . . . . . 111

III. Einfluss von Dienststellen der Bundeswehr auf Einsätze der
Spezialkräfte-Kontingente im Rahmen der Operation
Enduring Freedom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112

1. Einsatzführungskommando der Bundeswehr . . . . . . . . . . . . . 112

2. Division Spezielle Operationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

3. Kommando Spezialkräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

IV. Einfluss des Bundesministeriums der Verteidigung auf Einsätze
des Kommandos Spezialkräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

1. Führungsstab der Streitkräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

2. Generalinspekteur der Bundeswehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

3. Bundesminister der Verteidigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117

E. Welche Personen in der Bundeswehr und im Bundesministerium
der Verteidigung hatten je welche Kenntnis über die KSK-
Einsätze in Kandahar von ca. November 2001
bis ca. November 2002? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119

I. Kenntnisse von Personen in der Bundeswehr . . . . . . . . . . . . . . . 119

1. Einsatzführungskommando der Bundeswehr . . . . . . . . . . . . . 119

2. Division Spezielle Operationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120

3. Kommando Spezialkräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120

II. Kenntnisse von Personen im Bundesministerium der
Verteidigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120

1. Führungsstab der Streitkräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120

2. Leitungsebene des Ministeriums und Generalinspekteur
der Bundeswehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
a) Generalinspekteur der Bundeswehr . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

b) Staatssekretäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

c) Bundesminister der Verteidigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

Bundestag – 16. Wahlperiode
Drucksache 16/10650 – 12 – Deutscher

Seite

Dritter Teil

Bewertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

A. Bewertung der Untersuchungsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

I. Allgemeine Feststellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

II. Bewertung der Feststellungen zu den Nr. 1 bis 3 des
Untersuchungsauftrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126

1. Kontakt von Angehörigen der Bundeswehr zu Murat Kurnaz
(Nr. 1 des Untersuchungsauftrages) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

2. Vermeintliche Misshandlung von Murat Kurnaz durch
Soldaten der Bundeswehr (Nr. 2 des Untersuchungs-
auftrages) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

3. Kenntnis in der Bundeswehr und dem Bundesministerium
der Verteidigung von Murat Kurnaz‘ Anwesenheit
in Kandahar (Nr. 3 des Untersuchungsauftrages) . . . . . . . . . 130

III. Bewertung der Feststellungen zu den Nummern 4 und 5
des Untersuchungsauftrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130

1. Art der Einsätze der KSK-Soldaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

2. Einsatzregeln des KSK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

3. Umstände in dem US-Gefangenenlager . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

B. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

Vierter Teil

Sondervoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

A. Minderheitenbericht der Fraktion der FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

II. Untersuchungsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

1. Beschuldigungen durch Murat Kurnaz . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

2. Kenntnis der militärischen und politischen Führung über
die Gefangenschaft von Murat Kurnaz in Kandahar . . . . . . . 138

3. Umgang der Bundesregierung mit Gefangennahmen
in Kandahar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

4. Rechtliche Rahmenbedingungen des Einsatzes –
Gefangennahme und Gefangenenweitergabe . . . . . . . . . . . . . 139
5. Parlamentarische Kontrolle des Kommandos
Spezialkräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

III. Folgerungen/Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

Drucksache 16/10650
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 13 –

Seite

B. Minderheitenbericht der Fraktion DIE LINKE. . . . . . . . . . . . . . . . 143

I. Die Ergebnisse der Beweiserhebung des Untersuchungs-
ausschusses in kurzer Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

1. Misshandlung von Murat Kurnaz durch Angehörige
des KSK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

2. Einsatz des KSK in Kandahar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

II. Behinderung der Aufklärungsbemühungen des Untersuchungs-
ausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

III. Misshandlung von Murat Kurnaz durch Angehörige des KSK . . 146

IV. Einsatz des KSK in Kandahar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149

1. Nicht vom Bundestagsmandat gedeckter Einsatz des KSK . . 149

2. Folterung von Gefangenen durch KSK-Angehörige . . . . . . . 150

3. Duldung von und Teilnahme an völkerrechtswidriger
Behandlung der Gefangenen im Gefangenenlager
der FOB Airfield Kandahar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
a) Prozedur zur Aufnahme neuer Gefangener

(„In-processing“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
b) Schlafentzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
c) Lebensbedingungen im Gefangenenlager . . . . . . . . . . . . 153
d) Völkerrechtliche Vorgaben zur Behandlung von

Gefangenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154
e) Erkenntnis der KSK-Soldaten hinsichtlich der völker-

rechtswidrigen Behandlung der Gefangenen . . . . . . . . . . 156
f) Kenntnis der Führungsebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156

4. Ungelöstes Problem von Gefangennahmen durch
KSK-Angehörige im Rahmen der „Operation
Enduring Freedom“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156
a) Unzulässigkeit einer Übergabe von Gefangenen

an die USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157
b) Festhalten/Festnehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161
c) Nicht-Information der MdB Heidi Lippmann und heraus-

gezögerte Fehlinformation des Wehrbeauftragten . . . . . 162

V. Politische Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164

C. Sondervotum der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . 165

I. Politische Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165

II. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165

1. Verspätete oder unvollständige Vorlage von Unterlagen . . . 166

2. Verweigerung der Vorlage von Akten und Unterlagen,

insbesondere durch das Bundeskanzleramt . . . . . . . . . . . . . . 166

3. Aktenvernichtung beim Zentrum für Nachrichtenwesen
der Bundeswehr (ZNBw) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167

4. Beweisanträge des 1. Untersuchungsausschusses . . . . . . . . . 167

Bundestag – 16. Wahlperiode
Drucksache 16/10650 – 14 – Deutscher

Seite

5. Erstellung des Abschlussberichts/Geheimhaltung . . . . . . . . . 168

6. Amputationen im Abschlussbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168

III. Zeugenverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168

IV. Das KSK-Kontingent in Kandahar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170

1. Lebens- und Einsatzbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170

2. Unterstellung und Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170

3. Aufträge und Einsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170

4. Spannungen innerhalb des Kontingents . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

5. Alkoholkonsum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

6. Verhalten von US-Kräften im Einsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172

V. Das Gefangenenlager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172

1. Gefangenenbewachung – Mandat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172

2. Gefangenenbewachung – Auftragsvergabe . . . . . . . . . . . . . . 172

3. Das Gefangenenlager zwischen Neugier und Ausblenden . . 173

4. Übergriffe durch US-amerikanische Kräfte? . . . . . . . . . . . . . 173

VI. Misshandlungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174

VII. Meldungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175

1. Ein Deutscher im US-Gewahrsam in Kandahar . . . . . . . . . . 175

2. Erste Informationen zur Person Murat Kurnaz durch
die Geheimdienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176

3. Die undurchsichtige Rolle der Nachrichtendienste . . . . . . . . 176

VIII. Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176

1. Fehlende rechtliche Klarheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176

2. Keine „Rules of Engagement“ (ROEs) . . . . . . . . . . . . . . . . . 178

3. Interpretation des Auftrages des Bundestages . . . . . . . . . . . . 178

4. „Keine eigenen Gefangenen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179

5. Beteiligung an Menschenrechtsverletzungen ist unzulässig! . . 179

6. Verschleierung gegenüber dem Parlament . . . . . . . . . . . . . . 179

7. Verhalten bei Gefangennahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180

8. Humanitäres Völkerrecht – praktische Umsetzung . . . . . . . . 180

IX. Bewertungen und Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180

1. Einsatzrealität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
2. Führung und Interoperabilitätshindernisse . . . . . . . . . . . . . . . 180

3. Sinn des Auftrags und politische Zweckentfremdung . . . . . . 180

4. Warnfunktion gegen Straflosigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

Drucksache 16/10650
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 15 –

Seite

5. Menschenrechtliche Bindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

6. Geheimhaltung ganzer Einsätze des KSK . . . . . . . . . . . . . . . 181

X. Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182

1. Verbesserte parlamentarische Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . 182

2. Klare rechtliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182

3. Menschenrechte in der militärischen Ausbildung . . . . . . . . . 182

Fünfter Teil

Übersichten und Verzeichnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183

I. Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183

II. Übersicht der Beratungsunterlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190

III. Übersicht der Beweisbeschlüsse mit Bearbeitungsstand . . . . . . . 216

IV. Verzeichnis der zur Beweiserhebung beigezogenen
Materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233

V. Verzeichnis der Sitzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240

VI. Dokumentenübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243

legt worden, um die Aufnahme weiterer Kräfte vorzube-
reiten. Der schrittweise Aufwuchs des Hauptkontingentes
sei ab 1. Januar 2002 erfolgt und am 10. Januar 2002 habe
der Kontingentführer die Einsatzbereitschaft des 1. Kon-
tingents auf der amerikanischen Basis in Kandahar ge-
meldet. Des Weiteren berichtete er, dass auch der Bundes-
minister der Verteidigung großes Interesse an der
lückenlosen Aufklärung der Vorwürfe von Murat Kurnaz

Verbindungskommando mitgeteilt, dass die USA nunmehr
364 Gefangene in ihrem Gewahrsam hätten; darunter be-
finde sich jedoch kein Deutscher. Auf Nachfrage habe das
Verbindungskommando ergänzt, dass der vor einigen Ta-
gen gemeldete Deutsche irrtümlich in die Übersicht ge-
langt sei. Staatssekretär Dr. Peter Wichert interpretierte
dies in der Sitzung des Verteidigungsausschusses so, dass
die US-Stellen wohl erkannt hätten, dass es sich bei Murat
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 17 – Drucksache 16/10650

Erster Teil

Einsetzung des Untersuchungsausschusses und Verlauf des Untersuchungsverfahrens

A. Einsetzung, Auftrag und Konstituierung des Untersuchungsausschusses

I. Vorgeschichte

In der Ausgabe des Magazins stern vom 5. Oktober 2006
berichtete Murat Kurnaz exklusiv über seine Zeit als Ge-
fangener im US-Gefangenenlager Guantánamo, daneben
aber auch über eine Misshandlung durch zwei deutsche
Soldaten Anfang 2002 in einem US-Gefangenenlager in
Kandahar (Afghanistan). Der damals 19-jährige türkische
Staatsangehörige Murat Kurnaz, der seit seiner Geburt in
der Bundesrepublik Deutschland lebt, reiste am 3. Okto-
ber 2001 nach Pakistan, um nach seinen Angaben dort
seinen islamischen Glauben zu vertiefen. Ende November
2001 wurde er von pakistanischen Sicherheitskräften un-
ter Terrorverdacht festgenommen und an US-Einheiten
jenseits der pakistanisch-afghanischen Grenze übergeben.
Er wurde zunächst in einem US-Gefangenenlager in Kan-
dahar festgehalten, bevor er Anfang Februar 2002 von
dort in das Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba über-
stellt wurde.

Unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe von Mu-
rat Kurnaz, durch Angehörige der Bundeswehr in Kanda-
har Anfang Januar 2002 misshandelt worden zu sein,
bildete das Bundesministerium der Verteidigung eine Ar-
beitsgruppe zur Klärung des Sachverhaltes. Am 18. Okto-
ber 2006 nahm der Verteidigungsausschuss des Deutschen
Bundestages einen ersten Bericht der Bundesregierung zu
den von Murat Kurnaz erhobenen Vorwürfen entgegen.
Staatssekretär Dr. Peter Wichert (Bundesministerium der
Verteidigung) bestätigte in dieser Sitzung den Einsatz des
Kommandos Spezialkräfte im Rahmen der Operation
Enduring Freedom (OEF) für den fraglichen Zeitraum
Ende 2001/Anfang 2002. Er berichtete, dass mit der Ver-
legung des 1. Deutschen Heereskontingents Spezialkräfte
(1. DtHKtg SpezKr EF) – im Folgenden 1. Kontingent –
im Rahmen der Operation Enduring Freedom noch im
Dezember 2001 begonnen worden war. Am 25. Dezem-
ber 2001 sei ein Vorauskommando der Spezialkräfte in
der Stärke von lediglich vier Soldaten nach Kandahar ver-

sem Verdacht unverzüglich und gründlich nachgegangen
werde. Als Zwischenergebnis der laufenden Untersu-
chung sei festzustellen, dass es nach wie vor außer den
Vorwürfen von Murat Kurnaz keine Anhaltspunkte gebe,
dass dieser durch deutsche Soldaten in Kandahar miss-
handelt worden sei. Es habe jedoch offenbar Kontakte zu
ihm gegeben. Dies lasse sich darauf zurückführen, dass
deutsche Soldaten wahrscheinlich mehrfach an der Bewa-
chung des damaligen US-Gefangenenlagers in Kandahar
beteiligt gewesen seien. Vielen der eingesetzten Soldaten
sei daher bekannt gewesen, dass ein vermeintlicher Deut-
scher unter den Gefangenen sei. Diesen Gefangenen hät-
ten deutsche Soldaten im Rahmen ihrer Einweisung zum
Wachdienst gesehen. Ein Zeuge habe sich daran erinnert,
dass dem angeblichen Deutschen der Satz „Du warst
wohl auf der falschen Seite.“ zugerufen worden sei. Einen
Wortwechsel oder gar eine Misshandlung habe es aller-
dings nach den dem Bundesministerium der Verteidigung
vorliegenden Aussagen der damals vor Ort eingesetzten
Soldaten des Kommandos Spezialkräfte nicht gegeben.

In seiner 22. Sitzung am 25. Oktober 2006 befasste sich
der Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages
erneut mit den Vorwürfen von Murat Kurnaz gegenüber
Soldaten der Bundeswehr. Staatssekretär Dr. Peter
Wichert (BMVg) erläuterte ausführlich in einem weiteren
Bericht den aktuellen Stand und informierte über weitere
Ergebnisse der Untersuchungen der im Bundesministe-
rium der Verteidigung eingesetzten Arbeitsgruppe. Im
Einzelnen erläuterte er, dass nach seinen Erkenntnissen
das Deutsche Verbindungskommando beim US-Headquar-
ter Central Command (USCENTCOM) in Tampa/Florida
im Zuge seiner täglichen Meldungen an das Bundesminis-
terium der Verteidigung dem für den Einsatz zuständigen
Referat im Führungsstab der Streitkräfte (Fü S V 2) bereits
am 29. Dezember 2001 mitgeteilt habe, dass es Hinweise
auf einen von US-Kräften gefangen genommenen Deut-
schen gebe. Dies sei in der nächsten Meldung vom 4. Ja-
nuar 2002 bestätigt worden. Am 8. Januar 2002 habe das
habe. Das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg)
habe deshalb sofort angeboten, dem Verteidigungsaus-
schuss in seiner Sitzung am 18. Oktober 2006 über den
aktuellen Ermittlungsstand zu berichten. Auch hätten Sol-
daten der Bundeswehr einen Anspruch darauf, dass die-

Kurnaz um einen türkischen Staatsbürger gehandelt habe.
Hinsichtlich der Beiträge der deutschen Soldaten zur Be-
wachung des Gefangenenlagers bezog er sich auf weitere
Erkenntnisse der eingesetzten Arbeitsgruppe. Das im Er-
gebnis sich daraus ergebende – erst vorläufige – Bild

Drucksache 16/10650 – 18 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

stelle sich nach den Untersuchungen der Arbeitsgruppe
weiterhin so dar, dass die von Murat Kurnaz geschilderte
Situation von keinem vor Ort eingesetzten Soldaten des
KSK bestätigt worden sei. Vor diesem Hintergrund spra-
chen sich die im Verteidigungsausschuss vertretenen
Fraktionen für eine vollständige parlamentarische Auf-
klärung aus, unter anderem aus Gesichtspunkten der
Transparenz des Einsatzes der Soldaten des 1. Deutschen
Heereskontingents Spezialkräfte, vor allem aber um einer
Beschädigung des Ansehens der Bundeswehr entgegen-
zuwirken.

Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD im Verteidi-
gungsausschuss hatten bereits mit Schreiben vom 23. Ok-
tober 2006 die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses
um eine Ergänzung der Tagesordnung für die 22. Sitzung
am 25. Oktober 2006 ersucht und die Konstituierung des
Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss
gemäß Artikel 45a Abs. 2 GG mit folgendem Untersu-
chungsauftrag beantragt (A-Drs. des Verteidigungsaus-
schusses Nr. 16(12)205):

„Gegenstand der Untersuchung soll dabei sein:

1. Welche Kontakte gab es im Zeitraum von ca. Novem-
ber 2001 bis ca. Februar 2002 im Rahmen der Opera-
tion „Enduring Freedom“ zwischen Angehörigen der
Bundeswehr und dem durch US-Streitkräfte in Kanda-
har (Afghanistan) inhaftierten türkischen Staatsange-
hörigen Murat Kurnaz?

2. Wurde Murat Kurnaz im Rahmen dieser Kontakte
durch Angehörige der Bundeswehr in seiner körperli-
chen Integrität beeinträchtigt, und wenn ja, durch
wen?

3. Welche Personen innerhalb der Bundeswehr und im
Bundesministerium der Verteidigung hatten gegebe-
nenfalls Kenntnis über die Kontakte von Angehörigen
der Bundeswehr zu Murat Kurnaz?

4. Welche Einsätze haben KSK-Kräfte von ca. Novem-
ber 2001 bis ca. November 2002 in Kandahar durch-
geführt und welchen Einfluss hatten Dienststellen in
der Bundeswehr und das Bundesministerium der Ver-
teidigung auf diese Einsätze?

5. Welche Personen in der Bundeswehr und im Bundes-
ministerium der Verteidigung hatten Kenntnis über die
KSK-Einsätze in Kandahar von ca. November 2001
bis ca. November 2002?“

Die Fraktion DIE LINKE. im Verteidigungsausschuss
legte am 24. Oktober 2006 für die 22. Sitzung des Vertei-
digungsausschusses ihrerseits einen Ergänzungsantrag
vor, der sich in seinen Ziffern 4. und 5. auf die entspre-
chenden Ziffern des Antrags der Koalitionsfraktionen be-
zog.

Dieser Ergänzungsantrag hat folgenden Wortlaut:

„Der Gegenstand der Untersuchung solle um folgende
Fragestellungen ergänzt werden:

Enduring Freedom“ eingebunden und welche politi-
schen und militärischen Abstimmungen erfolgten in
diesem Rahmen zwischen dem Verteidigungsministe-
rium und den US-Kommandostrukturen innerhalb der
NATO?

2. Welche Formen der Zusammenarbeit zwischen den
„Special Forces“ der USA und dem Kommando Spe-
zialkräfte sowie ggf. weiteren Bundeswehreinheiten
wurden unter diesem Kommando praktiziert?

3. Welcher Informationsaustausch fand zwischen dem
BND und der Bundeswehr, einschließlich der Nach-
richtendienste der Bundeswehr, statt?

Die im Antrag der Fraktion der CDU/CSU und der Frak-
tion der SPD als Untersuchungsgegenstand unter Punkt 4
und Punkt 5 formulierten Fragen werden abgeändert und
lauten nun:

4. Welche Einsätze haben KSK-Kräfte von ca. Novem-
ber 2001 bis ca. November 2002 in Afghanistan
durchgeführt und welchen Einfluss hatten Dienststel-
len in der Bundeswehr und das Bundesministerium
der Verteidigung auf diese Einsätze?

5. Welche Personen in der Bundeswehr und im Verteidi-
gungsministerium hatten Kenntnis über die KSK-Ein-
sätze in Afghanistan von ca. November 2001 bis ca.
November 2002?“

(A-Drs. des Verteidigungsausschusses Nr. 16(12)207)

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Verteidi-
gungsausschuss legte ebenfalls am 24. Oktober 2006 für
die 22. Sitzung des Verteidigungsausschusses am 25. Ok-
tober 2006 einen Änderungsantrag zum Untersuchungs-
auftrag mit dem nachfolgenden Wortlaut vor (A-Drs. des
Verteidigungsausschusses Nr. 16(12)208):

„Gegenstand der Untersuchung soll dabei sein:

1. Welche Kontakte hatten Angehörige der Bundeswehr
mit dem Bremer Bürger Murat Kurnaz während des-
sen Inhaftierung durch US-Soldaten?

2. Wurde Murat Kurnaz im Rahmen dieser Kontakte
durch Angehörige der Bundeswehr in seiner körperli-
chen Integrität beeinträchtigt, und wenn ja: wie und
durch wen?

3. Welche Personen innerhalb der Bundeswehr und im
Bundesministerium der Verteidigung hatten gegebe-
nenfalls welche Kenntnis über die Kontakte von An-
gehörigen der Bundeswehr zu Murat Kurnaz?

4. a) Welche Einsätze haben KSK-Kräfte von ca. No-
vember 2001 bis zum ersten Gesamtabzug aus Afgha-
nistan 2003 in der Provinz Kandahar und anderen
Teilen Afghanistans durchgeführt, nach welchen Ein-
satzregeln haben sie dabei gehandelt und welchen Ein-
fluss hatten Dienststellen in der Bundeswehr sowie
das Bundesministerium der Verteidigung auf diese
Einsätze? b) Wie viele Personen (gegnerische und ei-
gene Kräfte) wurden bei diesen Einsätzen gefangen
1. Auf welche Art und Weise war die Bundeswehr in die
militärischen Strukturen im Rahmen der „Operation

genommen, verletzt oder getötet und was ist mit den
Gefangenen geschehen?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 19 – Drucksache 16/10650

5. Welche Personen in der Bundeswehr und im Bundes-
ministerium der Verteidigung hatten je welche Kennt-
nis über die bis zum ersten Gesamtabzug im Jahr 2003
in der Provinz Kandahar und anderen Teilen Afghanis-
tans erfolgten a) KSK-Einsätze, b) potentiellen Ver-
stöße gegen das humanitäre Kriegsvölkerrecht durch
OEF-Kräfte?“

Der Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD im
Verteidigungsausschuss auf Ausschussdrucksache
Nr. 16(12)205 wurde in der 22. Sitzung des Verteidigungs-
ausschusses am 25. Oktober 2006 beraten und einstimmig
angenommen. Dagegen wurden die Anträge der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Vertei-
digungsausschuss zunächst einvernehmlich nicht zur Ab-
stimmung gestellt, nachdem seitens der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD ein fraktionsübergreifendes Gespräch
über Antragsänderungen angeboten worden war.

Mit Schreiben vom 2. November 2006 wurde der Präsi-
dent des Deutschen Bundestages durch die Vorsitzende
des Verteidigungsausschusses darüber unterrichtet, dass
der Verteidigungsausschuss beschlossen hat, sich als Un-
tersuchungsausschuss gemäß Artikel 45a Abs. 2 des
Grundgesetzes einzusetzen (Dokument Nr. 12).

II. Konstituierung des Untersuchungs-
ausschusses und Untersuchungsauftrag

Unter dem Vorsitz des stellvertretenden Vorsitzenden des
Verteidigungsausschusses, Dr. Karl A. Lamers, erfolgte
die konstituierende Sitzung des Verteidigungsausschusses
als 1. Untersuchungsausschuss am 8. November 2006 mit
folgenden Tagesordnungspunkten:

1. Konstituierung des Verteidigungsausschusses als 1. Un-
tersuchungsausschuss gemäß Artikel 45a Absatz 2 GG;

2. Beratung über den Untersuchungsauftrag auf der
Grundlage der Beschlussfassung des Verteidigungs-
ausschusses in der 22. Sitzung vom 25. Oktober 2006.

In dieser konstituierenden Sitzung, die zugleich die
25. Sitzung des Verteidigungsausschusses darstellte, wies
der stellvertretende Vorsitzende darauf hin, dass der Ver-
teidigungsausschuss auf Antrag der Fraktionen der CDU/
CSU und SPD am 25. Oktober 2006 einstimmig be-
schlossen habe, sich als 1. Untersuchungsausschuss ein-
zusetzen. Dieser Beschluss werde mit der heutigen
Zusammenkunft zur ersten Sitzung des Untersuchungs-
ausschusses vollzogen. Damit habe sich der Verteidi-
gungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss gemäß
Artikel 45a Abs. 2 GG in seiner Sitzung am 8. November
2006 konstituiert.

Die Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
im Verteidigungsausschuss legten am 7. November 2006
als Ergebnis eines Abstimmungsgesprächs mit den Mit-
gliedern der Fraktionen der FDP, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Verteidigungsausschuss
den gegenüber dem ursprünglich vorgelegten Antrag der

chungsauftrag auf Ausschussdrucksache Nr. 16(12)213
vor, der folgenden Wortlaut hat:

„Gegenstand der Untersuchung soll dabei sein:

1. Welche Kontakte hatten Angehörige der Bundeswehr
mit dem türkischen Staatsbürger Murat Kurnaz wäh-
rend dessen Inhaftierung durch die US-Streitkräfte im
Zeitraum von ca. November 2001 bis ca. Februar
2002?

2. Wurde Murat Kurnaz im Rahmen dieser Kontakte
durch Angehörige der Bundeswehr in seiner körperli-
chen Integrität beeinträchtigt, und wenn ja, wie und
durch wen?

3. Welche Personen innerhalb der Bundeswehr und im
Bundesministerium der Verteidigung hatten gegebe-
nenfalls welche Kenntnis über die Kontakte von An-
gehörigen der Bundeswehr zu Murat Kurnaz?

4. Welche Einsätze haben KSK-Kräfte von ca. Novem-
ber 2001 bis ca. November 2002 in Kandahar durch-
geführt, nach welchen Einsatzregeln haben sie dabei
gehandelt und welchen Einfluss hatten Dienststellen in
der Bundeswehr und das Bundesministerium der Ver-
teidigung auf diese Einsätze?

5. Welche Personen in der Bundeswehr und im Bundes-
ministerium der Verteidigung hatten je welche Kennt-
nis über die KSK-Einsätze in Kandahar von ca. No-
vember 2001 bis ca. November 2002?“

Die Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN trugen diesen Antrag, begrenzt auf die Ziffern 4.
und 5., nicht mit und stellten ihren bereits in der Sitzung
vom 25. Oktober 2006 vorgelegten Antrag auf Aus-
schussdrucksache Nr. 16(12)208 nunmehr zur Abstim-
mung.

Die Fraktion der CDU/CSU wies hinsichtlich der Zif-
fern 2., 3. und 4. des Antrages auf Ausschussdrucksache
Nr. 16(12)213 darauf hin, dass hiermit angestrebt worden
sei, den Anliegen der übrigen Fraktionen gerecht zu wer-
den. Für den Fall weiterer Erkenntnisse aus der Tätigkeit
des Untersuchungsausschusses könne der Untersuchungs-
auftrag zeitlich und hinsichtlich der Orte ausgedehnt wer-
den. Mit dem Antrag der Koalitionsfraktionen werde an-
gestrebt, den Zeitraum zu erfassen, der für den Fall Murat
Kurnaz relevant sei. In diesem Fall gehe es darum zu un-
tersuchen, wie Angehörige des KSK sich gegenüber dem
Gefangenen Murat Kurnaz verhalten hätten; die Vor-
würfe, die vorgetragen worden seien, würden nunmehr
untersucht. Dies bedeute, dass der Zeitraum, der in Ziffer 1.
des Koalitionsantrages aufgeführt sei, nämlich November
2001 bis Februar 2002, den Zeitraum umfasse, der
Gegenstand dieses Falles sei. Der zweite Zeitraum be-
ziehe sich auf die Beendigung des Einsatzes des ersten
Kontingentes und auf den Ort Kandahar. Alle anderen
Sachverhalte, die die Beteiligung von US-Streitkräften
beträfen, könnten nicht Gegenstand des Untersuchungs-
auftrages sein. Aus diesem Grunde sei mit dem Ende des
Zeitraumes November 2002 und bezogen auf den Ort
Koalitionsfraktionen auf Ausschussdrucksache
Nr. 16(12)205 leicht modifizierten Antrag zum Untersu-

Kandahar eine Begrenzung eingeführt worden. Für den
Fall, es ergebe sich aus der Beweisaufnahme, dass noch

Drucksache 16/10650 – 20 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

andere Zeiträume und Orte relevant seien, werde dem
nachgegangen. Zurzeit gebe es jedoch keine weitergehen-
den Vorwürfe und keine Anhaltspunkte, sodass eine Be-
grenzung auf den genannten Zeitraum und den Ort Kan-
dahar vorzunehmen sei.

Die Fraktion der SPD teilte im Wesentlichen die Auffas-
sung der Fraktion der CDU/CSU und erklärte darüber
hinaus, dass Einvernehmen hinsichtlich des Untersu-
chungsauftrages mit allen im Verteidigungsausschuss ver-
tretenen Fraktionen angestrebt werde. Der Untersu-
chungsausschuss arbeite mit scharfen juristischen
Schwertern in Anlehnung an die Strafprozessordnung,
deshalb sei der Untersuchungsauftrag nicht so auszudeh-
nen, dass der Eindruck entstehen könne, der Einsatz des
gesamten 1. Deutschen Heereskontingents Spezialkräfte
stehe unter Verdacht. Die Formulierung „potenziellen
Verstöße gegen das humanitäre Kriegsvölkerrecht durch
OEF-Kräfte“ im Änderungsantrag der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN auf Ausschussdrucksache
Nr. 16(12)208, Ziffer 5. lit. b) gehe bereits sehr weit und
stelle keine eigentliche Frage, sondern eine „subjektivie-
rende Vermutung“ dar. Zum Informationsbedürfnis der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gehöre auch die
Frage, ob Partner der Operation Enduring Freedom Re-
gelverstöße begangen hätten. Dies sei aber eher eine
Frage der Information. Aufgabe des Untersuchungsaus-
schusses sei es, in erster Linie eine auch strafrechtlich re-
levante Körperverletzung zu untersuchen. Es sei nicht
Aufgabe des Untersuchungsausschusses zu klären, wie
künftig die Regelungen zur Zusammenarbeit institutionell
zu optimieren seien. Die Fraktion der SPD betonte in die-
ser Sitzung, dass keinerlei Erkenntnisse vorlägen, Ver-
dachtsmomente in anderen Regionen oder in anderen
Zeitabschnitten zu untersuchen.

Die Fraktion der FDP verwies in der konstituierenden Sit-
zung am 8. November 2006 darauf, in dem Gespräch der
Sprecher der im Verteidigungsausschuss vertretenen
Fraktionen sei zu dem Untersuchungsauftrag auf Aus-
schussdrucksache des Verteidigungsausschusses
Nr. 16(12)213 Einvernehmen hergestellt worden. Es habe
eine Verständigung gegeben, den Untersuchungsauftrag
dann einvernehmlich zu erweitern, wenn dies in zeitlicher
oder örtlicher Hinsicht erforderlich werden sollte. Für den
Fall, dass keine einvernehmlichen Beschlüsse möglich
seien, werde die Fraktion der FDP von ihrem Minderhei-
tenrecht Gebrauch machen.

Die Fraktion DIE LINKE. erklärte, auch sie trage die Zif-
fern 1. bis 5. des Untersuchungsauftrages auf Ausschuss-
drucksache des Verteidigungsausschusses Nr. 16(12)213
mit. Es sei Einvernehmen hergestellt worden, gegebenen-
falls im Zuge des Untersuchungsverfahrens Erweiterun-
gen vornehmen zu können. Da es neben dem Fall Murat
Kurnaz auch darum gehe, wie mit den Gefangenen insge-
samt umgegangen worden sei, werde dem Erweiterungs-
antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Verteidi-
gungsausschuss nahm Bezug auf ihren Antrag auf Aus-
schussdrucksache des Verteidigungsausschusses
Nr. 16(12)208 und sprach sich dafür aus, den Untersu-
chungsauftrag in zeitlicher und räumlicher Hinsicht aus-
zudehnen. Die Ziffern 1. bis 3. des Antrags der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN seien durch den Antrag der
Koalitionsfraktionen erfasst. Deshalb würden lediglich
die Ziffern 4. und 5. des Antrages zur Abstimmung ge-
stellt.

Der stellvertretende Vorsitzende des Verteidigungsaus-
schusses stellte zunächst den weitergehenden Antrag der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN begrenzt auf die
Ziffern 4. und 5. zur Abstimmung. Der Ausschuss be-
schloss mit der Mehrheit der Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD, gegen die Stimmen der Fraktionen
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE., bei Ent-
haltung der Fraktion der FDP, den Antrag abzulehnen. Der
Untersuchungsausschuss beschloss mit der Mehrheit der
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP, bei
Enthaltung der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN, dem Antrag auf Ausschussdrucksache des
Verteidigungsausschusses Nr. 16(12)213 zuzustimmen.

1. Untersuchungsauftrag

Mit Annahme des Wortlauts des Antrages der Koalitions-
fraktionen auf Ausschussdrucksache Nr. 16(12)213
wurde der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungs-
ausschuss beauftragt, die nachfolgenden Fragen zu unter-
suchen:

1. Welche Kontakte hatten Angehörige der Bundeswehr
mit dem türkischen Staatsbürger Murat Kurnaz wäh-
rend dessen Inhaftierung durch die US-Streitkräfte im
Zeitraum von ca. November 2001 bis ca. Februar
2002?

2. Wurde Murat Kurnaz im Rahmen dieser Kontakte
durch Angehörige der Bundeswehr in seiner körperli-
chen Integrität beeinträchtigt, und wenn ja, wie und
durch wen?

3. Welche Personen innerhalb der Bundeswehr und im
Bundesministerium der Verteidigung hatten gegebe-
nenfalls welche Kenntnis über die Kontakte von An-
gehörigen der Bundeswehr zu Murat Kurnaz?

4. Welche Einsätze haben KSK-Kräfte von ca. Novem-
ber 2001 bis ca. November 2002 in Kandahar durch-
geführt, nach welchen Einsatzregeln haben sie dabei
gehandelt und welchen Einfluss hatten Dienststellen in
der Bundeswehr und das Bundesministerium der Ver-
teidigung auf diese Einsätze?

5. Welche Personen in der Bundeswehr und im Bundes-
ministerium der Verteidigung hatten je welche Kennt-
Ausschussdrucksache des Verteidigungsausschusses
Nr. 16(12)208 zugestimmt.

nis über die KSK-Einsätze in Kandahar von ca. No-
vember 2001 bis ca. November 2002?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 21 – Drucksache 16/10650

2. Mitglieder des Untersuchungs-
ausschusses

Die nachfolgend aufgeführten Mitglieder des Verteidi-
gungsausschusses waren gleichzeitig Mitglieder des Ver-
teidigungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss:

CDU/CSU-Fraktion

SPD-Fraktion

FDP-Fraktion

Fraktion DIE LINKE.

Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Seit der Konstituierung des Verteidigungsausschusses als
1. Untersuchungsausschuss hat es folgende Änderungen
in seiner Zusammensetzung gegeben: Von der Fraktion
der SPD wurden Abg. Christian Kleiminger am 7. No-
vember 2006 für Abg. Hans-Joachim Hacker als stellver-

Ordentliche Mitglieder: Ulrich Adam
Ernst-Reinhard Beck
(Reutlingen)
Monika Brüning
Jürgen Herrmann
Robert Hochbaum
Dr. Karl A. Lamers
(Heidelberg)
Henning Otte
Hans Raidel
Kurt J. Rossmanith
Anita Schäfer
Bernd Siebert

Stellvertretende Mitglieder: Michael Brand
Dr. Michael Fuchs
Hermann Gröhe
Markus Grübel
Dr. Karl-Theodor Freiherr
zu Guttenberg
Eckhart von Klaeden
Kristina Köhler (Wiesbaden)
Dr. Rolf Koschorrek
Dr. Joachim Pfeiffer
Dr. Andreas Schockenhoff
Marcus Weinberg

Ordentliche Mitglieder: Rainer Arnold
Dr. Hans-Peter Bartels
Petra Heß
Gerd Höfer
Rolf Kramer
Ulrike Merten
Ursula Mogg
Maik Reichel
Jörn Thießen

Andreas Weigel
Stellvertretende Mitglieder: Doris Barnett

Uwe Karl Beckmeyer
Karin Evers-Meyer
Gabriele Fograscher
Iris Hoffmann (Wismar)
Klaas Hübner
Johannes Kahrs
Christian Kleiminger
Walter Kolbow
Caren Marks
Uta Zapf

Ordentliche Mitglieder: Elke Hoff
Birgit Homburger
Dr. Rainer Stinner

Stellvertretende Mitglieder: Jörg van Essen
Jürgen Koppelin
Dirk Niebel

Ordentliche Mitglieder: Inge Höger
Dr. Hakkı Keskin
Paul Schäfer (Köln)

Stellvertretende Mitglieder: Ulrich Maurer
Petra Pau
Dr. Kirsten Tackmann

Ordentliche Mitglieder: Winfried Nachtwei
Omid Nouripour

Stellvertretende Mitglieder: Alexander Bonde
Dr. Uschi Eid

Fraktionsloses Mitglied: Gert Winkelmeier
tretendes Mitglied sowie Abg. Thomas Oppermann am
28. November 2006 für Abg. Caren Marks als stellvertre-Hedi Wegener

Drucksache 16/10650 – 22 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

tende Mitglieder benannt; ab dem 6. März 2007 wurde
wiederum Abg. Caren Marks anstelle des Abg. Thomas
Oppermann stellvertretendes Mitglied im Ausschuss. Am
6. November 2007 wurde für Abg. Gabriele Fograscher
Abg. Maik Reichel als ordentliches Mitglied benannt;
Abg. Gabriele Fograscher wurde stellvertretendes Mit-
glied.

Die Fraktion der FDP benannte am 19. Januar 2007 Abg.
Jürgen Koppelin für den Abg. Dr. Max Stadler als stell-
vertretendes Mitglied des Verteidigungsausschusses. An
der Sitzung am 4. Juli 2007 nahm anstelle des Abg. Jörg
van Essen Abg. Christian Ahrendt teil, der für diesen Sit-
zungstag als stellvertretendes Mitglied benannt wurde.

Für die Fraktion DIE LINKE. war seit dem 23. November
2006 Abg. Ulrich Maurer für den Abg. Dr. Norman Paech
stellvertretendes Mitglied im Ausschuss. Am 10. Septem-
ber 2007 wurden Abg. Dr. Gesine Lötzsch für die Abg.
Katrin Kunert als ordentliches Mitglied und Abg.
Dr. Kirsten Tackmann für Abg. Dr. Gesine Lötzsch als
stellvertretendes Mitglied benannt. Abg. Dr. Hakkı Keskin
wurde am 16. Januar 2008 anstelle der Abg. Dr. Gesine
Lötzsch ordentliches Mitglied der Fraktion DIE LINKE.

An der 18. Sitzung des Ausschusses am 24. Oktober 2007
nahm für den Abg. Ulrich Maurer Abg. Dr. Norman
Paech als stellvertretendes Mitglied teil.

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wurde in
der 10. Sitzung des Untersuchungsausschusses am
25. April 2007 sowie in der 13. Sitzung am 13. Juni 2007
Abg. Alexander Bonde durch Abg. Ute Koczy vertreten.
Am 27. Mai 2008 wurde der Abg. Omid Nouripour an-
stelle des Abg. Alexander Bonde ordentliches Mitglied
des Ausschusses. Am 3. Juni 2008 verzichtete Abg.
Wolfgang Wieland auf seinen Sitz als stellvertretendes
Mitglied; für ihn ist Abg. Alexander Bonde als stellver-
tretendes Mitglied im Ausschuss benannt worden. In der
Sitzung am 25. Juni 2008 vertrat Abg. Wolfgang Wieland
den Abg. Omid Nouripour.

Im Hinblick auf eine mögliche Vernehmung als Zeugen
nahmen Abg. Jörn Thießen (SPD) lediglich an der konsti-
tuierenden Sitzung des Verteidigungsausschusses als
1. Untersuchungsausschuss und Abg. Walter Kolbow
(SPD) an keiner Sitzung des Untersuchungsausschusses
teil. Beide Abgeordnete verzichteten auf die Zusendung
von Materialien des Untersuchungsausschusses.

3. Vorsitzende, stellvertretender Vorsitzender
sowie Sprecher und Berichterstatter

In der konstituierenden Sitzung am 8. November 2006
wurde die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses,
Ulrike Merten (SPD), durch den stellvertretenden Vorsit-
zenden, Dr. Karl A. Lamers (CDU/CSU), vertreten; in
den nachfolgenden Sitzungen nahm er ununterbrochen
den Vorsitz im Untersuchungsausschuss wahr.

Die verteidigungspolitischen Sprecher der im Verteidi-
gungsausschuss vertretenen Fraktionen, Abg. Bernd

LINKE.) und Abg. Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) nahmen auch im Untersuchungsaus-
schuss diese Funktion wahr. Darüber hinaus waren die
Sprecher als Berichterstatter im Untersuchungsausschuss
tätig. Die Abg. Birgit Homburger wurde im interfraktio-
nellen Gremium überwiegend durch die Abg. Elke Hoff
vertreten. Als Vertreter im sogenannten interfraktionellen
Gremium (s. dazu Erster Teil, B, Ziffer II, Nr. 1) sind die
nachfolgend aufgeführten Abgeordneten benannt worden:

Fraktion der CDU/CSU
Jürgen Herrmann

Ernst-Reinhard Beck

Fraktion der SPD
Christian Kleiminger

Ursula Mogg

Fraktion der FDP
Elke Hoff

Fraktion DIE LINKE.
– Keine Benennung –

Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Omid Nouripour

4. Benannte und ermächtigte Mitarbeiter
der Fraktionen

Folgende Mitarbeiter der Fraktionen wurden für die Teil-
nahme an den Sitzungen des Verteidigungsausschusses
als 1. Untersuchungsausschuss gemäß Artikel 45a Abs. 2
GG benannt:

Fraktion der CDU/CSU
Claudia von Cossel

Andreas Henne

Rudolf Seiler

Bernd Weber

Volker Zimmermann

Fraktion der SPD
Ulrike Fleischer

Christian Heyer

Axel Schneider

Frank Weniger

Fraktion der FDP
Siebert (CDU/CSU), Abg. Rainer Arnold (SPD), Abg.
Birgit Homburger (FDP), Abg. Paul Schäfer (DIE

Friedel H. Eggelmeyer

Tim Heerhorst

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 23 – Drucksache 16/10650

Fraktion DIE LINKE.
Dr. Kirsten Jansen

Dr. Alexander Neu

Dr. Franz Josef Hutsch (bis 11. Mai 2007)

Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Martina Kant

Andreas Körner

Karsten Lüthke

Dr. Anja Seiffert

5. Der Wehrbeauftragte des Deutschen
Bundestages

Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Rein-
hold Robbe, wurde im Untersuchungsausschuss durch
seinen Leitenden Beamten MDg Friedhelm Dreyling ver-
treten. Darüber hinaus nahmen seine Mitarbeiter
MR Michael Mühlen bzw. ORR Normann Plaster und
ORR Niels Schafranek an Sitzungen des Untersuchungs-
ausschusses teil.

6. Beauftragte der Bundesregierung
Die nachfolgend benannten Beauftragten der Bundes-
regierung wurden dem Sekretariat des Untersuchungsaus-
schusses schriftlich gemeldet und waren ermächtigt, als
Vertreter ihrer Behörde an den Sitzungen des Untersu-
chungsausschusses teilzunehmen:

Bundeskanzleramt
RD Torsten Akmann
Fregattenkapitän Jens Dombert
RDn Christiane Tietz
Oberst i. G. Dr. Erich Vad
RD Thomas Valentinotti
ORRn Anne-Katrin Wahl
RDn Dr. Angela Wieschhörster

Bundesministerium der Verteidigung
MinDirig Ulrich Birkenheier

RDir Carsten Denecke

MinR Dr. Rüdiger Huth

MinR Stefan Sohm

LRDir Dr. Stephan Weber

Auswärtiges Amt
VLR I Miguel Berger

VLR Dr. Christophe Eick

Bundesministerium des Innern

RD Dr. Jan Hecker

ORR Jörn Hinze (bis 19. November 2007)

RDn Isabel Schmitt-Falkenberg (bis 19. November 2007)

KOK Kirsten Mönckmeyer (bis 19. November 2007)

RR Jakob Sperl (bis 19. November 2007)

Leitungsstab Bundesnachrichtendienst

BauDir Karsten Rabe

7. Sekretariat des Untersuchungs-
ausschusses

Für die Bewältigung der anfallenden organisatorischen
Aufgaben wurde in der konstituierenden Sitzung be-
schlossen, ein Sekretariat des Untersuchungsausschusses
einzurichten, das dem Sekretariat des Verteidigungsaus-
schusses unter Leitung von MRn Dr. Beate Hasenjäger
angegliedert war:

Für die Erstellung des Abschlussberichtes wurden zusätz-
lich die Diplom-Juristen Yesim Yalcin (1. Juli 2007 bis
31. Januar 2008), Marc Konarski (1. Oktober 2007 bis
15. Januar 2008) sowie Ayah El-Khadra (21. Januar 2008
bis 30. April 2008) hinzugezogen.

Die Arbeit des Sekretariates wurde unterstützt durch die
Schreibkräfte Karin Hollasch (22. November 2006 bis
3. Dezember 2007), Heidemarie Mucke (3. Dezember
2007 bis 2. Mai 2008) und Heike Kramer (ab 8. Mai
2008), die studentischen Hilfskräfte Doreen Zirkler
(10. Januar bis 6. Juli 2007) und Marco Koehler (5. Fe-
bruar bis 6. Juli 2007) sowie die Bürokraft Sebastian
Bergmann (30. August 2007 bis 24. April 2008).

III. Parallelverfahren
Die nachfolgend aufgeführten Parallelverfahren stehen in
sachlichem Bezug zu dem Untersuchungsauftrag des Ver-
teidigungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss.

1. Untersuchungen des Bundesministeriums
der Verteidigung

Anlässlich der von Murat Kurnaz erhobenen Vorwürfe
wurde im Bundesministerium der Verteidigung am 5. Ok-
tober 2006 eine Arbeitsgruppe gebildet und mit der Un-
tersuchung betraut; sie war mit umfassenden Vollmachten
ausgestattet und an keine Weisungen gebunden. Erste
vorläufige Erkenntnisse berichtete Staatssekretär
Dr. Peter Wichert dem Verteidigungsausschuss in seinen

Leitung: RD Hans Anton Hilgers
Vertretung: RD Thomas Meyer
Sachbearbeiterin: OARn Angelika Fülbier
1. Ausschusssekretärin: Christiane Kahlert
VLR Thomas Graf

KS z. A. Malte Locknitz
Sitzungen am 18. und 25. Oktober 2006 und verwies da-
rauf, dass die in Betracht kommenden damals aktiven

Drucksache 16/10650 – 24 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Soldaten des Kommandos Spezialkräfte ermittelt worden
seien. An diese Soldaten seien zur Sachverhaltsaufklä-
rung Fragebögen versandt worden; bis zum 25. Oktober
2006 habe ein überwiegender Teil dieser Soldaten auch
bereits entsprechende sogenannte dienstliche Erklärungen
zur Sache abgegeben. Weiterhin seien Befragungen durch
die Arbeitsgruppe im Bundesministerium der Verteidi-
gung durchgeführt worden. Bisher hätten sich keine Hin-
weise dafür ergeben, dass der Hauptvorwurf von Murat
Kurnaz, er sei von deutschen Soldaten misshandelt wor-
den, den Tatsachen entspreche. Der Staatssekretär kün-
digte zwar in der Sitzung am 25. Oktober 2006 weitere
intensive Befragungen und Aktenauswertungen an, mit
der Konstituierung des Verteidigungsausschusses als Un-
tersuchungsausschuss am 8. November 2006 wurden je-
doch die Ermittlungen der Arbeitsgruppe eingestellt und
entsprechendes Aktenmaterial dem Untersuchungsaus-
schuss übergeben.

Mit Schreiben vom 7. August 2007 – Az: 25 – 01 – 24 –
teilte die Wehrdisziplinaranwaltschaft in Regensburg für
den Bereich der Division Spezielle Operationen dem Un-
tersuchungsausschuss mit, dass das anhängige wehrdiszi-
plinarrechtliche Verfahren gegen die beiden im Ermitt-
lungsverfahren der Staatsanwaltschaft beschuldigten
Soldaten im Wesentlichen vom Ergebnis dieses Strafver-
fahrens abhänge.

2. Sonderausschuss des Europäischen
Parlaments (sog. CIA-Untersuchungs-
ausschuss)

Am 18. Januar 2006 wurde vom Europäischen Parlament
die Bildung eines Nichtständigen Ausschusses zur Unter-
suchung der vermuteten Heranziehung europäischer Staa-
ten für die Beförderung und die unrechtmäßige Inhaftie-
rung von Gefangenen durch die Central Intelligence
Agency (CIA) der Vereinigten Staaten eingesetzt. Das
Mandat dieses Ausschusses konzentrierte sich im We-
sentlichen auf drei Schwerpunktbereiche:

– Untersuchung aller gegen die USA gerichteten Vor-
würfe sowie eine mögliche Komplizenschaft von EU-
Mitgliedstaaten und Kandidatenländern;

– Prüfung, ob es Aktivitäten im sogenannten Antiterror-
kampf unter Verletzung völkerrechtlicher Abkommen,
insbesondere der Europäischen Menschenrechtskon-
vention, gegeben habe;

– Konsequenzen aus erwiesenen illegalen Praktiken.

Die Arbeit des Sonderausschusses des Europäischen Par-
laments konnte dem Verteidigungsausschuss als 1. Unter-
suchungsausschuss vor diesem Hintergrund nur mittelbar
Erkenntnisse über die von Murat Kurnaz behaupteten
Misshandlungsvorwürfe durch deutsche Soldaten ver-
schaffen. Am 14. September 2006 fand bereits vor diesem
Sonderausschuss des Europäischen Parlaments eine An-
hörung des Rechtsanwalts Bernhard Docke zu seinem
Mandanten Murat Kurnaz statt. Am 22. November 2006
erfolgte die Anhörung von Murat Kurnaz. Vor dem Aus-

misshandelt worden zu sein (Europäisches Parlament,
Protokoll vom 14. September 2006, Dokument Nr. 8;
Bandabschrift der Anhörung vom 22. November 2006,
MAT 16-13, Dokument Nr. 9).

In seinem Abschlussbericht vom 30. Januar 2007 stellte
der Berichterstatter dieses Ausschusses des Europäischen
Parlaments, Giovanni Claudio Fava, zu den Untersuchun-
gen bezogen auf die Person Murat Kurnaz fest:

„Der Sonderausschuss (…)

88. unterstützt in jeder Hinsicht die vom Staatsanwalt in
Potsdam eingeleiteten und am 25. Oktober 2006 an die
Staatsanwaltschaft in Tübingen/Karlsruhe übergegebenen
Ermittlungen gegen Unbekannt, um herauszufinden, in-
wieweit Murat Kurnaz in Afghanistan von deutschen Sol-
daten des Kommandos Spezialkräfte (KSK), den Sonder-
truppen der Bundeswehr, misshandelt wurde, bevor er
nach Guantánamo verbracht wurde; (…).“

(Europäisches Parlament, Bericht, MAT 16 – 21, Doku-
ment Nr. 29; Entschließung des Europäischen Parla-
ments, MAT 16-23, Dokument Nr. 30)

Die Feststellungen hinsichtlich seiner Festnahme und
Verbringung nach Guantánamo sowie die Frage der aus-
reichenden Bemühungen der Bundesregierung um seine
Freilassung betrafen nicht unmittelbar den Untersuchungs-
auftrag des Verteidigungsausschusses als Untersuchungs-
ausschuss. Diese Feststellungen betreffen vielmehr den Un-
tersuchungsauftrag des 1. Untersuchungsausschusses der
16. Wahlperiode, der in den Medien auch vielfach als soge-
nannter BND-Untersuchungsausschuss bezeichnet wird.

3. Der 1. Untersuchungsausschuss
der 16. Wahlperiode

Am 7. April 2006 wurde der 1. Untersuchungsausschuss
der 16. Wahlperiode auf Antrag der Oppositionsfraktio-
nen durch den Deutschen Bundestag eingesetzt, dessen
Untersuchungsauftrag ebenfalls konkrete Bezüge zur Per-
son von Murat Kurnaz aufweist. Der Untersuchungsauftrag
des 1. Untersuchungsausschusses der 16. Wahlperiode
nimmt auf Bundestagsdrucksache 16/990 in der Fassung
der Bundestagsdrucksache 16/1179 unter Ziffer III.,
Punkt 1. sowie auf Bundestagsdrucksache 16/3191 unter
Ziffer III, Punkt 5., auf Murat Kurnaz zu der Frage Be-
zug, ob und ggf. zu welchem Zweck und auf welchen
rechtlichen Grundlagen Bundesbehörden Reisedaten an
US-amerikanische und pakistanische Stellen weitergege-
ben haben. Darüber hinaus soll der 1. Untersuchungsaus-
schuss klären, welche Bemühungen im Fall Murat
Kurnaz von der Bundesregierung unternommen wurden,
um ihm Hilfe zu leisten und seine Freilassung zu bewir-
ken. Aus diesen Aspekten des Untersuchungsauftrages
des 1. Untersuchungsausschusses der 16. Wahlperiode
konnten sich nur dann Berührungspunkte hinsichtlich der
Zuständigkeit des Verteidigungsausschusses als Untersu-
chungsausschuss ergeben, wenn der Bereich der Verteidi-
gung betroffen war. Hierbei umfasste der Begriff der Ver-
schuss bekräftigte er die Vorwürfe, durch deutsche Solda-
ten im US-Gefangenenlager in Kandahar/Afghanistan

teidigung neben Maßnahmen, die der Abwehr
bewaffneter Angriffe dienen, auch alle Fragen, die mit

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25 – Drucksache 16/10650

dem Einsatz von Angehörigen der Bundeswehr zusam-
menhingen (Dokumente Nr. 10, 11, 14).

Der 1. Untersuchungsausschuss der 16. Wahlperiode hat
in seiner 54. Sitzung am 13. September 2007 zum Unter-
suchungsauftrag auf den Bundestagsdrucksachen 16/990,
16/1179 (Dokumente Nr. 10 u. 11) und 16/3028, 16/3191
(Dokumente Nr. 13 u. 14) sowie 16/5751, 16/6007 (Doku-
mente Nr. 15 u. 16) den Beweisbeschluss 16 – 338 ge-
fasst. Hiernach sollten alle beigezogenen Unterlagen des
Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss,
die die Tätigkeit eines vom Verteidigungsausschuss als
Untersuchungsausschuss vernommenen Zeugen betref-
fen, sowie das Stenografische Protokoll über dessen Ver-
nehmung vorgelegt werden. Darüber hinaus hat der
1. Untersuchungsausschuss der 16. Wahlperiode in seiner
57. Sitzung am 11. Oktober 2007 den Beweisbe-
schluss 16 – 344 gefasst, nach dem sämtliche Stenografi-
sche Protokolle des Verteidigungsausschusses als 1. Unter-
suchungsausschuss über die Vernehmungen von Zeugen
vorzulegen sind, die Bezüge zur Tätigkeit dieses Zeugen
aufweisen (Schriftwechsel, Dokumente Nr. 17, 18, 20).

Bereits mit Schreiben vom 27. September 2007 hat sich
der den Vorsitz im Verteidigungsausschuss als 1. Untersu-
chungsausschuss ausübende stellvertretende Vorsitzende,
Dr. Karl A. Lamers, an den Ausschuss für Wahlprüfung,
Immunität und Geschäftsordnung gewandt. Darin teilte er
mit, dass im Hinblick auf die umfassende Unterlagen-
anforderung der Ausschuss sich u. a. veranlasst sehe, dies
zunächst unter den Gesichtspunkten der verfassungs-
rechtlichen Stellung des Verteidigungsausschusses als
Untersuchungsausschuss sowie seines Untersuchungsauf-
trages nach Artikel 45a Abs. 2 GG einerseits und des Un-
tersuchungsauftrages des 1. Untersuchungsausschusses
der 16. Wahlperiode nach Artikel 44 GG andererseits ei-
ner Prüfung zuzuführen. In diesem Schreiben nahm er
auch Bezug auf eine Ausarbeitung des Wissenschaftli-
chen Dienstes des Deutschen Bundestages zu dem Thema
„Beiziehung von Akten eines Untersuchungsausschusses
nach Artikel 45a GG durch einen Untersuchungsaus-
schuss nach Artikel 44 GG“. Er stellte fest, dass der Ver-
teidigungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss nach
dieser Ausarbeitung zur Herausgabe von Akten der Re-
gierung an den 1. Untersuchungsausschuss der 16. Wahl-
periode grundsätzlich nicht verpflichtet ist (Schreiben
vom 27. September 2007, Dokument Nr. 19; Ausarbeitung
des Wissenschaftlichen Dienstes, Dokument Nr. 22).

Der Vorsitzende des Ausschusses für Wahlprüfung, Im-
munität und Geschäftsordnung hat mit Schreiben vom
14. Januar 2008 mitgeteilt, dass der 1. Ausschuss in sei-
ner Sitzung am 13. Dezember 2007 mehrheitlich zu dem
Ergebnis gekommen sei, keine formelle Auslegungsent-
scheidung zur Zulässigkeit eines solchen Beweisbe-
schlusses zu treffen, da die Angelegenheit neben der Ge-
schäftsordnung des Deutschen Bundestages auch
verfassungsrechtliche Fragestellungen sowie das Gesetz

Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Ge-
schäftsordnung hat folgende informelle Empfehlung zur
verfahrensmäßigen Vorgehensweise gegeben:

„Ein Untersuchungsausschuss kann im Rahmen seines
Untersuchungsauftrags durch Beweisbeschluss Proto-
kolle über Zeugenvernehmungen eines anderen Untersu-
chungsausschusses beiziehen. Sind Stellen außerhalb des
Deutschen Bundestages an der Entstehung von geheim zu
haltenden Angelegenheiten, die in den Protokollen ver-
merkt sind, beteiligt gewesen, soll die Herausgabe der
Protokolle in Anlehnung an die Regelung in § 44d Abs. 2
des Abgeordnetengesetzes nur im Einvernehmen mit die-
sen Stellen erfolgen.“ (Dokument Nr. 21)

Auf der Grundlage dieser Empfehlung sind Inhalte aus
Stenografischen Protokollen aus der Vernehmung der in
Betracht kommenden Zeugen im Zusammenhang mit ent-
sprechenden Aussagegenehmigungen dem Bundeskanz-
leramt und dem Bundesministerium der Verteidigung zur
Herstellung des Einvernehmens zugeleitet worden. So-
wohl das Bundeskanzleramt als auch das Bundesministe-
rium der Verteidigung haben mit unterschiedlicher Be-
gründung ihr Einvernehmen zu einer Herausgabe der
entsprechenden Unterlagen und Protokolle nicht erklärt.

4. Ermittlungsverfahren

Seit Ende 2006 ermittelte die Staatsanwaltschaft Tübin-
gen ebenfalls wegen des von Murat Kurnaz erhobenen
Vorwurfs, während seiner Gefangenschaft im US-Gefan-
genenlager in Kandahar im Januar 2002 von Angehörigen
der Bundeswehr misshandelt worden zu sein. Nachdem
Murat Kurnaz zunächst als Zeuge vernommen worden
war und die schon in den Medien erhobenen Vorwürfe
wiederholte und präzisierte, konzentrierten sich die Er-
mittlungen der Staatsanwaltschaft auf 14 Soldaten des
Kommandos Spezialkräfte, die nach den Untersuchungen
des Bundesministeriums der Verteidigung Anfang Januar
2002 den von Murat Kurnaz behaupteten Kontakt zu ihm
hätten haben können. Alle 14 Soldaten des KSK wurden
als Zeugen zu ihren Wahrnehmungen vernommen und
von ihnen Lichtbilder für eine sogenannte Wahllichtbild-
vorlage gefertigt. Am 28. Dezember 2006 wurden diese
14 Lichtbilder zusammen mit 34 weiteren Lichtbildern
von unbeteiligten Personen, die in Uniformen des Kom-
mandos Spezialkräfte fotografiert worden waren, dem
Zeugen Murat Kurnaz vorgelegt. Dieser wählte aus den
48 Lichtbildern eines aus, auf dem seines Erachtens der
Soldat abgebildet war, der ihn an den Haaren gepackt und
seinen Kopf auf den Boden geschlagen haben soll. Die
Staatsanwaltschaft Tübingen leitete daraufhin am 29. De-
zember 2006 ein Ermittlungsverfahren gegen diesen Sol-
daten sowie gegen den Soldaten ein, der mit ihm zusam-
men Wachdienst hatte. Den beiden Beschuldigten wurde
gefährliche Körperverletzung im Amt durch gemein-
schaftliche Begehung (§ 340 Abs. 1 und 3 StGB i. V. m.
§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB) vorgeworfen (Pressemitteilung
zur Regelung des Rechts der Untersuchungsausschüsse
des Deutschen Bundestages (PUAG) berühre.

der Staatsanwaltschaft Tübingen vom 8. Januar 2007,
MAT 16 – 12, Dokument Nr. 23).

vom 25. Juli 2007 der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart
zur Sachverhaltsaufklärung weitere Mitgefangene von
Murat Kurnaz benannt hatte, wurde das Ermittlungsver-
fahren durch die Staatsanwaltschaft Tübingen wieder auf-
genommen. Rechtsanwalt Bernhard Docke hatte als Zeu-
gen u. a. die britischen Staatsangehörigen Ruhal Ahmed
und Asif Iqbal benannt (MAT 16 – 41, Dokument Nr. 24).

Mit Schreiben vom 11. März 2008 ist dem Untersu-
chungsausschuss von der Staatsanwaltschaft Tübingen
die erneute Einstellungsverfügung zum Ermittlungsver-
fahren wegen Verdachts der gefährlichen Körperverlet-
zung zum Nachteil von Murat Kurnaz übersandt worden.
Die Staatsanwaltschaft Tübingen ist darüber hinaus am
12. März 2008 mit einer Pressemitteilung an die Öffent-
lichkeit getreten: Das Ermittlungsverfahren gegen Solda-
ten des Kommandos Spezialkräfte Calw wegen Körper-
verletzung im Amt sei am 10. März 2008 erneut gemäß
§ 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Auch die Verneh-
mungen der zusätzlich benannten Zeugen hätten keine
weitere Aufklärung der Vorkommnisse im Januar 2002 in
Kandahar erbracht. Insbesondere sei eine weitere Aufklä-
rung der bereits in der ersten Einstellungsverfügung offen
gebliebenen Fragen nicht möglich gewesen (Pressemittei-
lung Staatsanwaltschaft Tübingen, 12. März 2008, Doku-
ment Nr. 25).

Gegen diese Entscheidung legte Murat Kurnaz erneut Be-
schwerde ein, die von der Generalstaatsanwaltschaft
Stuttgart nach eingehender Überprüfung des Sachverhalts
anhand sämtlicher Akten, einschließlich der Protokolle
des Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsaus-
schuss, mit Beschwerdebescheid vom 13. Mai 2008 als
unbegründet abgewiesen wurde. Nach diesem Beschwer-
debescheid sei zwar davon auszugehen, dass die
Vorwürfe nicht frei erfunden seien, ein hinreichender Tat-
verdacht sei aber zu verneinen, weil wesentliche „Unge-
reimtheiten und Unklarheiten“ nicht hätten ausgeräumt
werden können.

Untersuchungsausschuss wurde durch das Bundesminis-
terium der Verteidigung mit Schreiben vom 12. Juni 2007
mitgeteilt, dass im Rahmen früherer Beweisanträge be-
reits alle in seinem Bereich noch auffindbaren Unterlagen
zur Verfügung gestellt wurden, die im Untersuchungszeit-
raum von der Zelle Militärisches Nachrichtenwesen der
Einsatzkontingente in Kandahar erstellt und an das Amt
für Nachrichtenwesen der Bundeswehr weitergeleitet
worden waren. Sofern seinerzeit weitere Dokumente
durch die Zelle Militärisches Nachrichtenwesen erstellt
und elektronisch an das ANBw übermittelt worden waren,
so seien diese Ende 2004 verloren gegangen. Dies löste
vor allem am 25. Juni 2007 in der ARD-Tagesschau und
im ARD-Politikmagazin „Report Mainz“ ein erhebliches
Medienecho aus. Am 4. Juli 2007 berichtete ein Vertreter
des Bundesministeriums der Verteidigung in der 57. Sit-
zung des Verteidigungsausschusses über die Umstände
des Datenverlustes und den Stand einer möglichen Wie-
derherstellung der verloren gegangenen Daten bzw. Da-
tenträger. Durch umfangreiche Maßnahmen war das Bun-
desministerium der Verteidigung bestrebt, die verloren
gegangenen Daten bei den herausgebenden Stellen oder
den möglichen Adressaten wiederherzustellen. Daneben
wurde die mit einem hohen technischen, zeitlichen, per-
sonellen und finanziellen Aufwand verbundene Untersu-
chung einer technischen Rekonstruktion der Daten ge-
prüft. In einem abschließenden Bericht hierzu wurde in
der 60. Sitzung des Verteidigungsausschusses am
19. September 2007 unter anderem festgestellt, auf Grund
der Anzahl der inzwischen wiederbeschafften Daten
könne davon ausgegangen werden, dass der weitaus über-
wiegende Teil der verloren gegangenen Daten im Zen-
trum für Nachrichtenwesen der Bundeswehr wieder ver-
fügbar sei. Unter den wiederbeschafften Dateien hätten
sich keine befunden, die dem Untersuchungsausschuss
vorzulegen seien. Auch seien keine für den Untersu-
chungsauftrag relevanten Dokumente gefunden worden,
die dem Untersuchungsausschuss nicht vorlägen.
Drucksache 16/10650 – 26 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Am 29. Mai 2007 stellte die Staatsanwaltschaft Tübingen
das Ermittlungsverfahren gegen diese beiden Soldaten
mit der Begründung ein, trotz verbleibenden Verdachts
lasse sich ein Nachweis nicht führen, da in vier Punkten
– u. a., ob zur Tatzeit im inneren Bereich des Lagers ein
Lastkraftwagen stehen konnte – der Schilderung von
Murat Kurnaz erhebliche Zweifel entgegenstünden.
Nachdem sein Rechtsanwalt Bernhard Docke im Rahmen
einer hiergegen gerichteten Beschwerde durch Schriftsatz

Am 18. Juni 2008 hat Murat Kurnaz, anwaltlich vertreten,
erklärt, auf weitere Rechtsmittel zu verzichten (vgl. Ta-
gesspiegel vom 19. Juni 2008).

5. Datenverlust im Bereich der Bundeswehr

Der Verteidigungsausschuss hatte sich parallel zum Un-
tersuchungsausschuss mit Vorgängen des Jahres 2004 aus
dem Amt für Nachrichtenwesen der Bundeswehr
(ANBw) befasst. Im Zuge der Beweiserhebung durch den

„Beschluss 1 zum Verfahren
Einsetzung eines interfraktionellen Gremiums

Der Untersuchungsausschuss setzt zur Koordinierung und
Strukturierung der Arbeit des Untersuchungsausschusses,

Der Untersuchungsausschuss hat in seinem nachfolgen-
den Beschluss zum Verfahren zur Nichtöffentlichkeit der
Sitzungen gemäß § 14 Abs. 4 PUAG in Verbindung mit
Artikel 45a Abs. 3 GG beschlossen, dass Sitzungen des
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 27 – Drucksache 16/10650

B. Verlauf des Untersuchungsverfahrens

I. Rechtsgrundlagen für die Arbeit des
Untersuchungsausschusses

Nach Artikel 45a Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) hat der
Verteidigungsausschuss auch die Rechte eines Untersu-
chungsausschusses. Artikel 44 Abs. 1 GG, nach dem nur
das Plenum des Deutschen Bundestages das Recht hat, ei-
nen Untersuchungsausschuss einzusetzen, findet nach Ar-
tikel 45a Abs. 3 GG auf dem Gebiet der Verteidigung
keine Anwendung. Rechtsgrundlagen für die Arbeit des
Verteidigungsausschusses als Untersuchungsausschuss
sind weiterhin die sinngemäße Anwendung der Vorschrif-
ten über den Strafprozess, das Gesetz zur Regelung des
Rechts der Untersuchungsausschüsse des Deutschen Bun-
destages (Parlamentarisches Untersuchungsausschussge-
setz – PUAG) vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1142), zu-
letzt geändert durch Artikel 4 Abs. 1 des Gesetzes zur
Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmoderni-
sierungsgesetz – KostRMoG) vom 5. Mai 2004 (BGBl. I
S. 718), die Geschäftsordnung und die Geheimschutzord-
nung des Deutschen Bundestages.

II. Beschlüsse und Absprachen zum
Verfahren

Der Untersuchungsausschuss hat sich auf der Grundlage
des PUAG in seiner 2. Sitzung am 29. November 2006
auf folgende Verfahrensgrundsätze seiner Tätigkeit ver-
ständigt:

1. Einsetzung eines interfraktionellen
Gremiums

In den vorausgegangenen Untersuchungsverfahren des
Verteidigungsausschusses hatte sich die Einsetzung eines
sogenannten interfraktionellen Gremiums zur Koordinie-
rung und Strukturierung der Arbeit als Untersuchungs-
ausschuss bewährt. Die Sprecher der im Verteidigungs-
ausschuss vertretenen Fraktionen haben sich deshalb für
die Einsetzung eines solchen Gremiums eingesetzt; der
Untersuchungsausschuss hat hierzu den nachfolgenden
Beschluss zum Verfahren gefasst:

An den Sitzungen dieses interfraktionellen Gremiums
können die für den Untersuchungsausschuss von den
Fraktionen benannten Mitarbeiter/-innen teilnehmen.“

Das interfraktionelle Gremium hat förmlich keine
Beschlüsse gefasst, sondern in Vorbereitung der Be-
schlussfassungen dem Untersuchungsausschuss gegen-
über Empfehlungen abgegeben. In seiner ersten Sitzung
am 23. November 2006 wurde durch das interfraktionelle
Gremium bereits festgelegt, dass die Sprecher der im Ver-
teidigungsausschuss vertretenen Fraktionen zugleich
Berichterstatter für die Beschlussempfehlung zum Ab-
schlussbericht des Verteidigungsausschusses als 1. Unter-
suchungsausschuss an das Plenum des Deutschen Bun-
destages sein sollen.

2. Nichtöffentlichkeit der Sitzungen

Abg. Ulrike Merten, Vorsitzende SPD

Abg. Dr. Karl A. Lamers,
stellv. Vorsitzender

CDU/CSU

Abg. Bernd Siebert, Sprecher CDU/CSU

Abg. Rainer Arnold, Sprecher SPD

Abg. Birgit Homburger, Sprecherin FDP

Abg. Paul Schäfer, Sprecher DIE LINKE.

Abg. Winfried Nachtwei, Sprecher BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Berichterstatter

Abg. Jürgen Herrmann CDU/CSU

Abg. Ernst-Reinhard Beck CDU/CSU

Abg. Christian Kleiminger SPD

Abg. Ursula Mogg SPD

Abg. Elke Hoff FDP

Abg. Alexander Bonde BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
um einen möglichst reibungslosen Ablauf zu gewährleis-
ten, ein interfraktionelles Gremium ein. Dieses Gremium
setzt sich aus der Vorsitzenden, dem stellvertretenden Vor-
sitzenden und Sprechern zusammen. Die Sprecher können
durch einen benannten Berichterstatter vertreten werden.

Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss
– auch die Sitzungen zur Beweiserhebung – grundsätzlich
nichtöffentlich sind. Nach diesem Beschluss bestand
gleichwohl die Möglichkeit, im Einzelfall die Öffentlich-
keit zuzulassen.

Drucksache 16/10650 – 28 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

„Beschluss 2 zum Verfahren
Nichtöffentlichkeit der Sitzungen

(gemäß § 14 Abs. 4 Untersuchungsausschussgesetz
i. V. m. Art. 45a Abs. 3 GG)

Die Sitzungen des Untersuchungsausschusses – auch die
Sitzungen zur Beweiserhebung – sind grundsätzlich nicht
öffentlich. Der Untersuchungsausschuss kann einzelnen
Personen zu nicht öffentlichen Beweisaufnahmen den Zu-
tritt gestatten. Der Untersuchungsausschuss kann die Öf-
fentlichkeit einzelner Sitzungen zur Beweisaufnahme be-
schließen.“
Zur Frage der Zulässigkeit der Beweisaufnahme in öf-
fentlicher Sitzung hat der Untersuchungsausschuss auch
den Beschluss des Ausschusses für Wahlprüfung, Immu-
nität und Geschäftsordnung vom 18. Januar 1978 erörtert.
Der Untersuchungsausschuss verständigte sich darauf,
den Beschluss 2 zum Verfahren dahingehend auszulegen,
die Öffentlichkeit im Einzelfall zuzulassen.

3. Protokollierung der Ausschusssitzungen
Nach § 11 Abs. 3 PUAG entscheidet über die Art der Pro-
tokollierung der Untersuchungsausschuss. Mit dem nach-
folgenden Verfahrensbeschluss 3 zur Protokollierung der
Ausschusssitzungen hat der Untersuchungsausschuss
festgelegt, dass alle Beratungen in einem durch das Se-
kretariat zu fertigenden Ergebnisprotokoll festgehalten
werden. Im interfraktionellen Gremium erfolgte eine Ver-
ständigung dahingehend, nicht nur ein reines Ergeb-
nisprotokoll zu erstellen, sondern in diesem auch die we-
sentlichen Beratungsbeiträge wiederzugeben.

„Beschluss 3 zum Verfahren
Protokollierung der Ausschusssitzungen
(zu § 11 Untersuchungsausschussgesetz)

Die Protokollierung der Sitzungen des Untersuchungs-
ausschusses gemäß § 11 Untersuchungsausschussgesetz
wird wie folgt durchgeführt:

1. Alle Sitzungen, die der Beweiserhebung oder sonsti-
ger Informationsbeschaffung des Ausschusses dienen,
sind stenographisch aufzunehmen.

2. Alle Beratungen werden in einem durch das Sekreta-
riat zu fertigenden Ergebnisprotokoll (wesentliche Zu-
sammenfassung) festgehalten.“

4. Verteilung von Beratungsunterlagen,
Beweisbeschlüssen und
Ausschussmaterialien

Der Untersuchungsausschuss hat in seiner 2. Sitzung am
29. November 2006 den nachfolgenden Beschluss zur
Verteilung von Beratungsunterlagen, Beweisbeschlüssen
und Ausschussmaterialien gefasst:

„Beschluss 4 zum Verfahren
Verteilung von Beratungsunterlagen, Beweisbeschlüssen

und Ausschussmaterialien

I. Grundsatz der Verteilung von Beratungsunterlagen,

Beratungsunterlagen, Beweisbeschlüsse und Aus-
schussmaterialien sind durch das Sekretariat des
1. UA (PA 12) – 16. WP zu verteilen an:

1. Ordentliche und stellvertretende Mitglieder

2. Benannte Mitarbeiter/-innen der Fraktionen

3. Beauftragte der Bundesregierung und des Bundes-
rates

II. Verteilung umfangreicher Ausschussmaterialien

Ausschussmaterialien von einem Umfang von 101 bis
1 000 Seiten werden lediglich in je zwei Exemplaren
an die Fraktionen CDU/CSU und SPD sowie in je ei-
nem Exemplar an die Fraktionen FDP, DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verteilt. Bei da-
rüber hinausgehendem Umfang erhalten alle Fraktio-
nen je ein Exemplar.

Bei besonders großem Umfang wird von einer Vertei-
lung abgesehen und stattdessen ein Exemplar im Aus-
schusssekretariat zur Verfügung gestellt; in Zweifels-
fällen verständigen sich die Vorsitzende und die
Sprecher.

Das Anschreiben der abgebenden Stelle wird in jedem
Fall gemäß Verteiler in Ziffer I. versandt.“

Zur Gewährleistung eines übersichtlichen Arbeitsablaufs
wurde eine Strukturierung der Dokumente in Beratungs-
unterlagen, Beweisbeschlüsse und Ausschussmaterialien
(MAT) vorgenommen.

5. Behandlung der Ausschussprotokolle

Des Weiteren hat der Untersuchungsausschuss zur Be-
handlung der Ausschussprotokolle folgenden Beschluss
gefasst:

„Beschluss 5 zum Verfahren
Behandlung der Ausschussprotokolle

I. Protokolle nichtöffentlicher Sitzungen

1. Protokolle nichtöffentlicher Sitzungen erhalten die
Mitglieder des Untersuchungsausschusses und ihre
Stellvertreter, die benannten Mitarbeiter/-innen der
Fraktionen sowie die Beauftragten der Bundes-
regierung und des Bundesrates.

2. Dritte haben grundsätzlich kein Recht auf Einsicht-
nahme in Protokolle nichtöffentlicher Sitzungen
und folglich auch nicht darauf, dass ihnen Kopien
solcher Protokolle überlassen werden. Eine Aus-
nahme besteht nur gegenüber Behörden, wenn der
Untersuchungsausschuss entschieden hat, Amts-
hilfe zu leisten.

II.Protokolle VS-VERTRAULICH oder höher eingestuf-
ter Sitzungen

Ist das Protokoll über die Aussage eines Zeugen VS-

Beweisbeschlüssen und sonstigen Ausschussmateria-
lien

VERTRAULICH oder höher eingestuft, so ist dem
Zeugen Gelegenheit zu geben, dies in der Geheim-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 29 – Drucksache 16/10650

schutzstelle des Deutschen Bundestages einzusehen.
Eine Kopie erhält er nicht.“

Ergänzend zu diesem Beschluss hat der Verteidigungs-
ausschuss als 1. Untersuchungsausschuss in seiner
Sitzung am 31. Januar 2007 beschlossen, der Staatsan-
waltschaft Tübingen Einsicht in die Protokolle des Aus-
schusses zu gewähren.

Die Kurzprotokolle der Beratungssitzungen wurden vom
Sekretariat des Untersuchungsausschusses als Teil I des
jeweiligen Sitzungsprotokolls gefertigt. Die Zeugenver-
nehmungen wurden in allen Fällen vom Stenografischen
Dienst des Deutschen Bundestages wörtlich protokolliert
(Teil II – nichtöffentliche Sitzung). Da die Zeugenverneh-
mungen zu großen Teilen als GEHEIM eingestuft waren,
wurden diese Protokollteile als Teil III entsprechend ein-
gestuft und gemäß der Geheimschutzordnung in der Ge-
heimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Einsicht
durch den hierzu ermächtigten Personenkreis hinterlegt
bzw. entsprechend Beschluss 8 zum Verfahren Ziffer I.
dort vervielfältigt. Die Verteilung der Protokollteile I und
II erfolgte nach dem Beschluss 5 zum Verfahren.

6. Verzicht auf Verlesung von Schriftstücken
Nach § 31 PUAG sind Schriftstücke, die als Beweismittel
dienen, vor dem Untersuchungsausschuss zu verlesen.
Der Untersuchungsausschuss kann beschließen, von einer
Verlesung Abstand zu nehmen, wenn die Schriftstücke al-
len Mitgliedern des Untersuchungsausschusses zugäng-
lich gemacht worden sind. Der Untersuchungsausschuss
stimmte in seiner Sitzung am 29. November 2006 dem
Beschluss 6 zum Verfahren hinsichtlich des Verzichts auf
Verlesung von Schriftstücken zu:

„Beschluss 6 zum Verfahren
Verzicht auf Verlesung von Schriftstücken
(zu § 31 Untersuchungsausschussgesetz)

Gemäß § 31 Abs. 2 Untersuchungsausschussgesetz wird
auf die Verlesung von Protokollen und Schriftstücken
verzichtet, soweit diese vom Ausschusssekretariat allen
Mitgliedern des Untersuchungsausschusses zugänglich
gemacht worden sind.“

7. Verpflichtung zur Geheimhaltung
In seiner 2. Sitzung am 29. November 2006 hat der Un-
tersuchungsausschuss den Beschluss 7 zum Verfahren zur
Geheimhaltung gefasst:

„Beschluss 7 zum Verfahren
Verpflichtung zur Geheimhaltung

1. Die Mitglieder des 1. UA (PA 12) – 16. WP sind auf-
grund des Untersuchungsausschussgesetzes, der Ge-
heimschutzordnung des Deutschen Bundestages, ggf.
ergänzt um Beschlüsse des 1. UA (PA 12) – 16. WP in
Verbindung mit § 353b Abs. 2 Nr. 1 StGB zur Ge-
heimhaltung derjenigen Tatsachen und Einschätzun-

VERTRAULICH und höher eingestuften Unterlagen
bekannt werden.

2. Diese Geheimhaltungsverpflichtung erstreckt sich
auch auf solche Tatsachen und Einschätzungen, die
aufgrund von Unterlagen bekannt werden, deren VS-
Einstufung bzw. Behandlung als VS-VERTRAULICH
oder höher sowie als VERTRAULICH oder höher
durch den Untersuchungsausschuss selbst veranlasst
oder durch den Vorsitzenden unter Berücksichtigung
der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom
17. Juli 1984 (BVerfGE 67, S. 100 ff.) zur Wahrung
des Grundrechtsschutzes (Betriebs- und Geschäftsge-
heimnisse, Steuergeheimnisse und informationelles
Selbstbestimmungsrecht) vorgenommen wird.

3. Die Geheimhaltungsverpflichtung entfällt, wenn und
soweit die aktenführende Stelle bzw. der Untersu-
chungsausschuss die Einstufung als VS-VERTRAU-
LICH und höher bzw. die Behandlung als VERTRAU-
LICH und höher aufhebt.

4. Im Übrigen gilt die Geheimschutzordnung des Deut-
schen Bundestages.

5. Anträge, deren Inhalt möglicherweise geheimhal-
tungsbedürftig ist, sollen in der Geheimschutzstelle
des Deutschen Bundestages hinterlegt werden. Über
die Hinterlegung soll der Antragsteller das Ausschuss-
sekretariat unterrichten.“

Der Untersuchungsausschuss hat Akten der Staatsanwalt-
schaft Tübingen aus einem laufenden Ermittlungsverfah-
ren beigezogen. Diese Akten wurden teilweise als
GEHEIM eingestuft; nicht eingestufte Akten wurden an
die Fraktionen mit dem Hinweis „Nur zur dienstlichen
Verwendung“ in vervielfältigter Form weitergeleitet. Der
überwiegende Teil der dem Untersuchungsausschuss vom
Bundesministerium der Verteidigung zur Verfügung ge-
stellten Unterlagen war als GEHEIM eingestuft. Nur ein
sehr geringer Teil der Unterlagen war nicht eingestuft.

In Einzelfällen wurde auf Veranlassung des Ausschusses
eine Aufhebung der Einstufung von Dokumenten durch
die herausgebenden Stellen individuell geprüft und vor-
genommen. Eine generelle Herabstufung oder Aufhebung
der Einstufung der übersandten Akten kam wegen des
Identitätsschutzes von Zeugen, des grundrechtlichen Da-
tenschutzes, Sicherheitserwägungen und schützenswerter
Belange Dritter nicht in Betracht.

8. Verteilung von Verschlusssachen
Verschlusssachen des Geheimhaltungsgrades VS-VER-
TRAULICH und höher, die der Untersuchungsausschuss
eingestuft oder von einer anderen herausgebenden Stelle
erhalten hat, dürfen nach § 16 Abs. 1 PUAG nur den Mit-
gliedern des Untersuchungsausschusses, den Mitgliedern
des Bundesrates und der Bundesregierung sowie ihren Be-
auftragten zugänglich gemacht werden. Den Mitarbeitern
der Mitglieder des Untersuchungsausschusses, der Fraktio-
nen und des Sekretariates im Untersuchungsausschuss
gen verpflichtet, die ihnen durch Übermittlung der von
amtlichen Stellen als VS-VERTRAULICH bzw.

wurden sie zugänglich gemacht, soweit diese zum Umgang
mit Verschlusssachen ermächtigt und zur Geheimhaltung

Drucksache 16/10650 – 30 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

förmlich verpflichtet waren. Der Untersuchungsausschuss
hat darüber hinaus folgenden Beschluss gefasst:

„Beschluss 8 zum Verfahren
Verteilung von Verschlusssachen

(zu § 16 Abs. 1 Untersuchungsausschussgesetz)

I. Grundsatz der Verteilung von zugeleiteten Verschluss-
sachen

Von den für den 1. UA (PA 12) – 16. WP in der Ge-
heimschutzstelle des Deutschen Bundestages einge-
henden VS-VERTRAULICH oder GEHEIM einge-
stuften Beweismaterialien sind Ausfertigungen
herzustellen und zwar für

1. die Fraktionen im Ausschuss je zwei,

2. das Sekretariat zugleich für die Vorsitzende und
den stellvertretenden Vorsitzenden je eine.

Den Mitgliedern der Fraktionen sowie den benannten
Mitarbeitern der Fraktionen, die zum Umgang mit
Verschlusssachen ermächtigt und zur Geheimhaltung
förmlich verpflichtet sind, werden auf Wunsch die je-
weiligen Exemplare ausgehändigt.

Der Geheimschutzbeauftragte des Deutschen Bundes-
tages wird aufgefordert, den Mitgliedern und Mit-
arbeitern der Fraktionen in Räumen, die von diesen
bestimmt werden, Verwahrgelasse zur Aufbewahrung
der Ausfertigung zur Verfügung zu stellen und unver-
züglich die gegebenenfalls weiteren notwendigen
technischen Sicherungsmaßnahmen zu treffen.

II. Verteilung der vom UA eingestuften Verschlusssachen

Für die vom 1. UA (PA 12) – 16. WP selbst VS-VER-
TRAULICH, VERTRAULICH gemäß § 2a GSO,
GEHEIM, GEHEIM gemäß § 2a GSO oder ggf.
STRENG GEHEIM eingestuften Unterlagen und Pro-
tokolle gilt Ziffer I. entsprechend.

III.Verteilung von „VS-Nur für den Dienstgebrauch“ ein-
gestuften Unterlagen

VS-NfD-eingestufte Unterlagen werden verteilt und
behandelt gemäß Beschluss 4 zum Verfahren in Ver-
bindung mit der Geheimschutzordnung des Deutschen
Bundestages.“

9. Fragerecht bei der Beweiserhebung
Den Ablauf der Vernehmungen von Zeugen regeln die
§§ 24 und 28 PUAG. Im Verteidigungsausschuss als
1. Untersuchungsausschuss wurden hiernach die Zeugen
zunächst vom den Vorsitz ausübenden stellvertretenden
Vorsitzenden zur Person gehört. Anschließend erhielten
sie Gelegenheit, sich zum Gegenstand der Vernehmung
im Zusammenhang zu äußern. Danach übten zunächst der
stellvertretende Vorsitzende und anschließend die übrigen
Mitglieder des Untersuchungsausschusses das Fragerecht
aus.

schuss in seiner 2. Sitzung am 29. November 2006 fol-
genden Beschluss gefasst:

„Beschluss 9 zum Verfahren
Fragerecht bei der Beweiserhebung

Das Fragerecht bei der Vernehmung von Zeugen und
Sachverständigen nach §§ 24 Abs. 5, 28 Abs. 1 Untersu-
chungsausschussgesetz wird unter Zugrundelegung der
Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages und der
parlamentarischen Praxis bei der Ausgestaltung von Aus-
sprachen im Plenum wie folgt gestaltet:

Die Vernehmung zur Sache wird in zwei Abschnitte auf-
geteilt:

1. Im ersten Abschnitt stellt zunächst der stellvertre-
tende Vorsitzende, nachdem dem Zeugen Gelegen-
heit zur Stellungnahme gegeben wurde, weitere Fra-
gen zur Aufklärung und Vervollständigung der
Aussage sowie zur Erforschung des Grundes, auf
dem das Wissen des Zeugen beruht.

2. Der zweite Abschnitt besteht aus einzelnen Befra-
gungsrunden gemäß den im Plenum zugrunde geleg-
ten Aussprachen entsprechend der „Berliner Stunde“.
Bei der Reihenfolge der Fraktionen innerhalb der Be-
fragungsrunden ist dabei die Fraktionsstärke und der
Grundsatz von Rede und Gegenrede zu berücksichti-
gen. Für die Bemessung des Zeitanteils der Fraktio-
nen innerhalb der Befragungsrunden wird die Vertei-
lung der Redezeiten im Plenum angewendet.

2.1 In der ersten Befragungsrunde beginnt die Fraktion
der FDP. Daran schließt sich an die Befragung durch
die Fraktion der CDU/CSU, die Fraktion DIE
LINKE., die Fraktion der SPD sowie durch die Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wurde die Befra-
gung im ersten Abschnitt durch den stellvertretenden
Vorsitzenden durchgeführt, wechselt die Reihenfolge
der Befragung zwischen den Fraktionen der CDU/
CSU und SPD entsprechend. Die Gesamtdauer der
Befragung in der ersten Befragungsrunde des zweiten
Abschnitts soll zwei Stunden nicht überschreiten. In
der zweiten Befragungsrunde beginnt die Fraktion
der CDU/CSU, gefolgt von der Fraktion der FDP, der
Fraktion der SPD und den Fraktionen DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wurde die Befra-
gung im ersten Abschnitt durch den stellvertretenden
Vorsitzenden durchgeführt, wechselt auch in der
zweiten Befragungsrunde die Reihenfolge der Befra-
gung zwischen den Fraktionen der CDU/CSU und
SPD. Diese Reihenfolge gilt auch für weitere verein-
barte Fragerunden.

2.2 Das Fragerecht im zweiten Abschnitt wird von den
Berichterstattern ausgeübt. Diese können das ihnen
zustehende Fragerecht an ein ordentliches Mitglied
oder auch an ein stellvertretendes Ausschussmitglied
ihrer Fraktion weitergeben. Dieses darf trotz der An-
Zur Ausgestaltung der Reihenfolge des Fragerechts bei
einer Vernehmung zur Sache hat der Untersuchungsaus-

wesenheit der ordentlichen Ausschussmitglieder der-
selben Fraktion das Fragerecht ausüben.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 31 – Drucksache 16/10650

3. Bei Sachverständigenanhörungen und informatori-
schen Anhörungen wird entsprechend den vorstehen-
den Regelungen verfahren.“

Für die Befragungen verständigte sich der Untersu-
chungsausschuss im Rahmen der sogenannten Berliner
Stunde (63 Minuten) auf folgende Zeitkontingente:

CDU/CSU 19 Minuten

SPD 19 Minuten

FDP 8 Minuten

DIE LINKE. 7 Minuten

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7 Minuten

(Fraktionslose Mitglieder 3 Minuten).

Das Fragerecht der Fraktionen für die einzelnen Frage-
runden der sogenannten Berliner Stunde wurde, wie im
Verfahrensbeschluss 9 festgelegt, in wechselnder Reihen-
folge ausgeübt.

10. Behandlung von Beweisanträgen
Um eine hinreichende fraktionsinterne Beratung der Be-
weisanträge zu ermöglichen, hat sich der Untersuchungs-
ausschuss auf das im Beschluss 10 zum Ausdruck ge-
brachte Verfahren verständigt.

„Beschluss 10 zum Verfahren
Behandlung von Beweisanträgen

Zur ordnungsgemäßen Vorbereitung der Beratungssitzun-
gen werden Beweisanträge nur dann in einer Beratungs-
sitzung behandelt, wenn sie schriftlich bis zum Donners-
tag der Vorwoche, 9.00 Uhr, im Sekretariat des 1. UA
(PA 12) – 16. WP eingegangen sind. Von dieser Frist
kann einvernehmlich abgewichen werden.“

11. Zutritt von Fraktionsmitarbeiterinnen
und -mitarbeitern

Der Untersuchungsausschuss hat in seiner 2. Sitzung am
29. November 2006 beschlossen, schriftlich benannten
Mitarbeitern der Fraktionen entsprechend § 12 Abs. 2
PUAG den Zutritt zu seinen Sitzungen zu gestatten.

„Beschluss 11 zum Verfahren
Zutritt von Fraktionsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern

(zu § 12 Abs. 2 Untersuchungsausschussgesetz)

Den benannten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der
Fraktionen sowie der benannten persönlichen Mitarbeite-
rin der Vorsitzenden wird Zutritt zu den nichtöffentlichen
Beratungssitzungen und – soweit die persönlichen Vor-
aussetzungen vorliegen – auch zu VS-eingestuften Sit-
zungen gewährt.“

12. Mitteilungen aus nichtöffentlichen
Sitzungen

Über die Art und den Umfang von Mitteilungen an die

In der 2. Sitzung des Verteidigungsausschusses als 1. Un-
tersuchungsausschuss gemäß Artikel 45a Abs. 2 GG am
29. November 2006 hat er hierzu den nachfolgenden Be-
schluss gefasst:

„Beschluss 12 zum Verfahren
Mitteilungen aus nichtöffentlichen Sitzungen

Die Vorsitzende wird gemäß § 12 Abs. 3 PUAG dazu er-
mächtigt, die Öffentlichkeit über die in nichtöffentlicher
Beratungssitzung gefassten Beschlüsse und Terminierun-
gen des Ausschusses zu informieren.

Hiervon unberührt bleibt das Recht der übrigen Aus-
schussmitglieder, ihre Position hierzu öffentlich zu äu-
ßern.“

III. Vorbereitung der Beweiserhebung
1. Besprechungen des interfraktionellen

Gremiums
Das in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages
nicht geregelte Institut eines interfraktionellen Gremiums
wurde zur Koordinierung und Strukturierung der Arbeit
des Untersuchungsausschusses eingesetzt, um einen mög-
lichst reibungslosen Ablauf der Sitzungen zu gewährleis-
ten. Die Sitzungen des interfraktionellen Gremiums fan-
den regelmäßig am Vortag bzw. unmittelbar vor den
Sitzungen des Untersuchungsausschusses statt.

2. Strukturierung der Untersuchung
Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsaus-
schuss hatte sich zu Beginn seiner Arbeitsaufnahme in
den ersten Beratungssitzungen und vorbereitend in den
Sitzungen des interfraktionellen Gremiums mit der Frage
einer zeitlichen und sachlichen Strukturierung des Unter-
suchungsauftrages befasst. Im Ergebnis wurde Einver-
nehmen dahingehend erzielt, die Untersuchung in ein-
zelne eng umgrenzte Komplexe zu gliedern, innerhalb
derer die jeweiligen Beweisbeschlüsse abgearbeitet wer-
den sollten. Die Ziffern 1. bis 3. des Untersuchungsauf-
trags umfassten die konkreten Misshandlungsvorwürfe
von Murat Kurnaz, während die Ziffern 4. und 5. des Un-
tersuchungsauftrags die Einsätze des Kommandos Spe-
zialkräfte in dem Zeitraum von November 2001 bis No-
vember 2002 in Kandahar behandelten.

IV. Beweiserhebung durch Beiziehung von
Akten, Berichten, Protokollen und
sonstigen Unterlagen

1. Art, Herkunft und Umfang des
Beweismaterials

Zum Zwecke der Beweiserhebung hatte der Verteidi-
gungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss Akten,
Berichte, Protokolle und sonstige Unterlagen beigezogen.
Der Bestand an Beweismaterial umfasste 43 Aktenordner
und 3 Hefter mit insgesamt 23 053 Blatt. Bei den als
GEHEIM und VS-NfD eingestuften Materialien handelte
Öffentlichkeit aus nichtöffentlichen Sitzungen entschei-
det nach § 12 Abs. 3 PUAG der Untersuchungsausschuss.

es sich im Wesentlichen um Unterlagen des Bundesminis-
teriums der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft beim

Drucksache 16/10650 – 32 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Landgericht Tübingen. Weitere nicht als GEHEIM einge-
stufte Materialien (MAT) folgender Stellen wurden he-
rangezogen bzw. ausgewertet:

Deutscher Bundestag

– Verteidigungsausschuss

– Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages

– Bundestagsverwaltung

Bundesregierung

– Bundeskanzleramt

– Bundesministerium der Verteidigung

– Bundesministerium des Inneren

– Bundesministerium der Justiz

– Auswärtiges Amt

Sonstige

– Europäisches Parlament

– Komitee des Internationalen Roten Kreuzes

– Evangelisches Kirchenamt für die Bundeswehr

– Katholisches Militärbischofsamt

– Medienberichterstattung

– Wehrdisziplinaranwaltschaft für den Bereich Spezielle
Operationen in Regensburg.

2. Entscheidung über die Ersuchen auf
Vorlage von Beweismitteln und
Vollständigkeitserklärungen
gemäß § 18 Abs. 2 PUAG

Das vorwiegend auf Aktenvorlage ersuchte Bundesminis-
terium der Verteidigung kam seiner Verpflichtung auf
Vorlage der sächlichen Beweismittel durch die Heraus-
gabe der vorgenannten Unterlagen nach. Die Vorlagen
waren in der Regel mit einer Erklärung über die Vollstän-
digkeit nach § 18 Abs. 2 PUAG versehen.

In Anbetracht des Umfangs dieses Untersuchungsmate-
rials und der damit verbundenen umfangreichen Nachfor-
schungen im Bundesministerium der Verteidigung und in
nachgeordneten Dienststellen wurden Unterlagen in we-
nigen Einzelfällen nachgereicht. In einigen Fällen haben
sich das Bundesministerium der Verteidigung, das Aus-
wärtige Amt und das Bundesministerium der Justiz auf
den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung berufen
und beispielsweise Leitungsvorlagen dem Untersu-
chungsausschuss nicht zur Verfügung gestellt.

3. Verwendung von Unterlagen ohne formelle
Beiziehung

Nicht förmlich beigezogene oder ohne Anforderung zur

schuss, soweit sie beweisrelevant waren, wie beigezogene
Unterlagen. Sie waren deshalb auch Gegenstand von Zeu-
genbefragungen und wurden überwiegend als Material
(MAT) verteilt.

4. Durchführung des Vorsitzendenverfahrens
Im Zusammenhang mit dem Beweisbeschluss 16 – 29 be-
rief sich das Bundeskanzleramt darauf, dass zur Anforde-
rung der dort aufgeführten Unterlagen die Zuständigkeit
des Untersuchungsausschusses nicht gegeben sei. Das
Bundeskanzleramt hatte deshalb dem Verteidigungsaus-
schuss als 1. Untersuchungsausschuss mit Schreiben vom
12. November 2007 angeboten, Akten im Rahmen des so-
genannten Vorsitzendenverfahrens vorzulegen (Schreiben
Bundeskanzleramt, MAT 16 – 79). Danach wird nach der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dem Vor-
sitzenden und seinem Stellvertreter Einsicht in die Akten
gewährt, damit sie sich davon überzeugen können, dass
die Weigerung der Aktenherausgabe zu Recht erfolgte
(BVerfGE 67, 100 (139); 74, 7 (8)). Hierzu fasste der Un-
tersuchungsausschuss in seiner Sitzung am 14. November
2007 einen entsprechenden Beschluss. In Absprache mit
dem Bundeskanzleramt wurde dem den Vorsitz im Unter-
suchungsausschuss ausübenden stellvertretenden Vorsit-
zenden, Dr. Karl A. Lamers, sowie dessen Stellvertreter
im Untersuchungsausschuss, Abg. Rainer Arnold, Gele-
genheit gegeben, die entsprechenden Akten einzusehen.
Die Einsichtnahme in die Akten erfolgte am 29. Novem-
ber 2007 in den Räumlichkeiten des Deutschen Bundesta-
ges. In der 21. Sitzung des Untersuchungsausschusses am
12. Dezember 2007 berichtete der stellvertretende Vorsit-
zende über das Ergebnis des Vorsitzendenverfahrens und
erläuterte, dass aus den vorgelegten Aktenstücken keine
Hinweise zu entnehmen gewesen seien, die Bezüge zu
Angehörigen der Bundeswehr aufwiesen. Das Material
sei ausschließlich der Zuständigkeit des 1. Untersu-
chungsausschusses der 16. Wahlperiode zuzuweisen. Der
Untersuchungsausschuss hat den Beweisbeschluss somit
als erledigt betrachtet.

V. Beweiserhebung durch Vernehmung
von Zeugen

Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsaus-
schuss führte seine Beweiserhebungen auf der Grundlage
von Beweisanträgen im Rahmen von nichtöffentlichen
Vernehmungssitzungen durch.

1. Behandlung von Beweisanträgen
Bei der Beweiserhebung durch Vernehmung von Zeugen
folgte der Untersuchungsausschuss den gesetzlichen Vor-
gaben des PUAG sowie den in Ergänzung hierzu gefass-
ten Beschlüssen zum Verfahren, insbesondere 9 und 10.

a) Entscheidung über Beweisanträge
Nach § 17 Abs. 2 PUAG sind Beweise zu erheben, wenn
sie von einem Viertel der Mitglieder des Ausschusses be-
Verfügung gestellte Unterlagen, beispielsweise Medien-
berichterstattung, behandelte der Untersuchungsaus-

antragt werden, es sei denn, die Beweiserhebung ist unzu-
lässig oder das Beweismittel ist auch nach der Anwen-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 33 – Drucksache 16/10650

dung der in diesem Gesetz vorgesehenen Zwangsmittel
unerreichbar. Fristgerecht eingebrachte Beweisanträge
wurden zunächst als Beratungsunterlagen im interfraktio-
nellen Gremium erörtert. In den entsprechenden Beratun-
gen wurde auch im Hinblick auf die Minderheitenrechte
der Oppositionsfraktionen eine konsensuale Abstimmung
der Beweisanträge im Untersuchungsausschuss ange-
strebt. Zu einzelnen Beweisanträgen ist der stellvertre-
tende Vorsitzende, der auch im interfraktionellen Gre-
mium stets den Vorsitz innehatte, gebeten worden, durch
das Sekretariat des Untersuchungsausschusses offene Fra-
gen bzw. Sachverhalte zu klären. Im Ergebnis dieser Er-
mittlungen wurden Beweisanträge teilweise nicht weiter
verfolgt, zurückgestellt oder auch formal zurückgezogen.

In seltenen Fällen haben die Koalitionsfraktionen mit ih-
rer Mehrheit im Untersuchungsausschuss Beweisanträge
der Oppositionsfraktionen als unzulässig abgelehnt und
die Antragsteller auf den Rechtsweg nach § 17 Abs. 4
PUAG verwiesen. Hiernach entscheidet bei Ablehnung
eines Beweisantrages auf Antrag eines Viertels der Mit-
glieder des Untersuchungsausschusses der Ermittlungs-
richter oder die Ermittlungsrichterin des Bundesgerichts-
hofs über die Erhebung der Beweise oder über die
Anordnung des Zwangsmittels. Von der Möglichkeit, den
Rechtsweg einzuschlagen, wurde kein Gebrauch ge-
macht.

b) Reihenfolge der Vernehmungen

§ 17 Abs. 3 PUAG sieht vor, dass die Reihenfolge der
Vernehmung von Zeugen im Untersuchungsausschuss
möglichst einvernehmlich festgelegt werden soll. Bei Wi-
derspruch eines Viertels der Mitglieder des Ausschusses
gelten die Vorschriften der Geschäftsordnung des Deut-
schen Bundestages zur Reihenfolge der Redner entspre-
chend.

Im Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsaus-
schuss erfolgte die Terminierung und Reihenfolge der
Zeugenvernehmungen auf der Grundlage der vom inter-
fraktionellen Gremium gegebenen Empfehlungen. Hin-
sichtlich der Terminierung wurde derart vorgegangen,
dass der Untersuchungsauftrag zunächst in zwei große
Bereiche strukturiert wurde. Der eine Bereich (Ziffer 1.
bis 3. des Untersuchungsauftrages) betraf die eigentlichen
Misshandlungsvorwürfe, während sich der andere Be-
reich (Ziffern 4. und 5. des Untersuchungsauftrages) auf
die Einsätze des KSK insgesamt richtete; sämtliche Ter-
minierungen der Vernehmungen erfolgten im Untersu-
chungsausschuss einvernehmlich.

2. Durchführung der Zeugenvernehmungen

Bei der Durchführung der Zeugenvernehmungen waren
insbesondere die §§ 20 ff. PUAG zu beachten. In der La-
dung wurden die Zeugen über das Beweisthema unter-
richtet, über ihre Rechte belehrt und auf die gesetzlichen
Folgen des Ausbleibens sowie darauf hingewiesen, dass

a) Aussagegenehmigungen
Die überwiegende Anzahl der Zeugen hat für ihre Aus-
sage vor dem Untersuchungsausschuss eine Aussagege-
nehmigung benötigt und diese vom Bundesministerium
der Verteidigung, dem Bundeskanzleramt bzw. vom Bun-
desnachrichtendienst erhalten. Eine Notwendigkeit für
die Erteilung von Aussagegenehmigungen nach § 44c
AbgG (Verschwiegenheitspflicht von Abgeordneten und
Aussagegenehmigungen durch den Bundestagspräsiden-
ten) war nicht gegeben.

b) Art, Dauer, Anzahl und Ort
der Vernehmungen

Der den Vorsitz führende stellvertretende Vorsitzende des
Verteidigungsausschusses hat stets und von Amts wegen
darauf geachtet, dass gemäß § 9 Abs. 3 PUAG Zeugen-
vernehmungen nur bei Beschlussfähigkeit des Untersu-
chungsausschusses durchgeführt werden. Nach § 9 Abs. 1
PUAG ist der Untersuchungsausschuss beschlussfähig,
wenn die Mehrheit seiner Mitglieder anwesend ist.

Art der Vernehmung:

Die vom Untersuchungsausschuss befragten Personen
sind als Zeugen vernommen worden; teilweise wurde ih-
nen auch Gelegenheit gegeben, schriftlich Stellung zu
nehmen.

Anzahl der Vernehmungen:

Der Untersuchungsausschuss hat in der Zeit vom 17. Ja-
nuar 2007 bis 23. Januar 2008 insgesamt 49 Zeugen ver-
nommen.

Dauer der Vernehmungen:

Die Vernehmungen umfassten insgesamt ca. 74 Stunden.

Ort der Vernehmungen:

Alle Vernehmungen sowie Beratungssitzungen des Unter-
suchungsausschusses wurden in den Räumen des Deut-
schen Bundestages durchgeführt. Die Sitzungen fanden
zum einen im Sitzungssaal des Verteidigungsausschusses
im Paul-Löbe-Haus statt. Wegen des erforderlichen Iden-
titätsschutzes für zahlreiche Zeugen wurden darüber hi-
naus die Vernehmungen in einem Sitzungssaal im Plenar-
bereich Reichstagsgebäude unter Beteiligung des Polizei-
und Sicherungsdienstes des Deutschen Bundestages
durchgeführt.

3. Ausländische Zeugen
In dem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Tü-
bingen sind von dem Rechtsanwalt Bernhard Docke drei
Mithäftlinge von Murat Kurnaz, die Anfang 2002 eben-
falls in dem US-Gefangenenlager in Kandahar inhaftiert
waren, als Zeugen benannt worden. Hierzu fasste der Un-
tersuchungsausschuss den Beweisbeschluss 16 – 42. Auf
sein Ersuchen haben sich die zwei britischen Zeugen
Ruhal Ahmed und Asif Iqbal für eine Vernehmung am
23. Januar 2008 zur Verfügung gestellt. Zu dem dritten
sie einen rechtlichen Beistand ihres Vertrauens bei der
Vernehmung hinzuziehen dürfen.

Zeugen aus Bahrain gab es nach Mitteilung seines
Rechtsanwaltes in New York keine Möglichkeit der Kon-

Drucksache 16/10650 – 34 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

taktaufnahme, sodass in diesem Fall die Unerreichbarkeit
des Zeugen gemäß § 17 Abs. 2 PUAG festgestellt wurde.

Mit Beweisbeschluss 16 – 45 sollte Beweis erhoben wer-
den durch Vernehmung von Major Matthew W. Donald,
Lance Corporal Athar Zulfiqar und Oberstleutnant Keith
Warman als Zeugen. Der Untersuchungsausschuss hatte
die Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika in
Berlin im Zusammenhang mit der Ladung dieser Angehö-
rigen oder ehemaligen Angehörigen des US-Militärs, die
nach Presseberichten ebenfalls seinerzeit in Kandahar stati-
oniert waren, um Unterstützung gebeten. Mit Schreiben
vom 4. Dezember 2007 teilte die Botschaft der Vereinigten
Staaten von Amerika in Berlin mit, dass nach sorgfältiger
Prüfung aller Aspekte dieses Falles die Vereinigten Staaten
entschieden hätten, dass die vom Untersuchungsausschuss
erbetene Unterstützung nicht gewährt werden könne.

Diese benannten Zeugen wurden auf Beschluss des Un-
tersuchungsausschusses in seiner 21. Sitzung am 12. De-
zember 2007 aus der Vernehmungsliste gestrichen.

4. Einstufung der Vernehmungen
Die Beweiserhebung des Untersuchungsausschusses er-
folgte nach Artikel 45a Abs. 3 GG nichtöffentlich; bei
zahlreichen Vernehmungen wurden die Sitzungen darüber
hinaus als GEHEIM eingestuft. An diesen Sitzungsteilen
konnten außer den zu vernehmenden Zeugen die Mitglie-
der des Untersuchungsausschusses, Beauftragte der Bun-
desregierung, benannte Mitarbeiter der Fraktionen sowie
Mitarbeiter des Ausschusssekretariates teilnehmen, so-
weit sie hierzu nach den Geheimschutzvorschriften be-
rechtigt waren. Gemäß dem Beschluss 3 zum Verfahren
sind alle Sitzungen, die der Beweiserhebung oder sonsti-
ger Informationsbeschaffung des Ausschusses dienten,
stenografisch aufgenommen worden.

5. Abschluss der Beweisaufnahme
Die Zeugen wurden am Ende ihrer jeweiligen Verneh-
mung darauf hingewiesen, dass sie die Möglichkeit ha-
ben, binnen zwei Wochen ihre Aussagen im Verneh-
mungsprotokoll zu korrigieren oder zu ergänzen. Der
Untersuchungsausschuss wies darauf hin, dass die Ver-
nehmungen vor Ablauf der gewährten Frist nicht für ab-
geschlossen erklärt werden.

Der Untersuchungsausschuss hat daher zum Abschluss
der von ihm durchgeführten Zeugenvernehmungen in sei-
ner 21. Sitzung am 12. Dezember 2007 entsprechend § 26
PUAG folgenden Beschluss gefasst:

„Beschluss 13 zum Verfahren
Beendigung der Beweisaufnahme

1. Die Beweisaufnahme wird mit der Maßgabe der Zif-
fern 2. – 4. beendet.

2. Noch nicht erledigte Beweisanträge bzw. -beschlüsse
betreffend die Ladungen von Zeugen gelten als erle-
digt, mit Ausnahme der Beweisbeschlüsse 16 – 42

3. Die Beweisaufnahme durch Beiziehung von Akten
und Unterlagen ist abgeschlossen.

4. Der Beschluss über den formellen Abschluss von Ver-
nehmungen gemäß § 26 PUAG erfolgt in der Aus-
schusssitzung am 23. Januar 2008.“

In Ergänzung dieses Verfahrensbeschlusses hat der Unter-
suchungsausschuss in seiner 22. Sitzung am 23. Januar
2008 den formellen Abschluss der Vernehmungen gemäß
§ 26 PUAG beschlossen:

„Beschluss 14 zum Verfahren
Formeller Abschluss von Vernehmungen (§ 26 PUAG)

1. Die Beweisaufnahme durch Anhörung von Zeugen ist
beendet.

2. Die Vernehmungen der Zeugen, die das Stenografi-
sche Protokoll über ihre Vernehmung durch den Un-
tersuchungsausschuss erhalten und dazu Stellung ge-
nommen bzw. auf eine Stellungnahme verzichtet
haben, sind abgeschlossen.

3. Für den Abschluss der Vernehmung derjenigen Zeu-
gen, denen das Protokoll noch nicht zugestellt werden
konnte oder deren Frist zur Stellungnahme noch nicht
abgelaufen ist, wird der stellvertretende Vorsitzende
ermächtigt, den entsprechenden Beschluss des Aus-
schusses nach Ziffer 2 im Umlaufverfahren herbeizu-
führen.“

Von diesem Beschluss waren die Vernehmungen der Zeu-
gen, die am 12. Dezember 2007 und 23. Januar vernom-
men worden waren, nicht erfasst. Der Untersuchungsaus-
schuss hat deshalb in seiner 23. Sitzung am 25. Juni 2008
den formellen Abschluss auch dieser Vernehmungen ge-
mäß § 26 PUAG beschlossen und hierüber die Zeugen
entsprechend unterrichtet.

VI. Zeit- und Arbeitsaufwand

Bis zum 18. September 2008 ist der Verteidigungsaus-
schuss als 1. Untersuchungsausschuss 24-mal zusammen-
getreten. 17 Ausschusssitzungen haben der Beweisauf-
nahme durch Vernehmung von Zeugen gedient; in diesen
Sitzungen hat der Untersuchungsausschuss insgesamt
49 Zeugen gehört, von denen zwei Zeugen wiederholt
vernommen worden sind. Die Vernehmungen sind auf
über 1 440 Seiten Stenografischer Protokolle festgehalten
worden. Darüber hinaus haben 23 Sitzungen des inter-
fraktionellen Gremiums stattgefunden. Insgesamt um-
fassten diese Sitzungen des Untersuchungsausschusses
und des interfraktionellen Gremiums einen Zeitrahmen
von ca. 110 Stunden.

VII. Umgang mit Akten nach Beendigung der
Tätigkeit des Untersuchungsausschusses

Protokolle über nichtöffentliche Sitzungen der Aus-
schüsse (§ 69 Abs. 1 Satz 1 GO-BT) sind grundsätzlich
(Ruhal Ahmed und Asif Iqbal), 16 – 46 sowie 16 – 21
(Zeuge …).

keine Verschlusssachen im Sinne der Geheimschutzord-
nung (vgl. § 2 Abs. 5 GSO-BT).

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 35 – Drucksache 16/10650

Für die Behandlung der im Untersuchungsausschuss er-
stellten Protokolle hat der Präsident des Deutschen Bun-
destages im Benehmen mit dem Präsidium nach § 73
Abs. 3 GO-BT besondere Richtlinien erlassen. Nach die-
sen Richtlinien hat der Untersuchungsausschuss vor Be-
endigung seines Auftrages über die spätere Behandlung
seiner Protokolle Empfehlungen zu geben.

In seiner 24. Sitzung am 18. September 2008 hat der Un-
tersuchungsausschuss den nachfolgenden Beschluss 17
zum Umgang mit Akten und Protokollen nach Beendi-
gung seiner Tätigkeit gefasst:

„Beschluss 17 zum Verfahren
Behandlung der Protokolle und Materialien nach

Kenntnisnahme des Abschlussberichts
durch den Deutschen Bundestag

I. Protokolle

Der Untersuchungsausschuss empfiehlt gemäß II.
Nr. 2 der Richtlinien gemäß § 73 Abs. 3 GO-BT:

1. VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH (VS-
NfD), VS-VERTRAULICH (VS-Vertr.), VER-
TRAULICH und höher eingestufte Protokolle wer-
den nach der Geheimschutzordnung des Deutschen
Bundestages behandelt.

2. Protokolle über nichtöffentliche Vernehmungen
und Anhörungen, die nicht wie unter Ziffer 1 ein-
gestuft sind, werden mit dem Vermerk „Nur zur
dienstlichen Verwendung“ versehen.

3. Protokolle über Beratungssitzungen werden mit
dem Vermerk „Nur zur dienstlichen Verwendung“
versehen.

II. Im Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsaus-
schuss entstandene sowie für diesen erstellte Materia-
lien

1. Im Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungs-
ausschuss entstandene sowie für diesen erstellte
Materialien sind wie die unter Punkt I. Ziffer 2. er-
wähnten Protokolle zu behandeln.

2. Dies gilt nicht für Materialien mit der Kennzeich-
nung VS-NfD, VS-VERTRAULICH, VERTRAU-
LICH und höher, die nach der Geheimschutzord-
nung des Deutschen Bundestages zu behandeln
sind.

III.Geschäftsakten

Die Geschäftsakten des Verteidigungsausschusses als
1. Untersuchungsausschuss werden ebenfalls mit dem
Vermerk „Nur zur dienstlichen Verwendung“ verse-
hen.

IV.Beweismaterialien

Die zu Beweiszwecken beigezogenen Materialien

und höher eingestuften Beweismaterialien werden
nach Kenntnisnahme des Abschlussberichts durch das
Plenum des Deutschen Bundestages an die herausge-
benden Stellen zurückgegeben.

Ausgenommen hiervon sind Kopien bzw. Ausferti-
gungen von Beweismaterialien, die als Dokumente
dem Abschlussbericht oder Teilen des Abschlussbe-
richtes beigefügt sind.

Im Übrigen werden Kopien ebenso wie die vom Ver-
teidigungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss
gefertigten Kopien vernichtet, es sei denn, die heraus-
gebenden Stellen widersprechen. Die Vernichtung ist
in einem Protokoll festzuhalten.“

Der Untersuchungsausschuss hat ebenfalls in seiner
24. Sitzung am 18. September 2008 den Beschluss 18 zur
Rückgabe von Beweismaterialien und Mehrausfertigun-
gen von Protokollen gefasst:

„Beschluss 18 zum Verfahren
Rückgabe von Beweismaterialien und
Mehrausfertigungen von Protokollen

1. Nach Kenntnisnahme des Abschlussberichtes durch
das Plenum des Deutschen Bundestages geben die
Mitglieder des Verteidigungsausschusses als 1. Unter-
suchungsausschuss, die benannten Mitarbeiter der
Fraktionen und die Beauftragten der Bundesregierung
gegenüber dem Sekretariat eine Erklärung ab, dass
verteilte Kopien der offenen – einschließlich „Nur zur
dienstlichen Verwendung“ – und VS-NUR FÜR DEN
DIENSTGEBRAUCH (VS-NfD) eingestuften Be-
weismaterialien sowie die davon gezogenen weiteren
Kopien – soweit dies nicht bereits erfolgt ist – ver-
nichtet werden.

2. Die von der Geheimregistratur für die Mitglieder des
Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsaus-
schuss, die benannten Mitarbeiter der Fraktionen und
die Beauftragten der Bundesregierung sowie an die
Staatsanwaltschaft Tübingen verteilten Kopien der
VS-VERTRAULICH (VS-Vertr.) oder höher einge-
stuften Beweismaterialien sowie die Mehrausfertigun-
gen der VS-Vertr. oder höher eingestuften Protokolle
des Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungs-
ausschuss sowie die Mehrausfertigungen der VS-ein-
gestuften Berichtsteile sind nach Kenntnisnahme des
Abschlussberichts durch das Plenum des Deutschen
Bundestages der Geheimregistratur zum Zwecke der
Vernichtung zuzuleiten.“

VIII. Abschlussbericht

1. Erstellung des Abschlussberichts

In der 22. Sitzung am 23. Januar 2008 wurde der nachfol-
gende Beschluss 15 zum Verfahren über den Zeitrahmen
Dritter und die VS-NUR FÜR DEN DIENSTGE-
BRAUCH, VS-VERTRAULICH, VERTRAULICH

für die Abfassung des Abschlussberichtes und dessen
Feststellung durch den Untersuchungsausschuss gefasst:

Drucksache 16/10650 – 36 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

„Beschluss 15 zum Verfahren
Erstellung des Abschlussberichts

1. Das Sekretariat wird – vorbehaltlich des Abschlusses
der Beweisaufnahme – beauftragt, bis Mittwoch,
30. Januar 2008, den Vorentwurf eines Abschlussbe-
richts (Einsetzung des Untersuchungsausschusses,
Ablauf des Untersuchungsverfahrens, Feststellungs-
teil, Anlagen) zu erstellen und diesen den Sprechern
zuzuleiten.

2. Die Erstellung und Zuleitung der Bewertungen durch
die Sprecher an das Sekretariat erfolgen bis Montag,
17. März 2008. Zu den Berichtsteilen gehören auch
die aus den beigezogenen Unterlagen ggf. noch einzu-
arbeitenden Dokumente sowie offenkundige Sachver-
halte.

3. Die Beratung des Vorentwurfs und der Bewertungen
erfolgt durch die Sprecher am Mittwoch, 9. April
2008, unter Würdigung der Frage des rechtlichen Ge-
hörs. Bei Bedarf könnten weitere Gespräche der Spre-
cher vereinbart werden.

4. Die endgültigen Voten der Sprecher sind dem Sekreta-
riat bis Mittwoch, 23. April 2008, zuzuleiten.

5. Die Beratungssitzung, in der der Bericht (Verfahrens-
und Feststellungsteil, Bewertungsteile sowie ggf. ab-
weichende Berichte) festgestellt werden soll, wird be-
stimmt auf Mittwoch, dem 7. Mai 2008.“

Das Sekretariat des Untersuchungsausschusses hat nach
entsprechenden Vorarbeiten und auf der Grundlage des
Verfahrensbeschlusses 15 den Berichterstattern (Spre-
chern) am 30. Januar 2008 den Vorentwurf des Ab-
schlussberichts (Teil I: Einsetzung des Untersuchungs-
ausschusses, Verlauf des Untersuchungsverfahrens;
Teil II: Feststellungen zum Sachverhalt; Teil V: Verzeich-
nisse und Übersichten) vorgelegt. Die Erstellung und Zu-
leitung der Bewertungen durch die Sprecher an das Se-
kretariat erfolgte fristgemäß zum 17. März 2008. Im
Zusammenhang mit dem Verfahren und grundsätzlichen
Fragen zur Aufhebung der Einstufung von ursprünglich
nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Inhalten im Ab-
schlussbericht konnte jedoch der Zeitrahmen für die ab-
schließende Feststellung des Abschlussberichts durch den
Untersuchungsausschuss nicht in vollem Umfang einge-
halten werden.

Für die Erstellung des Abschlussberichts, insbesondere
aus Gründen des Geheimschutzes sowie des Identitäts-
schutzes von Zeugen, wurden darüber hinaus mit Be-
schluss 16 zum Verfahren ebenfalls in der 22. Sitzung am
23. Januar 2008 ergänzende Regelungen zur Abfassung
von Berichtsteilen und zur Aufhebung von Einstufungen
nach der Geheimschutzordnung getroffen.

„Beschluss 16 zum Verfahren
Abfassung von Berichtsteilen/Aufhebung

von Einstufungen

1. Für den Abschlussbericht können Inhalte aus einge-

eingestuft. Die Berichtsteile sind bis zum Feststel-
lungsbeschluss des Ausschusses über den Abschluss-
bericht als VS-Zwischenmaterial GEHEIM zu behan-
deln.

2. Der Abschlussbericht wird ohne geschwärzte Fassun-
gen eingestufter Unterlagen erstellt. Zur Wahrung des
Identitätsschutzes sind die Identitäten von zu schüt-
zenden Zeugen entsprechend der vom Sekretariat
erstellten oder noch zu ergänzenden Verschlüsselungs-
liste zu anonymisieren; das Sekretariat wird ermäch-
tigt, im Rahmen einer redaktionellen Überarbeitung
des Abschlussberichts vor Drucklegung dies sicherzu-
stellen.

3. Um eine Aufhebung der Einstufung von verwendeten
Inhalten zu ermöglichen, sind alle entsprechenden
Berichtsstellen mit detaillierten Quellenangaben zu
versehen (z. B. Bezeichnung des Dokuments, MAT-
Nummer, Ordner-Nummer, Seitenangabe bzw. Proto-
kollnummer, Protokollteil, Zeugenverschlüsselungs-
nummer, Seitenangabe).

4. Die Aufhebung der Einstufung der im Abschlussbe-
richt verwendeten Inhalte erfolgt durch die herausge-
benden Stellen. Bei der Aufhebung von Inhalten aus
Vernehmungsprotokollen durch den Ausschuss sind
die aussagegenehmigenden Stellen zu beteiligen. Ent-
hält ein Vernehmungsprotokoll einen Vorhalt aus einer
eingestuften Unterlage, so ist bei der Aufhebung der
Einstufung auch die Stelle zu beteiligen, die die Ein-
stufung des verwendeten Vorhalts vorgenommen hat.
Zur Prüfung der Aufhebung der Einstufung werden
die entsprechenden Berichtsteile den herausgebenden
oder zu beteiligenden Stellen übersandt.“

Der Beschluss 16 zum Verfahren ist im Untersuchungs-
ausschuss mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und SPD, gegen die Stimmen der Fraktionen der
FDP und DIE LINKE., bei Enthaltung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen worden.

2. Rechtliches Gehör zum Abschlussbericht
Nach § 32 Abs. 1 PUAG ist Personen, die durch die Ver-
öffentlichung des Abschlussberichtes in ihren Rechten er-
heblich beeinträchtigt werden können, vor Abschluss des
Untersuchungsauftrages Gelegenheit zu geben, zu den sie
betreffenden Ausführungen im Entwurf des Abschlussbe-
richtes innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen,
soweit diese Ausführungen nicht mit ihnen in einer Sit-
zung zur Beweisaufnahme erörtert worden sind. Der we-
sentliche Inhalt dieser Stellungnahmen ist in dem Bericht
wiederzugeben (§ 32 Abs. 2 PUAG).

Hiernach hat der Untersuchungsausschuss in seiner
23. Sitzung am 25. Juni 2008 mehrheitlich beschlossen,
dass den nachfolgenden Personen vor einer Veröffentli-
chung des Sondervotums der Fraktion DIE LINKE. im
Abschlussbericht zu den sie betreffenden Textstellen Ge-
legenheit zu einer Stellungnahme gegeben wird: Zeugin
Birgitt Heidinger (ehemalige Büroleiterin des Bundesmi-
stuften Unterlagen verwendet werden. Die eingestuf-
ten Unterlagen (Quellen) bleiben als solche weiterhin

nisters der Verteidigung a. D. Dr. Peter Struck), Zeuge
Jörn Thießen (ehemaliger Büroleiter des Bundesministers

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 37 – Drucksache 16/10650

der Verteidigung a. D. Rudolf Scharping), Zeuge Manfred
Engelhardt (Generalleutnant, ehemaliger Leiter der Stabs-
abteilung Fü S V im BMVg), Zeuge Dr. Fredy Schwier-
kus (Ministerialdirigent, ehemaliger Unterabteilungsleiter
der Abteilung Recht im BMVg), Ministerialdirigent
Ulrich Birkenheier (Unterabteilungsleiter der Abteilung
Recht im BMVg).

Der Zeuge Manfred Engelhardt erklärte daraufhin in sei-
ner Stellungnahme vom 18. Juli 2008, dass er seine zitier-
ten Äußerungen (vgl. Sondervotum der Fraktion DIE
LINKE., Vierter Teil, B., Ziffer IV., Nr. 1.) zur Brisanz
der Rechtsauffassung von Dr. Michael Saalfeld zur Über-
gabe von Gefangenen an Bündnispartner seinerzeit aus
militärischer Sicht und Zuständigkeit an dem Leitgedan-
ken orientiert habe, „dass, wenn man einem Bündnispart-
ner von vorneherein eine nicht menschenrechtskonforme
Behandlung von Gefangenen unterstelle, sich eine Betei-
ligung an dieser NATO-geführten Operation eigentlich
ausschlösse, einer Operation, der rechtlich und politisch
zu diesem Zeitpunkt aber bereits zugestimmt war. Dies
werfe dann auch die Frage der Bündnisfähigkeit der Bun-
desrepublik Deutschland auf.“

Der Zeuge Dr. Fredy Schwierkus erklärte in seiner Stel-
lungnahme vom 24. Juli 2008, er habe die in dem Sonder-
votum der Fraktion DIE LINKE. (vgl. Vierter Teil, B.,
Ziffer IV., Nr. 4, Buchstabe a) aufgeführte abwertende
Äußerung über Bevölkerungsteile im Einsatzgebiet nicht
gemacht.

MinDirig Ulrich Birkenheier erklärte im Wesentlichen in
seiner Stellungnahme vom 16. Juli 2008 zu der entspre-
chenden Textstelle (vgl. Sondervotum der Fraktion DIE
LINKE., Vierter Teil, B., Ziffer II.), dass die von der
Fraktion DIE LINKE. aus dem Vermerk der Staatsanwalt-
schaft Tübingen vom 3. November 2006 gezogene
Schlussfolgerung, die einen mangelnden Aufklärungswil-
len unterstellt, falsch sei und darauf gründe, dass die
Fraktion DIE LINKE. es unterlassen habe, den Hinter-
grund des Telefonats, der sich aus dem Vermerk nicht er-
gebe, aufzuklären. Gegenstand seines Gesprächs mit der
Staatsanwaltschaft Tübingen sei unter anderem folgende
rechtliche Problemstellung gewesen: „Zu den wesentli-
chen Garantien in einem Strafverfahren gehört das Gebot,
dass ein Beschuldigter sich nicht selbst belasten muss.
Dazu wird er vor einer Vernehmung belehrt, dass es ihm
freisteht, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht
auszusagen. Wahrheitswidrige Äußerungen bleiben ohne
Folgen. Bei der Befragung eines Soldaten durch den
Dienstherrn, im vorliegenden Fall in Gestalt der Angehö-
rigen der ‚Arbeitsgruppe Kurnaz‘, bleibt der Soldat an die
in § 13 Abs. 1 Soldatengesetz festgestellte Wahrheits-
pflicht gebunden. Falsche Aussagen stellen ein Dienst-
vergehen dar. Da die Aufklärungsarbeit durch das BMVg
nicht im Rahmen eines Disziplinarverfahrens stattgefun-
den hat, bestand für die Soldaten auch kein Auskunftsver-
weigerungsrecht, eine entsprechende Belehrung ist folge-
richtig unterblieben. Dies hat zur Folge, dass eventuelle
Selbstbezichtigungen – die es im konkreten Fall nicht ge-

werden können. Eine Verwertung würde einen schweren
Verstoß gegen das Gebot des fairen Verfahrens darstellen.
Diese rechtliche Problematik habe ich mit dem ermitteln-
den Staatsanwalt im Gespräch am 3. November 2006
pflichtgemäß erörtert.“ Nach der Stellungnahme des
MinDirig Ulrich Birkenheier ergebe sich hieraus, dass
Anlass seiner Überlegungen nicht die Verhinderung der
Aufklärungsarbeit, sondern vielmehr die Verpflichtung
staatlicher Behörden zu rechtskonformem Handeln und
zur Beachtung der gesetzlich geschützten Rechte Betrof-
fener gewesen sei. Die Zeugen Birgitt Heidinger und Jörn
Thießen haben keine Stellungnahme abgegeben.

3. Wörtliche Zitate aus Protokollen
nichtöffentlicher Sitzungen

Der Untersuchungsausschuss hat in seiner 23. Sitzung am
25. Juni 2008 mehrheitlich beschlossen, den namentlich
oder der Funktion nach benannten Zeugen bei wörtlichen
Zitaten aus Protokollen nichtöffentlicher Sitzungen vor
einer Veröffentlichung des Abschlussberichts Gelegen-
heit zu einer Stellungnahme zu geben. Der Beschluss er-
folgte im Zusammenhang mit dem zu diesem Zeitpunkt
noch zu fassenden Beschluss 19 zum Verfahren, die Ein-
stufungen der im Abschlussbericht verwendeten Inhalte
und Zitate aus Protokollen nichtöffentlicher Sitzungen
aufzuheben. Der Untersuchungsausschuss war mehrheit-
lich der Auffassung, dass die Zeugen einen gewissen Ver-
trauensschutz für sich in Anspruch nehmen können, da
sie ihre Aussagen im Verteidigungsausschuss, als einem
sogenannten geschlossenen Ausschuss, gemacht haben, zu
dem grundsätzlich nur die ordentlichen und stellvertreten-
den Mitglieder zutrittsberechtigt sind. Die Aussagen er-
folgten im Schutze einer besonderen Vertraulichkeit nicht-
öffentlicher Sitzungen, die zum großen Teil auch als
GEHEIM eingestuft waren. Vor einer Veröffentlichung von
wörtlichen Zitaten aus Protokollen dieser nichtöffentlichen
Sitzungen ist den Zeugen deshalb über das Sekretariat des
Ausschusses Gelegenheit zu einer Stellungnahme gegeben
worden. Der Untersuchungsausschuss sah sich hierzu aus
Gesichtspunkten des Grundsatzes eines fairen Verfahrens
veranlasst. Eine nach Artikel 44 Abs. 2 Satz 1 GG sinnge-
mäße Anwendung dieses Grundsatzes auf Zeugen eines
Untersuchungsausschusses hielt der Verteidigungsaus-
schuss für sich als Untersuchungsausschuss zur Vorberei-
tung der (förmlichen) Aufhebung von Inhalten/
Zeugenaussagen aus (eingestuften) Protokollen nichtöf-
fentlicher Sitzungen für erforderlich. Der Untersuchungs-
ausschuss verwies anlässlich seines Beschlusses darauf,
dass nach Eingang der entsprechenden Stellungnahmen
grundsätzlich die Verfasser für deren Berücksichtigung in
den jeweiligen Berichtsteilen die Verantwortung tragen. Der
Untersuchungsausschuss nahm hierbei Bezug auf die Ent-
scheidung Nr. 11/25 vom 30. November 1989 des
Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäfts-
ordnung, nach dem der schriftliche Bericht des Untersu-
chungsausschusses selbst von der Mehrheit oder entspre-
chendenfalls von der Gesamtheit der Ausschussmitglieder
geben hat – wegen der gesetzlichen Wahrheitspflicht der
Soldaten in einem Strafverfahren nicht hätten verwertet

verantwortet wird; Sondervoten werden von deren Ver-
fassern formuliert und verantwortet. Die namentlich oder

Drucksache 16/10650 – 38 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

der Funktion nach benannten Zeugen haben zu ihren
wörtlichen Zitaten aus Protokollen nichtöffentlicher Sit-
zungen nur vereinzelt Stellungnahmen abgegeben, die im
Ergebnis keinen Anlass gaben, von einer Veröffentli-
chung im Abschlussbericht Abstand zu nehmen.

4. Zitate aus einer Anklageschrift oder
anderen amtlichen Schriftstücken eines
Strafverfahrens (§ 353d Nr. 3 StGB)

Nach § 353d Nr. 3 StGB macht sich strafbar, wer die An-
klageschrift oder andere amtliche Schriftstücke eines
Strafverfahrens, eines Bußgeldverfahrens oder eines Dis-
ziplinarverfahrens, ganz oder in wesentlichen Teilen, im
Wortlaut öffentlich mitteilt, bevor sie in öffentlicher Ver-
handlung erörtert worden sind oder das Verfahren abge-
schlossen ist. Untersuchungsausschüsse des Deutschen
Bundestages betrachteten in der Vergangenheit diese
Strafvorschrift für ihre Tätigkeit als nicht anwendbar, ha-
ben aber gleichwohl nicht aus Anklageschriften oder an-
deren amtlichen Schriftstücken eines nicht abgeschlosse-
nen Strafverfahrens zitiert. Der Verteidigungsausschuss als
1. Untersuchungsausschuss hat sich dieser Verfahrens-
weise auch im Hinblick auf die zwischenzeitliche Einstel-
lung der Strafverfahren gegen zwei Bundeswehrangehö-
rige grundsätzlich angeschlossen und in seiner 23. Sitzung
am 25. Juni 2008 mehrheitlich beschlossen, im Ab-
schlussbericht aus amtlichen Schriftstücken eines Straf-
verfahrens im Sinne des § 353d Nr. 3 StGB nicht wörtlich
zu zitieren.

5. Feststellung des Abschlussberichtes

In seiner Sitzung am 18. September 2008 hat der Verteidi-
gungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss zur Fest-
stellung seines Abschlussberichtes die nachfolgenden Be-
schlüsse gefasst:

Mit den Stimmen der Mitglieder der Fraktionen der CDU/
CSU und SPD, bei Enthaltung der Mitglieder der Fraktio-
nen der FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN hat der Untersuchungsausschuss beschlossen: „Der
Bericht der Berichterstatter Abg. Bernd Siebert (CDU/
CSU) und Abg. Rainer Arnold (SPD) – Einsetzung des
Untersuchungsausschusses und Verlauf des Untersu-
chungsverfahrens (Teil I), Feststellungen zum Sachver-
halt (Teil II) sowie Übersichten und Verzeichnisse
(Teil V) – wird als Bericht des Verteidigungsausschusses
als 1. Untersuchungsausschuss der 16. Wahlperiode fest-
gestellt.“

Mit den Stimmen der Mitglieder der Fraktionen der CDU/
CSU und SPD, gegen die Stimmen der Mitglieder der
Fraktionen der FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN hat der Untersuchungsausschuss beschlossen:
„Der Bericht der Berichterstatter Abg. Bernd Siebert
(CDU/CSU) und Abg. Rainer Arnold (SPD) – Bewertun-
gen (Teil III) – wird als Bericht des Verteidigungsaus-

Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsaus-
schuss hat einstimmig beschlossen:

„Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsaus-
schuss beschließt, dass die nachfolgenden Sondervoten
nach § 33 Absatz 2 PUAG als Teil IV in den Bericht auf-
zunehmen sind:

– der Berichtsentwurf der Berichterstatterin Abg. Elke
Hoff (FDP) vom 14. April 2008 als Sondervotum der
Fraktion der FDP;

– der Berichtsentwurf des Berichterstatters Abg. Paul
Schäfer (DIE LINKE.) vom 4. September 2008, in der
aktualisierten Fassung vom 18. September 2008, als
Sondervotum der Fraktion DIE LINKE. sowie

– der Berichtsentwurf des Berichterstatters Abg.
Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
vom 9. September 2008, in der aktualisierten Fassung
vom 18. September 2008, als Sondervotum der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.“

Mit den Stimmen der Mitglieder aller Fraktionen hat der
Untersuchungsausschuss beschlossen:

„Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsaus-
schuss beschließt, die vorgenannten Berichte (Teil I bis
Teil V) werden nach § 34 Absatz 4 Satz 2 in Verbindung
mit § 33 PUAG dem Deutschen Bundestag als Abschluss-
bericht mit der Beschlussempfehlung vorgelegt, ihn zur
Kenntnis zu nehmen.“

Ferner hat der Ausschuss mit den Stimmen der Mitglieder
aller Fraktionen den nachfolgenden Beschluss 19 zum
Verfahren gefasst:

„Beschluss 19 zum Verfahren
Aufhebung von Einstufungen/Redaktionelle Abfassung

des Abschlussberichts

1. Die Einstufung der verwendeten Inhalte und Zitate aus
Protokollen nichtöffentlicher Sitzungen wird für den
Abschlussbericht aufgehoben; die aussagegenehmi-
genden Stellen wurden entsprechend beteiligt. Die
Aufhebung der Einstufung für die im Abschlussbe-
richt verwendeten Inhalte und Zitate aus beigezogenen
Unterlagen ist bereits durch die herausgebenden Stel-
len erfolgt.

2. Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsaus-
schuss beauftragt und ermächtigt das Ausschusssekre-
tariat, den festgestellten und zur Veröffentlichung als
Bundestagsdrucksache bestimmten Bericht in Abstim-
mung mit den jeweiligen benannten Mitarbeitern der
Fraktionen redaktionell so zu erarbeiten, dass dieser
als abschließender Gesamtbericht des Untersuchungs-
ausschusses in einheitlicher Form dem Plenum des
Deutschen Bundestages vorgelegt werden kann.“

Der im Verfahrensbeschluss 19, Nr. 1 verwendete Begriff
der „Einstufung“ bezieht sich sowohl auf Protokolle
schusses als 1. Untersuchungsausschuss der 16. Wahl-
periode festgestellt.“

nichtöffentlicher Sitzungen als auch auf deren förmliche
Einstufung nach der Geheimschutzordnung.

Urteil vom 30. November 2005, AZ: 4 K 1013/05).

Das Magazin stern berichtete in seiner Ausgabe vom
5. Oktober 2006, Murat Kurnaz habe im Sommer des Jah-
res 2001 in der Türkei geheiratet. Seine Frau sollte im

chen. Dort habe man nur mitbeten, aber nichts lernen
können, erklärte er dem Journalisten des stern.

Auf die Frage, warum er die vom Verfassungsschutz be-
obachtete Abu-Bakr-Moschee besuchte, antwortete er,
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 39 – Drucksache 16/10650

Zweiter Teil

Feststellungen zum Sachverhalt

Vorbemerkungen

Der Untersuchungsauftrag des Ausschusses gliedert sich
in zwei Untersuchungskomplexe. Im Mittelpunkt der Un-
tersuchungen zu den Ziffern 1. bis 3. des Untersuchungs-
auftrages stehen die Kontakte von Angehörigen der Bun-
deswehr zu Murat Kurnaz, der von ihm erhobene
Misshandlungsvorwurf sowie die Frage, wer über ent-
sprechende Sachverhalte informiert war. Im Rahmen der
Untersuchungen zu diesem Komplex hat sich der Aus-
schuss sowohl mit der Person von Murat Kurnaz als auch
mit dem Verlauf des Einsatzes des Kommandos Spezial-
kräfte bis zum Zusammentreffen in Kandahar befasst. Die
Ziffern 4. und 5. des Untersuchungsauftrages bilden den
zweiten Untersuchungskomplex und umfassen eine Unter-
suchung und Darstellung der von dem Kommando Spezial-
kräfte (KSK) in Kandahar von November 2001 bis No-
vember 2002 durchgeführten Einsätze, der diesen
Einsätzen zugrunde liegenden Regeln sowie der damali-
gen Befehls- und Meldewege.

I. Murat Kurnaz

1. Zur Person

In seiner Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss
zur Person gab Murat Kurnaz an, dass er am 19. März
1982 in Bremen geboren wurde und eine Ausbildung als
Konstruktionsmechaniker der Fachrichtung Schiffbaume-
chanik begonnen habe; zurzeit sei er arbeitslos. Nach den
weiteren Feststellungen des Ausschusses besitzt Murat
Kurnaz die türkische Staatsangehörigkeit und hat bis zu
seiner Festnahme in Pakistan ununterbrochen in der Bun-
desrepublik Deutschland gelebt. Die deutsche Staatsange-
hörigkeit erwarb er bisher nicht (Stenografisches Proto-
koll Nr. 4, Teil II, S. 31, 38). Murat Kurnaz ist seit dem
11. Juni 1998 in Besitz einer unbefristeten Aufenthalts-
erlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland, deren Gül-
tigkeit nochmals durch das rechtskräftige Urteil des Ver-
waltungsgerichtes Bremen vom 30. November 2005
festgestellt wurde. Die Aufenthaltserlaubnis ist nicht
durch die Dauer seines Auslandsaufenthaltes nach § 44
Ausländergesetz erloschen (Verwaltungsgericht Bremen,

Auf die Frage nach seinem jetzigen Familienstand ant-
wortete er in der Zeugenvernehmung des Untersuchungs-
ausschusses am 17. Januar 2007:

„Wir sind geschieden. Aber nach den Papieren sieht es
noch so aus, als ob wir verheiratet sind. Aber ich bin da-
bei, das mit den Papieren zu regeln. (…) Wir sind ge-
trennt.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 38)

Zu seiner Vergangenheit berichtete Murat Kurnaz dem
Magazin stern:

„(…) Ich hatte als Jugendlicher wilde Zeiten, mit viel
Party und so. Ich habe viel trainiert. Erst Judo, dann Ka-
rate, Kickboxen und Boxen. An den Wochenenden habe
ich neben meiner Schiffbauerlehre gutes Geld verdient, bei
Discos und Konzerten, als Türsteher oder Bodyguard. Viele
Frauen stehen auf so was. Aber das war immer nur für ein
paar Wochen oder Monate, nie zum Heiraten, das hat nie
geklappt. (…)“ (stern, 5. Oktober 2006, MAT 16 – 19,
S. 44 f.)

Er habe festgestellt, dass sich seine Freunde allmählich
veränderten. Dadurch habe er immer weniger Freunde ge-
habt. Ihm sei aufgefallen, dass sie Drogen nahmen, krimi-
nell und zum Teil sogar in ihre Heimatstaaten abgescho-
ben wurden. Das habe ihn nachdenklich gestimmt (stern,
5. Oktober 2006, MAT 16 – 19, S. 44 f.).

Hierzu erklärte er in der ARD-Sendung „beckmann“ am
16. Oktober 2006:

„(…) Und ich habe die Lösung im Islam gesehen, weil
unser Glaube an den Islam all das verbietet, was einem
Menschen Böses antun könnte.“ (beckmann, 16. Oktober
2006, MAT 16 – 4, S. 5 f.)

Auf die Frage eines Journalisten des Magazin stern, ob er
von einem Imam auf den sogenannten rechten Weg ge-
bracht worden sei, antwortete er:

„Nein, ich bin schon selber darauf gekommen, dass mein
Glaube all das bietet, was ich suchte. Aber ich wusste so
vieles nicht, nicht einmal, wie man richtig betet.“ (stern,
5. Oktober 2006, MAT 16 – 19, S. 45)

Murat Kurnaz begann, regelmäßig die Moschee zu besu-
Dezember desselben Jahres in die Bundesrepublik
Deutschland einreisen, um in Bremen ein gemeinsames
Leben mit ihm zu führen (stern, 5. Oktober 2006,
MAT 16 – 19, S. 44 f.).

dass er davon nichts gewusst habe. Die Moschee habe
sich in der Nähe seiner Schule befunden, und er hätte des-
halb dort zum Freitagsgebet gehen können. Dort sei er in
Kontakt mit Mitgliedern der Tablighi Jamaat gekommen
(stern, 5. Oktober 2006, MAT 16 – 19, S. 45).

Drucksache 16/10650 – 40 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Murat Kurnaz berichtete zur Frage, was die Mitglieder
des Tablighi Jamaat gepredigt haben:

„Die haben viel von der Schule in Pakistan erzählt, dem
Mansura-Center bei Lahore, in einem Naturgebiet ohne
Autos, wo man den Islam studieren kann, ohne Ablen-
kung und nicht wie bei Seminaren in Deutschland nur am
Freitag, Samstag, Sonntag. Eine perfekte Schule. Da hab
ich mir in den Kopf gesetzt, dass ich da hin will.“ (stern,
5. Oktober 2006, MAT 16 – 19, S. 45)

In der ARD-Sendung „beckmann“ vom 16. Oktober 2006
gab Murat Kurnaz als Beweggrund für seine Reise an,
dass er seinen Glauben unbedingt durch die Tablighi
Jamaat kennenlernen wollte, bevor seine Frau nach
Deutschland käme. Diese Art und Weise, wie der Islam
gelehrt werde, habe er bewundert (beckmann, 16. Okto-
ber 2006, MAT 16 – 4, S. 6).

In seiner Zeugenaussage vor dem Untersuchungsaus-
schuss am 17. Januar 2007 antwortete Murat Kurnaz auf
die Frage, welche persönliche Motivation er hatte, gerade
Pakistan zum Ziel seiner Reise zu machen:

„(…) Ich kannte die Tablighis vorher schon. (…) Sie sind
regional aus Pakistan. Deren größten Schulen sind in Pa-
kistan. Wenn man aus dieser Gruppe was lernen möchte,
dann ist das in Pakistan die beste Schule.“ (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 40)

Zum gewählten Zeitpunkt seiner Reise erklärte er dem
Magazin stern, dass das von ihm beabsichtigte Studium
des Islams zwei Monate dauern sollte, sodass er zur er-
warteten Ankunft seiner Ehefrau im Dezember des Jahres
2001 wieder in Deutschland gewesen wäre. Dieser Um-
stand habe für den Zeitpunkt der Reise eine sehr große
Rolle gespielt. Er hätte seine Frau nicht allein lassen kön-
nen. Seine Eltern hätten nichts von diesem Reiseplan ge-
wusst (stern, 5. Oktober 2006, MAT 16 – 19, S. 45).

Zu dem Umstand, dass der von Murat Kurnaz gewählte
Reisebeginn drei Wochen nach den Anschlägen vom
11. September 2001 auf das World Trade Center in den
USA gelegen habe, erklärte er:

„Ich habe dabei keine Gefahr sehen können. Ich habe mir
nichts dabei gedacht, dass es irgendwie gefährlich sein
könnte, weil damals gab‘s noch keinen Krieg zwischen
Amerika und Afghanistan.“ (beckmann, 16. Oktober
2006, MAT 16 – 4, S. 6)

Intensive Nachfragen, ob er aus politischen und weltan-
schaulichen Motiven nach Pakistan gereist sei, verneinte
Murat Kurnaz vehement.

„Ich bin nicht nach Afghanistan gereist, nur nach Pakis-
tan. Dort wollte ich mehr über meinen Glauben lernen,
das war schon länger mein Plan.“ (stern, 5. Oktober 2006,
MAT 16 – 19, S. 44)

In seiner Vernehmung als Zeuge vor dem Untersuchungs-
ausschuss am 17. Januar 2007 wurde Murat Kurnaz von
den Abgeordneten damit konfrontiert, dass es Aussagen
seiner Mutter gebe, er habe irgendwie formuliert, dass er

„Es würde für mich keinen Sinn machen, gegen die Ame-
rikaner zu kämpfen. Ich weiß nicht, wer das gesagt hat
oder woher es ganz genau kommt.“ (Stenografisches Pro-
tokoll Nr. 4, Teil II, S. 41)

Auf eine entsprechende Frage im Interview des Magazins
stern erklärte Murat Kurnaz, dass er bis zu seinem 19. Le-
bensjahr weder mit Nachrichten noch mit Politik „etwas
zu tun“ hatte. Von der Al Qaida habe er erstmals kurz vor
seinem Reiseantritt nach Pakistan, vor dem Hintergrund
der Anschläge vom 11. September 2001 in den Vereinig-
ten Staaten von Amerika, gehört (stern, 5. Oktober 2006,
MAT 16 – 19, S. 44 f.).

Nach den vom Untersuchungsausschuss ausgewerteten
Medienberichten nahm zunächst die Bremer Staats-
anwaltschaft Ende des Jahres 2001 Ermittlungen gegen
Murat Kurnaz wegen des Verdachts auf Bildung einer kri-
minellen Vereinigung gemäß § 129 Strafgesetzbuch auf.
Der zwischenzeitlich nach § 120 Absatz 2 Gerichtsverfas-
sungsgesetz für Staatsschutzdelikte zuständige ermit-
telnde Generalbundesanwalt verwies im Frühjahr des Jah-
res 2002 das Verfahren gegen Murat Kurnaz zurück an
die Bremer Staatsanwaltschaft. Die Generalbundes-
anwaltschaft sah keine Einbindung von Murat Kurnaz in
eine „radikale, gewaltbereite Vereinigung“ und keinen
ausreichenden Anfangsverdacht hinsichtlich des Vor-
wurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Das Er-
mittlungsverfahren gegen die weiteren Verdächtigen
wurde bereits am 13. Oktober 2002 eingestellt. Gegen
Murat Kurnaz wurde das Verfahren gemäß § 205 Straf-
prozessordnung zunächst vorläufig eingestellt, weil die-
ser sich wegen seiner Abwesenheit nicht persönlich äu-
ßern konnte. Nach der Rückkehr von Murat Kurnaz in die
Bundesrepublik Deutschland hatte die Bremer Staats-
anwaltschaft die Ermittlungen im August 2006 wieder
aufgenommen. Am 17. Oktober 2006 teilte die Staatsan-
waltschaft Bremen mit, dass mangels hinreichender Be-
weise das Verfahren nun auch gegen Murat Kurnaz end-
gültig eingestellt sei (Frankfurter Allgemeine Zeitung,
18. Oktober 2006, MAT 16 – 3, S. 48; Frankfurter Rund-
schau, 19. Oktober 2006, MAT 16 – 3, S. 57).

2. Reise nach Pakistan

In einem Filmbeitrag im Rahmen der ARD-Sendung
„beckmann“ wurde berichtet, dass Murat Kurnaz, nach-
dem er „im Jahr zuvor seine religiösen Wurzeln entdeckt“
habe, am 3. Oktober 2001 als damals 19-Jähriger von
Frankfurt am Main nach Pakistan geflogen sei
(beckmann, 16. Oktober 2006, MAT 16 – 4, S. 3). Nach
vom Untersuchungsausschuss beigezogenen Medienbe-
richten habe er ein gültiges Visum und ein Rückflugticket
bei sich geführt und die Reise zusammen mit seinem
Freund Selcuk B. angetreten, der am Flughafen Frankfurt
am Main wegen eines Haftbefehls, der aus einer nicht ge-
zahlten Geldstrafe resultierte, zurückgehalten worden sei.
Auf Nachfrage des Bundesgrenzschutzes habe sich die
Familie von B. geweigert, die Schulden zu begleichen.
Damit sollte verhindert werden, dass Selcuk B. nach
nach Afghanistan reisen wollte, um gegen die Amerika-
ner zu kämpfen. Dazu nahm er wie folgt Stellung:

Afghanistan reisen könne, um – wie sein Bruder behaup-
tete – dort gegen die Amerikaner kämpfen. Diese Aus-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41 – Drucksache 16/10650

sage soll zu sofortigen Ermittlungen, unter anderem auch
des FBI, geführt haben, das nach den Anschlägen vom
11. September 2001 auch an deutschen Flughäfen zuge-
gen gewesen sei (vgl. z. B. Frankfurter Allgemeine Zei-
tung, 26. August 2006, MAT 16 – 3, S. 13). In diesem Zu-
sammenhang sei das gesamte Umfeld von Selcuk B.
überprüft worden, zu dem auch Murat Kurnaz gehört
habe. Eine Beteiligung von Murat Kurnaz an Gewalttaten
habe man nicht beweisen können.

Murat Kurnaz sei allein nach Pakistan geflogen. Auf die
Frage, wie ihm Pakistan gefallen habe, berichtete Murat
Kurnaz im Magazin stern:

„(…) Und als ich in Karachi ankam, habe ich gesehen,
dass ich am Meer war. Da dachte ich, dass ich die Schule
noch etwas verschieben kann, und bin mit dem Taxi in
der Stadt rumgefahren, das ist dort extrem billig. Und der
Fahrer hat mir dann eine Unterkunft besorgt.“

Auf die Frage, wann er in der Islamschule angekommen
sei, antwortete er:

„Das weiß ich nicht mehr genau. Ich bin in Pakistan um-
hergereist. Das hat mir gut gefallen, auf den Märkten gibt
es Gaukler und Schlangenbeschwörer. (…)“ (stern, 5. Ok-
tober 2006, MAT 16 – 19, S. 45)

In der Zeugenvernehmung im Untersuchungsausschuss
wurde Murat Kurnaz gefragt, ob es richtig sei, dass er, in
Pakistan angekommen, „ein bisschen Reiselust verspürt
und zunächst erst mal das Interesse an dem Land in sich
aufgenommen“ habe und „nicht direkt in die Schule ge-
gangen“ sei, gab er an:

„Einiges hat nicht so geklappt, wie es sein sollte. Deswe-
gen hat sich auch einiges spontan ergeben. Pakistan hat
mir sehr gefallen. Es ist ein sehr interessantes Land. Ich
liebe die Natur und die Tiere. Pakistan hat mich in dieser
Hinsicht sehr fasziniert.“ (Stenografisches Protokoll
Nr. 4, Teil II, S. 40 f.)

Seine Ankunft in der Schule in Lahore beschrieb Murat
Kurnaz im Magazin stern wie folgt:

Am Tag seiner Ankunft habe man ihn in einen Raum ge-
führt, damit er sich ausruhen könne. Er vermutete, in der
Nacht sei Afghanistan bombardiert worden. Als er am
nächsten Tag in das Schulbüro gekommen sei, habe man
ihm mitgeteilt, die Schule nehme keine Fremden mehr
auf. Er vermutete, man habe sich um seine Sicherheit ge-
sorgt, weil er mit seinen „kurzen Haaren“ und seiner „hel-
len Haut“ sehr westlich ausgesehen habe. Er erklärte dies
mit dem Umstand, dass es in Pakistan „gleich viele De-
mos gegen die Amerikaner“ gegeben habe (stern, 5. Ok-
tober 2006, MAT 16 – 19, S. 46).

Auf den Vorhalt in der Zeugenvernehmung des Untersu-
chungsausschusses, dass das Interesse der Schule an ihm
„außerordentlich eingeschränkt“ gewesen sei, erklärte
Murat Kurnaz:

„(…) Es war nicht so einfach, wie ich es mir vorgestellt
habe. Sie waren nicht einverstanden. Auf jeden Fall sag-

oder nicht, zu der Zeit nicht da sein sollte. Es hat mit der
Schule nicht geklappt.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 4,
Teil II, S. 41)

Murat Kurnaz berichtete im Magazin stern, er habe eine
Person namens Mohammed kennengelernt. Dieser habe
eine Gruppe gekannt, die von Moschee zu Moschee gezo-
gen sei, und behauptet, dass man dort fast genauso gut
lernen könne wie in der Schule in dem Mansura-Center in
Lahore. Murat Kurnaz habe sich dieser Gruppe ange-
schlossen und sei mit ihr durch Pakistan gereist. Die
Grenze Pakistans habe man hierbei „mit Sicherheit nicht“
passiert (stern, 5. Oktober 2006, MAT 16 – 19, S. 46).

3. Verhaftung in Pakistan

Nach seinen Angaben in der ARD-Sendung „beckmann“
habe sich Murat Kurnaz am 1. Dezember 2001 auf den
Weg zum Rückflug nach Deutschland begeben. Von
Peschawar aus sei er mit Mohammed im Bus auf dem
Weg zum Flughafen unterwegs gewesen. Während dieser
Fahrt sei der Bus im Rahmen einer Routinekontrolle an
einem sogenannten Checkpoint von pakistanischen Si-
cherheitskräften angehalten worden (beckmann, 16. Okto-
ber 2006, MAT 16 – 4, S. 7). Vor dem Untersuchungsaus-
schuss erklärte Murat Kurnaz, er habe geglaubt, dass es
sich um eine normale Kontrolle handele (Stenografisches
Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 33).

Nach der Medienberichterstattung sei die Kontrolle „ganz
in der Nähe zur Grenze zu Afghanistan und der Gebirgs-
kette Tora Bora, die als Versteck für viele Al Qaida-
Kämpfer galt“, erfolgt (beckmann, 16. Oktober 2006,
MAT 16 – 4, S. 7). Von dort aus sei Murat Kurnaz in ein
Polizeirevier gebracht worden, in dem er zum ersten Mal
verhört worden sei. In einer Villa sei er danach weiter be-
fragt und anschließend in ein Gefängnis verbracht wor-
den. Ihm seien immer gleichlautende Fragen gestellt wor-
den (stern, 5. Oktober 2006, MAT 16 – 19, S. 46). Im
stern-Artikel berichtete Murat Kurnaz, dass sein Einreise-
visum für Pakistan den Verdacht der Behörden vor Ort er-
regt habe. Beim Übertragen der Nummer seines türki-
schen Passes habe ein Beamter der Botschaft in Berlin per
Hand aus einer Neun eine Drei gemacht. Damit sei Murat
Kurnaz verdächtig gewesen, seinen Ausweis manipuliert
zu haben (stern, 5. Oktober 2006, MAT 16 – 19, S. 41).

Vor dem Untersuchungsausschuss schilderte Murat
Kurnaz am 17. Januar 2007:

„(…) Nach einigen Wochen Gefängnis in Pakistan haben
sie mich den Amerikanern übergeben, aus welchem
Grund auch immer. Das weiß ich heute noch nicht. Das
Einzige, was mir später in Guantánamo von den Ameri-
kanern gesagt wurde, ist, dass es sich um 3 000 bis
5 000 Dollar Kopfgeld gehandelt haben soll. Ob es
stimmt, weiß ich nicht.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 4,
Teil II, S. 33)

Im Magazin stern gab Murat Kurnaz an, er habe von Mit-
häftlingen erfahren, dass sie von den Amerikanern als
ten sie, dass sie zu der Zeit nicht einverstanden wären und
dass derjenige, der entscheidet, ob ich die Schule anfange

Terrorverdächtige verhört worden seien (stern, 5. Oktober
2006, MAT 16 – 19, S. 46).

Drucksache 16/10650 – 42 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

4. Verbringung nach Kandahar

In der ARD-Sendung „beckmann“ wurde berichtet, dass
Murat Kurnaz nach etwa 20 Tagen in pakistanischer Haft
kurz vor Weihnachten 2001 in das US-Gefangenenlager
nach Kandahar in Afghanistan ausgeflogen worden sei.
Dabei habe man ihm nach seinen Angaben im stern den
Heimflug „vorgespiegelt“ (beckmann, 16. Oktober 2006,
MAT 16 – 4, S. 7 f.; stern, 5. Oktober 2006, MAT 16 – 19,
S. 46).

Über den Zeitpunkt seiner Ankunft in Kandahar gab er
vor dem Untersuchungsausschuss an:

„Während meiner Haft in Kandahar habe ich zwei Solda-
ten gehört, wie sie sich zu Weihnachten gratuliert haben,
(…). Aber ich kann nicht sagen, dass es zu Weihnachten
gewesen ist. Es kann auch sein, dass sich einige Men-
schen nachträglich, ein paar Tage später zu Weihnachten
gratulieren. (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil II,
S. 41 f.)

Auf die Frage, wie er Kenntnis über seinen Aufenthaltsort
erlangte, berichtete Murat Kurnaz:

„Uns wurde von den Soldaten nichts gesagt, nur halt von
den vielen afghanischen Gefangenen, die sich dort sehr
gut auskannten. Einige sind zum Teil aus Kandahar gewe-
sen. Sie haben den anderen Gefangenen ausdrücklich mit-
geteilt, dass wir in Kandahar sind. Das war ein paar Tage
später.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 34)

Von den Vorwürfen, er sei „von Al Qaida“, ein Freund
des Terrorpiloten Mohammed Atta und wüsste, wo sich
Osama bin Laden aufhalte, habe er erstmals in Kandahar
erfahren (stern, MAT 16 – 19, 5. Oktober 2006, S. 46).

In der ARD-Sendung „beckmann“ erklärte Murat Kurnaz
zu dem von den Amerikanern hergestellten Zusammen-
hang mit Mohammed Atta:

„Sie haben mir, die Amerikaner haben mir gesagt, dass
wir zusammen in derselben Moschee gebetet haben und
dass wir sehr gute Freunde gewesen sein sollen und ich
alles über ihn wusste, auch über diese am 11. September,
diese Angriffe, dass ich davon Bescheid wusste.“

Auf die Frage, ob er Mohammed Atta jemals vorher ge-
troffen habe, antwortete er:

„Natürlich habe ich ihn nie getroffen. Ich habe diesen
Mann nie gekannt. Außer aus den Medien, wie jeder an-
dere. Ich habe ihn das erste Mal im Fernsehen gesehen,
wo sie ein Bild von ihm gezeigt haben. Die Amerikaner
wussten es auch.“ (beckmann, 16. Oktober 2006,
MAT 16 – 4, S. 9)

Nach etwa zwei Monaten im US-Gefangenenlager in
Kandahar sei Murat Kurnaz nach Angaben seines Rechts-
beistandes am 1. oder 2. Februar 2002 nach Guantánamo
auf Kuba verlegt worden (Bandabschrift der Anhörung
von Murat Kurnaz und Bernhard Docke vor dem CIA-Un-
tersuchungsausschuss des Europäischen Parlaments,

II. Das Kommando Spezialkräfte in Kandahar
Einen weiteren Schwerpunkt der Ermittlungstätigkeit des
Untersuchungsausschusses stellte die Auseinanderset-
zung mit den Rechtsgrundlagen und Voraussetzungen für
die Einsätze deutscher Spezialkräfte im Rahmen der Ope-
ration Enduring Freedom und dem grundsätzlichen mili-
tärischen Auftrag des Kommandos Spezialkräfte dar.

Das Kommando Spezialkräfte (KSK) ist am 20. Septem-
ber 1996 im württembergischen Calw mit dem Ziel in
Dienst gestellt worden, die Voraussetzungen für die inter-
nationale Krisenvorsorge und Krisenbeherrschung durch
die Bundesrepublik Deutschland zu verbessern. Für die
Schaffung eines neuen Verbandes zur einheitlichen Füh-
rung der Spezialkräfte des Deutschen Heeres waren die
bisherigen Fernspähkompanien der einzelnen Korps und
die Kommandokompanien aus den Luftlandebrigaden als
Grundstock für das neu gebildete KSK zusammengefasst
worden. Gemeinsam mit den übrigen luftlandefähigen
Kräften der Bundeswehr bilden sie seit dem 1. April 2001
die Division Spezielle Operationen (DSO), die insbeson-
dere zu militärischen Evakuierungsoperationen, Opera-
tionen gegen irreguläre Kräfte sowie zu schnellen An-
fangsoperationen befähigt ist. Der Auftrag für das KSK in
diesem Verband umfasst den Schutz deutscher Einrich-
tungen und Kräfte im Ausland sowie von Personen in be-
sonderen Lagen, das Retten, Befreien und Evakuieren
von Personen, die militärische Aufklärung zur Schaffung
eigener Informationsüberlegenheit sowie den Kampf ge-
gen Ziele hoher Priorität auf gegnerischem oder feindbe-
setztem Gebiet (sog. Hochwertziele).

Am 16. November 2001 beschloss der Deutsche Bundes-
tag den „Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte bei
der Unterstützung der gemeinsamen Reaktion auf terro-
ristische Angriffe gegen die USA auf Grundlage des Arti-
kels 51 der Satzung der Vereinten Nationen und des Arti-
kels 5 des Nordatlantikvertrages sowie der Resolution
1368 (2001) und 1373 (2001) des Sicherheitsrates der
Vereinten Nationen“ (Antrag der Bundesregierung vom
7. November 2001, Bundestagsdrucksache 14/7296, S. 1;
Abstimmung im Bundestag am 16. November 2001,
Plenarprotokoll 14/202, S. 19893 A ff. ). Im Rahmen die-
ser Unterstützung der US-geführten Operation Enduring
Freedom hatte sich das Kommando Spezialkräfte durch
die Bereitstellung eines Kontingents mit einem Umfang
von bis zu 100 Soldaten an einem zunächst für 12 Monate
geplanten Einsatz in Afghanistan zu beteiligen. Mit der
Entsendung eines deutschen Spezialkräfte-Kontingents
wurde das Ziel verfolgt, „Führungs- und Ausbildungsein-
richtungen von Terroristen auszuschalten, Terroristen zu
bekämpfen, gefangen zu nehmen und vor Gericht zu
stellen sowie Dritte dauerhaft von der Unterstützung ter-
roristischer Aktivitäten abzuhalten.“ (Bundestagsdruck-
sache 14/7296, S. 3, Ziff. 3; Dokumente Nr. 1, 2, 3, 6).

Nach den Erkenntnissen des Untersuchungsausschusses
traf das 1. Deutsche Heereskontingent Spezialkräfte
Enduring Freedom (1. DtHKtg SpezKr EF) – im Folgen-
den 1. Kontingent – nach seiner Aufstellung in Deutsch-
MAT 16 – 13, S. 31; Dokument Nr. 9). Aus dieser Haft ist
Murat Kurnaz am 24. August 2006 entlassen worden.

land ab dem 10. Dezember 2001 zunächst auf der Insel
Masirah im Sultanat Oman ein, wo es auf seinen bevor-

ration Enduring Freedom sowie die insoweit geltenden
Befehls- und Meldewege von zentraler Bedeutung. Eine
Rekonstruktion der damaligen Entscheidungsprozesse
und Möglichkeiten der Einflussnahme von Dienststellen
oder Einzelpersonen innerhalb der Bundeswehr und des
Bundesministeriums der Verteidigung auf den Einsatz des
KSK in Afghanistan bildete die Grundlage für die weitere
Ermittlungstätigkeit des Untersuchungsausschusses und
ermöglichte ihm eine Bewertung der Geschehnisse wäh-
rend des Untersuchungszeitraumes.

Außerhalb des Einsatzes wurden die Kräfte des 1. Kon-
tingents truppendienstlich durch die Division Spezielle
Operationen bzw. das Kommando Spezialkräfte geführt.
Grundsätzlich werden deutsche Einsatzkontingente für
die Dauer des jeweiligen Einsatzes truppendienstlich dem
Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Potsdam
unterstellt. Dieser Unterstellungswechsel erfolgt regelmä-
ßig beim Verlassen Deutschlands vom jeweiligen Flugha-
fen. So auch im Falle des 1. Kontingents.

Nach Herstellen der Einsatzbereitschaft und der entspre-
chenden Meldung an das Einsatzführungskommando der
Bundeswehr am 10. Januar 2002 wurde die operative
Führungsverantwortung über das 1. Kontingent mit der
Meldung „Transfer of Authority“ an die sogenannte
Combined Joint Special Operation Task Force South (CJ-
SOTF-S) übergeben.

V im Führungsstab der Streitkräfte (Fü S V). Die Abtei-
lung hatte neben der Weitergabe von Weisungen an das
Einsatzführungskommando, auf der Grundlage von Mel-
dungen der untergeordneten Führung über den Einsatz
des KSK in Afghanistan, regelmäßige Berichte für den
Leitungsbereich anzufertigen. Zu diesem Zweck wurde
auch das Informationsaufkommen des deutschen Verbin-
dungskommandos bei dem US Central Command mit Sitz
in Tampa/Florida ausgewertet und zur Vervollständigung
des nationalen Lagebildes herangezogen.

Dem Bundesminister der Verteidigung selbst oblag die
Vorgabe politischer Leitlinien und zudem die Entschei-
dung über Einzelfragen von herausgehobener Bedeutung.
Unterstützt wurde er dabei insbesondere von dem Gene-
ralinspekteur der Bundeswehr als dem militärpolitischen
Berater der Bundesregierung.

Die Zeugenvernehmungen und die Auswertung des zur
Verfügung stehenden Aktenmaterials durch den Untersu-
chungsausschuss zeigten auch, dass alle mit dem Einsatz
des KSK in Afghanistan im Zusammenhang stehenden
Fragen innerhalb der Bundeswehr und des Bundesminis-
teriums der Verteidigung mit größter Geheimhaltung be-
handelt wurden. Nur wer dienstlich unmittelbar mit dem
Einsatz des 1. Kontingents befasst war, erhielt zumindest
soweit Einblick in die Vorgänge, als dies für die Erfüllung
seiner dienstlichen Obliegenheiten notwendig war (sog.
need to know-Prinzip).
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 43 – Drucksache 16/10650

stehenden Einsatz vorbereitet wurde. Nach der Durch-
führung von ersten Erkundungen durch den Kontingent-
führer wurde es sodann schrittweise, mit einem
Vorauskommando Ende Dezember 2001 beginnend, auf
die eigentliche Einsatzbasis (Forward Operation Base) im
afghanischen Kandahar verlegt. Am 10. Januar 2002
wurde die volle Einsatzbereitschaft an das Einsatzfüh-
rungskommando der Bundeswehr gemeldet.

III. Strukturen und Meldewege der deutschen
Spezialkräfte in Afghanistan

Für die Aufklärungsarbeit des Untersuchungsausschusses
waren die Einbindung des 1. Kontingents in nationale und
multinationale Führungsstrukturen im Rahmen der Ope-

Das Einsatzführungskommando der Bundeswehr – im Be-
sonderen die Abteilung Spezialoperationen – war jedoch
weiterhin verantwortlich für die Umsetzung von deut-
schen militärpolitischen Vorgaben des Bundesministe-
riums der Verteidigung mit Weisungen an das Einsatz-
kontingent und darüber hinaus musste es sicherstellen,
dass die Umsetzung der durch CJSOTF-S erteilten Auf-
träge an das 1. Kontingent durch das Bundestagsmandat
vom 16. November 2001 gedeckt waren.

Als Schnittstelle zwischen dem Einsatzführungskom-
mando auf der operativen und dem Leitungsbereich des
Ministeriums als der strategischen Ebene – auch dies er-
gaben die Ermittlungen des Untersuchungsausschusses –
fungierte die im Ministerium angesiedelte Stabsabteilung

neben einem großen Turm, „den sie auch für Flugzeuge
und so, für die Flugbahn benutzt haben“, mehrere Wach-
türme gegeben. Das Lager sei von einer Wand – mögli-
cherweise aus Beton – umgeben gewesen (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 38).
Seine Unterbringung im Lager beschrieb Murat Kurnaz in

S. 367 u. 378). Der Zeuge Asif Iqbal gab an, es habe drei
solcher Zeltgruppen gegeben (MAT 16 – 84, S. 378).
Beide fertigten eine Skizze an und berichteten überein-
stimmend, in einem Zelt in der mittleren der drei Zelt-
gruppen untergebracht worden zu sein. Von dort seien sie
jedoch noch mehrfach verlegt worden (MAT 16 – 84,
Drucksache 16/10650 – 44 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

A. Welche Kontakte hatten Angehörige der Bundeswehr mit dem türkischen Staatsbürger
Murat Kurnaz während dessen Inhaftierung durch die US-Streitkräfte im Zeitraum
von ca. November 2001 bis ca. Februar 2002?

Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsaus-
schuss ist der Frage nachgegangen, ob es zu Sichtkontak-
ten, Wortwechseln oder körperlichen Kontakten von An-
gehörigen der Bundeswehr mit Murat Kurnaz gekommen
ist. Die Untersuchungen des Ausschusses ergaben, dass in
der Zeit der Inhaftierung von Murat Kurnaz nur in Kanda-
har Kontakte mit den dort eingesetzten Soldaten des
1. Deutschen Heereskontingents Spezialkräfte Enduring
Freedom (1. DtHKtg SpezKr EF) – im Folgenden 1. Kon-
tingent – möglich waren. Die von dem Ausschuss ver-
nommenen Zeugen, die an Besichtigungen des US-
Gefangenenlagers oder an einer Wachverstärkung teilge-
nommen haben, berichteten von visuellen und verbalen
Kontakten. Ob es darüber hinaus zu körperlichen Kontak-
ten gekommen ist, konnte nicht abschließend geklärt wer-
den. Nach Auswertung der beigezogenen Akten und der
Zeugenaussagen durch den Verteidigungsausschuss als
1. Untersuchungsausschuss ist davon auszugehen, dass
ein Kontakt von Angehörigen der Bundeswehr mit Murat
Kurnaz während dessen Inhaftierung nur im US-Gefange-
nenlager Kandahar stattfand. Nach Angaben von Murat
Kurnaz in seiner Zeugenvernehmung vor dem Untersu-
chungsausschuss habe es eine Begegnung mit deutschen
Soldaten vor der Haft in Kandahar nicht gegeben (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 54).

I. Das Gefangenenlager in Kandahar
Der Untersuchungsausschuss erhob im Zuge seiner Er-
mittlungstätigkeit Beweis über die örtlichen Gegebenhei-
ten des US-geführten Gefangenenlagers in der Forward
Operation Base (FOB) Kandahar.

1. Beschreibung des Lagers durch
Murat Kurnaz

In der Zeugenvernehmung vor dem Untersuchungsaus-
schuss am 17. Januar 2007 gab Murat Kurnaz an, seiner
Erinnerung nach sei er einer der ersten Inhaftierten im
US-geführten Gefangenenlager in Kandahar gewesen
(Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 35). Hier sei er
von Ende Dezember 2001 bis Anfang Februar 2002 fest-
gehalten worden. Als er dort angekommen sei, habe es

sowohl am Tag wie auch bei Nacht stark beleuchtet gewe-
sen (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,
MAT 16 – 9, S. 36 u. 37).

2. Beschreibung des Lagers durch
Mithäftlinge von Murat Kurnaz

Der Untersuchungsausschuss vernahm am 23. Januar
2008 zwei britische Mithäftlinge von Murat Kurnaz als
Zeugen. Der Zeuge Ruhal Ahmed sagte aus, er sei vom
31. Dezember 2001 bis zum 14. Februar 2002 im Gefan-
genenlager Kandahar inhaftiert gewesen. Die Inhaftie-
rung des Zeugen Asif Iqbal habe nach seinen eigenen An-
gaben in dem Zeitraum von Ende Dezember 2001 bis
Anfang Januar 2002 gelegen (Wortprotokoll Nr. 22,
Teil II, S. 7 u. 26).

Wie Murat Kurnaz berichtete auch der Zeuge Ruhal Ah-
med dem Untersuchungsausschuss, die Gefangenen seien
in dem im Flughafengelände Kandahar gelegenen Gefan-
genenlager in Zelten untergebracht gewesen, in jedem
Zelt etwa 20 Inhaftierte. Übereinstimmend mit dem Zeu-
gen Asif Iqbal schilderte er weiter, jeweils drei dieser
Zelte seien mit Stacheldraht umzäunt gewesen, sodass
sich etwa 60 Gefangene in einem „großen Käfig“ befan-
den. Ruhal Ahmed berichtete weiter, er sei mit Murat
Kurnaz in demselben „Käfig“ untergebracht gewesen.
Ferner berichtete dieser Zeuge dem Ausschuss, es habe
zum Gefangenenlager ein stets geschlossenes und immer
überwachtes Haupttor gegeben, welches bei Bedarf durch
amerikanische Soldaten geöffnet worden sei (Wortproto-
koll Nr. 22, Teil II, S. 7 u. 10).

Beide Zeugen wurden am 24. Januar 2008 auch von der
Staatsanwaltschaft Tübingen vernommen (Staats-
anwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 84,
S. 366–384). Die bei diesen Vernehmungen gemachten
Aussagen der Zeugen zur Beschreibung des Lagers
decken sich mit den Aussagen vor dem Untersuchungs-
ausschuss. Der Zeuge Ruhal Ahmed sagte auch hier über-
einstimmend mit dem Zeugen Asif Iqbal aus, im Gefan-
genenlager habe es Zelte zur Unterbringung gegeben, die
mit jeweils ca. 20 Mann belegt und in Dreiergruppen mit
Stacheldraht umzäunt gewesen seien (MAT 16 – 84,
seiner Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft Tübin-
gen wie folgt: Er selbst sei in einem Zelt mit offenen Sei-
tenwänden untergebracht worden, in dem sich ca. 20 Ge-
fangene befunden hätten. Jeweils drei solcher Zelte seien
mit „Natodraht“ umgeben gewesen. Zudem sei das Lager

S. 367, 375, 378 u. 384). Ebenfalls übereinstimmend mit
den Aussagen vor dem Untersuchungsausschuss berich-
tete der Zeuge Ruhal Ahmed, mit Murat Kurnaz ge-
meinsam untergebracht und verlegt worden zu sein
(MAT 16 – 84, S. 368), während der Zeuge Asif Iqbal an-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 45 – Drucksache 16/10650

gab, Murat Kurnaz erst nach der Zeit in Guantánamo ken-
nengelernt zu haben (MAT 16 – 84, S. 379).

3. Beschreibung des Lagers durch die
Angehörigen der Bundeswehr

Die Vernehmungen der Angehörigen des 1. Kontingents
zeigten das Problem auf, dass diese das Lager zu ver-
schiedenen Zeitpunkten aufgesucht oder wahrgenommen
hatten. Erschwert wurde eine eindeutige zeitliche Zuord-
nung durch die Zeugen zudem durch die Tatsache, dass
sich das Gefangenenlager zu dem fraglichen Zeitpunkt
noch im Aufbau befunden hatte. Das Gefangenenlager
wurde daher durch die Zeugen vor dem Untersuchungs-
ausschuss unterschiedlich beschrieben.

Als Ergänzung zu den Vernehmungen zog der Untersu-
chungsausschuss den „Bericht über die Infrastruktur und
die Organisation sowie die Unterbringung, Aufgaben und
Befugnisse der deutschen Soldaten im Lager Kandahar“
durch Beweisbeschluss dem Verfahren bei, zu dessen Er-
stellung ehemalige Kontingentangehörige durch das Bun-
desministerium der Verteidigung befragt worden waren
(BMVg, Bericht über die Infrastruktur und die Organisa-
tion sowie die Unterbringung, Aufgaben und Befugnisse
der deutschen Soldaten im Lager Kandahar vom 11. Ja-
nuar 2007, MAT 16 – 16, S. 11 ff.). Danach habe es sich
bei dem US-Gefangenenlager um einen von der übrigen
Forward Operation Base Kandahar abgeriegelten, ca.
50 mal 50 Meter großen Bereich gehandelt, der grund-
sätzlich nur US-Streitkräften zugänglich gewesen sei.

Die von dem Untersuchungsausschuss vernommenen
Zeugen wichen in ihren Aussagen zu den Ausmaßen des
Lagers teilweise erheblich von den Angaben in dem ge-
nannten Bericht ab: So gab ein Zeuge (Nr. 32) die Größe
des Lagers mit eineinhalb bis zwei Fußballfeldern an
(etwa 200 mal 130 Meter) (Stenografisches Protokoll
Nr. 7, Teil III, S. 10). Nach der Erinnerung des damaligen
Kommandeurs des KSK habe es sich um einen Bereich
von etwa 300 mal 200 Metern gehandelt (Stenografisches
Protokoll Nr. 11, Teil II, S. 11).

Wie Murat Kurnaz erklärten auch die Kontingentangehö-
rigen übereinstimmend, dass das Gefangenenlager rund
um die Uhr völlig ausgeleuchtet gewesen sei. Ein Zeuge
(Nr. 20) beschrieb in seiner Zeugenaussage vor dem Un-
tersuchungsausschuss, die Gefangenenbereiche seien von
außen nach innen mit Scheinwerfern angestrahlt worden.
Weitere Scheinwerfer seien an allen vier Ecken des La-
gers zumeist auf erhöhten Positionen angebracht gewe-
sen. Bei Dunkelheit seien diese Scheinwerfer zusätzlich
eingeschaltet worden, um den Bereich der Gefangenen
auszuleuchten (Stenografisches Protokoll Nr. 21, Teil III,
S. 4, 11).

Zu der Umfriedung des Gefangenenlagers erläuterte der
Kontingentführer vor dem Untersuchungsausschuss, dass
das Gefangenenlager im Dezember 2001 noch ein Provi-
sorium ohne hohe Mauern, Sichtblenden und Zusatzeingän-
gen gewesen sei (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III,

einem Sichtschutz versehen worden sei. Man habe dann
nicht mehr durch den Stacheldraht sehen können (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 17, Teil III, S. 7). Ein weiterer
Zeuge (Nr. 23), der am Wachdienst beteiligt war, schil-
derte, dass das Lager komplett umzäunt gewesen sei (Ste-
nografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 29). Der Zeuge
Nr. 28 berichtete dem Untersuchungsausschuss von einer
rechteckigen, teilweise zerstörten Lehmmauer, die er im
Zuge einer „Lagerbesichtigung“ wahrgenommen habe.
Diese Mauer sei aufgrund der starken Beschädigungen
mit an Pfosten befestigten Blechen verblendet gewesen,
sodass man nicht unmittelbar habe hineinsehen können
(Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 53).

Auch in dem vorgenannten Bericht des BMVg wird fest-
gestellt, dass das Gefangenenlager ein durch eine Lehm-
mauer und weitere Sicherungseinrichtungen streng von
der Forward Operation Base getrennter Bereich gewesen
sei. Zudem seien unmittelbar hinter der Mauer mehrere
„Wachtürme“ errichtet worden, die 24 Stunden lang mit
bewaffneten Soldaten besetzt gewesen seien. Sowohl der
gesamte Lagerbereich wie auch die Gefangenenunter-
künfte im inneren Teil des Lagers seien von Stachel-
drahtsperren umgeben gewesen (BMVg, Bericht über die
Infrastruktur und die Organisation sowie die Unterbrin-
gung, Aufgaben und Befugnisse der deutschen Soldaten
im Lager Kandahar vom 11. Januar 2007, MAT 16 – 16,
S. 11 ff.). Diese Ausführungen stimmten auch mit weite-
ren Zeugenaussagen (Zeugen Nr. 1, Nr. 23) vor dem Un-
tersuchungsausschuss überein (Stenografisches Protokoll
Nr. 6, Teil III, S. 29 u. 62).

Der Zeuge Nr. 19 berichtete, das Gefangenenlager sei
vollständig umzäunt gewesen und habe aus mehreren Si-
cherheitszonen bestanden, wobei er lediglich in die erste
vorgelassen worden sei. In diesem Bereich habe er meh-
rere L-förmig aufgestellte Zelte bemerkt, hinter denen
sich – seiner Wahrnehmung nach – das eigentliche Gefan-
genenlager befunden habe. Dorthin habe er aber keinen
Einblick mehr gehabt (Stenografisches Protokoll Nr. 17,
Teil III, S. 2, 4). Auch der Zeuge Nr. 1 bestätigte die Exis-
tenz von mehreren umzäunten Bereichen, die erst durch
das Passieren einer Schleuse hätten betreten werden kön-
nen (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 75).

Nach der Erinnerung des damaligen Kontingentführers
seien die Gefangenen unter einem an Holzstangen befes-
tigten Sonnenschutz untergebracht gewesen, wo sie ent-
weder gesessen oder gestanden hätten. Diese Zelte seien
„zwei oder drei Meter“ von der Stacheldrahtsperre ent-
fernt gewesen (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III,
S. 26). Der Zeuge Nr. 19 berichtete ebenfalls, dass Gefan-
gene entweder auf Decken oder Planen unter Zelten
saßen, deren Seitenteile aufgerollt gewesen seien (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 17, Teil III, S. 7). Nach den Aus-
führungen des Zeugen Nr. 23 sei der Innenbereich des
Lagers in mehrere „Einzelhaftzellen“ sowie in Sammel-
zellen unterteilt gewesen. Weitere Einzelhaftzellen hätten
sich in einem alten Hangar im Bereich des Gefangenenla-
gers befunden (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III,
S. 11 f.). Ein anderer Zeuge (Nr. 19) bestätigte dies und
erklärte ferner, dass das Lager aber relativ schnell mit

S. 29). Auch der Zeuge Nr. 28 bestätigte die Unterteilung
des Gefangenenlagers in mehrere Bereiche, in denen stets

Drucksache 16/10650 – 46 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

eine gewisse Anzahl von Häftlingen in „Hütten“ ohne
Seitenwände untergebracht gewesen sei. Jeder Gefangene
habe über zwei Decken, ein Kopfkissen und eine Matte
verfügt (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 53).

Der von dem Untersuchungsausschuss ausgewertete Be-
richt des BMVg beschreibt zudem die Existenz eines Sa-
nitätszeltes mit Operationsmöglichkeit, da viele Gefan-
gene verletzt oder krank eingeliefert worden seien. Ein
Truppenarzt sei 24 Stunden innerhalb des Lagers verfüg-
bar gewesen. Die Unterkünfte selbst hätten auf einem fes-
ten Untergrund gestanden (BMVg, Bericht über die Infra-
struktur und die Organisation sowie die Unterbringung,
Aufgaben und Befugnisse der deutschen Soldaten im La-
ger Kandahar vom 11. Januar 2007, MAT 16 – 16,
S. 11 ff.). Diese Angaben wurden übereinstimmend von
den vernommenen Zeugen vor dem Ausschuss bestätigt
(vgl. Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 5; Steno-
grafisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 29).

II. Das Kommando Spezialkräfte im
Gefangenenlager Kandahar

Neben den Feststellungen zum US-Gefangenenlager in
der Forward Operation Base Kandahar beschäftigte sich
der Untersuchungsausschuss im Rahmen seines Untersu-
chungsauftrages damit, ob Möglichkeiten für Soldaten
des 1. Kontingents, in dieses Gefangenenlager hineinzu-
gelangen, bestanden haben. Der Ausschuss konnte in Er-
fahrung bringen, dass Angehörige des 1. Kontingents das
amerikanische Gefangenenlager im Rahmen von „Be-
sichtigungen“ sowie bei der Durchführung von mindes-
tens einem Wacheinsatz betreten haben. Im Zuge der
Untersuchungen über Möglichkeiten des Kontaktes von
deutschen Soldaten zu Murat Kurnaz in diesem Gefange-
nenlager befasste sich der Ausschuss auch mit dem Zu-
standekommen und dem Ablauf der jeweiligen Besichti-
gungen bzw. des Wacheinsatzes.

1. Besichtigungen
Die Auswertung der vor dem Untersuchungsausschuss er-
folgten Zeugenaussagen ergab, dass mehrere Besichti-
gungen des Gefangenenlagers unter Beteiligung deut-
scher Soldaten stattgefunden haben. Im Einzelnen konnte
nicht rekonstruiert werden, wie oft Besichtigungen durch-
geführt worden sind und wer jeweils im Einzelfall an
diesen Besichtigungen teilnehmen durfte bzw. teilgenom-
men hat. Diese Besichtigungen haben sich zu verschiede-
nen, im Einzelnen nicht mehr exakt rekonstruierbaren
Zeitpunkten in Begleitung von amerikanischen Soldaten
ereignet.

Der Untersuchungsausschuss konnte jedoch in Erfahrung
bringen, dass Besichtigungen des Gefangenenlagers auf
unterschiedliche Weise zustande kamen. Die Initiative zur
Durchführung von Besichtigungen sei sowohl von ameri-
kanischer als auch von deutscher Seite ausgegangen.

Die Angaben der Zeugen führten zu dem Ergebnis, dass
insbesondere auf der Führungsebene den Besichtigungen

ausschuss, dass er selbst zweimal in dem Gefangenenla-
ger in der Forward Operation Base Kandahar gewesen
sei. Eine Begehung fand im Beisein des damaligen Kom-
mandeurs des KSK statt. Wer ihn beim zweiten Mal be-
gleitet habe, wisse er nicht mehr (Stenografisches Proto-
koll Nr. 4, Teil III, S. 9). Nach der Erinnerung des
Kontingentführers habe es keine häufigen Führungen
durch das Gefangenenlager gegeben. Es sei extrem
schwierig gewesen, in das Lager zu gelangen; selbst er
habe Anträge an die Amerikaner stellen müssen (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 9). Ferner schließe
er bezogen auf den Zeitraum Ende Dezember 2001 bis Ja-
nuar 2002 aus, dass deutsche Soldaten ohne seine Kennt-
nis an Besichtigungen des Gefangenenlagers teilgenom-
men hätten. Ergänzend erklärte der Kontingentführer, es
sei aber auf der Grundlage der auf Arbeitsebene geknüpf-
ten Kontakte grundsätzlich immer denkbar gewesen. Für
ihn sei es jedoch unvorstellbar, dass die deutschen Solda-
ten schon in dieser ersten Zeit so enge Kontakte haben
knüpfen können, die es ihnen erlaubt hätten, das Gefange-
nenlager zu besichtigen (Stenografisches Protokoll Nr. 4,
Teil III, S. 10).

Auch der damalige Kommandeur KSK berichtete vor
dem Untersuchungsausschuss, er habe mit dem Lager-
kommandanten das Gefangenenlager besichtigt. Er er-
klärte, diese Besichtigung habe einen Vorlauf gehabt.
Man habe den Amerikanern einen Antrag unterbreiten
und diesen genehmigen lassen müssen (Stenografisches
Protokoll Nr. 11, Teil II, S. 11).

Im Gegensatz zu den Besichtigungen auf der Grundlage
eines Antrages an die Amerikaner gab es mehrere Zeu-
gen, die angaben, dass von den amerikanischen Soldaten
Führungen durch das Gefangenenlager angeboten worden
seien. Nach der Erinnerung eines Zeugen (Nr. 1) hätten
amerikanische Soldaten gefragt, wer von den deutschen
Soldaten Interesse an einer Besichtigung des Lagers habe.
Daraufhin habe dieser Zeuge an einer Führung durch das
Gefangenenlager teilgenommen (Stenografisches Proto-
koll Nr. 6, Teil III, S. 57, 74). Auch ein weiterer Zeuge
(Nr. 37) gab in seiner Vernehmung durch den Untersu-
chungsausschuss an, sich auf das Angebot der Amerika-
ner, das Lager zu besichtigen, gemeldet zu haben. Es sei
dann eine Gruppe ausgewählt worden, die durch das La-
ger geführt worden sei. Wer gerade abkömmlich gewesen
sei, hätte mitgehen können. Bei der Besichtigung seien
zehn bis fünfzehn Personen anwesend gewesen (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 20, Teil III, S. 6, 14). In der
staatsanwaltschaftlichen Vernehmung schilderte ein ande-
rer Zeuge (Nr. 11), gegen Ende Februar 2002 sei er im
Rahmen einer der durch die Amerikaner angebotenen
zahlreichen Führungen innerhalb des Lagers gewesen.
Ergänzend gab er an, dass Führungen auch für andere
Streitkräfte durchgeführt worden seien (Staats-
anwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 25,
S. 307).

Weitere Zeugen gaben an, dass eine Besichtigung des La-
gers auch auf eigene Initiative, ohne einen offiziellen An-
ein Antrag an die Amerikaner vorausging. Hierzu berich-
tete der damalige Kontingentführer dem Untersuchungs-

trag zu stellen, möglich war. So berichtete ein Zeuge
(Nr. 2) in seiner Vernehmung durch den Ausschuss, be-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 47 – Drucksache 16/10650

züglich einer Lagerbesichtigung selbst aktiv geworden zu
sein. Aufgrund seiner persönlichen Kontakte zu amerika-
nischen Soldaten sei über ihn angefragt worden, ob die
Möglichkeit bestehe, sich das Gefangenenlager anzuse-
hen. Eine offizielle Einladung durch US-Soldaten habe es
nicht gegeben. Nach seiner Erinnerung hätten sich Anfra-
gen dieser Art in dem „Low-Level-Bereich“ abgespielt
(Stenografisches Protokoll Nr. 9, Teil III, S. 31, 37). An
der Führung hätten er und weitere „acht oder neun Mann“
teilgenommen; sie habe etwa eine halbe Stunde gedauert
(Stenografisches Protokoll Nr. 9, Teil III, S. 38).

Ein anderer Zeuge (Nr. 28) gab an, zweimal im Gefange-
nenlager gewesen zu sein, wobei es sich beim ersten Mal
um eine Einweisung in das Gefangenenlager im Zusam-
menhang mit dem Wachdienst gehandelt habe. Beim
zweiten Mal sei er durch zwei Angehörige des Kontin-
gents gefragt worden, ob es auch für sie die Möglichkeit
gäbe, das Gefangenenlager zu besichtigen. Seiner diesbe-
züglichen Anfrage bei amerikanischen Soldaten sei ent-
sprochen worden. Er habe hierauf mit drei deutschen Sol-
daten das Gefangenenlager ein zweites Mal besichtigt
(Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 66).

Des Weiteren berichteten Zeugen über das Zustandekom-
men der Besichtigungen wie folgt: Nach der Erinnerung
des Zeugen Nr. 22 habe es das Angebot gegeben, in das
Gefangenenlager hineinzugehen oder zumindest von ei-
nem Turm in das Lager zu sehen. Zwar habe er selbst die-
ses Angebot nicht genutzt, er könne aber nicht ausschlie-
ßen, dass dieses durch andere Soldaten angenommen
worden sei (Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III,
S.69). Ein anderer Zeuge (Nr. 32) erklärte vor dem Aus-
schuss, er gehe davon aus, dass, wenn man die im Lager
tätige amerikanische Militärpolizei nach der Möglichkeit
einer Lagerbesichtigung gefragt hätte, dies eventuell ar-
rangiert worden wäre. Dieser Zeuge habe davon gehört,
dass sich deutsche Soldaten aus Interesse am Gefange-
nenlager von den Amerikanern in diesem Lager hätten
herumführen lassen (Stenografisches Protokoll Nr. 7,
Teil III, S. 7 f.). Auch ein weiterer Zeuge berichtete in sei-
ner Zeugenvernehmung, er habe davon gehört, dass man
das Gefangenenlager besichtigen könne. Er selbst habe an
einer Besichtigung nicht teilgenommen (Stenografisches
Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 42).

Die Auswertung der vor dem Untersuchungsausschuss er-
folgten Zeugenaussagen ergab keinen bestimmten Ablauf
der Führungen durch das Gefangenenlager. Der Kontin-
gentführer berichtete hierzu Folgendes:

„(…) Wir wurden also an den Eingang des Lagers ge-
führt, gebracht, wir sind selber dort hingegangen. Dann
wurden wir zunächst in einem kleinen Zelt eingewiesen;
die Abläufe, wie das, wenn ein Gefangener kommt, von-
stattengeht. Ich sage mal ein paar Stichworte: Die Kame-
raden mussten sich ausziehen, Blaumann anziehen, DNA-
Analyse, Fingerabdrücke, Personalien aufnehmen, soweit
überhaupt möglich, und natürlich auch Haare und Bart
schneiden. Dann sind die von dort aus in das Lager hin-
eingekommen. Da sind die Amerikaner dann mit uns ge-

ich meine – vier Einzelbereiche. Da standen Zelte ohne
Seitenwände. Um die Zelte herum war mit dreifach oder
vierfach S-Draht alles abgeriegelt, also in dem Lager drin
noch mal. Da war ein kleiner Bereich, wo die ihre Not-
durft verrichten konnten. Und wir wurden dann praktisch
zwischen diesen S-Draht-Rollen einmal durch das Lager
geführt, und dann konnten wir wieder gehen.“ (Stenogra-
fisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 9 f.)

Ein anderer Zeuge (Nr. 1) schilderte, man sei nach dem
Passieren der Sicherheitsschleuse als Gruppe von den
amerikanischen Soldaten im Gefangenenlager herumge-
führt worden. Diese hätten der Gruppe die einzelnen um-
zäunten Areale, in denen sich die Gefangenen aufhielten,
einen Hochsicherheitstrakt und eine Krankenstation ge-
zeigt (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 57).

Der als Zeuge vernommene Mithäftling von Murat
Kurnaz, Ruhal Ahmed, erklärte vor dem Untersuchungs-
ausschuss, er könne sich erinnern, einmal tagsüber Solda-
ten der Bundeswehr, die er aufgrund der Flaggen an ihren
Uniformen erkannt habe, im Gefangenenlager Kandahar
gesehen zu haben. Diesen Soldaten sei das Gefangenenla-
ger durch amerikanische Soldaten gezeigt worden. Wäh-
rend dieser Tour durch das „Camp“ habe man den
deutschen Soldaten die Funktionsweise des Gefangenen-
lagers, die Essensverteilung an die Gefangenen, die Fäkal-
entsorgung und den Ort der Verhörräume gezeigt. Nach
seiner Erinnerung habe er in dieser Situation etwa drei bis
fünf deutsche Soldaten wahrgenommen (Wortprotokoll
Nr. 22, Teil II, S. 8, 14, 19).

In seiner Vernehmung vor der Staatsanwaltschaft schil-
derte er ebenfalls die Beobachtung, dass deutsche Solda-
ten sowie Soldaten weiterer Nationen durch das Gefange-
nenlager geführt worden seien (Staatsanwaltschaft
Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 84, S. 368 f.).

2. Wache

Neben den geschilderten Besichtigungen hatten Angehö-
rige des Kommandos Spezialkräfte (KSK) im Rahmen
mindestens eines Wacheinsatzes Anfang Januar 2002 die
Möglichkeit, das US-geführte Gefangenenlager in der
Forward Operation Base (FOB) Kandahar zu betreten.
Zum Zustandekommen und zum Ablauf des Wacheinsat-
zes wurden von den Zeugen Aussagen getroffen, die zum
Teil voneinander abwichen.

a) Zustandekommen des Wachauftrages

Zum Zustandekommen der Wache berichtete ein Zeuge
(Nr. 14) vor dem Untersuchungsausschuss, es habe nach
seiner Erinnerung über das Verbindungselement zu den
Amerikanern eine offizielle Anfrage von amerikanischer
Seite gegeben. Es sei gefragt worden, ob aufgrund von
Personalmangel auf amerikanischer Seite die Soldaten
des Kommandos Spezialkräfte in der Lage seien, bei der
Bewachung des Lagers auszuhelfen. Nach der Erinnerung
dieses Zeugen habe es sich um die Anforderung von etwa
zehn bis fünfzehn Personen und den Einsatz während ei-
gangen. Wie gesagt, wir wurden permanent geführt. Im
Lager selbst waren – bitte nageln Sie mich nicht fest, aber

ner Nacht gehandelt (Stenografisches Protokoll Nr. 9,
Teil III, S. 3). Diese Darstellung wurde durch die Anga-

Drucksache 16/10650 – 48 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

ben eines anderen Zeugen (Nr. 28) bestätigt. Dieser be-
richtete dem Ausschuss, die Anfrage zur Unterstützung
des Wachdienstes sei an ihn herangetragen worden. Er sei
im Vorauskommando für Verbindungen zu den Amerika-
nern verantwortlich gewesen. Die Anfrage der Amerika-
ner zur Wachverstärkung schilderte dieser Zeuge wie
folgt: Anfang Januar 2002 sei der verantwortliche Feld-
webeldienstgrad der amerikanischen „Navy SEALs“ mit
der Bitte an ihn herangetreten, ob die deutschen Soldaten
im Rahmen einer Unterstützung Teile des Wachdienstes
in dem sogenannten Detainee Camp wahrnehmen
könnten. Da die für die Bewachung des Gefangenenla-
gers zuständige amerikanische Militärpolizei noch nicht
in ausreichender Stärke vor Ort gewesen sei, habe es sich
bei der an alle Spezialkräfte vor Ort gerichteten Anfrage
um eine Entlastung der amerikanischen Kräfte gehandelt.
Diese Bitte habe er an den Kontingentführer weitergege-
ben, der während des Gespräches einer Unterstützung zu-
gestimmt habe (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III,
S. 48). Bei der Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft
Tübingen hatte dieser Zeuge darüber hinausgehend ange-
geben, er habe die Anfrage der Amerikaner an seine di-
rekten Vorgesetzten vor Ort weitergeleitet. Dies seien der
Kontingentführer und der stellvertretende Kontingentfüh-
rer gewesen. Beide Vorgesetzten hätten die Notwendig-
keit einer Unterstützung durch die deutschen Einsatz-
kräfte bejaht und ihm den Auftrag erteilt, diesbezügliche
organisatorische Absprachen mit den Amerikanern zu
treffen. Diesem Auftrag sei er dann nachgekommen, wo-
bei er am Wachdienst selbst nicht beteiligt gewesen sei
(Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16
– 25, S. 289). Diese Angabe des Zeugen bestätigte der
stellvertretende Kontingentführer in seiner Zeugenaus-
sage vor dem Untersuchungsausschuss (Stenografisches
Protokoll Nr. 14, Teil III, S. 6).

Der damalige Kontingentführer sagte zur Übernahme der
Wachaufgabe vor dem Untersuchungsausschuss aus, die
anderen Nationen hätten sich, obwohl sie zu diesem Zeit-
punkt bereits Einsätze durchführten, zu einer Wachver-
stärkung bereiterklärt. Er begründete diesen Umstand da-
mit, dass unter den damaligen Rahmenbedingungen zu
wenig amerikanische Soldaten zur Verfügung gestanden
hätten. Bis zu seiner Meldung der Einsatzbereitschaft des
Kontingents am 10. Januar 2002 habe es für den Kontin-
gentführer „keinen plausiblen Grund“ gegeben, den Ame-
rikanern die angefragte Unterstützung zu verweigern.
Daher habe er einer Wachunterstützung zugestimmt (Ste-
nografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 12). Zu den Um-
ständen seiner Zustimmung führte der Kontingentführer
in seiner Aussage aus:

„(…) Das Lager wurde nach und nach in den finalen Zu-
stand gebracht, ich meine, beginnend ab Anfang Januar.
Und die Bewachung musste sichergestellt werden. (…)
Die Amerikaner haben natürlich Druck auf mich gemacht
und haben gesagt: Sag mal, wieso hilfst du uns denn
nicht? Du bist mit 100 Mann hier. – Alle anderen Natio-
nen hatten zwischen 25 und 40 Soldaten. Und alle haben
mitgemacht. Ich habe diesem Druck eine gewisse Zeit
standgehalten. Ich kann Ihnen nicht mehr sagen wie

ger bewachen, mitbewachen zu dürfen. Soweit ich mich
erinnere, wurde es genehmigt, weil, sonst hätten wir es
nicht gemacht. Ich meine es war ein- oder zweimal. (…)“
(Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 6 f.)

Nach der Erinnerung des Kontingentführers habe das Ein-
satzführungskommando diesem Antrag auf Genehmigung
der Wachunterstützung in einer Videokonferenz mündlich
entsprochen (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III,
S. 12 f.).

Der damalige Befehlshaber des Einsatzführungskomman-
dos bestätigte dem Untersuchungsausschuss, durch eine
persönliche Meldung des Kontingentführers in Kenntnis
gesetzt worden zu sein und zur Sicherung des Lagers,
vermutlich während einer Videokonferenz, dem Wachein-
satz zugestimmt zu haben (Stenografisches Protokoll
Nr. 8, Teil III, S. 2, 12, 20).

Abweichend hierzu gab ein Zeuge (Nr. 37) zum Zustan-
dekommen des Wacheinsatzes Folgendes an:

„Soweit ich das verstanden habe, wollten die Kameraden
einfach – – Aus welchen Gründen auch immer wollten sie
daran teilnehmen. Das schien etwas zu sein was – – Von
den Amerikanern war es natürlich auch die Frage: Könnt
ihr euch beteiligen? – Angeblich – was ich nicht so ganz
glaube, weil eben auch amerikanische Spezialkräfte das
nicht machen.

Also, es war schon offensichtlich ein Interesse. Ich kann
jetzt aber nicht sagen: Der und der hat das gesagt. Es
schien aber ein Interesse gewesen zu sein bei den Einsatz-
kräften.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 20, Teil III, S. 8)

Auf die Frage, ob der Untersuchungsausschuss diese
Aussage so interpretieren könne, dass möglicherweise der
Impuls, eine solche Wache mit zu übernehmen, auch von
den deutschen Soldaten ausgegangen sei, gab der Zeuge
Nr. 37 an:

„Das scheint und schien mir so gewesen zu sein. So, wie
darüber gesprochen wurde, hörte sich das an. Ich habe es
ja nur sekundär bekommen von Kameraden im Stab: Die
nehmen an der Wache teil. – Es hörte sich wirklich da-
nach an, dass das von den Einsatzkräften ausgegangen ist:
Sie haben sich da abgesprochen mit den Amerikanern,
und die wollen da – –.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 20,
Teil III, S. 8 f.)

Der Zeuge (Nr. 37) fügte hinzu, der Stab sei damit nicht
befasst gewesen (Stenografisches Protokoll Nr. 20,
Teil III, S. 9).

Das Zustandekommen der Wachunterstützung wurde von
Soldaten, die an der Wachunterstützung teilnahmen, so-
wie von Soldaten in Kandahar, die von dem Wacheinsatz
Kenntnis hatten, nicht als Besonderheit gewertet. Die
Zeugen formulierten dies in ihren Vernehmungen vor
dem Untersuchungsausschuss im Einzelnen wie folgt:

Zeuge Nr. 23:

„(…) Für mich gehörte es dazu, zur Unterstützung der

lange: vier oder fünf Tage. Dann habe ich beim Einsatz-
führungskommando die Genehmigung beantragt, das La-

Amerikaner.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III,
S. 25)

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 49 – Drucksache 16/10650

„Es gab nichts Bemerkenswertes an diesem Auftrag, weil
wir letztendlich nur eine Wachverstärkung waren. (…)“
(Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 27)
Zeuge Nr. 1:

„(…) für uns war das, wie gesagt, nichts Spektakuläres.
Es war einfach eine Unterstützung der Amerikaner, die
uns mit allen anderen unterstützt haben, und da hat man
natürlich gesagt: Natürlich helfen wir euch.“ (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 61)
Zeuge Nr. 22:

„Also, das war uns damals vor Ort nicht bewusst, dass
das brisant ist. (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 7,
Teil III, S. 78)
Ein weiterer Zeuge (Nr. 28) berichtete:

„Wir haben uns gar keine Gedanken darüber gemacht.
(…) Zur Unterstützung der Gemeinschaft ist von jedem,
von allen Nationen, ein Beitrag gefordert worden. Da
konnten Sie sich nicht von der ganzen Geschichte aus-
schließen, das ging nicht.“ (Stenografisches Protokoll
Nr. 8, Teil III, S. 67)
Der Zeuge Nr. 14 erläuterte in diesem Zusammenhang:

„(…) Das mag für jemanden, der eine allgemein im Be-
reich Spezialkräfte liegende Aufgabe (…) nur einmal
wahrnimmt, etwas Besonderes sein. Wenn sie permanent
spezielle Dinge tun, ist auch ein solcher Wacheinsatz aber
nichts Besonderes.“ (…) (Stenografisches Protokoll Nr. 9,
Teil III, S. 3)

b) Inhalt der Wachanfrage und des
Wacheinsatzes

Die vom Untersuchungsausschuss vernommenen Zeugen
gaben übereinstimmend an, die Wachanfrage habe sich
auf die Unterstützung bei der Bewachung des Gefange-
nenlagers durch einen Einsatz der deutschen Soldaten auf
den Wachtürmen bezogen. So berichtete der damalige
Kontingentführer, dass sich die originäre Bitte an ihn auf
einen Einsatz der Soldaten zur Bewachung des Lagers auf
den Wachtürmen bezogen habe (Stenografisches Proto-
koll Nr. 4, Teil III, S. 14). Auf eine Nachfrage durch den
Ausschuss konkretisierte er:

„Ich hatte gesagt, es gab Türme; aber es kann auch sein,
dass man noch patrouillieren musste, weil eben die Mauer
um das Lager herum noch nicht so weit fertig gestellt
war.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 23)
Diese Angabe machte der Kontingentführer auch in der
Zeugenvernehmung durch die Staatsanwaltschaft Tübin-
gen. Insbesondere gab er an, eine Anfrage zur Unterstüt-
zung bei der Streifentätigkeit habe nicht vorgelegen. Dass
eine Streifentätigkeit im US-Gefangenenlager stattgefun-
den habe, sei ihm erst durch die Presse bzw. bei seiner
Befragung im Untersuchungsausschuss bekannt gewor-
den (Staatsanwaltschaft Tübingen, MAT 16 – 25, S. 312).
Der Zeuge Nr. 28 bestätigte die Aussage des Kontingent-

Wachtürmen gehandelt. Dies sei detailliert angegeben
worden (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 48).

Tatsächlich wurden die deutschen Soldaten, die als Wach-
verstärkung eingesetzt worden sind, nicht auf den Wach-
türmen, sondern überwiegend im Streifendienst einge-
setzt. Lediglich ein Zeuge (Nr. 20) gab vor dem
Ausschuss an, ein oder zwei seiner Kameraden seien
während ihres Wachdienstes auf einem Wachturm einge-
setzt gewesen (Stenografisches Protokoll Nr. 21, Teil III,
S. 6).

c) Anordnung und Einteilung zur Wache

Nach den Untersuchungen des Ausschusses haben sich
Soldaten des 1. Kontingents an mindestens einer Wache
im US-Gefangenenlager beteiligt. Zu den Einzelheiten,
insbesondere zu der Einteilung der Wache gab es unter-
schiedliche Darstellungen.

Der Zeuge Nr. 28, an den die Bitte um die Stellung einer
Wachverstärkung herangetragen worden sei, berichtete, er
sei zu dem verantwortlichen Feldwebeldienstgrad der
Amerikaner gegangen. Dieser habe ihn dann an einen S-2-
Sicherheitsoffizier der US-Marines verwiesen. Durch die-
sen Offizier habe er bei einem Rundgang eine Einwei-
sung in das sogenannte Detainee Camp erhalten. Die hier-
durch gesammelten Informationen habe er an den
Kontingentführer weitergegeben. Für ihn sei die Angele-
genheit mit der Erteilung des Wachdienstauftrages durch
den Kontingentführer an den Führer der „Task Unit“ erle-
digt gewesen (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III,
S. 48).

Zu der Frage, wer die Einteilung zur Wache vorgenom-
men habe, gaben die Zeugenaussagen keinen Aufschluss.
Der Kontingentführer gab in der Zeugenvernehmung
durch die Staatsanwaltschaft Tübingen an, keine Eintei-
lung zum Wachdienst vorgenommen zu haben. Er habe
den Auftrag zur Wache vermutlich an den Kompaniechef
weitergegeben. Welche Soldaten letztlich zu diesem
Wacheinsatz eingeteilt worden seien, sei ihm nicht be-
kannt (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,
MAT 16 – 25, S. 312).

Vor dem Untersuchungsausschuss gab der Kontingent-
führer an, der Kompaniechef habe nach der Weitergabe
des Auftrages die Soldaten zur Wache eingeteilt (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 11).

Die Untersuchungen des Ausschusses ergaben, dass der
Kompaniechef sowohl nach seiner eigenen Aussage als
auch nach der Aussage eines anderen Zeugen zum Zeit-
punkt der Wacheinteilung nicht in Kandahar war. Der
Zeuge Nr. 22 gab zum Zustandekommen des Wachauftra-
ges an, dass er zu diesem Zeitpunkt den Kompaniechef
vertreten habe, da dieser nicht vor Ort gewesen sei (Ste-
nografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 71). Der Kompa-
niechef selbst berichtete, der Wachauftrag sei, als er nach
Kandahar gekommen sei, schon im Gange gewesen. Die-
ser Einsatz zur Wachverstärkung habe für ihn eine nied-
führers: Bei der Bitte der Amerikaner habe es sich „ganz
klar“ um Wachdienst während der Nacht und nur auf den

rige Priorität gehabt, daher habe er diese Angelegenheit
auf Kommandofeldwebelebene belassen (Stenografisches

Drucksache 16/10650 – 50 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 21, 37 f.). Über seine Kennt-
nisse zur Wacheinteilung gab der Kompaniechef an:

„Also ich persönlich habe insoweit nur Kenntnis oder ich
glaube, dass der Hauptfeldwebel (…) eventuell eine Ein-
teilung gemacht hat und entsprechend die Männer dort
eingeteilt hat. Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass der
nationale Kontingentführer, (…), den Auftrag weiterge-
geben hat. Ich persönlich habe diesen Auftrag nicht wahr-
genommen. Also ich kann mich nicht daran erinnern, dass
der Auftrag an mich gegangen ist, sondern dass der Auf-
trag oder diese Wachbestellung oder Wachunterstützung,
Wachverstärkung schon am Laufen gewesen ist.“ (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 25)

Weiterhin konnte durch die Aussagen der Zeugen nicht
rekonstruiert werden, ob die Abstellung zur Wache durch
Befehl oder auf freiwilliger Basis erfolgte. Die Mehrheit
der vernommenen Zeugen berichtete von einer freiwilli-
gen Meldung zum Wacheinsatz. So schilderte ein Zeuge
(Nr. 3), er habe sich auf die Frage hin, wer sich an der
Wache beteiligen wolle, zum Einsatz bereiterklärt (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 27). Auch andere
Zeugen gaben an, sich mit mehreren anderen Soldaten
freiwillig zum Wacheinsatz gemeldet zu haben (Stenogra-
fisches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 46; Stenografisches
Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 2, 4).

Der Zeuge Nr. 22 führte zur Einteilung des Personals für
den Wachdienst im Gefangenenlager aus:

„(…) Das habe ich jetzt nicht mehr erinnerbar. Ich denke
mal, dass ich es so gemacht habe, wie ich es heute auch
machen würde, nämlich erst mal die Freiwilligen für so
was einzuteilen. Vielleicht habe ich aber auch nur mit den
Truppführern gesprochen, und die Truppführer haben ge-
sagt: ‚Jawohl, mein Trupp macht das‘ und haben dann
praktisch im Rahmen des Trupps ihre Leute eingeteilt,
obwohl die sich nicht freiwillig gemeldet haben. (…)“
(Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 87)

Von einer Einteilung zum Wacheinsatz durch Meldung
Freiwilliger wich die Aussage des Zeugen Nr. 23 ab. Die-
ser sagte vor dem Untersuchungsausschuss wie folgt aus:

„Es gab einen Befehl. Den Befehl habe ich von meinem
direkten Vorgesetzten bekommen. ( …)“ (Stenografisches
Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 26)

d) Zeitpunkt und Häufigkeit
des Wacheinsatzes

Nach der Aussage der überwiegenden Anzahl der Zeugen
vor dem Untersuchungsausschuss fand ein Wacheinsatz
in den ersten Januartagen des Jahres 2002 statt. Dieser
Wacheinsatz habe zur Nachtzeit in zwei Schichten statt-
gefunden (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 26;
Stenografisches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 49; Stenogra-
fisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 11; Stenografisches
Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 71; Stenografisches Protokoll
Nr. 21, Teil III, S. 5). Der Kontingentführer erklärte vor
dem Ausschuss, der von etwa 18:00 Uhr bis zum Morgen

sches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 17). Nach der Erinne-
rung des Zeugen Nr. 16 sei der Wacheinsatz am 6., 7.
oder 8. Januar 2002 gewesen (Stenografisches Protokoll
Nr. 11, Teil III, S. 33).

Diese Angaben bestätigen sich in einer Meldung der Zelle
Militärisches Nachrichtenwesen vom 6. Januar 2002, in
der festgehalten ist, eine Bewachung des Gefangenenla-
gers durch deutsche Soldaten habe in der Nacht vom 5.
auf den 6. Januar 2002 stattgefunden (BMVg, Ordner
Nr. 27, Anlage 01, MAT 16 – 59).

Darüber hinaus gab es vereinzelte Aussagen von Zeugen,
die hiervon abwichen. Diese Zeugen gaben an, dass meh-
rere Wacheinsätze stattgefunden hätten. Der Zeuge Nr. 2
erläuterte seine Aussage bei der Staatsanwaltschaft Tü-
bingen und bestätigte dem Untersuchungsausschuss auf
Nachfrage, dass mehr als ein Wacheinsatz stattgefunden
habe (Stenografisches Protokoll Nr. 9, Teil III, S. 39 f.).
Nach der Erinnerung des Zeugen Nr. 22 habe es sich um
„ein oder zwei Male“ gehandelt (Stenografisches Proto-
koll Nr. 7, Teil III, S. 11). Der Zeuge Nr. 13 gab vor dem
Ausschuss an, es habe sich um zwei Wachtermine gehan-
delt, und ergänzte, dass diese weit auseinander gelegen
hätten (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil III, S. 32).
Der Zeuge Nr. 11 berichtete in seiner staatsanwaltlichen
Vernehmung zu der Frage, wann der Wacheinsatz stattge-
funden habe, dass dies Ende Februar 2002 bis Anfang
März 2002 gewesen sein könnte. Von einem Wacheinsatz
im Januar sei ihm nichts bekannt (Staatsanwaltschaft Tü-
bingen, MAT 16 – 25, S. 306). Auch nach der Erinnerung
des Kontingentführers habe es sich vermutlich um zwei
nächtliche Einsätze gehandelt (Stenografisches Protokoll
Nr. 4, Teil III, S. 7).

Die Untersuchungen des Ausschusses ergaben, dass ein
nächtlicher Wacheinsatz in zwei Schichten zur Unterstüt-
zung der Amerikaner während der Inhaftierung von
Murat Kurnaz im US-Gefangenenlager Kandahar stattge-
funden hat.

e) Personenstärke der Wache

Gefragt nach der Teilnahme an einem Wacheinsatz, haben
zwölf Soldaten des Kommandos Spezialkräfte vor dem
Untersuchungsausschuss bestätigt, an einer Wache im Ja-
nuar 2002 teilgenommen zu haben. Die Antworten auf
die Frage nach der Anzahl der an der Wache beteiligten
deutschen Soldaten divergierten.

Nach der Erinnerung eines Zeugen (Nr. 23) habe er in ei-
ner Gruppe von sechs bis zehn Personen an der Wache
teilgenommen (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III,
S. 28). Der Zeuge Nr. 9 sprach von zehn am Wacheinsatz
beteiligten deutschen Soldaten (Stenografisches Protokoll
Nr. 5, Teil III, S. 18).

Hiervon abweichend gab ein anderer Zeuge (Nr. 14) in
seiner Vernehmung durch den Untersuchungsausschuss
an, etwa zehn bis fünfzehn Soldaten seien an der Wache
durchzuführende Wacheinsatz habe vermutlich zwischen
dem 6. und 12. Januar 2002 stattgefunden (Stenografi-

beteiligt gewesen (Stenografisches Protokoll Nr. 9, Teil
III, S. 4).

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 51 – Drucksache 16/10650

Die diesbezüglichen Feststellungen des Ausschusses de-
cken sich mit dem entsprechenden Ergebnis der Staats-
anwaltschaft Tübingen. Nach den Ermittlungen der
Staatsanwaltschaft gaben 12 von 14 befragten Soldaten
des KSK übereinstimmend an, im Januar 2002 an einem
Tag als Wachverstärkung im Lager der US-Streitkräfte in
Kandahar eingesetzt worden zu sein (Staatsanwaltschaft
Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 42, S. 4).

f) Wacheinweisung

Nach Aussagen der durch den Untersuchungsausschuss
vernommenen Zeugen sei die Einweisung der deutschen
Soldaten zur Wache im US-Gefangenenlager durch ame-
rikanische Soldaten erfolgt. Grundsätzlich verfüge jeder
Soldat der Bundeswehr über eine Wachausbildung, die
Bestandteil der normalen Ausbildung sei. Eine Wachein-
weisung durch die deutsche Seite habe es nicht gegeben.
So berichtete der Zeuge Nr. 23, sie seien, nachdem sie am
Eingang des Gefangenenlagers angekommen waren, in
einer Art Wachlokal von amerikanischen Soldaten in
Empfang genommen worden. In einem Rundgang seien
die deutschen Soldaten in das Lager eingewiesen worden.
Nachdem diese dann in die Wache eingeteilt und ihnen
der Wachauftrag übergeben worden sei, hätten sie mit der
Wache begonnen (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil
III, S. 26, 29). Auch der Zeuge Nr. 3 schilderte dem Un-
tersuchungsausschuss, man habe sich vor dem Beginn des
Wacheinsatzes bei dem amerikanischen Kontrollposten
gemeldet und sei dann von amerikanischen Soldaten in
das Gefangenenlager eingewiesen worden (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 31). Diese Darstellung
wurde durch die Angaben des Zeugen Nr. 32 bestätigt
(Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 16).

Der Zeuge Nr. 1 berichtete, seine Gruppe hätte, nachdem
ihr der Aufenthaltsraum gezeigt worden sei, durch die
Amerikaner lediglich die Anweisung erhalten, innerhalb
der abgesperrten Gefangenenbereiche „Streife zu laufen“
(Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 62).

Nach den Angaben eines weiteren Zeugen (Nr. 22) seien
die Amerikaner für den Wachdienst verantwortlich gewe-
sen. Von deutscher Seite sei nur das Personal zur Verfü-
gung gestellt worden (Staatsanwaltschaft Tübingen, Er-
mittlungsakte, MAT 16 – 25, S. 345).

g) Aufgaben während der Wache

Die Aufgaben der im US-Gefangenenlager Kandahar als
Wachverstärkung eingesetzten Soldaten sind von den
amerikanischen Streitkräften erteilt worden. Entgegen
den Feststellungen zum Inhalt der Wachanfrage, eines
Einsatzes der deutschen Soldaten auf Wachtürmen,
konnte in Auswertung der Zeugenaussagen rekonstruiert
werden, dass die deutschen Soldaten mit Streifengängen,
Eskortierung von Gefangenen betraut und an der Auf-
nahme von neuen Gefangenen, dem sogenannten In-pro-
cessing, beteiligt waren. Der Zeuge Nr. 8 schilderte in sei-
ner Vernehmung durch den Untersuchungsausschuss,

nach vom Leiter des Gefangenenlagers oder seinem Stell-
vertreter, zum Anfang der Wachschicht zugeteilt worden.
Die Aufgabe dieses Zeugen sei in der ersten Hälfte seiner
Schicht das „Einchecken“ der neu angekommenen Gefan-
genen in den Gefangenenbereich gewesen. In der zweiten
Hälfte habe er zusammen mit mehreren Deutschen und
Amerikanern einen Patrouillengang im Bereich des La-
gers durchgeführt (Stenografisches Protokoll Nr. 11,
Teil III, S. 49). Der Zeuge Nr. 14 berichtete dem Untersu-
chungsausschuss, ebenfalls in dieser Weise an dem
Wacheinsatz teilgenommen zu haben; das seien die
Hauptaufgaben während der Wache gewesen (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 9, Teil III, S. 3).

Die Untersuchungen des Ausschusses ergaben, dass die
an der Wache beteiligten Soldaten des Kommandos Spe-
zialkräfte (KSK) überwiegend mit der Aufgabe betraut
waren, innerhalb des Gefangenenlagers „Streife zu lau-
fen“. Zu seinen Aufgaben während des Wachdienstes be-
fragt, berichtete ein Zeuge (Nr. 3), er sei auf dem Weg um
die einzelnen Bereiche, in denen die Gefangenen unterge-
bracht waren, „Streife gelaufen“. Seiner Erinnerung nach
hätten sie die umzäunten Bereiche der Gefangenen von
außen patrouilliert. Dabei habe die Entfernung zu den Ge-
fangenen fünf bis sechs Meter oder mehr betragen. Eine
Bewegungsrichtung sei nicht vorgegeben worden, sodass
er sich dort frei bewegt habe (Stenografisches Protokoll
Nr. 8, Teil III, S. 32 f.). Auch ein anderer Zeuge (Nr. 32)
gab an, er habe zwischen den einzelnen Drahtverhauen
einen ganz normalen Streifenweg abgehen müssen (Ste-
nografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 4 f.).

Die Frage, wie viele Personen an diesen Streifengängen
beteiligt waren, konnte durch die Vernehmungen der Zeu-
gen nicht rekonstruiert werden. Die meisten der befragten
Soldaten gaben an, die Streifengänge zu zweit durchge-
führt zu haben. Nach der Erinnerung des Zeugen Nr. 1 sei
der Patrouillengang zu zweit erfolgt. Zudem habe er ei-
nen Amerikaner im Lager gesehen. Der Zeuge Nr. 23 be-
richtete, man sei in kleineren Gruppen durch das Lager
gegangen, wobei er nicht mehr wisse, wie viele Personen
es gewesen seien (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil
III, S. 27, 30).

Der als Zeuge vernommene Mithäftling von Murat
Kurnaz, Ruhal Ahmed, schilderte in seiner Vernehmung,
zur generellen Bewachung des Gefangenenlagers befragt,
es seien zwei bis drei Wachsoldaten für jeden „Käfig“ ab-
gestellt worden, die ständig patrouilliert hätten. Eine Be-
wachung durch deutsche Soldaten habe er nicht wahrge-
nommen (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 20).

Der ebenfalls als Mithäftling vernommene Zeuge Asif
Iqbal berichtete dem Untersuchungsausschuss, er habe in
einer Nacht zwei bis drei deutsche Soldaten bei Streifen-
gängen durch das Gefangenenlager gesehen (Wortproto-
koll Nr. 22, Teil II, S. 28 f.).

Bei seiner Vernehmung vor der Staatsanwaltschaft gab
der Zeuge an, in einer Nacht seien bei den üblichen nächt-
lichen Zählappellen deutsche Soldaten zugegen gewesen.
ihnen seien die direkten Aufträge zur Verrichtung des
Wachdienstes von den Amerikanern, seiner Erinnerung

Einer der deutschen Soldaten habe die amerikanischen
Soldaten, die die Zählung vorgenommen hätten, begleitet.

Drucksache 16/10650 – 52 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Dieser deutsche Soldat habe jeden aufgerufenen Gefange-
nen mit einem Gewehr mit Laserzielvorrichtung ange-
peilt. Das Zusammentreffen mit den deutschen Soldaten
und das Anpeilen mit der Laserzielvorrichtung habe nur
in dieser einen Nacht stattgefunden (Staatsanwaltschaft
Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 84, S. 380).

Ein anderer Zeuge (Nr. 3) gab an, zum Teil allein „Streife
gelaufen“ zu sein. Hierzu führte er Folgendes aus:

„(…) Wir sind auch einmal mit einem Amerikaner zu-
sammen, der dann mit mir die Streife gelaufen hat, da ge-
wesen.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 33)

Er konkretisierte seine Aussage durch die Angabe:

„Ja meine Kameraden und ich hatten – der eine oder an-
dere – Kontakt zu einem Amerikaner, der dann mit ihnen
einmal eine Runde gelaufen ist, richtig.“ (Stenografisches
Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 33)

Ein weiterer Zeuge (Nr. 32) meinte, er sei teilweise al-
leine gegangen und habe nur am „Endpunkt der Streife“,
am „Wendepunkt“, gelegentlich Kontakt mit einer zwei-
ten Person gehabt (Stenografisches Protokoll Nr. 7,
Teil III, S. 4 f.).

Des Weiteren ergaben die Vernehmungen vor dem Unter-
suchungsausschuss, dass Soldaten des KSK während des
Wacheinsatzes neben der Streife auch beauftragt waren,
Gefangene zu eskortieren. Hierzu berichtete ein Zeuge
(Nr. 18), er habe die Aufgabe gehabt, das Hineinführen
der neu angekommenen Gefangenen in das Lager zu un-
terstützen. Er könne sich noch gut daran erinnern, dass er,
nachdem er diese Aufgabe zunächst mit einem Amerika-
ner zusammen durchgeführt habe, anschließend diese Tä-
tigkeit mit einem deutschen Soldaten verrichtete (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 110). Auch der
Zeuge Nr. 20 schilderte, er habe während seines Wach-
dienstes neu angekommene Gefangene vom Flugzeug in
das Gefangenenlager begleitet (Stenografisches Protokoll
Nr. 21, Teil III, S. 5). Ein anderer Zeuge (Nr. 1) berichtete
vor dem Untersuchungsausschuss von einer Situation, in
der amerikanische Soldaten einen Gefangenen aus dem
abgeschirmten Bereich herausgeholt hätten, um diesen zu
einem Verhör zu bringen. Hierbei seien sie ihnen als Si-
cherung gefolgt (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III,
S. 62). Hierzu gab dieser Zeuge an:

„Das war dort so Usus, haben die Amerikaner gesagt.
Diejenigen, die im Lager sind und als Sicherung dort ein-
geteilt sind – – Wenn einer aus einem abgezäunten Be-
reich herausgeholt wird, um zum Verhör gebracht zu wer-
den, dann laufen diejenigen, die im Lager sich befinden,
als Streife einfach mit, zur Sicherheit.“ (Stenografisches
Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 62)

Zu einem späteren Zeitpunkt der Zeugenvernehmung be-
stätigte ein Zeuge (Nr. 1) auf Nachfrage, dass in dieser Si-
tuation zwei amerikanische und zwei deutsche Soldaten

Ein weiterer Zeuge (Nr. 8) beschrieb seine Aufgabe wäh-
rend der Wache, die in der Führung eines Gefangenen
und der Sicherung bestanden habe, wie folgt:

„Es gab ein Aufnahmeprozedere in einem gesonderten
Zelt innerhalb des Gefangenenlagers. Dort wurden die
Gefangenen, bevor sie in das Zelt gekommen sind, noch
einmal durchsucht. Sie wurden von einem arabisch spre-
chenden Amerikaner kurz befragt. Sie wurden fotogra-
fiert. Es wurden die Fingerabdrücke abgenommen. Ein
Arzt hat sich die Leute angeschaut. Dazu wurden sie
komplett entkleidet. Danach sind sie aus dem Zelt wieder
herausgeführt worden in den eigentlichen Gefangenenbe-
reich, und zwar dort in die ,Blechhütte’, wenn ich das ein-
mal so sagen darf. Ich denke, Ihnen liegen die Fotos aus
dem Gefangenenbereich vor. Es gab ein Gebäude mit ei-
nem Blechdach. Dort haben die zumindest die erste Nacht
verbracht – so wurde uns gesagt – unter einer gesonderten
Beobachtung. Dort haben wir die abgelegt und sind dann
zurück, um den nächsten bei diesem Aufnahmeprozedere
zu begleiten.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 11, Teil III,
S. 50)

Diesen Auftrag habe der Zeuge mit einem anderen deut-
schen Soldaten gemeinsam wahrgenommen (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 53).

Zusätzlich berichtete der Zeuge Nr. 20 dem Ausschuss, er
wisse, dass ein oder zwei seiner deutschen Kameraden
während ihres Wachdienstes auf einem Wachturm einge-
setzt waren. Ferner habe es sich bei der Einteilung zum
Wachdienst immer um einen „Mix zwischen deutschen
und amerikanischen“ Soldaten gehandelt (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 21, Teil III, S. 6).

Der Untersuchungsausschuss ging im Rahmen seiner Er-
mittlungen auch der Frage nach, ob die an der Wache be-
teiligten Soldaten mit Handschuhen und einem Mund-
schutz ausgestattet waren. Ein Zeuge (Nr. 1) erinnerte
sich in seiner Vernehmung, vor der Wache, vermutlich
durch die Amerikaner, einen Mundschutz und Einmal-
handschuhe erhalten zu haben. Diese habe es auch im
deutschen Lager gegeben. Er habe sie aber nicht benutzt
(Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 68). Ein wei-
terer Zeuge (Nr. 13) berichtete hierzu Folgendes:

„(…) Da gab es eine Situation. Es war der Fall, dass in
den Abendstunden einige Kameraden, von denen ich jetzt
aber wirklich auch nicht mehr weiß, wer es war, (…) auf
mich als Sanitäter zukamen und mich um Handschuhe ba-
ten, also nicht sterile Handschuhe, aber Schutzhand-
schuhe. Ich weiß gar nicht, ob es auch um einen Gesichts-
schutz, eine OP-Haube ging. Sie baten mich darum. Ich
habe gefragt, wozu sie das denn bräuchten. Sie meinten:
Ja, amerikanische Kameraden hätten sie gebeten oder ge-
fragt, ob sie nicht eventuell Interesse hätten, eine Nacht-
schicht in diesem Gefangenenlager zu arbeiten, wie auch
immer, dort zu sein. Das ist meines Wissens einmal so
vorgekommen. (…) Daraufhin hat sich bei mir auch nie-
mand mehr gemeldet, dass er eventuell noch mal irgend-
anwesend gewesen seien (Stenografisches Protokoll
Nr. 6, Teil III, S. 75).

welche Handschuhe haben wollte. Das weiß ich.“ (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 5, Teil III, S. 30 f.)

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 53 – Drucksache 16/10650

Als Begründung für die Nachfrage nach Handschuhen er-
gänzte der Zeuge:

„Die amerikanischen Kollegen haben denen wohl den Rat
gegeben, dass sie sich doch mal darum kümmern sollten.
Man weiß ja nie, wen man dort anfasst bzw. ob dort ir-
gendwelche Krankheiten, Erreger wie auch immer – –.“
(Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil III, S. 32)
Der Zeuge Nr. 23 gab an, dass er im Gefangenenlager
keinen Mundschutz, aber Handschuhe dabei hatte (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 34).

h) Beendigung des Wacheinsatzes
Einige Zeugen gaben an, das Gefangenenlager nach dem
Wacheinsatz gemeinsam mit den anderen deutschen Sol-
daten verlassen zu haben (Stenografisches Protokoll
Nr. 6, Teil III, S. 93; Stenografisches Protokoll Nr. 7,
Teil III, S. 16).
Des Weiteren berichteten die befragten Zeugen, es habe
keine Nachbereitung des Wacheinsatzes in organisierter
Form gegeben. Ein Zeuge (Nr. 18) erläuterte in seiner
Vernehmung durch den Ausschuss, dass immer eine
Nachbereitung stattgefunden habe. Nur sei dies nicht in
organisierter Form erfolgt (Stenografisches Protokoll
Nr. 6, Teil III, S. 93). Hiervon abweichend berichtete ein
anderer Zeuge (Nr. 8), er sei nicht befragt worden. Er
habe auch niemandem in irgendeiner Form Rechenschaft
ablegen müssen. Es könne sein, dass die Truppführer ge-
meldet hätten, der Auftrag sei beendet. Dies wäre der nor-
male Gang gewesen. Er vermute, dass dies in irgendeiner
Form stattgefunden habe (Stenografisches Protokoll
Nr. 11, Teil III, S. 55).

3. Kontakte des Kommandos Spezialkräfte
zu Gefangenen

Im Rahmen der Untersuchungen zu der Frage, welche
Kontakte Angehörige der Bundeswehr zu Murat Kurnaz
hatten, befasste sich der Untersuchungsausschuss auch
mit der generellen Möglichkeit von Kontakten des Kom-
mandos Spezialkräfte (KSK) zu Gefangenen. Hierzu ga-
ben die befragten Zeugen übereinstimmend an, dass ein
über das rein Visuelle hinausgehender Kontakt zu Gefan-
genen nicht denkbar gewesen sei. Es habe in dem Gefan-
genenlager keine Möglichkeit gegeben, mit den Gefange-
nen in Kontakt zu treten (Stenografisches Protokoll Nr. 9,
Teil III, S. 38).

a) Visuelle Kontakte
Ein an der Wache unbeteiligter Zeuge (Nr. 13) berichtete
vor dem Untersuchungsausschuss von einer Situation, in
der er Gefangene gesehen habe. Dies sei seiner Wahrneh-
mung nach der erste Abtransport von Inhaftierten aus
dem Gefangenenlager in Kandahar gewesen (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 5, Teil III, S. 30).

b) Verbale Kontakte

den Untersuchungsausschuss nicht festgestellt werden.
Zu der Möglichkeit einer Kommunikation mit den Gefan-
genen gab der Kontingentführer in seiner Zeugenaussage
vor dem Untersuchungsausschuss an, er sei im Rahmen
einer Führung durch das Gefangenenlager auf ein striktes
Sprechverbot in Bezug auf die Gefangenen hingewiesen
worden (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 17).
Auch der Zeuge Ruhal Ahmed gab in seiner Vernehmung
durch den Ausschuss an, eine Kontaktaufnahme von
deutschen Soldaten mit Gefangenen nicht wahrgenom-
men zu haben (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 14).

c) Körperliche Kontakte
Wie bereits dargestellt, konnte der Untersuchungsaus-
schuss im Rahmen der Aufgaben der als Wachpersonal
eingesetzten KSK-Soldaten ermitteln, dass diese die ame-
rikanischen Soldaten auch bei dem In-processing neuer
Gefangener unterstützt haben. Wie einige der als Zeugen
vernommenen Soldaten dem Untersuchungsausschuss be-
richteten, sei es im Rahmen dieser Aufgaben, die insbe-
sondere im Abtransport von Gefangenen bestanden
hätten, zu körperlichen Kontakten zu den Gefangenen ge-
kommen (Stenografisches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 50;
Stenografisches Protokoll Nr. 9, Teil III, S. 14).

Zu diesen Feststellungen kam auch die vom Bundes-
ministerium der Verteidigung eingesetzte Arbeitsgruppe.
In dem dem Untersuchungsverfahren beigezogenen und
vom Ausschuss ausgewerteten Sprechzettel von Staats-
sekretär Dr. Peter Wichert (BMVg) zur Sitzung des Un-
tersuchungsausschusses am 29. November 2006 wird
ausgeführt, es habe physische Kontakte bei der Auf-
nahme neuer Gefangener gegeben, die beispielsweise in
einem „Anfassen am Arm“ bestanden hätten (BMVg,
Staatssekretär Dr. Wichert, Sitzung des Verteidigungsaus-
schusses am 29. November 2006, MAT 16 – 1).

Darüber hinaus ist im Sprechzettel zur Sitzung des Vertei-
digungsausschusses am 25. Oktober 2006 der körperliche
Kontakt zu Gefangenen wie folgt beschrieben worden:
Dieser körperliche Kontakt habe darin bestanden, dass
die gefesselten Gefangenen, die als körperlich ge-
schwächt beschrieben wurden, unter den Armen einge-
hakt und von einem Platz zu einem anderen geführt wor-
den seien. Ferner habe es einen physischen Kontakt zu
diesen Gefangenen während verschiedener Durchsuchun-
gen gegeben, bei denen es um das Auffinden von soge-
nannten versteckten Ladungen gegangen sei (BMVg,
Sprechzettel, Dr. Wichert, zur Sitzung des Verteidigungs-
ausschusses am 25. Oktober 2006, MAT 16 – 1, S. 3).

4. Umgang mit den Gefangenen
Im Zuge seiner Zeugenaussage schilderte Murat Kurnaz
dem Untersuchungsausschuss, es habe im Gefangenenla-
ger offenkundig Folter und Misshandlungen gegeben.
Hierzu führte er aus:

„Jeder, der das Lager betreten hat, hat das miterlebt, gese-
hen, wie schwer verwundete Menschen einfach so drau-
Ein verbaler Kontakt zwischen Angehörigen des KSK
und anderen Gefangenen als Murat Kurnaz konnte durch

ßen im Freien herumliegen, und zumeist auch noch mit
offenen Wunden. Wir wurden im Offenen geschlagen.

Drucksache 16/10650 – 54 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Man hat die Schreie gehört. Schreie konnte man 24 Stun-
den lang hören. Es ist immer, zu jeder Zeit irgendein Ge-
fangener geschlagen worden oder einer der Gefangenen
hat irgendwo immer wegen der Schmerzen laut ge-
schrien. Wie gesagt, das hat auch jeder, der dieses Lager
betreten hat, auch mitbekommen.“ (Stenografisches Pro-
tokoll Nr. 4, Teil II, S. 34)

Anlässlich der Ausführungen von Murat Kurnaz wurden
neben den Angehörigen des 1. Kontingents auch die Mit-
häftlinge zum Umgang der Soldaten mit den Gefangenen
durch den Untersuchungsausschuss befragt.

Der Mithäftling von Murat Kurnaz, Ruhal Ahmed,
machte vor dem Ausschuss in seiner Vernehmung am
23. Januar 2008 auch Ausführungen zur Verpflegung und
zum Umgang mit den Gefangenen. Diese seien dreimal
am Tag mit Fertigprodukten ernährt worden. Man habe
sich innerhalb der Zellen hintereinander aufstellen müs-
sen, um durch den Stacheldraht durchgereichte oder herü-
bergeworfene Essensrationen in Empfang zu nehmen
(Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 8, 11). Er schilderte wei-
ter, es habe sich bei der Verpflegung um weniger als
500 Kalorien pro Tag gehandelt, sodass man die ganze
Zeit darüber nachgedacht habe, wie man die Amerikaner
dazu bringen könnte, ihnen zusätzliches Essen zu geben
(Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 11). Der Zeuge Asif Iqbal
gab ebenfalls an, nicht genug Nahrung zugeteilt bekom-
men zu haben (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 29).

Der Zeuge Ruhal Ahmed schilderte ferner, man habe den
Gefangenen einen Sack über den Kopf gezogen, um diese
zu den etwa zwei bis drei Minuten Fußweg entfernt gele-
genen Verhörzelten zu bringen (Wortprotokoll Nr. 22,
Teil II, S. 13).

Zu den klimatischen Verhältnissen führte dieser Zeuge
aus: Tagsüber hätten etwa 45 bis 50 Grad Celsius ge-
herrscht, während es in der Nacht sehr kalt geworden sei.
Die Wasserflaschen seien gefroren gewesen. Die Gefan-
genen seien ohne Unterwäsche und Socken lediglich mit
einer Art Overall bekleidet gewesen. Ihnen hätten nur
sehr dünne Decken zur Verfügung gestanden. Er habe
während des gesamten Zeitraumes seiner Inhaftierung
kaum geschlafen, weil es viel zu kalt gewesen sei. Gegen
Ende seiner Inhaftierung in Kandahar seien Wollmützen
verteilt worden (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 15).

Ergänzend hierzu berichtete der Zeuge Asif Iqbal, der mit
Ruhal Ahmed zur gleichen Zeit und lediglich zwei Wo-
chen in Kandahar inhaftiert war, es habe Gefangene gege-
ben, die sich aufgrund der Kälte Handschuhe statt an die
Hände an die Füße gezogen hätten. Nachdem das Interna-
tionale Rote Kreuz eingetroffen sei, habe sich dieser Zu-
stand geändert. Man habe eine zusätzliche Mahlzeit, So-
cken, Handschuhe und Thermounterwäsche durch das
Internationale Rote Kreuz erhalten (Wortprotokoll Nr. 22,
Teil II, S. 31).

Beide Mithäftlinge berichteten weiter, sie seien in der
Nacht alle zwei bis drei Stunden zum Zwecke der Durch-
zählung geweckt worden, sodass ein „Durchschlafen“ gar

einer Form der Bestrafung, bei der die Gefangenen tags-
über außerhalb des Zeltes in der direkten Sonne hätten sit-
zen müssen (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 16).

Der Zeuge Ruhal Ahmed berichtete weiter, alle Gefange-
nen, darunter auch er selbst, seien von amerikanischen
Soldaten misshandelt worden. Auf Nachfrage bestätigte
der Zeuge, nur durch die amerikanischen Kräfte misshan-
delt worden zu sein. Die Misshandlungen seien zur Er-
zwingung eines Geständnisses während der Vernehmun-
gen erfolgt (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 13, 17). Sie
seien aber auch misshandelt worden, wenn sie einen Sol-
daten „irgendwie falsch angeschaut“ hätten. Auf die Frage
nach einer Konkretisierung der durch ihn geschilderten
Misshandlungen erklärte der Zeuge, dass die eigentliche
Folter mit seiner Verbringung nach Guantánamo auf Kuba
begonnen habe (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 17, 21).
Wie Murat Kurnaz schilderte auch dieser Zeuge, man
habe Schreie aus dem Gefangenenlager gehört. Er bewer-
tete das Gefangenenlager als nicht menschengerecht
(Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 9, 13).

Der Zeuge Asif Iqbal schilderte dem Untersuchungsaus-
schuss, nach dem Umgang des Wachpersonals mit den
Gefangenen befragt, in den ersten Tagen seiner Inhaftie-
rung in Kandahar habe einer der Wachsoldaten herausge-
funden, dass sie Briten seien. Dieser habe ihnen dann zu-
sätzliches Essen gegeben. Er berichtete weiter, einige
Wachposten seien sehr rau mit ihnen umgegangen, andere
hätten überhaupt nichts gesagt. Wieder andere hätten Spaß
daran gehabt, die Gefangenen zur Strafe „durchzählen“ zu
lassen, während andere hieran kein Interesse gehabt hätten.
Die Soldaten seien sehr unterschiedlich in ihrem Verhalten
gewesen (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 32).

Auf die Frage, ob es Misshandlungen durch das Wachper-
sonal gab, antwortete dieser Zeuge, Misshandlungen habe
es ab dem Zeitpunkt, zu dem man in amerikanische
Hände gekommen sei, gegeben. Er sei zwar in verschie-
denen Situationen, wie zum Beispiel während des Fluges
nach Kandahar, vor und während der Befragungen, durch
amerikanische Soldaten geschlagen worden, sein Fall sei
aber nicht so schwerwiegend gewesen. Er sei nie schlimm
geschlagen worden. Es habe aber andere Gefangene mit
Schnittverletzungen, blauen Flecken und anderen Wun-
den gegeben. Er berichtete ferner, er habe auch Schreie
gehört (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 32).

Die Angehörigen des 1. Kontingents, die als Zeugen ver-
nommen wurden, berichteten im Laufe des Untersu-
chungsverfahrens übereinstimmend, die Inhaftierten im
Gefangenenlager Kandahar seien mit der gleichen Ver-
pflegung wie die Einsatzkräfte und mit ausreichend
Trinkwasser versorgt worden. Sie seien mit Overalls be-
kleidet gewesen und es hätten ihnen Decken zur Verfü-
gung gestanden. Darüber hinaus gab es zur Lage der Ge-
fangenen und den Umgang mit ihnen unterschiedliche
Wahrnehmungen der Zeugen.

Die Auswertung der Zeugenaussagen zur Feststellung des
Umgangs der Soldaten mit den Gefangenen ergab, dass
nicht möglich gewesen sei (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II,
S. 15 u. 30). Auch berichtete der Zeuge Ruhal Ahmed von

die hierzu erfolgten Aussagen sowohl Beschreibungen
von Wahrnehmungen als auch Wertungen enthielten. Ins-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 55 – Drucksache 16/10650

besondere wurde auf diesbezügliche Nachfragen zu Miss-
handlungen von Gefangenen von nur sehr wenigen
persönlichen Wahrnehmungen berichtet. Vielfach gab es
Beobachtungen, an die die vernommenen Soldaten ihre
persönlichen Wertungen geknüpft haben.

Die weit überwiegende Anzahl der vom Untersuchungs-
ausschuss vernommenen Zeugen gab an, keine Misshand-
lungen von Gefangenen oder Hinweise hierauf wahrge-
nommen zu haben. Der damalige Kontingentführer
berichtete dem Ausschuss hierzu, Vertreter vom Interna-
tionalen Roten Kreuz und von UN-Hilfsorganisationen
seien ständig im Lager gewesen. Diese hätten im Gegen-
satz zu ihm oder anderen Soldaten auch die Möglichkeit
gehabt, mit den Gefangenen zu sprechen. Daher habe er
keine Zweifel daran gehabt, dass alle Rechte der Gefan-
genen, insbesondere die Rechte aus der Genfer Konven-
tion, eingehalten werden (Stenografisches Protokoll Nr. 4,
Teil III, S. 12).

Auch der damalige stellvertretende Kontingentführer gab
in seiner Zeugenvernehmung an, über Misshandlungen
habe er keine Kenntnis gehabt. Er habe diesbezüglich we-
der persönlich etwas gehört noch habe er andere Personen
hierüber reden hören (Stenografisches Protokoll Nr. 14,
Teil III, S. 11).

Ein weiterer Zeuge (Nr. 20) gab in seiner dienstlichen
Anhörung im Rahmen der Arbeitsgruppe „Murat Kurnaz“
des BMVg an, Misshandlungen durch Amerikaner nicht
beobachtet zu haben. Ein Anfassen der Gefangenen sei
zur Abtastung und Abführung erfolgt, ein Treten und
Schlagen der Gefangenen habe es nicht gegeben (BMVg,
Anhörungsniederschrift des Zeugen Nr. 20, MAT 16 – 14,
Anlage 03). Der Zeuge Nr. 37 schilderte auf sehr detail-
lierte Weise die damaligen Umstände und die hieraus re-
sultierende Behandlung der Gefangenen:

„(…) Die haben die gleiche Verpflegung gekriegt wie wir.
(…) Man musste alle gefährlichen Gegenstände rausneh-
men. Es gab da Berichte, dass Gefangene teilweise eine
Plastikgabel angespitzt haben, irgendeinem Wachposten
ins Auge gerammt haben und ähnliche Dinge, also ohne
Rücksicht auf ihr eigenes Leben, was auch immer aus ih-
nen wird. Also, sie wurden schon als höchst gefährlich
eingestuft und bereit – so haben wir sie alle gesehen –, ihr
Leben zu opfern im Prinzip: Hauptsache, ich nehme noch
jemanden von den anderen mit in den Tod oder verwunde
ihn schwer, was auch immer. – So wurden sie eingestuft
und auch behandelt. Also Distanz. Es gab dort nieman-
den, der an so einen Gefangenen herangetreten ist; die
waren immer schön sauber auf Distanz gehalten.“ (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 20, Teil III, S. 7)

„(…) Alles das, was wir heute wissen, wie die Amerika-
ner mit solchen Menschen umgegangen sind und ähnliche
Dinge, war damals nicht bekannt. Für mich war das, was
ich sehen konnte, alles völlig in Ordnung, und deswegen
habe ich auch diese Aufzeichnungen über das Lager ge-
macht, weil ich das als vorbildlich eingestuft habe; denn
ich hätte es nicht besser anders machen können, vielleicht

und ansonsten waren das für uns Terroristen. Dass da
möglicherweise auch von den Amerikanern Personen
festgenommen worden sind, die vielleicht nicht berech-
tigterweise irgendwas sind, das war uns damals nicht klar,
(…).

Dort war ein Gefangenenlager, und wir sind davon ausge-
gangen, dort sind zunächst einmal rechtmäßig festgehal-
tene Personen, die hochgefährlich sind, hochgefährlich,
nach allem, was wir wussten, und die werden ordentlich
behandelt. Das war unser Kenntnisstand, und von daher
haben wir uns entsprechend, denke ich, korrekt verhalten.
Wenn es anders gewesen wäre – das versichere ich Ihnen
–, dann hätte ich persönlich, auch aus meinem christli-
chen Glauben heraus, dort anders gehandelt. Das versi-
chere ich Ihnen.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 20,
Teil III, S. 24)

Neben diesen Aussagen gab es eine Minderheit von Zeu-
gen, die über eine andere Wahrnehmung berichteten. Ein
Zeuge (Nr. 2) schilderte zum Umgang mit den Gefange-
nen:

„(…) Problem war natürlich teilweise auch die Haltung
der Gefangenen: Hände auf dem Rücken, Gesicht zum
Boden, teilweise Gesicht verbunden. Manche konnten
sich über Stunden hinweg nicht bewegen. Ich denke, dass
lässt sich mit meinen Wertvorstellungen nicht vereinba-
ren.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 9, Teil III, S. 35)

Ein anderer Zeuge (Nr. 28) gab in seiner Vernehmung an,
er habe gesehen, wie ein amerikanischer Soldat einen Ge-
fangenen mit einer Maske über dem Kopf sehr aggressiv
angepackt und gegen eine Wand laufen gelassen habe
(Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 90 f.).

Ein weiterer Zeuge (Nr. 3) gab an, die amerikanischen
Soldaten seien im Umgang mit den Gefangenen „robus-
ter“ gewesen, ohne eigene konkrete Beobachtungen
hierzu zu nennen. Dieser und ein anderer Zeuge (Nr. 14)
beschrieben dem Untersuchungsausschuss ihre persönli-
chen Eindrücke wie folgt:

„Sie sind ruppig mit ihnen umgegangen und haben sie
nicht vorsichtig von A nach B geführt, und wenn jemand
nicht schnell genug hinterherlaufen konnte, wurde er
auch schon einmal hinterher gezogen.“ (Stenografisches
Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 32)

„Es kam in meinem Beisein weder zu Schlägen noch zu
sonstigen Körperverletzungen. Aber ich kann jemanden
ja vom Boden aufheben oder ihn zum Beispiel hochrei-
ßen. Oder ich kann bedacht sein, wenn ich mit jemandem
durch Sicherheitsschleusen aus S-Draht laufe, sodass er
wirklich dort durchgeführt wird, oder nicht so bedacht
sein, wenn er in Stocken gerät. Man muss sich in die Lage
der Gefangenen versetzen. Ich nehme an, dass die Mehr-
zahl dieser Menschen schon sehr große Angst hatte.
Wenn derjenige dann eben nicht mehr weiterlaufen will
oder kann, muss man ihn ja nicht unbedingt sehr hart wei-
mit der Frage noch, ob man die noch ein bisschen besser
versorgen könnte, mit Decken oder ähnlichen Dingen,

terziehen.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 9, Teil III,
S. 10)

Drucksache 16/10650 – 56 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Der katholische Militärdekan, der die Angehörigen der
Bundeswehr im Einsatzland seelsorgerlich begleitet hatte,
wurde schriftlich befragt, ob er bei der Behandlung der
Gefangenen im Lager Kandahar Verstöße gegen die Re-
geln der Genfer Konvention wahrgenommen habe. Er be-
schrieb seine Wahrnehmungen und nahm folgende Be-
wertung vor:

„Vor einigen Soldaten des KSK habe ich darauf hinge-
wiesen, dass das ganze Lager in seinem Aufbau, den
menschlichen Empfindungen, der Intimität und der Ach-
tung gegenüber der allgemeinen Menschlichkeit wider-
spricht (Ob das Gefangenenlager der Genfer Konvention
entspricht kann ich nicht wahrhaftig beantworten, da der
Gesamteindruck des Lagers mich innerlich sehr erregte).

In dem Lager selbst und auch bis heute, habe ich beklem-
mende Gefühle, wenn ich an die Besichtigung des Lagers
denke. Von Misshandlungen und Körperverletzungen im
Einzelfall, oder in besonderer Weise ist mir nichts be-
kannt. Das ganze Lager halte ich bis heute für eine Miss-
handlung und Körperverletzung am ganzen Menschen, an
allen die dort inhaftiert waren und auch an jenen jungen
amerikanischen Soldaten, die das Gefangenenlager bewa-
chen mussten. Denn ich denke, auch der Mensch, welcher
mit unmenschlichen Situationen konfrontiert wird, erlei-
det einen seelischen Schaden.“ (Katholischer Militärde-
kan, Beantwortung von Fragen, MAT 16 – 52, S. 2)

Im Ergebnis ergaben die Untersuchungen des Ausschus-
ses, dass die vernommenen Zeugen mehrheitlich keine
Misshandlungen von Gefangenen wahrgenommen haben.
Die Auswertung der Zeugenaussagen ergab weiterhin,
dass bei einigen wenigen Zeugen Eindrücke vom Um-
gang mit den Gefangenen entstanden sind. Nur verein-
zelte Zeugenaussagen beruhten auf eigenen Beobachtun-
gen.

III. Zusammentreffen von Angehörigen des
1. Deutschen Heereskontingents
Spezialkräfte mit Murat Kurnaz

Murat Kurnaz berichtete von Kontakten zu deutschen
Soldaten erstmals im Rahmen eines Interviews für das
Magazin stern vom 5. Oktober 2006 (stern, 5. Oktober
2006, MAT 16 – 19, S. 46).

In der Zeugenvernehmung vor dem Untersuchungsaus-
schuss am 17. Januar 2007 wurde Murat Kurnaz gefragt,
warum er vor diesem Interview selbst seinem amerikani-
schen Rechtsbeistand gegenüber, der ihn während seiner
Haft im Gefangenenlager Guantánamo besuchte, von ei-
ner Begegnung mit deutschen Soldaten nichts erwähnt
habe. Murat Kurnaz erklärte dem Ausschuss daraufhin, er
sei davon ausgegangen, dass das „einige Leute in
Deutschland nicht hören wollen“. Er habe befürchtet, ihm
würde dann die Entlassung aus der Haft und die Rück-
reise in die Bundesrepublik Deutschland erschwert wer-
den. Aufgrund dieser Befürchtungen habe er seinem ame-
rikanischen Rechtsbeistand gegenüber nur erwähnt, dass
da „noch einiges“ sei, wovon er nicht berichten wolle.

gangen, dass dies nichts bringen werde. Er habe sich zu-
rückziehen und die Medien meiden wollen, um seine
Ruhe zu haben. Während des Interviews für das Magazin
stern habe es für ihn dann aber keinen Sinn mehr ge-
macht, Begebenheiten während der Zeit seiner Gefangen-
schaft auszulassen (Stenografisches Protokoll Nr. 4,
Teil II, S. 47).

Murat Kurnaz‘ deutscher Rechtsbeistand Bernhard Docke
bestätigte vor dem Untersuchungsausschuss, er habe von
einer Begegnung mit deutschen Soldaten weder durch
Murat Kurnaz noch durch seinen amerikanischen Kolle-
gen Baher Azmy erfahren. Sein Mandant habe ihm ge-
genüber nur Andeutungen bezüglich „irgendwelcher Sa-
chen“ gemacht, die passiert seien. Eine weitergehende
Kenntnis habe er nicht gehabt. Konkret habe er hiervon
erst nach der Rückkehr von Murat Kurnaz nach Deutsch-
land während der Erstellung des stern-Interviews in der
zweiten Septemberhälfte erfahren. Murat Kurnaz habe
ihn im Rahmen dieses Interviews in Kenntnis gesetzt,
dass diese Begebenheit thematisiert worden sei (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 13–15, 20).

1. Visuelle Kontakte
Die Untersuchungen des Untersuchungsausschusses zu
Kontakten von Angehörigen der Bundeswehr zu Murat
Kurnaz ergaben zunächst eine unterschiedliche Definition
des Begriffes „Kontakt“ durch die vernommenen Zeugen.
Während einige Zeugen jeglichen Kontakt und somit auch
eine visuelle Wahrnehmung diesem Begriff zuordneten,
gaben andere Zeugen an, hierunter eine über das rein Vi-
suelle hinausgehende, unmittelbare Begegnung mit Murat
Kurnaz zu verstehen (Stenografisches Protokoll Nr. 7,
Teil III, S. 13). Ein Zeuge (Nr. 23) berichtete dem Aus-
schuss in seiner Vernehmung, es sei davon auszugehen,
dass alle deutschen Soldaten, die im Gefangenenlager wa-
ren, wahrscheinlich auch Murat Kurnaz gesehen hätten
(Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 13).

Mehrere der durch den Untersuchungsausschuss vernom-
menen Zeugen gaben an, Murat Kurnaz visuell wahrge-
nommen zu haben. So berichtete ein Zeuge (Nr. 28), er
sei während einer Besichtigung des Gefangenenlagers
von den amerikanischen Soldaten auf Murat Kurnaz auf-
merksam gemacht worden. Hierbei sei kein anderer deut-
scher Soldat anwesend gewesen. Er habe ihn während des
Rundgangs im Gefangenenlager in einer Entfernung von
15 bis 20 Metern gesehen und beschrieb Murat Kurnaz
wie folgt: Als er ihn das erste Mal gesehen habe, sei er im
Gegensatz zu den aktuellen Bildern im Fernsehen ein
paar Pfund leichter und etwas schmächtig gewesen (Ste-
nografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 49, 58). In der
Zeugenvernehmung durch die Staatsanwaltschaft Tübin-
gen teilte er darüber hinaus mit, Murat Kurnaz auch bei
seinen weiteren zwei Rundgängen im Gefangenenbereich
des Lagers gesehen zu haben. Dieser sei mit einem blauen
Einheitsanzug bekleidet gewesen und habe längeres Haar
und einen Bart getragen (Staatsanwaltschaft Tübingen,
Ermittlungsakte, MAT 16 – 25, S. 290 f.).
Auch nach seiner Freilassung habe er nicht vorgehabt,
von dieser Begegnung zu berichten. Er sei davon ausge-

Auch der Zeuge Nr. 14 gab gegenüber dem Untersu-
chungsausschuss an, Murat Kurnaz lediglich gesehen zu

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57 – Drucksache 16/10650

haben (Stenografisches Protokoll Nr. 9, Teil III, S. 3). Ein
amerikanischer Militärpolizist habe im Rahmen einer
Einweisung in den Lagerbereich in Vorbereitung des
Wachdienstes auf einen Gefangenen gezeigt und mitge-
teilt, dass es sich bei diesem um einen deutschsprachigen
Gefangenen handele. Der Zeuge sei davon ausgegangen,
dass dieser Gefangene sie sicherlich auch gesehen habe.
Nach seiner Erinnerung war ein weiterer deutscher Soldat
bei dieser Situation anwesend. Weiterhin berichtete der
Zeuge dem Ausschuss, er sei während der Durchführung
der Wache im Rahmen seines Streifendienstes immer
wieder an dem Bereich, in dem sich dieser deutschspra-
chige Gefangene befand, vorbeigekommen und habe die-
sen flüchtig wahrgenommen (Stenografisches Protokoll
Nr. 9, Teil III, S. 5, 22).

Ferner gab auch der Zeuge Nr. 27 in seiner Aussage vor
dem Untersuchungsausschuss an, im Gefangenenlager
eine Meldung über einen deutschsprachigen Gefangenen
erhalten und diesen gesehen zu haben (Stenografisches
Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 11).

Des Weiteren sagte der Zeuge Nr. 16 in seiner Verneh-
mung durch den Untersuchungsausschuss aus, er sei einer
der wenigen, die Murat Kurnaz möglicherweise gesehen,
aber nicht erkannt haben. Er berichtete dem Ausschuss,
man habe ihn gebeten, bei der Vernehmung eines als Tali-
ban gefangen genommenen Deutschen anwesend zu sein.
Deshalb sei er einmal in dem Gefangenenlager gewesen.
Ein Amerikaner habe auf zehn mit blauen Overalls be-
kleidete Gefangene, die lange Haare und lange Bärte ge-
tragen hätten, in einer Entfernung von zehn bis zwanzig
Metern gezeigt und ihm mitgeteilt, dass dort Murat
Kurnaz stehe. Der Zeuge habe den amerikanischen Solda-
ten darauf aufmerksam gemacht, dass „Kurnaz“ kein
deutscher Name sei, er aber eine deutsche Person anhören
solle. In diesem Zusammenhang habe er erfahren, dass
dieser Gefangene mit großer Wahrscheinlichkeit kein
Deutscher sei, aber Deutsch spreche. Dass es sich bei die-
sem Gefangenen um einen Türken handele, habe er nicht
erfahren. Kurze Zeit später sei ein weiterer amerikani-
scher Soldat dazugekommen und habe mitgeteilt, dass der
Gefangene keinen Wert darauf lege, mit einem Deutschen
zu sprechen. Deswegen sei diese Angelegenheit für ihn
erledigt gewesen und er habe sich aus dem Gefangenenla-
ger entfernt (Stenografisches Protokoll Nr. 11, Teil III,
S. 25, 35).

Der am Wacheinsatz beteiligte Zeuge Nr. 8 schilderte
dem Untersuchungsausschuss, er habe während seiner
„Schicht“ erfahren, dass sich ein Deutscher unter den Ge-
fangenen befinde. Dieser deutsche Gefangene sei, ver-
mutlich von einem amerikanischen Soldaten, herangeru-
fen und gezeigt worden. Der Zeuge habe diese Person
gesehen; mit ihr gesprochen habe nach seiner Erinnerung
keiner von ihnen (Stenografisches Protokoll Nr. 11,
Teil III, S. 46). Der Zeuge (Nr. 8) gab an, es nicht aus-
schließen zu können, dass es sich bei dieser Person um
Murat Kurnaz gehandelt habe (Stenografisches Protokoll
Nr. 11, Teil III, S. 50).

sung auf einen deutschsprachigen Gefangenen in einem
der „Compounds“ hingewiesen worden, sodass sie ver-
muteten, ihn gesehen zu haben. Eine konkrete Person sei
ihnen nicht gezeigt worden (Stenografisches Protokoll
Nr. 7, Teil III, S. 10; Stenografisches Protokoll Nr. 6,
Teil III, S. 27, 29).

2. Verbaler Kontakt „Wortwechsel am Zaun“
Die Zeugenvernehmungen des Untersuchungsausschus-
ses ergaben, dass es neben visuellen auch verbale Kon-
takte zu Murat Kurnaz gegeben hat.

a) Aussage von Murat Kurnaz
Murat Kurnaz gab in seiner Zeugenvernehmung durch
den Untersuchungsausschuss an, es habe verbalen Kon-
takt mit deutschen Soldaten gegeben. Er schilderte über-
einstimmend sowohl vor dem Verteidigungsausschuss als
1. Untersuchungsausschuss als auch in seiner Anhörung
durch den CIA-Untersuchungsausschuss des Europäi-
schen Parlaments und vor der Staatsanwaltschaft Tübin-
gen folgenden Sachverhalt: Er sei im Gefangenenlager
Kandahar von zwei amerikanischen Soldaten an den
Drahtzaun gerufen worden. Nachdem er dieser Aufforde-
rung nachgekommen sei, habe er neben den amerikani-
schen Soldaten zwei weitere Soldaten wahrgenommen.
Diese beiden Soldaten hätten an ihren Uniformen das deut-
sche Abzeichen getragen. Als er bemerkt habe, dass es sich
um deutsche Soldaten handele, habe er sich diese Personen
näher angesehen, ihnen „ins Gesicht geguckt“. Einer dieser
beiden Soldaten habe ihm dann Folgendes gesagt: „Fal-
sche Seite ausgesucht, auf den Boden gucken!“ (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 32)

In seiner Zeugenvernehmung durch die Staatsanwalt-
schaft Tübingen gab Murat Kurnaz zudem an, dieser Wei-
sung nachgekommen zu sein (Staatsanwaltschaft Tübin-
gen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 9, S. 39).

Danach habe er sich wieder auf seinen Platz begeben dür-
fen (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 32; Staats-
anwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 9,
S. 37, 39).

Darüber hinaus stellte er in einem Interview in der Fern-
sehsendung „beckmann“ dar, dieser deutsche Soldat habe
in perfektem Deutsch gesprochen, sodass er keine Zwei-
fel daran gehabt habe, dass es sich um einen Deutschen
handele („beckmann“, 16. Oktober 2006, MAT 16 – 4,
S. 10 f.). In seiner Zeugenaussage vor der Staatsanwalt-
schaft Tübingen beschrieb Murat Kurnaz zudem diese
Situation damit, dass die Soldaten ihn nur haben sehen
wollen. Ein Grund hierfür sei ihm nicht genannt worden
(Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,
MAT 16 – 9, S. 37 f.).

Zu einem späteren Zeitpunkt der staatsanwaltschaftlichen
Vernehmung gab er an, diese beiden Soldaten später in
der Nacht noch einmal gesehen zu haben (Staatsanwalt-
schaft Tübingen, MAT 16 – 9, S. 47).
Weitere Zeugen (Nr. 32 und Nr. 23) schilderten, sie seien
durch amerikanische Soldaten während der Wacheinwei-

Murat Kurnaz bestätigte vor dem Untersuchungsaus-
schuss, dass es nur diese eine Begegnung mit deutschen

Drucksache 16/10650 – 58 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Soldaten gegeben habe. Außer diesen beiden deutschen
Soldaten, die er später am selben Abend noch patrouillie-
ren gesehen habe, habe er keine weiteren deutschen Sol-
daten wahrgenommen (Stenografisches Protokoll Nr. 4,
Teil II, S. 40, 47, 53).

b) Aussagen der Mithäftlinge

Die vom Untersuchungsausschuss als Zeugen vernomme-
nen Mithäftlinge von Murat Kurnaz, Ruhal Ahmed und
Asif Iqbal, gaben an, eine Situation in der Murat Kurnaz
von Soldaten an den Zaun des Zeltes gerufen wurde, nicht
wahrgenommen zu haben (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II,
S. 14 u. 33).

Diese Aussage wiederholte der Zeuge Ruhal Ahmed
auch bei seiner Vernehmung durch die Staatsanwalt-
schaft (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,
MAT 16 – 84, S. 369), während der Zeuge Asif Iqbal
hierzu nicht erneut befragt wurde.

Bei einer durch die Staatsanwaltschaft durchgeführten te-
lefonischen Befragung eines weiteren Mithäftlings, den
Asif Iqbal bei seiner Vernehmung als möglichen weiteren
Zeugen nannte (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermitt-
lungsakte, MAT 16 – 84, S. 381), habe sich dieser Mit-
häftling mit Namen Shafiq Rasul an ein Vorkommnis in
einer Nacht erinnern können, bei dem deutsche Soldaten
auf Murat Kurnaz gezeigt und mit ihm gesprochen hätten
(Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte, Vermerk
vom 29. Januar 2008, MAT 16 – 84).

c) Aussagen der Soldaten

Neben Murat Kurnaz haben auch Soldaten des Komman-
dos Spezialkräfte vor dem Untersuchungsausschuss ge-
schildert, dass es eine Situation im Gefangenenlager ge-
geben habe, in der ein „deutscher Gefangener“ an den
Zaun gerufen und gezeigt worden sei. Einige der vernom-
menen Soldaten bestätigten diesen von Murat Kurnaz an-
gegebenen Ausspruch. So berichtete der Zeuge Nr. 18 in
seiner Vernehmung durch den Untersuchungsausschuss,
es habe eine Situation im Gefangenenlager gegeben, in
der man die Gefangenen habe antreten lassen. Der ver-
meintliche Deutsche sei aufgefordert worden, an den
Zaun heranzutreten. Auf der anderen Seite des Zaunes
hätte sich eine Gruppe von deutschen und US-Soldaten
befunden, darunter ein sehr junger US-Soldat, der letzt-
lich den „Deutschen“ aufgefordert habe, näher zu kom-
men. Der Gefangene sei dieser Aufforderung nachgekom-
men und aus der Gruppe sei sinngemäß „der Spruch“
gefallen, dass er sich wohl die falsche Seite ausgesucht
habe. Daraufhin habe der Gefangene aufgeschaut. Im Ge-
gensatz zu der Darstellung von Murat Kurnaz gab der
Zeuge Nr. 18 an, der amerikanische Soldat habe den Ge-
fangenen aufgefordert, auf den Boden zu schauen, und
damit sei die Kommunikation, die lediglich wenige Se-
kunden gedauert habe, beendet gewesen. Nach seiner Er-
innerung sei sein Gesicht in dieser Situation getarnt ge-

Auch der Zeuge Nr. 1 schilderte vor dem Untersuchungs-
ausschuss eine Begebenheit, in der ein amerikanischer
Soldat den „German“ gerufen habe. Daraufhin sei jemand
aufgestanden, der Deutsch gesprochen und gesagt habe:
„Ja, ich spreche deutsch“. Dieser Gefangene sei an den
Zaun gekommen. In diesem Moment habe er sich wegge-
dreht und sei weggegangen, da er nicht habe erkannt
werden wollen. Er könne sich nicht erinnern, ob diese Be-
gebenheit während seiner Zeit als Besucher des Gefange-
nenlagers oder während seines Streifendienstes im Gefan-
genenlager gewesen sei (Stenografisches Protokoll Nr. 6,
Teil III, S. 58).

Ein anderer Zeuge (Nr. 20) berichtete in seiner Verneh-
mung durch den Ausschuss, er sei zusammen mit anderen
deutschen Soldaten, im Rahmen der Wachunterstützung,
von der amerikanischen Militärpolizei in das Gefange-
nenlager eingewiesen worden. Bei dieser Einweisung
habe ein amerikanischer Soldat einen Inhaftierten aufge-
fordert, an den Zaun zu treten, und diesen als deutschen
Gefangenen vorgestellt (Stenografisches Protokoll Nr. 21,
Teil III, S. 3).

Im Laufe der Zeugenvernehmung gab der Zeuge Nr. 1 an,
er könne sich ziemlich gut daran erinnern, wie der ver-
meintliche Deutsche, der aufgerufen worden sei, aussah.
Dieser habe rötliche Haare und einen etwa fünf Zentime-
ter langen Vollbart gehabt (Stenografisches Protokoll
Nr. 6, Teil III, S. 84). Der Zeuge Nr. 1 erklärte, dass er den
Satz „Du hast dir die falsche Seite ausgesucht“ im Lager
weder beim Besuch noch bei dem Wachdienst gehört
habe (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 59).

Andere Soldaten haben in ihren Zeugenvernehmungen
durch den Untersuchungsausschuss angegeben, von die-
sem Geschehnis gehört zu haben. Der Zeuge Nr. 22 be-
richtete dem Ausschuss, er sei von einem Kameraden in
einem vertraulichen Gespräch informiert worden, dass ei-
nige KSK-Soldaten den vermeintlich deutschen Gefange-
nen sinngemäß mit den Worten „Du hast dir wohl die
falsche Seite ausgesucht.“ im Gefangenenlager angespro-
chen hätten. Er sei der Überzeugung gewesen, dass hier-
von noch weitere Angehörige des KSK gewusst hätten
(Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 68 f.). Er habe
nicht erfahren, ob diese Begebenheit im Rahmen der Wa-
che oder in einem anderen Zusammenhang stattgefunden
habe (Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 76). In
seiner Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft Tübin-
gen gab der Zeuge Nr. 22 zudem an, diese Information in
einem Nebensatz gegen Ende des Einsatzes im Februar
oder März 2002 erhalten zu haben. Der Kamerad, der ihm
hiervon berichtete, sei wohl davon ausgegangen, dies sei
eine allgemein bekannte Tatsache innerhalb des Kreises
der deutschen Kommandosoldaten und sei überrascht ge-
wesen, dass er hiervon nichts gewusst habe (Staats-
anwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 25,
S. 351).

Der am Wacheinsatz beteiligte Zeuge Nr. 32 berichtete
dem Ausschuss, von der genannten Äußerung nach dem
wesen (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 92 f.,
98).

Beginn der Ermittlungen während eines Telefongesprä-
ches in Deutschland gehört zu haben. Ihm habe jemand

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 59 – Drucksache 16/10650

erzählt, die Äußerung sei durch einen Soldaten des KSK
erfolgt (Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 5).

Auch der ebenfalls an der Wache beteiligte Zeuge Nr. 8
gab in seiner Vernehmung durch den Ausschuss an, die
Äußerung: „Du bist wohl auf der falschen Seite gewe-
sen.“ erst nach dem Einsatz in Kandahar gehört zu haben
(Stenografisches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 47).

Der Zeuge Nr. 9 sagte vor dem Untersuchungsausschuss
aus, er sei von einem KSK-Soldaten unterrichtet worden,
dass es während einer Wachverstärkung im Gefangenen-
lager zu einem Austausch von Worten gekommen sei
(Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil III, S. 17).

Hierzu sagte der Zeuge Nr. 20 aus, es sei natürlich da-
rüber gesprochen worden, wer den Ausspruch mit der fal-
schen Seite gemacht habe. Er sei erst wenige Tage in
Deutschland und er könne sich an keinen Kameraden er-
innern, der einen solchen Satz gesagt haben könnte. Der
Zeuge konnte sich des Weiteren nicht daran erinnern, ob
der von der Staatsanwaltschaft Tübingen ursprünglich
Beschuldigte überhaupt bei dem „Wachteam“ dabei ge-
wesen sei (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,
MAT 16 – 8, S. 154/155).

Welcher der Soldaten diesen Ausspruch getätigt hat,
konnte durch den Untersuchungsausschuss nicht eindeu-
tig rekonstruiert werden.

Auch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Tübingen
führten in dieser Frage zu keinem Ergebnis. Zwar konnte
auch die Staatsanwaltschaft im Zuge der Vernehmungen
aufklären, dass der deutsche Gefangene an den Zaun he-
rangerufen und einer Gruppe von deutschen Soldaten ge-
zeigt worden war. Auch sei durch die vernommenen Sol-
daten bestätigt worden, dass einer aus ihrer Gruppe die
Äußerung: „Du bist wohl auf die falsche Seite geraten.“
gemacht habe. Die Staatsanwaltschaft hat aber nicht er-
mitteln können, welcher der Soldaten für diesen Aus-
spruch verantwortlich war. Des Weiteren geht die Staats-
anwaltschaft davon aus, es müsse sich bei der Situation
des Heranrufens an den Zaun um zwei verschiedene Er-
eignisse handeln. Sie habe festgestellt, dass die vernom-
menen Soldaten in zwei verschiedenen Gruppen unter-
wegs waren, sodass es sich um zwei verschiedene
Ereignisse habe handeln müssen (Staatsanwaltschaft Tü-
bingen, Einstellungsverfügung, MAT 16 – 42, S. 6 f.;
Staatsanwaltschaft Tübingen, Pressemitteilung vom
29. Mai 2007, MAT 16 – 41; Dokument Nr. 24).

In der 21. Sitzung des Verteidigungsausschusses am
18. Oktober 2006 berichtete Staatssekretär Dr. Peter
Wichert (BMVg), ein Zeuge habe sich daran erinnert,
dass dem angeblichen Deutschen „Du warst wohl auf der
falschen Seite“ zugerufen worden sei. Einen Wortwechsel
oder gar eine Misshandlung habe es allerdings nach den
bisherigen Aussagen der Soldaten nicht gegeben (Kurz-
protokoll der 21. Sitzung des Verteidigungsausschusses,
18. Oktober 2006, S. 4; MAT 16 – 6, S. 235).

Hinsichtlich der Frage, ob deutsche Soldaten in Kandahar

Aussage eines Zeugen (Nr. 2) vor, die auf eine solche Be-
gegnung mit Murat Kurnaz hinweist. Murat Kurnaz selbst
berichtete bzw. bestätigte zu verschiedenen Zeitpunkten
seiner Vernehmung im Untersuchungsausschuss, dass er
– abgesehen von dem Kontakt zu den beiden beschuldig-
ten Soldaten – keinen Kontakt zu anderen deutschen Sol-
daten gehabt habe (Stenografisches Protokoll Nr. 4,
Teil II, S. 34, 40, 53).

Der Zeuge Nr. 2 berichtete, dass von amerikanischer
Seite die Frage gestellt worden sei, ob man den „deut-
schen Gefangenen“ im Lager befragen wolle. Ein anderer
deutscher Soldat sei daraufhin in das Gefangenenlager
gegangen und habe Verbindung zu Kurnaz aufgenom-
men. Dies habe er ihm erzählt (BMVg, MAT 16 – 14, An-
lage 03, entspricht Ordner 3). Vor dem Untersuchungs-
ausschuss erklärte der Zeuge Nr. 2, dass er nicht wisse, ob
diese von ihm genannte Person Kontakt mit Murat
Kurnaz gehabt habe (Stenografisches Protokoll Nr. 9,
Teil III, S. 30). Er habe lediglich wahrgenommen, dass
diese Person in die Richtung des Gefangenenlagers ge-
gangen sei (Stenografisches Protokoll Nr. 9, Teil III,
S. 35).

Der von dem Zeugen Nr. 2 benannte andere deutsche Sol-
dat (Zeuge Nr. 11) erklärte in seiner Zeugenvernehmung
vor dem Untersuchungsausschuss, dass es nicht zu einer
Begegnung mit dem deutsch sprechenden Gefangenen
gekommen sei. Soweit er sich erinnern könne, sei auch
keine entsprechende Weisung, mit Murat Kurnaz Kontakt
aufzunehmen, ergangen (Stenografisches Protokoll Nr. 9,
Teil III, S. 44).

Ein weiterer Zeuge (Nr. 16) erläuterte, dass er das Gefan-
genenlager aufgesucht habe, um einen deutschen Gefan-
genen anzuhören. Hierzu sei er von amerikanischer Seite
gebeten worden. Ihm sei dann erläutert worden, dass es
sich bei Murat Kurnaz mit großer Wahrscheinlichkeit
nicht um einen Deutschen handele und dieser Gefangene
keinen Deutschen sprechen wolle. Daraufhin habe er das
Gefangenenlager wieder verlassen (Stenografisches Pro-
tokoll Nr. 11, Teil III, S. 25, 31).

3. Körperlicher Kontakt
Gegenstand der Untersuchungen des Ausschusses war
insbesondere vor dem Hintergrund der von Murat Kurnaz
behaupteten Misshandlung durch KSK-Angehörige die
Frage, ob und inwieweit es überhaupt zu körperlichen
Kontakten kommen konnte. Nach den Untersuchungen
des Ausschusses hätte ein Zusammentreffen von Angehö-
rigen des KSK mit Murat Kurnaz mit körperlichem Kon-
takt theoretisch im Rahmen der Wachunterstützung, bei-
spielsweise bei der Verbringung von Gefangenen von A
nach B, im Gefangenenlager stattfinden können. Ein der-
artiger Kontakt konnte jedoch von keinem der vernom-
menen Zeugen bestätigt werden. Hinsichtlich des konkret
von Murat Kurnaz erhobenen Vorwurfs, von Angehörigen
des KSK körperlich misshandelt worden zu sein, stehen
der Aussage von Murat Kurnaz die Aussagen der ver-
nommenen Zeugen, die an der Wachunterstützung teilge-
an einer Vernehmung von Murat Kurnaz teilgenommen
haben, liegt dem Untersuchungsausschuss lediglich die

nommen hatten, sowie die Aussagen anderer Angehöriger
der Bundeswehr entgegen.

daten mit Murat Kurnaz in einer Nacht am Zaun stehend
gesprochen hätten. An einen außergewöhnlichen Vor-
gang, eine Misshandlung von Murat Kurnaz, könne er
sich nicht erinnern (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermitt-
lungsakte, Vermerk vom 29. Januar 2008, MAT 16 – 84).

I. Darstellung des Sachverhaltes
aus der Sicht von Murat Kurnaz

1. Darstellung gegenüber den Medien und
im CIA-Untersuchungsausschuss
Drucksache 16/10650 – 60 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

B. Wurde Murat Kurnaz im Rahmen dieser Kontakte durch Angehörige der Bundeswehr
in seiner körperlichen Integrität beeinträchtigt, und wenn ja, wie und durch wen?

Ob Murat Kurnaz durch Angehörige der Bundeswehr in
seiner körperlichen Integrität beeinträchtigt wurde, kann
nach den Feststellungen des Untersuchungsausschusses
nicht als bewiesen angesehen werden. Die Aussagen von
Murat Kurnaz stehen den Zeugenaussagen der vernom-
menen Soldaten entgegen, die an der Wachverstärkung
beteiligt waren. Das von Murat Kurnaz behauptete Zu-
sammentreffen von ihm mit zwei deutschen Soldaten hin-
ter einem Lastkraftwagen im US-Gefangenenlager in
Kandahar wurde von keinem der vernommenen Soldaten
bestätigt. Alle Zeugen aus dem Bereich der Bundeswehr,
insbesondere diejenigen Soldaten des Kommandos Spe-
zialkräfte (KSK), die an der Wachverstärkung teilgenom-
men haben, bestritten ein solches Zusammentreffen.

Die durch den Verteidigungsausschuss als 1. Untersu-
chungsausschuss vernommenen britischen Mithäftlinge,
Ruhal Ahmed und Asif Iqbal, verfügten über keine Er-
kenntnisse oder Wahrnehmungen über eine Misshandlung
von Murat Kurnaz durch Angehörige der Bundeswehr in
Kandahar. Der Zeuge Ruhal Ahmed befand sich nach ei-
genen Angaben vom 31. Dezember 2001 bis zum 14. Fe-
bruar 2002 im US-Gefangenenlager in Kandahar. Wäh-
rend dieser Zeit wurde der Zeuge mit Murat Kurnaz
zusammen im gleichen Bereich des US-Gefangenenla-
gers festgehalten. Nach eigener Darstellung bestand zwi-
schen dem Zeugen und Murat Kurnaz Kontakt; Kurnaz
habe ein wenig englisch gesprochen, andere Gefangene
demgegenüber nur arabisch; man habe nebeneinander ge-
schlafen und gemeinsam gegessen (Wortprotokoll Nr. 22,
Teil II, S. 7, 8).

Der Zeuge Asif Iqbal wurde nach eigenen Angaben im
Zeitraum Dezember 2001 bis Januar 2002 etwa 14 Tage
im US-Gefangenenlager in Kandahar festgehalten. Er
habe zu Murat Kurnaz in Kandahar keinen Kontakt und
auch keine Kenntnis über einen Deutschen im US-Gefan-
genenlager gehabt (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 26, 27,
29).

Während seiner staatsanwaltlichen Vernehmung benannte
der Zeuge Asif Iqbal auf Nachfrage den weiteren Mithäft-
ling Shafiq Rasul. Der Mithäftling Shafiq Rasul, den die
Staatsanwaltschaft am 29. Januar 2008 telefonisch be-
fragte, gab an, von Ende Dezember 2001 bis Mitte Januar
2002 mit Murat Kurnaz zusammen in Kandahar gewesen
zu sein. Dabei habe er wahrgenommen, wie deutsche Sol-

standteil der Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft
Tübingen sind (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermitt-
lungsakte, MAT 16 – 9, S. 65 bis 69), zeigen das US-Ge-
fangenenlager in Kandahar. Hinsichtlich der Datierung
der Fotoaufnahmen teilte das Bundesministerium der Ver-
teidigung mit, dass die bezeichneten fünf Fotos am 5. Ja-
nuar 2002 oder kurz zuvor von einem Angehörigen des
1. Kontingents in seiner Eigenschaft als zuständiger Feld-
webel für „optronische Spezialaufklärung“ dienstlich ge-
fertigt worden seien (Schreiben BMVg vom 6. November
2007, MAT 16 -76). Auf zwei Fotos sind einzelne Last-
kraftwagen, größere Bagger sowie ein Gabelstapler zu er-
kennen. Alle Fahrzeuge befinden sich außerhalb des US-
Gefangenenlagers.
Auf einem im stern, Ausgabe Nr. 41/2006 auf Seite 42,
abgedruckten Foto, das nach der Kommentierung den
US-Stützpunkt bei Kandahar Anfang 2002 zeigen soll
(MAT 16 – 19), ist nach Überprüfung durch die Staatsan-
waltschaft Tübingen auf dem vergrößerten Foto eindeutig
ein LKW innerhalb des US-Gefangenenlagers zu erken-
nen.
Die Staatsanwaltschaft Tübingen kommt nach weiterer
Überprüfung dieses Fotos durch einen Abgleich mit den
bereits genannten Fotografien auf Seite 65 und 66 ihrer
Ermittlungsakten (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermitt-
lungsakte, MAT 16 – 9) zu dem Schluss, dass aufgrund zu
erkennender weiterer Baumaßnahmen im und am US-Ge-
fangenenlager das im stern abgedruckte Foto später ent-
standen sein müsse (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermitt-
lungsakte, MAT 16 – 24, S. 124).
Des Weiteren wurde im Magazin DER SPIEGEL in der
Ausgabe 36/2007 vom 3. September 2007 unter der Über-
schrift „Die Nacht von Kandahar“ ein Foto mit dem Hin-
weis „Lastwagen im Gefangenenlager in Kandahar“ ver-
öffentlicht. Auf dem Foto ist ein LKW innerhalb des US-
Gefangenenlagers zu sehen. Der SPIEGEL-Artikel ent-
hält keine Angaben über den Zeitpunkt der Aufnahme
(MAT 16 – 66).
Murat Kurnaz hat in den Medien und in seinen Verneh-
mungen zu seinem Misshandlungsvorwurf eine Vielzahl
von Einzelheiten berichtet, die im Folgenden entspre-
chend den zugrundeliegenden Anlässen dargestellt wer-
den.
Im Rahmen der Untersuchung wurden durch das Bundes-
ministerium der Verteidigung mehrere Fotografien vom
Einsatz des 1. Deutschen Heereskontingents Spezial-
kräfte in Kandahar vorgelegt. Fünf Fotos, die auch Be-

Bereits am 4. Oktober 2006 berichtete der Rechtsanwalt
von Murat Kurnaz, Bernhard Docke, in einer Radiorepor-
tage des Senders Radio Bremen über Misshandlungs-
vorwürfe, die sein Mandant gegenüber zwei Deutschen

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 61 – Drucksache 16/10650

erhebe (Mitschrift der Reportage, Radio Bremen,
4. Oktober 2006, MAT 16 – 5). Danach sei Murat Kurnaz,
wie er ihm geschildert habe, von zwei Deutschen, offen-
sichtlich Soldaten der Bundeswehr, in Camouflage-Uni-
formen mit dem deutschen Abzeichen am Ärmel aufge-
sucht worden. Diese Soldaten hätten ihn angesprochen,
sich über ihn verächtlich gemacht und ihn im Beisein von
US-Soldaten an den Haaren hochgezogen und ihn mit
dem Kopf auf den Boden gestoßen. Rechtsanwalt Bern-
hard Docke betonte, Murat Kurnaz sei in einer wehrlosen
Situation mit auf dem Rücken gefesselten Händen miss-
handelt worden.

Am 5. Oktober 2006 veröffentlichte das Magazin stern in
seiner Ausgabe Nr. 41 ein mehrseitiges Interview mit
Murat Kurnaz unter der Überschrift „Meine vier Jahre in
Guantánamo“ (MAT 16 – 19). Dort antwortete Murat
Kurnaz mit Bezug auf seinen Aufenthalt im Gefangenen-
lager in Kandahar auf die Frage, ob Deutsche in das La-
ger hätten gelangen können (MAT 16 – 19, S. 46):

„Ich war noch keine zwei Wochen dort, da wurde ich
abends hinter zwei Lastwagen geführt. Es hieß, zwei
deutsche Soldaten wollten mich sehen. Sie trugen Ca-
mouflage-Uniformen, das Tarnmuster war aus kleinen
Punkten zusammengesetzt, wie vom Computer gemacht,
und sie trugen die deutsche Flagge am Ärmel. Ich musste
mich hinlegen, die Hände auf dem Rücken gefesselt. Der
eine zog mich an den Haaren hoch. ‚Weißt du, wer wir
sind?‘ Der wollte angeben. ‚Wir sind die deutsche Kraft.‘
(…)“

Weiter im Interviewtext heißt es:

Frage: „KSK? Kommando-Spezialkräfte waren damals
die einzigen deutschen Soldaten in Kandahar.“

Antwort: „Kann sein. Er hat jedenfalls meinen Kopf auf
den Boden geschlagen, und die Amerikaner fanden das
lustig. (…)“

Am 16. Oktober 2006 wurde Murat Kurnaz in der ARD-
Sendung „beckmann“ interviewt (MAT 16 – 4). Weitere
Gäste der Sendung waren seine Mutter Rabiye Kurnaz,
sein Rechtsanwalt Bernhard Docke sowie Siegfried Kau-
der, Vorsitzender des 1. Untersuchungsausschusses der
16. Wahlperiode (sog. BND-Untersuchungsausschuss),
und der Journalist Hans Leyendecker.

Murat Kurnaz schilderte in der Sendung zu seiner Gefan-
genschaft in Kandahar, er habe sich an den Maschen-
drahtzaun begeben müssen, dann seien zwei andere Sol-
daten mit anderen Uniformen als die der US-Soldaten
herangetreten. Bei näherem Hinsehen habe er die deut-
sche Flagge auf der Uniform sehen können. Die akzent-
frei deutsch sprechenden Soldaten hätten zu ihm gesagt,
er habe sich wohl die falsche Seite ausgesucht und solle
auf den Boden sehen, dann habe er wieder zurückgehen
dürfen. Ein paar Minuten später sei er aufgefordert wor-
den, sich für das sogenannte Escort-Team bereitzuhalten.
Unter „Escort-Team“ seien diejenigen US-Soldaten zu
verstehen gewesen, die die Gefangenen fesselten und

nen Lastwagen gebracht worden. Dort habe man ihn auf
sein Gesicht fallenlassen, dann sei einer der Deutschen
gekommen, die Amerikaner seien zurückgetreten und der
deutsche Soldat habe ihn an den Haaren festgehalten, den
Kopf hochgezogen und gefragt, ob er wisse, wer sie
seien. Der deutsche Soldat habe darauf hin gesagt, sie
seien „das deutsche Kraft … KSK“. Sodann habe der Sol-
dat seinen Kopf auf den Boden geschlagen. Die Amerika-
ner und die beiden Soldaten hätten dies lustig gefunden
und gelacht. Danach sei er noch getreten worden, ohne zu
wissen, wer von den beiden deutschen Soldaten es gewe-
sen sei.

Am 22. November 2006 wurden Murat Kurnaz und sein
Rechtsanwalt Bernhard Docke vor dem sogenannten
CIA-Untersuchungsausschuss des Europäischen Parla-
ments in Brüssel angehört (MAT 16 – 13; Dokument
Nr. 9). Im Einzelnen schilderte Murat Kurnaz dort eben-
falls, dass er von amerikanischen Soldaten aufgerufen
worden sei, sich dem Zaun zu nähern. Er habe dann zwei
Amerikaner und zwei deutsche Soldaten wahrgenommen
und den deutschen Soldaten in die Gesichter gesehen. Er
sei davon ausgegangen, dass sie Fragen stellen würden
und wahrscheinlich helfen könnten. Stattdessen sei ihm
gesagt worden, er habe sich die falsche Seite ausgesucht
und er solle auf den Boden sehen. Danach habe er wieder
zurückgehen können. Nach einer kurzen Zeit sei er dann
aufgefordert worden, sich für das sogenannte Escort-
Team bereitzuhalten. Er sei dann hinter einen Militärlast-
wagen geführt worden, wo sich bereits die beiden deut-
schen Soldaten befunden hätten. Von den Amerikanern
sei er den beiden deutschen Soldaten, mit den Händen auf
dem Rücken zu Boden geworfen, überlassen worden. Ei-
ner der deutschen Soldaten habe ihn an den Haaren gehal-
ten, den Kopf hochgezogen und gefragt, ob er wisse, wer
sie seien. Der Soldat habe gesagt: „Wir sind das KSK.“
und seinen Kopf auf den Boden geschlagen. Danach sei
er getreten worden. Er wisse jedoch nicht, ob es derselbe
Soldat gewesen sei, der seinen Kopf auf den Boden ge-
schlagen habe. Alle hätten gelacht und es lustig gefunden.
Im Anschluss sei er wieder durch das „Escort-Team“ zu-
rückgebracht worden. Fragen seien ihm nicht gestellt
worden.

Im weiteren Verlauf der Anhörung bekräftigte Murat
Kurnaz nochmals, dass die deutschen Soldaten gesagt
hätten, sie seien das KSK. Er habe die deutsche Flagge
auf deren Uniform gesehen und sei sich ganz sicher, dass
es das KSK gewesen sei, er habe keinen Zweifel.

In seinem Buch „Fünf Jahre meines Lebens“, erschienen
im April 2007, führt Murat Kurnaz unter anderem auf den
Seiten 68 bis 71 zu diesem Geschehensablauf aus:

„(…) ‘053, get ready!‘ Ich sah mich um. Es war dunkel.
Ich ging zum Zaun. Nicht weit davon entfernt standen,
neben den Amerikanern, zwei Soldaten in der Dunkelheit,
die andere Uniformen trugen. Das fiel mir sofort auf. Ich
hatte solche Uniformen im Lager noch nie gesehen. Ich
sah mir diese beiden Soldaten an und erkannte die deut-
schen Farben, die sie seitlich an den Armen trugen. Deut-
zum Verhör abführten. Er, Murat Kurnaz, habe sich auf
den Boden legen müssen, sei gefesselt und dann hinter ei-

sche Soldaten? Waren das die Deutschen, auf die ich ge-
hofft hatte? Doch irgendwie hatte ich nicht das Gefühl,

Drucksache 16/10650 – 62 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

dass diese beiden Soldaten mich hier rausholen und nach
Hause bringen würden. Aber vielleicht gab es ja eine
Möglichkeit, eine Nachricht nach Deutschland zu über-
mitteln. ‚That‘s him. That‘s the German guy‘, sagte einer
der Amerikaner. The German guy. Waren sie meinetwe-
gen hierhergekommen? Jetzt konnte ich die beiden Solda-
ten mit der deutschen Flagge auf den Schulterstücken er-
kennen. Einer hatte dunkle Haare, der andere war blond
und etwas kräftiger. Ich konnte ihre Gesichter sehen. Sie
nickten mit dem Kopf und sahen mich an. ‚Falsche Seite
ausgesucht. Guck auf den Boden!‘, sagte der Dunkelhaa-
rige. Sonst sagten sie nichts. Sie fragten nichts, sie woll-
ten nichts weiter von mir. Ich setzte mich wieder auf mei-
nen Platz. Nach einer halben Stunde wurde meine
Nummer erneut aufgerufen. Ich legte mich auf den
Bauch, Hände auf den Rücken, die Ketten wurden ange-
legt. Das Escort-Team führte mich jetzt zu einem Militär-
lastwagen. Hinter diesem Lastwagen standen die beiden
deutschen Soldaten. Warteten sie auf mich? Was wollten
sie? Wollten sie mir vielleicht doch helfen? Das Escort-
Team warf mich vor ihnen auf den Boden. Ich hörte, wie
die Amerikaner zurücktraten. Der Dunkelhaarige kam auf
mich zu. Er beugte sich zu mir herab und zog mich an den
Haaren. Er hob meinen Kopf hoch und drehte ihn, sodass
wir uns in die Augen sahen. ‚Weißt du, wer wir sind?‘,
schrie er mich an. Soldaten aus Deutschland, dachte ich.
‚Wir sind die deutsche Kraft, das KSK!‘, brüllte er. Ich
sagte nichts. Das war kein guter Moment für ein Ge-
spräch. Ich lag, die Hände auf dem Rücken, vor ihm im
gefrorenen Dreck, und er hielt meinen Kopf in seiner
Hand. Dann schlug er ihn, die Nase voran, auf den Bo-
den. Der Deutsche richtete sich auf. Ich spürte einen Tritt.
Einer der beiden hatte mich in die Seite getreten, ich hatte
nicht sehen können, wer es war. Sie waren nicht gekom-
men, um mir zu helfen. Die deutschen Soldaten lachten.
Ich hörte, wie auch das Escort-Team in einiger Entfer-
nung zu lachen begann. Dann entfernten sich die Deut-
schen. Sie ließen mich so liegen. Das Escort-Team kam,
hob mich auf und führte mich in den Verschlag zurück.
Ich saß wieder auf meinem Platz, mein Kopf brummte,
mir war schlecht, und meine Nase war blutig. Ich fragte
mich, warum sie mich so behandelt hatten. Die Amerika-
ner folterten mich, weil ich gestehen sollte, ein Terrorist
zu sein. Aber die Deutschen? Warum taten sie das? Hass-
ten sie mich, weil ich Türke war? Aber vielleicht hatte al-
les sein Gutes. Vermutlich würden sie den Vorfall melden.
Nicht, dass sie mich geschlagen hatten, aber dass sie mich
im Lager getroffen hatten. Sie mussten den deutschen Be-
hörden von mir erzählen. Dann wüsste nicht nur meine
Familie, dass ich in einem Militärlager der Amerikaner in
Kandahar gefangen war. Am selben Abend sah ich sie
noch einmal. Die KSK-Leute patrouillierten mit den ame-
rikanischen Soldaten im Lager. Als sie sich unserem Ver-
schlag näherten, erkannte ich, wie der blonde KSK-Soldat
den Amerikanern seine Maschinenpistole zeigte. Es war
ein ganz anderes Gewehr als das M16, das die Amerika-
ner trugen. Der Deutsche führte ihnen die Waffe vor. Er
legte das Gewehr an und zielte auf uns. Jetzt konnte ich
erkennen, dass es ein Lasergerät hatte, wie eine Zielvor-

blieb. Der KSK-Soldat war nur wenige Meter von uns
entfernt und zielte auf unsere Köpfe. Die Amerikaner
schienen fasziniert. Der Laserpunkt wanderte von Stirn
zu Stirn. Andere Soldaten kamen hinzu und waren be-
geistert. (…)“

2. Aussagen von Murat Kurnaz
vor der Staatsanwaltschaft

Zur Aufklärung des Sachverhaltes vernahm die Staatsan-
waltschaft Tübingen Murat Kurnaz sowohl am 15. No-
vember 2006 als auch am 28. Dezember 2006 als Zeugen
(Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,
MAT 16 – 9). Zum Ablauf der behaupteten Misshandlung
durch deutsche Soldaten in Kandahar schilderte er bei der
Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft Tübingen am
15. November 2006 im Wesentlichen, dass er durch die
Amerikaner von der anderen Seite des Zaunes aus aufge-
fordert worden sei, sich ihnen zu nähern. Nachdem er die-
ser Aufforderung nachgekommen sei, habe er bemerkt,
dass neben den beiden amerikanischen Soldaten zwei
weitere Soldaten mit deutschen Abzeichen auf den Uni-
formen gestanden hätten. Als er diese Soldaten ange-
schaut habe, sei er von einem der beiden Soldaten mit den
Worten angesprochen worden, dass er sich die falsche
Seite ausgesucht habe und auf den Boden schauen solle;
danach habe er wieder zurückgehen dürfen.

Murat Kurnaz erwähnte, dass er zu dem genauen Zeit-
punkt nichts sagen könne. Die Gefangenen hätten die
Uhrzeit nicht erfahren und auch nicht danach fragen dür-
fen. Er berichtete weiter, dass er ca. 15 Minuten später
nochmals aufgefordert worden sei, er solle sich für das
sogenannte Escort-Team fertig machen. Das „Escort-
Team“ habe die Aufgabe gehabt, die Gefangenen zum
Verhör oder zum Flugzeug abzuführen. Dazu hätten sich
die Gefangenen auf den Boden, mit den Händen auf dem
Rücken, legen müssen und seien mit Handschellen gefes-
selt worden. Er sei durch das „Escort-Team“ hinter einen
Militärlastwagen geführt worden, der in der Nähe gestan-
den habe. Sie hätten ihn mit dem Gesicht nach unten auf
den Boden gelegt und seien zurückgetreten. Dort hätten
dieselben zwei deutschen Soldaten gewartet. Der Soldat,
der ihn bereits vorher angesprochen hatte, habe ihn an
seinen Haaren gezogen und sein Gesicht zu sich gedreht,
sodass er ihm ins Gesicht habe schauen müssen. Dieser
habe ihn gefragt, ob er wisse, wer sie seien. Der Soldat
habe gesagt, sie seien die deutsche Kraft, KSK. Er habe
seinen Kopf auf den Boden geschlagen und einer von den
beiden Soldaten habe ihn danach getreten. Er sei sich
nicht sicher, ob es der Soldat gewesen sei, der seinen
Kopf auf den Boden geschlagen habe; er sei aber von
einem der beiden Soldaten getreten worden. Alle anwe-
senden Soldaten hätten dies lustig gefunden und gelacht.
Das „Escort-Team“ habe ihn danach wieder zurück-
gebracht (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,
MAT 16 – 9, S. 35 f.).

Zur Frage der zeitlichen Eingrenzung der erhobenen
Misshandlungsvorwürfe berichtete Murat Kurnaz ergän-
richtung. Ich sah, wie ein roter Punkt durch die Dunkel-
heit wanderte und auf den Köpfen der Gefangenen stehen

zend, dass er im Dezember 2001, kurz vor Weihnachten,
in das Lager nach Kandahar gebracht worden sei. Die

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63 – Drucksache 16/10650

Misshandlung habe innerhalb der ersten zwei Wochen im
Januar stattgefunden. Weihnachten habe er dadurch wahr-
genommen, dass sich einige Soldaten mit „Happy Christ-
mas“ begrüßt hätten (Staatsanwaltschaft Tübingen, Er-
mittlungsakte, MAT 16 – 9, S. 36).

Weiterhin befragte ihn die Staatsanwaltschaft, welcher
sprachliche Terminus richtig sei: Im stern-Artikel habe er
gesagt, dass die beiden deutschen Soldaten „look down“
befohlen hätten. Nach seiner Aussage bei der staatsan-
waltlichen Vernehmung hätten die Soldaten zu ihm ge-
sagt, er solle auf den Boden schauen. Hierzu erläuterte
Murat Kurnaz, dass in Kandahar die Soldaten nicht hätten
angesehen werden dürfen. Wenn ihnen ins Gesicht
geschaut worden sei, hätten diese gesagt: „Look down.“
Der deutsche Soldat habe ihm genau dies auf Deutsch ge-
sagt (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,
MAT 16 – 9, S. 39).

Des Weiteren schilderte Murat Kurnaz, dass es sich bei
dem fraglichen Lastwagen um einen Militärlastwagen ge-
handelt habe, der mit einem Tank versehen gewesen sei.
Dieser Tank habe zur Entleerung der Toiletten gedient.
Dieser Lastwagen habe sich innerhalb des Gefangenenla-
gers, aber außerhalb des „Nato-Drahtzaunes“ bewegt. Der
Lastwagen sei ihm deshalb bekannt gewesen (Staats-
anwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 9,
S. 40). Das Geschehen hinter dem Lastwagen habe etwa
drei Minuten gedauert. Derjenige, der seinen Kopf auf
den Boden geschlagen habe, sei auch derjenige gewesen,
der vorher zu ihm gesagt habe, dass er auf den Boden
schauen solle und sich die falsche Seite ausgesucht habe
(Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,
MAT 16 – 9, S. 42).

Zum Aussehen der beiden deutschen Soldaten erläuterte
Murat Kurnaz, dass der Soldat, der ihn misshandelt habe,
ca. 178 cm bis 180 cm groß, sportlich und zwischen
80 und 85 kg schwer gewesen sei. Er habe dunkle kurze
Haare gehabt. Ob er eine Kopfbedeckung getragen habe
oder nicht, wisse er nicht mehr. Der Soldat habe keinen
Bart und keine Brille getragen. Er sei zwischen 25 und
35 Jahre alt gewesen. Auffälligkeiten, wie Narben oder
Tätowierungen oder einen Akzent, habe er nicht bemerkt.
Zur Augenfarbe könne er nichts sagen; Ohrschmuck habe
er nicht gesehen.

Über den zweiten Soldaten berichtete Murat Kurnaz, dass
dieser ungefähr genauso groß, aber kräftiger und schwe-
rer als der erstgenannte Soldat gewesen sein soll. Er habe
dunkelblonde, kurze Haare gehabt. Er sei älter als
28 Jahre gewesen. Der Soldat habe keinen Bart und keine
Brille getragen. Auch bei diesem seien keine Auffällig-
keiten von ihm bemerkt worden. Nach seiner Erinnerung
könnte der Soldat blaue Augen gehabt haben (Staats-
anwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 9,
S. 43).

Zur Bekleidung der Soldaten erklärte Murat Kurnaz, dass
beide Soldaten die gleiche Uniform getragen hätten. Die
Uniformen hätten sich von denen der Amerikaner unter-
schieden. Es seien Camouflage-Uniformen für die Wüste,

die Hosen in den Stiefeln trugen, er sei sich aber nicht
mehr ganz sicher. Die beiden Soldaten hätten Militär-
boots getragen.

Murat Kurnaz berichtete weiter, dass sich auf den Ärmeln
deutsche Hoheitsabzeichen in den Farben rot, schwarz,
gelb befunden hätten. Wo genau an den Ärmeln sich diese
Hoheitsabzeichen befanden, wisse er heute nicht mehr.
An Dienstgradabzeichen könne er sich nicht mehr erin-
nern (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,
MAT 16 – 9, S. 44).

Nach Vorlage einer Lichtbildmappe mit mehreren ver-
schiedenen Uniformmustern durch die Staatsanwaltschaft
Tübingen erklärte Murat Kurnaz, es handele sich um die
Uniformen wie sie auf Bild 2 und 9 dargestellt seien. Er
sei sich jedoch nicht sicher, da er in den letzten Jahren
viele Uniformen gesehen habe (Staatsanwaltschaft Tü-
bingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 9, S. 44).

Nach den Feststellungen der Staatsanwaltschaft Tübingen
handelt es sich bei den von Murat Kurnaz aus der Licht-
bildmappe bezeichneten Uniformen bei Bild 2 und bei
Bild 9 jeweils um ein deutsches Uniformmuster (KSK).
Insgesamt enthielt die Lichtbildmappe zehn Bilder
(Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,
MAT 16 – 9, Blatt 54 bis 63) mit deutschen, amerikani-
schen, belgischen, niederländischen, polnischen, engli-
schen, dänischen und kanadischen Uniformmustern.

Auf eine entsprechende Frage erklärte Murat Kurnaz, er
sei sicher, dass auch die Wachsoldaten auf den Wachtür-
men das Geschehen hinter dem Lastwagen hätten
beobachten können. Ob die Misshandlungen auch von
den Zelten aus zu beobachten gewesen seien, könne er
nicht sagen. Im Gefangenenzelt hätten andere Häftlinge
Mitleid mit ihm gehabt; diese hätten jedoch arabisch ge-
sprochen, sodass er sie nicht habe verstehen können. Die
Gefangenen hätten auf jeden Fall gesehen, dass seine
Nase geblutet habe (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermitt-
lungsakte, MAT 16 – 9, S. 44).

Murat Kurnaz schilderte, dass er ganz sicher sei, dass die
beiden Soldaten bewaffnet im Lager patrouillierten. Spä-
ter in der Nacht habe er die beiden Soldaten noch einmal
gesehen, als einer der Soldaten den Laser vorgeführt
habe. Der Soldat, der ihn misshandelt habe, habe eine
Waffe ohne und der andere Soldat eine mit Lasereinrich-
tung bei sich geführt. Diese habe der deutsche Soldat den
Amerikanern vorgeführt und dabei seinen Laser auch auf
Gefangene gerichtet (Staatsanwaltschaft Tübingen, Er-
mittlungsakte, MAT 16 – 9, S. 44, 45, 47).

Um die Geschehnisse zu verdeutlichen, fertigte Murat
Kurnaz eine Skizze an. Aus der Skizze ergeben sich der
Standort des Lastkraftwagens, die Standorte der US-Sol-
daten und der deutschen Soldaten sowie seine eigene
Position (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,
MAT 16 – 9, Blatt 52). Ergänzend wurden dem Zeugen
durch die Staatsanwaltschaft Tübingen fünf Lichtbilder
vom US-Gefangenenlager in Kandahar vorgelegt. Nach
Aufforderung zeichnete er auf Bild B zwei farbige Mar-
kierungen ein. Der eingezeichnete Kreis weist auf die
u. a. mit den Farben braun und grün, gewesen. Sie hätten
ausgesehen wie „computergemacht“. Er glaube, dass sie

Stelle am Nato-Drahtzaun hin, wo die behauptete erste
Begegnung stattgefunden haben soll. Die Position, an der

Drucksache 16/10650 – 64 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

der Lastwagen gestanden haben könnte, wurde von ihm
mit einem X gekennzeichnet (Staatsanwaltschaft Tübin-
gen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 9, S. 65 bis 69).
Murat Kurnaz wurde auch vorgehalten, er habe im stern-
Interview (stern, Nr. 41, 5. Oktober 2006, MAT 16 – 19)
gesagt: „Weißt du wer wir sind? Wir sind die deutsche
Kraft.“. In der ARD-Sendung „beckmann“ habe er die
Formulierung wie folgt ergänzt: „Weißt du wer wir sind?
Wir sind die deutsche Kraft, KSK“ (Mitschrift, Interview
Murat Kurnaz, ARD-Sendung, beckmann, 16. Oktober
2006, MAT 16 – 4). Hierzu erklärte er, dass solche Fehler
bei Interviews passieren könnten. Er habe auf jeden Fall
dem stern-Reporter gesagt, dass es sich bei den Soldaten
um KSK-Soldaten gehandelt habe. Der eine Soldat, der
ihn misshandelt habe, habe zu ihm gesagt, dass sie die
deutsche Kraft, KSK, seien (Staatsanwaltschaft Tübin-
gen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 9, S. 48).
Muraz Kurnaz erklärte des Weiteren, dass er die beiden
Soldaten wiedererkennen würde. Er sei sich ganz sicher,
dass es zwei deutsche Soldaten gewesen seien, da sie die
deutsche Flagge am Ärmel getragen und ein gutes
Deutsch gesprochen hätten (Staatsanwaltschaft Tübingen,
Ermittlungsakte, MAT 16 – 9, S. 45).
Im zweiten Vernehmungstermin am 28. Dezember 2006
wurde Murat Kurnaz von der Staatsanwaltschaft Tübin-
gen eine mit Datum vom 18. Dezember 2006 erstellte
Wahllichtbildmappe mit Personenaufnahmen vorgelegt.
Dabei handelte es sich um Fotografien der Soldaten, die
an der Wachverstärkung teilgenommen haben, sowie um
Fotografien von 34 weiteren unbeteiligten Soldaten.
Murat Kurnaz führte aus, dass es sich nach Durchsicht
der vorgelegten 48 Bilder bei der auf Bild Nr. 10 abgebil-
deten Person um die in seiner letzten Vernehmung be-
schriebene dunkelhaarige Person handeln dürfte. Er er-
kenne diese auf Grund des Gesamterscheinungsbildes
und des Gesichtes. Er könne es aber nicht hundertprozen-
tig sagen, weil er nicht einen Unschuldigen verdächtigen
wolle. Den hellhaarigen Soldaten könne er auf den ihm
vorgelegten Bildern nicht wieder erkennen (Staatsanwalt-
schaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 9, S. 89).
Zu seinen bisher gemachten Aussagen gegenüber der
Staatsanwaltschaft Tübingen führte Murat Kurnaz zur
Frage, ob Fahrzeuge in das Lager gelangt seien, ergän-
zend aus, dass fast jeden Tag ein LKW in das Lager ge-
fahren sei. Mit dem LKW, der mit einem Tank versehen
war, seien die Fäkalien entsorgt worden. Die Fäkalien
hätten sich in einem Eimer befunden, der in den beigen
Metallboxen gestanden habe. Die Eimer seien dann,
meistens durch Gefangene, zum LKW getragen und dort
entleert worden. Die Fäkalienentsorgung sei zunächst
mittels eines LKW erfolgt; das „shit-burning“ habe erst
später stattgefunden (Staatsanwaltschaft Tübingen, Er-
mittlungsakte, MAT 16 – 9, S. 89, 90).

3. Vernehmung vor dem Verteidigungs-
ausschuss als 1. Untersuchungs-
ausschuss

suchungsausschuss als Zeugen vernommen. Rechts-
anwalt Docke berichtete über den Zeitpunkt, zu dem er
zum ersten Mal von den Misshandlungsvorwürfen erfah-
ren habe, dass dies nach der Rückkehr seines Mandanten
nach Deutschland gewesen sei. Die Beschuldigung sei
erstmals in dem Interview mit dem Magazin stern kon-
kretisiert worden. Murat Kurnaz habe seinem amerikani-
schen Rechtsanwalt Baher Azmy gegenüber die „Epi-
sode“ aus Kandahar, dass er mit deutschen Soldaten
zusammengetroffen sei, nicht erwähnt. Aus der Sicht von
Murat Kurnaz wäre dies auch eine Angelegenheit gewe-
sen, die sich mehr am Rande seines ganzen Martyriums
abgespielt habe (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil II,
S. 12 ff.).

Hinsichtlich der erhobenen Misshandlungsvorwürfe
schilderte Murat Kurnaz den Geschehensablauf in seiner
Vernehmung am 17. Januar 2007 einleitend wie folgt
(Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 32):

„Ich muss am Anfang sagen: Das mit den ganz genauen
Zeitpunkten kann ich leider nicht sagen, weil: Wir haben
keinen genauen Zeitplan gehabt, da wir keine Uhr, gar
nichts besitzen durften.

Meine Begegnung mit deutschen Soldaten ist circa in den
ersten zwei Wochen geschehen. Ich habe damals eine
ISN-Nummer von – – Meine ISN-Nummer ist damals
053 gewesen. Auf Englisch haben sie ‚zero-five-three‘
gesagt.

Wo ich auf meinem Platz gewesen bin, wurde ich von den
Amerikanern aufgerufen. Sie sagten: zero-five-three. Sie
rufen mich auf. Ich sollte mich dem Maschendraht, dem
NATO-Draht, nähern. Ich bin aufgestanden, bin dorthin
gegangen und habe neben den Amerikanern zwei andere
Soldaten – – Es waren noch zwei andere Soldaten dabei,
die die deutsche Flagge auf ihren Uniformen trugen. Als
ich bemerkte, dass es deutsche Soldaten sind, habe ich sie
mir näher angeguckt, natürlich auch mit der Hoffnung,
dass sie mir helfen könnten, dass sie wahrscheinlich ge-
kommen sind, um mir zu helfen oder gute Nachrichten
mitzuteilen oder sonst was. Dann sagte der eine von de-
nen: ‚Falsche Seite ausgesucht, auf den Boden gucken!‘
Nach einer Weile durfte ich wieder zurück auf meinen
Platz.

Circa 15 Minuten später wurde ich noch mal aufgerufen.
Auf Englisch nennen sie das das Escort-Team. Das sind
diejenigen, die mit den Handschellen und Fesseln kom-
men und Sie dorthin bringen, wo auch immer Sie hinmüs-
sen, zum Verhör oder sonst wo. Ich wurde aufgerufen. Ich
sollte mich für das Escort-Team fertig machen. Das heißt,
man muss sich auf den Bauch auf den Boden legen. Dann
kommen sie rein und fesseln. Sie haben mich gefesselt.
Dann brachten sie mich hinter einen Lastwagen, wo die
anderen zwei deutschen Soldaten bereits auf mich warte-
ten.

Das Escort-Team ließ mich auf den Boden, auf den
Bauch, und trat zurück. Dann kam derselbe, der mir be-
reits gesagt hat: ‚Falsche Seite ausgesucht, auf den Boden
Am 17. Januar 2007 wurden Murat Kurnaz sowie sein
Rechtsbeistand, Rechtsanwalt Bernhard Docke, im Unter-

gucken!‘, zog meinen Kopf an meinen Haaren hoch und
sagte: ‚Weißt du, wer wir sind? Wir sind die deutsche

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 65 – Drucksache 16/10650

Kraft, das KSK.‘ – Er brüllte mir das ins Gesicht, schlug
meinen Kopf auf den Boden. Ich spürte einen Tritt. Ich
weiß nicht, ob es derselbe gewesen ist. Dazu kann ich
nichts sagen.

Das war witzig. Das fanden sie alle lustig. Da haben sie
alle zusammen gelacht, auch die Amerikaner. Dann kam
das Escort-Team und brachte mich zurück. Das ist alles.“

Murat Kurnaz erklärte darüber hinaus zu einem späteren
Zeitpunkt der Vernehmung, dass er die beiden deutschen
Soldaten am selben Abend noch patrouillieren gesehen
habe (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 53). Im
Verlauf der weiteren Vernehmung bestätigte Murat
Kurnaz nochmals, dass der Ausspruch: „Wir sind die
deutsche Kraft, das KSK.“ ganz genau so gefallen sei.
Des Weiteren bestätigte er, dass er die deutsche Flagge
auf den Uniformen gesehen habe und er auf Deutsch an-
gesprochen worden sei (Stenografisches Protokoll Nr. 4,
Teil II, S. 33).

Auf Vorhalt, er habe in der ARD-Sendung „beckmann“
(MAT 16 – 4) sowie bei einer Befragung durch die Staats-
anwaltschaft Tübingen (Staatsanwaltschaft Tübingen, Er-
mittlungsakte, MAT 16 – 9) gesagt: „Wir sind das deut-
sche Kraft“, erläuterte Murat Kurnaz (Stenografisches
Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 42):

„Ich habe immer ein Problem mit ‚der, die, das‘ gehabt;
das habe ich immer noch. Es kann sein, dass ich mich hier
mal verspreche, indem ich ‚der, die, das‘ verwechsle. (…)
Mit dem ‚Stern‘-Interview habe ich das erste Mal nach
mehreren Jahren ausdrücklich davon erzählt. Wo ich er-
zählt habe, habe ich kurz aufgehört, habe nachgedacht
und in dem Moment hat derjenige, der mich interviewt
hat, gesagt: Das waren die einzigen, KSK. – Da ist mir
das auch ganz schnell sofort wieder eingefallen. Ich bin
mir heute ganz sicher, dass die das auch so gesagt haben.“

Zu dem Aussehen der von ihm beschuldigten Soldaten
führte Murat Kurnaz aus, dass einer von beiden dunkle
Haare gehabt habe. Der deutsche Soldat mit den helleren
Haaren sei etwas kräftiger gewesen. Die Soldaten hätten
keine sogenannten Sturmhauben und auch keine Bärte ge-
tragen. Der Soldat, der ihn an den Haaren gezogen habe,
sei „auch auf dem Boden gewesen“ und habe seinen Kopf
zu sich gedreht, sodass sie sozusagen „Gesicht zu Ge-
sicht“ gewesen seien. Seine eigenen Haare, erklärte Mu-
rat Kurnaz, seien damals ca. 15 cm lang gewesen (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 35).

Auf Nachfrage nach dem Soldaten, den Murat Kurnaz auf
Fotos der Staatsanwaltschaft als möglichen Täter identifi-
ziert hatte, erklärte er vor dem Untersuchungsausschuss,
soweit er sich erinnern könne, seien ihm von der Staats-
anwaltschaft 48 Bilder von Personen vorgelegt worden.
Er habe die hellhaarigen Personen von denen mit dunklen
Haaren schnell unterscheiden können und sich die Bilder
genau angesehen. Von seinem Gesicht und seinen Augen-
brauen her habe er den Soldaten, der ihn nach seiner Dar-
stellung misshandelt haben soll, erkennen können (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 51). Zur Ausrüstung

dort, wo sie an die Schulter gestützt werde, hohl gewesen.
Sie habe nach einer leichten, schnellen Feuerwaffe ausge-
sehen, nach etwas Besonderem mit Tarnungsfarben. Dar-
über hinaus sei sie mit einer Laserzielvorrichtung ausge-
stattet gewesen, den der Soldat amerikanischen Soldaten
vorgeführt habe. Der Soldat habe bei der Vorführung ei-
nen Laserpunkt auf die Körper der Gefangenen oder auf
die Köpfe unterschiedlicher Gefangener gerichtet (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 35 f.). Zu dem Last-
kraftwagen, hinter den er von dem sogenannten Escort-
Team verbracht worden sei, schilderte Murat Kurnaz dem
Untersuchungsausschuss (Stenografisches Protokoll
Nr. 4, Teil II, S. 37, 38, 48, 45):

„Dieser Lastwagen wurde zum Transport – – In Kandahar
gab es keine Toiletten. Wir mussten Eimer als Toilette be-
nutzen. Diese Eimer wurden schließlich in einem – ich
weiß nicht, wie man das nennt – großen Tank auf dem
LKW ausgeleert. Dieser LKW ist jeden Tag da gewesen.
Er ist ab und zu mal rausgefahren, um ihn zu entleeren,
und ist später wiedergekommen.“

„Irgendwann ganz später haben sie angefangen, das ganze
Zeug zu verbrennen. Das hat dann später stattgefunden,
viele Wochen später.“

„Es ist eine Militärmaschine gewesen. Sie hat sehr große
Reifen gehabt. Dieser Tank ist hinten drauf gewesen.
Mehr kann ich dazu nicht sagen.“

„Ich bin selber öfter verlegt worden und habe diesen
LKW nicht immer beobachten können, dass er rein- und
rausfährt. Aber wenn er im Lager gewesen ist, habe ich es
sehen können, wo immer ich auch gewesen bin. Aber eine
Zeit lang konnte ich beobachten, wenn er herausgefahren
ist, und das ist dann mindestens einmal am Tag gesche-
hen. Es gab auch die Stapler, die rein- und rausgefahren
sind.“

„Er stand nicht immer am selben Platz. Manchmal haben
sie den ein paar Meter weiter vorn oder hinten geparkt.
Aber außer, dass sie die Sachen ausleeren mussten, ist
dieser LKW immer dort gewesen.“

„Ich weiß nicht, ob Sie den ‚Stern‘ schon einmal gesehen
haben, mit dem ich mein Interview gemacht habe. Da
können Sie diesen LKW auf dem Foto im ‚Stern‘ sehen.“

Bezogen auf die angesprochene Fotografie mit dem LKW
erklärte Murat Kurnaz, dass das Foto ihm während des
Interviews vorgelegt worden sei. Er sei gefragt worden,
ob das Lager so ausgesehen habe und wo er gewesen sei.
Dies habe er auf dem Foto gezeigt. Auf Nachfrage, wa-
rum er – Murat Kurnaz – im Magazin stern gesagt habe,
es wären zwei Lastwagen gewesen, erwiderte er:

„Das ist nicht richtig. Ich weiß nicht, wie es zu diesem
Fehler gekommen ist. Es ist ein Lastwagen gewesen.“
(Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 49)

Auf die Frage, ob ihm noch weitere Fotos, auch von
KSK- oder anderen Soldaten, von Reportern des stern ge-
zeigt worden seien, berichtete Murat Kurnaz, es habe sich
der Soldaten schilderte er, dass der Soldat mit der helleren
Haarfarbe eine besondere Waffe geführt habe. Diese sei

um ein paar Fotos gehandelt, die mit dem Lager zu tun
gehabt hätten. Die Fotos seien von derselben Stelle aus

Drucksache 16/10650 – 66 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

aufgenommen worden. Es sei darum gegangen festzustel-
len, wo er im Lager untergebracht gewesen sei und wo
der Vorfall hinter dem LKW stattgefunden habe. Alle Fo-
tos hätten das gleiche Lager gezeigt (Stenografisches Pro-
tokoll Nr. 4, Teil II, S. 49).

Nach Vorlage von zwei Fotos, die Bestandteil der Ermitt-
lungsakte der Staatsanwaltschaft Tübingen auf den Seiten
65 und 66 (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungs-
akte, MAT 16 – 9) sind, erklärte Murat Kurnaz vor dem
Untersuchungsausschuss, dass noch die von ihm mar-
kierte Stelle vorhanden sei, wo er die Soldaten zum ersten
Mal gesehen habe. Des Weiteren verwies er auf die mar-
kierte Stelle, wo er den LKW habe parken sehen und „es
passiert sei“ (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil II,
S. 56).

Auf Nachfrage ergänzte Murat Kurnaz, dass das Foto auf
Seite 65 eine sehr frühe Phase des Lageraufbaus zeige.
Auf dem Foto auf Seite 66 sei eine Holzverstärkung zu
erkennen, die etwas später angebracht worden sei (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 60).

II. Untersuchung der behaupteten
Misshandlungen durch das
Bundesministerium der Verteidigung

Unmittelbar nach Bekanntwerden der Misshandlungsvor-
würfe im Oktober 2006 hat das Bundesministerium der
Verteidigung eine Überprüfung der erhobenen Vorwürfe
eingeleitet.

Die durch das Bundesministerium der Verteidigung
(BMVg) eingesetzte Arbeitsgruppe führte zur Aufklärung
der von Murat Kurnaz erhobenen Vorwürfe Aktenauswer-
tungen, Befragungen, Anhörungen und Vernehmungen
durch. Betroffen waren insbesondere die Angehörigen des
1. Deutschen Heereskontingents Spezialkräfte Enduring
Freedom (1. DtHKtg SpezKr EF) – im Folgenden 1. Kon-
tingent – für den Zeitraum Ende 2001/Anfang 2002.

Die Ermittlungen der Arbeitsgruppe wurden mit der Auf-
nahme der Untersuchung durch den Untersuchungsaus-
schuss eingestellt. Dem Untersuchungsausschuss wurden
30 Anhörungsniederschriften, 78 dienstliche Erklärun-
gen und 14 Erklärungen entlassener Soldaten übersandt
(BMVg, MAT 16 – 14, Anlage 03, entspricht Ordner 3).

Der Untersuchungsausschuss hat die Aktenbestände aus-
gewertet und gelangte zu folgenden Feststellungen:

Die von Murat Kurnaz erhobenen Misshandlungsvor-
würfe wurden nach den Untersuchungen der Arbeits-
gruppe von keinem der in die Untersuchung einbezoge-
nen Soldaten oder ehemaligen Soldaten bestätigt. Ein
Zusammentreffen hinter einem Lastwagen, wie von
Murat Kurnaz beschrieben, wurde von keinem der be-
fragten Soldaten wahrgenommen. Keiner der Soldaten
konnte sich vorstellen, dass eine derartige Misshandlung
stattgefunden haben könnte.

Bei den vernommenen Personen handelt es sich um Sol-

US-Gefangenenlager im Rahmen einer Führung mit ame-
rikanischen Soldaten betreten haben oder um Soldaten,
die das US-Gefangenenlager nur von außen gesehen hat-
ten.

Die Untersuchung der Arbeitsgruppe befasste sich insbe-
sondere mit den Aussagen, die Murat Kurnaz im Rahmen
seines Misshandlungsvorwurfs zu den vermeintlich kon-
kreten Tatumständen gemacht hatte. Hierbei wurden die
Zeugen nach ihrer Bekleidung und Bewaffnung sowie
dem Vorhandensein eines Lastwagens im US-Gefange-
nenlager und nach einem möglichen „Wortwechsel“ mit
Murat Kurnaz hinter einem LKW befragt.

Hinsichtlich der konkreten Frage nach der Existenz eines
Lastwagens innerhalb des US-Gefangenenlagers während
der Wachunterstützung verwiesen die von der Arbeits-
gruppe befragten Teilnehmer an der Wachunterstützung
darauf, dass sich keine Kraftfahrzeuge innerhalb des La-
gers befunden hätten.

1. Bekleidung und Bewaffnung
der Wachverstärkung

Zu den Fragen nach Bekleidung und Bewaffnung wäh-
rend der Wachverstärkung wurden gegenüber der Ar-
beitsgruppe des BMVg im Einzelnen folgende Aussagen
gemacht (BMVg, MAT 16 – 14, Anlage 03, entspricht
Ordner 3):

Zeuge Nr. 3: „Ich meine, dass wir die Hoheitsabzeichen
abgeklebt haben, weil wir von einem Deutschen im Lager
ausgegangen waren. (…) Während der Streife waren wir
mit Gewehr bewaffnet. Wir trugen die deutsche Winter-
flecktarnuniform, keine Tarnmaske, möglicherweise mit
warmen Pullovern drunter. Bei den Dienstgradabzeichen
bin ich mir nicht sicher, ich meine aber schon.“

Zeuge Nr. 1: „Ich trug ausschließlich den vorschriftsmä-
ßigen deutschen Kampfanzug mit Hoheitsabzeichen, aber
ohne Dienstgradabzeichen. Ob es sich um den dreifarb-
oder fünffarb-Tarndruck handelte, weiß ich nicht mehr.
Ob und ggf. welche Kopfbedeckung ich trug, ist mir nicht
mehr erinnerlich. Ich habe weder zivile Bekleidungsstü-
cke noch Uniformteile anderer Nationen getragen. Wäh-
rend meiner Aufenthalte hatte ich keine Gesichtstarnung.
Als Waffe führte ich das G-36 mit.“

Zeuge Nr. 20: „ (…) An unsere Uniform kann ich mich
gut erinnern, wir trugen zu dem Zeitpunkt der Wachver-
stärkung die Wüstentarnuniform, einfach. Hierbei waren
die Hoheitsabzeichen mit Tape abgeklebt.

Der ,digitale Tarndruck‘ der Amerikaner ist in Afghanis-
tan erst jetzt aufgetaucht, 2002 gab es den noch nicht. Mir
fällt nichts ein, was auf die Beschreibung der Uniform im
Stern zu dieser Zeit passen könnte.

An Waffen waren wir vor allem mit dem G-36 ausgerüs-
tet. Ich weiß nicht genau, ob wir schon die verkürzte Ver-
sion dabei hatten. Im Einsatz waren wir immer bewaffnet,
meist mit Pistole. Die Maschinenpistole MP7 war im
daten des 1. Kontingents, die an der Wachunterstützung
innerhalb des US-Gefangenenlagers teilgenommen, das

Kontingent mit dabei, damit lief aber keiner im Lager he-
rum. (…)“

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 67 – Drucksache 16/10650

Zeuge Nr. 23: „(…) Ich habe die grüne Flecktarnuniform
getragen, den Wüstenanzug gab es zu dieser Zeit noch
nicht. Ich habe wie die anderen diese Uniform selbst farb-
lich auf Wüstenfarbe umgemalt. Ich weiß nicht, ob ich bei
dem Wachauftrag eine zivile Jacke darüber getragen
habe. Es wäre aber logisch, wenn wir die zivil beschafften
Jacken (in grün oder schwarz) getragen hätten. Dienst-
gradabzeichen wurden nicht getragen, die Nationalitäts-
farben wurden nicht abgeklebt. Es gab keine Gesichtstar-
nung, wir hatten aber alle Bärte. (…)“

Zeuge Nr. 8: „(…) Während dieses Auftrages trugen wir
normale Wüstentarnuniform, hatten unsere Langwaffe,
d. h. G-36 in Kurzversion dabei, wir trugen möglicher-
weise eine Fleecejacke unter der Uniform und irgendeine
Kopfbedeckung. Bei den anderen weiß ich es nicht mehr
genau. Wir trugen keine Maske, die meisten von uns tru-
gen einen Vollbart, tagsüber Sonnenbrille. Ich habe bei
dieser Gelegenheit niemanden in Erinnerung, der mas-
kiert gewesen wäre, ich kann es jedoch auch nicht aus-
schließen. Namensschilder und Dienstgradabzeichen ha-
ben wir nicht getragen, jedoch das schwarz-rot-goldene
Nationalitätsabzeichen. (…)“

Zeuge Nr. 18: „Wir waren in Bundeswehr-Uniformen,
Tarnuniform gekleidet, während ISAF noch die grünen
Uniformen hatten. Wir trugen keinen Helm, hatten unser
G-36, kurze Version, sowie als ‚back up‘ eine Pistole da-
bei. (…) Wir trugen grundsätzlich keine Dienstgradabzei-
chen. Da wir die normale Uniform trugen, konnten wir je-
doch als deutsche Soldaten identifiziert werden (…).“

Der stellvertretende Kontingentführer des 1. Kontingents
führte aus:

„(…) Wir haben die Flecktarnuniform Wüstendruck ge-
tragen. Computerdruck-Uniformen gibt es bei den Ameri-
kanern jetzt, die sind digital erstellt. Solche Uniformen
gab es aber damals in Kandahar noch nicht. Die amerika-
nische Uniform hatte eher große Flecken, die der Norwe-
ger auch. Die Uniform der Kanadier war eher grün mit
hellblau oder grau, die Uniformen der Kanadier und Neu-
seeländer passen ebenfalls nicht auf die Beschreibung.
Die Dänen hatten eine Uniform, die unserer sehr ähnlich
war. Es ist natürlich nicht auszuschließen, dass Unifor-
men zwischen Soldaten mal getauscht wurden. Die Ame-
rikaner könnten auch deutsche Jacken gehabt haben, so
wie wir schon mal US-Jacken hatten. (…)“ (BMVg,
MAT 16 -14, Anlage 03, entspricht Ordner 3)

2. Fahrzeuge im US-Gefangenenlager
In den Vernehmungen von Soldaten, die das US-Gefange-
nenlager sowohl im Rahmen von Führungen durch ameri-
kanische Soldaten als auch von außen gesehen hatten, er-
klärten diese gegenüber der Arbeitsgruppe, dass sie keine
Kfz im US-Gefangenenlager gesehen hätten. Die Frage,
ob überhaupt ein Fahrzeug aufgrund der baulichen und
räumlichen Gegebenheiten in das US-Gefangenenlager
hätte hineinfahren können, wurde unterschiedlich bewer-
tet.

Tor gehabt, er jedoch das US-Gefangenenlager für nicht
befahrbar gehalten habe. Es sei nicht für Verkehr mit
Fahrzeugen ausgelegt gewesen und er selbst habe dort
auch keine Kraftfahrzeuge gesehen.

3. „Wortwechsel“ hinter einem LKW

Ein weiterer Schwerpunkt der Befragungen durch die Ar-
beitsgruppe des Bundesministeriums der Verteidigung
war der von Murat Kurnaz im Zusammenhang mit der be-
haupteten Misshandlung erfolgte „Wortwechsel“. Von al-
len befragten Soldaten wurde betont, dass sowohl das von
Murat Kurnaz behauptete Zusammentreffen mit ihm hin-
ter einem Lastwagen sowie die Misshandlung als auch
der von ihm beschriebene „Wortwechsel“ nicht bekannt
sei. Die befragten Soldaten wendeten ein, dass ein Aus-
spruch wie „Wir sind das deutsche Kraft, KSK!“ nicht nur
nicht bekannt, sondern auch nicht nachvollziehbar sei.
Die befragten Soldaten wiesen darauf hin, dass der Satz
keinen Sinn ergebe und man nichts damit anfangen
könne. Der Zeuge Nr. 23 formulierte dies so (BMVg,
MAT 16 -14, Anlage 03, entspricht Ordner 3):

„Den Spruch ‚Wir sind die deutsche Kraft.‘ verstehe ich
nicht. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die Ameri-
kaner einen Gefangenen nur auf Bitte hin vorgeführt hät-
ten. Im Lager hatten ganz eindeutig die Amerikaner das
Sagen, wir waren nur zur Unterstützung dort. Eine solche
‚Gefälligkeit‘ halte ich für ausgeschlossen. Da sind die
Amerikaner sehr ‚straight‘ und fahren nur ihre eigene
Schiene.“

Der Zeuge Nr. 18 äußerte sein Unverständnis und einen
möglichen Erklärungsversuch mit folgenden Worten
(BMVg, MAT 16 -14, Anlage 03, entspricht Ordner 3):

„(…) Der Spruch: ‚Wir sind die deutsche Kraft.‘ ist so
dumm, dass ich ihn mir nicht vorstellen kann. Die Gefan-
genen waren ‚arme Kreaturen‘, deren nähere Lebensum-
stände wir nicht kannten. Ich kann mir daher ein Verhal-
ten, wie es von Herrn Kurnaz beschrieben wird,
eigentlich nicht vorstellen. Im Zuge der Kommandoaus-
bildung wird jeder Kommandoanwärter mit einer mögli-
chen Gefangennahme und den dann folgenden Verhörme-
thoden konfrontiert. Ich könnte mir vorstellen, dass, wenn
die Aussage des Herrn Kurnaz überhaupt stimmt, es eine
Verhörmethode ist, dem Gefangenen zu vermitteln, dass
auch sein Vaterland kein Interesse an ihm hat und ihn so-
mit in eine ‚aussichtslose Verfassung‘ zu bringen. Um im
Zuge weiterer Vernehmungen Informationen von dem
Gefangenen zu erhalten. Möglicherweise hat man ihm
deutsche Soldaten vorgespielt, um ihn zu verunsichern
und um ihm zu zeigen, dass die Deutschen nicht an ihm
interessiert sind.“

Der Zeuge Nr. 8 schilderte sein Unverständnis mit folgen-
den Sätzen (BMVg, MAT 16 -14, Anlage 03, entspricht
Ordner 3):

„Den Ausspruch ‚Wir sind die deutsche Kraft.‘‚ halte ich
für einen kompletten Schmarrn. Das klingt nach einem
Der stellvertretende Kontingentführer des 1. Kontingents
schilderte, dass das US-Gefangenenlager zwar ein großes

Amerikaner, der halbwegs gut Deutsch spricht und ver-
sucht ‚German Force‘ zu übersetzen.“

Drucksache 16/10650 – 68 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

III. Ermittlungsergebnisse der
Staatsanwaltschaft Tübingen

Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsaus-
schuss hat auch die Ermittlungsakten der Staatsanwalt-
schaft Tübingen beigezogen und die dort gemachten Zeu-
genaussagen ausgewertet. Durch die Staatsanwaltschaft
Tübingen wurden 12 Soldaten des KSK, die an der Wach-
verstärkung teilgenommen hatten, sowie weitere Soldaten
vernommen. Im Einzelnen enthalten die Aussagen Anga-
ben zur Bekleidung und Bewaffnung der Soldaten der
Wachverstärkung, Aussagen zur möglichen Existenz von
Fahrzeugen im US-Gefangenenlager und die Umstände
um den eigentlichen Misshandlungsverlauf.

1. Aussagen der an der Wachverstärkung
beteiligten Soldaten

a) Bekleidung, Aussehen und Bewaffnung
der Wachverstärkung

Zur Frage der Bekleidung und des Aussehens wurden aus
dem Kreis der Teilnehmer an der Wachverstärkung ver-
schiedene Aussagen gemacht. Von mehreren Zeugen
wurde berichtet, dass während der Wachverstärkung die
Wüstentarnuniform getragen wurde, die auf den Bildern 2
und 9 der Lichtbildmappe der Staatsanwaltschaft Tübin-
gen zu sehen sei. Darüber hinaus erklärten mehrere Zeu-
gen, dass die Hoheitszeichen – die deutsche Flagge – an
den Uniformarmen gut zu erkennen gewesen wären. Ei-
nige Soldaten – wie z. B. Zeuge Nr. 14 (Staatsanwalt-
schaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 8, S. 93) –
wiesen darauf hin, dass sie die Hoheitszeichen an ihren
Uniformen mit einer Art Schlämmkreide übermalt hätten.
Der Zeuge Nr. 5 berichtete, er habe – wie seine Kamera-
den auch – das Hoheitszeichen mit einer sogenannten
Tarnfarbe, braun oder grün, überstrichen. Das Hoheitszei-
chen selbst sei in seinen Grundfarben noch sichtbar gewe-
sen. Er sei ihm dabei nur darum gegangen, dass das Ho-
heitszeichen nicht so leuchte (MAT 16 – 8, S. 126). Der
Zeuge Nr. 20 berichtete, dass er die Hoheitsabzeichen an
der Wüstentarnuniform mit „Tape“ abgeklebt habe, also
nicht als deutscher Soldat zu erkennen gewesen wäre
(MAT 16 – 8, S. 150). Nach der Aussage des Zeugen Nr. 8
habe man die Wüstentarnuniform getragen, die von den
einzelnen Soldaten teilweise unvollständig bzw. ergänzt
getragen worden sei. Er persönlich habe die Wüstentarn-
hose und, so glaube er, auch den Wüstentarnparka getra-
gen (MAT 16 – 8, S. 110). Der Zeuge Nr. 30 war sich ab-
solut sicher, dass er die Flaggen auf seiner Uniform
abgeklebt habe. Dies habe den einfachen Grund gehabt,
nicht als Deutscher erkannt zu werden; einige weitere
Soldaten hätten dies auch gemacht (MAT 16 – 8, S. 184).

Die Frage nach ihrem Aussehen während der Wachver-
stärkung beantworteten einzelne Zeugen wie folgt: Der
Zeuge Nr. 27 erklärte dazu, dass er im Januar in Kandahar
während des beschriebenen Wachdienstes einen Vollbart
und auch längere Haare getragen habe. Der Zeuge Nr. 14
berichtete, er selbst habe zu diesem Zeitpunkt, wie die
meisten seiner Kameraden, einen Bart getragen. Aus ein-

und auch die Haare nicht schneiden lassen. Der Zeuge
Nr. 5 beschrieb, dass seine Haare damals länger gewesen
seien und sein Bartwuchs nicht sehr ausgeprägt gewesen
sei. Zum damaligen Zeitpunkt habe er keine Brille getra-
gen. Er sei 174 cm groß und seit Jahren ca. 78 bis 80 kg
schwer (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,
MAT 16 – 8, S. 57, 98, 134).

Zur Frage, ob während des Wacheinsatzes die Vorführung
einer Waffe mit Lasermodul für interessierte amerikani-
sche Soldaten erfolgte, erklärten einige Zeugen überein-
stimmend, dass sie von einer solchen Vorführung keine
Kenntnis hätten bzw. sich nicht an eine Vorführung erin-
nern könnten. Der Zeuge Nr. 18 führte dazu aus, zur re-
gelmäßigen Ausstattung habe eine Waffe mit Lasermodul
gezählt. Das KSK habe eine große Waffenvielfalt und so
sei es möglich, dass einzelne Soldaten auch verschiedene
Waffen bei sich geführt hätten. Die Amerikaner seien im-
mer sehr an deutschen Waffen interessiert gewesen. Wäh-
rend seines Streifenganges seien die Waffen weder durch
ihn noch durch seinen Kameraden vorgeführt worden.

Der Zeuge Nr. 14 erklärte, dass die Waffe zur Standard-
ausrüstung jedes KSK-Soldaten gehöre und es gut vor-
stellbar sei, dass diese bei Interesse seitens eines amerika-
nischen Soldaten kurz erklärt worden sei. Er selbst könne
sich nicht daran erinnern, im Innenbereich des Gefange-
nenlagers seine Waffe einem amerikanischen Soldaten
länger erklärt zu haben. Er könne fast mit Sicherheit sa-
gen, dass er dies auch nicht bei anderen Kameraden gese-
hen habe (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,
MAT 16 – 8, S. 21, 94).

Befragt nach der Laserzieleinrichtung auf seiner Waffe
erklärte der Zeuge Nr. 27, dass sich auf seiner Waffe
keine Laserzieleinrichtung befunden habe. Er fügte hinzu,
dass es die persönliche Entscheidung eines Kommando-
soldaten gewesen sei, seine Waffe mit einem solchen Ge-
rät auszustatten (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermitt-
lungsakte, MAT 16 – 8, S. 52). Der Zeuge Nr. 5 erklärte,
ihre Waffen seien mit Lasereinrichtungen ausgestattet ge-
wesen. Ob bei der Wachtätigkeit seine Waffe mit dieser
Laserzieleinrichtung ausgerüstet war, wisse er heute nicht
mehr (MAT 16 – 8, S. 127).

Der Zeuge Nr. 1 berichtete, seine Waffe sei zwar beim
Einsatz in Afghanistan mit einer solchen Laserzielein-
richtung ausgerüstet gewesen, er könne aber nicht sagen,
ob diese schon während des Wachdienstes montiert war.
Die Frage, ob den Amerikanern Waffen mit Laserzielein-
richtung während des Wachdienstes vorgeführt worden
seien, verneinte er für sich. Es sei jedoch vorstellbar, dass
dies stattgefunden habe. Er könne sich jedoch diesbezüg-
lich an keinen konkreten Fall erinnern (Staatsanwalt-
schaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 8, S. 166,
167).

Der Zeuge Nr. 32 erklärte, dass sein Gewehr G36 mit
dem Laserzielgerät ausgestattet gewesen sei. Die Frage,
ob er selbst oder einer seiner Kameraden diese Laserziel-
einrichtung amerikanischen Soldaten vorgeführt habe,
satztaktischen Gründen hätten sich die Soldaten bereits
kurz vor der Abreise aus Deutschland nicht mehr rasiert

wurde von dem Zeugen grundsätzlich bejaht, jedoch mit
der Einschränkung, dass dies nicht während des Wach-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 69 – Drucksache 16/10650

dienstes geschehen sei (Staatsanwaltschaft Tübingen, Er-
mittlungsakte, MAT 16 – 8, S. 201). Der Zeuge Nr. 25
schilderte, dass sein Gewehr – G36 – eine Laserzielein-
richtung gehabt habe. Ihm sei kein Fall bekannt, bei dem
die Laserzieleinrichtung den US-Soldaten vorgeführt
worden sei; diese hätten selbst über Laserzieleinrichtun-
gen verfügt (MAT 16 – 8, S. 69, 70). Der Zeuge Nr. 20 be-
zweifelte, dass während des Auftrages im US-Gefange-
nenlager die Laserzieleinrichtung US-Soldaten gezeigt
worden sei. Er selbst habe seine Waffe ihnen nicht vorge-
führt (MAT 16 – 8, S. 151).

b) Fahrzeuge im US-Gefangenenlager

Im Rahmen der staatsanwaltlichen Ermittlungen erklärten
die als Zeugen vernommenen Soldaten, die an der Wach-
unterstützung im US-Gefangenenlager nach eigenen An-
gaben teilgenommen hatten, übereinstimmend, ein Last-
kraftwagen oder ein sonstiges Kfz nicht innerhalb des
Lagers gesehen zu haben.

Nach Aussage des Zeugen Nr. 18 habe es zu einem späte-
ren Zeitpunkt – etwa Ende Februar 2002 – einen Latri-
nenwagen gegeben. Er erinnere sich noch daran, dass er
gerade das sogenannte shit-burning durchgeführt habe,
als er einen Schuss hörte. Dieser sei, wie sich später he-
rausstellte, von einem anderen Soldaten unbeabsichtigt
abgegeben worden. Der Vorfall habe sich Mitte Februar
2002 zugetragen. Zu diesem Zeitpunkt seien noch keine
sogenannten Dixi-Toiletten und keine Latrinenwagen
vorhanden gewesen (Staatsanwaltschaft Tübingen, Er-
mittlungsakte, MAT 16 – 8, S. 23). Der Zeuge Nr. 27 er-
läuterte vor der Staatsanwaltschaft Tübingen, er halte es
für unrealistisch, dass Murat Kurnaz hinter einen LKW
geführt worden sei. Er hätte dazu zunächst den „Käfig“
und dann durch die Schleuse das Gefangenenlager verlas-
sen müssen. Fahrzeuge hätten sich nämlich außerhalb des
Gefangenenlagers zwischen dem Terminal und dem Ge-
fangenenlager befunden. Einen derartigen „Gefallen“ hät-
ten aus Sicherheitsgründen die Amerikaner den deutschen
Soldaten nicht entgegengebracht. Mit Ausnahme des Hin-
und Rückwegs zum Flugzeug seien die Gefangenen auch
niemals in die Bereiche außerhalb des Lagers geführt
worden (MAT 16 – 8, S. 55). Der Zeuge Nr. 23 berichtete,
dass es weder innerhalb noch außerhalb des Gefangenen-
lagers einen sogenannten Latrinenwagen gegeben habe.
Die Fäkalien seien verbrannt worden. Die Amerikaner
hätten jedoch mit einem grünen Militär-LKW, auf dem
sich eine große Tonne bzw. ein ovaler Behälter befunden
habe, das Brauchwasser durch das Camp transportiert.
Diesen LKW habe er aber innerhalb des eigentlichen US-
Gefangenenlagers nicht gesehen (MAT 16 – 8, S. 81).

Auf die Frage nach den Ausführungen von Murat Kurnaz
zu einem Latrinenwagen erklärte der Zeuge Nr. 14, dass
er sich erinnere, einen Wagen dieser Bauart im Bereich
des Stützpunktes gesehen zu haben. Es könne sich bei
dem Fahrzeug auch um einen Wassertankwagen gehan-
delt haben. Im inneren Gefangenenbereich habe sich je-
doch nach seiner Einschätzung keiner dieser Wagen be-

der Streifentätigkeit im US-Gefangenenlager mit Sicher-
heit keine Fahrzeuge wahrgenommen zu haben. Ob sich
im inneren Teil des US-Gefangenenlagers ein Lastwagen
mit Tankaufsatz befunden habe, der auch als Latrinenwa-
gen bezeichnet werden könne, konnte er nicht bestätigen.
Er erinnere sich nicht an ein derartiges Fahrzeug. Auf die
Frage, ob er überhaupt ein solches Fahrzeug gesehen
habe, ergänzte der Zeuge, Fahrzeuge mit tankähnlichem
Aufsatz natürlich gesehen zu haben. Es habe sich dort um
einen Flugplatz gehandelt; er könne sich aber nicht vor-
stellen, dass derartige Fahrzeuge als Latrinenwagen ver-
wendet worden seien. Die Soldaten vom deutschen Kon-
tingent hätten ihre Fäkalien verbrannt (MAT 16 – 8,
S. 127). Der Zeuge Nr. 20 berichtete, er könne sich nicht
an einen LKW mit Tankaufsatz, einen Latrinenwagen, er-
innern. Es sei das sogenannte shit-burning auf der gesam-
ten amerikanischen Base betrieben worden. Ein Latrinen-
wagen habe somit keinen Sinn gemacht (MAT 16 – 8,
S. 153, 154).

Auf die Frage, ob sich im US-Gefangenenlager Fahr-
zeuge befanden, antwortete auch der Zeuge Nr. 32, dass
dies nicht der Fall gewesen sei und er glaube, dass das
Eingangstor nur für den Personenverkehr geeignet gewe-
sen sei. Ein LKW mit Tankaufsatz innerhalb des Lagers
sei ihm nicht bekannt (Staatsanwaltschaft Tübingen, Er-
mittlungsakte, MAT 16 – 8, S. 204).

c) „Wortwechsel“ hinter einem LKW

Hinsichtlich der von Murat Kurnaz behaupteten Miss-
handlung und des in diesem Zusammenhang stattgefun-
denen Wortwechsels hinter einem Lastkraftwagen erklär-
ten die Zeugen übereinstimmend, dass sie die Aussagen
von Murat Kurnaz nicht nachvollziehen könnten. Nach
Meinung des Zeugen Nr. 18 würde sich ein Kommando-
soldat so nicht verhalten, da ein Kommandosoldat nie
sein Gesicht offenbaren würde, insbesondere nicht gegen-
über einem vermeintlichen Gegner (Staatsanwaltschaft
Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 8, S. 24). Der
Zeuge Nr. 23 erklärte, dass es ihm auch unverständlich
sei, dass einer seiner Kameraden „KSK“ gesagt hätte,
denn der Einsatz sei als geheim eingestuft gewesen und
man habe nicht einmal die deutsche Flagge im Lager his-
sen dürfen. Die Deutschen seien nur „Aushilfskräfte“ in
dem Lager gewesen. Es sei für ihn undenkbar, dass die
US-Soldaten einer „Aushilfskraft“ einen ihrer Gefange-
nen übergeben würden (MAT 16 – 8, S. 82, 83).

2. Aussagen von weiteren Kontingent-
angehörigen

Neben den Soldaten, die an der Wachverstärkung teilge-
nommen haben, wurden auch weitere Kontingentangehö-
rige, die das US-Gefangenenlager im Rahmen einer „Be-
sichtigung“ mit amerikanischen Soldaten betreten hatten,
über die Wahrnehmung von Fahrzeugen durch die Staats-
anwaltschaft Tübingen befragt. Aus den Vernehmungs-
funden (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,
MAT 16 – 8, S. 97). Der Zeuge Nr. 5 schilderte, während

niederschriften ergaben sich für den Untersuchungsaus-
schuss folgende Feststellungen:

Drucksache 16/10650 – 70 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

a) Bewaffnung der Wachverstärkung
Der Zeuge Nr. 4 berichtete, dass die meisten Gewehre
eine Lasereinrichtung gehabt hätten. Bei den Amerika-
nern seien nur die Spezialtruppen-Gewehre mit Laser-
einrichtungen ausgestattet gewesen. Da die Amerikaner
auch gerade umstrukturiert hätten, wären einige Solda-
ten mit Lasergewehren ausgerüstet gewesen und andere
nicht (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,
MAT 16 – 8, S. 8).

b) Fahrzeuge im US-Gefangenenlager
Der Zeuge Nr. 28 erklärte, dass es im Gefangenenlager
keine Fahrzeuge gegeben habe. Hierzu habe es auch
keine Möglichkeit gegeben. Ein Zufahrtstor zu diesem
Gefangenenlager sei nicht vorhanden gewesen (Staats-
anwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 25,
S. 291). Nach Vorlage des Fotos B auf Seite 66 der staats-
anwaltlichen Ermittlungsakte (MAT 16 – 9) erklärte er er-
gänzend, dass das Tor auf dem gezeigten Bild so nicht zu-
gänglich gewesen sei. Der gesamte Umfriedungsbereich
sei mit einer Metallblende nochmals verstärkt oder ge-
schützt gewesen (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermitt-
lungsakte, MAT 16 – 25, S. 291).

Zur Frage des Vorhandenseins von Latrinenfahrzeugen
oder Fahrzeugen mit Tankaufsatz führte der Zeuge Nr. 28
aus, dass es solche Fahrzeuge nicht gegeben habe. Zu die-
sem Zeitpunkt seien über 1 000 Soldaten in Kandahar
eingesetzt gewesen. Für diese Anzahl von Soldaten hätten
zwei Toiletten in Form von Holzhäuschen mit eingefüg-
ten Metalltonnen existiert. Diese Tonnen seien von
einheimischen Arbeitskräften gewechselt worden. Zum
Zeitpunkt seines Aufenthaltes in Kandahar von Januar bis
März 2002 habe ausschließlich ein sogenanntes shit-bur-
ning stattgefunden. Daher habe es auch kein Fahrzeug
zum Abtransport der Fäkalien gegeben (Staatsanwalt-
schaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 25, S. 292).

Der Zeuge Nr. 11 berichtete auf die Frage nach einem
Lastkraftwagen oder einem Lastkraftwagen mit Tankauf-
satz, dass er ein solches Fahrzeug nicht gesehen habe. Die
Entsorgung der Fäkalien sei durch „shit-burning“ erfolgt.
Wie die Fäkalien aus dem Gefangenenlager herausge-
bracht worden seien, sei ihm nicht bekannt (Staatsanwalt-
schaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 25, S. 308).
Der Kontingentführer des 1. Kontingents gab an, dass
ihm kein Lastkraftwagen im US-Gefangenenlager aufge-
fallen sei. Er habe auch keinen Lastwagen mit Tankauf-
satz, einen sogenannten Fäkalienwagen, gesehen. Es hätte
auch keinen Sinn ergeben, die Fäkalien der Gefangenen
so zu entsorgen, während bei den Soldaten das soge-
nannte shit-burning praktiziert worden sei. Dies sei auch
nicht nur bei den deutschen, sondern auch bei den ande-
ren eingesetzten Streitkräften so gewesen. Erst um den
16. März 2002 sei ein Sanitärcontainer zur Verfügung ge-
stellt worden (MAT 16 – 25, S. 314). Der Zeuge Nr. 37 er-
innerte sich nicht, innerhalb des US-Gefangenenlagers
Lastkraftwagen oder Fahrzeuge mit Tankaufsatz gesehen
zu haben. Er sei bei seinen täglichen Gängen zum ameri-

Zeit beobachtet, dass ein Fahrzeug das Lagertor passiert
habe (MAT 16 – 25, S. 325, 326). Zur Frage der Fäkali-
enentsorgung erklärte der Zeuge Nr. 37, im Januar 2002
sei für das gesamte Lager in Kandahar die Sanitärversor-
gung (Waschmöglichkeiten, Wasserversorgung sowie Fä-
kalienentsorgung) noch nicht hergestellt gewesen. Das
Trinkwasser sei rationiert gewesen, alles habe eingeflo-
gen werden müssen und Fäkalien seien verbrannt worden.
Mit dem weiteren Ausbau des Lagers, Ende Januar/An-
fang Februar, seien schrittweise die Lebensbedingungen
im Lager, einschließlich Sanitärversorgung, verbessert
worden (Waschwasser, Duschmöglichkeiten und Fäkali-
enentsorgung durch Tankfahrzeuge). Bei diesen Tank-
fahrzeugen habe es sich, seiner Beobachtung nach, um zi-
vile Fahrzeuge und nicht um militärische Fahrzeuge
gehandelt, wobei der Einsatz dieser Fahrzeuge mit Si-
cherheit erst ab Februar 2002 stattgefunden habe (Staats-
anwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 25,
S. 326).

Auf eine Wochenmeldung des Kontingentführers des
1. Kontingents an das Einsatzführungskommando (Eins-
FüKdoBw) in Potsdam vom 6. Januar 2002 hin angespro-
chen, erklärte dieser, dass er für die Meldung zuständig
und verantwortlich gewesen sei (Staatsanwaltschaft Tü-
bingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 25, S. 362). Diese
Meldung beinhaltet unter Ziffer 14 folgenden Text
(BMVg, MAT 16 – 22, Anlage 03, entspricht Ordner 26 c):

„Trinkwasserversorgung: täglich stehen 1,5 Liter Trink-
wasser zur Verfügung. Der darüber hinausgehende Bedarf
wird durch aufbereitetes Wasser (US) abgedeckt. Das
Wasser ist klar und kalt, deutlicher Chlorgeschmack. Der
Transport erfolgt in Tankwagen, auf denen zum Teil auch
die Fäkalwannen zur Verbrennung transportiert werden.“

Der Kontingentführer verwies darauf, dass dieser Beitrag
zur Meldung von (…) [Zeuge Nr. 19] geliefert worden
sei (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,
MAT 16 – 25, S. 364).

Der Zeuge Nr. 19, der sich nach eigenen Angaben vom
2. Januar 2002 bis Mitte April 2002 in Kandahar befand,
erklärte, dass nach militärischen Grundsätzen der Verant-
wortliche für eine Tages- bzw. Wochenmeldung eines
deutschen Kontingents stets der Kontingentführer sei;
dieser trage die Gesamtverantwortung. Eine Tagesmel-
dung werde durch die jeweiligen Stabsabteilungsleiter er-
stellt und entsprechend zusammengeführt, anschließend
durch den Kontingentführer bewertet, entsprechend geän-
dert und mit seiner Unterschrift herausgegeben (Staats-
anwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 35,
S. 395).

Der Zeuge führte weiter aus, dass Abwasserabpumpfahr-
zeuge in zeitlichen Abständen von einigen Tagen regel-
mäßig sämtliche „Dixi-Toiletten“ im Lagerbereich abge-
pumpt und die Fäkalien außerhalb des Lagers entsorgt
hätten. Im Gefangenenlager selbst habe er ein solches
Fahrzeug nie beobachtet. Er erinnere sich, dass die Ame-
rikaner ein altes russisches Fahrzeug instand gesetzt hät-
kanischen Hauptquartier im Lager auch an dem US-Ge-
fangenenlager vorbeigekommen. Dabei habe er zu keiner

ten, das zur Fäkalentsorgung vorgesehen gewesen sei.
Mit diesem Fahrzeug sei kein Trinkwasser transportiert

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 71 – Drucksache 16/10650

worden. An die Zuführung aufbereiteten Trinkwassers er-
innere er sich nicht mehr (Staatsanwaltschaft Tübingen,
Ermittlungsakte, MAT 16 – 35, S. 396).

Der Zeuge Nr. 19 berichtete auch, dass er selbst nicht im
eigentlichen US-Gefangenenlager gewesen sei. Ihm sei
nicht bekannt, ob es innerhalb des US-Gefangenenlagers
Lastkraftwagen oder Fahrzeuge mit einem Tankaufsatz
gegeben habe. Auch sei ihm nicht bekannt gewesen, wie
die Fäkalienentsorgung im US-Gefangenenlager durchge-
führt worden sei (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermitt-
lungsakte, MAT 16 – 35, S. 394).

Auf nochmalige Befragung erklärte der Zeuge Nr. 19 in
seiner Vernehmung einen Tag später, dass der Text in der
Meldung vom 6. Januar 2002 unter Ziffer 14 mit Sicher-
heit von ihm geschrieben worden sei. Des Weiteren er-
klärte der Zeuge, dass der Begriff „Tankwagen“ zu korri-
gieren sei. Es seien keine Tankwagen im üblichen Sinne
gewesen, sondern Militär-LKW, die eine glatte Ladeflä-
che gehabt hätten. Auf dieser Ladefläche habe sich ein
großer mit Wasser gefüllter Behälter befunden. Es habe
sich um aufbereitetes Wasser aus einem bereits früher von
den sowjetischen Soldaten angelegten Brunnen gehan-
delt. Da sich auf dem LKW noch deutlich mehr Platz be-
funden habe, sei er zum Teil auch dazu genutzt worden,
Fäkalien zur Verbrennung abzutransportieren. Dies sei
hygienisch unbedenklich gewesen, da das in dem Behäl-
ter befindliche Wasser ordnungsgemäß abgesichert
gewesen sei. Er habe mehrfach diesen Tankwagen gese-
hen. Dieser sei im Lager unterwegs gewesen; ob der
LKW auch in das Gefangenenlager gefahren sei, wisse er
nicht (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,
MAT 16 – 35, S. 397, 398).

Bei seiner vorherigen Befragung habe er den Verneh-
mungsbeamten aber eher so verstanden, ob ein Abwasser-
pump-Fahrzeug unterwegs gewesen sei. Dies habe er be-
jaht. Tatsächlich habe es sich um ein Fahrzeug russischer
Bauart gehandelt. Er könne sich deshalb so gut erinnern,
weil er derartige sowjetische Fahrzeuge aus seinen frühe-
ren Besuchen in Ungarn kenne. 20 Jahre später sei er in
Kandahar nun auf ein Abwasserpump-Fahrzeug dessel-
ben Typs gestoßen. Dieses Fahrzeug sei wiederum von
den Amerikanern benutzt worden, um Dixi-Toiletten ab-
zupumpen. Er habe dieses Fahrzeug auch im deutschen
Lager beobachtet. Wie es sich im Gefangenenlager ver-
halten habe, könne er nicht sagen. Seine Meldung habe
sich nur auf den Lagerbereich der Soldaten bezogen,
nicht auf den der Gefangenen (Staatsanwaltschaft Tübin-
gen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 35, S. 397).

Auf Nachfrage erklärte der Zeuge Nr. 19, dass der „Pla-
teau-LKW“ theoretisch auch in das Gefangenenlager
hätte gelangen können. Er halte dies aber eher für un-
wahrscheinlich, da damit nicht einmal die Fäkalien der
deutschen Soldaten entsorgt worden seien. Im deutschen
Lager habe man die Fäkalien zu jener Zeit noch verbren-

3. Bewertung der Aussagen durch
die Staatsanwaltschaft

Mit Verfügung vom 29. Mai 2007 hat die Staatsanwalt-
schaft Tübingen zunächst ihre Ermittlungen mangels hin-
reichenden Tatverdachts gemäß § 170 Absatz 2 StPO ein-
gestellt. In ihrer Pressemitteilung vom 29. Mai 2007
erklärte sie, dass trotz verbleibender Bedenken an der
Darstellung der Beschuldigten und trotz der grundsätzli-
chen Glaubwürdigkeit der Darstellung des Murat Kurnaz
in einem zentralen Punkt wegen der fehlenden Aufklä-
rungsmöglichkeit Zweifel über den tatsächlichen Gesche-
hensablauf verblieben, die eine Verurteilung nicht so
wahrscheinlich erscheinen ließen, dass sie eine Anklage-
erhebung gerechtfertigt hätten (Staatsanwaltschaft Tübin-
gen, Pressemitteilung, MAT 16 – 41; Dokument Nr. 24).

Im Einzelnen führte die Staatsanwaltschaft in ihrer Pres-
semitteilung hierzu aus:

„(…) Bei den Zeugenvernehmungen wurde zwar der erste
Teil des Geschehensablaufs teilweise eingeräumt; dass
der Zeuge Kurnaz danach ein zweites Mal aufgerufen und
sogar aus seinem ‚compound‘ herausgeführt worden sei,
haben die Beschuldigten bestritten und die übrigen Zeu-
gen nicht bestätigt. Ein solcher zweiter Kontakt mit
Murat Kurnaz habe – so die übereinstimmenden Angaben
aller befragten Soldaten – nicht stattgefunden. (…) Die
Aussagen der Beschuldigten und der übrigen Soldaten
des Kommandos Spezialkräfte sind zwar kritisch zu wür-
digen: Die Beschuldigten und ein Zeuge haben geschil-
dert, dass der deutsche Gefangene zum Zaun gerufen und
einer Gruppe von vier bis fünf deutschen Soldaten gezeigt
wurde. Auch haben die genannten drei Soldaten bestätigt,
dass einer aus ihrer Gruppe die Bemerkung ‚du bist wohl
auf die falsche Seite geraten‘ gemacht haben soll. Jeder
dieser drei Soldaten hat allerdings bestritten, dass er
selbst Urheber dieses Ausspruchs gewesen sei. Auch
konnte sich keiner erinnern, welcher andere Soldat für
den Spruch verantwortlich war. Diese Darstellung er-
scheint wenig glaubwürdig. Ein Beschuldigter war bei
seiner Zeugenvernehmung außergewöhnlich unsicher.
Als er gefragt wurde, ob er die Bemerkung mit ‚der fal-
schen Seite‘ gemacht habe, reagierte er, wie vom ermit-
telnden Kriminalbeamten festgehalten, auffallend nervös
und wurde rot. Schließlich bestätigte noch ein Zeuge,
dass man im Nachhinein innerhalb der Kompanie darüber
gesprochen habe, wer für den Ausspruch verantwortlich
sein könnte und dass dabei der Name gerade dieses Be-
schuldigten genannt worden sei. Die Staatsanwaltschaft
Tübingen schließt daraus, dass der von Kurnaz wiederer-
kannte Beschuldigte tatsächlich den Spruch am Zaun ge-
macht hat. Allerdings konnte die Staatsanwaltschaft nicht
den Nachweis führen, dass es tatsächlich zu dem zweiten
Vorfall hinter einem Lastkraftwagen gekommen ist und
dass daran die beiden Beschuldigten beteiligt waren. Für
diesen Teil der Darstellung des Murat Kurnaz gibt es über
dessen Aussage hinaus keine Beweise. Zwar hat der
Zeuge Kurnaz einen durchaus glaubwürdigen Eindruck
hinterlassen. Für seine Glaubwürdigkeit spricht außer sei-
nen müssen (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungs-
akte, MAT 16 – 35, S. 398).

ner Genauigkeit bei den Wahllichtbildvorlagen des Weite-
ren, dass er in beiden Vernehmungen – wie auch bei

Drucksache 16/10650 – 72 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

seinen sonstigen Anhörungen – ohne besonderen Belas-
tungseifer aufgetreten ist und differenziert ausgesagt hat.
So beschränkte er sich etwa bei der 2. Wahllichtbildervor-
lage darauf, den einen Beschuldigten wieder erkannt zu
haben, ohne dabei allerdings ‚hundertprozentig‘ sicher zu
sein. Weitere mögliche Beschuldigte wollte er, da er sich
nicht sicher war, nicht unnötig in Verdacht bringen. Zu-
mindest in vier Punkten begegnen jedoch auch die Schil-
derungen des Zeugen Kurnaz beachtlichen Zweifeln:

a) So fällt zunächst auf, dass er stets davon sprach, nur
zwei deutschen Soldaten am Zaun gegenübergestan-
den zu haben. Tatsächlich dürften dies jedoch nach
den insoweit glaubhaften Angaben der Beschuldigten
und eines Zeugen mindestens drei deutsche Soldaten
gewesen sein.

b) Aus Sicht der vernommenen Soldaten soll die geschil-
derte Misshandlung so nicht nachvollziehbar sein.
Ganz abgesehen davon, dass eine solche Aktion sinn-
los gewesen sei, hätte sie auch dem amerikanischen
Sicherheitskonzept widersprochen. Aus Sicherheits-
gründen seien die amerikanischen Streitkräfte darauf
bedacht gewesen, die Gefangenen innerhalb ihres mit
Stacheldraht abgesicherten Areals zu belassen.

c) Entgegen der Darstellung von Murat Kurnaz soll nach
Meinung aller hierzu befragter Soldaten auch kein
Fahrzeug in das Lager gelangt sein. Zum Teil wurde
vorgebracht, dass die Wege, insbesondere auch die
Einfahrt in das Lager zu eng gewesen seien. Jedenfalls
hätten Sicherheitsaspekte gegen den Aufenthalt eines
solchen Fahrzeugs gesprochen. Übereinstimmend
waren alle Soldaten jedenfalls sicher, dass zumindest
während des Zeitraums der Wachverstärkung im Ja-
nuar 2002 kein Wagen zur Entsorgung von Fäkalien in
das Lager gefahren sei. Fäkalien habe man zu jener
Zeit mangels anderer Entsorgungsmöglichkeiten – wie
auch im deutschen Lager – in Tonnen verbrannt. Zwar
bestätigte ein Oberfeldarzt, dass er bereits Anfang Ja-
nuar 2002 einen ‚Tankwagen‘ russischer Bauart gese-
hen habe, der durch das Militärlager gefahren sei. Ob
dieses Fahrzeug auch in das Gefangenenlager gelangt
und zur Entsorgung von Fäkalwannen genutzt worden
sei, wisse er nicht. Er habe das Lager selbst nie be-
sucht. Er halte es aber für eher unwahrscheinlich, dass
die Fäkalien aus dem Gefangenenlager auf diesem
Weg entsorgt worden seien, da man die Fäkalien der
deutschen Soldaten zu jener Zeit noch verbrannt habe
und eine diesbezügliche Besserstellung der Gefange-
nen eher fern gelegen hätte. Den diesbezüglichen Dar-
stellungen der als Wachverstärkung eingesetzten Sol-
daten steht auch nicht zwingend entgegen, dass auf
einem im ‚Stern‘ veröffentlichten und von der Krimi-
naltechnik vergrößerten Lichtbild ein größeres Fahr-
zeug im Lagerbereich zu erkennen ist. Dieses Licht-
bild dürfte, wie sich aus dem sonstigen Zuschnitt des
Lagers ergibt, jedenfalls nicht im Januar, sondern erst
später im Jahr 2002, entstanden sein, und ist daher für
den Zustand der hier relevanten Tatzeit nicht aussage-

nischen Streitkräfte haben keine Auskünfte erteilt. Der
in Betracht kommende Reporter des ‚Stern‘, der im
Jahr 2002 selbst in Kandahar war, hat sich auf sein
journalistisches Zeugnisverweigerungsrecht zurückge-
zogen.“

Nach Bekanntwerden der Aussagebereitschaft von Mit-
häftlingen von Murat Kurnaz, die nach Medienberichten
und nach Auffassung des Rechtsbeistandes von Murat
Kurnaz, Rechtsanwalt Bernhard Docke, die Existenz ei-
nes Tanklastwagens innerhalb des US-Gefangenenlagers
bestätigen könnten, wurden von der Staatsanwaltschaft
Tübingen die Ermittlungen mit Verfügung vom 6. August
2007 wieder aufgenommen (Staatsanwaltschaft Tübin-
gen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 67, S. 196).

4. Aussagen von Mithäftlingen von Murat
Kurnaz nach der Wiederaufnahme der
Ermittlungen

Am 24. Januar 2008 hat die Staatsanwaltschaft Tübingen
die Mithäftlinge von Murat Kurnaz, Ruhal Ahmed und
Asif Iqbal, als Zeugen vernommen. Der Zeuge Ruhal
Ahmed gab an, sich vom 31. Dezember 2001 bis zum
14. Februar 2002 in Kandahar befunden zu haben. Der
Zeuge Asif Iqbal berichtete, etwa zwei Wochen, von
Ende Dezember 2001 bis Mitte Januar 2002, in Kandahar
untergebracht gewesen zu sein. Beide Zeugen beschrie-
ben, dass es im Lager drei Zeltgruppen mit jeweils drei
Zelten gegeben habe. Eine Zeltgruppe mit drei Zelten sei
mit Stacheldraht umzäunt gewesen (Staatsanwaltschaft
Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 84, S. 367 und
378).

a) Bekleidung der deutschen Soldaten
Während der Vernehmung wurden dem Zeugen Ruhal
Ahmed Uniformmuster aus der Ermittlungsakte (Staats-
anwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 9,
S. 54 – 63) gezeigt, die auch Murat Kurnaz bei seiner Ver-
nehmung vorgelegt wurden. Der Zeuge bezeichnete die
Bilder Nr. 9 (MAT 16 – 9; S. 62) und Nr. 1 (MAT 16 – 9,
S. 54) als möglicherweise diejenigen Uniformmuster, die
deutsche Soldaten getragen haben könnten. Sicher sei er
sich nicht. Er habe aber die deutschen Soldaten an den
Flaggen auf den Uniformen erkannt (MAT 16 – 9, S. 369).
Bei dem Bild Nr. 9 handele es sich um eines von zwei
Bildern, die jeweils ein deutsches Uniformmuster (KSK)
zeigen (MAT 16 – 9, S. 53).

Die Zeugen Asif Iqbal und Shafiq Rasul gaben an, die
deutschen Soldaten an den Flaggen am Oberarm der Uni-
formen erkannt zu haben (Staatsanwaltschaft Tübingen,
Ermittlungsakte, MAT 16 – 84, S. 379).

b) Fahrzeuge im US-Gefangenenlager
Der Zeuge Asif Iqbal berichtete, er könne sich nicht erin-
nern, einen Lastkraftwagen gesehen zu haben. Es habe
eine Art Gabelstapler gegeben, um Flaschen und Nahrung
zu bringen. Zu der Fäkalienentsorgung gab er an, die Ge-
kräftig. Eine weitergehende Aufklärung ist in diesem
Punkt des Fahrzeugs nicht möglich. Die US-amerika-

fangenen hätten ihre Notdurft in Eimern verrichtet, die
von den Soldaten in der Nähe des Rot-Kreuz-Zeltes in ein

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 73 – Drucksache 16/10650

Fass entleert worden seien. Die Gefangenen hätten sich
dabei umdrehen und auf die gegenüberliegende Seite des
Zeltes gehen müssen, als die Eimer abgeholt wurden. Ei-
nen Abtransport der Eimer zu einem LKW habe er nicht
wahrgenommen. Die Fäkalien seien anschließend ver-
brannt worden. Das sei nicht mehr möglich gewesen, als
die Zahl der Gefangenen zunahm. Wie die Entsorgung
danach organisiert wurde, habe er nicht gesehen (Staats-
anwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 84,
S. 380 f.).

Der Zeuge Ruhal Ahmed gab bei der Staatsanwaltschaft
übereinstimmend mit seiner Aussage vor dem Untersu-
chungsausschuss an, es habe LKW im Gefangenenlager
gegeben, mit denen Fäkalien und Müll abtransportiert
worden seien. Es habe sich dabei um „Pritschenwagen“
gehandelt, in der Art, wie auf Bild A zu erkennen sei
(Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,
MAT 16 – 84, S. 65 u. 371). Die Gefangenen hätten die
Eimer aus den Zelten zu diesem LKW tragen müssen.
Am Anfang sei das jedoch noch nicht so gewesen, son-
dern die Soldaten hätten die Eimer selbst abgeholt und
entsorgt (MAT 16 – 84, S. 372). Er glaube nicht, dass das
„shit-burning“ im Lager selbst stattgefunden habe. Auf
den Hinweis, deutsche Soldaten hätten behauptet, ein Be-
fahren des Gefangenenlagers sei mit einem LKW nicht
möglich gewesen, äußerte Ruhal Ahmed, dass möglicher-
weise die großen LKW nicht in das Lager hätten gelangen
können. Die Lastkraftwagen, die die Fäkalien abholten,
hätten in das Lager fahren können. Er hätte selbst die Ei-
mer dorthin getragen, aber diese nicht aus dem Gefange-
nenlager hinaus gebracht (MAT 16 – 84, S. 373).

Der Mitgefangene Shafiq Rasul gab bei seiner telefoni-
schen Befragung an, es habe kleine Lastwagen im Gefan-
genenlager gegeben. Auf die Frage, wozu diese Lastwa-
gen gedient haben könnten, wusste der Zeuge keine
Antwort. Des Weiteren konnte er nicht angeben, ob die
Fäkalien mit einem Lastwagen aus dem Gefangenenlager
heraustransportiert wurden. Bei seinen Vernehmungen
verwies er mehrmals darauf, dass die Ereignisse mehrere
Jahre zurücklägen und er sich nicht genau daran erinnern
könne (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,
Vermerk vom 29. Januar 2008, MAT 16 – 84).

c) „Wortwechsel“ und behauptete
Misshandlungen

Der Zeuge Ruhal Ahmed erklärte bei seiner Vernehmung,
nicht wahrgenommen zu haben, dass Murat Kurnaz an
den Zaun gerufen worden sei und deutsche Soldaten mit
ihm gesprochen hätten. Er habe nur gesehen, wie deut-
sche Soldaten durch das Gefangenenlager geführt worden
seien. Eine Misshandlung von Murat Kurnaz durch deut-
sche Soldaten habe er ebenfalls nicht wahrgenommen;
auch Verletzungen habe er bei ihm nicht bemerkt (Staats-
anwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 84,
S. 369 – 371). Auf Nachfrage berichtete der Zeuge Ruhal

holt worden sei. Dies sei zu jeder Tages- und Nachtzeit
vorgekommen.

Der Zeuge Asif Iqbal berichtete, Murat Kurnaz erst nach
seiner Entlassung aus Guantánamo kennengelernt zu ha-
ben. In Kandahar habe er ihn nicht wahrgenommen. Der
Zeuge Asif Iqbal hat bei seiner staatsanwaltlichen Ver-
nehmung einen weiteren Mithäftling, Shafiq Rasul, be-
nannt (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,
MAT 16 – 84, S. 379).

Der Zeuge Shafiq Rasul wurde von der Staatsanwalt-
schaft Tübingen am 29. Januar 2008 telefonisch befragt.
Der Zeuge gab an, Murat Kurnaz aus Kandahar und
Guantánamo zu kennen. Er schilderte auch den Vorfall,
dass in einer Nacht deutsche Soldaten auf Murat Kurnaz
gezeigt hätten, der auch an den Zaun herangetreten sei.
Dort hätten die deutschen Soldaten mit ihm gesprochen.
Der Zeuge hat nicht bestätigen können, dass Murat
Kurnaz außerhalb des Zaunes mit den deutschen Soldaten
in Kontakt gekommen sei. Auf eine entsprechende Frage
erklärte der Zeuge in diesem Telefonat gegenüber der
Staatsanwaltschaft, keine Verletzungen an Murat Kurnaz
bemerkt zu haben; insbesondere habe er keine Gesichts-
verletzungen festgestellt. Der Zeuge Shafiq Rasul betonte
mehrfach, dass die Vorgänge sehr lange zurücklägen und
stets zu berücksichtigen sei, dass die Gefangenen dort un-
ter großer Angst gelebt hätten. Jeder Gefangene habe ver-
sucht, möglichst wenig zu beobachten und sich möglichst
unauffällig zu verhalten, weil die Häftlinge ständig zu
Verhören abgeführt und dort misshandelt worden seien
(Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,
MAT 16 – 84).

IV. Untersuchung der behaupteten
Misshandlungen durch den
Untersuchungsausschuss

Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsaus-
schuss hat zur Frage, ob Murat Kurnaz durch Angehörige
der Bundeswehr in seiner körperlichen Integrität beein-
trächtigt worden ist, neben der bereits oben dargestellten
Auswertung der Vernehmungsniederschriften der Staats-
anwaltschaft Tübingen und der Arbeitsgruppe des BMVg
Zeugenvernehmungen durchgeführt.

1. Sachverhalt nach den Zeugenaussagen
der an der Wachverstärkung beteiligten
Soldaten im Untersuchungsausschuss

a) Bekleidung, Aussehen und Bewaffnung
der Wachverstärkung

Mehrere Zeugen gaben in ihren Vernehmungen vor dem
Untersuchungsausschuss an, die Wüstenflecktarnuni-
form getragen zu haben, wobei die deutsche Flagge auf
der Uniform jederzeit erkennbar gewesen sei. Daneben
wiesen aber auch mehrere Zeugen darauf hin, dass an ih-
rer Uniform die Hoheitszeichen „abgetarnt“ gewesen
Ahmed, mehrmals beobachtet zu haben, wie Murat
Kurnaz von einem amerikanischen „Escort-Team“ abge-

seien. Der Zeuge Nr. 1 erklärte (Stenografisches Proto-
koll Nr. 6, Teil III, S. 56):

Drucksache 16/10650 – 74 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

„Wir haben teilweise die Bundeswehrwüstenuniform
bzw. die Bundeswehrflecktarnuniform getragen, und je-
des Mal waren auch Hoheitsabzeichen an der linken und
an der rechten Schulter deutlich erkennbar.“

Nach der Aussage des Zeugen Nr. 18 hätten er und die
anderen Soldaten die typische Bundeswehruniform getra-
gen, wobei Teile der Einsatzjacken mit Tarnfarbe modifi-
ziert worden seien, da es die Einsatzjacke KSK damals
noch nicht in ausreichender Menge in Wüstentarnfarbe
gegeben habe. Die Abzeichen seien aber klar zu erkennen
gewesen (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 88).
Auch der Zeuge Nr. 23 erinnerte sich bei seiner Verneh-
mung daran, dass seine Uniform entweder eine normale
grüne Uniform oder eine ganz normale Bundeswehrfleck-
tarnuniform gewesen sei; das Abzeichen sei jederzeit zu
sehen gewesen (Nr. 6, Teil III, S. 24). Demgegenüber
sagte der Zeuge Nr. 32 aus:

„(…) Man steht dort in Tarnuniform. Man ist halt getarnt
oder soll getarnt sein. Unsere Bundesflagge, Schwarz-
Rot-Gold, ist nun nicht unbedingt in Tarnfarben vorhan-
den. Deswegen – das ist die ganz einfache Erklärung –
schmiert der eine oder andere Tarnschminke darüber oder
tapet die Flagge komplett ab.“ (Stenografisches Protokoll
Nr. 7, Teil III, S. 5)

Nach Aussage des Zeugen Nr. 32 seien auch zwischen
den Soldaten verschiedener Nationen Ausrüstungsgegen-
stände getauscht worden. Auszuschließen sei aber, dass
ein Bundeswehrsoldat eine fremde Uniform anderer Na-
tionalität trug. Er habe gesehen, wie Amerikaner die er-
tauschten Sachen auch getragen hätten. Er habe diese
aber mit diesen Sachen nicht im Gefangenenlager gese-
hen (Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 8).

Der Zeuge Nr. 8 erklärte (Stenografisches Protokoll
Nr. 11, Teil III, S. 56):

„Ich selber hatte keine Bedenken, von irgendjemandem
erkannt zu werden – einerseits wegen der Nacht, anderer-
seits, weil wir fast alle Vollbart trugen. Außerdem durften
die Gefangenen keinen Blickkontakt zu uns haben; sie
mussten auf den Boden schauen. (…) Wir haben die deut-
sche Wüstentarnuniform und teilweise dienstlich gelie-
ferte Ausrüstung aus dem sogenannten Arktissatz getra-
gen. Dazu gehören zum Beispiel schwarze Vliesjacken
und schwarze Mützen, also Wollmützen, Strickmützen.“

Mehrere Zeugen gaben auf entsprechende Fragen des Un-
tersuchungsausschusses an, während der Wache das Ge-
wehr G36 mit Laserzieleinrichtung mitgeführt zu haben.
Der Zeuge Nr. 23 erklärte:

„Die Standardbewaffnung bei uns ist eine P8 und das
G36-k mit einem Laserlichtmodul. Dieses ist aber optio-
nal. Das kann jeder Soldat so, wie er möchte, anbauen
oder wieder abbauen. (…) Nur ich bin der festen Über-
zeugung, dass ich meine Waffe abgegeben habe.“ (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 24 f., 30 f.)

Der Zeuge Nr. 1 berichtete:

„(…) Wir haben das Gewehr G36 der Bundeswehr, nor-

hatten die Leute auch ein Lasermarkiergerät an der
Waffe.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 56)

Der Zeuge Nr. 18 schilderte:

„(…) Ich muss gestehen, dass ich nicht mal mehr wusste
– ich sage extra: wusste –, dass wir bei dem Streifengang
überhaupt Waffen getragen haben. Jedoch hat man mich
im Zuge der Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft
mit Bildern konfrontiert, wo amerikanische Soldaten mit
Waffen dort offensichtlich einen Streifengang durchfüh-
ren. Deshalb kann es gut sein, dass wir da Waffen getra-
gen haben.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III,
S. 97)

Der Zeuge Nr. 32 äußerte sich wie folgt:

„Wir haben unsere standardmäßigen Waffen benutzt, also
unser G36, unsere P8-Pistole. Das G36 ist standardmäßig
mit einer Laserzieleinrichtung ausgestattet. (…) Die be-
freundeten Nationen, unter anderem auch die Amerika-
ner, haben sich für unsere Waffen interessiert, genauso
wie ich mich – als Beispiel – für die Waffen der Amerika-
ner interessiere. Dass ich meine Waffe mit zu dem Wach-
dienst genommen habe, ist meiner Meinung nach auch
klar. Dass ich sie dort offen getragen habe, dürfte auch
klar sein. Dass ich sie während eines Wachdienstes nicht
unbedingt jemandem erläutere und erkläre, dürfte auch
klar sein. Beim Wachdienst ist es nun mal so, dass ich sie
offen trage.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III,
S. 2, 9)

b) Fahrzeuge im US-Gefangenenlager
Alle Zeugen, die im Untersuchungsausschuss hierzu be-
fragt worden sind, brachten zum Ausdruck, innerhalb des
US-Gefangenenlagers in Kandahar keine Fahrzeuge
wahrgenommen zu haben. Der Zeuge Nr. 1 berichtete auf
das Lager der deutschen Soldaten (nicht das Gefangenen-
lager) bezogen, dass es einen Tankwagen gegeben habe.
Dieser habe aufbereitetes, gechlortes Wasser geliefert. Es
habe aber keinen Tankwagen gegeben, der die Fäkalien
entsorgt hätte, dies hätten sie selbst durch Verbrennen er-
ledigt (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 60).
Der Zeuge Nr. 8 berichtete, dass die Brauchwasserversor-
gung nach seiner vagen Erinnerung durch ein „Local-
Fahrzeug“, Tankfahrzeug, sichergestellt worden sei. Nach
seinen kurzen Eindrücken von dieser einen Nacht im Ge-
fangenenlager habe es weder eine Möglichkeit noch eine
Notwendigkeit gegeben, dort mit irgendwelchen Fahrzeu-
gen irgendetwas zu transportieren (Stenografisches Pro-
tokoll Nr. 11, Teil III, S. 49, 53).

Nach Aussage des Zeugen Nr. 18 wurden die Fäkalien
letztendlich verbrannt. Dies sei über einen langen Zeit-
raum so geschehen, nach seiner Erinnerung bis mindes-
tens Anfang März 2002. Zu einem späteren Zeitpunkt
seien dann Dixi-Toiletten, die sicherlich mit Fahrzeugen
angeliefert worden seien, zur Verfügung gestellt worden
(Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 89).

Der Zeuge Nr. 18 erklärte, dass er nach seiner Erinnerung

mal handelsüblich, getragen, hatten auch eine Visierein-
richtung oben in einem Leuchtpunktvisier, und teilweise

keine Fahrzeuge im US-Gefangenenlager gesehen habe.
Er habe lediglich eine Bahre mit großen Rädern gesehen,

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 75 – Drucksache 16/10650

auf der ein Verletzter gelegen habe. Dies sei ihm noch in
Erinnerung, weil dieser sich offensichtlich vor Schmer-
zen aufgebäumt habe. Fahrzeuge als solche habe er nicht
wahrgenommen (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III,
S. 102 und 93).

Nach Vorlage des Bildes B aus der staatsanwaltlichen Er-
mittlungsakte (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungs-
akte, MAT 16 – 9, S. 66) erklärte der Zeuge Nr. 32, dass
das dort zu sehende Tor breit genug für ein Fahrzeug ge-
wesen sei. Er wies darauf hin, dass man aber an der rech-
ten Torhälfte hinter dem Tor eine Sandsackstellung sehe,
ob ein LKW daran vorbei gelange, sei fraglich. Das Tor
an sich sei aber sicherlich breit genug (Stenografisches
Protokoll Nr. 7, Teil III, S.11).

Der Zeuge Nr. 14 erklärte während seiner Vernehmung
im Untersuchungsausschuss zum möglichen Vorhan-
densein eines Lastkraftwagens:

„(…) In dem Gefangenenbereich selber war es sehr, sehr
eng. Die Gänge, die sich dort befanden, wurden zum
Durchgehen genutzt. Der Rest war mit S-Draht und Si-
cherheitsmaßnahmen vollgestopft. Daher kann er sich
nicht im inneren Bereich befunden haben. (…) Wenn,
dann muss das also im Außenbereich gewesen sein. (…)
Wenn, dann waren das Wasserwagen. Wasser ist dort nun
einmal Mangelware. Ich meine, man hätte dort solche
Wagen eingesetzt, um dort Wasser zu lagern oder zu
transportieren. Dieser Wagen kann schon im Außenbe-
reich des Gefangenentrakts gestanden haben, ja. Wenn,
dann stand er auch irgendwo dort im Außenbereich, wo-
bei ich dazu sagen muss, dass ein Gefangener erhebliche
Sicherheitsschleusen durchlaufen müsste, um dorthin zu
kommen. (…) Deshalb zweifle ich persönlich diese Last-
wagengeschichte an. (…) Wie ich mich zu erinnern
meine, standen diese Wagen immer vorne zwischen
Tower, von wo dieses Bild auch aufgenommen wurde,
und Gefangenenlager.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 9,
Teil III, S. 6, 12)

c) „Wortwechsel“ hinter einem LKW

Sowohl zum behaupteten „Wortwechsel“ hinter einem
Lastkraftwagen als auch zu den von Murat Kurnaz be-
haupteten Misshandlungen ergaben die Aussagen der an
der Wachverstärkung beteiligten Soldaten keine Anhalts-
punkte für eine Bestätigung der Vorwürfe. Darüber hi-
naus konnte sich keiner der befragten Soldaten vorstellen,
dass insbesondere ausgebildete KSK-Soldaten Misshand-
lungen, wie sie von Murat Kurnaz beschrieben wurden,
begehen würden. Beispielhaft kann hier auf die Aussage
des Zeugen Nr. 18 hingewiesen werden (Stenografisches
Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 101):

„Wie ich schon erwähnt habe, haben Sie mit dem KSK
eine Truppe zur Verfügung, die besonders ausgewählt ist,
besonders qualifiziert ist, die über drei Monate von Psy-
chologen überprüft wird, wo man sich auch in der Ausbil-
dung entsprechend kennenlernt, man sich sehr nahe steht.
Auch wenn man sich dort vielleicht nicht mit jedem hun-

Handlungen gewillt wäre. Das, glaube ich, passt nicht in
das Modell eines Kommandosoldaten. Dafür haben wir ja
diese Auswahlverfahren.“

2. Aussagen von weiteren Kontingent-
angehörigen des 1. Kontingents,
die nicht an der Wachverstärkung
teilgenommen haben

Der Untersuchungsausschuss hat sich hinsichtlich des be-
haupteten Geschehensablaufs nicht auf die Vernehmung
der an der Wachverstärkung beteiligten Soldaten be-
schränkt. Er hat darüber hinaus weitere Soldaten als Zeu-
gen vernommen, die einzelne Umstände des behaupteten
Tatgeschehens, wie beispielsweise das Vorhandensein ei-
nes Lastkraftwagens im Gefangenenlager, bestätigen
könnten.

a) Bekleidung der Wachverstärkung
Die Befragung von Angehörigen des 1. Kontingents, die
nicht an der fraglichen Wachverstärkung beteiligt waren,
zur dortigen Bekleidung führte ebenfalls zu keinen Fest-
stellungen, die die Behauptungen zum Geschehensablauf
bestärken oder widerlegen.

So sei nach Aussage eines Zeugen (Nr. 21) grundsätzlich
die Wüstentarnuniform vorhanden gewesen; teilweise
seien Kälteschutzjacken oder sonstige wärmende Sachen
getragen worden (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II,
S. 46). Der Zeuge Nr. 22 berichtete ebenfalls, dass im La-
ger die Hose der Wüstenuniform getragen worden sei.
Nicht jeder habe aber wegen der Kälte die entsprechende
Wüstenjacke getragen. Vielfach sei im Lager eine Vlies-
jacke aus dem sogenannten Arktissatz getragen worden
(Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 70). An die-
sen Vliesjacken seien keine Flaggenabzeichen vorhanden
gewesen (Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 73).
Der Zeuge Nr. 13, der nach seiner Aussage zwischen dem
2. und 5. Januar 2002 nach Kandahar verlegt wurde, be-
richtete, dass er in den ersten Januartagen von einigen
Kameraden um die Herausgabe von Schutzhandschuhen
gebeten worden sei. Die Bitte um Herausgabe sei mit ei-
nem Einsatz im Gefangenenlager begründet worden (Ste-
nografisches Protokoll Nr. 5, Teil III, S. 30, 31).

b) Fahrzeuge im US-Gefangenenlager
Alle vom Untersuchungsausschuss vernommenen Solda-
ten des 1. Kontingents, die nicht an der Wachverstärkung
teilgenommen haben, gaben an, keine Fahrzeuge im US-
Gefangenenlager in Kandahar gesehen zu haben. Genaue
Angaben über die Zeitpunkte der „Besichtigungen“ oder
der konkreten Wahrnehmungen konnten von den Zeugen
nicht gemacht werden. Die Möglichkeit, dass ein LKW in
das US-Gefangenenlager hätte hereinfahren können,
wurde unterschiedlich bewertet. Der Kontingentführer
des 1. Kontingents, der nach seinen Aussagen zweimal im
US-Gefangenenlager war, erklärte auf die Frage, ob ein
Abtransport der Fäkalien mit einem Lastkraftwagen er-
folgt sei, dass er sich daran nicht erinnern könne. Es habe
dertprozentig versteht, könnte ich mir bei keinem Kame-
raden, den ich dort hatte, vorstellen, dass er zu derartigen

in jeder Umzäunung, also bei jedem Zelt, einen Bereich
gegeben, wo zwei Blechkübel standen. Dort hätten die

Drucksache 16/10650 – 76 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Gefangenen ihre Notdurft verrichten können. Im ganzen
Lager sei die Praxis des sogenannten shit-burning ver-
breitet gewesen; er gehe davon aus, dass dies auch im Ge-
fangenenlager so gewesen sei (Stenografisches Protokoll
Nr. 4, Teil II, S. 14).

Auf entsprechende Vorhalte des Untersuchungsausschus-
ses erläuterte er, es habe bereits bei seiner Ankunft im
Dezember 2001 in Kandahar Fahrzeuge für Material-
transporte gegeben (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil II,
S. 28). Auch der Zeuge Nr. 21 bestätigte, dass es in Kanda-
har von Anfang an sowohl Lastkraftwagen als auch zivile
Pick-ups gegeben habe. Die Fäkalienentsorgung sei durch
Verbrennen erfolgt (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II,
S. 44 – 46). Ebenfalls berichtete der Zeuge Nr. 13, dass zi-
vile Lastkraftwagen vorhanden gewesen seien. Darüber
hinaus habe es noch mit einem großen Tank ausgestattete
LKW zur Frischwasserversorgung gegeben (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 5, Teil III, S. 35, 36).

Der Zeuge Nr. 28, der nach eigenen Angaben zweimal im
Rahmen einer „Besichtigung“ im US-Gefangenenlager
war, schilderte zur Frage nach einem LKW innerhalb des
Gefangenenlagers und dem Aufbau des Gefangenenla-
gers (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 53, 54):

„Es gibt hier verschiedene Ausbauzustände. Hierzu muss
ich anführen: In der Vernehmung durch die Kriminalpoli-
zei Bruchsal wurde mir ein Foto vorgelegt, markiert mit
der Nummer 66. Ich habe diesen Kripobeamten gefragt,
welchen Datums dieses Foto sei. Er konnte mir das nicht
beantworten. Ich habe gesagt, dieses Foto, das er mir
vorlegt, entspricht nicht dem Ausbauzustand des Gefan-
genenlagers vom Dezember 01 bis März 02. Dieses Ge-
fangenenlager war ein ehemaliger Compound, wie man
hier sagt, ein Gehöft, das in unmittelbarer Nähe des Flug-
platzgebäudes angelehnt war: rechteckige Mauern, vorne
Lehmmauern, teilweise zerstört. Dieser Haupteingang, wie
ich einmal sage, auf diesem Foto durch ein Tor dargestellt,
ist falsch, was das Bild betrifft, das mir vorgelegt wurde.
Dieses Tor hat schon existiert. Dieses Tor war aber durch
Kriegshandlungen teilweise zerstört genauso wie die Mau-
ern. Es wurde durch die Amerikaner mit S-Draht-Rollen,
mit Zäunen versehen. Die komplette Mauer wurde von
außen herum an Pfosten in einem Abstand von einem
Meter zur Mauer mit Alublechen verblendet, sodass man
nicht unmittelbar hineinsehen konnte, weil an dieser
Mauer noch Schäden waren.

Sie konnten das Lager nur – ich betone: nur – durch ein
Zelt betreten, das an einem Eck aufgebaut war. Durch die-
ses Zelt haben sämtliche Gefangene dieses Lager betre-
ten. Unmittelbar vor dem Zelt war eine kleine Lehmhütte.
(…)

In dem Zeitraum Dezember 01 bis März 02 gab es dort
keine Möglichkeit, ja. Es wurde nicht mit Fahrzeugen in
dieses Gefangenenlager hinein gefahren. Die einzige
Möglichkeit war ein Zelt, ähnlich wie wir es in der Bun-
deswehr verwenden, ein Gefechtszelt, in das zu Fuß hi-
neingegangen wurde. (…) Dieses Tor, das mir auf diesem

mit einer Aluminiumverblendung als Sichtschutz umge-
ben oder um die Schwachstellen in den Mauern durch
Zerstörungen nicht für andere kenntlich zu machen. Ein
Tor ist ein Schwachpunkt in einer Mauer. So einfach ist
das. Ich versuche, zu verhindern, dass jemand herein-
oder herauskommt.“

Ein weiterer Zeuge (Nr. 16) erklärte nach Betrachtung ei-
nes ihm vorgelegten Fotos (Staatsanwaltschaft Tübingen,
Ermittlungsakte, MAT 16 – 9, Blatt 66), dass dies ein
ziemlich frühes Foto sei. Zu dem Zeitpunkt, als er die
Stelle gesehen habe, seien dort noch Planen und Stachel-
draht gewesen. Er habe das Tor vorher so nie gesehen
(Stenografisches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 42).

Demgegenüber berichtete der Zeuge Nr. 11, er habe ein-
mal das US-Gefangenenlager teilweise besichtigt. Nach
seiner Erinnerung sei das Tor des Gefangenenlagers groß
genug gewesen, um mit einem Kraftfahrzeug oder viel-
leicht auch einem kleinen Lastkraftwagen dort hineinfah-
ren zu können. Er könne jedoch über die Beschaffenheit
des Tores keine weiteren Details mehr nennen (Stenogra-
fisches Protokoll Nr. 9, Teil III, S. 45).

Der stellvertretende Kontingentführer des 1. Kontingents
berichtete, er sei einmal im US-Gefangenenlager im Rah-
men einer Besichtigung gewesen. Das genaue Datum sei
ihm nicht mehr erinnerlich. Ob er dabei bis in den Kern-
bereich des US-Gefangenenlagers vorgedrungen sei,
wisse er nicht. Er schilderte weiter, dass er durch ein gro-
ßes Tor gegangen sei. Er habe Gefangeneneinrichtungen
gesehen, sei aber der Ansicht, nicht im „inneren Zirkel“
gewesen zu sein. Fahrzeuge habe er „definitiv“ im US-
Gefangenenlager nicht gesehen. Ein Fahrzeug, wie ein
„Wolf-Geländewagen“, hätte vielleicht durch das Tor ge-
passt. Ob ein Tankwagen oder Ähnliches durchgepasst
hätte, wisse er nicht. Er könne sich auch nicht vorstellen,
was ein Tankfahrzeug in einem solchen Lager hätte trans-
portieren sollen (Stenografisches Protokoll Nr. 14,
Teil III, S. 10, 11).

c) „Wortwechsel“ und behauptete
Misshandlungen

Auch die Befragung zum konkreten Misshandlungsvor-
wurf, also dem möglichen Geschehen am LKW, führte
bei den Angehörigen des 1. Kontingents, die nicht an der
fraglichen Wachverstärkung beteiligt waren, zu keiner
verwertbaren Feststellung.

3. Aussagen von Vorgesetzten, die nicht
dem 1. Deutschen Heereskontingent
Spezialkräfte angehörten

Nach Auswertung des beigezogenen Aktenmaterials und
den Aussagen von Vorgesetzten im Untersuchungsaus-
schuss sind im Bereich des Einsatzführungskommandos
der Bundeswehr in Potsdam, des Kommandos Spezial-
kräfte in Calw sowie im Bundesministerium der Verteidi-
gung keine Meldungen eingegangen oder Kenntnisse
vorhanden gewesen, die auf Anhaltspunkte für die Rich-
Foto gezeigt wurde, war, wie gesagt, vorhanden. Aber zu
diesem genannten Zeitraum war dieses Lager komplett

tigkeit der von Murat Kurnaz behaupteten Misshandlun-
gen durch deutsche Soldaten hinweisen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 77 – Drucksache 16/10650

4. Aussagen von Mithäftlingen

In ihrer Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss
konnten die Mithäftlinge von Murat Kurnaz, die briti-
schen Zeugen Ruhal Ahmed und Asif Iqbal, Angaben
über ihre Wahrnehmungen zu deutschen Soldaten sowie
über das mögliche Vorhandensein von LKW im US-Ge-
fangenenlager machen. Eine exakte zeitliche Einordnung
der geschilderten Wahrnehmungen nach Datum und Uhr-
zeit war dabei nicht möglich. Hinsichtlich der von KSK-
Angehörigen durchgeführten Wachverstärkung konnte
nur der Zeuge Asif Iqbal Aussagen machen. Der Zeuge
Ruhal Ahmed berichtete, dass er deutsche Soldaten wahr-
genommen habe, die nach seiner Einschätzung an einer
Führung oder Besichtigung des US-Gefangenenlagers
teilgenommen hätten (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 8,
14, 20).

a) Bekleidung, Aussehen und Bewaffnung
der Wachverstärkung

Nach Aussage des Zeugen Asif Iqbal habe er während ei-
ner Nacht deutsche Soldaten gesehen, die zusammen mit
den amerikanischen Soldaten das US-Gefangenenlager
bewacht haben (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 28, 29).
In dieser Nacht seien die Gefangenen immer wieder auf-
gefordert worden, sich zum „Durchzählen“ aufzustellen.
Das „Durchzählen“ sei jede Nacht mehrmals durchge-
führt worden, jedoch in der Nacht, in der die Wache durch
deutsche Soldaten unterstützt worden sei, sei dies häufi-
ger als sonst geschehen; man habe die Gefangenen nicht
schlafen lassen (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 30). Beim
„Durchzählen“ habe er als Gefangener ein wenig herum-
schauen können. Dabei habe er zwei bis drei deutsche
Soldaten gesehen. Einer dieser deutschen Soldaten habe
mit der Laserzieleinrichtung seiner Waffe beim „Durch-
zählen“ auf jeden Gefangenen gezielt (Wortprotokoll
Nr. 22, Teil II, S. 28, 29).

Der Zeuge Ruhal Ahmed schilderte, nach seiner Erinne-
rung sei die Bewachung des US-Gefangenenlagers nur
durch amerikanische Soldaten erfolgt. Deutsche Soldaten
habe er bei der Wache nicht festgestellt (Wortprotokoll
Nr. 22, Teil II, S. 19 u. 20). Drei bis fünf deutsche Solda-
ten, vielleicht seien es auch mehr gewesen, hätten nach
seiner Wahrnehmung an einer Besichtigung des US-Ge-
fangenenlagers teilgenommen. Er habe sie an der Uni-
form und dem deutschen Abzeichen auf dem Ärmel er-
kannt. Der Zeuge Ruhal Ahmed berichtete des Weiteren,
dass amerikanische Soldaten ihre Laserzieleinrichtungen
auf die Gefangenen, auf Brust oder Kopf, gerichtet und
dabei Anweisungen gegeben hätten (Wortprotokoll
Nr. 22, Teil II, S. 10).

b) Fahrzeuge im US-Gefangenenlager

Zur Frage des Vorhandenseins von LKW im US-Gefan-
genenlager erläutert der Zeuge Ruhal Ahmed, dass grö-
ßere LKW (größere als ein Pick-up) dort verkehrt hätten.

hälter gehandelt habe, sei ihm nicht mehr genau erinner-
lich (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 10, 14).
Der Zeuge sagte hierzu aus:

„Ich würde sagen, es gab keine langen Fahrzeuge, richtig
große Fahrzeuge – aber größer als ein Kleintransporter,
wie ein Transporter, größer als ein Transporter. Ein mit-
telgroßer Lastwagen, der wahrscheinlich leicht 30 Ton-
nen aufladen kann. Ja, größer als ein Pick-Up. Viel größer
als ein Pick-Up“ (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 10).

Die Entsorgung der Fäkalien sei in den ersten zwei Wo-
chen so erfolgt, dass mit Fäkalien gefüllte Eimer von
amerikanischen Soldaten zu einem LKW getragen wur-
den, um sie zum Verbrennen abzutransportieren. Wäh-
renddessen hätten sich die Gefangenen umdrehen, sich
hinknien und die Hände hinter den Kopf legen müssen
(Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 8, 14). Später seien die
Eimer von Gefangenen zum LKW gebracht worden. Für
den Weg dorthin habe man etwa fünf Minuten gebraucht.
Diesen Gefangenen wäre für diese Tätigkeit zusätzliche
Verpflegung gegeben worden (Wortprotokoll Nr. 22,
Teil II, S. 8, 14, 16, 17). Der LKW zur Entsorgung der Fä-
kalien habe sich innerhalb des US-Gefangenenlagers be-
funden. Er selbst habe nach den ersten 14 Tagen auch Ei-
mer dorthin getragen. Die Eimer seien in Tonnen entleert
worden. An einen Tankwagen könne er sich nicht erin-
nern (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 10). Der Zeuge
Ruhal Ahmed konnte sich weiter daran erinnern, dass die
Fäkalien nicht täglich, vielleicht alle zwei bis drei Tage,
entsorgt wurden und er auch nicht täglich einen LKW ge-
sehen habe. Als er nach Kandahar verbracht worden sei,
hätten bereits Zelte und Verpflegung zur Verfügung ge-
standen. Nachschub sei hereingetragen oder aber auch he-
reingefahren worden (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 11).
Die Fäkalien seien nie nachts von einem LKW abgeholt
worden. Wasser und Nahrungsmittel hingegen seien viel-
leicht in der Nacht gebracht worden. Nach Einschätzung
des Zeugen seien LKW von außen nur bis zu einem „ge-
wissen Grad“ zu sehen gewesen (Wortprotokoll Nr. 22,
Teil II, S. 16, 17, 22).

Der Zeuge Asif Iqbal berichtete, nach seiner Erinnerung
keine LKW im Lager gesehen zu haben (Wortprotokoll
Nr. 22, Teil II, S. 27, 31). Zur Fäkalienentsorgung erläu-
terte der Zeuge, dass anfangs Eimer zur Verfügung ge-
standen hätten. Diese seien von Soldaten herausgeholt
worden, währenddessen hätten die Gefangenen sich am
Ende ihres Bereiches aufstellen und die Hände hinter den
Kopf legen müssen. Die Fäkalien seien dann in Metall-
tonnen verbrannt worden (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II,
S. 29, 30).

c) „Wortwechsel“ hinter einem LKW
Zu einem „Wortwechsel“ hinter einem LKW sowie zu
dem Vorwurf von Murat Kurnaz, hinter einem LKW von
Angehörigen des KSK misshandelt worden zu sein, konn-
ten von den Zeugen Ruhal Ahmed und Asif Iqbal keine
Angaben gemacht werden.
Diese habe er auch bereits in den ersten Wochen gesehen.
Ob es sich bei den LKW um Tankwagen mit einem Be-

Der Zeuge Ruhal Ahmed berichtete, dass er in Kandahar
im selben Bereich des US-Gefangenenlagers wie Murat

Murat Kurnaz hauptsächlich um Essen „gedreht“, da es
im US-Gefangenenlager zu wenig zu essen gegeben habe
(Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 11).

Verhöre durch amerikanische oder britische Kräfte seien
an einem Ort durchgeführt worden, der zwei bis drei Mi-
nuten vom Aufenthaltsort der Gefangenen entfernt gewe-
sen sei. Dorthin seien sie mit einem Sack über dem Kopf
geführt worden. Die Verhöre seien zu jeder Tages- und
Nachtzeit durchgeführt worden (Wortprotokoll Nr. 22,
Teil II, S. 13 u. 18). Nach der Erinnerung des Zeugen sei
Murat Kurnaz, wenn er herausgeführt worden sei, nach
einer oder nach einer halben Stunde wieder zurückge-
bracht worden. Die Verhöre hätten zwischen zwei Minu-
ten und sechs bis sieben Stunden pro Tag andauern kön-
nen (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 24). Der Zeuge
erklärte, nach seiner Erinnerung habe er bei Murat Kur-
naz keine Verletzungen im Gesicht feststellen können.
Murat Kurnaz habe – wie alle Gefangenen – Verletzungen
an den Handgelenken und an den Knöcheln durch Hand-
schellen und Fußfesseln gehabt (Wortprotokoll Nr. 22,
Teil II, S. 18, 19).

Anfang Januar 2002 als US-Soldaten in Kandahar statio-
niert waren, sich daran erinnert hätten, dass im US-Ge-
fangenenlager Lastwagen zur Abholung der Fäkalien, die
anschließend vor dem Lager verbrannt werden sollten,
ein- und ausgefahren seien. Ein weiterer Zeuge, ein ehe-
maliger Übersetzer, habe sich daran erinnert, dass mit ei-
nem Truck nachts Decken gebracht wurden, damit die
Gefangenen nicht erfrieren. Der Zeuge habe erklärt, Last-
wagen seien dort täglich vorhanden gewesen.

Der Untersuchungsausschuss hat in seiner Sitzung am
19. September 2007 die Vernehmung der in dem Magazin
DER SPIEGEL vom 3. September 2007 genannten drei
Zeugen beschlossen. Die Zeugen wurden im weiteren
Verlauf der Untersuchung jedoch nicht vernommen. Auf
Anfrage des Untersuchungsausschusses, ob den Zeugen
eine Genehmigung für eine Aussage vor dem Untersu-
chungsausschuss erteilt werde, erklärte die Botschaft der
Vereinigten Staaten von Amerika in Berlin mit Schreiben
vom 4. Dezember 2007, dass nach sorgfältiger Prüfung
aller Aspekte dieses Falles die erbetene Unterstützung
nicht gewährt werden könne.
Drucksache 16/10650 – 78 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Kurnaz festgehalten worden sei. Da Kurnaz zu diesem
Zeitpunkt ein wenig Englisch gesprochen habe, sei ein
Kontakt zustande gekommen. Später seien Murat Kurnaz
und er noch vier- bis fünfmal im US-Gefangenenlager
verlegt worden. Im US-Gefangenenlager seien alle Häft-
linge von US-Soldaten misshandelt worden. Er habe je-
doch nie bei Murat Kurnaz festgestellt, dass er misshan-
delt worden sei. Murat Kurnaz habe ihm nichts über eine
Misshandlung durch deutsche Soldaten mitgeteilt (Wort-
protokoll Nr. 22, Teil II, S. 9, 13, 18, 19). Im weiteren Ver-
lauf der Vernehmung erklärte der Zeuge wiederholt, dass
nicht über Misshandlungen gesprochen worden sei.
Murat Kurnaz habe auch nicht über Kontakte zu deut-
schen Soldaten gesprochen (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II,
S. 19, 24).

Nach Aussage des Zeugen hätten sich die Gespräche mit

Der Zeuge Ruhal Ahmed berichtete des Weiteren, dass er,
als die deutschen Soldaten durch das US-Gefangenenla-
ger geführt wurden, keine Deutschen habe sprechen hö-
ren; eine Kontaktaufnahme mit Murat Kurnaz durch deut-
sche Soldaten habe er ebenfalls nicht beobachtet.

Der Zeuge Asif Iqbal erklärte, in einer Nacht deutsche
Soldaten im US-Gefangenenlager gesehen zu haben. Er
habe keine Erinnerung über eine Beobachtung von Kon-
takten der deutschen Soldaten zu Mithäftlingen (Wortpro-
tokoll Nr. 22, Teil II, S. 28, 29, 33).

5. Berichte über die Äußerungen
von US-Soldaten

In der Ausgabe des Magazins DER SPIEGEL vom
3. September 2007 wird berichtet, dass zwei Zeugen, die

bzw. ihrer visuellen Kontakte machen.

Darüber hinaus sei es nach weiteren Zeugenaussagen bei
der geleisteten Wachverstärkung am Zaun, der einzelne
Bereiche mit Gefangenen umschlossen habe, zu einem
Sichtkontakt und „Wortwechsel“ zwischen Murat Kurnaz
und einem oder mehreren an der Wachverstärkung betei-

Vor der Staatsanwaltschaft Tübingen sagte er aus, dass er
selbst zweimal im US-Gefangenenlager gewesen sei;
nach seiner Erinnerung am 10. Februar 2002 und noch-
mals Ende Februar 2002 (Staatsanwaltschaft Tübingen,
Ermittlungsakte, MAT 16 – 25, S. 313).

Vor dem Untersuchungsausschuss äußerten sich mehrere
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 79 – Drucksache 16/10650

C. Welche Personen innerhalb der Bundeswehr und im Bundesministerium der
Verteidigung hatten gegebenenfalls welche Kenntnis über die Kontakte von
Angehörigen der Bundeswehr zu Murat Kurnaz?

Im Rahmen der Untersuchung hat der Ausschuss, um sich
ein Bild zur allgemeinen Informationslage über Murat
Kurnaz zu verschaffen, auch die Presseberichterstattung
von Anfang des Jahres 2002, auf die bei der Vernehmung
von Zeugen Bezug genommen worden ist, ausgewertet.
Daraus ergibt sich folgender Sachverhalt:

Ende Januar 2002 erschienen mehrere Presseberichte, die
auf einen jungen Türken aus Bremen hinwiesen, der in
Afghanistan festgehalten werde. In einem mehrseitigen
Bericht im Magazin DER SPIEGEL vom 28. Januar 2002
wurde geschildert, dass US-Soldaten den in Bremen ge-
borenen 19-jährigen Türken „Murat K.“ in Afghanistan
festgenommen hätten und an einem unbekannten Ort in
Afghanistan festhalten würden; er werde verdächtigt, für
die Taliban gekämpft zu haben. In den Ausgaben der
BILD vom 28. Januar 2002 und 29. Januar 2002 wurde
über das vermeintliche Schicksal von Murat Kurnaz mit
Fotos von ihm und seiner Mutter Rabiye Kurnaz berich-
tet. Es sei beabsichtigt, Murat Kurnaz von Afghanistan in
das US-Gefangenenlager auf Guantánamo auszufliegen.
Ein weiterer Bericht hierzu erschien in der tageszeitung
vom 28. Januar 2002.

I. Kenntnis vor Ort in Kandahar
Nach den Aussagen von Zeugen vor dem Untersuchungs-
ausschuss wurden mehrere deutsche Soldaten vor Ort in
Kandahar durch amerikanische Soldaten darauf aufmerk-
sam gemacht, dass sich ein deutscher oder deutsch spre-
chender Gefangener im US-Gefangenenlager befinde.
Ein Teil der Zeugen gab an, bei „Besichtigungen“ des La-
gers in Begleitung von US-Soldaten seien sie auf ein
Areal im Gefangenenlager mit der Bemerkung hingewie-
sen worden, dass sich dort dieser Gefangene befinde. Für
mehrere Zeugen sei dabei nicht klar gewesen, wer von
den US-Gefangenen gemeint gewesen sei. Andere Zeu-
gen berichteten, dass im Rahmen von „Besichtigungen“
mit US-Soldaten der Gefangene an den Zaun herangeru-
fen worden sei, sodass Sichtkontakt bestanden habe bzw.
man ihn habe erkennen können. Die Zeugen konnten in
diesem Zusammenhang vor dem Ausschuss keine Anga-
ben zum jeweiligen Zeitpunkt ihrer Kenntniserlangung

aus dem Kreis der deutschen Soldaten geäußert, die an
dem „Wortwechsel“ mit Murat Kurnaz beteiligt gewesen
sein soll.

Nach Aussagen der beteiligten Zeugen sei über die Kon-
takte wenig bzw. nicht mit Kameraden gesprochen wor-
den. An den Kontakten unbeteiligte Zeugen berichteten
ferner, dass ihnen über Kontakte von Kontingentangehö-
rigen mit Murat Kurnaz vor Ort in Kandahar und auch
später nichts bekannt geworden sei. Informationen hie-
rüber seien ihnen erst im Rahmen der Erhebung der Vor-
würfe von Murat Kurnaz nach seiner Rückkehr aus
Guantánamo im August 2006 durch die Medien bekannt
geworden.

1. Kontingentführung und Einsatzkräfte

a) Existenz eines deutschen oder deutsch
sprechenden Gefangenen

Der Kontingentführer des 1. Kontingents berichtete vor
dem Untersuchungsausschuss, dass er erstmals am
16. Dezember 2001 von Masirah nach Kandahar und am
18. Dezember 2001 wieder zurück nach Masirah „ver-
legt“ habe. Am 23. Dezember 2001 sei er nochmals nach
Kandahar und danach wieder zurück nach Masirah geflo-
gen. Nach seiner Erinnerung sei dann letztlich die Verle-
gung des 1. Kontingents zum 1. Januar 2002 erfolgt. Er
habe dann am 10. Januar 2002 die Einsatzbereitschaft des
Kontingents melden können. Insgesamt sei er von De-
zember 2001 bis Ende März 2002 und von Juli 2002 bis
November 2002 im Einsatz gewesen (Stenografisches
Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 1 f.).

Zur Frage, wie er Kenntnis über einen deutschen oder
deutsch sprechenden Gefangenen erlangt habe, führte er
aus, zum ersten Mal im morgendlichen Briefing bei den
US-Marines am 3. Januar 2002 davon erfahren zu haben
(Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 63).

Im weiteren Verlauf der Vernehmung ergänzte der Kon-
tingentführer des 1. Kontingents, dass ihm niemals ein
Kontakt zu Murat Kurnaz gemeldet worden sei (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 65).
ligten deutschen Soldaten gekommen. Die Zeugen konn-
ten dabei keine Angaben zu dem vollständigen Personen-
kreis der Wachverstärkung machen, der bei diesem
Kontakt anwesend war. Des Weiteren wurden in den Zeu-
genaussagen nur Vermutungen hinsichtlich einer Person

Zeugen des 1. Kontingents im Einzelnen wie folgt. Ein
Zeuge (Nr. 23) berichtete in seiner Vernehmung:

„Wir haben uns ganz normal im Rahmen dessen, dass wir
uns unterhalten haben, über das Thema unterhalten, dass

Drucksache 16/10650 – 80 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

dort ein Deutscher war. Hintergrund der Gespräche war
dann einfach immer nur, dass wir uns gewundert haben,
auf welchen Pfaden es passieren kann, dass selbst ein
Deutscher dazu kommt, dass er dem Islamismus und dann
dem Terrorismus angehört. (…)“ (Stenografisches Proto-
koll Nr. 6, Teil III, S. 27)

Ein weiterer Zeuge (Nr. 32) schilderte:

„Sicherlich war es was Besonderes. Aber ich sage mal so:
Man hat es zur Kenntnis genommen, man hat vielleicht
auch darüber gesprochen; aber es wurde nicht groß aus-
diskutiert. (…) Dass der eine oder andere ein bisschen
mehr verdutzt war, ja, das mag sein. Aber es wurde nicht
zum alltäglichen Thema, über das man stundenlang ge-
sprochen hat.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III,
S. 3)

Der Zeuge Nr. 28, der nach eigenen Angaben mit den ers-
ten Soldaten in Kandahar eingetroffen sei, schilderte, dass
er vor der Durchführung der Wachunterstützung im Rah-
men einer „Einweisung“ in das US-Gefangenenlager von
einem amerikanischen Soldaten darüber unterrichtet wor-
den sei, dass sich u. a. ein Deutscher in diesem Lager be-
finde. Ihm sei dabei der Name Murat Kurnaz genannt
worden, wobei er schon damals darauf hingewiesen habe,
dass dies kein deutscher, sondern ein türkischer Name sei
(Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 48).

Ergänzend berichtete der Zeuge Nr. 28 weiter, dass er
über den Ablauf der Neuaufnahme von Gefangenen im
Lager unterrichtet worden sei. Ihm seien die Verfah-
rensabläufe hierzu erläutert worden. In diesem Zusam-
menhang sei ihm angeboten worden, dass er einen angeb-
lich deutschen Gefangenen sprechen könne. Dies habe er
jedoch mit dem Hinweis abgelehnt, dass dies nicht seine
Aufgabe sei. Er habe allerdings die Information über ei-
nen vermutlich deutschen Gefangenen an die Angehöri-
gen des Nachrichtendienstes der Zelle Militärisches
Nachrichtenwesen (MilNW) weitergegeben und die Aus-
kunft erhalten, dass grundsätzlich keine Absicht bestehe,
das angebotene Gespräch zu führen. Gleichwohl sei er
darauf hingewiesen worden, dass jede Information zu die-
sem Sachverhalt wichtig sei. Durch seinen Kontakt zu
den Koalitionspartnern sei ihm ein Datenträger übergeben
worden, dessen Inhalt ihm nicht bekannt gewesen sei.
Diesen Datenträger habe er dann an die entsprechende
Stelle der Zelle MilNW weitergegeben. Darüber hinaus
habe er Informationen über den Wachdienst im Gefange-
nenlager erhalten und hierüber den Kontingentführer un-
terrichtet (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 48).

Auf Nachfrage erklärte der Zeuge Nr. 28, dass er den Na-
men Kurnaz auch an Mitarbeiter der Dienste vor Ort in
Kandahar weitergegeben habe (Stenografisches Proto-
koll Nr. 8, Teil III, S. 54). Er gab weiter an, dass er bei
dem Rundgang durch das US-Gefangenenlager mit einem
Amerikaner auf den vermeintlich deutschen Gefangenen
aufmerksam gemacht worden sei. Dieser sei in einer Ent-
fernung von 15 bis 20 Metern zu sehen gewesen (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 49). Gefragt nach

„Wie gesagt, es war schon bekannt, dass ein ‚Deutscher‘
im Lager war. Das wussten, glaube ich, schon viele; aber
man hat nicht groß spekuliert. Wie gesagt, durch die Na-
mensnennung Murat Kurnaz, der kein typischer deutscher
Name war, hat man sich eigentlich keine großen Gedan-
ken gemacht. Wie gesagt, dieser Amerikaner, der in Tora
Bora durch die Amerikaner gefasst wurde, war auch in
diesem Detainee-Camp. Der Engländer, der in diesem
Detainee-Camp war, war ein Angehöriger des Special Air
Service, den die Taliban gefangen und umgedreht hatten.
Er hat gegen seine eigenen Leute gekämpft. Das war für
uns weitaus mehr Diskussionsanlass als der Herr Murat
Kurnaz.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 61).

Der stellvertretende Kontingentführer des 1. Kontingents,
der nach eigenen Angaben von Mitte Januar 2002 bis
Ende März 2002 in Kandahar war, erklärte, dass er von
dem Vorgang, dass sich ein deutsch sprechender Gefange-
ner im Lager befunden habe, keine Kenntnis hatte. Er
selbst sei mit dem Vorgang im Rahmen der Befragung
durch das Bundesministerium der Verteidigung im ver-
gangenen Jahr 2006 vertraut gemacht worden (Stenogra-
fisches Protokoll Nr. 14, Teil III, S. 5).

b) Visuelle Kontakte und „Wortwechsel“
am Zaun

Zu visuellen Kontakten und dem „Wortwechsel“ am Zaun
innerhalb des US-Gefangenenlagers machten Angehörige
des 1. Kontingents bei ihrer Vernehmung folgende Aussa-
gen vor dem Verteidigungsausschuss als 1. Untersu-
chungsausschuss:

Ein Zeuge (Nr. 1) berichtete, dass er, nachdem er den
deutschen oder deutschsprachigen Gefangenen bei einer
„Besichtigung“ des Gefangenenlagers mit amerikani-
schen Soldaten oder bei der Wachverstärkung gesehen
hatte, seine Vorgesetzten hierüber nicht informiert habe.
Er wisse nicht, ob seine Vorgesetzten Kenntnis hatten,
dass dort dieser Gefangene gewesen sei. Er sei der An-
sicht, wenn sich dort ein Deutscher befunden hätte, wäre
das auch „garantiert“ an die Vorgesetzten herangetragen
worden. Er könne sich weiter nicht daran erinnern, mit
seinen Kameraden darüber gesprochen zu haben. Er
schließe nicht aus, dass „schon kurz“ darüber gesprochen
worden sei (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III,
S. 65 u. 70).

Ein weiterer Zeuge (Nr. 18) erklärte, man habe Gefan-
gene am Zaun antreten lassen. Eine Gruppe von deut-
schen und US-Soldaten, darunter ein sehr junger US-Sol-
dat, der letztlich den Deutschen aufgefordert habe, näher
zu kommen, hätte auf der anderen Seite des Zaunes ge-
standen. Der Gefangene sei näher gekommen und aus der
Gruppe seien sinngemäß die Worte gefallen, dass er sich
wohl die falsche Seite ausgesucht habe. Dieser deutsche
Gefangene habe daraufhin aufgeschaut. Der amerikani-
sche Soldat habe ihn aufgefordert, auf den Boden zu
schauen und damit sei die Kommunikation beendet gewe-
sen (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 92).
der Informationslage unter den Kameraden führte der
Zeuge Nr. 28 aus:

Ein anderer Zeuge (Nr. 22), der nach eigenen Angaben
nie im US-Gefangenenlager gewesen war und auch nie

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 81 – Drucksache 16/10650

Murat Kurnaz gesehen habe, erinnerte sich daran, dass er
durch einen Kameraden vor Ort in einem vertraulichen
Gespräch nebenbei darüber informiert worden sei, dass
einige der Angehörigen des KSK einen Deutschen in dem
US-Gefangenenlager angesprochen hätten; soweit er sich
erinnern könne mit den Worten: „Du hast dir wohl die fal-
sche Seite ausgesucht.“

Dazu erklärte der Zeuge (Nr. 22) weiter, da es sich um ein
vertrauliches Gespräch gehandelt habe, sei diese Informa-
tion nicht von ihm weitergegeben worden. Die Umstände
seien so gewesen, dass dies nicht sehr Erfolg verspre-
chend gewesen wäre oder er dies nicht für notwendig er-
achtet hätte. Erst später, als er im Anschluss an seinen
Einsatz relativ rasch eine Verwendung im Einsatzfüh-
rungskommando (EinsFüKdoBw) wahrgenommen habe,
sei dies von ihm dort dem zuständigen Abteilungsleiter
zusammen mit anderen Sachverhalten mitgeteilt worden.
Später sei zufällig auch der Kamerad, der ihm ursprüng-
lich in Kandahar die Information über diesen „Wortwech-
sel“ gegeben habe, ebenfalls beim Einsatzführungskom-
mando eingesetzt worden. Nach Aussage des Zeugen
(Nr. 22) habe sein Kamerad auch den Abteilungsleiter
über seine Kenntnisse unterrichtet (Stenografisches Pro-
tokoll Nr. 7, Teil III, S. 69).

Schließlich wies ein Zeuge (Nr. 8) auf Nachfrage darauf
hin, dass er vom Hörensagen „auf dem Gang aufge-
schnappt“ habe, dass der „Spruch“ über die falsche Seite
von einem bestimmten Kameraden gesagt worden sei. Er
wisse jedoch nicht mehr, von wem und unter welchen
Umständen. Es sei eine Bemerkung zwischen „Tür und
Angel“ gewesen, mit einem „halben Ohr gehört“ (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 47).

c) Weiterleitung von Informationen
Der Kontingentführer des 1. Kontingents bestätigte in sei-
ner Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss, er
habe am 3. Januar 2002 die Information über die Existenz
eines Deutschen oder eines Ausländers mit deutschem
Pass an die Abteilung „Spezialoperationen“ (Abt.
SpezOps) nach Potsdam gemeldet (Stenografisches Pro-
tokoll Nr. 4, Teil II, S. 72).

In der Meldung des Kontingentführers vom 3. Januar
2002 an das Einsatzführungskommando in Potsdam heißt
es:

„(…) Im Kriegsgefangenenlager auf dem AIRFIELD
KANDAHAR befinden sich derzeit ca. 250 POW, darun-
ter ein Deutscher, der offensichtlich Al Qaida Anhänger
ist. (…)“ (MAT 16 – 22, Anlage 03, entspricht BMVg-
Ordner 26 C)

Grundsätzlich sei es so gewesen, dass er täglich morgens
um 5.00 oder 6.00 Uhr eine Tagesmeldung an das Ein-
satzführungskommando abgegeben habe, wöchentlich
eine Wochenmeldung über den allgemeinen Zustand des
Kontingents und Sofortmeldungen bei besonderen Vor-
kommnissen. Weiterhin habe er nahezu täglich Videokon-
ferenzen mit dem Befehlshaber und seinem Stellvertreter

lung „Spezialoperationen“ beim Einsatzführungskom-
mando gekommen (Stenografisches Protokoll Nr. 4,
Teil III, S. 13).
Der Kontingentführer des 1. Kontingents stand darüber
hinaus während des Einsatzes in Kontakt zum Komman-
deur des Kommandos Spezialkräfte (KSK) in Calw.

2. Zelle Militärisches Nachrichtenwesen
Das 1. Deutsche Heereskontingent Spezialkräfte
(1. DtHKtg SpezKr EF) – im Folgenden 1. Kontingent –
in Kandahar wurde von einer Zelle Nachrichtenwesen,
auch als „Unterstützungselement Militärisches Nachrich-
tenwesen“ bezeichnet, begleitet. Die Zelle Militärisches
Nachrichtenwesen (MilNW) hatte die Aufgabe, das Kon-
tingent bzw. den Kontingentführer mit entsprechenden
Informationen zu unterstützen sowie Berichte und ent-
sprechende Informationen an die Heimatdienststellen zu
senden.

Der Zelle Militärisches Nachrichtenwesen wurden in
Kandahar Anfang Januar 2002 Informationen über einen
deutschen oder deutsch sprechenden Gefangenen im US-
Gefangenenlager übermittelt. Zum genauen Umfang der
Informationen, dem genauen Umgang damit sowie zum
Eingangszeitpunkt und zu der genauen Weiterleitung
wurden von den Zeugen keine oder unterschiedliche An-
gaben gemacht. Das Vorhandensein von Kenntnissen
über Kontakte von Angehörigen des KSK zu Murat
Kurnaz wurde vor dem Untersuchungsausschuss von den
Zeugen aus dem Bereich der Zelle Militärisches Nach-
richtenwesen nicht bestätigt.

a) Existenz eines deutschen oder deutsch
sprechenden Gefangenen

Ein Zeuge aus der Zelle Militärisches Nachrichtenwesen
berichtete, die Information, dass sich im US-Gefangenen-
lager ein Deutscher befinde, sei mehr oder weniger zufäl-
lig an ihn herangetragen worden. Die Information sei
nicht explizit per Meldung, sondern sei ihm über Um-
wege bekannt geworden; dies sei so auch weitergeleitet
worden. Was jedoch genau durch die Zelle Nachrichten-
wesen nach Deutschland gemeldet worden sei, wisse er
nicht (Stenografisches Protokoll Nr. 9, Teil III, S. 29).

b) Visuelle Kontakte
Ein weiterer Zeuge schilderte, dass er gebeten worden sei,
bei einer Vernehmung eines Deutschen, der als Taliban
gefangen genommen worden sei, anwesend zu sein. Er sei
deshalb im Gefangenenlager gewesen. Ein Amerikaner
habe auf zehn Personen gezeigt und gesagt, dass dort
„Kurnaz“ stehe. Der Zeuge berichtete weiter, dass er den
Amerikaner darauf aufmerksam gemacht habe, dass
Kurnaz kein deutscher Name sei. Dieser habe schließlich
mitgeteilt, dass sie dies nicht so genau wüssten. Kurze
Zeit später sei ein zweiter Amerikaner mit der Informa-
tion hinzugekommen, dass der Gefangene keinen Wert
darauf legen würde, mit einem Deutschen zu sprechen.
Damit sei die Angelegenheit nach Angaben des Zeugen
oder seinem Chef des Stabes geführt. Irgendwann sei es
dann zu täglichen Telefonaten mit dem Leiter der Abtei-

für ihn erledigt gewesen (Stenografisches Protokoll
Nr. 11, Teil III, S. 25).

Drucksache 16/10650 – 82 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

c) Weiterleitung von Informationen

Angesprochen auf einen Datenträger, der der Zelle Mili-
tärisches Nachrichtenwesen von einem KSK-Angehöri-
gen übergeben worden sei (der diesen Datenträger
wiederum von amerikanischer Seite erhalten habe), be-
richtete ein weiterer Zeuge, dass er sich nicht erinnern
könne, wo dieser Datenträger geblieben sei. Es sei eine
CD gewesen (Stenografisches Protokoll Nr. 9, Teil III,
S. 45 u. 56). Der Zeuge schilderte weiter, dass er nach sei-
ner Erinnerung versucht habe, die CD über die ihm zur
Verfügung stehenden Mittel weiterzuleiten (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 9, Teil III, S. 61). Auf Nachfrage er-
klärte der Zeuge, die CD sei vor Ort geblieben, ob er
diese an einen Nachfolger übergeben habe, wisse er nicht
mehr (Stenografisches Protokoll Nr. 9, Teil III, S. 65).

Ein weiterer Zeuge berichtete, es sei ihm irgendetwas
übergeben worden, von dessen Inhalt er keine Kenntnis
erlangt habe. Wahrscheinlich seien die Inhalte in engli-
scher Sprache abgefasst und vielleicht seien Bilder dabei
gewesen. Er gehe davon aus, dass es sich um eine „Kas-
sette“ gehandelt habe. Auf Nachfrage konkretisierte die-
ser Zeuge den Begriff „Kassette“ als sogenannte ZIP-Dis-
kette. Er gehe davon aus, dass die Dateien zunächst
elektronisch übermittelt und dann auf einer Diskette ab-
gespeichert worden seien. Er vermutete, dass einer seiner
Mitarbeiter die Diskette in den Computer geschoben und
gefragt habe, was er damit machen solle. Er selbst habe
seinem Mitarbeiter gesagt, dass er sie zur Auswertung
„heim schicken“ solle. Er habe die Diskette oder dessen
Inhalte „also unter Garantie“ entweder persönlich ge-
schickt oder schicken lassen (Stenografisches Protokoll
Nr. 11, Teil III, S. 26 f.).

Auf weitere Nachfrage bestätigte der Zeuge, dass dieser
Informationsstrang nicht der gleiche sei wie der der KSK-
Soldaten (Stenografisches Protokoll Nr. 11, Teil III,
S. 34).

In einer Meldung der „Zelle MilNw bei KSK“ aus Kanda-
har an den Point of Contact (POC) EinsSpezKr beim Amt
für Nachrichtenwesen der Bundeswehr in Grafschaft-
Gelsdorf mit Datum vom 4. Januar 2002, die unter
Punkt 10 am 5. Januar 2002 fortgeschrieben wurde, wird
ausgeführt:

„(…) Auf der Base ist ein Gefangenenlager eingerichtet.
Nachdem letzte Nacht wieder 25 Mann gebracht wurden,
ist es jetzt mit 275 Mann überbelegt. Ab dem 10. Januar
2002 sollen die ersten ausgeflogen werden. Angeblich
sollen sich darunter auch jeweils ein Deutscher, Franzose
und Brite befinden. Die Gefangenen haben Hand- und
Fußfesseln und sind in Zelten untergebracht, die keine
Seitenwände haben, dafür einzeln mit Stacheldraht abge-
zäunt sind. Das gesamte Lager ist mit einer Lehmmauer
und einem weiteren Stacheldrahtzaun umgeben. Es soll
bekannt gegeben worden sein, dass bei einem Fluchtver-
such bei Annäherung an die Lehmmauer ohne Anruf ge-
schossen werde. Die Marines auf den vier Wachtürmen
vermitteln auch diesen Eindruck durch ständige Ziel- und

In einer weiteren Meldung der Zelle MilNW an den POC
mit Datum vom 6. Januar 2002 wird unter Punkt 4 berich-
tet:

„(…) In der letzten Nacht wurde das Gefangenenlager
von deutschen Soldaten bewacht. Die Bewachungsmoda-
litäten habe ich gestern geschildert. Es gab keine beson-
deren Vorkommnisse. Seit heute sind etwa 300 Gefan-
gene hier. Das Lager wird jetzt auf eine Kapazität von
500 aufgestockt.“ (BMVg, MAT 16 – 59, Anlage 01, ent-
spricht Ordner 27)
Mit Meldung vom 7. Januar 2002 übermittelte die Zelle
MilNW an den POC eine Information des für Nachrich-
tenwesen zuständigen Offiziers (S 2-KSK). In dieser „In-
formation des S 2-KSK“ – ohne Datum – wurde unter der
Überschrift „Beschreibung aktueller Punkte“ unter Punkt
3 die weitere Überschrift „Erkenntnisse zu den Detainees
auf dem Flugfeld Kandahar“ aufgeführt.

Zu diesem Punkt 3 wurde im weiteren Meldetext im Ein-
zelnen Folgendes ausgeführt:
„Auf dem Flughafen Kandahar werden seit 7. Januar
2002 307 Gefangene aus dem Bereich Taliban – AA fest-
gehalten. Unter ihnen befindet sich mindestens eine Per-
son deutscher Nationalität. Unter Umständen handelt es
sich dabei um einen in DEU geborenen Mann türkischer
Abstammung. Geschätztes Alter unter 30 Jahre. Es ist
vorgesehen, diese Person mit anderen Gefangenen im
Lufttransport ab kommender Nacht nach Guantánamo/
Cuba zu verlegen. Der Deutsche wird nicht im ersten
Lufttransport am 9. Januar 2002 verlegt. Bild und Perso-
nenbeschreibung Anlage 2“ (BMVg, MAT 16 – 59, An-
lage 01, entspricht Ordner 27).
Eine weitere Meldung der Zelle MilNW mit Datum 9. Ja-
nuar 2002 enthielt unter Punkt 3 folgende Mitteilung:

„(…) Als Anlage die Vernehmungsprotokolle einiger Ge-
fangener. Wird wahrscheinlich nur für den MAD interes-
sant sein. Die Geschichte zu Murat könnt Ihr Euch aus
München liefern lassen.“ (BMVg, MAT 16 – 59, Anla-
ge 01, entspricht Ordner 27)
Am 9. Januar 2002 bezog sich eine Verbindungsbeamtin
des Bundeskriminalamtes beim Bundesnachrichtendienst
in einem Schreiben aus München nach eigenen Angaben
auf eine aus Kandahar stammende Mitteilung aus einer
BND-Quelle, die Angaben über einen Gefangenen, der in
Deutschland geboren und möglicherweise türkischer Ab-
stammung sei, enthalte. Die Mitteilung aus Kandahar um-
fasst ein Bild und eine Personenbeschreibung (Stenogra-
fisches Protokoll Nr. 9, Teil III, S. 54).

II. Kenntnis im Einsatzführungskommando
der Bundeswehr

Durch tägliche Meldungen des 1. Deutschen Heereskon-
tingents Spezialkräfte, Weisungen an das Einsatzfüh-
rungskommando in Potsdam, Abt. Spezialoperationen,
sowie die täglichen Weisungen an das Kontingent war die
Führung durchgehend sichergestellt. Zur direkten Kom-
munikation zwischen Einsatzland und Potsdam wurde da-
Richtübungen. (…)“ (BMVg, MAT 16 – 59, Anlage 01,
entspricht Ordner 27).

bei auch die Möglichkeit der Videokonferenztechnik ge-
nutzt.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 83 – Drucksache 16/10650

1. Befehlshaber

Der für die Leitung des Einsatzführungskommandos der
Bundeswehr ab 1. Juli 2001 verantwortliche Befehlshaber
erklärte als Zeuge vor dem Verteidigungsausschuss als
1. Untersuchungsausschuss:

„Es gab zwei Möglichkeiten: Entweder über Videokonfe-
renzsystem, das auch für das Übermitteln von Meldun-
gen, ohne dass man sich jetzt gesehen hat, genutzt wurde,
oder andere gesicherte Fernmeldeverbindungen ging täg-
lich zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Meldung des
KSK-Kontingents aus Kandahar ein. Dem folgte im Ein-
satzführungskommando in der Regel eine Lage, in der die
Dinge, die ausgewertet wurden, dargestellt wurden; in der
Folge dann in der Regel eine Videokonferenz mit dem
Kontingentführer, die ich eigentlich täglich durchgeführt
habe oder einer von uns drei Generalen, die im Einsatz-
führungskommando – mein Stellvertreter oder der Chef
des Stabes – verfügbar waren. Danach wurde festgelegt,
was an das Bundesministerium der Verteidigung zu mel-
den ist. Diese Meldung ging am gleichen Tage, am glei-
chen Abend noch an die Stabsmeldestelle zu Händen des
Führungsstabs der Streitkräfte der Abteilung 5 heraus.
(…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil II, S. 8 f.)

a) Existenz eines deutschen oder deutsch
sprechenden Gefangenen

Hinsichtlich der Kenntnis über die Existenz eines deut-
schen oder deutsch sprechenden Gefangenen im US-Ge-
fangenenlager Kandahar erläuterte der ehemalige
Befehlshaber, dass der Kontingentführer dies sofort ge-
meldet habe und es vom Einsatzführungskommando auch
sofort weitergeleitet worden sei. Diese Information sei al-
lerdings schon im BMVg bekannt gewesen, ehe das Ein-
satzführungskommando davon Kenntnis erlangt habe
(Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 9).

Auf die Frage, ob er einen Ratschlag zum Umgang mit
der Situation gegeben habe, erklärte der ehemalige Be-
fehlshaber des Einsatzführungskommandos: Er habe dies
nicht getan, da unmittelbar danach eine Meldung einge-
gangen sei, nach der es sich bei dem fraglichen Gefan-
genen im US-Gefangenenlager um einen Deutsch-
sprachigen handele, der in Deutschland gelebt habe
(Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 10).

b) Visuelle Kontakte und „Wortwechsel“
am Zaun

Auf eine weitere Nachfrage berichtete der Zeuge, dass er
erst aus der Zeitung Ende 2006, nach den ersten Verneh-
mungen, erfahren habe, dass Angehörige des Komman-
dos Spezialkräfte (KSK) in einen direkten Kontakt mit
Murat Kurnaz gekommen seien (Stenografisches Proto-
koll Nr. 8, Teil III, S. 13).

c) Weiterleitung von Informationen

Die Weiterleitung von Informationen über Murat Kurnaz

satzführungskommando der Bundeswehr ergab sich aus
den durch den Untersuchungsausschuss beigezogenen
Akten des BMVg.

In diesen Akten war die Meldung des Einsatzführungs-
kommandos der Bundeswehr, Abteilung Spezialoperatio-
nen, vom 3. Januar 2002 beigefügt. Als Adressat ist dort
im Verteiler das Bundesministerium der Verteidigung,
Fü S V 3, genannt. Unter dem Gliederungspunkt 3.
„Überblick G3/A3-Lage“ heißt es zu Spiegelstrich 9:

„(…) Im Kriegsgefangenenlager auf dem AIRFIELD
KANDAHAR befinden sich derzeit ca. 250 POW, darun-
ter auch ein Deutscher, der offensichtlich Al Qaida An-
hänger ist. (…)“ (BMVg, MAT 16 – 22, Anlage 03, ent-
spricht Ordner 26 D)

Der damalige Befehlshaber erklärte vor dem Untersu-
chungsausschuss auf die Frage, ob er als Befehlshaber di-
rekt beim Minister vorgesprochen habe:

„Nein. Diese Meldung ist auf dem normalen Meldewege,
in einer Tagesmeldung nach oben gemeldet worden. Nur,
als das gemeldet wurde, hatten wir bereits Kenntnis, dass
es bereits im Ministerium war, nämlich auf dem Wege aus
Amerika. Deswegen bin ich dieser Sache auch nicht mehr
nachgegangen.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III,
S. 10)

Er ergänzte auf Nachfrage, dass nach seiner Ansicht die
erste Meldung durch das Verbindungskommando in
Tampa an Fü S V im BMVg abgesetzt worden sei (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 17).

2. Abteilung „Spezialoperationen“
Im Einsatzführungskommando der Bundeswehr war die
Abteilung Spezialoperationen (Abt. SpezOps) verant-
wortlich für die Führung aller Operationen der Spezial-
kräfte. Somit auch für den Einsatz der Deutschen Heeres-
kontingente Spezialkräfte Enduring Freedom (DtHKtge
SpezKr EF) im Untersuchungszeitraum.

a) Existenz eines deutschen oder deutsch
sprechenden Gefangenen

Die Information des Kontingentführers des 1. Kontin-
gents über einen vermeintlich deutschen Gefangenen im
US-Gefangenenlager ging zunächst in dieser Abteilung
ein. Nach dessen Aussage seien ihm keine Informationen
über Kontakte zu Murat Kurnaz gemeldet worden (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 65).

b) Visuelle Kontakte und „Wortwechsel“
am Zaun

Ein Zeuge (Nr. 9) berichtete dem Ausschuss, dass er am
14. oder 15. Juli 2005 (Stenografisches Protokoll Nr. 5,
Teil II, S. 24) Kenntnis darüber erhalten habe, dass deut-
sche Soldaten eine Aufgabe im Zusammenhang mit
„Festgehaltenen“ übernommen hätten (Stenografisches
Protokoll Nr. 5, Teil III, S. 10). Diese Information habe er
bzw. einen deutschen oder deutsch sprechenden Gefange-
nen im US-Gefangenenlager in Kandahar durch das Ein-

von einem Soldaten erhalten, der unmittelbar an dieser
Unterstützungsleistung für die US-Streitkräfte beteiligt

Drucksache 16/10650 – 84 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

gewesen sei. Der Anlass für das Gespräch mit den Solda-
ten sei die Berichterstattung des stern gewesen, der „et-
was reißerisch“ mit allen möglichen Interna über das
KSK berichtet habe. Der Soldat habe befürchtet, dass
auch die Beteiligung deutscher Soldaten an der Bewa-
chung eines Gefangenenlagers, wobei es auch zum Aus-
tausch von Worten mit dem deutschsprachigen Häftling
gekommen sei, ans Licht gezerrt werde. Der Soldat habe
dabei „kategorisch“ ausgeschlossen, dass es zu Miss-
handlungen gekommen sei (Stenografisches Protokoll
Nr. 5, Teil III, S. 11). Der Zeuge sagte aus, es habe körper-
liche Kontakte jenseits eines verbalen Austausches nicht
gegeben (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil III, S. 17).

Der Zeuge (Nr. 9) erklärte des Weiteren, dass er diese
E-Mail-Mitteilung, die an ihn gerichtet worden sei, nicht
unmittelbar weitergeleitet habe. Hierzu habe er keinen
Grund gesehen, vier Jahre nach dem Vorfall weiterzumel-
den, dass irgendjemand Worte mit jemandem ausge-
tauscht habe (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil III,
S. 21).

c) Weiterleitung von Informationen

Nach Aussage des Zeugen Nr. 9 war im Führungsstab der
Streitkräfte die Stabsabteilung V die ministerielle An-
sprechstelle der Abteilung Spezialoperationen des Ein-
satzführungskommandos. Des Weiteren sei das Bundes-
ministerium der Verteidigung über für die strategische
Ebene wichtige Informationen aus den Meldungen des
Kontingents unterrichtet worden. Hierbei seien die Mel-
dungen des Kontingents nicht einfach „durchgeschoben“,
sondern aus diesen Informationen seien die für die strate-
gische Ebene relevanten Informationen weitergemeldet
worden (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 10).

Auf eine entsprechende Frage bestätigte der Zeuge Nr. 9,
dass er sich an die Meldung des Kontingentführers vom
3. Januar 2002, die auch die Information über die Anwe-
senheit eines deutschen oder deutschsprachigen Gefange-
nen im US-Gefangenenlager Kandahar beinhaltet habe,
erinnern könne (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II,
S. 15). Gefragt nach der konkreten Weiterleitung dieser
Meldung an Fü S V führte der Zeuge Nr. 9 aus:

„Nein. Ich würde das als relevant bezeichnen, und das
würde auch in das passen, was ich vorhin zur Komplettie-
rung des nationalen Lagebildes gesagt habe. Es war auch
nach meiner Beurteilung aus anderen Quellen bekannt.
Zum Beispiel aus den USA kam diese Meldung ja auch
schon einmal. Das wurde dann aber später, glaube ich,
korrigiert, dass es nicht ein Deutscher, sondern ein
Deutschsprachiger sei, was, wie gesagt, zu diesem Zeit-
punkt auch niemanden verwundert hat; denn man muss
sich ja auch den Zeitpunkt vor Augen führen. Es war kurz
nach den Anschlägen, und es war ja offenkundig, dass
viele oder einige dieser Urheber auch in Deutschland zeit-
weise gewesen waren. (…) Aber ich kann nicht definitiv
sagen, weil ich die Meldung natürlich nicht vor mir liegen

eigentlich nicht vorstellen, das wir das rausgeschnitten
hätten.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 16)

Der Zeuge wies des Weiteren darauf hin, dass er Hunderte
von Meldungen abgegeben habe. Ohne Einblick in alle
Daten zu haben, könne er natürlich nicht sagen, ob und
mit welchem Wortlaut was weitergegeben worden sei
(Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 16).

Die Frage, ob es zu der Meldung vom 3. Januar 2002 eine
Rückfrage des Kontingentführers des 1. Kontingents
bezüglich des vermeintlichen Deutschen im US-Gefange-
nenlager, möglicherweise am 4. oder 5. Januar 2002,
gegeben habe, wurde vom Zeugen Nr. 9 verneint (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 16). Nach Aussage
dieses Zeugen sei jede Tagesmeldung grundsätzlich dem
Befehlshaber vorgelegt worden (Stenografisches Proto-
koll Nr. 5, Teil II, S. 17).

Auf die Frage, ob nach Vorlage der Meldung vom 3. Ja-
nuar 2002 über den deutsch sprechenden Gefangenen mit
dem Befehlshaber oder dem Kontingentführer gespro-
chen worden sei, antwortete der Zeuge Nr. 9 mit „Nein“
und führte ergänzend aus:

„Ja, also ich würde mich daran erinnern. Ich wüsste auch
nicht … und könnte mir auch nicht erklären, warum wir
darüber hätten sprechen sollen. (…) Wir waren für das
Gefangenenlager nicht zuständig. Wir waren für die Be-
handlung der Gefangenen nicht zuständig und haben auch
nach meiner Erinnerung und Erkenntnis keine Informa-
tionen gehabt, dass dort irgendwelche Besonderheiten
vorgefallen wären, die unsere Aufmerksamkeit hätten an-
ziehen müssen.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II,
S. 18)

III. Kenntnis in der Division Spezielle
Operationen

Der damalige Kommandeur der Division Spezielle Ope-
rationen (DSO) berichtete vor dem Verteidigungsaus-
schuss als 1. Untersuchungsausschuss, dass er im Unter-
suchungszeitraum von November 2001 bis zum Sommer
2002, zum Zeitpunkt der Übergabe seines Dienstpostens,
mit dem damaligen Kommandeur des KSK in Kontakt
gestanden habe. Über Einzelheiten des Einsatzes habe er
keinerlei Informationen gehabt. Einen direkten Kontakt
mit den Spezialkräften habe es von ihm weder nach
Kandahar noch auf der Insel Masirah in irgendeiner Weise
gegeben (Stenografisches Protokoll Nr. 14, Teil II, S. 7 f.).

Auf die Frage nach der Kenntniserlangung über einen
Deutschen oder deutsch Sprechenden im US-geführten
Gefangenenlager erklärte der Zeuge, dass er dies etwa vor
einem halben Jahr, als Murat Kurnaz an die Öffentlichkeit
trat, der Presse entnommen habe. In dem gesamten Zeit-
raum bis zur Veröffentlichung in der Presse sei ihm dies
unbekannt gewesen. Entsprechendes gelte für die Beteili-
gung von KSK-Soldaten an der Bewachung des US-ge-
führten Gefangenenlagers in Kandahar. Er habe keine
Kenntnis gehabt und die Einzelheiten erst zu einem späte-
habe, ob ich diese Meldung des Kontingentführers wört-
lich weitergegeben habe oder nicht. Aber ich könnte mir

ren Zeitpunkt erfahren (Stenografisches Protokoll Nr. 14,
Teil II, S. 8).

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 85 – Drucksache 16/10650

IV. Kenntnis im Bereich des KSK
Der ehemalige Kommandeur des KSK in Calw berichtete
vor dem Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungs-
ausschuss, er habe mit dem Kontingentführer des 1. Kon-
tingents regelmäßig, sicherlich alle zwei Tage, telefoni-
schen Kontakt gehabt (Stenografisches Protokoll Nr. 11,
Teil III, S. 1).
Von einem deutschen oder deutsch sprechenden Gefange-
nen habe er zum ersten Mal aus der Presse vor einigen
Wochen oder Monaten gehört, als der Fall Murat Kurnaz
bekannt geworden sei, vorher nicht (Stenografisches Pro-
tokoll Nr. 11, Teil II, S. 9).
Der ehemalige Kommandeur des KSK in Calw berichtete
weiter, dass zum ersten Mal in der Geschichte der Bun-
deswehr das Einsatzführungskommando mit diesen Ein-
sätzen betraut gewesen sei. Mit Überschreiten der
Landesgrenze sei die disziplinare und operative Verant-
wortung von dem ursprünglichen Kommandeur auf das
Einsatzführungskommando übergegangen. Das Kom-
mando habe noch lediglich den Auftrag gehabt, die „per-
sonelle Sicherstellung“ durchzuführen und die Soldaten
in der notwendigen Qualität und Quantität bereitzustellen
sowie die logistische Sicherstellung durchzuführen.

Auf Nachfrage erklärte der Zeuge, dass auch ohne trup-
pendienstliche Unterstellung eine telefonische Verbin-
dung und eine Videokonferenzmöglichkeit, die auch hin
und wieder genutzt worden sei, bestanden habe (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 11, Teil II, S. 8).

V. Kenntnis des US Central Command
in Tampa und anderer Stellen
in den USA

Das deutsche Verbindungskommando beim US Central
Command (USCENTCOM) in Tampa, Florida, wurde
durch die amerikanischen Streitkräfte über die Anzahl
und vermeintliche Nationalität der im US-Gefangenenla-
ger in Kandahar festgehaltenen Personen regelmäßig un-
terrichtet. Von dort wurden die Informationen an das
Bundesministerium der Verteidigung weitergeleitet.

Die Meldung des Verbindungskommandos beim US-
CENTCOM vom 3. Januar 2002 an das BMVg, Fü S V 2,
beinhaltete den Bericht 114/01 vom 29. Dezember 2001
(Tagesmeldung, Stand 17.00 Uhr), der wiederum bei der
Nennung der Zahl der in US-Gewahrsam befindlichen
„Detainees“ die Information: „1 aus DEU“ enthielt
(MAT 16 – 14, Anlage 16, entspricht BMVg-Ordner 15).
Eine weitere Meldung des Verbindungskommandos beim
USCENTCOM vom 8. Januar 2002 an das BMVg,
Fü S V 2, beinhaltete den Bericht 05/02 vom 7. Januar
2002 (Tagesmeldung, Stand 17.00 Uhr), der wiederum
die Information enthielt, dass der seit einigen Tagen ge-
meldete Deutsche heute nicht mehr im „Meldebild“ sei
(MAT 16 – 14, Anlage 16, entspricht BMVg-Ordner 15).
Die Meldung des Verbindungskommandos beim US-
CENTCOM vom 9. Januar 2002 an das BMVg, Fü S V 2,

die USA nunmehr 364 Gefangene in Gewahrsam hätten,
wobei darunter kein Deutscher sei. Auf Nachfrage sei
mitgeteilt worden, dass der vor einigen Tagen gemeldete
„DEU“ irrtümlich in die Übersicht gelangt sei, man
würde sich entschuldigen (MAT 16 – 14, Anlage 16, ent-
spricht BMVg-Ordner 15).

Darüber hinaus befindet sich in den vom Untersuchungs-
ausschuss beigezogenen Akten ein Fernschreiben vom
4. Januar 2002. Der Aufgeber des Fernschreibens wurde
wie folgt bezeichnet: „BMVG/Washington“. Als zuge-
ordnete Empfängerbereiche werden benannt: „STS DR
STUETZLE“, „LSTO BZBW“ sowie „GENINSP“. In
diesem Fernschreiben heißt es:

„(…)-NSC IST BEREIT, WEITERE INFORMA-
TIONEN UEBER GEFANGENGENOMMENEN
DEUTSCHEN TALIBAN-KAEMPFER ZU BESCHAF-
FEN (…)

IN US-GEWAHRSAM (…) BEFINDEN SICH DER-
ZEIT 221 TALIBAN), DARUNTER IN KANDAHAR
EIN DEUTSCHER. (…) AUF NACHFRAGE: DER
DEUTSCHE BEFINDET SICH IN KANDAHAR, SEIN
NAME IST IM NSC NICHT BEKANNT, WIRD ABER
FESTGESTELLT. (GESONDERT HAT VGATTSTAB
INZWISCHEN VON CENTCOM ERFAHREN, DASS
ES SICH WAHRSCHEINLICH UM EINEN AFGHA-
NEN MIT DT. PASS HANDELT. NAME WIRD VON
CENTCOM NACH FESTSTELLUNG UNMITTELBAR
AN BMVG UND AA UEBERMITTELT) (…)“

(MAT 16 – 22, Anlage 04, entspricht BMVg-Ordner 26 D)

VI. Kenntnis im Bundesministerium
der Verteidigung

Sowohl die Zeugen aus dem Bereich des Führungsstabes
der Streitkräfte als auch die Zeugen aus dem Bereich der
politischen Führung einschließlich der Staatsekretäre
a. D. und der Bundesminister der Verteidigung a. D. Ru-
dolf Scharping und seines Nachfolgers Dr. Peter Struck
gaben in den Vernehmungen vor dem Untersuchungs-
ausschuss – mit Ausnahme des damaligen Stabsabtei-
lungsleiters Fü S V – zu Protokoll, dass sie im Unter-
suchungszeitraum bzw. während ihrer Amtszeit keine
Informationen über Kontakte von Angehörigen der Bun-
deswehr zu Murat Kurnaz erlangt bzw. daran keine Erin-
nerung hätten.

1. Generalinspekteur

Nach den Erläuterungen des ehemaligen Generalinspek-
teurs der Bundeswehr, General a. D. Harald Kujat, vor
dem Untersuchungsausschuss sei es während seiner
Amtszeit hinsichtlich des Informationsflusses bezüglich
des Einsatzes der Bundeswehr im Rahmen der Operation
Enduring Freedom in Afghanistan grundsätzlich so gewe-
sen, dass die wesentlichen Informationen über das Ein-
satzführungskommando, den Fü S V, an den Minister
weitergeleitet bzw. in einer Leitungsbesprechung erörtert
beinhaltete den Bericht 06/02 vom 8. Januar 2002 (Tages-
meldung, Stand: 17.00 Uhr). Dort wird ausgeführt, dass

worden seien (Stenografisches Protokoll Nr. 18, Teil II,
S. 7).

Drucksache 16/10650 – 86 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

General a. D. Harald Kujat erklärte auf die Frage, ob und
wann er möglicherweise erfahren habe, dass sich ein
deutsch sprechender Gefangener im US-Gefangenenlager
in Kandahar befinde:

„Ich kann nicht ausschließen, dass in einer der Meldun-
gen, die ich erhalten habe, diese Tatsache erwähnt wurde.
Ich kann mich aber an den Sachverhalt nicht erinnern. Ich
kann mich auch nicht daran erinnern, dass das zu ir-
gendeinem Zeitpunkt thematisiert wurde, beispielsweise
in der Lagebesprechung, in der Einsatzbesprechung.

Ich habe von dem Fall Kurnaz erst gehört, als er in
Deutschland publik gemacht wurde, nach seinem Auftre-
ten in einer Fernsehsendung und dann aus den Zeitun-
gen.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 18, Teil II, S. 7)

Darüber hinaus erläuterte der ehemalige Generalinspek-
teur, dass er in seiner Funktion nicht in die Befehlskette
eingebunden war. Insofern habe er auch keine Anweisun-
gen oder Befehle an die Soldaten gegeben (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 18, Teil II, S. 19).

Zu der Frage, ob er Kenntnis darüber erlangt habe, dass
Angehörige des KSK in irgendeiner Weise bei der Bewa-
chung des US-Gefangenenlagers Unterstützungsleistun-
gen erbracht haben, äußerte General a. D. Harald Kujat:

„Die deutschen Soldaten, die zu Anfang, also im Dezem-
ber, nach Kandahar gegangen sind, das war das Voraus-
kommando, das dort feststellen sollte, wie die Unterbrin-
gungsmöglichkeiten, wie die Versorgungsmöglichkeiten
sind, welche Aufträge erwartet wurden. Das war kein
Kommando, das nun speziell für die Bewachung von Ge-
fangenen eingesetzt wurde. Mir ist auch nicht bekannt,
dass das zu den Aufträgen der deutschen Soldaten ge-
hörte; jedenfalls ist mir das nicht bekannt geworden.“
(Stenografisches Protokoll Nr. 18, Teil II, S. 7)

2. Stabsabteilungsleiter Fü S V
Der im Untersuchungszeitraum verantwortliche ehema-
lige Stabsabteilungsleiter BMVg, Fü S V, berichtete vor
dem Untersuchungsausschuss im Hinblick auf den Be-
ginn des Einsatzes des 1. Deutschen Heereskontingents
Spezialkräfte (1. Kontingent) in Kandahar:

„(…) Wir haben gleichzeitig, um eine ummittelbare Ver-
bindung zu dem strategisch führenden Kommando in
Tampa, in Florida, zu haben, auch das entsprechende Ver-
bindungskommando dort eingerichtet. Am 3. Januar sind
meines Wissens dann die ersten Meldungen über Detai-
nees eingegangen, die dann unter anderem am 7. Januar
darin mündeten, dass unter anderem auch ein Deutscher
dabei sei. Wir haben dann noch einmal nachfragen lassen.
Am 8. Januar war dieser Deutsche in der Nationalitäten-
liste nicht mehr enthalten. Und am 9. Januar hieß es dann,
man entschuldige sich dafür, er sei versehentlich in diese
Liste geraten. Für uns war damit auf militärischer Seite
kein weiterer Anlass gegeben, diese Sache weiterzuver-
folgen. Das ist meines Wissens der letzte Kenntnisstand,
den ich zu dem Vorhandensein eines mutmaßlichen Deut-

Die Frage, ob er praktisch der ranghöchste Vertreter des
Bundesministeriums der Verteidigung gewesen sein
könnte, bei dem diese Meldung angekommen und dann
aber auch verblieben sei, wurde von dem Zeugen bejaht.
Dies sei durchaus möglich. Er wolle dies nicht ausschlie-
ßen (Stenografisches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 9).

Eine ergänzende Frage nach dem möglichen Eingang ei-
ner entsprechenden Meldung über einen Deutschen im
US-Gefangenenlager vom Einsatzführungskommando in
Potsdam, erklärte der Zeuge, dass nach seinem Wissen
zum ersten Mal am 7. Januar 2002 durch ein Gespräch
„mit Tampa“ diese Meldung eingegangen sei (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 10).

Auf eine entsprechende Frage bestätigte der Zeuge, es
könne sein, dass eine Meldung an anderer Stelle im Mi-
nisterium eingegangen und dann aber nicht an ihn weiter-
gegeben worden sei, weil die Meldung vielleicht noch
von einem Referenten oder dem Referatsleiter verifiziert
worden sei (Stenografisches Protokoll Nr. 10, Teil II,
S. 12).

Des Weiteren könne es sein, dass möglicherweise das
Einsatzführungskommando selbst eine „Prüfschleife ein-
gezogen“ habe; dies könne eine Erklärung für die Lücke
zwischen dem 3. und dem 7. Januar 2002 sein (Stenogra-
fisches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 18).

Nach seiner Erinnerung habe er über den „Tampa-Strang“
davon Kenntnis erhalten, über die täglichen Meldungen,
die von dort einliefen, und entsprechende Videokonferen-
zen, während möglicherweise diese andere Meldung am
3. Januar 2002 beim Einsatzführungskommando einge-
troffen sei, ihn aber nicht erreicht habe (Stenografisches
Protokoll Nr. 10, Teil II, S.22 f.).

Der Zeuge erklärte, auf seiner Ebene sei nicht zur Kennt-
nis gebracht worden, dass es während des Einsatzes des
1. Kontingents zu einer Bewachung von Gefangenen ge-
kommen sei. Ihm sei erinnerlich, dass einmal von
„Guards Duty“ die Rede gewesen sei. Er habe unter die-
sem Begriff die Beteiligung an der Bewachung des La-
gers in Kandahar verstanden. Des Weiteren verneinte er,
ihm sei zur Kenntnis gebracht worden, dass während des
Bewachungsvorganges im Gefangenenlager einzelne Sol-
daten zumindest Sichtkontakt zu dem deutsch sprechen-
den Gefangenen gehabt hätten (Stenografisches Protokoll
Nr. 10, Teil II, S. 18 f.).

Zu den Meldewegen im Allgemeinen erläuterte der
Zeuge, dass im Prinzip zwei Meldestränge bestanden. Im
Einzelnen seien die Meldungen vom Kommandeur des
Einsatzkontingents zum Einsatzführungskommando und
dann von dort an den Fü S V weitergeleitet worden. Der
Fü S V habe dann diese Meldungen in wöchentlichen Be-
richten aufbereitet. Parallel hierzu habe man sich über das
Verbindungskommando in Tampa die Gesamtzusammen-
hänge, d. h. mittelfristige und langfristige Planungszu-
sammenhänge, melden lassen. Diese Meldungen seien an
schen aus der Aktenlage erinnern kann. (…)“ (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 7)

den Fü S V 3 gegangen (Stenografisches Protokoll Nr. 10,
Teil II, S. 8).

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 87 – Drucksache 16/10650

Zum Stichwort „Filterfunktion“ wies der Zeuge darauf
hin, dass bereits der Referent im Rahmen der Auf-
tragstaktik der erste Filter sei. Der nächste Filter sei dann
der Referatsleiter, der dem Stabsabteilungsleiter vorlege.
Dort werde die jeweilige Information dann wiederum
dem Informationsbedarf der jeweiligen Führungsebene
entsprechend bearbeitet und entweder über Vorlagen oder
aber auch im Rahmen der wöchentlichen Leitungslage
zur Kenntnis gebracht (Stenografisches Protokoll, Nr. 10,
Teil II, S. 13).

Nach Aussage des Zeugen sei dem Generalinspekteur im-
mer dann berichtet worden, wenn von dem gebilligten
Operationsplan abgewichen wurde, wenn also zeitliche,
räumliche oder auch Schwerpunktänderungen eintraten
(Stenografisches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 12). Der Mi-
nister sei wöchentlich durch entsprechende Berichte über
den Fortgang der Operationen unterrichtet worden (Ste-
nografisches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 13).

3. Leiter des Referats Fü S V 3

Als weiterer Zeuge aus dem Bundesministerium der Ver-
teidigung wurde der ehemalige Leiter des Referates
Fü S V 3 durch den Untersuchungsausschuss vernom-
men. Der Zeuge hat nach eigenen Angaben vom April
2001 bis zum Oktober 2002 das Referat Fü S V 3 geleitet.

Der ehemalige Referatsleiter schilderte, dass das Aufga-
bengebiet sämtliche Angelegenheiten umfasst habe, die
im Zusammenhang mit den laufenden Einsätzen der Bun-
deswehr gestanden hätten. Den Schwerpunkt habe die
Bearbeitung der Angelegenheiten gebildet, die auf minis-
terieller Ebene zu klären bzw. zu regeln gewesen wären.
Regelmäßig sei es die Aufgabe des Referatsleiters gewe-
sen, während der Unterrichtungen für den Bundesminis-
ter und/oder die Staatssekretäre zur Lage der Einsätze der
Bundeswehr vorzutragen (Stenografisches Protokoll
Nr. 10, Teil II, S. 32).

Zum Untersuchungsauftrag erklärte der ehemalige Refe-
ratsleiter Fü S V 3, dass er zu den Fragen 1 und 2 keine
Angaben machen könne, da diese Vorgänge nicht Gegen-
stand seiner eigenen Wahrnehmung gewesen seien. Auch
könne er keine Bundeswehrangehörigen benennen, die
Kenntnis über Kontakte zu Murat Kunaz gehabt hätten
(Stenografisches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 33).

Zur Frage des allgemeinen Meldeweges berichtete der
Zeuge, dass der Informationsstrang vom Einsatzkontin-
gent über das Einsatzführungskommando – dort in der
Bearbeitung der Abteilung Spezialkräfte – in sein Referat
gelangt sei. Dort seien die Berichte gesichtet und einmal
wöchentlich ein zusammenfassender Bericht für den Bun-
desminister erstellt worden. Dies sei in der Regel freitags
geschehen (Stenografisches Protokoll Nr. 10, Teil II,
S. 33).

Die täglichen Berichte seien ausgewertet worden. Beson-
derheiten, zum Beispiel zur Versorgung des Kontingentes
oder den Stand der Vorbereitung von Einsätzen, seien in

worden. Der Bericht sei dann an den Stabsabteilungsleiter
Fü S V geleitet und noch einmal endgültig abgestimmt
worden, bevor er dann auf dem Dienstweg dem Bundes-
minister vorgelegt worden sei (Stenografisches Protokoll
Nr. 10, Teil II, S. 34).

Die Frage, ob er Kenntnis von der Übernahme von Bewa-
chungsaufträgen in Kandahar durch deutsche Soldaten
zum damaligen Zeitpunkt gehabt habe, wurde vom ehe-
maligen Referatsleiter Fü S V 3 verneint. Davon habe er
erst bei der Sichtung der Akten bzw. bei der Vorbereitung
auf den Vernehmungstermin vor dem Untersuchungsaus-
schuss erfahren (Stenografisches Protokoll Nr. 10, Teil II,
S. 35).

Er könne nicht aus eigener Erinnerung sagen, ob die Mel-
dung, dass sich ein deutscher oder deutsch sprechender
Insasse in diesem Gefangenenlager befinde, an das
BMVg abgegeben worden sei. Dies habe er erst vor eini-
gen Wochen in der entsprechenden Meldung gelesen. Er
könne sich nicht mehr erinnern, dass dieses Thema im
BMVg in dieser Phase besprochen bzw. thematisiert wor-
den sei (Stenografisches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 35).

4. Staatssekretäre
Auf die Frage, ob er auf offiziellem Wege die Kenntnis
über einen deutschen oder deutschsprachigen Gefangenen
im Lager in Kandahar erlangt habe, erklärte der Parla-
mentarische Staatssekretär a. D. Walter Kolbow vor dem
Untersuchungsausschuss:

„(…) Ich kann das jedenfalls, muss das auch verneinen.
Das ist an mich nicht herangetragen worden. Ich habe das
auch nicht in diesem Zusammenhang, weder im Januar
2002 noch im Dezember 2001, noch während meiner ak-
tiven Zeit als PSt bis November 2005, in irgendeiner Art
und Weise als Information bekommen.“ (Stenografisches
Protokoll Nr. 14, Teil III, S. 38)
Staatssekretär a. D. Walter Kolbow erläuterte weiter, dass
ihm der Name Murat Kurnaz das erste Mal in den Medien
begegnete, als über seine Gefangenschaft in Kandahar
und in Guantánamo berichtet worden sei. Dies sei bereits
nach dem Ende seiner Amtszeit als Parlamentarischer
Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung ge-
wesen (Stenografisches Protokoll Nr. 14, Teil II, S. 17 f.).
Zur Frage, wer innerhalb der Bundesregierung über Infor-
mationen über einen deutsch sprechenden Gefangenen
und andererseits über den Wacheinsatz von KSK-Solda-
ten verfügte, führte Staatssekretär a. D. Kolbow aus:

„Da mir nicht erinnerlich ist, aber auch bei der Prüfung
meiner Erinnerung keine Tatsachen bewusst geworden
sind, dass mir über diesen deutsch sprechenden Gefange-
nen bzw. um diesen Sachverhalt herum Informationen zu-
gegangen sind, unterstelle ich und gehe ich davon aus
– letztlich weiß ich es –, dass auch von keinem der ande-
ren, mit denen ich intensiv zu tun hatte – in der politi-
schen Leitung, in der militärischen Führung, aber mögli-
cherweise auch durch Gelegenheitszusammenkünfte aus
diesem Bericht zusammengefasst worden. Der Bericht sei
durch ihn bzw. einen Referenten in seinem Referat erstellt

dem KSK-Bereich heraus bei Besuchen in Calw –, solche
Informationen an mich herangetragen worden sind. Ich

Drucksache 16/10650 – 88 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

habe auch keine Gespräche darüber durch Anwesenheit
mitbekommen, sodass ich auch diese Frage mit Nein be-
antworten muss.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 14,
Teil II, S. 18)

Der im Untersuchungszeitraum für die Einsatzdurch-
führung zuständige Staatssekretär im Bundesministerium
der Verteidigung, Staatssekretär a. D. Klaus-Günther Bie-
derbick, berichtete vor dem Untersuchungsausschuss, ge-
fragt nach regelmäßigen Lagebesprechungen und Wo-
chenberichten im Bereich Operation Enduring Freedom,
dass er an den meisten Unterrichtungen teilgenommen
habe. Des Weiteren habe es auch Unterrichtungen, Brie-
fings gegeben, bei denen er persönlich durch den Gene-
ralinspekteur oder im Einsatzführungskommando selbst
informiert worden sei (Stenografisches Protokoll Nr. 13,
Teil II, S. 17).

Hinsichtlich der Wochenberichte von Fü S V erläuterte
Staatssekretär a. D. Klaus-Günther Biederbick, es habe
mehrere Berichte auch unterschiedlicher Qualität gege-
ben. Wochenberichte, die er an die Bundesregierung und
an das Parlament geleitet habe, seien durch ihn erstellt
worden. Es sei jährlich ein Bericht über die Operation
Enduring Freedom gegenüber dem Parlament abgegeben
worden, der auch eine Passage über das KSK enthalten
habe (Stenografisches Protokoll Nr. 13, Teil II, S. 17).

Zum Informationsfluss erläuterte der Staatssekretär a. D.
Klaus-Günther Biederbick ergänzend, dass je nachdem,
wie sich die Lage in den Einsatzgebieten entwickelt habe,
es manchmal bis zu täglich eine Lagebesprechung im
BMVg gegeben habe. Ansonsten sei „mit Sicherheit“ bis
zu zweimal pro Woche eine Lagebesprechung zu Routi-
neangelegenheiten durchgeführt worden. Durch Video-
konferenzen habe sich der Minister oder er selbst im
Vertretungsfall ein unmittelbares Bild aus den Einsatzge-
bieten machen können. Etwas schwieriger sei das
„Thema KSK“ insgesamt gewesen. Um den Auftrag nicht
zu gefährden, habe dies mit großer Geheimhaltung ablau-
fen müssen. Von daher sei das KSK nicht in der normalen
Lage besprochen, sondern KSK-Einsätze seien vorgetra-
gen worden, entweder mündlich durch den General-
inspekteur – dies sei eigentlich die Regel gewesen – oder
im Führungszentrum in einem separaten Raum sei zum
KSK bzw. zur Lage informiert worden.

Bezogen auf Fü S V ergänzte der Staatssekretär a. D.
Klaus-Günther Biederbick, dass nicht der gesamte Fü S V
mit dieser Sache befasst gewesen sei; auch habe es im
Einsatzführungskommando eine entsprechende Zelle ge-
geben. Dort sei auch separat und nicht in „der großen
Lage“ zum KSK vorgetragen worden. Dieses Ganze habe
sich erst nachher entwickelt (Stenografisches Protokoll
Nr. 13, Teil II, S. 20).

Gefragt nach dem Zeitpunkt der Informationserlangung
über den Umstand, dass ein deutsch sprechender Gefan-
gener in Kandahar gewesen sei, erklärte Staatssekretär
a. D. Klaus-Günther Biederbick, dass er dies den Zeitun-
gen entnommen habe. Er habe dies erst nach dem Aus-

Der im Untersuchungszeitraum für die Einsatzvorberei-
tung im Bundesministerium der Verteidigung zuständige
Staatssekretär a. D. Dr. Walther Stützle berichtete vor
dem Untersuchungsausschuss, ihm seien Informationen
über einen Deutschen im Gewahrsam der Amerikaner in
Kandahar eigentlich erst im Laufe der intensiven
öffentlichen Diskussion, die zu dem Untersuchungsaus-
schuss geführt habe, bewusst und bekannt geworden (Ste-
nografisches Protokoll Nr. 13, Teil II, S. 36).

Auf die Frage, ob es eine laufende Unterrichtung wäh-
rend des Einsatzes gab, erläuterte der Zeuge:

„Es gab eine laufende Unterrichtung in Form einer mor-
gendlichen Lagebesprechung beim Bundesminister im
Lagezentrum, wo täglich die Auslandseinsätze der Bun-
deswehr dargestellt wurden – in einem bestimmten Zeit-
raum täglich. (…) Es sind dort keine Informationen zu
schwierigen Fragen der Einsatzregeln oder zu Fragen, die
mit menschlichen Unzulänglichkeiten zu tun gehabt hät-
ten, besprochen worden; denn so eine militärische Lage
ist auch ein relativ großer Kreis und nicht nur der Minis-
ter, sondern auch die Vortragenden haben ein verständli-
ches Interesse daran, sich auf das Notwendige zu be-
schränken.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 13, Teil II,
S. 42)

5. Bundesminister der Verteidigung a. D.
Rudolf Scharping

In seiner Vernehmung vor dem Verteidigungsausschuss
als 1. Untersuchungsausschuss berichtete der Bundes-
minister der Verteidigung a. D. Rudolf Scharping im Hin-
blick auf die ersten drei Fragen des Untersuchungsauftra-
ges, dass ihm über Kontakte von Angehörigen der
Bundeswehr mit dem türkischen Staatsbürger Murat
Kurnaz während dessen Inhaftierung nichts bekannt ge-
wesen sei (Stenografisches Protokoll Nr. 15, Teil II, S. 8).

Auf Nachfrage erklärte der Bundesminister a. D. Rudolf
Scharping:

„(…) Zu mir ist, wie gesagt, eine solche Meldung nie ge-
drungen. Ich weiß auch nicht, ob es eine solche gegeben
hat. (…) Ich jedenfalls hatte keine Kenntnis darüber er-
halten – heute habe ich sie natürlich; aber zum Zeitpunkt
meiner Amtsführung hatte ich keine Kenntnis davon er-
halten –, dass ein deutsch Sprechender oder möglicher-
weise sogar ein deutscher Staatsbürger in einem Lager in
Afghanistan sitzen könnte.“

„Ich habe eine vage Erinnerung daran, dass es in der An-
fangszeit Diskussion darüber gab, wie Unterstützungs-
leistungen von unseren Spezialkräften für die Spezial-
kräfte anderer Nationen aussehen könnten. Ich habe keine
Erinnerung daran, dass das auch in Bewachungsaufgaben
hätte münden können, auch keine Kenntnis, ob und wie
lange sie ausgeführt worden sind. (…)“ (Stenografisches
Protokoll Nr. 15, Teil II, S. 9)

Bundesminister a. D. Rudolf Scharping sagte aus, er ver-
mute, erst durch die Medien darauf aufmerksam gewor-
scheiden aus dem Dienst in den Zeitungen gelesen (Ste-
nografisches Protokoll Nr. 13, Teil II, S. 17).

den zu sein, dass ein deutsch sprechender, aber nicht die
deutsche Staatsangehörigkeit besitzender Mann festge-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 89 – Drucksache 16/10650

halten und dann für längere Zeit nach Guantánamo ver-
bracht worden sei. Er wisse nicht, wann dies das erste
Mal in der Presse gestanden habe. Seine Kenntnisse, die
den Namen Murat Kurnaz und alles andere angingen, be-
zögen sich ausschließlich auf die Presse (Stenografisches
Protokoll Nr. 15, Teil II, S. 16 f.).

Zur Frage seiner Unterrichtung berichtete Bundesminister
a. D. Rudolf Scharping, dass nach seiner Erinnerung das
Ministerium mindestens einmal wöchentlich Lagebespre-
chungen durchgeführt habe. Dort seien dann auch Fragen
erörtert worden, die mit den Einsatzgebieten insgesamt
und mit der Sicherheitslage im eigenen Land, in den Ein-
satzgebieten etc. zu tun gehabt hätten. Während des
Kosovo-Konfliktes habe es tägliche Lagebesprechungen
gegeben; dies sei bei dem Einsatz der Bundeswehr in
Afghanistan nicht täglich erforderlich gewesen. In der
Regel seien die Lagebesprechungen wöchentlich erfolgt.
Wenn es öfter erforderlich geworden sei, sei dies auch
hier und da und im direkten Gespräch zwischen dem Ge-
neralinspekteur und dem Bundesminister der Verteidi-
gung erfolgt (Stenografisches Protokoll Nr. 15, Teil II,
S. 8).

Der Büroleiter des Bundesministers a. D. Rudolf Schar-
ping, Jörn Thießen, verneint vor dem Untersuchungsaus-
schuss, dass ihm während seiner Tätigkeit als Büroleiter

des Ministerbüros irgendwelche Informationen über die
Beteiligung von KSK-Soldaten an der Bewachung des
US-geführten Gefangenenlagers in Kandahar zugänglich
gewesen wären (Stenografisches Protokoll Nr. 14, Teil II,
S. 26).

Der Zeuge berichtete weiter, er wisse, dass zum generel-
len Einsatz des KSK Vorlagen für den Minister erstellt
wurden, diese aber nicht „über seinen Tisch gegangen
seien“ (Stenografisches Protokoll Nr. 14, Teil II, S. 26).

6. Bundesminister der Verteidigung a. D.
Dr. Peter Struck

Der Bundesminister der Verteidigung a. D. Dr. Peter
Struck (Amtsantritt am 19. Juli 2002) verneinte vor dem
Untersuchungsausschuss die Frage, ob er während seiner
Amtszeit davon gehört habe oder davon in Kenntnis ge-
setzt worden sei, dass KSK-Soldaten Gefangene bewacht
hätten. Auch die Frage, ob die Gefangennahme eines
Deutschen oder „deutschen Taliban“ zu diesem Zeitpunkt
eine Rolle gespielt habe, wurde vom Bundesminister
a. D. Dr. Peter Struck mit „Nein“ beantwortet. Von dem
Namen Kurnaz habe er erst gehört, als davon hier in den
Zeitungen berichtet wurde (Stenografisches Protokoll
Nr. 13, Teil II, S. 49, 53).

jeweiligen Einsatzes (beispielsweise VN-Mandat), den
verfassungsrechtlichen Vorgaben des Grundgesetzes und
der Zustimmung des Deutschen Bundestages zu den kon-
kreten Vorgaben des Einsatzbeschlusses der Bundesregie-
rung (vgl. Bundestagsdrucksache 16/6282, Dokument
Nr. 26). Die rechtlichen Vorgaben für den Einsatz des
Kommandos Spezialkräfte (KSK) in Afghanistan beruh-
ten vor allem auf dem Beschluss des Deutschen Bundes-

für die Übernahme der mit der Zugehörigkeit zu einem
solchen System typischerweise verbundenen Aufgaben
und damit auch für eine Verwendung der Bundeswehr zu
Einsätzen, die im Rahmen und nach den Regeln dieses
Systems stattfinden. Das Grundgesetz verpflichtet dabei
die Bundesregierung, für einen Einsatz bewaffneter
Streitkräfte die – grundsätzlich vorherige – konstitutive
Zustimmung des Deutschen Bundestages einzuholen
(BVerfGE 90, 286), Leitsatz lit. b), Ziffer 1. und 3. a),
Drucksache 16/10650 – 90 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

D. Welche Einsätze haben KSK-Kräfte von ca. November 2001 bis ca. November 2002 in
Kandahar durchgeführt, nach welchen Einsatzregeln haben sie dabei gehandelt und
welchen Einfluss hatten Dienststellen in der Bundeswehr und das Bundes-
ministerium der Verteidigung auf diese Einsätze?

Einen Schwerpunkt der Ermittlungen des Untersuchungs-
ausschusses bildeten die von dem Kommando Spezial-
kräfte (KSK) während des Untersuchungszeitraumes in
Afghanistan durchgeführten Einsätze, und hier insbeson-
dere die Untersuchung der seinerzeit geltenden Einsatz-
regeln und der jeweiligen Einbindung von Institutionen
und Strukturen der Bundeswehr und des Bundesministe-
riums der Verteidigung in die diesbezüglichen Entschei-
dungsprozesse. Der Ausschuss widmete sich bei seinen
Ermittlungen zudem intensiv der Frage nach den nationa-
len und multinationalen Entscheidungskompetenzen und
-abläufen im Vorfeld und während der Einsätze des KSK
im Rahmen der Operation Enduring Freedom. Es zeigte
sich, dass dabei grundsätzlich drei militärische bzw. mili-
tärpolitische Entscheidungsebenen nach ihren jeweiligen
Kenntnissen, Verantwortlichkeiten und Einflussmöglich-
keiten zu unterscheiden sind:

Der Bundesminister der Verteidigung bildete gemeinsam
mit dem Generalinspekteur der Bundeswehr als seinem
militärpolitischen Berater die strategische Ebene, um im
Anschluss an die Mandatierung durch den Deutschen
Bundestag die politischen Rahmenbedingungen für die
Einsätze des KSK zu schaffen (dazu unter Ziffer I.) sowie
übergeordnete Ziele und Leitlinien für die Einsatzdurch-
führung vorzugeben und Entscheidungen von herausge-
hobener Bedeutung selbst zu treffen (Ziffer IV.). Aufgabe
der sich anschließenden operativen Ebene war die Umset-
zung dieser politischen Leitungsvorgaben in militärische
Führungsprozesse (Ziffer III.), die durch das Spezial-
kräfte-Kontingent auf der dritten, der taktischen Ebene
auszuführen waren (Ziffer II.).

I. Einsatzregeln des Kommandos
Spezialkräfte

Grundsätzlich bestimmen sich die Einsatzregeln, wie bei-
spielsweise für die Operation Enduring Freedom, im We-
sentlichen nach den völkerrechtlichen Grundlagen des

Vorgaben und Regelungen des humanitären Völkerrechts
von den Angehörigen des 1. Deutschen Heereskontin-
gents Spezialkräfte (1. DtHKtg SpezKr EF) – im Folgen-
den 1. Kontingent – zu beachten. Das von diesen zu be-
achtende humanitäre Völkerrecht bzw. Kriegsvölkerrecht
wird deshalb zunächst unter Ziffer 2. dargestellt, während
die diesbezügliche Ausbildung und Vorbereitung des
1. Kontingents unter Auswertung beigezogener Akten und
Zeugenvernehmungen des Ausschusses unter Ziffer 3. er-
läutert wird.

1. Beschluss des Bundestages
vom 16. November 2001

Aus völkerrechtlicher Sicht hatte der Deutsche Bundestag
zu berücksichtigen, dass sich der Einsatz auf das in Arti-
kel 51 der UN-Charta anerkannte Recht zur individuellen
und kollektiven Selbstverteidigung sowie auf die Feststel-
lungen der NATO vom 12. September 2001 sowie 2. und
4. Oktober 2001 stützte. Unter verfassungsrechtlichen
Gesichtspunkten berücksichtigte der Deutsche Bundes-
tag, dass der deutsche Beitrag auf Artikel 24 Abs. 2 GG
gestützt wurde und die in Afghanistan eingesetzten deut-
schen Kräfte den Auftrag hatten, „Führungs- und Ausbil-
dungseinrichtungen von Terroristen auszuschalten, Terro-
risten zu bekämpfen, gefangen zu nehmen und vor
Gericht zu stellen sowie Dritte dauerhaft von der Unter-
stützung terroristischer Aktivitäten abzuhalten.“ (Bundes-
tagsdrucksache 14/7296, Ziffer 3. „Auftrag“, Dokument
Nr. 3)

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom
12. Juli 1994 – 2 BvE 3/92 u. a. – (BVerfGE 90, 285) be-
rechtigt die Ermächtigung des Artikel 24 Abs. 2 GG den
Bund nicht nur zum Eintritt in ein System gegenseitiger
kollektiver Sicherheit und zur Einwilligung in damit ver-
bundene Beschränkungen seiner Hoheitsrechte. Nach ei-
nem der Leitsätze dieses Urteils bietet diese Verfassungs-
norm vielmehr auch die verfassungsrechtliche Grundlage
tages vom 16. November 2001, der zunächst mit seinen
völkerrechtlichen Grundlagen und verfassungsrechtlichen
Vorgaben des Grundgesetzes unter Ziffer 1. vorgestellt
wird. Für den Einsatz vor Ort waren neben dem vorge-
nannten Beschluss des Deutschen Bundestages rechtliche

NJW 1994, S. 2207).

Mit dem Antrag der Bundesregierung vom 7. November
2001 wurde der Deutsche Bundestag aufgefordert, den
„Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte bei der Unter-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 91 – Drucksache 16/10650

stützung der gemeinsamen Reaktion auf terroristische
Angriffe gegen die USA auf Grundlage des Artikels 51
der Satzung der Vereinten Nationen und des Artikels 5
des Nordatlantikvertrages sowie der Resolutionen 1368
(2001) und 1373 (2001) des Sicherheitsrates der Verein-
ten Nationen“ zu beschließen (Dokumente Nr. 1, 2).

Die Bundesregierung verwies in diesem Antrag vom
7. November 2001 darauf, dass Deutschland sich an einer
Koalition aus zahlreichen Staaten der Welt beteilige, die
dem Aufruf des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen
gefolgt seien. Zur Bekämpfung des Terrorismus müssten
die Staaten der Koalition in einem langfristigen, strate-
gischen Ansatz mit politischen Instrumenten die Be-
reitschaft beseitigen, das unheilvolle Wirken solcher Ter-
rorgruppierungen zu unterstützen. Die Grundlagen für die
Vorbereitung und Durchführung von terroristischen
Handlungen im wirtschaftlichen Bereich, auf den Finanz-
märkten, beim internationalen Verkehr sowie bei illega-
lem Handel mit Waffen, Drogen und auch mit Menschen
müssten entzogen werden. Der Einsatz militärischer Mit-
tel sei unverzichtbar, um die terroristische Bedrohung zu
bekämpfen und eine Wiederholung von Angriffen wie am
11. September 2001 nach Möglichkeit auszuschließen.
Insbesondere wurde der Deutsche Bundestag aufgefordert
zu beschließen, dass er der Beteiligung bewaffneter
deutscher Streitkräfte an der Operation Enduring Free-
dom in dem Umfang zustimme, wie es die Bundesregierung
am 7. November 2001 auf der Grundlage des Artikel 51 der
Satzung der Vereinten Nationen und des Artikel 5 des
Nordatlantikvertrages sowie der Resolutionen 1368
(2001) und 1373 (2001) des Sicherheitsrates der Verein-
ten Nationen im Kabinett bereits beschlossen hatte.

Dieser Antrag der Bundesregierung auf Bundestags-
drucksache 14/7296 wurde in der 198. Sitzung des Deut-
schen Bundestages – nach einer Regierungserklärung des
damaligen Bundeskanzlers hierzu – am 8. November
2001 beraten. Der Antrag wurde sodann an den Auswärti-
gen Ausschuss federführend, an den Rechtsausschuss,
den Verteidigungsausschuss, den Ausschuss für Men-
schenrechte und humanitäre Hilfe, den Ausschuss für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zur
Mitberatung sowie an den Haushaltsausschuss gemäß
§ 96 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages
(GO-BT) überwiesen. Ausweislich der Beschlussempfeh-
lung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu
dem Antrag auf Bundestagsdrucksache 14/7447 (Doku-
ment Nr. 4) gab der damalige Bundesminister des Aus-
wärtigen, Joseph Fischer, im Namen der Bundesregierung
in der 85. Sitzung des Auswärtigen Ausschusses am
14. November 2001 eine Erklärung zu Protokoll, in der er
dem Deutschen Bundestag und den beteiligten Ausschüs-
sen eine kontinuierliche Unterrichtung über alle, den Ein-
satz bewaffneter deutscher Streitkräfte im Rahmen dieses
Mandats betreffende Fragen zusicherte. Unter Bezug-
nahme auf Ziffer 4. der „Ermächtigung zum Einsatz, Be-
ginn und Dauer“ (Bundestagsdrucksache 14/7296, S. 3)
sicherte die Bundesregierung zu, einen „bilanzierenden
Gesamtbericht“ spätestens sechs Monate nach der Zu-

Des Weiteren stellte die Bundesregierung zu Ziffer 3.
(„Auftrag“) des Kabinettbeschlusses vom 7. November
2001 und zu ihrem diesbezüglichen identischen Antrag
auf Bundestagsdrucksache 14/7296 klar, dass die dort ge-
nannten Operationsziele sich allein gegen das terroristi-
sche Netzwerk Bin Ladens, Al Qaida und diejenigen, die
es beherbergen oder unterstützen, richteten. Für den Fall
einer wesentlichen Abweichung der zahlenmäßigen Auf-
gliederung der eingesetzten bewaffneten deutschen Streit-
kräfte von den in Ziffer 5. ihres Antrages auf Bundestags-
drucksache 14/7296 genannten Werte, die auch den
Einsatz von bis zu 100 Spezialkräften umfassten, werde
die Bundesregierung die Fraktionen oder – in Sitzungs-
wochen – die Fachausschüsse vorher konsultieren. Dabei
umfasse die Aufgabe des KSK „polizeilich-militärische
Aufgaben, wie z. B. Geiselbefreiung, Verhaftungen o. ä.“
(Bundestagsdrucksache 14/7447 vom 14. November
2001, S. 4, Ziffer III.).

In der in der Sitzung des Auswärtigen Ausschusses am
14. November 2001 zu Protokoll gegebenen Erklärung
wies der damalige Bundesminister des Auswärtigen
schließlich für die Bundesregierung unter anderem darauf
hin, dass das Einsatzgebiet (Ziffer 7. des Antrages der
Bundesregierung, Bundestagsdrucksache 14/7296) weit
gefasst werden müsse, um Transport-, Schutz- und Siche-
rungsmaßnahmen im Gebiet gemäß Artikel 6 des Nordat-
lantikvertrages und den Seegebieten Nord-Ost-Afrikas
sowie eine flexible Stationierung der bewaffneten deut-
schen Streitkräfte in der Nähe des Konfliktherdes zu er-
möglichen. Die letztendliche Entscheidung über den kon-
kreten Einsatz der deutschen bewaffneten Streitkräfte
liege ausschließlich bei der Bundesregierung (Bundes-
tagsdrucksache 14/7447, S. 4).

Der Auswärtige Ausschuss nahm die durch den Bundesmi-
nister des Auswärtigen für die Bundesregierung zu Proto-
koll gegebene Erklärung zustimmend zur Kenntnis und
empfahl dem Plenum des Deutschen Bundestages in der
Beschlussempfehlung auf Bundestagsdrucksache 14/7447
ebenso wie der mitberatende Verteidigungsausschuss,
Rechtsauschuss, Ausschuss für Menschenrechte und hu-
manitäre Hilfe sowie der Ausschuss für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung, jeweils mit den Stim-
men der Fraktionen der SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN und FDP gegen die Stimmen der Fraktion
der PDS, dem Antrag der Bundesregierung auf Bundes-
tagsdrucksache 14/7296 zuzustimmen.

In Verbindung mit der Abstimmung zu diesem Antrag der
Bundesregierung legte der damalige Bundeskanzler
Gerhard Schröder auf Bundestagsdrucksache 14/7440 mit
Datum vom 13. November 2001 einen Antrag vor, mit
dem er die Abstimmung zum Einsatz bewaffneter deut-
scher Streitkräfte bei der Unterstützung der gemeinsamen
Reaktion auf terroristische Angriffe gegen die USA mit
der Vertrauensfrage zu seiner Politik gemäß Artikel 68
Abs. 1 Satz 1 GG verband. Nach dieser Verfassungsnorm
kann der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanz-
lers den Bundestag auflösen, wenn ein derartiger Antrag,
stimmung des Deutschen Bundestages für diesen Einsatz
bewaffneter deutscher Streitkräfte vorzulegen.

ihm das Vertrauen auszusprechen, nicht die Zustimmung
der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages findet.

Drucksache 16/10650 – 92 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Die Fraktion der CDU/CSU legte in diesem Zusammen-
hang zu der Beratung des Antrags der Bundesregierung
– Bundestagsdrucksache 14/7296 – und die diesbezügli-
che Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses
– Bundestagsdrucksache 14/7447 – ihren Entschließungs-
antrag auf Bundestagsdrucksache 14/7512 vom 16. No-
vember 2001 (Dokument Nr. 5) vor. Hierin wurde die Ver-
knüpfung der Vertrauensfrage nach Artikel 68 GG mit der
Abstimmung über den Einsatz bewaffneter deutscher
Streitkräfte aus dem Grund abgelehnt, weil ein zustim-
mendes Votum hierzu als eine Vertrauenserklärung für die
gesamte Politik des damaligen Bundeskanzlers, Gerhard
Schröder, gewertet worden wäre. In den Vordergrund der
202. Sitzung des Deutschen Bundestages am 16. Novem-
ber 2001 war damit die Abstimmung über die Vertrauens-
frage des Bundeskanzlers getreten, sodass die Fraktionen
der CDU/CSU und FDP sich veranlasst sahen, trotz ihrer
positiven Voten zum konkreten Streitkräfteeinsatz in den
Fachausschüssen wegen der Verbindung der Sachfrage
mit der Vertrauensfrage mit Nein zu stimmen. Bei der
Abstimmung über die verbundenen Anträge von Bundes-
regierung und Bundeskanzler sowie die Beschlussemp-
fehlung des Auswärtigen Ausschusses stimmten nament-
lich von insgesamt 662 abgegebenen Stimmen, bei keiner
Enthaltung, 336 Abgeordnete mit Ja und 326 mit Nein
(Stenografischer Bericht, Plenarprotokoll 14/202,
S. 19893 A/C, Dokument Nr. 6).

Konstitutiv, auch für den Einsatz des Kommandos Spe-
zialkräfte (KSK), war damit der Beschluss vom 16. No-
vember 2001, mit dem der Deutsche Bundestag dem
Antrag der Bundesregierung vom 7. November 2001 zu-
stimmte. In dem Antrag der Bundesregierung zum Ein-
satz bewaffneter Streitkräfte bei der Unterstützung der
gemeinsamen Reaktion auf terroristische Angriffe gegen
die USA heißt es:

„(…) Diese Operation hat zum Ziel, Führungs- und Aus-
bildungseinrichtungen von Terroristen auszuschalten,
Terroristen zu bekämpfen, gefangen zu nehmen und vor
Gericht zu stellen sowie Dritte dauerhaft von der Unter-
stützung terroristischer Aktivitäten abzuhalten. Deutsche
bewaffnete Streitkräfte tragen dazu mit ihren Fähigkeiten
bei. Der Beitrag schließt auch Leistungen zum Zweck hu-
manitärer Hilfe ein. (…)“ (Bundestagsdrucksache 14/7296,
Ziffer 3)

2. Die Regelungen des humanitären
Völkerrechts

Grundlage der Regelungen für den Einsatz des Komman-
dos Spezialkräfte (KSK) war im Untersuchungszeitraum
neben den konkreten Vorgaben im Mandat des Deutschen
Bundestages vom 16. November 2001 vor allem das hu-
manitäre Völkerrecht. Der Untersuchungsausschuss hat
zu den Einsatzregeln und rechtlichen Grundlagen des
Einsatzes des Kommandos Spezialkräfte (KSK) auch den
damaligen Leiter der Abteilung Recht im Bundesministe-
rium der Verteidigung als Zeugen in seiner Sitzung am
24. Oktober 2007 vernommen. Nach dessen Ausführun-

der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag für die
Einsätze vorbereitet und Abstimmungen mit dem Aus-
wärtigen Amt und weiteren Ressorts herbeigeführt. Zu
der Ziffer 4. des Untersuchungsauftrages erklärte der
Zeuge, er könne zu der Frage, welche Einsätze die Ein-
satzkontingente der Spezialkräfte von ca. November 2001
bis ca. November 2002 durchgeführt und nach welchen
Einsatzregeln sie hierbei gehandelt haben, keine Angaben
machen, da ihm selbst keine Einsätze in dem fraglichen
Zeitraum bekannt seien und er bereits am 1. April 2002
aus dem Dienst ausgeschieden sei. Er könne nur Allge-
meines zu den Einsatzregeln sagen, die die Abteilung
Recht nach dem Beschluss des Deutschen Bundestages
zur Operation Enduring Freedom unter anderem durch
sogenannte Rechtsberater-Briefe noch einmal in Erinne-
rung gebracht habe. Die Abteilung Recht des Bundes-
ministeriums der Verteidigung habe seinerzeit einen
Rechtsberater-Brief herausgegeben, in dem noch einmal
ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass die Regeln
des humanitären Völkerrechts auch für den Einsatz im
Rahmen der Operation Enduring Freedom gelten. Dies
sei hierfür natürlich nur eine Bestätigung, aber auch noch
einmal ein Hinweis gewesen, „dass sie gegenüber Frei-
schärlern, gegenüber Terroristen, gegenüber den Taliban
genauso zu gelten haben.“ (Stenografisches Protokoll
Nr. 18, Teil II, S. 18).

a) Das humanitäre Völkerrecht

Auf das beim Einsatz zu beachtende humanitäre Völker-
recht verwies das Bundesministerium der Verteidigung
nach den Feststellungen des Untersuchungsausschusses
bereits Ende 2001 in einem Rechtsberater-Brief. In die-
sem Rechtsbrater-Brief 40/2001 vom 13. November 2001
wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass im Rahmen
der Operation Enduring Freedom das humanitäre Völker-
recht zu beachten sei. Hierin wurde ausgeführt, dass das
humanitäre Völkerrecht dem Schutz des Menschen in be-
waffneten Konflikten diene, indem es das Verhalten der
am Konflikt beteiligten Parteien festen Regeln unter-
werfe. Der früher verwendete Begriff des „Kriegsvölker-
rechts“ sei nicht mehr zeitgemäß, da es in der politischen
Wirklichkeit „erklärte Kriege“ im klassischen Sinne
kaum mehr gebe. Spätestens seit den Zusatzprotokollen
von 1977 zu den Genfer Abkommen spreche man über-
wiegend von „bewaffneten Konflikten“. Die Zusatzproto-
kolle umfassten sowohl den Schutz und die Behandlung
des einzelnen Menschen als auch die Regeln über die Me-
thoden und Mittel der Kriegsführung, die letztlich auch
zum Ziel hätten, das mit bewaffneten Konflikten notwen-
digerweise verbundene Leid soweit wie möglich zu
begrenzen. Als Rechtsgrundlagen für den Einsatz im
Rahmen der Operation Enduring Freedom wurden im
Rechtsberater-Brief 40/2001 angeführt:

– die vier Genfer Abkommen (1949) und

– die dazu ergangenen zwei Zusatzprotokolle (1977),

– die Haager Abkommen von 1907,
gen hatte die Abteilung Recht zusammen mit dem Füh-
rungsstab der Streitkräfte (Fü S) die jeweiligen Anträge

– das VN-Waffenübereinkommen und seine Protokolle
sowie

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 93 – Drucksache 16/10650

– diverse andere Waffenverbote,

– die Konvention zum Schutz von Kulturgut in bewaff-
neten Konflikten (1954) und

– das Völkergewohnheitsrecht auf diesem Gebiet.

(BMVg, Rechtsberater-Brief 40/2001 vom 13. November
2001, S. 2; MAT 16 – 14, Anlage 07)

In diesem Rechtsberater-Brief wurde ausdrücklich darauf
hingewiesen, dass das humanitäre Völkerrecht im inter-
nationalen und nicht-internationalen bewaffneten Kon-
flikt zur Anwendung komme. Ein internationaler bewaff-
neter Konflikt liege vor, sobald eine Konfliktpartei gegen
eine andere Konfliktpartei Waffengewalt einsetze. Es rei-
che nicht aus, wenn Einzelpersonen mit militärischer Ge-
walt vorgingen. Unerheblich sei, ob die Konfliktparteien
sich als im bewaffneten Konflikt befindlich betrachteten
(BMVg, Rechtsberater-Brief 40/2001 vom 13. November
2001, S. 2; MAT 16 – 14, Anlage 07). In diesem Zusam-
menhang wurde auch auf einzelne Prinzipien des humani-
tären Völkerrechts hingewiesen, insbesondere den
Grundsatz der ständigen Unterscheidung zwischen militä-
rischen Zielen sowie zivilen Objekten und Personen, dem
Verbot unterschiedloser Angriffe, den Grundsatz der mili-
tärischen Notwendigkeit, den Grundsatz der Verhältnis-
mäßigkeit und schließlich das Gebot der Menschlichkeit.
Bereits einleitend wies das Bundesministerium der Ver-
teidigung darauf hin: „Deutsche Soldaten, die sich nach
der Zustimmung des Deutschen Bundestages zur deut-
schen Beteiligung an der Operation ENDURING
FREEDOM zur Bekämpfung des internationalen Terro-
rismus beteiligen, haben gegenüber den Taliban und Mit-
gliedern des internationalen Terrorismus diese Regeln an-
zuwenden und zu beachten.“

b) Die Anwendung des humanitären
Völkerrechts im Einzelnen

Auf Seite 3 des Rechtsberater-Briefes 40/2001 wurde ins-
besondere verdeutlicht, dass im Falle der Teilnahme an
einem internationalen Konflikt sich aus dem oben darge-
stellten humanitären Völkerrecht für den Soldaten Beson-
derheiten im Hinblick auf seine Rechte, Pflichten und sei-
nen Status ergeben. Zunächst wurde unter Ziffer 1. der
Kombattantenstatus definiert: Hiernach sind Kombattan-
ten alle Personen, die sich unmittelbar an Kampfhandlun-
gen beteiligen dürfen, in erster Linie also Angehörige der
Streitkräfte und Angehörige der in die Streitkräfte einge-
gliederten Milizen und Freiwilligenkorps. Als Kombat-
tant darf der Soldat der Gegenseite als legitimes militäri-
sches Ziel bekämpft werden. Wenn er auf Grund von
Verwundung, Krankheit oder Gefangenschaft außer Ge-
fecht gerät, stehen ihm umfangreiche Schutzrechte nach
den Genfer Abkommen zu. Zum Beispiel steht er als
Kriegsgefangener unter dem Schutz des III. Genfer Ab-
kommens. Danach darf er unter anderem für seine
Mitwirkung an erlaubten Kriegshandlungen nicht zur
Verantwortung gezogen werden. Nach Beendigung der
Kampfhandlungen sind Kriegsgefangene unverzüglich

nen und zu schützen; jeder Angriff auf sie ist verboten;
sie sind mit Menschlichkeit zu behandeln und zu pflegen
(I. Genfer Abkommen).
Unter Ziffer 2. des Rechtsberater-Briefes 40/2001 wurde
ausdrücklich auf Folgendes hingewiesen:
„Zivilpersonen, die sich unberechtigt an Kampfhandlun-
gen beteiligen (z. B. Söldner, Guerilleros, Terroristen)
sind Freischärler und dürfen mit militärischen Mitteln be-
kämpft werden. Sie haben nicht den Status von Kombat-
tanten. Im Falle ihrer Gefangennahme haben jedoch auch
sie bestimmte Grundgarantien, die das Recht auf mensch-
liche Behandlung und ein ordentliches Gerichtsverfahren
einschließen (Artikel 45 und 75 des Zusatzprotokolls I
von 1977 zu den vier Genfer Abkommen von 1949).“
(BMVg, Rechtsberater-Brief 40/2001 vom 13. November
2001, S. 2, Ziffer 2.; MAT 16 – 14, Anlage 07)
Der Einsatz von Kampfmitteln und Kampfmethoden
wurde unter Ziffer 3. des Rechtsberater-Briefes 40/2001
geregelt. Hiernach war es verboten, Mittel und Methoden
anzuwenden, die dazu bestimmt oder geeignet sind, über-
flüssige Verletzungen oder unnötige Leiden zu verursa-
chen, sowie ausgedehnte, lang anhaltende und schwere
Schäden der natürlichen Umwelt zu verursachen. Völker-
vertragliche Waffenverbote (z. B. B- und C-Waffen) und
Einsatzbeschränkungen waren zu beachten. Nach Ziffer
4. des Rechtsberater-Briefes 40/2001 umfasste das Gebot
der ständigen Unterscheidung von militärischen Zielen
und zivilen Objekten unter anderem: Schonung und
Schutz von Zivilpersonen, die nicht an Kampfhandlungen
teilnehmen, Vorkehrungen zum Schutz der Zivilbevölke-
rung bei Angriffen, das Verbot von unterschiedlosen
Angriffen und das Verbot von Kollateralschäden, die in
keinem Verhältnis zum erwarteten konkreten und unmit-
telbaren militärischen Vorteil stehen. Schließlich durfte
nach Ziffer 5. dieses Rechtsberater-Briefes 40/2001 ein
militärischer Vorteil nicht mit verbotenen Mitteln gesucht
werden: Hiernach stellt das humanitäre Völkerrecht einen
Kompromiss zwischen militärischen und humanitären Er-
fordernissen dar. Eine Ausnahme von einem sonst vorge-
schriebenen Verhalten aus Gründen der militärischen
Notwendigkeit ist nur dann erlaubt, wenn eine Regel des
humanitären Völkerrechts diese Möglichkeit ausdrück-
lich vorsieht.
Abschließend erfolgte auf Seite 4 des Rechtsberater-Brie-
fes 40/2001 der Hinweis, dass Soldaten der Bundeswehr
im Rahmen der Grundausbildung, in den Laufbahnlehr-
gängen und durch regelmäßige Fortbildungsveranstaltun-
gen über die Inhalte des humanitären Völkerrechts unter-
richtet werden. In diesem Zusammenhang wurde auch auf
§ 33 des Soldatengesetzes verwiesen, der folgenden
Wortlaut hat:
„§ 33 Staatsbürgerlicher und völkerrechtlicher Unterricht
(1) Die Soldaten erhalten staatsbürgerlichen und völker-
rechtlichen Unterricht. Der für den Unterricht verantwort-
liche Vorgesetzte darf die Behandlung politischer Fragen
nicht auf die Darlegung einer einseitigen Meinung be-
schränken. Das Gesamtbild des Unterrichts ist so zu ge-
stalten, dass die Soldaten nicht zu Gunsten oder zu
freizulassen und heim zu schaffen. Verwundete, Kranke
und Schiffbrüchige sind unter allen Umständen zu scho-

Ungunsten einer bestimmten politischen Richtung beein-
flusst werden.

Drucksache 16/10650 – 94 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

(2) Die Soldaten sind über ihre staatsbürgerlichen und
völkerrechtlichen Pflichten und Rechte im Frieden und
im Krieg zu unterrichten.“

Des Weiteren wurde aufgeführt, dass das deutsche Be-
fehlsrecht sicherstelle, dass Vorgesetzte und Untergebene
das humanitäre Völkerrecht bei der Befehlsgebung und
bei der Ausführung von Befehlen beachten. Die Taschen-
karte „Humanitäres Völkerrecht in bewaffneten Konflik-
ten“ (Anlage zum Rechtsberater-Brief 40/2001), die von
jedem Soldaten im Einsatz mitzuführen ist, beinhaltet die
grundlegenden Regeln.

In diesem Sinne erklärte der ehemalige Leiter der Abtei-
lung „Spezialoperationen“ im Einsatzführungskommando
dem Untersuchungsausschuss zur Anwendung des huma-
nitären Völkerrechts im Einsatz:

„(…) Es gilt das humanitäre Völkerrecht. All diese Dinge
sind in diesen Weisungen noch einmal explizit erwähnt,
sodass das aus meiner Sicht zusammen mit der Rechts-
ausbildung, die das jeweilige Kontingent durch die Ver-
treter der Abteilung Recht bzw. durch den leitenden
Rechtsberater des Einsatzführungskommandos erhalten
hat, aus meiner Sicht ausreichend klar geregelt war. (…)“
(Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil III, S. 2).

3. Die rechtliche Unterweisung der
Einsatzkontingente Spezialkräfte

Die Einsatzkontingente Spezialkräfte wurden seitens des
Bundesministeriums der Verteidigung rechtlich einge-
hend auf den Afghanistaneinsatz vorbereitet. Hierzu hat
der Untersuchungsausschuss auch den damaligen Kom-
mandeur des KSK als Zeugen vernommen. Nach den
Feststellungen des Ausschusses wurden in Calw spezielle
rechtliche Unterweisungen für die jeweiligen Kon-
tingente zur Vorbereitung ihres Einsatzes vor Ort in
Afghanistan durchgeführt. Der ehemalige Leiter der Ab-
teilung „Spezialoperationen“ im Einsatzführungskom-
mando bestätigte dem Untersuchungsausschuss, dass die
Angehörigen des jeweiligen Kontingents des KSK durch
einen Vertreter der Abteilung Recht des Bundesministeri-
ums der Verteidigung eine Unterweisung im Kriegsvöl-
kerrecht erhielten (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II,
S. 15). Dies erfolgte in der Regel durch die Einsatzrecht-
Referenten der Abteilung Recht des Bundesministeriums
der Verteidigung. Die Soldaten wurden dabei auch über
die geltenden internationalen und nationalen Regelungen
und Handlungsanweisungen über Festnahmen und die
Behandlung von in Gewahrsam genommenen Personen
unterrichtet. Im Anschluss daran stand die Abteilung
Recht dem KSK auch im Rahmen der den Einsatz in
Afghanistan begleitenden Rechtsberatung zur Verfügung
(vgl. Bundestagsdrucksache 16/6282, S. 4; Dokument
Nr. 26).

a) Die Vorbereitung in Calw
Zu Fragen der rechtlichen Einweisung der Soldaten in das
humanitäre Völkerrecht und speziellen Verhaltensmaß-

Rechtsabteilung vernommen. Der Zeuge bestätigte
hierzu, dass die erste Einweisung am 6. Dezember 2001
durch den verantwortlichen Referenten durchgeführt und
eine weitere Einweisung am 5. Februar und 1. Juli 2002
erfolgt sei (Stenografisches Protokoll Nr. 19, Teil II,
S. 22).

Der Zeuge erläuterte dem Ausschuss, dass jeder Soldat
im Rahmen seiner beruflichen Ausbildung in Fragen des
Völkerrechts unterrichtet und durch die Zentrale Dienst-
vorschrift (ZDv) 15/2 „Humanitäres Völkerrecht in be-
waffneten Konflikten – Handbuch –“ verpflichtet werde,
auch ohne Einweisung das Völkerrecht im Rahmen so-
wohl von internationalen bewaffneten Konflikten als
auch sonstigen bewaffneten Einsätzen zu beachten; das
sei kein Novum gewesen (Stenografisches Protokoll
Nr. 19, Teil II, S. 22). Die Abteilung Recht des Bundes-
ministeriums der Verteidigung sei dafür zuständig gewe-
sen, diesbezüglich die verfassungsrechtlichen und völker-
rechtlichen Rahmenbedingungen zu klären. Darüber
hinaus sei die Abteilung Recht dafür zuständig gewesen,
der militärischen Seite rechtliche Fragen zu beantworten.
Auch sei der Einsatz dahingehend vorbereitet worden,
dass dem Kommando Spezialkräfte (KSK) vermittelt
worden sei, welche völker- und verfassungsrechtlichen
Rahmenbedingungen bestanden hätten (Stenografisches
Protokoll Nr. 19, Teil II, S. 25). Hierzu erläuterte der
Zeuge dem Untersuchungsausschuss, dass direkt vor Ort
in Calw versucht worden sei, den Soldaten des KSK die
völkerrechtliche Lage darzustellen. In diesem Zusam-
menhang sei ihnen insbesondere nahegelegt worden, in
ihren Beiträgen zur Operation Enduring Freedom sich
darauf zu beschränken, keine eigenen Gefangenen zu ma-
chen, „sondern nur Beiträge zu leisten, die es anderen
Streitkräften ermöglichen, in eigener Verantwortung dies
zu tun“ (Stenografisches Protokoll Nr. 19, Teil II, S. 22).
Der Zeuge verwies auch darauf, dass das Bundesministe-
rium dafür Sorge getragen habe, dass die Angehörigen
der Einsatzkontingente Spezialkräfte im Besitz der soge-
nannten Taschenkarte zum humanitären Völkerrecht wa-
ren und die Abteilung Recht dem KSK für Rechtsfragen
hierzu ihren Einsatz begleitend zur Verfügung gestanden
habe (Stenografisches Protokoll Nr. 19, Teil II, S. 25).

b) Die „Taschenkarte“
Für eine mögliche deutsche Beteiligung an der Operation
Enduring Freedom wurde mit dem Rechtsberater-Brief
40/2001 der Text der Taschenkarte „Humanitäres Völker-
recht in bewaffneten Konflikten“ in deutscher und engli-
scher Sprache nochmals bekannt gegeben. Diese
Taschenkarte enthielt die grundlegenden Regeln, die in
einem internationalen bewaffneten Konflikt Anwendung
finden. Insbesondere wurde in diesem Rechtsberater-
Brief vom 13. November 2001 darauf hingewiesen, dass
deutsche Soldaten, die sich an der Operation Enduring
Freedom beteiligen, diese Regeln gegenüber den Taliban
und Mitgliedern des internationalen Terrorismus anzu-
wenden haben. Nach Aussage des damaligen Abteilungs-
leiters Recht im Bundesministerium der Verteidigung
regeln vor Ort in Afghanistan hat der Untersuchungs-
ausschuss auch den damaligen Unterabteilungsleiter der

sind die Rechtsberater-Briefe nicht nur den Rechtsbera-
tern in der Truppe, sondern auch den an Auslandseinsät-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 95 – Drucksache 16/10650

zen beteiligten Abteilungen zugeleitet worden (Protokoll
Nr. 18, Teil II, S. 21).

Zahlreiche im Ausschuss als Zeugen vernommene Ange-
hörige des 1. Kontingents bestätigten, im Besitz einer der-
artigen Taschenkarte gewesen zu sein (vgl. z. B. Stenogra-
fisches Protokoll Nr. 5, Teil III, S. 45). Hierzu sagte auch
der damalige Leiter der Abteilung „Spezialoperationen“
im Einsatzführungskommando aus:

„Die Taschenkarten sind nach meiner Kenntnis bei den
Soldaten verfügbar gewesen.“ (Stenografisches Protokoll
Nr. 5, Teil II, S. 15)

Die mit dem Rechtsberater-Brief 40/2001 bekannt gege-
bene Taschenkarte wies das Datum „Juni 1996“ aus und
war mit dem Hinweis versehen: „Die Taschenkarte gehört
in die Hand aller Angehörigen der Bundeswehr. Sie ist,
soweit nicht anders befohlen, bei jedem Auslandseinsatz
in der äußeren linken Brusttasche des Kampfanzuges mit-
zuführen.“ Auf insgesamt sieben DIN-A6-Seiten dieser
Taschenkarte wurden kurz und prägnant „Aufgaben und
Anwendungsbereich“ sowie „Rechtsgrundlagen“ des hu-
manitären Völkerrechts dargestellt sowie „Völkerrechtli-
che Begriffe“ erklärt. Hierbei wurde in den Allgemeinen
Grundsätzen für das Verhalten des Soldaten in bewaffne-
ten Konflikten davon ausgegangen, dass nur „Kombattan-
ten“ berechtigt seien, an Kampfhandlungen teilzuneh-
men. Die Taschenkarte enthielt schließlich auf ihren
Seiten 4 bis 7 Hinweise zum: „Schutz der Zivilbevölke-
rung“, „Kampfmittel und Kampfmethoden“, „Schutz der
Verwundeten, Kranken und Schiffbrüchigen“, „Interna-
tionale Schutzzeichen“ und „Schutz der Kriegsgefange-
nen“. Im Einzelnen enthielt die Taschenkarte für alle An-
gehörigen der Bundeswehr im Auslandseinsatz folgende
Erklärungen und Verhaltensregeln:

„Aufgaben und Anwendungsbereich

Das humanitäre Völkerrecht dient dem Schutz des Men-
schen in bewaffneten Konflikten, indem es das Verhalten
der am Konflikt beteiligten Staaten bestimmten Regeln
unterwirft. Sobald ein Staat gegen einen anderen Staat
Waffengewalt einsetzt, gelangt das humanitäre Völker-
recht zur Anwendung. Auch in internen bewaffneten
Konflikten, z. B. in einem Bürgerkrieg, gelten die grund-
legenden Garantien des humanitären Völkerrechts als
Mindestschutzbestimmungen.

Rechtsgrundlagen

Die Rechtsgrundlagen für die Verhaltensregeln in bewaff-
neten Konflikten finden sich in einer Vielzahl von völker-
rechtlichen Verträgen, insbesondere in den

– Haager Abkommen von 1907 (Haager Landkriegsord-
nung),

– Genfer Abkommen von 1949,

– Zusatzprotokollen I und II von 1977 zu den Genfer
Abkommen.

Völkerrechtliche Begriffe

die Angehörigen der Streitkräfte sowie die in die Streit-
kräfte eingegliederten Milizen und Freiwilligenkorps.

Repressalien: Repressalien sind Vergeltungsmaßnahmen,
die ein Staat ausnahmsweise gegen einen anderen Staat
anwenden darf, um diesen zur Einstellung von Völker-
rechtsverletzungen zu bewegen. Wegen ihrer politischen
und militärischen Tragweite dürfen Repressalien seitens
der deutschen Streitkräfte nur von der Bundesregierung
angeordnet werden.

Heimtücke (Perfidie): Als heimtückisch gelten Handlun-
gen, durch die der Gegner verleitet wird, auf eine völker-
rechtliche Schutzsituation zu vertrauen, um ihn dann
überraschend anzugreifen, z. B. das Vortäuschen von
Kampfunfähigkeit oder der Absicht, unter einer Parla-
mentärflagge zu verhandeln.

Allgemeine Grundsätze für das Verhalten des Soldaten in
bewaffneten Konflikten

Nur Kombattanten sind berechtigt, an Kampfhandlungen
teilzunehmen. Kampfhandlungen dürfen sich nur gegen
die Streitkräfte des Gegners und andere militärische Ziele
richten, nicht jedoch gegen die Zivilbevölkerung oder zi-
vile Objekte. Unterschiedslose Angriffe sind daher verbo-
ten.

Militärische Ziele dürfen nicht bekämpft werden, wenn
der zu erwartende militärische Vorteil in keinem Verhält-
nis zu den Verlusten in der Zivilbevölkerung und/oder
Schäden an zivilen Objekten steht.

Die Streitkräfte haben kein unbeschränktes Recht in der
Wahl der Mittel und Methoden der Kampfführung.

Nur diejenige Gewaltanwendung ist erlaubt, die zur Nie-
derwerfung des Gegners erforderlich ist. Der wehrlose
oder sich ergebende Gegner darf nicht mehr bekämpft
werden.

Die Berufung auf ,militärische Notwendigkeit’ rechtfer-
tigt grundsätzlich keine Durchbrechung der Regeln des
humanitären Völkerrechts.

Kampfhandlungen dürfen nicht gegen Personen und Ob-
jekte gerichtet werden, die unter dem Schutz des Roten
Kreuzes oder anderer Schutzzeichen stehen.

Jeder einzelne Soldat ist persönlich für die Einhaltung der
Regeln des humanitären Völkerrechts verantwortlich.
Vorgesetzte dürfen Befehle nur unter Beachtung der Re-
geln des Völkerrechts erteilen.

Schutz der Zivilbevölkerung

Zivilpersonen dürfen nicht an Kampfhandlungen teilneh-
men.

Zivilpersonen, die nicht an Kampfhandlungen teilneh-
men, sind zu schonen und zu schützen. Sie dürfen weder
angegriffen noch getötet, verwundet oder gefangen
genommen werden. Repressalien gegen die Zivilbevölke-
rung sind verboten, ebenso Geiselnahme, Kollektivstra-
Kombattanten: Kombattanten sind alle Personen, die sich
unmittelbar an Kampfhandlungen beteiligen dürfen, z. B.

fen, Plünderungen sowie Maßnahmen zur Einschüchte-
rung oder Terrorisierung.

Drucksache 16/10650 – 96 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Zivilpersonen dürfen nicht benutzt werden, um Kampf-
handlungen von bestimmten Punkten oder Gebieten fern-
zuhalten.

Bei einem Angriff auf ein militärisches Ziel sind alle erfor-
derlichen Vorkehrungen zu treffen, um die Zivilbevölke-
rung, die sich im Bereich oder in unmittelbarer Nähe des
Objekts befindet, möglichst zu schonen. Wenn möglich, ist
die Zivilbevölkerung vor einem Angriff zu warnen.

Die für die Zivilbevölkerung lebensnotwendigen Objekte
(z. B. Trinkwasserversorgungsanlagen) dürfen nicht zer-
stört werden.

Eine Internierung von Zivilpersonen ist nur ausnahms-
weise zulässig.

Personal und Material/Gebäude der Zivilschutzorganisa-
tionen werden geschont und geschützt.

Das internationale Schutzzeichen des Zivilschutzes be-
steht aus einem gleichseitigen blauen Dreieck auf orange-
farbenem Grund.

Kampfmittel und Kampfmethoden
Es ist verboten, Mittel oder Methoden anzuwenden, die
dazu bestimmt oder geeignet sind überflüssige Verletzun-
gen oder unnötige Leiden zu verursachen (z. B. Dum-
Dum-Geschosse), ausgedehnte, lang anhaltende und
schwere Schäden der natürlichen Umwelt zu verursachen.

Militärische Ziele und Zivilpersonen oder zivile Objekte
unterschiedslos zu schädigen.

Die Verwendung chemischer Waffen (z. B. Giftgas) und
bakteriologischer Kampfmittel ist verboten.

Anlagen und Einrichtungen, die gefährliche Kräfte ent-
halten (Staudämme, Deiche, Kernkraftwerke), dürfen
grundsätzlich nicht angegriffen werden.

Schutz der Verwundeten, Kranken und Schiffbrüchigen
Verwundete, Kranke und Schiffbrüchige sind unter allen
Umständen zu schonen und zu schützen. Jeder Angriff
auf ihr Leben oder ihre Person ist verboten. Sie sind mit
Menschlichkeit zu behandeln und zu pflegen. Repressa-
lien gegen sie sind verboten.

Aus anderen als medizinischen Gründen darf kein Unter-
schied zwischen ihnen gemacht werden.

Ortsfeste Einrichtungen, Fahrzeuge und bewegliche
Truppenteile des Sanitätsdienstes dürfen ausnahmslos
nicht bekämpft werden. Ihre ungestörte Tätigkeit ist je-
derzeit zu gewährleisten.

Schutzzeichen für das Sanitätspersonal sowie für Sani-
tätseinrichtungen ist das rote Kreuz auf weißem Grund.
Anstelle des roten Kreuzes ist auch der rote Halbmond
zugelassen.

Der Missbrauch der Schutzzeichen ist ausdrücklich unter-
sagt.

Schutz der Kriegsgefangenen

an erlaubten Kriegshandlungen nicht zur Verantwortung
gezogen werden. Völkerrechtsverletzungen dürfen jedoch
nach dem Recht des Gewahrsamsstaates bestraft werden.

Kriegsgefangene haben Anspruch auf eine menschenwür-
dige Behandlung, insbesondere auf Achtung ihrer Person
und ihrer Ehre.

Unmittelbar nach ihrer Gefangennahme, spätestens aber
eine Woche nach ihrer Ankunft im Lager, erhalten
Kriegsgefangene Gelegenheit, ihre Familie und die Zen-
tralauskunftsstelle beim Internationalen Komitee vom
Roten Kreuz (19, Avenue de la Paix, CH-1202 Genf)
schriftlich von ihrer Gefangennahme zu unterrichten.

Kriegsgefangene dürfen nicht als menschliche Schutz-
schilder benutzt werden, um Kampfhandlungen von stra-
tegisch wichtigen Punkten fernzuhalten.

Unterschiede nach Rasse, Nationalität, Religion oder aus
politischen Gründen sind unzulässig.

Repressalien gegenüber Kriegsgefangenen sind untersagt.

Die Gewahrsamsmacht hat für genügende Verpflegung,
Bekleidung und ärztliche Pflege zu sorgen. Übergriffe der
Zivilbevölkerung auf Kriegsgefangene sind zu unterbin-
den.

Bei Vernehmungen ist jeder Kriegsgefangene nur ver-
pflichtet, seinen Namen, Vornamen, Dienstgrad, sein Ge-
burtsdatum und seine PK-Ziffer zu nennen.

Nach Beendigung der Kampfhandlungen sind alle
Kriegsgefangenen unverzüglich freizulassen und heim zu
schaffen.

Schutz von Kulturgut

Das Abkommen zum Schutz von Kulturgut bei bewaffne-
ten Konflikten vom 14. Mai 1954 bestimmt, dass beweg-
liches oder unbewegliches Gut, welches für das kulturelle
Erbe aller Völker von großer Bedeutung ist (z. B. Bau-,
Kunst- oder geschichtliche Denkmäler, religiöse Kultstät-
ten, Bücher, wissenschaftliche Sammlungen) weder ange-
griffen noch sonstwie beschädigt werden darf.

Weiterhin ist verboten, solche Objekte zur Unterstützung
des militärischen Einsatzes zu verwenden, sie widerrecht-
lich in Besitz zu nehmen, zu beschlagnahmen oder zu zer-
stören. Ausnahmen sind nur in Fällen zwingender militä-
rischer Notwendigkeit zulässig.

In keinem Fall darf Kulturgut zum Gegenstand von Re-
pressalien gemacht werden.

Geschütztes Kulturgut wird durch ein blau-weisses, mit
der Spitze nach unten zeigendes Schild gekennzeichnet.

Besonders bedeutsame Denkmalsorte und Unterbrin-
gungsorte für Kulturgut von sehr hoher Bedeutung, die in
das ,Internationale Register für Kulturgut unter Sonder-
schutz’ eingetragen sind, können durch das Schutzzei-
chen in dreifacher Wiederholung gekennzeichnet werden.

Ebenso sind Transport von Kulturgut und das mit dem

Fallen Kombattanten in die Hand des Gegners, werden
sie Kriegsgefangene. Sie dürfen wegen ihrer Mitwirkung

Schutz dieser Objekte betraute Personal vor jeglicher
feindlicher Handlung geschützt.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 97 – Drucksache 16/10650

Wird Kulturgut militärisch genutzt, verliert es seinen
Schutz und wird militärisches Ziel. Es ist trotzdem nach
Möglichkeit zu schonen.“
(Anlage zum Rechtsberater-Brief 40/2001, MAT 16 – 14,
Anlage 07)

Vor diesem Hintergrund erklärte der ehemalige Leiter der
Abteilung „Spezialoperationen“ im Einsatzführungskom-
mando zur rechtlichen Vorbereitung auf den Einsatz des
Kommandos Spezialkräfte (KSK):

„(…) Vor dem ersten Einsatz unseres Kontingentes gab es
ausreichende Klarheit für mich als den Abteilungsleiter,
den Befehlshaber, als den verantwortlichen operativen
Führer und den Kontingentführer, als den Mann im Ein-
satz, wie wir uns zu verhalten haben. (…)“ (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 29)

4. Einsatzregeln des KSK für
Gefangennahmen

Zu den Einsatzregeln für Gefangennahmen erklärte der
damalige Kontingentführer in der 4. Sitzung des Untersu-
chungsausschusses, er habe Anfang 2002 beim Einsatz-
führungskommando angefragt, wie möglicherweise bei
anstehenden Gefangennahmen zu verfahren sei:

„(…) Mir wurde (…) die Auflage gemacht: Ihr könnt Per-
sonen festsetzen, sie sind aber unmittelbar an die Ameri-
kaner zu übergeben. Wir Deutsche machen keine Gefan-
genen. (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III,
S. 6)

„(…) Die Einsatzregeln entsprachen den diesbezüglichen
Einsatzverfahren des KSK. Eine Festsetzung von Perso-
nen war dann erlaubt, wenn diese unmittelbar danach in
amerikanische Hände übergeben wurden. Oder mit ande-
ren Worten: Eine Gefangennahme durch deutsche Solda-
ten war nicht erlaubt. (…)“ (Stenografisches Protokoll
Nr. 4, Teil III, S. 2).

Die Verhaltensmaßregel, keinen Gewahrsam an Gefange-
nen zu begründen und diese bei Festnahmen den US-
Kräften zu übergeben, wurde auch durch den damaligen
Leiter der Abteilung „Spezialoperationen“ im Einsatzfüh-
rungskommando in der darauffolgenden Sitzung bestä-
tigt:

„(…) Ich sagte ja anfangs schon einmal, dass wir uns mit
besonderer Intensität der Frage Behandlung von Gefange-
nen gewidmet haben, dass es dazu ausführliche Stellung-
nahmen auch des leitenden Rechtsberaters und der Abtei-
lung R gab und dass der Kontingentführer sicher sein
konnte, dass wir keine Gefangenen selbst in Gewahrsam
nehmen und dass wir uns auch logischerweise mit deren
Behandlung nicht beschäftigen. (…)“ (Stenografisches
Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 19)

Bei sogenannten Festgehaltenen habe für deutsche Solda-
ten stets der gleiche bereits dargestellte Grundsatz gegol-
ten, keinen eigenen Gewahrsam zu begründen. Wenn
diesbezüglich Fragen entstanden seien, sei schon im Vor-

„(…) Dann war im Prinzip klar, dass wir kein eigenes Ge-
wahrsam begründen, dass wir als Teil einer multinationa-
len Operation eine Arbeitsteilung betreiben (…) Gefan-
gene, die wir ja nicht gemacht haben, wären von uns an
das amerikanische Personal, das an der Operation betei-
ligt war, übergeben worden.“ (Stenografisches Protokoll
Nr. 5, Teil III, S. 2.)
„(…) Spätestens seit Januar und deutlich bevor wir den
ersten Einsatz durchgeführt haben, bestand für mich und,
wie ich meine, auch für den nachgeordneten Bereich, das
heißt das Kontingent, kein Zweifel, was die Behandlung
von Festgehaltenen anbetrifft, für diese Operationen.
(…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil III, S. 9)

Unabhängig von dem rechtlichen Status der Gefangenen
betonte der damalige Leiter der Abteilung „Spezialopera-
tionen“ im Einsatzführungskommando:

„(…) Wir misshandeln weder Kriegsgefangene noch
Festgehaltene (…) Da bin ich der Auffassung, dass die
Soldaten sehr gut ausgebildet sind und es für sie nicht in-
frage kommt, weder einen Prisoner of War noch sonst ir-
gendjemanden zu misshandeln, egal welchen Status er
hat. Da unterscheiden wir ja keinen Status.“ (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 5, Teil III, S. 22)

a) Abgrenzung Festhalten/Gewahrsam
Zahlreiche Zeugen sind im Ausschuss befragt worden,
worin sie Unterschiede zwischen „gefangen nehmen“,
„festnehmen“ und „festhalten“ verstünden. Hierzu führte
der damals verantwortliche Unterabteilungsleiter Recht
im BMVg aus, dass er eine Legaldefinition dieser Be-
griffe nicht kenne. Er verstehe unter dem Begriff „Fest-
halten“ einen kurzfristigen Akt; Festnehmen könne schon
die Begründung eigenen Gewahrsams sein. Im Einzelnen
führte er aus:

„Wenn ich einen militärischen Auftrag habe, etwa von den
amerikanischen Streitkräften – das einmal unterstellt –,
jemanden kurz festzuhalten, damit sie ihn anschließend in
Gewahrsam nehmen können, dann habe ich es ja eigent-
lich schon beantwortet: Es ist die Vorstufe zur Gewahr-
samsnahme einer anderen Streitkraft. – Ja, das halte ich
für statthaft, so auch der Ressortkonsens im Übrigen, oder
– ich muss es revidieren – so haben wir ihn verstanden:
Einen Beitrag zu leisten, ist möglich, der es anderen er-
möglicht, eigenverantwortlich in Gewahrsam zu nehmen
oder gefangen zu nehmen.“ (Stenografisches Protokoll
Nr. 19, Teil II, S. 33)

Auf eine weitere Nachfrage, auch zur zeitlichen Dimen-
sion, führte er aus, es komme vielleicht im Zusammen-
hang mit diesen Begriffen auf die Zielsetzung des Han-
delnden an. Es handele sich immer um ein Festhalten,
solange nicht die Absicht bestehe, eigenen Gewahrsam zu
begründen. Dies könne durchaus fünf oder zehn Minuten,
aber auch drei Stunden umfassen. Der Zeuge machte in
diesem Zusammenhang deutlich, aus seiner Sicht hätten
sich Schwierigkeiten dadurch ergeben, dass die Abteilung
Recht aus Gründen der militärischen Geheimhaltung in
feld bei ihm im Einsatzführungskommando entsprechend
nachgefragt worden. Hierzu sagte er aus:

Details der Einsätze des KSK nicht eingebunden war.
Hierzu führte der Zeuge aus:

Drucksache 16/10650 – 98 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

„(…) Aber wir sind ja nicht eingebunden etwa in die mili-
tärischen Details, was man bitte an dieser Stelle ja auch
nicht verschweigen darf. Wir wussten nicht, was die da
unten machen; das ist die Schwierigkeit. Sie können
rechtlich noch besonders sauber agieren oder meinetwe-
gen auch eine Taschenkarte für einen Spezialeinsatz for-
mulieren, wenn Sie wissen, was die machen. Beim KSK
wussten wir das nicht. Deshalb haben wir auch gesagt,
wir kommen gerne vor Ort hin; wenn sie Fragen haben,
können sie sie stellen, Taschenkarte haben sie, Rechtsbe-
raterbrief, der überall verteilt wurde und in dem auch
noch einmal ausdrücklich gesagt wurde, wie unsere
Rechtsposition in Bezug auf die OEF sich darstellt. Das
ist alles verteilt; mehr können wir nicht machen.

Mein Mitarbeiter (…) hat mir damals gesagt, dass die
ihm, was eben den militärischen Auftrag anbelangt,
nichts gesagt haben. Das konnten wir nur mutmaßen, und
da haben wir gesagt: Gut, im Bundestagsbeschluss steht
ja, bekämpfen, gefangen nehmen und vor Gericht stellen;
dann können wir wenigstens zu diesen Dingen etwas sa-
gen, wenn dazu Fragen bestehen, aber was die im Einzel-
nen gemacht haben – – Wir konnten dann sagen, wenn sie
auf der rechtlich sicheren Seite sein wollen, auf der völ-
kerrechtlich sicheren, dass sie keinen eigenen Gewahr-
sam begründen im Falle von Gefangennahme von Perso-
nen, da die Verfassungsressorts eben sich auf diesen
Standpunkt gestellt haben, dass dann bei der Überstellung
an die amerikanische Seite Völkerrechtswidrigkeiten zu
befürchten seien.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 19,
Teil II, S. 30)

Der Untersuchungsausschuss hat sich auch mit der Frage
der Notwendigkeit spezieller Regelungen, sogenannten
Rules of Engagement (RoE), für den Einsatz der Kontin-
gente Spezialkräfte auseinandergesetzt und hierzu den
seinerzeitigen Kommandeur des KSK als Zeugen befragt.
Bei seiner Vernehmung wurde er darauf hingewiesen,
dass es nach dem Ausschuss vorliegenden Informationen
(Gesprächsnotiz EinsFüKdo – Fü S V 3, Rechtliche
Grundlagen für Stationierung und Einsatz EinsKtgtSpezKr,
Tgb.-Nr. 51/07, Anlage 02) Anforderungen durch das
KSK an das Einsatzführungskommando und das Bundes-
ministerium der Verteidigung nach speziellen Rules of
Engagement für den Einsatz vor Ort in Kandahar gegeben
habe. Vor diesem Hintergrund wurde der Zeuge gefragt,
ob es auch in seinem Sinne gewesen sei, spezielle Ein-
satzregeln zu erarbeiten, insbesondere für den Umgang
mit gefangenen Nichtkombattanten. Der Zeuge führte
hierzu aus:

„Das Kommando Spezialkräfte hatte im Grunde die
höchste Stufe, die man für einen solchen Einsatz zubilli-
gen kann, die sogenannte, wie es die Amerikaner nennen:
Direct Action, also den Zugriff auf feindliche Soldaten,
das Festnehmen, das Festhalten. Nun bestand das Di-
lemma darin, dass wir – darüber war sich das Kommando
sehr früh im Klaren – Soldaten festnehmen würden, sie
den Amerikanern unterstellen würden, die dann mögli-
cherweise auch mit der Todesstrafe bedroht waren – –

satzführungskommando, durch das Heeresführungskom-
mando, durch den leitenden Rechtsberater beim Inspek-
teur des Heeres, soweit ich weiß, beantragt. Man hat uns
dann die Antwort gegeben oder den rechtlichen Ausweg,
dass wir diese Soldaten nicht festnehmen, sondern fest-
halten, bis sie durch amerikanische Soldaten festgenom-
men werden; also so eine Zwitterstellung, die man viel-
leicht nennen könnte: Wasch mir den Pelz, aber mach
mich nicht nass. Wir waren nicht begeistert von dieser Si-
tuation; aber das war die einzige Möglichkeit, wie man
sich aus diesem rechtlichen Dilemma befreien konnte.“
(Stenografisches Protokoll Nr. 11, Teil II, S. 10)

Im Hinblick auf die Feststellungen im Ausschuss zu nicht
vorhandenen Rules of Engagements für den Einsatz der
Einsatzkontingente Spezialkräfte in Kandahar berichtete
auch der ehemalige Befehlshaber des Einsatzführungs-
kommandos in der Sitzung am 21. März 2007:

„Die Dinge sind mir bekannt. Auch bei mir hat sich natür-
lich zunächst erst mal die Frage geregt. Warum haben wir
keine RoE? Es gab ja keine RoE. Anders als bei ISAF
und den KFOR – also den Balkanoperationen –, hat ja die
internationale Gemeinschaft RoE erlassen, die dann letzt-
endlich auf einen deutschen Anteil umgesetzt worden
sind. In Deutschland hat dieses Gespräch so stattgefun-
den. Es hat mir Bauchschmerzen bereitet, zugegebener-
maßen. Wir haben die Dinge sehr intensiv diskutiert. Ich
habe mich letztendlich überzeugen lassen, dass es geht.
Es ist ja auch ohne RoE gegangen, sondern aufgrund der
Regeln des humanitären Völkerrechtes in bewaffneten
Konflikten.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III,
S. 1)

Zu den Einsatzregeln bei Gefangennahmen hat der Aus-
schuss auch den damaligen Generalinspekteur, General
a. D. Harald Kujat, als Zeugen vernommen, der hierzu
folgende Stellungnahme abgegeben hat:

„(…) Ich hätte es vorgezogen, wenn wir vor Beginn des
Einsatzes die Frage der Gefangenen geregelt gehabt hät-
ten, und zwar in einer zentralen Dienstvorschrift. Soweit
mir das erinnerlich ist, war das auch vorbereitet. Das ist
nicht geschehen. Ich denke, es wäre sinnvoll gewesen,
hier Handlungssicherheit für unsere Soldaten zu schaffen.
Aber es wurde dann entschieden, dass diese, wenn es zu
Gefangennahmen kommen sollte, sofort an die Amerika-
ner übergeben werden; möglicherweise auch deshalb,
weil eben eine solche Regelung nicht vorhanden war. Ich
weiß nicht, wie die Situation heute ist. Damals war das
die Situation. Es ist nach meiner Erinnerung richtig, dass
über die Frage der Behandlung von Gefangenen nur in
diesem Zusammenhang gesprochen wurde und nicht im
Detail darüber, wie sich die einzelnen Soldaten zu verhal-
ten hätten. Nach meiner Erinnerung sind Einsatzregeln
von der Abteilung Recht damals erarbeitet worden und
auch auf dem normalen Dienstweg den Vorgesetzten zur
Verfügung gestellt worden, und die Soldaten sind auch
belehrt worden. Ich muss allerdings dazu sagen, dass ich
persönlich mit dieser Frage nicht befasst war, sondern das
oder die Todesstrafe zur Folge hatte. In diesem Dilemma
haben wir immer wieder Rechtsberatung durch das Ein-

sind Erkenntnisse, die in diesen Leitungsgesprächen auf-
kamen.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 18, Teil II, S. 8)

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 99 – Drucksache 16/10650

Auf weitere Fragen im Ausschuss zur rechtlichen Situa-
tion des Umgangs mit Gefangenen führte der Zeuge aus:
Die Tatsache, dass es keine zentrale Dienstvorschrift ge-
geben habe, sondern für diesen speziellen Fall „Verhal-
tensregeln“ herausgegeben worden seien, könne nicht ne-
gativ gewertet werden. Derartige Verhaltensregeln
erfüllten den gleichen Zweck wie eine entsprechende
Zentrale Dienstvorschrift (Stenografisches Protokoll
Nr. 18, Teil II, S. 12).

b) Praktische Bedeutung

Der Untersuchungsausschuss versuchte weiterhin zu er-
gründen, inwieweit solche konkreten Regeln für die Pra-
xis notwendig gewesen sind. Zur praktischen Bedeutung
antwortete ein Zeuge auf eine entsprechende Frage dem
Ausschuss:

„(…) Diese Rechtsfrage, die erörtert wurde zwischen den
Ressorts, hatte ja für den KSK-Einsatz deshalb keine
praktische Bedeutung, weil sie selber keine Gefangenen
gemacht und keine Taliban und al-Qaida in eigenen Ge-
wahrsam genommen haben. Es wurde mir ja von militäri-
scher Seite aus gesagt, dass das auch nicht der militäri-
sche Auftrag sei; sie hätten auch gar nicht Ressourcen,
dies zu tun. (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 19,
Teil II, S. 32)

Auch nach anderen Zeugenaussagen, vor allem der Lei-
tungsebene des Bundesministeriums der Verteidigung,
wurde stets darauf verwiesen, dass dies nur eine theoreti-
sche Frage hätte sein können. Denn zum damaligen Zeit-
punkt sei das 1. Kontingent logistisch überhaupt nicht in
der Lage gewesen, beispielsweise ein eigenständiges Ge-
fangenenlager zu führen. Nach dem Aufgabenbereich, der
dem KSK in Kandahar zugewiesen gewesen sei, hätte
auch keine Situation eintreten können, Personen festzu-
nehmen. So hat beispielsweise Staatssekretär a. D. Klaus-
Günther Biederbick vor dem Untersuchungsausschuss er-
klärt, die Gestaltung des Auftrages des KSK sei jedenfalls
so gewesen bzw. das KSK habe mit Gefangennahmen di-
rekt nichts zu tun gehabt. Er habe mehrfach im Stab nach-
gefragt, ob Gefangene gemacht worden seien. Ihm sei im-
mer wieder gesagt worden, es seien keine Gefangenen
gemacht worden. Bei sogenannten Joint-Operations hät-
ten andere beteiligte Nationen aufgegriffene Personen ge-
fangenen genommen. „Joint-Operations“ lägen dann vor,
wenn Einsatzsoldaten aus mehreren Ländern einen ge-
meinsamen Auftrag durchführten (Stenografisches Proto-
koll Nr. 13, Teil II, S. 23).

Auch der ehemalige Generalinspekteur, General a. D.
Harald Kujat, erklärte hierzu:

„Der Grundsatz war ja, dass wir keine Gefangenen ma-
chen. Mir ist kein Fall erinnerlich, eine Situation, wo
deutsche Soldaten Taliban gefangen genommen hätten.
Ich kann nicht ausschließen, dass sie an Aktionen betei-
ligt waren, in denen Gefangene gemacht wurden; aber
eine Situation derart, dass nun deutsche Soldaten Gefan-
gene gemacht haben und die dann irgendwann nach einer
bestimmten Zeit an die Amerikaner übergeben hätten, ist

5. Die Rechtsauffassung des AA, BMJ, BMI
und des BMVg

Nach Auswertung der Medienberichterstattung, der Ak-
tenvorgänge und weiterer Zeugenvernehmungen gab es
zumindest seit Anfang 2002 teilweise unterschiedliche
Auffassungen zwischen dem Auswärtigen Amt, dem
Bundesministerium der Justiz, dem Bundesministerium
des Inneren sowie dem Bundesministerium der Verteidi-
gung über die Rechtsgrundlagen für die Gefangennahme
von Personen in Afghanistan. Diese bestanden in erster
Linie vor dem Hintergrund der Behandlung von Gefange-
nen in Guantánamo.

a) Presseerklärung des Auswärtigen Amtes
vom 22. Januar 2002

In seiner amtlichen Presseerklärung vom 22. Januar 2002
(Dokument Nr. 7) äußerte sich der Bundesminister des
Auswärtigen, Joseph Fischer, zur Frage der in
Guantánamo Inhaftierten wie folgt:
„Im Kampf gegen den internationalen Terrorismus vertei-
digen wir auch unsere Grundwerte. Sie gelten ohne Anse-
hen der Person, schützen Leben und Würde des
Menschen. Dies ist es, was wir der terroristischen Heraus-
forderung entgegenstellen müssen.
Mit Blick auf die Inhaftierten in Guantánamo sind wir
deshalb der Auffassung, dass sie, unabhängig von einer
späteren Statusdefinition, wie Kriegsgefangene zu behan-
deln sind. Das heißt in Übereinstimmung mit dem huma-
nitären Völkerrecht, so wie es die Genfer Konvention
festschreibt:
– menschliche Behandlung
– Achtung der Person und der Ehre
– Schutz vor Gewalttätigkeit und Einschüchterung
– Anspruch auf ärztliche Behandlung
– bei Gerichtsverfahren rechtsstaatliche Garantien.
Über die volle Einhaltung dieser völkerrechtlichen Stan-
dards wacht das IKRK, dem die USA volle Zugangs- und
Kontrollrechte im Gefangenenlager von Guantánamo ein-
geräumt haben.
Dabei steht selbstverständlich außer Zweifel, dass die Ge-
fangenen jeweils individuell für von ihnen begangene Ta-
ten zur Verantwortung gezogen werden.
Die Bundesregierung hat mit der amerikanischen Seite
das Gespräch über den rechtlichen Status und die Be-
handlung der in Guantánamo Inhaftierten aufgenom-
men.“
Der ehemalige Staatssekretär, Klaus-Günther Biederbick,
erklärte auf Nachfrage im Untersuchungsausschuss
hierzu, dass diese Pressemitteilung im Bundesministe-
rium der Verteidigung nicht zum Gegenstand von Bespre-
chungen gemacht worden sei. Wenn in der Pressemittei-
lung eine bestimmte Meinung geäußert worden sei, dann
habe er hierfür Respekt. Sicherlich könne das eine oder
andere nach den Erfahrungen, die mit dem Vorgehen der
mir nicht bekannt.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 18,
Teil II, S. 18)

Amerikaner im Irak oder Guantánamo gemacht worden
seien, hinterfragt werden. Jedenfalls sei an die Leitungs-

Drucksache 16/10650 – 100 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

ebene des Bundesministeriums der Verteidigung – auch
nicht durch die Rechtsabteilung – herangetragen worden,
dass hierzu eine Lösung gefunden werden müsse, weil die
Einsätze sonst gefährdet seien (Stenografisches Protokoll
Nr. 13, Teil II, S. 26). Auf die Frage im Zusammenhang
mit der damaligen Medienberichterstattung äußerte sich
der Bundesminister der Verteidigung a. D. Rudolf
Scharping vor dem Untersuchungsausschuss wie folgt:
„Darf ich Sie auf eines aufmerksam machen? Wenn ich
sage – ich glaube, ich habe das mehrfach gesagt –, dass es
innerhalb der Bundesregierung keinen Zweifel daran gab,
dass bezüglich Festgehaltenen, Festgenommenen, wie
immer diese feinsinnige Unterscheidung zustande ge-
kommen ist, bestimmte Rechtsnormen einzuhalten sind,
dann sage ich damit nicht, dass es nicht Diskussionen da-
rüber geben kann und vielleicht geben musste, ob diese
klaren Normen in der Realität eingehalten werden und
was für den Fall zu tun sei, wenn sie nicht eingehalten
werden – Guantánamo, unbeschränkte Festnahme, keine
richterliche Überprüfung – und Deutsche an diesem ver-
mutlich rechtswidrigen Vorgehen beteiligt wären.
Das aber sind sehr verschiedene Ebenen. Die Ebene eins
ist: Es ist klar, dass deutsche Staatsangehörige, deutsche
exekutive Gewalt, in welcher Form auch immer sie auf-
tritt, an bestimmte Regeln gebunden sind. Ob diese Re-
geln in internationalen Zusammenhängen, jetzt konkret in
Afghanistan, von allen Beteiligten eingehalten werden
können, müssen Sie wahrscheinlich auch wegen der zu-
nehmend wachsenden Zahl an Informationen über
Guantánamo – ich könnte jetzt auch noch hinzufügen:
über die möglichen nicht legalen Gefängnisse oder was
auch immer in Europa – hinterfragen. Sie müssen diese
Fragen stellen. Sie müssen auch versuchen, sie aufzuklä-
ren.
Das ist erkennbar ein Diskussionsprozess, den es gegeben
hat. Das ändert nichts an dem, was ich zu der ersten
Ebene gesagt habe, nämlich dass es eine klare Überzeu-
gung aller Beteiligten in der Bundesregierung gab, dass
bestimmte Regeln, die wir alle genannt haben – ich muss
sie nicht wiederholen –, einzuhalten sind.“ (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 15, Teil II, S. 24)
Des Weiteren sagte der damalige Bundesminister aus,
eine Anweisung gegenüber deutschen Soldaten, von Fest-
nahmen Abstand zu nehmen, habe es nicht gegeben (Ste-
nografisches Protokoll Nr. 15, Teil II, S. 25). Ausgehend
von der Diskussion um Guantánamo habe es zwei klare
Linien gegeben: Die Bundesrepublik Deutschland wirke
an einem völkerrechtswidrigen Vorgehen nicht mit. Für
den Fall, dass es ein solches Vorgehen gegeben habe, sei
die Frage zu stellen: „(…) wie schützen wir unsere Leute
davor, dort verwickelt zu werden? Das sind erkennbar all
die Diskussionen, die in der Öffentlichkeit vom Außen-
minister, gegenüber der amerikanischen Regierung, zwi-
schen den Ministerien in der Arbeitsgruppe usw. geführt
worden sind.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 15, Teil II,
S. 31).

b) Die Anfragen des Wehrbeauftragten

die Medienberichterstattung und Meinungsäußerungen
einzelner Ressorts zum Anlass, insbesondere die Frage der
rechtlichen Bewertung einer Beteiligung des Kommandos
Spezialkräfte (KSK) an der Auslieferung Gefangener nach
Guantánamo gegenüber dem Bundesministerium der Ver-
teidigung anzusprechen (Der Wehrbeauftragte, Aktenaus-
zug, MAT 16 – 32). Hierzu hatte der Wehrbeauftragte
mehrere Schreiben an das Bundesministerium der Vertei-
digung gerichtet. Mit Schreiben vom 27. Juni 2002 wies
der Wehrbeauftragte erstmalig darauf hin, dass in
verschiedenen Presseveröffentlichungen wiederholt die
Frage nach den rechtlichen Grundlagen für die in Afgha-
nistan eingesetzten Soldaten aufgeworfen worden sei. In
dem Schreiben vom 27. Juni 2002 wird des Weiteren da-
rauf verwiesen, dass sich mit Blick auf die Rechtssicher-
heit und den Schutz der Soldaten die Frage nach der
rechtlichen Absicherung des Einsatzes der Soldaten
ebenso wie die Frage nach einer denkbaren strafrechtli-
chen Verantwortung bei der Teilnahme an möglicher-
weise völkerrechtswidrigen Maßnahmen anderer Natio-
nen stelle (MAT 16 – 32, S. 23/24).

Der damalige Parlamentarische Staatssekretär im BMVg,
Walter Kolbow, erklärte hierzu in seinem Schreiben vom
13. November 2002 unter anderem, der Einsatz deutscher
Streitkräfte habe nach dem Wortlaut des Beschlusses das
Ziel, „Führungs- und Ausbildungseinrichtungen von Ter-
roristen auszuschalten, Terroristen zu bekämpfen, gefan-
gen zu nehmen und vor Gericht zu stellen (…)“. Der
Deutsche Bundestag habe dem Einsatz und diesem Auf-
trag der Streitkräfte zugestimmt. In diesem Sinne leiste-
ten die deutschen Streitkräfte in arbeitsteiligem Zusam-
menwirken mit anderen Verbündeten Beiträge zur
Festnahme verdächtiger Personen mit dem Ziel, diese vor
Gericht zu stellen. Die Bundeswehr beachte bei der Um-
setzung ihres Auftrages selbstverständlich die Verpflich-
tung zur Einhaltung der menschenrechtlichen Mindest-
standards sowie die Wertentscheidungen des
Grundgesetzes. Dementsprechend könnten Beiträge deut-
scher Soldaten zur Gefangennahme von Taliban- und Al
Qaida-Kämpfern keine strafrechtliche Verantwortung der
eingesetzten Soldaten nach sich ziehen. Eine strafrechtli-
che Verantwortung treffe den Soldaten nur, wenn seine
Handlung eine schwere Verletzung humanitären Völker-
rechts oder eine Straftat nach deutschem Recht darstelle
(vgl. MAT 16 – 32, S. 34/35).

Der damalige Wehrbeauftragte des Deutschen Bundesta-
ges, Dr. Willfried Penner, griff die Problematik nochmals
in seinem Jahresbericht 2002 vom 11. März 2003 (44. Be-
richt) auf Bundestagsdrucksache 15/500, Seite 17 auf.
Was eine mögliche Beteiligung deutscher Soldaten bei
Festnahme von Personen betrifft, die von US-Amerika-
nern nach Guantánamo auf Kuba oder anderswohin ver-
bracht, festgehalten, befragt und möglicher Weise auch
zur Verantwortung gezogen werden, führte er aus:

„(…) Dazu wird von hochrangigen Sachverständigen die
Meinung vertreten, dass diese Art des Vorgehens gegen
grundsätzliche Regeln des internationalen Rechts ver-
In Vorbereitung seines Jahresberichts nahm auch der da-
malige Wehrbeauftragte, Dr. Willfried Penner, Mitte 2002

stoße. Auch dieses Rechtsproblem darf nicht auf dem Rü-
cken der Soldaten ausgetragen werden. Die Bundesregie-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 101 – Drucksache 16/10650

rung hat dazu betont, dass deutsche Soldaten an solchen
Unterstützungsleistungen nicht beteiligt würden. Das In-
teresse der Soldaten wäre damit wirksam gewahrt. (…)“

Der Untersuchungsausschuss hat in seiner 8. Sitzung am
21. März 2007 unter anderem zu den oben dargestellten
Vorgängen zunächst beschlossen, den Wehrbeauftragten
a. D. Dr. Willfried Penner als Zeugen zu Ziffer 4. und
5. des Untersuchungsauftrages zu vernehmen. Aus von
ihm dargelegten Gründen hat sich der Untersuchungsaus-
schuss jedoch zunächst darauf verständigt, eine Ladung
zurückzustellen und ihm zu den Ziffern 4. und 5. des Un-
tersuchungsauftrages Gelegenheit zu einer schriftlichen
Stellungnahme zu geben (Schreiben des Wehrbeauftrag-
ten a. D., Dr. Willfried Penner, vom 13. Mai 2007,
MAT 16 – 34).

Er ist darüber hinaus gebeten worden, besonders zu fol-
genden Punkten Stellung zu nehmen:

– Gründe für sein Tätigwerden von Amts wegen,

– Einschätzung der Ursachen für die damalige erhebli-
che Verzögerung der Beantwortung der Anfrage durch
das Bundesministerium der Verteidigung sowie

– Einschätzung darüber, ob die abschließende Beant-
wortung seinem Anliegen Rechnung getragen habe.

Hierzu teilte er durch eine ergänzende Stellungnahme
vom 6. Juni 2007 mit, dass der Anstoß dazu in der Refe-
ratsleiterbesprechung am 30. Mai 2002 erfolgt sei. Auf
die Frage nach seiner Einschätzung der Ursachen für die
damalige erhebliche Verzögerung der Beantwortung der
Anfrage durch das Bundesministerium der Verteidigung
teilte er mit, dass ihm die Ursachen dafür nicht bekannt
seien, ihm sei deshalb auch eine diesbezügliche Einschät-
zung nicht möglich. Auch der Deutsche Bundestag habe
in diesem Zusammenhang keinen darüber hinausgehen-
den Klärungsbedarf gehabt; es habe bei der Beratung des
Jahresberichtes 2002 keine diesbezüglichen Fragen oder
Anmerkungen gegeben; das Thema selbst habe er in die-
sem Bericht von 2002 auf Bundestagsdrucksache 15/500,
S. 17, erste Spalte – wie bereits oben dargestellt – ange-
sprochen (Schreiben des Wehrbeauftragten a. D.,
Dr. Willfried Penner, vom 6. Juni 2007, MAT 16 – 43).

Auf die Schreiben vom 27. Juni 2002 und 10. Oktober
2002 und die zögerliche Beantwortung in der Sitzung des
Untersuchungsausschusses angesprochen, führte Staats-
sekretär a. D. Klaus-Günther Biederbick aus, der Wehrbe-
auftragte des Deutschen Bundestages erhalte pro Jahr ca.
6 000 Eingaben. Dies seien Hunderte von Anfragen, die
der Wehrbeauftragte an das Bundesministerium der Ver-
teidigung (BMVg) richte und nach dem Erlass „Truppe
und Wehrbeauftragter“ abgearbeitet würden. Er (Staatsse-
kretär a. D. Klaus-Günther Biederbick) könne sich an die
konkreten Anfragen des Wehrbeauftragten nicht erinnern;
es hätten zahlreiche „Jour fixe und Meetings“ mit dem
Wehrbeauftragten stattgefunden. Das angesprochene Pro-
blem habe immer mit bestanden, sei aber nicht so funda-
mental gewesen, dass es dringend einer Lösung hätte zu-

c) Die gutachtliche Stellungnahme
vom 6. Juni 2002

In einer Leitungsvorlage vom 6. Juni 2002 für den dama-
ligen Bundesminister der Verteidigung, Rudolf
Scharping, bezog sich der vom Untersuchungsausschuss
als Zeuge vernommene Leiter des Referates R II 3 zu
dem Thema „Rechtsgrundlagen für das Ergreifen und
Festhalten von verdächtigen Personen“ auf eine entspre-
chende Weisung des Ministers vom 7. Februar 2002.
Hiernach sollte das Referat R II 3 eine Ressortabstim-
mung mit dem Auswärtigen Amt, dem Bundesministe-
rium der Justiz und dem Bundesministerium des Innern
herbeiführen. Nach den Ausführungen in dieser Leitungs-
vorlage sei mit dem Auswärtigen Amt und dem Bundes-
ministerium der Justiz bis auf die Ebene der Staatssekre-
täre Einvernehmen über die in dem der Leitungsvorlage
beigefügten Vermerk vom 3. Juni 2002 dargestellte Linie
erzielt worden; im Bundesministerium des Innern dauere
dagegen die Mitprüfung noch an.

Der damalige Leiter des Referates R II 3 erklärte bei sei-
ner Vernehmung, die an der Ressortabstimmung Beteilig-
ten seien in einer gewissen „Zwickmühle“ gewesen. Auf
der einen Seite habe das Bestreben gestanden sicherzu-
stellen, dass die deutschen Angehörigen des Kontingents
bei ihrem Handeln vor Ort in Afghanistan die Menschen-
rechte beachteten bzw. nicht in Situationen gerieten, in
denen sie sich möglicherweise auch einer strafrechtlichen
Verantwortung ausgesetzt gesehen hätten. Auf der ande-
ren Seite seien die an der Ressortabstimmung Beteiligten
bestrebt gewesen, „diese Kräfte“ in ihren Befugnissen
nicht so zu beschränken, dass die Bündnispartner an der
Bündniskonformität der Bundesrepublik Deutschland ge-
zweifelt hätten. Des Weiteren sagte der Zeuge aus:

„(…) Ich habe dann, nachdem die Ressortabstimmung
mit BMI, AA und BMJ durchgeführt war – – Wir haben
uns dann über die Festnahmerechte abgestimmt im Res-
sortkreis, nicht mehr im Zusammenhang mit dem Marine-
einsatz, sondern im Zusammenhang mit dem Einsatz
– ich sage es mal vorsichtig – deutscher Kräfte in Afgha-
nistan. Ich sage das deshalb so vorsichtig: Wir hatten na-
türlich alle in der Zeitung gelesen, dass KSK-Kräfte sich
in Afghanistan befanden; aber unter welchen Umständen,
was sie da machten, das wusste von uns ‚Rechtsgelehr-
ten‘ natürlich keiner. (…)“ (Stenografisches Protokoll
Nr. 19, Teil II, S. 8)

Vor diesem Hintergrund arbeitete der Zeuge ein Gutach-
ten aus, dass er – nach seinen Ausführungen – auch mit
den erwähnten Ressorts abgestimmt habe. In dem Ver-
merk vom 3. Juni 2002 gelangte er als Leiter des Refera-
tes R II 3 im Wesentlichen zu dem Ergebnis, dass Perso-
nen mit Anspruch auf Kriegsgefangenenstatus gemäß
Artikel 12 Abs. 2 des III. Genfer Abkommens von dem
Gewahrsamsstaat nur einer Macht übergeben werden
dürften, die Vertragspartei des III. Genfer Abkommens
sowie willens und in der Lage sei, das Abkommen anzu-
wenden (Vermerk vom 3. Juni 2007, MAT 16 – 14, S. 10,
Anlage 07). Hierzu wird in dem Vermerk ausgeführt, dass
geführt werden müssen (Stenografisches Protokoll Nr. 13,
Teil II, S. 26).

unabhängig von der politischen Diskussion um die An-
wendung der Genfer Abkommen, insbesondere der Rege-

Drucksache 16/10650 – 102 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

lungen über Kriegsgefangene, nach der objektiven
Rechtslage vieles dafür spreche, dass ehemalige Taliban-
Kämpfer und Al Qaida-Mitglieder, die an den bewaffne-
ten Auseinandersetzungen in Afghanistan teilgenommen
haben und in die Einheiten der Taliban integriert seien,
gemäß Artikel 4 A Nr. 3 des III. Genfer Abkommens
(GA) als Kombattanten anzusehen und bei Festnahme als
Kriegsgefangene zu behandeln seien:

„(…) Dabei wird davon ausgegangen, dass die Kämpfer
von der Taliban-Regierung in AFG als ,reguläre Streit-
kräfte’ eingesetzt wurden, die über eine hierarchische Be-
fehls- und Kommandostruktur verfügten und jedenfalls
ein Mindestmaß an Disziplin und Bereitschaft zur Beach-
tung des Kriegsvölkerrechts aufwiesen. Einiges spricht
dafür, dass die US Streitkräfte die Taliban als ernstzuneh-
menden militärischen Gegner betrachtet haben und die
rechtlichen Voraussetzungen des Artikel 4 als gegeben
angesehen haben. Grundsätzlich denkbar wäre auch eine
Behandlung von Al Qaida Mitgliedern als Kriegsgefan-
gene auf der Grundlage von Artikel 4 A. Nr. 2 des
III. Genfer Abkommens, wonach Mitglieder von zu einer
Konfliktpartei gehörenden Milizen Anspruch auf Kriegs-
gefangenenstatus haben. Dies würde allerdings vorausset-
zen, dass die entsprechenden Gruppierungen eine für ihre
Untergebenen verantwortliche Person an der Spitze ha-
ben, ein bleibendes und von weitem erkennbares Unter-
scheidungszeichen tragen, die Waffen offen tragen und
bei den Kampfhandlungen die Gesetze und Gebräuche
des Krieges einhalten. Soweit der Status der Mitglieder
der Taliban/Al Qaida Kämpfer streitig ist, genießen sie
zumindest gemäß Artikel 5 Abs. 2 III. GA solange den
Schutz der Genfer Abkommen, bis die Frage der Recht-
stellung durch ein zuständiges Gericht geklärt ist. Kriegs-
gefangene, die lediglich als Kombattanten an Kampf-
handlungen teilgenommen haben, dürfen allein deshalb
nicht strafrechtlich belangt werden. Alle Kriegsgefange-
nen, auch solche, die gemäß Artikel 5 Abs. 2 III. GA zu-
mindest vorläufig den Kriegsgefangenenstatus genießen,
können jedoch gemäß Artikel 85 III. GA vom Gewahr-
samsstaat auch für Straftaten zur Verantwortung gezogen
werden, die sie vor ihrer Gefangenennahme begangen ha-
ben. (…)“ (BMVg, Entwurf (Final) vom 3. Juni 2002,
S. 6, MAT 16 – 14, Anlage 07)

Bei Personen ohne Anspruch auf Kriegsgefangenensta-
tus, die außerhalb der Teilnahme an den Kampfhandlun-
gen in Afghanistan im Verdacht der Begehung krimineller
Handlungen stünden, blieben für die Bundesrepublik
Deutschland die Verpflichtungen aus der Europäischen
Menschenrechtskonvention (EMRK) verbindlich. Das
heißt, eine festgehaltene Person dürfe nur an einen ande-
ren Staat übergeben werden, wenn dort ein menschen-
rechtlicher Mindeststandard eingehalten werde, der die
Beachtung des Folterverbots und des Rechts auf Leben
einschließlich des Verbots der Todesstrafe sowie die Ga-
rantie der richterlichen Überprüfung einer die Freiheit
entziehenden Maßnahme nach angemessener Zeit beachte

Die Leitungsvorlage vom 6. Juni 2002 wurde durch den
Leiter des Referates zunächst auf dem Dienstweg dem zu-
ständigen Unterabteilungsleiter vorgelegt, aber auf dem
Dienstweg nicht weitergeleitet. Vielmehr wurde das Refe-
rat R II 2 beauftragt, eine Stellungnahme zur rechtlichen
Zulässigkeit einer deutschen Beteiligung an der Ergrei-
fung von Taliban- und Al Qaida-Angehörigen und ihre
weitere Behandlung durch US-Kräfte zu erarbeiten.

Auf entsprechende Vorhalte sagte der als Zeuge geladene
Unterabteilungsleiter Recht im BMVg hierzu vor dem
Untesuchungsausschuss aus, er meine sich zu erinnern,
dass er durch den damaligen Bundesminister der Verteidi-
gung Rudolf Scharping beauftragt worden sei, Abstim-
mungsgespräche mit dem Bundesministerium der Justiz
und dem Auswärtigen Amt zu führen. Ihm sei der „Ent-
wurf einer Leitungsvorlage“ präsentiert worden, aus der
sich ergeben habe, dass das Auswärtige Amt und das
Bundesministerium der Justiz sich auf den Standpunkt
gestellt hätten, dass zumindest bis zu einem bestimmten
Zeitpunkt Taliban- und Al Qaida-Kämpfer Kombattan-
tenstatus hätten. Auch auf Nachfrage bestätigte der
Zeuge, dass es sich hierbei lediglich um den „Entwurf ei-
ner Leitungsvorlage“ gehandelt habe. Hierzu sagte der
Zeuge weiter aus:

„Daraufhin habe ich gesagt, das kann ich nicht akzeptie-
ren, denn der Kombattantenstatus von Terroristen hätte ja
zur Folge, dass man sie auf die gleiche Ebene hebt wie
die deutschen Soldaten. Kombattanten sind berechtigt,
einander zu bekämpfen. Das heißt, wenn unsere Soldaten
im Auftrag des Deutschen Bundestages ihren militäri-
schen Auftrag ausführen, wären sie nach dieser Rechts-
auffassung, die Taliban und al-Qaida zu Kombattanten
erklärt, zulässiges Ziel gegnerischer Angriffe. Das ist nun
einmal mit dem Kombattantenstatus verbunden, es sei
denn, man bedient sich völkerrechtswidriger militärischer
Maßnahmen.

Um ein Beispiel zu nennen: Wenn ein deutscher Soldat
bei einer Geländeerkundung von einem Taliban- oder al-
Qaida-Mitglied erschossen würde, ist es natürlich für uns
eine Straftat. Wenn al-Qaida und Taliban Kombattanten
sind, ist es völkerrechtskonform. Das war nicht der Auf-
trag, den der Deutsche Bundestag den deutschen Soldaten
erteilte, sich einem Gegener gegenüberzusehen, der in
rechtmäßiger Art und Weise sich dagegen wehrt, als Ter-
rorist gefangen genommen und vor Gericht gestellt zu
werden. Meine Auffassung und die anderer Mitglieder
der Rechtsabteilung ist, dass wir eben halt mit bewaffne-
ten Mitteln – das ist eben ein Novum – Verbrechen be-
kämpfen.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 19, Teil II,
S. 26)

d) Die gutachtliche Stellungnahme
vom 7. August 2002

In der gutachtlichen Stellungnahme des Referates R II 2
vom 7. August 2002 wurde die Auffassung des Auswärti-
gen Amtes und des Bundesministeriums der Justiz im
Wesentlichen wie folgt wiedergegeben: Die Behandlung
(BMVg, Entwurf (Final) vom 3. Juni 2002, S. 11,
MAT 16 – 14, Anlage 07).

der Gefangenen in Kandahar und in Guantánamo durch
US-Kräfte entspreche nicht dem für Krieggefangene gel-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 103 – Drucksache 16/10650

tenden Status. Deutsche KSK-Kräfte dürften wegen der
drohenden Auslieferung mutmaßlicher Taliban und Al
Qaida-Kämpfer an die USA keine Festnahmen vorneh-
men. Stattdessen müsse geprüft werden, ob die Durchfüh-
rung eines Strafverfahrens in Deutschland im Einzelfall
Aussicht auf Erfolg habe; dann seien die Festgenomme-
nen nach Deutschland zu verbringen und dort vor Gericht
zu stellen. Koalitionspartner, bei denen Zweifel hinsicht-
lich der völkerrechtlich erforderlichen Garantien bestün-
den, dürften aber mit operativen Maßnahmen unterstützt
werden, die es diesen ermögliche, in eigener Verant-
wortung verdächtige Personen zu ergreifen (BMVg, Lei-
tungsvorlage vom 7. August 2002, S. 1/2, MAT 16 – 14,
Anlage 07).

Dieser Auffassung des Auswärtigen Amtes und des Bun-
desministeriums der Justiz trat das Referat R II 2 des
Bundesministeriums der Verteidigung unter anderem mit
der Rechtsauffassung entgegen, dass deutsche Soldaten
sich in Afghanistan an militärischen Operationen im Rah-
men von Enduring Freedom (asymmetrische „Kriegsfüh-
rung“) beteiligten. Diese erlaube aus völkerrechtlicher
Sicht (Res. 1368 ff. „Selbstverteidigung“) im Wesentli-
chen die Bekämpfung von Terroristen, ihre Gefangen-
nahme und diene dazu, ergriffene mutmaßliche Terroris-
ten vor Gericht zu stellen. Deutsche Soldaten wirkten
dabei im Rahmen des bei internationalen Operationen üb-
lichen arbeitsteiligen Zusammenwirkens an der Ergrei-
fung mutmaßlicher Taliban und Al Qaida-Kämpfer mit.
„Eigenen Gewahrsam an ergriffenen mutmaßlichen Ter-
roristen für die Bundesrepublik Deutschland begründen
sie nicht, obwohl sie hierzu berechtigt wären.“ Gewahr-
sam würden allein die USA begründen, die diese Perso-
nen übernähmen und als einzige Nation bisher in Kanda-
har und Guantánamo Einrichtungen geschaffen hätten,
die diese Personen aufnehmen könnten:

„g) (…) Tatsächlich ist nach wie vor die Identität der Er-
griffenen ebenso unklar wie die Vorwürfe und Be-
weismittel, die gegen jeden Einzelnen vorliegen. Un-
klar ist auch, nach welchen Verfahrensregeln später
Strafverfahren durchgeführt werden, welche Beweis-
mittel zugelassen werden, welcher Beweiswert ihnen
zukommt, ob sie zu einer Verurteilung ausreichen
und ob das Urteil ein Freispruch, die Verurteilung zu
einer Haftstrafe oder zum Tode sein wird. Wenn AA/
BMJ befürchten, jedem in US-Haft befindlichen Ge-
fangenen drohe die Todesstrafe, und daraus folgern,
deutsche Soldaten dürften ergriffene Personen nicht
an US-Stellen „ausliefern“, so ist dies nicht nachvoll-
ziehbar, weil eine zuverlässige Beurteilung dieser
schwierigen Fragen – zumal zum Zeitpunkt des Zu-
griffs – geradezu hellseherische Fähigkeiten ver-
langte.

h) Selbst wenn einem ergriffenen Terroristen in einem
Strafverfahren die Todesstrafe drohte, wäre das Mit-
wirken deutscher Soldaten an seiner Ergreifung und
die weitere Behandlung durch die USA nicht als Ver-
stoß gegen geltendes Völkerrecht oder deutsches

ren Gerichtsverfahren eine zulässige Strafform.
Lediglich neuere Entwicklungen im regionalen Völ-
kerrecht, z. B. in dem seit 1983 von Deutschland un-
terzeichneten 6. Zusatzprotokoll zur EMRK, führen
zu regionalen Vereinbarungen, die die Todesstrafe
mit Ausnahme von Kriegszeiten abschaffen. Das
nunmehr aufgelegte 13. Zusatzprotokoll zur EMRK
schafft für die Unterzeichnerstaaten auch in Kriegs-
zeiten die Todesstrafe ab.

i) Zwar bestimmt Artikel 102 GG die Abschaffung der
Todesstrafe für Deutschland. Diese Bestimmung gilt
jedoch im Geltungsbereich des Grundgesetzes. Arti-
kel 16 Abs. 2 GG beschränkt die Auslieferung deut-
scher Staatsbürger, nicht aber die von Ausländern auf
Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder an in-
ternationale Gerichtshöfe. Lediglich § 8 des deut-
schen Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in
Strafsachen sieht vor, dass bei drohender Todesstrafe
eine Auslieferung von Ausländern an einen ersuchen-
den Staat nur zulässig ist, wenn dieser zusichert, im
konkreten Fall die Todesstrafe nicht zu verhängen
oder zu vollstrecken.

j) Diese Bestimmung steht jedoch einer Übergabe von
Personen, die unter deutscher Beteiligung in Afgha-
nistan oder am Horn von Afrika ergriffen wurden und
die mutmaßliche Taliban oder Al Qaida sind, an die
USA nicht entgegen. Zum einen handelt es sich nicht
um eine „Auslieferung“ im Sinne der genannten Be-
stimmung, da – wie ausgeführt – die Ergreifung im
Auftrag der USA als Lead Nation geschieht, sodass
kein eigener nationaler Gewahrsam an ergriffenen
mutmaßlichen Terroristen begründet wird. Zum an-
deren befinden sich die ergriffenen Personen in Af-
ghanistan oder am Horn von Afrika, sodass das deut-
sche Gesetz über die internationale Rechtshilfe in
Strafsachen nicht anwendbar ist. Die Aktionen zur
Ergreifung der Terroristen stellen sich angesichts der
komplizierten Rechtslage als Maßnahme „sui gene-
ris“ dar, die zur effektiven Bekämpfung des interna-
tionalen Terrorismus notwendig ist und vom Deut-
schen Bundestag gebilligt wurde.“

(BMVg, Leitungsvorlage vom 7. August 2002, S. 3/4,
MAT 16 – 14, Anlage 07)

Zusammenfassend stellte das Referat R II 2 der Rechtsab-
teilung des BMVg in seiner rechtlichen Bewertung vom
7. August 2002 fest, dass die schwierige, beim Zugriff
ohnehin kaum mögliche Prognose, welche Strafe welcher
ergriffenen Person in den USA irgendwann einmal drohe,
selbst von „Spitzenjuristen“ nicht getroffen werden
könne. Diese Prognose – wie vom Auswärtigen Amt und
dem Bundesministerium der Justiz gefordert – den im
Einsatz befindlichen Soldaten aufzubürden, hieße Un-
mögliches zu verlangen. Auch die Verfahrensaussichten
eines Strafverfahrens in Deutschland könne ein im Ein-
satz befindlicher Soldat nicht sachgerecht prüfen. Des-
halb könne die Entscheidung nur lauten, den Einsatz wie
Recht zu werten. Aus völkerrechtlicher Sicht ist die
Todesstrafe in vielen Teilen der Welt nach einem fai-

bisher fortzusetzen (BMVg, Leitungsvorlage vom 7. Au-
gust 2002, S. 4, MAT 16 – 14, Anlage 07).

Drucksache 16/10650 – 104 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Am 13. November 2002 informierte der Parlamentarische
Staatssekretär im BMVg, Walter Kolbow, den Verteidi-
gungsausschuss über die Handhabung im Rahmen von
OEF in Bezug auf die Gefangennahme von Personen
durch deutsche Soldaten. Laut Protokoll der Sitzung
führte der damalige Parlamentarische Staatssekretär aus:

„Eine Zugriffsverpflichtung“ [des deutschen Kontingents
von OEF] „gebe es nicht. Auch hätten diese Kräfte keine
Option zum Zugriff. Die Frage des Zugriffes sei nicht die
Aufgabe deutscher Soldaten.“ (Kurzprotokoll der 3. Sit-
zung des Verteidigungsausschusses vom 13. November
2002, MAT 16 – 6, S. 3)

II. Einsätze des Kommandos Spezialkräfte
von November 2001 bis November 2002

Die Lebens- und Einsatzbedingungen der Angehörigen
des 1. Kontingents in Afghanistan, ihre Eingliederung in
multinationale Führungsstrukturen sowie die Art und
Weise der Einsatzdurchführung durch das deutsche Spe-
zialkräfte-Kontingent als einem Teilelement der Opera-
tion Enduring Freedom waren integraler Bestandteil der
Aufklärungsarbeit des Untersuchungsausschusses. Es
werden daher vorab die Operationen des KSK in Afgha-
nistan selbst näher beleuchtet, bevor die Erkenntnisse zu
diesbezüglichen Verantwortlichkeiten von Dienststellen
der Bundeswehr (dazu unter Ziffer III.) und des Bundes-
ministeriums der Verteidigung (dazu unter Ziffer IV.) dar-
gestellt werden.

1. Vorbemerkungen
Die Ermittlungen des Untersuchungsausschusses führten
zunächst zu der grundsätzlichen Erkenntnis, dass wäh-
rend des Untersuchungszeitraumes insgesamt drei Ein-
satzkontingente des KSK aufeinanderfolgend für jeweils
etwa vier Monate in Afghanistan im Einsatz standen.
Während die ersten beiden Kontingente von einem Flug-
platz der südafghanischen Stadt Kandahar aus operierten,
verlegte das 3. Kontingent seine Forward Operation Base
(FOB) im August 2002 in die nördlich von Kabul gele-
gene Stadt Bagram, wo es verstärkt zum Schutz der deut-
schen ISAF-Kräfte eingesetzt war.

Deutsche Spezialkräfte führten Operationen gegen Lager
und Höhlensysteme von Taliban- und Al Qaida-Kämp-
fern im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet und im
Großraum Kabul durch. Nach übereinstimmenden Zeu-
genaussagen und einer Auswertung des im Bundesminis-
terium der Verteidigung dazu vorliegenden Aktenmate-
rials ist es dabei weder zu einem Schusswaffengebrauch
noch zu Opfern unter den deutschen Kommandosoldaten
gekommen.

a) Aufgabenspektrum des KSK in Kandahar
Unmittelbar nach dem Beschluss des Deutschen Bundes-
tages am 16. November 2001, wonach eine deutsche
Beteiligung an der Operation Enduring Freedom der Aus-
schaltung, Bekämpfung und Gefangennahme von Terro-

(Bundestagsdrucksache 14/7296, S. 3, Ziff. 3), erließ das
Bundesministerium der Verteidigung eine erste Weisung
bezüglich der Führung von Einsätzen der Bundeswehr im
Rahmen von Operationen zur Bekämpfung des internatio-
nalen Terrorismus. Diese „Weisung Nr. 100 zur Vorberei-
tung des Einsatzes von Spezialkräften im Rahmen der
Operation ‚ENDURING FREEDOM‘“ vom 27. Novem-
ber 2001 regelte führungstechnische und logistische Fra-
gen für den Einsatz des KSK in Afghanistan und wies die
Streitkräfte unter anderem an, ein „Einsatzkontingent
Spezialkräfte“ mit einem Umfang von ca. 100 Soldaten
bereitzustellen. Dieses sollte zur Durchführung von Zu-
griffsoperationen (Direct Action) und Operationen zur
Spezialaufklärung (Special Reconnaissance) im Verbund
mit anderen Koalitionspartnern befähigt sein und für zu-
nächst zwölf Monate im Rahmen der multinationalen
„Combined Joint Special Operation Task Force South“
(CJSOTF-S) eingesetzt werden (Weisung Nr. 100, S. 2
Ziff. 2, MAT 16 – 22, Anlage 01, entspricht BMVg-Ordner
26 A). Damit war das auch in der Folgezeit gültige Aufga-
benspektrum des Kommandos Spezialkräfte in seinen
Grundzügen umrissen. Demgemäß fasste der damalige
Kontingentführer den Auftrag der deutschen Spezial-
kräfte in seiner Aussage vor dem Untersuchungsaus-
schuss wie folgt zusammen:

„(…) Das Einsatzgebiet ist ausschließlich Afghanistan
und es sind ausschließlich Aufträge erlaubt, die Direct-
Action, das heißt einen konkreten Angriff auf ein Ziel,
oder Special-Reconnaissance, also Aufklärung, beinhal-
ten.“ (…) (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 1)

In seiner Zeugenaussage führte er weiter aus, dass „Direct
Action“ bedeuten könne, einen Auftrag mit Waffengewalt
durchzusetzen und bereits bei der Vorbereitung einer
Operation zu der Bewertung zu gelangen, mit großer
Wahrscheinlichkeit von der Schusswaffe Gebrauch ma-
chen zu müssen (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III,
S. 28). Zeuge Nr. 5 erläuterte dazu vor dem Untersu-
chungsausschuss, dass von „Direct Action“ zumindest
immer dann gesprochen werde, wenn ein feindliches Ob-
jekt zu nehmen und dabei mit gegnerischen Kräften zu
rechnen sei (Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III,
S. 53). Nach der Aussage des Zeugen Nr. 36 sei eine sol-
che Erkundung von möglichen Einrichtungen des Geg-
ners jedoch nur eines der denkbaren Zugriffsszenarien.
Diese sogenannte Sensitive Site Exploitations hätten im
Wesentlichen der Beweismittelsicherung gedient und In-
formationen darüber liefern sollen, ob die durchsuchten
Objekte als Verstecke oder Ausbildungscamps von Terro-
risten genutzt worden seien (Stenografisches Protokoll
Nr. 7, Teil III, S. 23). Demgegenüber seien „Special
Reconnaissance“-Einsätze verdeckte Aufklärungsopera-
tionen, die der Vervollständigung des Lagebildes der ei-
genen Führung oder der Vorbereitung von Zugriffsopera-
tionen dienten.

Zur Eigensicherung und zur Durchsetzung der erteilten
Aufträge sei den deutschen Spezialkräften auch der Ein-
satz von Schusswaffen grundsätzlich möglich gewesen,
risten sowie dem dauerhaften Abhalten Dritter von der
Unterstützung terroristischer Aktivitäten dienen sollte

wozu es nach übereinstimmenden Aussagen der von dem
Untersuchungsausschuss vernommenen Zeugen während

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 105 – Drucksache 16/10650

des gesamten Untersuchungszeitraumes jedoch nicht ge-
kommen sei (vgl. dazu Stenografisches Protokoll Nr. 4,
Teil III, S. 2 und 9; Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil
II, S. 30; Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 14).

Der damalige Kontingentführer erklärte das Ausbleiben
von Kampfhandlungen mit den besonderen Einsatzver-
fahren des KSK:

„(…) In den Einsatzräumen selbst gab es keinerlei Wider-
stand. Mir ist zumindest keiner gemeldet worden. Ein we-
sentliches Prinzip bei uns, bei den Spezialkräften, ist ja,
dass man die Überraschung nutzt und die Schnelligkeit
und die Präzision einem zur Seite stehen, sodass ich da-
von ausgehe, dass dies der Grund war, dass es nirgendwo
zu Kämpfen kam.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 4,
Teil III, S. 16)

Eine Auswertung des dem Untersuchungsausschuss vor-
liegenden Aktenmaterials des Bundesministeriums der
Verteidigung, insbesondere der Tagesmeldungen von
Fü S V, ergab, dass ein immer wiederkehrendes Problem
während des Untersuchungszeitraumes – vor allem bei
Aufklärungseinsätzen – unbeabsichtigte Kontakte der
eingesetzten Spezialkräfte mit der afghanischen Zivilbe-
völkerung waren. Diese „Soft Compromises“ ohne Waf-
feneinsatz hatten zumeist den Abbruch der jeweiligen
Mission zur Folge, da sie das Risiko eines nachfolgenden
„Hard Compromise“, also eine Enttarnung durch feindli-
che Kräfte, beinhalteten und somit eine erhebliche Ge-
fährdung der deutschen Soldaten darstellten.

b) Verlegung des KSK in den Einsatzraum

Der Einsatz des 1. Deutschen Heereskontingents Spezial-
kräfte – im Folgenden 1. Kontingent – begann mit der
Verlegung des 1. Kontingents auf eine Luftwaffenbasis
auf der Insel Masirah im Sultanat Oman. Der damalige
Kontingentführer berichtete in seiner Zeugenaussage,
dass die erste Welle seiner Soldaten am 10. Dezember, die
übrigen Soldaten am 14. und am 16. Dezember 2001 auf
Masirah eingetroffen seien (Stenografisches Protokoll
Nr. 4, Teil III, S. 1). Er führte weiter aus, dass der Insel in
den ursprünglichen Planungen eine zentrale Rolle als
Stützpunkt der multinationalen Spezialkräfte-Koalition
zugedacht gewesen sei, da sie nicht allein der Zusammen-
führung der einzelnen Kontingente, sondern überdies als
Ausgangsbasis für alle in Afghanistan durchzuführenden
Einsätze habe dienen sollen (Stenografisches Protokoll
Nr. 4, Teil III, S. 1).

Vor dem Untersuchungsausschuss schilderte der Kontin-
gentführer die damalige Notwendigkeit einer Verlegung
nach Kandahar:

„(…) Die einzigen, die nicht dort waren, waren die Deut-
schen. Ich bin daraufhin wieder zurückgeflogen und habe
meinem Kontingent und dem Befehlshaber Einsatzfüh-
rungskommando klargemacht, dass es keinen Sinn macht,
in Masirah zu sitzen und Däumchen zu drehen, sondern
dass ich nach vorne muss, dass ich nach Afghanistan

Bereits in einem, nach seiner Rückkehr aus Afghanistan
am 27. Dezember 2001 verfassten Erkundungsbericht
hatte der Kontingentführer die Wichtigkeit einer Anwe-
senheit des KSK in Kandahar betont (Erkundungsbericht
vom 27. Dezember 2001, S. 5, MAT 16 – 14, Anlage 11,
entspricht BMVg-Ordner A 10).

Den Befehl zur Verlegung des Kontingents von Masirah
nach Kandahar erteilte das Einsatzführungskommando
am 28. Dezember 2001 (Befehl des Einsatzführungskom-
mandos vom 28.12.2001, MAT 16 – 22, Anlage 02, ent-
spricht BMVg-Ordner 26 B), wobei dessen Realisierung
nur unter Schwierigkeiten möglich gewesen sei, da das
Kontingent über keinen nationalen Lufttransportraum
verfügt habe und somit auf die Unterstützung befreunde-
ter Nationen angewiesen gewesen sei. Dem Kontingent-
führer sei es aber nach eigener Aussage am 31. Dezember
2001 gelungen, die amerikanischen Verbündeten von der
Notwendigkeit einer Präsenz der deutschen Kräfte in Af-
ghanistan zu überzeugen, sodass mit der Verlegung habe
begonnen werden können (Stenografisches Protokoll
Nr. 4, Teil III, S. 1).

Demgegenüber gab der ehemalige Leiter der Abteilung
„Spezialoperationen“ im Einsatzführungskommando der
Bundeswehr im Zuge seiner Zeugenvernehmung an, dass
die Verlegung des Kontingents nach Kandahar keine
deutsche Initiative gewesen sei, sondern auf Betreiben
der US-amerikanischen Streitkräfte stattgefunden habe:

„Es gab zunächst einmal tatsächlich keine Planung bis
Kandahar, sondern es gab zunächst die Planung Masirah.
(…) Dann kam aber das amerikanische Angebot oder die
Anfrage zu einer Stationierung in Kandahar. Dieser Sta-
tionierung hat der Befehlshaber im Rahmen seiner opera-
tiven Zuständigkeit unter Meldung an das BMVg zuge-
stimmt.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 11)

Der damalige Befehlshaber des Einsatzführungskomman-
dos erklärte vor dem Untersuchungsausschuss, die Verle-
gung des Kontingents zwar befohlen zu haben, dass die
Entscheidung darüber aber gerade nicht von seiner opera-
tiven Zuständigkeit umfasst gewesen und deshalb auch
nicht von ihm getroffen worden sei:

„Diese Verlegung habe ich befohlen, aber nach Genehmi-
gung durch das Bundesministerium der Verteidigung.
(…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 4)

„(…) Entschieden worden ist über diese Sache eindeutig
durch den Minister. Das war weit jenseits meiner Kompe-
tenz. Ich habe aber dazu geraten; (…)“ (Stenografisches
Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 21)

Bundesminister a. D. Rudolf Scharping berichtete, dass
ihm im Zuge einer Lagebesprechung vom 6. Januar 2002
entweder die Durchführung oder bereits der Abschluss
der Verlegung von Masirah nach Afghanistan gemeldet
worden sei, ohne darauf einzugehen, ob er selbst die Ver-
legung angeordnet hatte (Stenografisches Protokoll
Nr. 15, Teil II, S. 15).

Auf die Frage, ob die US-amerikanischen Streitkräfte tat-

muss. Diesem Antrag wurde zugestimmt. (…)“ (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 1)

sächlich eine Verlegung gefordert hätten, oder ob diese
auf ein Ersuchen des deutschen Kontingentführers zu-

Drucksache 16/10650 – 106 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

rückgegangen sei, erklärte der ehemalige Befehlshaber
im Einsatzführungskommando:

„Nein, nein. (…) Es ist für mich so offensichtlich, dass
die Truppen nicht in Oman bleiben konnten, dass ich mir
dazu, ehrlich gesagt, keine Gedanken gemacht habe. (…)
Ja, wir haben irgendwann darauf gedrängt, dass die Sol-
daten, wenn sie in den Einsatz kommen sollen, weil es
notwendig ist, dass sie in den Einsatz kommen, weil in
Afghanistan Aufgaben bereitstehen, woandershin müs-
sen; das war für mich recht bald klar. (…)“ (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 21)

Im Übrigen habe sich die Insel Masirah ohnehin nicht für
eine dauerhafte Stationierung der deutschen Spezialkräfte
geeignet, wie er weiter ausführte:

„Oman liegt ja nun abseits von allem. Oman ist damals
immer nur als Zwischenstationierung gesehen worden,
weil für jeden Mann – auch der Bundestagsbeschluss sagt
das ja – Afghanistan der eigentliche Einsatzraum wäre.
Wenn wir in Oman gewesen wären, hätte man die Truppe
(…) gar nicht herantransportieren können, um sie über-
haupt in den Einsatz zu bringen.“ (Stenografisches Proto-
koll Nr. 8, Teil III, S. 21)

Auch seien die deutschen Einflussmöglichkeiten inner-
halb der multinationalen Spezialkräfte-Koalition von
Kandahar aus deutlich besser als von Masirah aus gewe-
sen. Das habe ebenfalls für eine Verlegung gesprochen
(Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 21).

Nach Aussage des Kontingentführers sei das Kontingent
ab dem 1. Januar 2002 auf dem Flugplatz Kandahar ein-
getroffen (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 1).
Dort habe man eine weitestgehend zerstörte Infrastruktur
vorgefunden und sich einer erheblichen Bedrohung durch
gegnerische Kräfte und Minen gegenüber gesehen. Auf-
grund nicht vorhandener nationaler Lufttransportkapazi-
täten habe zumindest in den ersten Wochen des Einsatzes
auch die Versorgungslage eine große Herausforderung für
die deutschen Kommandosoldaten bedeutet. Über den
Zustand der Forward Operation Base (FOB) sagte der
Kontingentführer aus:

„Der Flugplatz in Kandahar war ein großes Minenfeld,
bei dem es täglich Tote und Schwerverletzte gegeben hat.
Der Platz war zunächst nur provisorisch präpariert. (…)
Wir waren also mit Teilen notdürftig in einem ehemaligen
Hospital untergebracht. (…) Wir hatten keine Waschgele-
genheit. Wir hatten keine Toilette. Wir waren auf das
Wasser der Amerikaner angewiesen, und wir hatten außer
den amerikanischen MREs nichts zu essen. (…)“ (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 4)

Unter anderem bestätigte auch Zeuge Nr. 23 in seiner
Aussage vor dem Untersuchungsausschuss die schwieri-
gen Lebensbedingungen in der ersten Zeit der Mission:

„(…) Es gab nichts. Wir sind dann irgendwann losgezo-
gen (…) und haben uns einen Waschplatz, eine Toilette

Der Kontingentführer erklärte diese Zustände mit der
vorab nicht vorhersehbaren Verlegung von Masirah nach
Kandahar, die für eine Erfüllung des gegebenen Auftra-
ges jedoch notwendig gewesen sei. Fehler seien diesbe-
züglich weder im Kontingent noch im Bundesministe-
rium der Verteidigung gemacht worden (Stenografisches
Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 8).

Ein weiterer Zeuge (Nr. 27) berichtete dem Untersu-
chungsausschuss von den Gefahren, denen sich das
1. Kontingent in Kandahar gegenüber gesehen habe:

„(…) Der Flughafen Kandahar wurde wenige Tage vor
unserer Ankunft erst von den Amerikanern eingenom-
men, das heißt, von den Taliban erobert. (…) In dieser
Phase tauchten wir von da auf. Entsprechend war die Be-
drohungslage. Das heißt, da flogen Kampfhubschrauber
herum. Da landeten mal nachts im Camp Raketen. Wir
lebten schon irgendwie in einer Art Kriegszustand.“ (Ste-
nografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 13)

Auch Zeuge Nr. 5 erinnerte sich an die unmittelbare Be-
drohung für die in der Forward Operation Base Kandahar
stationierten Soldaten, da es neben verschiedenen
Mörserattacken auch zu einem direkten Angriff auf einen
der Lagerbewachung dienenden „Observation Post“ der
amerikanischen Streitkräfte gekommen sei (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 53).

c) Anforderungen an die eingesetzten
Spezialkräfte-Kontingente

In dem Bestreben, sich einen Eindruck über die Lebens-
und Einsatzbedingungen der deutschen Soldaten in
Afghanistan zu verschaffen, ging der Untersuchungsaus-
schuss auch Hinweisen auf eine von einzelnen Zeugen
empfundene, subjektive Unterforderung der eingesetzten
Spezialkräfte aufgrund der Qualität der durchgeführten
Einsätze nach.

Während die zunächst durchgeführten drei Zugriffsopera-
tionen von den vernommenen Soldaten übereinstimmend
als durchaus fordernd bezeichnet wurden (vgl. etwa Ste-
nografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 33; Stenografi-
sches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 58; Stenografisches
Protokoll Nr. 14, Teil III, S. 7), kritisierten einige Zeugen,
dass ein Einsatz der hochqualifizierten und für spezifi-
sche Einsatzszenarien ausgebildeten Kommandosoldaten
aufgrund der damaligen Auftragslage aus militärischer
Sicht bereits ab März 2002 nicht mehr zu rechtfertigen
gewesen sei.

Der damalige Befehlshaber des Einsatzführungskomman-
dos teilte in seiner Zeugenaussage die Ansicht, dass die
Bedrohungslage und damit auch die Anzahl möglicher
Ziele in Afghanistan im Laufe des Jahres 2002 deutlich
abgenommen habe. Es entspreche einfach der Befindlich-
keit eines hochqualifizierten Kommandosoldaten, sich in
einer solchen Situation dann unterfordert zu fühlen (Ste-
nografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 15).

Der damalige stellvertretende Kontingentführer erklärte

oder was auch immer selber gebaut. (…)“ (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 28)

die von einigen Zeugen empfundene Unterforderung
während des Untersuchungszeitraumes mit dem hohen

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107 – Drucksache 16/10650

Spezialisierungsgrad der Kommandosoldaten. So seien
etwa die für Zugriffsoperationen vorgesehenen Teile des
Kontingents nicht im Rahmen von Aufklärungsmissionen
eingesetzt worden, was bei diesen den Eindruck der Un-
terbeschäftigung oder Unterforderung habe hervorrufen
können (Stenografisches Protokoll Nr. 14, Teil III, S. 7).
Zudem sei nicht jede mögliche Operation auch tatsächlich
von den deutschen Spezialkräften durchgeführt worden,
was mitunter zur Frustration unter den Soldaten geführt
habe:

„(…) Manches ist einfach bei der Lagebeurteilung durch-
gefallen, weil die Bundesrepublik Deutschland gesagt
hat: Das Aufklärungsbild reicht uns nicht aus, die Gefähr-
dung unserer Männer ist zu groß etc. (…) Dann saßen die
Männer im Lager. Sie dachten: Wozu sind wir eigentlich
da? Immer fallen wir durch. (…)“ (Stenografisches Pro-
tokoll Nr. 14, Teil III, S. 35)

Auch andere Angehörige des 1. Kontingents berichteten
dem Untersuchungsausschuss, dass die von ihnen durch-
geführten Einsätze zwar durchaus dem Anforderungspro-
fil des KSK entsprochen und sie eine generelle Unterfor-
derung nicht empfunden hätten; gleichwohl wäre man im
Stande gewesen, mehr zu leisten (Stenografisches Proto-
koll Nr. 7, Teil III, S. 17; Stenografisches Protokoll Nr. 11,
Teil III, S. 58). Der Zeuge Nr. 23 erklärte dazu, dass die
dort gestellten Aufgaben nur ein Minimum der Leistungs-
fähigkeit der KSK-Soldaten in Anspruch genommen hät-
ten (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 42).

Der Kontingentführer, der sowohl das 1. wie auch das
3. Kontingent während des Untersuchungszeitraumes ge-
führt hatte, bestätigte eine mit zunehmender Einsatzdauer
festzustellende Abnahme der Auftragsdichte in Afghanis-
tan (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 29, 30).

Zu der kritischen Sicht ehemaliger Kontingentangehöri-
ger auf die Einsatzwirklichkeit in Afghanistan während
des Untersuchungszeitraumes befragt, führte der dama-
lige Generalinspekteur der Bundeswehr, General a. D.
Harald Kujat, aus, dass auch im Bundesministerium der
Verteidigung – wenn auch „relativ spät“ – erkannt worden
sei, dass die deutschen Kommandosoldaten dort nicht ih-
rem Leistungsvermögen entsprechend eingesetzt worden
seien. Die Entscheidung, Spezialkräfte nach Afghanistan
zu entsenden, habe jedoch vor allem Solidarität gegen-
über den Verbündeten und die Bereitschaft Deutschlands
dokumentieren sollen, Verantwortung zu übernehmen.
Dies habe er stets als eine sinnvolle Aufgabe des KSK an-
gesehen:

„(…) Wenn es wirklich um primär militärische Fragen
gegangen wäre und die Bereitschaft der Bundesregierung
vorhanden gewesen wäre, sich dort militärisch massiv zu
engagieren, dann hätten wir nicht KSK genommen, dann
hätten wir andere Verbände genommen.“ (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 18, Teil III, S. 1)

2. Einsätze des 1. Kontingents

vor hatte hier, trotz der Lebens- und Arbeitsbedingungen
der deutschen Soldaten, die Einsatzvorbereitung des Kon-
tingents und insbesondere das „Cross-Training“ mit den
Spezialkräften der Partnerstaaten, wenn auch einge-
schränkt, durchgeführt werden können, sodass der Kon-
tingentführer, seiner Zeugenaussage zufolge, am 10. Ja-
nuar 2002 die Einsatzbereitschaft seiner Soldaten habe
melden können (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III,
S. 1).

a) Führungsorganisation

Als Teil einer multinationalen Spezialkräfte-Koalition in
Afghanistan unter Führung der Vereinigten Staaten von
Amerika war das „Deutsche Heereskontingent Spezial-
kräfte ENDURING FREEDOM“ (DtHKtg SpezKr EF)
nach Herstellung der Einsatzbereitschaft der US-geführ-
ten „Combined Joint Special Operation Task Force
South“ (CJSOTF-S) für die Dauer des Einsatzes operativ
unterstellt worden („Transfer of Authority“) (Erfahrungs-
bericht 1. Kontingent vom 17. April 2002, MAT 16 – 14,
Anlage 24, entspricht BMVg-Ordner 23). Diese soge-
nannte Operational Control (OPCON) ermächtigte den
Kommandeur der CJSOTF-S, die deutschen „Kräfte so zu
führen, dass bestimmte Aufträge erfüllt werden können,
die im Allgemeinen nach Art, Zeit und Raum begrenzt
sind, sowie die betreffenden Truppenteile zu dislozieren
und Tactical Control über sie selbst auszuüben oder zu
übertragen. OPCON umfasst weder die Befugnis, den ge-
sonderten Einsatz von Teilen dieser Truppenteile anzu-
ordnen, noch sind truppendienstliche oder logistische Be-
fugnisse ohne weiteres darin eingeschlossen.“

Nach den Einlassungen des damaligen Kontingentführers
habe die OPCON-Unterstellung für das deutsche Spezial-
kräfte-Kontingent konkret bedeutet, die Aufträge durch
CJSOTF-S erhalten zu haben, aber weiterhin für Planung
und Durchführung selbst verantwortlich zu sein. Zudem
habe der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos
der Bundeswehr jederzeit das Recht und die Möglichkeit
gehabt, gegen geplante Einsätze zu opponieren (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 5). Auch er selber
sei – seiner Zeugenaussage zufolge – berechtigt und, bei
einer Unvereinbarkeit anstehender Einsätze mit dem Bun-
destagsmandat, verpflichtet gewesen,

„(…) als Mann vor Ort die sogenannte Rote Karte zu zie-
hen, zu sagen: Das machen wir nicht.“ (Stenografisches
Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 5).

Somit oblag die operative Führungsverantwortung für die
Einsätze der unterstellten Spezialkräfte bei der CJSOTF-S
als einem Teil des „Coalition Forces Land Component
Command“ (CFLCC), das seinerseits von dem „US Cen-
tral Command“ (USCENTCOM) in Tampa, Florida ge-
führt wurde (Erfahrungsbericht 1. Kontingent vom
17. April 2002, MAT 16 – 14, Anlage 24, entspricht
BMVg-Ordner 23). Die nationale Führungsverantwortung
für die deutschen Spezialkräfte wurde durch den Befehls-
Das 1. Kontingent führte seine Einsätze ausnahmslos aus
der Forward Operation Base Kandahar heraus durch. Zu-

haber des Einsatzführungskommandos über den deut-
schen Kontingentführer vor Ort wahrgenommen.

Drucksache 16/10650 – 108 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

b) Einsatzplanung und Einsatzdurchführung
Nach den Ausführungen des damaligen Kontingentführers
vor dem Untersuchungsausschuss seien in dieser frühen
Phase der Operation Enduring Freedom die Erkenntnisse
über die Lage von Ausbildungslagern, Waffendepots oder
Verstecken der Taliban- und Al Qaida-Kräfte in Afgha-
nistan der Ausgangspunkt für die Ausplanung der einzel-
nen Einsätze von Spezialkräften in Afghanistan gewesen.
Im Stab der „Combined Joint Special Operation Task
Force South“ seien die erkannten Ziele nach ihrer Wich-
tigkeit bewertet, auf dieser Grundlage sodann eine soge-
nannte Target-Liste erstellt und den Kontingenten der be-
teiligten Nationen zur Verfügung gestellt worden. Die
einzelnen Kontingente hätten dann selbst prüfen müssen,
ob sie über das jeweils geforderte Fähigkeitsspektrum
verfügten und einen der anstehenden Aufträge würden
übernehmen können (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil
III, S. 4).

Der Kontingentführer fasste die Bedeutung der „Target-
Liste“ wie folgt zusammen:

„(…) Die Targetliste war dazu da, damit die einzelnen
Nationen sich selber ein Bild machen konnten, ob die Fä-
higkeiten, die man vor Ort hat, personell und materiell
ausreichend sind, um bei einer gesunden Risikobewer-
tung den eigenen Männern diesen Auftrag zu geben, weil
keiner (…) leichtfertig die Soldaten irgendwo in den Ein-
satz schickt. (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 4,
Teil III, S. 17)

Auch der damalige Abteilungsleiter „Spezialoperationen“
im Einsatzführungskommando der Bundeswehr bestätigte
im Zuge seiner Zeugenvernehmung das Prinzip der Frei-
willigkeit bei der Übernahme anstehender Aufträge durch
die Kontingente der einzelnen Nationen:

„(…) Zu diesem Zeitpunkt gab es eine Anzahl von terro-
ristischen Zielen, die nominiert waren. Nach Weisung des
amerikanischen Befehlshabers wurden die Spezialkräfte
der Koalition (…) gefragt, ob sie bestimmte Aufträge
übernehmen konnten. (…)“ (Stenografisches Protokoll
Nr. 5, Teil II, S. 9)

Nach Aussagen des Kontingentführers sei man innerhalb
des deutschen Kontingents zu dem Schluss gekommen,
wenn ein Auftrag im Rahmen der eigenen Möglichkeiten
lag, sei dies dem Stab der CJSOTF-S mitgeteilt und gege-
benenfalls um zusätzliche Aufklärungsergebnisse und
Hintergrundinformationen zum Zielobjekt ersucht wor-
den (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 4). Über
die weitere Verfahrensweise lässt sich aus den durch den
Untersuchungsausschuss beigezogenen Akten des Bun-
desministeriums der Verteidigung entnehmen, dass das
Kontingent dann unter Berücksichtigung der bis dahin
vorliegenden Erkenntnisse in eigener Verantwortung eine
Empfehlung zur Einsatzdurchführung zu erarbeiten hatte,
die dem Einsatzführungskommando der Bundeswehr zur
Prüfung vorgelegt werden musste, wobei im Falle der
Billigung ein „Concept of Operations“ (CONOP) durch
das Kontingent zu erstellen und dem Kommandeur der

Component Command“ gemeldet und die Erteilung der
sogenannten Execution Authorization abgewartet werden.
Die anschließende Detailausplanung erfolgte demnach
stets in enger multinationaler Abstimmung mit den betei-
ligten Planungselementen (Erfahrungsbericht 1. Kontin-
gent vom 17. April 2002, MAT 16 – 14, Anlage 24, ent-
spricht BMVg-Ordner 23).

Auch die Durchführung der Einsätze sei nach den über-
einstimmenden Aussagen verschiedener Zeugen in enger
Zusammenarbeit mit den Koalitionspartnern erfolgt.

Nach dem Abschluss ihres letzten Einsatzes in Afghanis-
tan sprach der damalige Befehlshaber des Einsatzfüh-
rungskommandos den Soldaten des 1. Kontingents in ei-
nem Tagesbefehl seine Anerkennung und seinen Dank
aus:

„(…) Mit diesen Einsätzen unter besonders schwierigen
geographischen und klimatischen Bedingungen wurde für
die deutschen Spezialkräfte weitgehend Neuland be-
schritten. Sorgfalt bei Planung und Vorbereitung sowie
Umsicht und Entschlossenheit bei der Durchführung
übertragener Aufträge haben überzeugt, Respekt und An-
erkennung der Koalitionspartner gefunden und mir die
Wahrnehmung meiner operativen Führungsverantwor-
tung leicht gemacht.

Wir sind dankbar, dass keiner unserer Kameraden im
Kontingent bei diesen Einsätzen zu Schaden gekommen
ist.

Ich spreche allen Soldaten des 1. DtHKtgt Spezialkräfte
meine besondere Anerkennung für die gezeigten Leistun-
gen aus; jeder einzelne von ihnen hat in seiner jeweiligen
Aufgabe und Verantwortung Vorbildliches geleistet.

Ich stelle fest, dass sie, die Angehörigen des 1. DtHKtgt
Spezialkräfte in der Operation ‚ENDURING
FREEDOM‘ die Bundeswehr eindrucksvoll repräsentiert
haben. (…)“
(Tagesbefehl des Befehlshabers des Einsatzführungskom-
mandos vom 20. März 2002, MAT 16 – 14, Anlage 04,
entspricht BMVg-Ordner 4)

c) Innere Führung

Im Zuge seiner Ermittlungen erhielt der Untersuchungs-
ausschuss auch Kenntnis von möglichen Problemen im
Bereich der Inneren Führung während des Einsatzes des
1. Kontingents in Afghanistan. Neben den diesbezügli-
chen Auswirkungen der von einigen Kommandosoldaten
so empfundenen Unterforderungssituation aufgrund der
mitunter bemängelten Anspruchslosigkeit der durchgeführ-
ten Operationen (vgl. Ziffer II. Nr. 1. c)) ging der Aus-
schuss auch Hinweisen auf einen übermäßigen Alkohol-
konsum von Angehörigen des 1. Kontingents nach.

Dabei zeigte sich, dass den Angehörigen des 1. Kontin-
gents in Kandahar der Konsum von Alkohol grundsätz-
lich gestattet war, was von einem Teil der damals einge-
setzten Soldaten mit Blick auf die vorherrschende
CJSOTF-S zur Genehmigung vorzutragen war. Das
CONOP musste sodann an das „Coalition Forces Land

Bedrohungslage in ihren Aussagen vor dem Untersu-
chungsausschuss kritisiert wurde. Einige Zeugen verwie-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 109 – Drucksache 16/10650

sen hingegen auf die diesbezüglichen Regeln des Kontin-
gentführers, die einem möglichen Missbrauch hätten
vorbeugen sollen. Zu Nachlässigkeiten oder Einschrän-
kungen bei der Planung und Durchführung der einzelnen
Operationen aufgrund des vorhandenen Alkohols sei es
nach den übereinstimmenden Aussagen der dazu befrag-
ten Zeugen jedoch zu keiner Zeit gekommen.

Auf die Frage nach den grundsätzlichen Bestimmungen
für den Alkoholkonsum des 1. Kontingents in Afghanis-
tan erläuterte der damalige Kommandeur des Komman-
dos Spezialkräfte dem Untersuchungsausschuss, dass ein
totales Alkoholverbot über die gesamte Einsatzdauer von
vier Monaten eine unnötige zusätzliche Härte für die ein-
gesetzten Soldaten bedeutet hätte, sodass von einer ent-
sprechenden Regelung abgesehen worden sei (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 15). Auch für den
damaligen Befehlshaber des Einsatzführungskommandos
habe – nach dessen Zeugenaussage – nichts gegen einen
maßvollen Alkoholkonsum der Kontingentangehörigen
gesprochen. Er habe jedoch stets an das Verantwortungs-
bewusstsein der Soldaten appelliert, mit der eingeräumten
Freiheit gewissenhaft umzugehen (Stenografisches Proto-
koll Nr. 8, Teil III, S. 14).

Nachdem er dann von möglichen Alkoholexzessen der
deutschen Spezialkräfte in Afghanistan erfahren habe, sei
sein erster Truppenbesuch in Kandahar auch dazu genutzt
worden, sich im Vorfeld einer formalen Untersuchung ein
Bild über die Situation zu machen. Zu der Einleitung ei-
nes ordentlichen Disziplinarverfahrens sei es im Nach-
gang zu diesen Voruntersuchungen aber nicht gekommen,
da sich die erhobenen Vorwürfe nicht bestätigt hätten
(Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 5 und 14):

„(…) Im Ergebnis: Die haben gefeiert. Aber Exzess
würde ich das nicht nennen. (…)“ (Stenografisches Pro-
tokoll Nr. 8, Teil III, S. 5)

Andernfalls hätte er sogar das Risiko auf sich genommen,
den Einsatz des 1. Kontingents abzubrechen und die Sol-
daten nach Deutschland zurückzubeordern:

„(…) Denn wenn im Zusammenhang mit Alkohol etwas
passiert wäre, wäre sicherlich ich der Erste gewesen, der
dann hätte springen müssen. (…)“ (Stenografisches Pro-
tokoll Nr. 8, Teil III, S. 14)

Nach dem Abschluss seiner eigenen Ermittlungen habe er
die Angelegenheit zusätzlich dem damaligen Komman-
deur des KSK in Calw zur nochmaligen Prüfung übertra-
gen. Auch dessen Untersuchung habe ergeben, dass die
erhobenen Vorwürfe nicht zutreffend gewesen seien (Ste-
nografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 14). Der ehema-
lige Kommandeur des KSK bestätigte, im „Januar oder
Anfang Februar“ vom ehemaligen Befehlshaber des Ein-
satzführungskommandos (EinsfüKdoBw) über den
möglichen Alkoholmissbrauch innerhalb des deutschen
Spezialkräfte-Kontingents unterrichtet worden zu sein
(Stenografisches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 2). Auch er
habe sich – seiner Zeugenaussage vor dem Untersu-
chungsausschuss zufolge – durch eine Vielzahl von Ge-

nes Truppenbesuches vor Ort der Thematik angenom-
men:

„(…) Das Ergebnis war, dass zwar getrunken wurde, ja,
sicherlich auch durch den dortigen Kommandeur, (…)
und durch den einen oder anderen Offizier, Unteroffizier
oder Mannschaften, dass dies aber, soweit ich es aufklä-
ren konnte, immer nur in der freien Zeit, zum Beispiel
Silvester, oder in der auftragsfreien Zeit geschah und dass
kein Auftrag, keine Vorbereitung oder Durchführung von
Aufträgen durch Alkoholgenuss gefährdet worden war.
(…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 2)

Die Zeugenvernehmungen durch den Untersuchungsaus-
schuss ergaben übereinstimmend, dass zumindest in den
ersten Tagen nach der Verlegung des 1. Kontingents von
Masirah nach Kandahar noch kein Alkohol in dem deut-
schen Lager vorhanden war. So erläuterte der Zeuge
Nr. 3, sich etwa bis Mitte Januar 2002 in Kandahar aufge-
halten zu haben, ohne dass während dieser Zeit Alkohol
verfügbar gewesen sei (Stenografisches Protokoll Nr. 8,
Teil III, S. 27 und 30). Ein weiterer Zeuge äußerte sich
vor dem Ausschuss in ähnlicher Weise, er gab aber an,
dass später Bier und Wein aus Deutschland eingeflogen
worden und in einem eigens errichteten „Kiosk“ erhält-
lich gewesen sei (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II,
S. 48 f.). Auch ein anderer Zeuge berichtete von einem
Versorgungsflug für die deutschen Spezialkräfte in
Kandahar, der unter anderem eine „Palette“ geladen ge-
habt hätte, die „eigentlich nur aus Bier und Schnaps be-
stand“ (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil III, S. 33).
Der Zeuge Nr. 20 gab ebenfalls an, dass sogleich der erste
Versorgungsflug aus Deutschland „eine Europalette“ Bier
mit sich geführt habe (Stenografisches Protokoll Nr. 21,
Teil III, S. 52).

Der ehemalige Kommandeur des KSK bestätigte, dass
Bier aus Deutschland eingeflogen worden sei. Dabei habe
es sich aber nicht um „Unmengen“ gehandelt, da andere
Versorgungsgüter absoluten Vorrang genossen hätten
(Stenografisches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 2). Demge-
genüber erklärte einer der vernommenen Kommandosol-
daten, dass die Prioritäten bei den Versorgungslieferun-
gen innerhalb des Kontingents durchaus thematisiert
worden seien. So habe er damals gegenüber dem Befehls-
haber der Einsatzkräfte kritisiert, dass die Soldaten teil-
weise auf einsatzwichtiges Material hätten warten müs-
sen, während der Alkohol bereits eingeflogen worden sei
(Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 95). Auch ein
weiterer Zeuge (Nr. 13) äußerte sich vor dem Untersu-
chungsausschuss in ähnlicher Weise:

„(…) Mir gefiel es eben nicht, dass solche Sachen wie
Feldpost bzw. einsatzwichtiges Material, das nachgefor-
dert wurde, gerade Sanitätsmaterial, das verbraucht
wurde, sehr lange auf sich warten ließ. Wie gesagt, man
wartet sehnlichst auf einen Flieger, der nur alle paar Wo-
chen kommt. Und dann kommt eine Palette mit Bier.
(…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil III, S. 33)

Der damalige Kontingentführer erklärte, er habe den

sprächen sowohl mit den Kommandosoldaten selbst wie
auch mit Unterstützungskräften und zudem anlässlich ei-

Konsum des Alkohols, der den deutschen Soldaten zur
Verfügung gestanden habe, reglementiert. Demnach seien

Drucksache 16/10650 – 110 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

sowohl der Verkauf wie auch der Konsum von Alkohol
erst ab 18 Uhr abends erlaubt gewesen (Stenografisches
Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 19). Ehemalige Kontingentan-
gehörige berichteten im Zuge ihrer Zeugenvernehmung
zudem von einer Anweisung des Kontingentführers, wo-
nach der Konsum von Alkohol auf zwei Dosen Bier pro
Mann und Tag beschränkt gewesen sei (vgl. Stenografi-
sches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 28 und 101, Stenografi-
sches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 49). Andere Zeugen
konnten sich weder an eine „Zwei-Dosen-Regelung“
(Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 60; Stenogra-
fisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 55) noch an die ange-
ordnete Beschränkung auf die Abendstunden erinnern
(Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 47). Wieder-
holt verwiesen von dem Ausschuss vernommene Zeugen
insoweit aber auf das Selbstverständnis der Kommando-
soldaten, wonach es für sie keiner expliziten Regelungen
bedurft habe, um sich in einem Einsatzland wie Afghanis-
tan mit Alkohol zurückzuhalten (Stenografisches Proto-
koll Nr. 6, Teil III, S. 60; Stenografisches Protokoll Nr. 7,
Teil III, S. 55; Stenografisches Protokoll Nr. 14, Teil III,
S. 9).

Der damalige Kommandeur des KSK erläuterte dazu in
seiner Zeugenaussage:

„(…) Kommandosoldaten sind vergleichbar einem Hoch-
leistungssportler, die schon sehr genau wissen, ob und
wann und wie viel sie trinken können. Ein Kommando-
soldat könnte den permanent hohen Anforderungen gar
nicht gerecht werden, wenn er über Gebühr, ich sage ein-
mal: über zwei Bier am Abend, trinken würde. (…)“ (Ste-
nografisches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 15)

Verschiedene Zeugen berichteten dem Untersuchungsaus-
schuss, dass es bei bestimmten Anlässen – etwa nach dem
erfolgreichen Abschluss eines Einsatzes – zu Feiern im
Bereich der Einsatzbasis in Kandahar gekommen sei, in
deren Verlauf auch Alkohol konsumiert worden sei (Ste-
nografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 9; Stenografi-
sches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 28; Stenografisches
Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 57 f.). Der Kontingentführer
erklärte dazu Folgendes:

„(…) Dann war es in der Regel so, dass dann, wenn die
Soldaten gesund nach Hause gekommen sind, man ein
kräftiges Bier miteinander getrunken hat. (…) Man hat
auch mal einen zu viel getrunken; aber die Einsatzbereit-
schaft des Kontingentes war zu keinem Zeitpunkt gefähr-
det.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 19)

Ein Teil der Soldaten gab an, dass auch im Rahmen dieser
Zusammenkünfte Alkohol nur maßvoll getrunken worden
sei (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 6 und 9;
Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 16; Stenogra-
fisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 57 f.). Der Zeuge Nr. 28
berichtete dem Ausschuss detailliert von zwei Feiern, an
denen er selbst teilgenommen habe: Bei der ersten habe
man mit etwa 170 Soldaten der Koalition zwei eigens da-
für organisierte 50-Liter-Fässer Bier nicht einmal ganz

„(…) Die zweite Geschichte war gegen Ende (…) eine
Abschlussfeier der ganzen Koalition, also aller Spezial-
kräfte aller Nationen, die vor Ort waren. Es lief darauf hi-
naus, dass pro Mann zwei, drei Dosen Bier ausgeteilt
wurden. Das war es eigentlich. (…) Von Exzessen in die-
ser Richtung: no way.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 8,
Teil III, S. 57)

Gleichwohl gab der Zeuge Nr. 28 insoweit zu bedenken,
dass auch „ein halber oder ein Liter Bier“ unter den da-
mals herrschenden Lebensbedingungen – insbesondere
vor dem Hintergrund der verminderten Essensaufnahme
durch die deutschen Soldaten – eine ganze andere Wir-
kung als zu Hause auf den menschlichen Körper habe ent-
falten können (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III,
S. 57). In ähnlicher Weise äußerte sich auch ein weiterer
Zeuge, der keine Ausfallerscheinungen bei Kontingentan-
gehörigen wahrgenommen habe (Stenografisches Proto-
koll Nr. 21, Teil III, S. 8).

Auch die übrigen Zeugen konnten sich an alkoholbe-
dingte „Exzesse“, „Riesenverstöße gegen die Innere Füh-
rung“ oder „Ausfallerscheinungen“ von Soldaten des
1. Kontingents ebenfalls nicht erinnern (vgl. etwa Steno-
grafisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 48; Stenografisches
Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 9 und 60; Stenografisches Pro-
tokoll Nr. 7, Teil III, S. 16 und 55; Stenografisches Proto-
koll Nr. 8, Teil III, S. 57). Vereinzelt wurde jedoch kriti-
siert, dass überhaupt Alkohol getrunken wurde, da es in
einem Einsatzland wie Afghanistan eine „einsatzfreie
Zeit“ überhaupt nicht gegeben habe (Stenografisches Pro-
tokoll Nr. 6, Teil III, S. 90; Stenografisches Protokoll
Nr. 7, Teil III, S. 55; Stenografisches Protokoll Nr. 9, Teil
III, S. 24). Nicht zuletzt die ständig geforderte Einsatzbe-
reitschaft aber habe – einem der vernommenen Komman-
dosoldaten zufolge – einen maßlosen Umgang mit dem
zur Verfügung stehenden Alkohol verhindert:

„(…) Es gab keine Freizeitregelung, weil man im Einsatz
keine Freizeit hat. Daher gab es keine großartigen Exzesse,
bei denen dem Alkohol gefrönt wurde, jedenfalls nicht, so-
weit ich mich erinnern kann. Natürlich hat man einmal ein
Bier getrunken, wenn man von einem Einsatz erfolgreich
und an einem Stück und gesund zurückgekommen ist.
(…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 55)

Andere Soldaten berichteten hingegen von einem über-
mäßigen Alkoholkonsum einzelner Kontingentangehöri-
ger (Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 75; Steno-
grafisches Protokoll Nr. 9, Teil III, S. 21). So führte der
Zeuge Nr. 22 aus, dass im deutschen Lager neben Bier
auch Schnaps verfügbar gewesen sei:

„(…) Es gab auf jeden Fall harte Sachen, und es wurde da
auch von einigen wesentlich mehr getrunken als zwei Do-
sen Bier.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 75)

Ein weiterer Kommandosoldat (Zeuge Nr. 18) vertrat in
seiner Zeugenaussage die Auffassung, dass im 1. Kontin-
gent allgemein zu viel Alkohol getrunken worden sei; von
einigen Kameraden auch tagsüber (Stenografisches Pro-
tokoll Nr. 6, Teil III, S. 95). Auch der Zeuge Nr. 14 be-
aufgebraucht (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III,
S. 57). Der Zeuge weiter:

tonte insoweit, dass es sich dabei nur um einen „Teil der
Personen“ gehandelt habe. Dennoch habe das Erlebte mit

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 111 – Drucksache 16/10650

dazu beigetragen, dass er nach seiner Rückkehr nach
Deutschland auf eigenen Wunsch aus dem KSK ausge-
schieden sei (Stenografisches Protokoll Nr. 9, Teil III,
S. 21). Der ebenfalls von dem Untersuchungsausschuss
vernommene Zeuge Nr. 13 berichtete in seiner Aussage
von einer „Unruhe“, die das Kontingent aufgrund von
wiederholten Alkoholverfehlungen einzelner Soldaten
damals erfasst habe. Ihm selber seien entsprechende Vor-
fälle aber „persönlich nicht aufgefallen“ (Stenografisches
Protokoll Nr. 5, Teil III, S. 42).

Ein anderer Zeuge (Nr. 18) beanstandete den – nach sei-
ner Aussage – wiederholten Alkoholkonsum seiner Vor-
gesetzten vor allem deshalb, weil ihm dies in der damali-
gen Bedrohungssituation nicht angemessen erschienen
sei, wobei er angab, insoweit über eine niedrige Toleranz-
schwelle zu verfügen (Stenografisches Protokoll Nr. 6,
Teil III, S. 90). Ähnliche Kritik äußerte auch der Zeuge
Nr. 22. Nach seinem Dafürhalten sei es damals versäumt
worden, dem Konsum von Alkoholika entgegen zu wir-
ken:

„Nein, ich möchte also sogar noch weitergehen: Es gab
einige, die im Vorgesetztenstatus waren, die das vorgelebt
haben.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 75)

Der Untersuchungsausschuss ging nicht zuletzt auch der
Frage nach, ob den in Kandahar stationierten Partnerkon-
tingenten anderer Nationen die Verfügbarkeit von Alko-
hol im deutschen Lager bekannt war und ob dies zu Pro-
blemen bei der Zusammenarbeit geführt hat. Dazu sagte
einer der vernommenen Kommandosoldaten aus:

„(…) Was sie“ [die Koalitionstruppen] „auf jeden Fall
mitgekriegt haben, das war eine Sache, die überall be-
kannt war: dass die Deutschen einen Haufen Alkohol ha-
ben. Das war auch eine Attraktion für andere. (…)“ (Ste-
nografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 86)

Er könne aber nicht sagen, dass das Vorhandensein von
Alkohol auf Ablehnung gestoßen sei. Der ebenfalls zu
dieser Thematik befragte damalige stellvertretende Kon-
tingentführer schloss in seiner Zeugenaussage aus, von
US-Soldaten jemals auf den Alkoholkonsum des deut-
schen Kontingents angesprochen worden zu sein (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 14, Teil III, S. 26).

Der damalige Befehlshaber des Einsatzführungskomman-
dos der Bundeswehr berichtete, bei seinen Nachforschun-
gen bei den Verbündeten allgemein nur auf „große
Begeisterung“ über die Leistungen des deutschen Kontin-
gents gestoßen zu sein. Bezüglich des Alkoholkonsums
seien von den Verbündeten keine Auffälligkeiten moniert
worden (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 5).

Auch der ehemalige Kommandeur des KSK konnte sich
vor dem Untersuchungsausschuss an alkoholbedingte
Probleme mit den Partnernationen nicht erinnern:

„(…) Das Kommando hat ja auch von allen, insbesondere
von den Amerikanern, höchstes Lob erfahren. Wenn dort
eine Truppe gekämpft oder zum Einsatz gekommen wäre,
die ständig angetrunken durch die Gegend gelaufen wäre
und ihre Aufträge nicht ordentlich vorbereitet hätte, wäre

3. Einsätze des 2. Kontingents
Auch für die Einsätze des 2. Spezialkräfte-Kontingents
diente der Flugplatz von Kandahar als Ausgangsbasis.

a) Führungsorganisation
Das 2. Kontingent war dem ausgewerteten Aktenmaterial
zufolge nach Umgliederungen innerhalb der US-amerika-
nischen Führungsstrukturen ab März 2002 nunmehr der
„Combined Joint Special Operation Task Force Afghanis-
tan“ (CJSOTF-A) OPCON unterstellt (Wochenmeldung
vom 14. März 2002, MAT 16 – 14, Anlage 23, entspricht
BMVg-Ordner 22) und verblieb dort zunächst bis Anfang
Juli 2002. Ab dem 3. Juli 2002 wurde das Kontingent vo-
rübergehend der „Task Force 11“ OPCON unterstellt, die
wiederum direkt durch das USCENTCOM in Tampa,
Florida geführt wurde (Wochenmeldung vom 3. Juli 2002,
MAT 16 – 14, Anlage 23, entspricht BMVg-Ordner 22).
Die Wahrnehmung der nationalen Führungsverantwor-
tung oblag während des gesamten Zeitraumes bei unver-
änderten Zuständigkeiten weiterhin dem Befehlshaber
des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr.

b) Einsatzplanung und Einsatzdurchführung
Anders als beim 1. Kontingent des Kommandos Spezial-
kräfte (KSK) wurde dem Folgekontingent ein fester Ein-
satzraum zugewiesen. In diesem Raum oblag es den
Spezialkräften, eigenständige Operationen zu planen und
durchzuführen.

4. Einsätze des 3. Kontingents
Die Hauptkräfte des 3. Spezialkräfte-Kontingents verleg-
ten bei ihrem Einsatz über Kandahar in die neu eingerich-
tete Forward Operation Base in Bagram und stellten dort
die Einsatzbereitschaft her. Teile des Kontingents wur-
den, anders als bei den Vorgängerkontingenten, auf
Grund der geänderten Lage, zeitweise in Deutschland be-
reitgehalten und lageabhängig in das Einsatzland ver-
bracht.

a) Führungsorganisation
Das 3. Kontingent war wie das Vorgänger-Kontingent der
CJSOTF-A OPCON unterstellt. Die CJSOTF-A ihrerseits
war nun ein Element der „Combined Joint Task Force
180“ (CJTF 180), die dem USCENTCOM in Tampa,
Florida unterstand (Erfahrungsbericht 3. Kontingent vom
5. Dezember 2002, MAT 16 – 14, Anlage 24, entspricht
BMVg-Ordner 23).

Die Melde- und Genehmigungsverfahren sowie die Ein-
flussmöglichkeiten der deutschen Stellen waren den Ein-
lassungen des Kontingentführers und dem ausgewerteten
Aktenmaterial zufolge auch diesmal identisch zum ersten
Zeitraum (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 3).

b) Einsatzplanung und Einsatzdurchführung
das ja nicht der Fall gewesen.“ (Stenografisches Protokoll
Nr. 11, Teil III, S. 3)

Das Kontingent war zunächst im Verantwortungsbereich
kanadischer Streitkräfte eingesetzt, bevor ihm ein eigener

Drucksache 16/10650 – 112 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Raum zugewiesen wurde. In diesem Raum wurde in der
Folge durch die eigene Operationsplanung und -führung
wesentlich zum Schutz der internationalen Schutztruppen
beigetragen.

III. Einfluss von Dienststellen der Bundes-
wehr auf Einsätze der Spezialkräfte-
Kontingente im Rahmen der Operation
Enduring Freedom

Der Kern der Ermittlungen des Untersuchungsausschus-
ses zu diesem Punkt war die Klärung der Frage, welcher
Dienststelle der Bundeswehr die nationale Führungsver-
antwortung bezüglich des Einsatzes deutscher Spezial-
kräfte während des Untersuchungszeitraumes oblag,
mithin, welche nationalen Strukturen über Einflussnah-
memöglichkeiten auf die Führungsprozesse der zweiten,
der operativen Ebene verfügten. Auf dieser operativen
Ebene, auch dies wurde im Verlauf der Untersuchungen
deutlich, kam es zu einem Neben- und Miteinander deut-
scher und multinationaler Befehlsstränge, dessen Ur-
sprung – wie unter II. gezeigt – in der Einbindung der
deutschen Kommandosoldaten in multinationale Füh-
rungsstrukturen zu suchen ist. Hinzu trat mit Abflug aus
Deutschland die Herauslösung der in Afghanistan einge-
setzten deutschen Kommandosoldaten aus ihren bisheri-
gen truppendienstlichen Unterstellungsverhältnissen des
KSK mit Sitz in Calw und die Division Spezielle Opera-
tionen (DSO) als übergeordneter Großverband zur Füh-
rung der spezialisierten Kräfte und Spezialkräfte des
Deutschen Heeres.

1. Einsatzführungskommando
der Bundeswehr

Das Einsatzführungskommando der Bundeswehr mit Sitz
in Geltow bei Potsdam ist heute das zentrale Element der
Bundeswehr zur Planung und Führung von Auslandsein-
sätzen unterhalb des Bundesministeriums der Verteidi-
gung. Aufgestellt im Juli 2001 als ein integraler Bestand-
teil des Transformationsprozesses der Bundeswehr hin zu
einer „Armee im Einsatz“ sollte es innerhalb von neun
Monaten seine Einsatzbereitschaft herstellen und als teil-
streitkraftübergreifende Führungsinstanz von Auslands-
einsätzen fungieren. Der damalige Befehlshaber des Ein-
satzführungskommandos führte in seiner Zeugenaussage
vor dem Untersuchungsausschuss zu dem gesetzten Zeit-
plan Folgendes aus:

„(…) Mit den Ereignissen des 11. September waren diese
Planungen dann Makulatur. Das Kommando stellte – da-
mals noch mit 50 Prozent des geplanten Personalumfangs
ausgestattet – seine Einsatzbereitschaft bis zum 16. No-
vember 2001 her. (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 8,
Teil II, S. 7)

Der 16. November 2001 war der Tag, an dem der Deut-
sche Bundestag zustimmte, dass deutsche Streitkräfte
sich gemeinsam mit den USA und anderen Partnerstaaten
bei der militärischen Bekämpfung des internationalen

dem Leiter der Stabsabteilung V des Führungsstabes der
Streitkräfte (Fü S V) im Bundesministerium der Verteidi-
gung die „Weisung Nr. 1“ erlassen. Sie lag dem Untersu-
chungsausschuss vor und enthält grundsätzliche Festle-
gungen für den Einsatz der Bundeswehr in der Operation
Enduring Freedom, die für alle Teilkontingente der deut-
schen Streitkräfte galten. Darin heißt es:

„(…) 2. Auftrag

Bundeswehr

– stellt bereit mit erster Priorität – parallel zu Einsätzen
auf dem Balkan und in Georgien – bewaffnete
Streitkräfte, um mit den USA und Partnerstaaten auf
der Grundlage des Artikel 51 der Satzung der Verein-
ten Nationen und des Artikel 5 des Nordatlantikver-
trages im Rahmen der Operation ‚ENDURING
FREEEDOM‘ zur militärischen Bekämpfung des in-
ternationalen Terrorismus im Rahmen der durch den
Deutschen Bundestag festgelegten personellen Ober-
grenze (3 900 Soldaten) und im festgelegten Einsatz-
gebiet (gemäß Artikel 6 des Nordatlantikvertrags, die
arabische Halbinsel, Mittel- und Zentralasien und
Nord-Ost-Afrika sowie die angrenzenden Seegebiete)
zusammen zu wirken;

– trifft hierzu unverzüglich erste vorbereitende Maßnah-
men einschließlich der Festlegung einer einheitlichen
Führungsorganisation zur Führung aller Einsätze im
Rahmen einer DEU Beteiligung an Operation
ENDURING FREEDOM. (…).

3. Durchführung

a. Absicht

Bundeswehr

(1) beginnt mit der Vorbereitung der Bereitstellung von
folgenden Kräften für die Operation ENDURING
FREEDOM: (…) Spezialkräfte (…);

(2) regelt Detailausplanung, Vorbereitung, Verlegung
und Einsatz der jeweiligen Kontingente mit Einzel-
weisungen,

(3) plant aus und führt auf Befehl alle Einsätze deutscher
Kontingente im Rahmen von ENDURING FREE-
DOM durch EinsFüKdoBw nach Weisungen BMVg;
(…).

b. Einzelaufträge

(1) Einsatzführungskommando der Bundeswehr

(a) plant und führt den Einsatz der im Rahmen von
ENDURING FREEDOM eingesetzten deutschen
Kontingente auf operativer Ebene;

(b) setzt um ministerielle Weisungen in Einsatzangele-
genheiten in Befehle und Aufträge an die betroffenen
Bereiche der Bundeswehr;

(c) koordiniert einsatzrelevante Maßnahmen aller Kom-
mandos und Ämter seiner Ebene; (…).“
Terrorismus im Rahmen der Operation Enduring Free-
dom beteiligen sollten. Noch am gleichen Tag wurde von

(Weisung Nr. 1 v. 16.11.2001, MAT 16 – 14, Anlage 04,
entspricht BMVg-Ordner 4)

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113 – Drucksache 16/10650

Zuvor war im Bundesministerium der Verteidigung ge-
prüft worden, ob das erst kurz zuvor gebildete und noch
nicht vollständig aufgebaute Einsatzführungskommando
überhaupt mit der operativen Führung der deutschen
Kontingente beauftragt werden könne oder ob die Füh-
rungsverantwortung zunächst beim Führungsstab des
Heeres belassen werden sollte. Der ehemalige Befehlsha-
ber des Einsatzführungskommandos erläuterte vor dem
Untersuchungsausschuss, dass sich der Minister auf sei-
nen Vorschlag hin dann aber entschieden habe, Planung
und Führung der Operationen Enduring Freedom und
ISAF dem Einsatzführungskommando zu übertragen
(Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil II, S. 7). Dieser
Aufgabenverteilung trug auch eine weitere Weisung des
BMVg Rechnung, in der die Aufträge für das Einsatzfüh-
rungskommando bei der Führung von Spezialkräften im
Rahmen der Operation Enduring Freedom bestätigt und
präzisiert wurden.

Eine nachfolgende Weisung zum Einsatz fasste die Auf-
gaben des Einsatzführungskommandos abermals zusam-
men und stellte klar, dass jede Einzeloperation der Spe-
zialkräfte-Kontingente der Billigung durch das BMVg
bedurfte.

Noch vor dem ersten Einsatz des 1. Kontingents sei es
nach übereinstimmenden Zeugenaussagen vor dem Un-
tersuchungsausschuss jedoch zu einer Übertragung der
Entscheidungsbefugnis vom Bundesminister der Verteidi-
gung auf den damaligen Befehlshaber des Einsatzfüh-
rungskommandos gekommen. Dieser führte dazu aus:

„(…) Anfang Januar gab es eine Entscheidung durch das
BMVg, dass ich selbstständig über Einsätze entscheiden
konnte, wenn diese sich auf der Basis oder innerhalb des
vorgegebenen Rahmens durch den Bundesminister der
Verteidigung halten würden. (…) Wenn die Pläne, die mir
vorgelegt worden sind, sich im Rahmen dessen bewegten
(…), habe ich entschieden und diese Entscheidung an den
Bundesminister der Verteidigung gemeldet, immer über
den Fü S V. Haben sich Abweichungen ergeben, haben
wir sofort gemeldet und den Einsatz nicht freigegeben.
Erst wenn endgültig entschieden worden ist, haben wir
die Freigabe erteilt. (…)“ (Stenografisches Protokoll
Nr. 8, Teil II, S. 9)

Der damalige Kontingentführer berichtete, dass die Über-
tragung der Entscheidungsbefugnis letztlich auf seine Ini-
tiative zurückgegangen sei, da die ursprüngliche Festle-
gung, jeden Einsatz durch den Minister genehmigen zu
lassen, aufgrund eines Antrages von ihm geändert worden
sei (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 1). Bereits
in einem Bericht über seine Erkundungsreise in die For-
ward Operation Base Kandahar vom 27. Dezember 2001,
der dem Untersuchungsausschuss vorlag, hatte der Kon-
tingentführer eine Übertragung der Entscheidungsbefug-
nis auf den Befehlshaber des Einsatzführungskommandos
angeregt:

„Möglicherweise ist es notwendig, bei – nach Bewertung
durch die Spezialisten vor Ort – realistisch durchführba-

auf Ebene des Befh EinsFüKdo wäre m. E. notwendig
und sollte angestrebt werden.“ (Erkundungsbericht vom
27. Dezember 2001, S. 5, MAT 16 – 14, Anlage 11, ent-
spricht BMVg-Ordner A10)

Auch vor dem Untersuchungsausschuss begründete er die
Sinnhaftigkeit der Übertragung der Entscheidungsbefug-
nis mit der Notwendigkeit, über flache und somit zu
schnellen Entscheidungen befähigte Hierarchien zu ver-
fügen, um eine effektive Auftragserfüllung durch die
Spezialkräfte nicht zu gefährden, da diese in der Regel
nur ein Zeitfenster von 48 bis 96 Stunden hätten, um die
Operationsplanung und -vorbereitung für einen anstehen-
den Einsatz abzuschließen (Stenografisches Protokoll
Nr. 4, Teil III, S. 11).

„(…) Wenn diese Entscheidung beim Minister geblieben
wäre, hätten wir keine Einsätze durchführen können.
(…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 11)

Der ehemalige Befehlshaber des Einsatzführungskom-
mandos der Bundeswehr konnte sich in seiner Zeugen-
aussage vor dem Untersuchungsausschuss an einen förm-
lichen Antrag des Kontingentführers nicht erinnern. Es
sei aber richtig, dass dieser nachdrücklich um eine Ver-
kürzung der Befehlswege gebeten habe, was dann in ei-
nen Antrag an das Bundesministerium der Verteidigung
gemündet sei (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III,
S. 3). Diesem Antrag sei dann auch zugestimmt worden,
sodass dem Befehlshaber des Einsatzführungskomman-
dos ab diesem Zeitpunkt die Verantwortung für die Ge-
nehmigung der einzelnen Operationen oblegen habe, wie
der damalige Leiter der Abteilung „Spezialoperationen“
vor dem Untersuchungsausschuss bestätigte (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 10).

Mit Abflug aus Deutschland nach Masirah wurde das
deutsche Spezialkräfte-Kontingent aus den bisherigen
Unterstellungsverhältnissen des KSK in Calw und die Di-
vision Spezielle Operationen herausgelöst und dem Be-
fehlshaber des Einsatzführungskommandos unterstellt,
sodass dieser nunmehr auch als truppendienstlicher Vor-
gesetzter der eingesetzten Kommandosoldaten fungierte.
Charakteristisch für die Wahrnehmung der nationalen
Führungsverantwortung im Vorfeld geplanter Einsätze sei
nach der Aussage des damaligen Befehlshabers des Ein-
satzführungskommandos die grundsätzliche Beschrän-
kung auf eine Überprüfung der mandats- und fürsorge-
rechtlichen Zulässigkeit der Planungen des deutschen
Kontingents gewesen, während die taktisch-operative
Führungsverantwortung in erster Linie bei der US-ge-
führten CJSOTF gelegen habe. Der Zeuge führte weiter
aus:

„(…) Das Einsatzführungskommando führte grundsätz-
lich die deutschen Kontingente in allen nationalen Ange-
legenheiten. Dazu gehörten unter vielen anderen Aufga-
ben personelle Angelegenheiten, Logistik, Schutz der
Truppen, Infrastruktur, Betreuung usw. Die operativ-tak-
tischen Befehle für den Einsatz und solche Aufträge er-
hielten die Kontingentführer von den internationalen
ren Einsätzen, sehr rasch Handlungsfreiheit zu bekom-
men. Eine diesbezügliche Entscheidungsbefugnis bereits

Kommandeuren der Koalition. Die Aufgabe meines
Kommandos bestand darin, diese Weisungen oder Be-

Drucksache 16/10650 – 114 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

fehle aus den Koalitionen auf ihre Mandatstreue hinsicht-
lich des Bundestagsmandats zu überprüfen. (…)“ (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 8, Teil II, S. 7)

Über die konkrete Einbeziehung des Einsatzführungs-
kommandos in die Planung anstehender Einsätze sagte
der Kontingentführer aus, dass alle Einsätze nach erfolg-
ter Lagebeurteilung und Auftragsauswertung durch ihn,
aber noch vor der konkreten Planungs- und Vorberei-
tungsphase dem Einsatzführungskommando und dort der
Abteilung „Spezielle Operationen“ zur Genehmigung der
Ausplanung vorzulegen gewesen seien (Stenografisches
Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 3). Und weiter:

„(…) Alle von uns dann erstellten Operationspläne wur-
den mehr als kritisch hinterfragt – Stichwort Risikoana-
lyse – und mussten im Detail erläutert werden. Alle Ein-
sätze wurden durch das Einsatzführungskommando zur
Durchführung freigegeben. (…)“ (Stenografisches Proto-
koll Nr. 4, Teil III, S. 3)

Die besonders enge Zusammenarbeit zwischen dem Kon-
tingent und dem Einsatzführungskommando wurde auch
von dem damaligen stellvertretenden Kontingentführer
des 1. Kontingents hervorgehoben, der aussagte, dass na-
hezu jeder Schritt im Vorfeld anstehender Operationen
besprochen worden sei. Vergleichbares habe er in seiner
militärischen Laufbahn zuvor nicht erlebt (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 14, Teil III, S. 7). Der Befehlshaber
des Einsatzführungskommandos habe jederzeit das Recht
und die Möglichkeit gehabt, gegen geplante Einsätze zu
opponieren (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III,
S. 5). Der ehemalige Leiter der Abteilung „Spezialopera-
tionen“ merkte hierzu an, dass der Kontakt zwischen
Kontingent und Einsatzführungskommando bereits im
Vorfeld der Einsatzplanung einen Dialog darüber ermög-
licht habe, ob der jeweilige Auftrag übernommen werden
könne oder nicht, sodass es, zumindest bei ausgeplanten
Einsätzen, keine Ablehnung gegeben habe (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 9). Der damalige Befehls-
haber des Einsatzführungskommandos antwortete auf die
Frage des Untersuchungsausschusses, ob er anstehenden
Einsätzen während des Untersuchungszeitraumes seine
Genehmigung verweigert habe:

„(…) Wie gesagt, das ist ein, zwei Mal gewesen; kann
auch drei Mal gewesen sein. Aber (…) nicht sehr häufig,
(…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 22).

Über die Gründe, die zu einer Verweigerung der Freigabe
führen konnten, sagte er aus:

„Ja, die Ablehnung hat es zum Beispiel gegeben, wenn
der Einsatz zu kurzfristig kam. Also: Ein Einsatz konnte
durchaus im Rahmen des Machbaren sein. Aber wenn
dieser Einsatz so kurzfristig kam, dass er nicht mit der er-
forderlichen Solidität vorbereitet werden konnte – ich
hatte natürlich auch eine wesentliche Verantwortung für
das Leben und die Gesundheit unserer Soldaten –, zum
Beispiel, dann haben wir es abgelehnt. (…)“ (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 22)

worden und hätte gegebenenfalls eingreifen können, wie
der damalige Kontingentführer während seiner Zeugen-
vernehmung erläuterte. So habe etwa die Durchführung
der ersten Operation über einen Zeitraum von drei Tagen
und zwei Nächten hinweg in Echtzeit per Live-Video-
übertragung weitergemeldet werden müssen. Auch die
Nachbereitungen der Einsätze durch das Kontingent seien
dem Einsatzführungskommando zur Kenntnis gegeben
worden (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 2).
Der von dem Untersuchungsausschuss vernommene Ab-
teilungsleiter „Spezialoperationen“ im Einsatzführungs-
kommando führte zu diesem Thema aus:

„(…) Bei Einsätzen und Operationen wurde in einer stän-
dig geschalteten Leitung zwischen dem Kontingentführer
und dem national verantwortlichen Befehlshaber des Ein-
satzführungskommandos ständig Verbindung gehalten,
sodass eine Einflussnahme jederzeit möglich gewesen
wäre. (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 9)

Dennoch habe sich der damalige Befehlshaber des Ein-
satzführungskommandos nach eigenem Bekunden in die-
ser Phase mit Weisungen an die eingesetzten deutschen
Soldaten zurückgehalten und nur ganz selten in eine lau-
fende Operation eingegriffen. Vielmehr sei es ihm darum
gegangen, sich ein Bild von der Lageentwicklung machen
und im Bedarfsfall unverzüglich seine Hilfe anbieten zu
können (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 19).

Die Beweisaufnahme durch den Untersuchungsausschuss
ergab überdies, dass innerhalb des Einsatzführungskom-
mandos neben dem Befehlshaber vor allem die Abteilung
„Spezialoperationen“ mit den Einsätzen des KSK in
Afghanistan befasst gewesen war. So stellte der Kontin-
gentführer im Zuge seiner Zeugenvernehmung fest:

„(…) Einfluss auf die Einsätze hatte somit in jedem Fall
das Einsatzführungskommando, hier die Abteilung ‚Spe-
zielle Operationen‘. (…)“ (Stenografisches Protokoll
Nr. 4, Teil III, S. 3).

Deren Leiter fasste die Aufgaben seiner Abteilung in sei-
ner Zeugenaussage vor dem Untersuchungsausschuss wie
folgt zusammen:

„Die Abteilung ‚Spezialoperationen‘ hat alle im Zusam-
menhang mit der Spezialkräfteoperation stehenden Dinge
schon wegen des Schutzbedürfnisses und des Geheimhal-
tungsbedürfnisses autark bearbeitet. Wir haben also die
strategischen Weisungen des Führungsstabes der Streit-
kräfte in operative Weisungen an das Kontingent umge-
setzt. (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 9).

Er selbst habe den Befehlshaber des Einsatzführungs-
kommandos bei der Wahrnehmung der nationalen Verant-
wortung unterstützt. Dies habe bedeutet, die anstehenden
Einsätze auf ihre Mandatskonformität, auf die Überein-
stimmung mit den Führungs- und Einsatzgrundsätzen
deutscher Spezialkräfte und hinsichtlich der rechtlichen
Rahmenbedingungen zu überprüfen (Stenografisches
Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 9).

Auf die Frage, ob der Abteilungsleiter auch eigenständig

Auch während der laufenden Einsätze sei das Einsatzfüh-
rungskommando ständig über den Verlauf unterrichtet

Entscheidungen bezüglich der Einsatzdurchführung in
Afghanistan habe treffen können, gab der damalige Be-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 115 – Drucksache 16/10650

fehlshaber des Einsatzführungskommandos an, dass dies
allenfalls auf logistische Fragen bezogen denkbar gewe-
sen sei. Alle operativen Entscheidungen habe er selbst ge-
troffen (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 3).
Darüber hinaus habe er bei Bedarf auch auf andere Abtei-
lungen des Einsatzführungskommandos zurückgegriffen:

„(…) Es gab (…) noch zwei Bereiche, bei denen Abtei-
lungsleiter, wenn notwendig, mit herangezogen wurden.
Das waren einmal der Leiter der nachrichtendienstlichen
Abteilung J 2 und der Abteilungsleiter Sanitätsdienst, der
Kommandoarzt, dem ja auch die Ärzte im Einsatz alle un-
terstanden. (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil II,
S. 9).

Der ehemalige Abteilungsleiter „Spezialoperationen“ be-
stätigte die intensive Einbeziehung des leitenden Sanitäts-
offiziers in alle Aspekte der sanitätsdienstlichen Unter-
stützung und die des Abteilungsleiters J2 im Bereich des
militärischen Nachrichtenwesens, um hier alle Informa-
tionen über feindliche Kräfte bestmöglich nutzen zu kön-
nen. Zudem habe man bei der Prüfung der mandatsrecht-
lichen Zulässigkeit von Einsätzen auch den leitenden
Rechtsberater des Einsatzführungskommandos genutzt,
der allein und ausschließlich für die rechtlichen Bewer-
tungen zuständig gewesen sei (Stenografisches Protokoll
Nr. 5, Teil II, S. 9 f.).

2. Division Spezielle Operationen

Die Division Spezielle Operationen (DSO) ist ein militä-
rischer Großverband zur zentralen Führung der speziali-
sierten Kräfte und Spezialkräfte des Deutschen Heeres,
darunter auch des Kommandos Spezialkräfte mit dem
Standort Calw. Nach Aussage ihres damaligen Komman-
deurs sei die DSO jedoch nicht in die Planung und Durch-
führung der KSK-Einsätze in Afghanistan involviert ge-
wesen, da die nationale Führungsverantwortung allein
durch den Befehlshaber des Einsatzführungskommandos
über den Kontingentführer vor Ort wahrgenommen wor-
den sei. Seine Beteiligung habe sich auf die Bereitstel-
lung allgemeiner logistischer Unterstützung zur Sicher-
stellung der Einsatzbereitschaft des KSK beschränkt.
Diese Aufgabenteilung sei zur Sicherstellung der notwen-
digen „Operational Security“ und der Schaffung flacher
Hierarchien auch angezeigt gewesen (Stenografisches
Protokoll Nr. 14, Teil II, S. 7).

„(…) Das heißt, über die Phase, wo konkrete Aufträge an
das KSK gegeben wurden, einschließlich der Vorberei-
tung, habe ich keine detaillierten Kenntnisse – (…)“ (Ste-
nografisches Protokoll Nr. 14, Teil II, S. 7)

Er sei ausschließlich über ausbildungsspezifische As-
pekte des Afghanistan-Einsatzes informiert gewesen und
habe weder in einem direkten Kontakt mit den in Afgha-
nistan eingesetzten Kontingenten gestanden noch habe er
Kenntnis von deren Meldungen an das Einsatzführungs-

3. Kommando Spezialkräfte

Der damalige Kommandeur des Kommandos Spezial-
kräfte erklärte vor dem Untersuchungsausschuss, im
Untersuchungszeitraum keine Verantwortung für den
operativen Einsatz der Spezialkräfte-Kontingente in
Afghanistan getragen zu haben:

„(…) Das heißt, mit Überschreiten der Landesgrenze ging
die disziplinare und operative Verantwortung von dem ur-
sprünglichen Kommandeur bei all diesen Einsätzen auf
das Einsatzführungskommando in Potsdam, in persona
auf den (…)“ [Befehlshaber des Einsatzführungskom-
mandos] „über. (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 11,
Teil II, S. 8)

In der Anfangszeit des Einsatzes habe er alle ein bis zwei
Tage in einem telefonischen Kontakt mit dem Kontin-
gentführer vor Ort gestanden. Später – im Frühjahr 2002,
oder erst während des Einsatzes des 2. Kontingents, dies
sei ihm nicht mehr erinnerlich – habe zudem die Mög-
lichkeit bestanden, über eine Videokonferenzanlage zu
kommunizieren. In den Gesprächen sei es aber vorwie-
gend um logistische Fragen, insbesondere um die Bedürf-
nisse und Anliegen der Kommandosoldaten gegangen,
konkrete Informationen über die Vorbereitung und die
Durchführung von Einsätzen habe er nicht erhalten (Ste-
nografisches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 1 und 10). Da-
rüber hinaus habe er das Kontingent etwa „drei-, viermal“
während des Untersuchungszeitraumes aufgesucht und
sich mit den Kommandosoldaten ausgetauscht (Stenogra-
fisches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 14).

IV. Einfluss des Bundesministeriums
der Verteidigung auf Einsätze des
Kommandos Spezialkräfte

Neben einer Klärung der Einflussmöglichkeiten und Ent-
scheidungsbefugnisse von Dienststellen der Bundeswehr
auf der zweiten, der operativen Ebene des Einsatzes von
deutschen Spezialkräften in Afghanistan befasste sich der
Untersuchungsausschuss auch mit den Verantwortlichkei-
ten innerhalb des Bundesministeriums der Verteidigung
als der strategischen Führungsebene. Als oberste Bundes-
behörde mit der Zuständigkeit für Fragen der Landes- und
Bündnisverteidigung ist das Ministerium zugleich verant-
wortlich für die Führung der drei Teilstreitkräfte und der
übrigen militärischen Organisationsbereiche innerhalb
der Bundeswehr. Der Bundesminister der Verteidigung
als Ressortchef ist gemäß Artikel 65a GG Inhaber der Be-
fehls- und Kommandogewalt im Frieden und im Span-
nungsfall und somit den Streitkräften gegenüber wei-
sungsbefugt. Unterstützt wird er bei der Erfüllung seiner
Aufgaben von den Staatssekretären als seinen Stellvertre-
tern, dem Generalinspekteur der Bundeswehr als seinem
engsten militärpolitischen Berater sowie den zivilen Ab-
teilungen und militärischen Führungsstäben des Ministe-
riums.

Der Untersuchungsausschuss widmete sich im Zuge sei-
ner Ermittlungstätigkeit eingehend den interministeriellen
kommando erlangt (Stenografisches Protokoll Nr. 14, Teil
II, S. 8 und 9).

Befehls- und Meldewegen während des Einsatzes deut-
scher Spezialkräfte in Afghanistan sowie der Aufgabenver-

Drucksache 16/10650 – 116 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

teilung zwischen dem Ministerium als militärpolitischer
Leitungsinstanz und den nachgeordneten militärischen
Führungsbereichen, insbesondere dem Einsatzführungs-
kommando als dem zentralen Element zur Planung und
Durchführung von Auslandseinsätzen innerhalb der Bun-
deswehr. Die Untersuchung zeigte die Zuständigkeit des
Bundesministers der Verteidigung bei Entscheidungen
von politischer oder grundsätzlicher Bedeutung im Zu-
sammenhang mit der Beteilung des KSK an der Opera-
tion Enduring Freedom auf, während rein militärische
Führungsprozesse von dem Einsatzführungskommando
zu leisten waren. Schnittstelle zwischen beiden Ebenen
während des Untersuchungszeitraumes, auch dies erga-
ben die Ermittlungen des Untersuchungsausschusses, war
die Stabsabteilung V im Führungsstab der Streitkräfte
(Fü S V), deren regelmäßige Berichte die Grundlage für
das Lagebild der ministeriellen Leitungsebene bildeten.
Eine herausgehobene Stellung nahm zudem der General-
inspekteur der Bundeswehr als oberster deutscher Soldat
und militärpolitischer Berater der Bundesregierung ein.

1. Führungsstab der Streitkräfte
Als Arbeitsstab des Generalinspekteurs der Bundeswehr
gliederte sich der Führungsstab der Streitkräfte (Fü S)
während des Untersuchungszeitraumes in die fünf Stabs-
abteilungen Fü S I (Innere Führung; Personal; Ausbil-
dung; Organisation), Fü S II (Militärisches Nachrichten-
wesen), Fü S III (Militärpolitik und Rüstungskontrolle),
Fü S IV (Planung) sowie Fü S V (Einsatz Bundeswehr).
Nach den Ermittlungen des Untersuchungsausschusses
kam insbesondere der Stabsabteilung Fü S V eine beson-
dere Bedeutung im Verlauf von Auslandseinsätzen der
Bundeswehr zu, da sie als Verbindungsglied zwischen
dem Bundesminister der Verteidigung auf der strategi-
schen und dem Einsatzführungskommando als der verant-
wortlich handelnden Stelle auf der operativen Ebene
fungierte, ohne dabei selbst eine eigenständige Führungs-
verantwortung wahrzunehmen.

Zu der grundsätzlichen Aufteilung der Zuständigkeiten
innerhalb der Abteilung, die ihrerseits aus den vier Refe-
raten Fü S V 1 (Grundlagen Einsatz/Übungen), Fü S V 2
(Einsatzplanung), Fü S V 3 (Einsatzführung) und Fü S V 4
(Lageführung; Bereitschaftszentrum der Bundeswehr; In-
formationszentrale) bestand, führte der damalige Stabsab-
teilungsleiter Fü S V aus:

„Wir haben zum damaligen Zeitpunkt das Referat V 2 ge-
habt, was die Einsatzplanung gemacht hat, und V 3 für
die laufenden Operationen. Es ist immer so, dass das Pro-
jekt, wenn die Planung abgeschlossen ist, an das Einsatz-
führungsreferat übergeben wird, also an Fü S V 3. Nur
wenn es grundsätzlich neue Planungen gibt, dann steigt
Fü S V 2 mit der entsprechenden Planung wieder ein.
Wenn sie abgeschlossen ist, geht sie praktisch zur Exeku-
tion, zur Durchführung an das Referat Fü S V 3.“ (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 12)

Auch der damalige Referatsleiter Fü S V 3 bestätigte,
dass die Verantwortung für die Vorbereitung von Aus-

hörige seines Referates hinzugezogen worden, um einen
reibungslosen Übergang der Zuständigkeit auf sein Refe-
rat gewährleisten zu können, der in der Regel mit dem
Beginn der Verlegung eines Kontingents erfolgt sei (Ste-
nografisches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 35). Gleichzeitig
stellte er in seiner Aussage jedoch klar, dass für die opera-
tive Führung der Kontingente im Auslandseinsatz allein
das Einsatzführungskommando der Bundeswehr verant-
wortlich gewesen sei:

„(…) Wir wurden immer dann beteiligt, wenn sich in den
laufenden Einsätzen Klärungsbedarf und Handlungsbe-
darf ergaben, die auf ministerieller Ebene gelöst werden
mussten. Es war dann unsere Aufgabe, für die Koordina-
tion bzw. das Herbeiführen von Lösungen auf ministeriel-
ler Ebene zu sorgen, über die wir dann das Einsatzfüh-
rungskommando informiert haben bzw. gemäß denen wir
es angewiesen haben zu verfahren.“ (Stenografisches
Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 36).
Ein weiterer Schwerpunkt der eigenen Tätigkeit sei die
Erstellung regelmäßiger Berichte aufgrund von Mel-
dungen des Einsatzführungskommandos für die Lei-
tungsebene des Ministeriums gewesen, sodass das Refe-
rat Fü S V 3 überwiegend koordinierend tätig gewesen sei
(Stenografisches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 34), ohne
selbst operative Weisungen an deutsche Soldaten im Aus-
landseinsatz erteilt zu haben.

Über die Art der vom Einsatzführungskommando an das
Bundesministerium der Verteidigung weitergegebenen
Meldungen, die hier die Grundlage für das Lagebild der
strategischen Führungsebene bildeten, wusste der dama-
lige Leiter der Abteilung „Spezialoperationen“ des Ein-
satzführungskommandos Folgendes zu berichten:

„Für uns war der Führungsstab der Streitkräfte, Fü S V
– Einsatz –, zuständig. Wir haben dem Bundesministe-
rium der Verteidigung natürlich unsere Weisungen an das
Kontingent nachrichtlich vorgelegt und das BMVg auch
über die für die strategische Ebene relevanten Dinge aus
den Meldungen des Kontingents informiert. (…)“ (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 10).
Die Nichtweiterleitung allein taktisch oder operativ be-
deutsamer Informationen an das Ministerium habe dabei
deutscher Führungsphilosophie entsprochen, wonach sich
jede Befehlsebene mit ihren jeweiligen Verantwortungs-
und Aufgabenbereichen zu beschäftigen habe. Ein „Fil-
tern“ habe dieses Vorgehen aber nicht dargestellt (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 20).

2. Generalinspekteur der Bundeswehr
Stellung und Amtsbefugnisse des Generalinspekteurs der
Bundeswehr während des Untersuchungszeitraumes re-
gelte der sogenannte Blankeneser Erlass des damaligen
Bundesministers der Verteidigung, Helmut Schmidt, aus
dem Jahre 1970. Danach war der Generalinspekteur die
unmittelbar dem Minister nachgeordnete ministerielle
Instanz für die Entwicklung und Realisierung der Ge-
samtkonzeption der militärischen Verteidigung, der Ge-
landseinsätzen bei dem Referat Fü S V 2 gelegen habe. In
der jeweiligen Endphase der Planungen seien dann Ange-

samtverantwortliche für die Bundeswehrplanung im Bun-
desministerium der Verteidigung sowie der militärische

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 117 – Drucksache 16/10650

Berater des Ministers und der Bundesregierung. Das Amt
des Generalinspekteurs wurde in der ersten Hälfte des
Untersuchungszeitraums von General Harald Kujat be-
kleidet. Ihm folgte ab dem 1. Juli 2002 General Wolfgang
Schneiderhan.

Nach der Ernennung wies der damalige Bundesminister
der Verteidigung, Dr. Peter Struck, dem Generalinspek-
teur im Vorgriff auf seinen damals bereits in der Ausar-
beitung befindlichen und im Januar 2005 verkündeten
„Berliner Erlass“ zur Neuordnung der militärischen Spit-
zengliederung in Deutschland zu seinen bisherigen Auf-
gaben auch die Verantwortung für die Planung, Vorberei-
tung, Führung und Nachbereitung von Einsätzen der
Bundeswehr zu. Diese Übertragung einer herausgehobe-
nen Position innerhalb der bundeswehrinternen Befehls-
kette und die damit einhergehende Unterstellung des Ein-
satzführungskommandos der Bundeswehr stellte eine
beträchtliche Erweiterung der Zuständigkeiten des Gene-
ralinspekteurs auf der strategischen Entscheidungsebene
während des Untersuchungszeitraumes dar. In seiner Zeu-
genaussage vor dem Untersuchungsausschuss bestätigte
der damalige Befehlshaber des Einsatzführungskomman-
dos, erst dem neuen Generalinspekteur in allen Einsatz-
angelegenheiten unterstellt worden zu sein (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 4).

General a. D. Harald Kujat führte im Verlauf seiner Zeu-
genaussage vor dem Untersuchungsausschuss aus, als mi-
litärpolitischer Berater der Bundesregierung über keiner-
lei Befehlsbefugnisse gegenüber den in Afghanistan
eingesetzten deutschen Soldaten verfügt zu haben, da das
Amt des Generalinspekteurs zu seiner Amtszeit noch
nicht in die Befehlskette zur Führung von Auslandsein-
sätzen eingegliedert gewesen sei (Stenografisches Proto-
koll Nr. 18, Teil II, S. 19). Auf die Frage, welche Kriterien
erfüllt sein mussten, damit Meldungen im Zusammen-
hang mit dem Einsatz deutscher Soldaten in Afghanistan
dennoch an den Generalinspekteur herangetragen wur-
den, gab der ehemalige Stabsabteilungsleiter Fü S V im
BMVg dem Untersuchungsausschuss folgende Auskunft,
auch wenn insoweit unklar blieb, auf welchen Amtsinha-
ber er sich dabei bezog:

„Immer dann, wenn von dem gebilligten Operationsplan
abgewichen wird, das heißt also, zeitliche, räumliche oder
auch Schwerpunktänderungen eintreten. (…) Wenn man
dann von einem Raum außerhalb Kabuls beschossen
wird, wenn man dort Aufklärungsmittel einsetzen will,
muss man sich das letztlich vom Generalinspekteur billi-
gen lassen. Wenn er der Überzeugung ist, dass es eine
Leitungsentscheidung erfordert, dann entscheidet er das.
(…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 12)

Zudem betonte er die Zuständigkeit des Generalinspek-
teurs in Fragen von militärpolitischer Relevanz, etwa
dann, wenn zum Beispiel ein Auftrag eines US-Komman-
deurs an die deutschen Spezialkräfte innerhalb des Minis-
teriums als nicht hinnehmbar bewertet worden sei. In ei-
nem solchen Fall habe der Generalinspekteur dann eine
Klärung der Angelegenheit mit seinem jeweiligen Coun-

General a. D. Harald Kujat selbst berichtete als Antwort
auf die Frage, bei welchen Gelegenheiten er konkret in
die Vorbereitung oder Durchführung von Einsätzen des
KSK in Afghanistan involviert gewesen sei, von einem
Gespräch mit dem damaligen Befehlshaber des US „Cen-
tral Command“ im Vorfeld einer möglichen deutschen
Beteiligung an der Operation Enduring Freedom vom
2. Dezember 2001:

„(…) Dabei ging es um zwei Dinge: einmal um das, was
wir leisten könnten, und natürlich auch (…) darum, dass
wir nicht Anträge erhielten, die wir aus politischen oder
militärischen Gründen nicht erfüllen wollten oder nicht
erfüllen konnten. Der Einsatz der Spezialkräfte, der KSK,
war Teil dieses Gesprächs, der dann auf dem normalen
Weg über eine Anfrage der amerikanischen Regierung
abgearbeitet wurde.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 18,
Teil II, S. 7).

Bereits verbindliche Entscheidungen seien im Zuge die-
ses Austausches aber gerade nicht getroffen worden. Viel-
mehr sei es sein Anliegen gewesen, sich über die Absich-
ten der Vereinigten Staaten im Kampf gegen den
Terrorismus zu informieren, um so seiner Rolle als mili-
tärpolitischer Berater der Bundesregierung gerecht wer-
den zu können (Stenografisches Protokoll Nr. 18, Teil II,
S. 12).

3. Bundesminister der Verteidigung

Von einem besonderen Interesse für die Aufklärungs-
arbeit des Untersuchungsausschusses waren sowohl die
formalen wie auch die tatsächlich wahrgenommenen Ent-
scheidungsbefugnisse des Bundesministers der Verteidi-
gung im Vorfeld und während des Einsatzes deutscher
Spezialkräfte in Afghanistan. Von diesen Einflussmög-
lichkeiten zu unterscheiden sind die bloßen Kenntnisse
der damaligen Entscheidungsträger über Einzelaspekte
von Operationen, die in dem nachfolgenden Abschnitt E.
dargestellt werden.

Bundesminister a. D. Rudolf Scharping führte das Bun-
desministerium der Verteidigung seit 1998; in seine
Amtszeit fielen die grundsätzliche Entscheidung über
eine Beteiligung Deutschlands an der Operation Enduring
Freedom, die dazu notwendigen Vorbereitungen sowie
die Einsätze der ersten beiden Spezialkräfte-Kontingente
in Afghanistan; ihm folgte im Amt ab Juli 2002 Dr. Peter
Struck.

Der damalige Stabsabteilungsleiter Fü S V im BMVg
sagte vor dem Untersuchungsausschuss aus, dass die
Frage nach der Bereitstellung der verschiedenen Teilkon-
tingente für die multinationale Operation Enduring
Freedom, darunter auch die Bereitstellung der Einsatz-
kontingente des Kommandos Spezialkräfte, in ihren
Grundzügen durch den Generalinspekteur auf dem
Dienstweg bis zum Bundesminister der Verteidigung ge-
langt und von diesem gebilligt worden sei (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 11). Somit sei – dem
terpart anstreben müssen (Stenografisches Protokoll
Nr. 10, Teil II, S. 11).

ehemaligen Stabsabteilungsleiter Fü S V im BMVg zu-
folge – die Grundsatzentscheidung, Spezialkräfte einzu-

bunden gewesen zu sein. Seine Aufgabe sei die Vorgabe
von politischen Leitlinien gewesen, während die rein mi-
litärischen Führungsprozesse der operativen Ebene oble-
gen hätten:

„(…) Wenn es aber darum geht, zu sagen, dass sich eine
bestimmte Gruppe von Menschen mit einem bestimmten
militärischen Auftrag in einer bestimmten Umgebung be-

nicht entnehmen. Anders verhält es sich bei der Frage der
Verlegung der deutschen Spezialkräfte von Kandahar
nach Bagram. Auf dem entsprechenden Schriftstück fan-
den sich das Wort „Einverstanden“ und die Unterschrift
des damaligen Bundesministers der Verteidigung
Dr. Peter Struck (Wochenmeldung vom 17. Juli 2002,
MAT 16 – 14, Anlage 23, entspricht BMVg-Ordner 22).
Drucksache 16/10650 – 118 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

setzen, eine Ministerentscheidung gewesen (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 13).

Auch der ehemalige Generalinspekteur, General a. D. Ha-
rald Kujat, bestätigte in seiner Zeugenaussage vor dem
Untersuchungsausschuss die Entscheidungsbefugnis des
Ministers in dieser Frage (Stenografisches Protokoll
Nr. 18, Teil II, S. 12). Bundesminister a. D. Rudolf
Scharping selbst äußerte sich dazu nicht konkret. Er be-
schrieb allgemein seine Einbindung in die grundsätzliche
Entscheidung über den Einsatz des KSK im Rahmen der
Operation Enduring Freedom wie folgt:

„(…) Die Aufgaben, über die im Ministerium gesprochen
worden sind, bezogen sich zunächst auf, (…), allgemeine
Unterstützungsaufgaben für Spezialkräfte insgesamt. Es
waren sehr viele Nationen an diesen Spezialkräften betei-
ligt. Es gab eine gewisse Diskussion darüber: Erstens. An
welchen Einsätzen werden sie konkret beteiligt? Zwei-
tens. Was können wir davon unter den Bedingungen der
Geheimhaltung dem Parlament sagen? Drittens. Ist das
ein auf Dauer durchhaltbarer und verantwortbarer Ein-
satz? (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 15, Teil II, S. 7)

Er führte zudem aus, in Einzelentscheidungen über die
dann durchzuführenden Einsätze des KSK nicht einge-

wegen soll, ist das militärische Führungsverantwortung.
Das kann nicht Aufgabe eines Ministers sein. (…)“ (Ste-
nografisches Protokoll Nr. 15, Teil II, S. 15)

Demgegenüber erklärte General a. D. Harald Kujat, dass
der Bundesminister der Verteidigung aufgrund der sich
ständig verändernden Situation selbst die notwendigen
Entscheidungen im Rahmen der regelmäßigen Leitungs-
besprechungen getroffen habe, die dann von dem jeweils
zuständigen Vorgesetzten umgesetzt worden seien (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 18, Teil II, S. 19). Auch nach der
Erinnerung des damaligen Befehlshabers des Einsatzfüh-
rungskommandos seien Einzelfragen von herausgehobe-
ner Bedeutung, wie die Verlegung des 1. Kontingents von
Masirah nach Kandahar oder die Verlegung speziell aus-
gerüsteter Fahrzeuge nach Afghanistan, durch das Bun-
desministerium der Verteidigung entschieden worden
(Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil II, S. 4).

In dem von dem Untersuchungsausschuss ausgewerteten
Aktenmaterial des Bundesministeriums der Verteidigung
fanden sich zwar mitunter Ministervorlagen zum Einsatz
des KSK in Afghanistan, inwieweit diese dem Minister
aber tatsächlich zur Kenntnis gelangt sind oder zu Minis-
terentscheidungen geführt haben, ließ sich den Vorlagen

den Befehlshaber bei der Wahrnehmung seiner nationalen
Führungsverantwortung zu unterstützen hatte.

Um den notwendigen Informationsstand der maßgeben-
den Offiziere innerhalb des Einsatzführungskommandos
sicherzustellen und zu einer Vervollständigung des Lage-
bildes beizutragen, waren die Kontingente verpflichtet,

„Ja. Vom Grundsatz her galt die Regel ‚Need to know‘,
und aus dem Bereich des Einsatzführungskommandos
– (…) – hatten von den Dingen eigentlich nur ich, mein
Stellvertreter und der Chef des Stabes sowie die Abtei-
lung Spezialkräfte – eine eigentlich in sich autarke Abtei-
lung – Kenntnis. (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 8,
Teil II, S. 9)
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 119 – Drucksache 16/10650

E. Welche Personen in der Bundeswehr und im Bundesministerium der
Verteidigung hatten je welche Kenntnis über die KSK-Einsätze in
Kandahar von ca. November 2001 bis ca. November 2002?

Mit diesem Punkt des Untersuchungsauftrages soll die
Frage nach den individuellen Kenntnissen einzelner Per-
sonen innerhalb der Bundeswehr und des Bundesministe-
riums der Verteidigung über die Einsätze der deutschen
Spezialkräfte Einsatzkontingente in Afghanistan geklärt
werden. Im Laufe der Beweiserhebung zeigte sich, dass
dieser Personenkreis aufgrund der strengen Geheimhal-
tung bezüglich deutscher Kommando-Einsätze im We-
sentlichen deckungsgleich mit den verantwortlich Han-
delnden der in Abschnitt D. dargestellten maßgeblichen
Stellen gewesen ist.

I. Kenntnisse von Personen
in der Bundeswehr

Neben den Soldaten der deutschen Spezialkräfte-Kontin-
gente selbst waren es insbesondere Mitarbeiter des Einsatz-
führungskommandos der Bundeswehr (EinsFüKdoBw),
die aufgrund ihrer engen Einbindung in die Wahrneh-
mung der nationalen Verantwortung bei der Führung des
KSK in Afghanistan über umfassende Kenntnisse dieser
Einsätze verfügten, während sowohl der Kommandeur
des KSK in Calw wie auch der Kommandeur der überge-
ordneten Division Spezielle Operationen ihren Aussagen
vor dem Untersuchungsausschuss zufolge allenfalls über
logistische Aspekte informiert gewesen seien.

1. Einsatzführungskommando
der Bundeswehr

Wie unter Abschnitt D. dargestellt, kam dem Einsatzfüh-
rungskommando die zentrale Funktion bei der Führung
der deutschen Spezialkräfte-Kontingente während des
Afghanistan-Einsatzes zu. Nach den übereinstimmenden
Zeugenaussagen vor dem Untersuchungsausschuss waren
innerhalb des Einsatzführungskommandos der Befehlsha-
ber, dessen Stellvertreter sowie der Chef des Stabes stets
umfassend über die Operationen der deutschen Spezial-
kräfte-Kontingente unterrichtet, um zu jeder Zeit eine ein-
heitliche Führung sicherstellen zu können. Die eigentliche
Bearbeitung der mit den Einsätzen im Zusammenhang ste-
henden Führungsfragen erfolgte durch die Abteilung „Spe-
zialoperationen“ des Einsatzführungskommandos, die

kompaktes und aktuelles Bild über die Absichten und
Bewertungen des Kontingents sowie Kerninformationen
über die Personalstärke, Feind- und Versorgungslage ver-
mitteln, wohingegen die Wochenmeldungen ausführlicher
waren und Informationen aus allen Führungsgrundgebie-
ten und zur Operationsführung sowie zu Aspekten der lo-
gistischen Unterstützung, der Führungsunterstützung, der
Menschenführung und zum inneren Gefüge der Truppe
enthielten (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 10).

Der ehemalige Befehlshaber des Einsatzführungskom-
mandos der Bundeswehr sagte vor dem Untersuchungs-
ausschuss aus, nach dem Eintreffen der Tagesmeldungen
regelmäßig zunächst eine Lagebesprechung durchgeführt
zu haben, um die neuesten Informationen aus dem Ein-
satzgebiet auszuwerten, woran sich in der Regel eine Vi-
deokonferenz mit dem deutschen Kontingentführer vor
Ort angeschlossen habe. Diese sei entweder durch ihn,
seinem Stellvertreter oder den Chef des Stabes geleitet
worden (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil II, S. 8).
Auch der Kontingentführer ließ sich vor dem Untersu-
chungsausschuss dahingehend ein, nahezu täglich mit ei-
nem der drei Generale des Einsatzführungskommandos
über eine Videokonferenzanlage kommuniziert zu haben:

„(…) Das waren die einzigen drei nach meinem Kennt-
nisstand außerhalb dieser Abteilung ‚Spezielle Operatio-
nen‘, die in die Operation eingebunden waren. (…)“ (Ste-
nografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 13).

Die ständige Einbindung auch des stellvertretenden Be-
fehlshabers und des Chef des Stabes des Einsatzführungs-
kommandos in die Operationen des KSK sei allein schon
deshalb erfolgt, weil diesen Einsätzen eine besondere Be-
deutung beigemessen worden sei und für den Fall der Ab-
wesenheit des Befehlshabers eine kontinuierliche Füh-
rung in diesem Bereich sichergestellt werden sollte
(Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 20). Neben
den bislang Genannten seien innerhalb des Einsatzfüh-
rungskommandos nur die Angehörigen der Abteilung
„Spezialoperationen“ umfassend über die Einsätze des
deutschen Spezialkräfte-Kontingents in Afghanistan in-
formiert gewesen.
regelmäßig Meldung zu erstatten. Diese Verpflichtung
umfasste Tagesmeldungen, Wochenmeldungen sowie So-
fortmeldungen bei Besonderen Vorkommnissen (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 13). Die Tages-
meldungen sollten der übergeordneten Führung ein

Der Kontingentführer gab in seiner Zeugenvernehmung
an, tägliche Telefonate mit dem Leiter der Abteilung
„Spezialoperationen“ geführt zu haben (Stenografisches
Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 13). Dieser bestätigte, von al-

Drucksache 16/10650 – 120 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

len Informationen und Anfragen des Kontingentführers
Kenntnis erlangt zu haben (Stenografisches Protokoll
Nr. 5, Teil III, S. 2).

Um sich über die Meldungen hinaus ein Bild von den
Einsätzen der deutschen Spezialkräfte in Afghanistan ma-
chen zu können, habe der damalige Befehlshaber des Ein-
satzführungskommandos das deutsche Kontingent in
Kandahar in dem Zeitraum von Dezember 2001 bis März
2002 nach eigenem Bekunden zudem „zwei- oder drei-
mal“ aufgesucht (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III,
S. 9).

2. Division Spezielle Operationen
Wie unter Abschnitt D. dargestellt, habe der damalige
Kommandeur der Division Spezielle Operationen nach
eigenen Aussagen über keine detaillierten Kenntnisse be-
züglich der Einsätze des Kommandos Spezialkräfte in
Afghanistan verfügt.

3. Kommando Spezialkräfte
Auch der damalige Kommandeur des Kommandos Spe-
zialkräfte (KSK) sei nach eigenem Bekunden zwar über
logistische Aspekte, nicht jedoch über Art und Ablauf der
von deutschen Spezialkräften in Afghanistan durchge-
führten Einsätze informiert gewesen (siehe dazu Ab-
schnitt D.).

II. Kenntnisse von Personen im Bundes-
ministerium der Verteidigung

Nach dem Grundsatz „Need to know“ hatten auch im
Bundesministerium der Verteidigung von den Operatio-
nen der deutschen Spezialkräfte in Afghanistan nur sol-
che Personen Kenntnis, die damit dienstlich unmittelbar
befasst waren, sodass auch hier der Kreis der Eingeweih-
ten mit den in Teil D. genannten Personen deckungs-
gleich ist. Bundesminister a. D. Dr. Peter Struck fasste
diese Gruppe wie folgt zusammen:

„Ich natürlich, soweit es meine Amtszeit betrifft, natür-
lich auch der Führungsstab der Streitkräfte, der General-
inspekteur, die Staatssekretäre sicher auch. (…)“ (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 13, Teil II, S. 46)

Schnittstelle zu dem mit operativen Führungsverantwort-
lichkeiten befassten Einsatzführungskommando der Bun-
deswehr war die Stabsabteilung Fü S V des Führungssta-
bes der Streitkräfte, in der das Meldeaufkommen der
untergeordneten Führung ausgewertet, aufbereitet und
– soweit relevant – der Leitungsebene des Ministeriums
zur Kenntnis gegeben wurde. Über die grundsätzliche
Verfahrensweise bei eingehenden Meldungen deutscher
Auslandskontingente führte der damalige Stabsabtei-
lungsleiter Fü S V aus:

„Es ist im Grunde genommen so, dass der Referent im
Rahmen der Auftragstaktik bei uns schon der erste Filter
ist, der dann entscheidet: Ist etwas relevant für meinen
Referatsleiter – ja oder nein? – Der Nächste ist dann der

Führungsebene entsprechend in Form gebracht, zusam-
mengefasst und entweder über Vorlagen zur Kenntnis
gebracht oder aber auch im Rahmen der wöchentlichen
Leitungslage, die parallel dazu gelaufen ist, (…)“ (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 12)

1. Führungsstab der Streitkräfte

Wie bereits ausgeführt, nahm die Stabsabteilung Fü S V
eine Schlüsselposition bei der Führung und Koordinierung
deutscher Auslandseinsätze ein; das Referat Fü S V 2 wäh-
rend der Planungs- und Vorbereitungsphase und das Refe-
rat Fü S V 3 während der eigentlichen Einsatzdurchfüh-
rung. Hauptaufgabe des letztgenannten Referates war die
Auswertung des eingehenden Meldeaufkommens und die
Erstellung eigener Berichte für die Leitungsebene des Mi-
nisteriums. Die Ermittlungen des Untersuchungsaus-
schusses zeigten, dass innerhalb des Führungsstabes der
Streitkräfte der Chef des Stabes, der Stabsabteilungsleiter
Fü S V sowie der Leiter und die Mitarbeiter des Referates
Fü S V 3 über umfassende Kenntnisse bezüglich der Ein-
sätze des KSK in Afghanistan während des Untersu-
chungszeitraumes verfügten.

Der damalige Stabsabteilungsleiter Fü S V im BMVg be-
schrieb in seiner Zeugenaussage vor dem Untersuchungs-
ausschuss zunächst den Meldeweg von Informationen aus
den Auslandskontingenten in das Bundesministerium der
Verteidigung:

„Die Kontingentführer, die damals in die Operation OEF
eingebunden waren, haben an das Einsatzführungskom-
mando gemeldet. Das Einsatzführungskommando hat
diese Meldungen dann in einer Tagesmeldung, Morgen-
lage, zusammengefasst. Diese Lage ist dann in den Fü S V
weitergegeben worden. Mir ist diese Meldung morgens,
im Regelfall gegen 7.00 Uhr, vorgelegt worden, ist dann
grob ausgewertet worden und dann im Regelfall mit dem
Chef des Stabes erläutert worden. (…)“ (Stenografisches
Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 17)

Der damalige Abteilungsleiter „Spezialoperationen“ be-
richtete, dass das Einsatzführungskommando auch wäh-
rend laufender Operationen der deutschen Spezialkräfte
teilweise ständigen Kontakt zum Ministerium gehalten
habe, um dort einen hohen Informationsstand über den
Verlauf dieser „durchaus sehr risikoträchtigen“ Einsätze
sicherzustellen (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II,
S. 10):

„(…) All die Dinge, die mit Operationen zusammenhin-
gen, haben wir immer sehr verzugslos weitergemeldet.
(…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 11)

Dabei habe man mitunter eine Meldung noch am gleichen
Tag weitergeleitet oder sogar mehrere Meldungen an ei-
nem Tag abgesetzt. Bei Besonderen Vorkommnissen
seien Sofortmeldungen auch nachts vorgelegt worden
(Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 19). Zu dem
Adressatenkreis der genannten Meldungen aus dem Ein-
satzführungskommando an das Bundesministerium der
Referatsleiter, der es dem Stabsabteilungsleiter vorlegt.
Dort wird es dann dem Informationsbedarf der jeweiligen

Verteidigung sagte der ehemalige Abteilungsleiter „Spe-
zialoperationen“ aus:

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 121 – Drucksache 16/10650

„(…) Es waren ein Referent und der Referatsleiter von
Fü S V 3, die beiden, die ich auch namentlich kenne. Mit
denen haben wir öfter gesprochen, und an die haben wir
auch unsere Meldungen geschickt. Die waren die Emp-
fänger dieser Meldungen.“ (Stenografisches Protokoll
Nr. 5, Teil II, S. 12)
Der damalige Stabsabteilungsleiter Fü S V im BMVg be-
stätigte, dass die eingehenden Meldungen zunächst von
einem Referenten des Fü S V 3 aufgenommen worden
seien (Stenografisches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 8). Auf
die Frage von Mitgliedern des Untersuchungsausschus-
ses, ob die Meldungen des Einsatzführungskommandos
über die deutschen Spezialkräfte durch das Referat
Fü S V 3 gefiltert oder kommentiert worden seien, gab er
an:
„Die werden im Regelfall kommentiert. Mir werden auch
nicht alle Meldungen vorgelegt, weil es sich bei einem
großen Teil um Routinemeldungen handelt. Wenn bei-
spielsweise die Einsatzvorbereitung läuft – das ist teil-
weise über Tage und Wochen gelaufen, bis mal wieder ein
konkreter Einsatz gelaufen ist –, dann bin ich im Grunde
genommen nur im Rahmen dieser Wochenmeldungen
oder Routinemeldungen darüber unterrichtet worden.“
(Stenografisches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 12)
Der damalige Referatsleiter Fü S V 3 beschrieb in seiner
Zeugenaussage vor dem Untersuchungsausschuss, wie
mit Meldungen des Einsatzführungskommandos über den
Einsatz des KSK in Afghanistan innerhalb des Bundes-
ministeriums der Verteidigung weiter verfahren wurde:
„Wir haben, wie gesagt, die täglichen Berichte“ [des Ein-
satzführungskommandos] „ausgewertet und haben Be-
sonderheiten, wenn sie zum Beispiel mit der Versorgung
des Kontingentes oder mit dem Stand von Vorbereitungen
von Einsätzen zu tun hatten, in diesem Bericht zusam-
mengefasst. Dieser Bericht ist durch mich bzw. einen Re-
ferenten in meinem Referat erstellt worden. Der Bericht
ist dann an den Stabsabteilungsleiter, Herrn (…), weiter-
geleitet worden und noch einmal endgültig abgestimmt
worden, bevor er dann auf dem Dienstweg zum Bundes-
minister gegangen ist.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 10,
Teil II, S. 34)
Zur Vervollständigung des Lagebildes innerhalb des Mi-
nisteriums über die Geschehnisse im afghanischen Ein-
satzraum habe der Führungsstab der Streitkräfte, nach der
Aussage des damaligen Stabsabteilungsleiters Fü S V im
BMVg, auch auf die Erkenntnisse des deutschen Verbin-
dungskommandos beim US „Central Command“ in
Tampa, Florida, zurückgegriffen:
„(…) Parallel dazu haben wir uns über unser Verbin-
dungskommando in Tampa die Gesamtzusammenhänge
– mittelfristige, langfristige Planungszusammenhänge –
melden lassen (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 10,
Teil II, S. 8)

2. Leitungsebene des Ministeriums und
Generalinspekteur der Bundeswehr

Wie zuvor dargestellt, wurden die Meldungen des Ein-

tungsebene des Ministeriums in aufbereiteter Form zur
Kenntnis gereicht. Die Beweisaufnahme des Untersu-
chungsausschusses ergab, dass selbst in diesem engsten
Führungszirkel nur derjenige Einblick in die Operationen
des KSK in Afghanistan erhielt, der damit dienstlich un-
mittelbar befasst war.

Staatssekretär a. D. Klaus-Günther Biederbick sagte zu
den innerministeriellen Geheimhaltungsbemühungen vor
dem Untersuchungsausschuss aus:

„(…) Um den Auftrag nicht zu gefährden, musste dies in
einer großen Geheimhaltung ablaufen. Von daher ist KSK
nicht in der normalen Lage vorgetragen worden wie alles
andere, sondern KSK-Einsätze sind vorgetragen worden
entweder mündlich durch den Generalinspekteur – das
war eigentlich die Regel, kann man sagen, dass der Gene-
ralinspekteur im kleinen Kreis dem Minister bzw. mir,
wenn wir zusammengesessen haben, vorgetragen hat –
oder man hat sich im Führungszentrum in einem separa-
ten Raum über KSK unterhalten und dort wurde zur Lage
vorgetragen, auch über die KSK-Einsätze. (…)“ (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 13, Teil II, S. 20)

Auch der damalige Stabsabteilungsleiter Fü S V im
BMVg gab im Zuge seiner Zeugenvernehmung an, dass
über die Spezialoperationen in der Routineministerlage
nicht berichtet worden sei. Dies sei gesondert in einem
sehr kleinen, dazu ermächtigten Kreis geschehen (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 13), was von dem
damaligen Leiter des Ministerbüros von Bundesminister
Rudolf Scharping bestätigt wurde (Stenografisches Proto-
koll Nr. 14, Teil II, S. 31). Allerdings sei nach der Aussage
von Staatssekretär a. D. Klaus-Günther Biederbick dieser
„allerexklusivste“ Kreis im Verlauf des Einsatzes des
2. Spezialkräfte-Kontingents erweitert worden (Stenogra-
fisches Protokoll Nr. 13, Teil II, S. 20). Der von dem Un-
tersuchungsausschuss vernommene damalige Leiter des
Ministerbüros fasste die Geheimhaltungsbemühungen un-
ter der Ägide von Bundesminister Rudolf Scharping wie
folgt zusammen:

„(…) Der Minister legte allergrößten Wert darauf, insbe-
sondere in der Frage des Einsatzes von Kommando-Spe-
zialkräften, um die es ja nach dem 11. September ging,
dieses in einem außerordentlich kleinen Kreise zu bespre-
chen – außerordentlich klein –, sodass ich Ihnen noch
nicht einmal sagen kann, aus wem der Kreis konkret be-
standen hat, außer dass ich weiß, dass Menschen da ins
Ministerbüro hineingegangen sind und wieder heraus.
(…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 14, Teil II, S. 29)

a) Generalinspekteur der Bundeswehr

Die Zeugenaussagen vor dem Untersuchungsausschuss
ergaben übereinstimmend, dass auch General a. D. Ha-
rald Kujat umfassend über die Einsätze des KSK in Af-
ghanistan informiert war, obwohl der Generalinspekteur
der Bundeswehr während seiner Amtsführung noch nicht
in die Befehlskette bei der Führung von Auslands-
einsätzen eingegliedert war. Die möglichen Kenntnisse
satzführungskommandos durch die Stabsabteilung Fü S V
ausgewertet und bei entsprechender Relevanz der Lei-

von General Wolfgang Schneiderhan, seit Juli 2002 Ge-
neral Kujats Nachfolger im Amt des Generalinspekteurs,

Drucksache 16/10650 – 122 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

wurden nicht zum Gegenstand der Ermittlungen des Un-
tersuchungsausschusses gemacht, auch wenn Zeugenaus-
sagen über die Kenntnisse des Generalinspekteurs nicht
immer erkennen ließen, auf welchen Amtsinhaber sie sich
bezogen.

Der damalige Generalinspekteur, General a. D. Harald
Kujat, erläuterte, dass der Leitungsebene zu den KSK-
Operationen durch den Befehlshaber des Einsatzfüh-
rungskommandos im Wesentlichen im Rahmen der regel-
mäßigen Leitungsrunden vorgetragen worden sei (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 18, Teil II, S. 10). Seiner
Zeugenaussage zufolge habe er aber:

„(…) auch nicht an allen Leitungsgesprächen teilgenom-
men, sodass ich es durchaus für möglich halte – wahr-
scheinlich ist es sogar so gewesen –, dass der Minister
auch das eine oder andere Mal mit dem Befehlshaber Ein-
satzführungskommando unter vier Augen gesprochen
hat.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 18, Teil II, S. 9/10)
Weitergehende Einlassungen über seine Kenntnisse be-
züglich der einzelnen Operationen des KSK in Afghanis-
tan machte er nicht. Der damalige Stabsabteilungsleiter
Fü S V im BMVg gab im Zuge seiner Zeugenverneh-
mung an, dass der Generalinspekteur über alle Einsätze
des 1. Kontingents informiert gewesen sei (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 13). Staatssekretär a. D.
Klaus-Günther Biederbick sagte aus, dass dem Bundes-
minister der Verteidigung und ihm bezüglich des Einsat-
zes deutscher Spezialkräfte in Afghanistan in der Regel
durch den Generalinspekteur vorgetragen worden sei
(Stenografisches Protokoll Nr. 13, Teil II, S. 20). Der Par-
lamentarische Staatssekretär a. D. Walter Kolbow führte
vor dem Untersuchungsausschuss aus:

„(…) Es ist auch, was das KSK angeht, nach meinem re-
sümierenden Erinnerungsvermögen so gewesen, dass da
viel zwischen dem amtierenden Verteidigungsminister
und dem Generalinspekteur als militärisch Verantwortli-
chem oder auch bilateral zwischen Inspekteur und beam-
tetem Staatssekretär oder Verteidigungsminister gelaufen
ist. (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 14, Teil III, S. 39)
Zu der Frage, ob er dem KSK-Kontingent in Afghanistan
einen Truppenbesuch abgestattet habe, ließ sich General
a. D. Harald Kujat dahingehend ein, im Zuge seiner
Afghanistan-Besuche zwar Kabul und die Nordregion,
nicht jedoch das Feldlager der deutschen Spezialkräfte in
Kandahar aufgesucht zu haben (Stenografisches Protokoll
Nr. 18, Teil II, S. 7).

b) Staatssekretäre
Die vier Staatssekretäre des Bundesministeriums der Ver-
teidigung bilden zusammen mit dem Bundesminister die
Leitungsebene des Hauses. Während zwei Parlamentari-
sche Staatsekretäre den Minister bei der Erfüllung seiner
Aufgaben als Regierungsmitglied unterstützen, indem sie
Verbindung zum Bundestag, Bundesrat und den Fraktio-
nen halten und ihn dort vertreten, obliegt den beiden beam-
teten Staatssekretären die Unterstützung des Ministers bei
der fachlichen Leitung des Ministeriums und bei der Aus-

und Walter Kolbow fungierten während des Untersu-
chungszeitraumes als Parlamentarische Staatssekretäre,
Klaus-Günther Biederbick und Dr. Walther Stützle als be-
amtete Staatsekretäre im Verteidigungsministerium.

Über die Einbindung der Staatsekretäre in die Operatio-
nen von Soldaten des KSK in Afghanistan sagte Bundes-
minister a. D. Dr. Peter Struck Folgendes aus:

„Zunächst lief das natürlich alles über die beamteten
Staatssekretäre, entweder Staatssekretär Biederbick oder
– im Vertretungsfall – Staatssekretär Stützle. (…) Die
Parlamentarischen Staatssekretäre sind vielleicht bei Ge-
legenheit informiert worden. Es war auch nicht Gegen-
stand der Kollegiumssitzung im BMVg, die ich regelmä-
ßig geführt habe und an der auch die Parlamentarischen
Staatssekretäre teilgenommen haben.“ (Stenografisches
Protokoll Nr. 13, Teil II, S. 46)
Staatssekretär a. D. Klaus-Günther Biederbick gab in sei-
ner Zeugenvernehmung an, unter Bundesminister a. D.
Rudolf Scharping für die Durchführung von Auslandsein-
sätzen zuständig und somit als Einsatzstaatssekretär in die
„Chain of Command“ eingegliedert gewesen zu sein:

„(…) Mir ist die Vorlage vom Haus auch über den Einsatz
der KSK vorgelegt worden, wie das eigentlich bei allen
Einsätzen die Regel ist.“ (Stenografisches Protokoll
Nr. 13, Teil II, S. 14 f.)
Bei den meisten Unterrichtungen über den Einsatz deut-
scher Spezialkräfte in Afghanistan sei er zugegen gewe-
sen und mitunter persönlich durch den Generalinspekteur
oder direkt im Einsatzführungskommando informiert
worden (Stenografisches Protokoll Nr. 13, Teil II, S. 17).
Gleichwohl seien ihm Befehle oder Weisungen des Ein-
satzführungskommandos an das Spezialkräfte-Kontingent
nicht zur Kenntnis gelangt (Stenografisches Protokoll
Nr. 13, Teil II, S. 27).
Staatssekretär a. D. Dr. Walther Stützle sagte aus, über die
Einsätze des KSK im Untersuchungszeitraum nicht „in
concreto“ informiert gewesen zu sein, da dies nicht zu
seinem damaligen Aufgabengebiet gehört habe (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 13, Teil II, S. 37):
„Der Kollege Biederbick, …, war für die Einsatzdurch-
führung zuständig, und ich war zuständig für die Einsatz-
vorbereitung bis hin zur Verabschiedung eines Mandats
durch den Deutschen Bundestag. (…)“ (Stenografisches
Protokoll Nr. 13, Teil II, S. 34).
Der Parlamentarische Staatssekretär a. D. Walter Kolbow
erklärte, sich an Details zu Einsätzen deutscher Spezial-
kräfte in Afghanistan nicht mehr erinnern zu können, ob-
wohl er seinen Einlassungen vor dem Untersuchungsaus-
schuss zufolge

„(…) sicherlich an Unterredungen, die das Unternehmen
KSK zum Inhalt hatten, während meiner siebenjährigen
Dienstzeit als Parlamentarischer Staatssekretär teilge-
nommen habe, (…).“ (Stenografisches Protokoll Nr. 14,
Teil II, S. 17)
In die operativen Abläufe von Bundeswehreinsätzen sei
übung der Befehls- und Kommandogewalt im Frieden. Die
Abgeordneten des Deutschen Bundestages Brigitte Schulte

er allerdings nicht involviert gewesen, da es seine Auf-
gabe gewesen sei, eine

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 123 – Drucksache 16/10650

„(…) Brückenfunktion wahrzunehmen und abgeschlos-
sene Meinungsprozesse oder auch Stellungnahmen im
Vorlage- oder im Berichtsbereich dann an das Parlament
– – oder, wenn es notwendig war, auch der Öffentlichkeit
gegenüber deutlich zu machen.“ (Stenografisches Proto-
koll Nr. 14, Teil II, S. 19)

Er sagte weiter aus, das deutsche Spezialkräfte-Kontin-
gent während des Untersuchungszeitraumes nicht aufge-
sucht zu haben (Stenografisches Protokoll Nr. 14, Teil III,
S. 38), allein schon deshalb, um die Soldaten vor den zu-
sätzlichen mit einem Besuch verbundenen Belastungen
zu bewahren und dem besonderen Schutzinteresse der
Kommandosoldaten Rechnung zu tragen (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 14, Teil II, S. 23).

c) Bundesminister der Verteidigung

Über die in Abschnitt D. dargestellte Entscheidungsbe-
fugnis des Bundesministers der Verteidigung in Fragen
mit herausgehobener oder politischer Bedeutung im Zu-
sammenhang mit dem Auslandseinsatz deutscher Solda-
ten hinaus, berichteten sowohl Bundesminister a. D. Ru-
dolf Scharping wie auch sein Nachfolger im Amt,
Bundesminister a. D. Dr. Peter Struck, dem Untersu-
chungsausschuss von ihren Weisungen, sie über alle poli-
tisch relevanten Informationen und Besonderen Vor-
kommnisse im Zusammenhang mit dem KSK-Einsatz in
Afghanistan zu unterrichten. Dabei ist im Falle von Bun-
desminister a. D. Rudolf Scharping weitgehend offen ge-
blieben, über welche konkreten Informationen er wäh-
rend seiner Amtszeit verfügt hat.

So erläuterte er in seiner Zeugenaussage, nicht jeden für
die Leitung des Hauses bestimmten Bericht des Füh-
rungsstabes der Streitkräfte erhalten zu haben; einen dies-
bezüglichen Automatismus habe es nicht gegeben:

„Nein, im Gegenteil – (…) –, meine im Übrigen bei ver-
schiedenen Gelegenheiten klar formulierte Erwartung
war: Wenn irgendetwas sensibel, wenn irgendetwas
schwierig sein könnte, weil es außerhalb der Routine ist,
sagt es mir. (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 15, Teil
II, S. 14 f.)

Weiterhin führte er aus: Innerhalb des Ministeriums sei
klar gewesen,

„(…), dass ich Wert darauf gelegt habe, von politisch
oder auch militärisch sensiblen Dingen gegebenenfalls
auch über das von den Berichten erforderliche Maß hi-
naus etwas zu hören.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 15,
Teil II, S. 18)

Der damals verantwortliche Leiter des Ministerbüros be-
stätigte die Existenz von Vorlagen zum Einsatz des KSK
in Afghanistan, auch wenn diese nicht über seinen
Schreibtisch gegangen seien (Stenografisches Protokoll
Nr. 14, Teil II, S. 26):

„(…) Aber die Unterlagen, die es dazu gab, lagen beim
Bundesminister der Verteidigung und sind ihm durch sei-

Bundesminister a. D. Dr. Peter Struck erklärte, er habe
sich im Rahmen seiner Amtsübernahme „(…) informie-
ren lassen von meinen Mitarbeitern, Staatssekretären, Ad-
jutanten, Generalinspekteur über die allgemeine Situation
der Bundeswehr, vor allem im Auslandseinsatz. Für mich
war der Hinweis entscheidend: Das KSK ist in Kandahar,
und es gibt Überlegungen, das KSK nach Bagram zu ver-
legen. (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 13, Teil II,
S. 45).

Überdies habe er wöchentliche Ministervorlagen über die
Arbeit der Spezialkräfte-Kontingente in Afghanistan von
dem Führungsstab der Streitkräfte angefordert, die er
dann auch erhalten habe. Allerdings hätten diese Berichte
vor allem Fragen im Zusammenhang mit der Verlegung
des Kontingents von Kandahar nach Bagram zum Inhalt
gehabt und seien nie „sensationeller“ Natur gewesen (Ste-
nografisches Protokoll Nr. 13, Teil II, S. 49). Bundes-
minister a. D. Dr. Peter Struck fasste seinen Kenntnis-
stand vor dem Untersuchungsausschuss wie folgt
zusammen:

„(…) Ich fühlte mich laufend informiert. In besonderen
Fällen, wenn irgendetwas Besonderes gewesen wäre,
wäre ich natürlich auch sofort informiert worden. Das
war die Weisung, die ich an die Streitkräfte gegeben
habe.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 13, Teil II, S. 49)

Der damalige Stabsabteilungsleiter V im Führungsstab
der Streitkräfte ließ sich dahingehend ein, dass der Bun-
desminister der Verteidigung durch wöchentliche Be-
richte über den Fortgang der Operationen unterrichtet
worden sei (Stenografisches Protokoll Nr. 10, Teil II,
S. 13), wobei insoweit unklar geblieben ist, auf welchen
Amtsinhaber er sich dabei bezog:

„(…) Das heißt, der Minister hat auch den Kenntnisstand
gehabt, beispielsweise, dass das Kontingent in der Vorbe-
reitung auf einen bestimmten Einsatz ist, dass sich ein
Einsatz in der ‚Box 3‘ abzeichnet. Und dann ist auch das
Ergebnis gemeldet worden.“ (Stenografisches Protokoll
Nr. 10, Teil II, S. 13).

Auf die Frage, ob der Minister darüber hinaus täglich
über die Einsätze in Afghanistan unterrichtet worden sei,
gab die damalige Leiterin des Ministerbüros von Bundes-
minister a. D. Dr. Peter Struck vor dem Untersuchungs-
ausschuss an:

„Ich kann mich an Tagesmeldungen nicht erinnern. Es
gab Geheimberichte, die in regelmäßigen Abständen ge-
kommen sind. Aber nicht täglich Tagesberichte.“ (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 13, Teil II, S. 9 f.).

Der ehemalige Stabsabteilungsleiter Fü S V im BMVg
berichtete dem Untersuchungsausschuss, dass eine an-
lassbezogene Unterrichtung des Bundesministers der Ver-
teidigung nicht stattgefunden habe, da im Zusammenhang
mit den Einsätzen der Spezialkräfte-Kontingente seines
Wissens keine so dramatischen Dinge geschehen seien,
die eine unmittelbar anlassbezogene Meldung an den Mi-
nen Adjutanten zugeführt worden.“ (Stenografisches Pro-
tokoll Nr. 14, Teil II, S. 27)

nister erforderlich gemacht hätten (Stenografisches Pro-
tokoll Nr. 10, Teil II, S. 13).

Die Koalitionsfraktionen waren sich bei ihrer Antrag-
stellung auch bewusst, dass parallel zum Untersuchungs-
ausschuss die Staatsanwaltschaft Tübingen ein Ermitt-
lungsverfahren eingeleitet hatte, ebenso die zuständige
Wehrdisziplinaranwaltschaft. Die Vorgänge um Murat
Kurnaz waren teilweise auch Gegenstand der Untersu-
chungen durch den 1. Untersuchungsausschuss der
16. Wahlperiode (sog. BND-Untersuchungsausschuss)

jedoch, dass ein solcher Vorwurf nicht im Bewusstsein
der Öffentlichkeit stehen bleibt. Die Soldaten der Bun-
deswehr – sowohl die Angehörigen des KSK als auch al-
ler anderen Truppenteile – haben einen Anspruch auf Un-
tersuchung und Mitteilung des Ergebnisses an die gleiche
Öffentlichkeit, die Adressat der öffentlich erhobenen Vor-
würfe von Murat Kurnaz war.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 125 – Drucksache 16/10650

Dritter Teil

Bewertungen

A. Bewertung der Untersuchungsergebnisse

I. Allgemeine Feststellungen

Parlamentarische Untersuchungsausschüsse sind traditionell
Instrumente der Opposition, um vermeintliche rechtswi-
drige Verhaltensweisen oder Fehlentwicklungen im Han-
deln der jeweiligen Regierung aufzudecken. Anders
verhält es sich bei der Einsetzung des Verteidigungsaus-
schusses als 1. Untersuchungsausschuss gemäß Arti-
kel 45a GG der 16. Wahlperiode.

Direkt nach Bekanntwerden der Vorwürfe von Murat
Kurnaz in der Wochenzeitschrift stern vom 5. Oktober
2006, von zwei deutschen Soldaten misshandelt worden
zu sein, nahm sich der Verteidigungsausschuss dieses
Vorfalls an. Keine drei Wochen später, nämlich am
23. Oktober 2006, waren die Koalitionsfraktionen im
Verteidigungsausschuss zu der Überzeugung gelangt,
dass dieser Vorfall der vorbehaltlosen Aufklärung durch
einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss be-
dürfe. Auf Antrag der Fraktionen von CDU/CSU und der
SPD vom 23. Oktober 2006 wurde die Einsetzung des
Verteidigungsausschusses als Untersuchungsausschuss
auf die Tagesordnung des Verteidigungsausschusses ge-
setzt. Die Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN reagierten auf diesen Antrag mit Ergän-
zungsanträgen.

Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD waren sich dabei
bewusst, dass schon das Bundesministerium der Verteidi-
gung auf die von Murat Kurnaz erhobenen Vorwürfe
schnell und umsichtig reagiert hatte. Durch die sofortige
Einsetzung der Arbeitsgruppe „Murat Kurnaz“ konnte
das BMVg erste Erkenntnisse gewinnen. Fast allen Teil-
nehmern des deutschen Einsatzkontingents vom Dezem-
ber 2001/Januar 2002 in Kandahar wurde die Abgabe
einer dienstlichen Erklärung zu den Misshandlungsvor-
würfen und – darüber hinausgehend – zu irgend einem
Kontakt zu Murat Kurnaz oder der Kenntnis davon befoh-
len. In einem zweiten Schritt wurden alle in Frage kom-
menden Soldaten in dienstlichen Anhörungen befragt.

zeugung gelangt, dass die Antragstellung für diesen Un-
tersuchungsausschuss die richtige Entscheidung war.

Das Kommando Spezialkräfte (KSK) ist nicht nur in mili-
tärischer Hinsicht eine sogenannte Elitetruppe. Dieser
Truppenteil steht oft im Mittelpunkt des öffentlichen Inte-
resses. Das Verhalten von KSK-Soldaten bestimmt nicht
unwesentlich das Bild, das von der Bundeswehr im In-
und Ausland existiert. Das KSK steht also an herausgeho-
bener Stelle in den Streitkräften.

Gleichzeitig handelte es sich bei dem Einsatz im Rahmen
der Operation Enduring Freedom (OEF) um den ersten
Einsatz des KSK zur Bekämpfung eines bewaffneten
Gegners. Die hier gesammelten Erfahrungen, aber auch
das allgemeine Verhalten der Soldaten waren richtungs-
weisend für weitere Einsätze.

Der Deutsche Bundestag war gehalten, sich der erhobe-
nen Vorwürfe gegen Soldaten der „Parlamentsarmee“
Bundeswehr anzunehmen. Die von Murat Kurnaz be-
hauptete Misshandlung wurde von der Staatsanwaltschaft
Tübingen im Ermittlungsverfahren als gefährliche Kör-
perverletzung im Amt geführt. Dies ist ein schweres Ver-
gehen, das mit einer Höchststrafe von bis zu zehn Jahren
(§§ 340, 224 StGB) geahndet wird. Dennoch handelt es
sich keineswegs um ein Delikt, das regelmäßig das Inte-
resse des Bundestages auslöst. Im Normalfall hätte hier
die Zuständigkeit von Staatsanwaltschaft und Wehrdis-
ziplinaranwaltschaft ausgereicht.

Durch die besonderen Umstände der behaupteten Täter
und Tatbegehung war es jedoch notwendig, der Bundes-
wehr und der Öffentlichkeit zu zeigen, dass der Deutsche
Bundestag seine Stellung den Streitkräften gegenüber
ernst nimmt. Dabei waren zwei Intentionen zu beachten:
der von Murat Kurnaz erhobene Vorwurf war restlos auf-
zuklären, damit bei Nachweis der Tat die nötigen straf-
rechtlichen, disziplinarischen und dienstrechtlichen Kon-
sequenzen gezogen werden können. Genau so wichtig ist
und den Sonderausschuss des Europäischen Parlaments
(sog. CIA-Untersuchungsausschuss).

Trotz dieses insgesamt nicht unbeträchtlichen Aufwands
sind die Fraktionen von CDU/CSU und SPD zu der Über-

Deshalb war es hier das Bestreben der Koalitionsfraktio-
nen, keinen Verdacht auf der Bundeswehr und den Solda-
ten des Kommandos Spezialkräfte ohne umfangreiche
Aufklärung der behaupteten Misshandlung von Murat
Kurnaz zu belassen. Das ideale Mittel dazu ist die Einset-

Drucksache 16/10650 – 126 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

zung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses
und der vorliegende Abschlussbericht.

Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD haben den Un-
tersuchungsauftrag um die Nummern 4 und 5 erweitert,
die allgemeine Fragen zu den Einsätzen des Kommandos
Spezialkräfte und der Führungsweise durch das BMVg
enthalten. Es war aus Sicht der Koalition im Bundestag
zu überprüfen, nach welchen Grundsätzen und rechtli-
chen Grundlagen dieser erste Auslandseinsatz des KSK
ablief.

Aus Geheimhaltungsgründen werden keinerlei Einzelhei-
ten über die Einsätze des KSK veröffentlicht. Gründe der
Geheimhaltung bestehen unbestritten, jedoch steht ihnen
der Informationsanspruch des Bundestages aus § 6 Abs. 1
Parlamentsbeteiligungsgesetz gegenüber. Diese Vor-
schrift verpflichtet die Bundesregierung, den gesamten
Bundestag regelmäßig über den Verlauf der Einsätze und
die Entwicklung im Einsatzgebiet zu unterrichten. Zwar
hat sich die Information des Parlaments auch über die
Teilnahme des KSK an Auslandseinsätzen in den letzten
Jahren erheblich verbessert, was von den Koalitionsfrak-
tionen ausdrücklich anerkannt wird, jedoch waren auch
hier ein weiter gehender Informationsbedarf und die Not-
wendigkeit eines institutionalisierten Unterrichtungsver-
fahrens zu überprüfen.

Der Untersuchungsauftrag wurde in diesen Punkten zeit-
lich auf den Zeitraum von November 2001 bis November
2002 und räumlich auf das Einsatzgebiet im Raum Kan-
dahar, Afghanistan, eingegrenzt, um eine konkrete und
zielgerichtete Untersuchung zu ermöglichen.

Zum Tatsachenkomplex um die behauptete Misshandlung
von Murat Kurnaz waren Regierungskoalition und Oppo-
sition durch das gemeinsame Interesse an der Aufklärung
der Ereignisse verbunden. Dieser Teil der Untersuchung
zeichnete sich durch eine sehr sachliche und zielgerich-
tete Handlungs- und Beschlussweise aus.

In Bezug auf die allgemeiner gehaltenen Nummern 4 und 5
des Untersuchungsauftrages war die Opposition bemüht,
den Soldaten des Einsatzkontingents und dem Bundesmi-
nisterium der Verteidigung ein Fehlverhalten nachzuwei-
sen. Fragen, die auf vermeintliche völkerrechtswidrige
Umstände in dem US-Gefangenenlager hinzielten sowie
auf eine vermeintlich bewusst hingenommene Lücke bei
der rechtlichen Frage, wie von deutschen Soldaten mit
festgenommenen Personen umzugehen sei, waren zum
großen Teil rein politisch motiviert und ergaben keinen
Grund zur Beanstandung. Unglücklich, aber tatsächlich
ohne große Relevanz, war der im Juni 2007 bekannt ge-
wordene Datenverlust im Amt für Nachrichtenwesen der
Bundeswehr. Bei den aufgrund einer technischen Panne
verloren gegangenen Daten handelte es sich um Auf-
zeichnungen, die ohnehin von anderen Dienststellen wie
dem BND oder dem Verbindungskommando beim
US Central Command übermittelt wurden und daher bei
diesen Dienststellen vorhanden waren. Ein besonderer

Versagen von Speichermedien einen politischen Skandal
zu konstruieren, mussten naturgemäß scheitern.

Zum Schluss dieses Kapitels sei den Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern des Sekretariats gedankt, die ihre Aufgabe
immer zuverlässig, unparteiisch und vorausschauend er-
füllt haben. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der
Koalitionsfraktionen sei für ihr hohes Engagement und
ihren fachlichen Rat gedankt.

II. Bewertung der Feststellungen zu den
Nr. 1 bis 3 des Untersuchungsauftrages

Nach der Bewertung der Fraktionen von CDU/CSU und
SPD zu den Feststellungen der Nummern 1 bis 3 des Un-
tersuchungsauftrages muss es offenbleiben, ob Murat
Kurnaz durch deutsche Soldaten misshandelt wurde oder
nicht. Die Fraktionen kommen zu diesem Ergebnis, das in
einem Strafgerichtsverfahren zu einem Freispruch „in du-
bio pro reo“ geführt hätte. Bei einem parlamentarischen
Untersuchungsausschuss geht es allerdings nicht um eine
Verurteilung oder einen Freispruch, sondern um politi-
sche Bewertungen eines Vorgangs. So muss es bei der
Feststellung bleiben, dass weder der Nachweis für den
von Murat Kurnaz behaupteten Tathergang noch der
Nachweis für das Gegenteil erbracht wurde. Der überwie-
gende Teil der Beweismittel lässt keinen Schluss auf eine
Misshandlung zu.

Des Weiteren steht für die Koalitionsfraktionen fest, dass
eine Handvoll deutscher Soldaten Murat Kurnaz in dem
US-Gefangenenlager in Kandahar in der Nacht vom
5. auf den 6. Januar 2002 getroffen haben und dass ein
Soldat den sinngemäßen Satz „Du hast dir wohl die fal-
sche Seite ausgesucht. Runtergucken!“ zu Murat Kurnaz
gesagt hat. Weitere Soldaten des deutschen Kontingents
haben Kurnaz aus mehreren Metern Entfernung gesehen,
da er ihnen von US-amerikanischen Soldaten als „deut-
scher Gefangener“ oder „deutschsprachiger Gefangener“
gezeigt wurde. Ein darüber hinausgehender Kontakt
konnte nicht belegt werden.

Es hatten verschiedene Soldaten des 1. Einsatzkontingents
in Kandahar und Soldaten verschiedener Dienststellen
(Einsatzführungskommando der Bundeswehr, Verbindungs-
kommando beim US Central Command, Amt für Nach-
richtenwesen der Bundeswehr) Kenntnis von einem
„deutschen/deutschsprachigen Gefangenen“ in Kanda-
har. Namentlich bekannt war Murat Kurnaz in der Zeit
von Anfang 2002 nur den Soldaten der Zelle Militäri-
sches Nachrichtenwesen des 1. Einsatzkontingents sowie
den Soldaten, die beim Amt für Nachrichtenwesen der
Bundeswehr die Meldungen aus dem Einsatzland entge-
gen nahmen. Im Bundesministerium der Verteidigung
hatten die Angehörigen des Referates Fü S V 3 sowie der
damalige Stabsabteilungsleiter Fü S V Kenntnis von dem
„deutschen/deutschsprachigen Gefangenen“. Beim dama-
ligen Stabsabteilungsleiter Fü S V endete dieser Informa-
tionsfluss, da am 9. Januar 2002 die Meldung des Verbin-
dungskommandos beim US Central Command mit dem
Inhalt eintraf, bei der vorherigen Meldung über den deut-
Zusammenhang zum Untersuchungsauftrag bestand
nicht. Versuche der Opposition, aus dem rein technischen

schen Gefangenen in Kandahar handele es sich um eine
falsche Meldung, für die man sich entschuldige.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 127 – Drucksache 16/10650

1. Kontakt von Angehörigen der Bundeswehr
zu Murat Kurnaz
(Nr. 1 des Untersuchungsauftrages)

Aufgrund der Feststellungen im Zweiten Teil unter A.,
Ziffer III. sind die Koalitionsfraktionen zu der Überzeu-
gung gelangt, dass wenigstens 16 Soldaten des deutschen
1. Einsatzkontingents Murat Kurnaz in dem US-Gefan-
genenlager gesehen haben. Teilweise geschah dies mit
einem direkten Hinweis von US-amerikanischen Soldaten
auf den „deutschen/deutschsprachigen Gefangenen“, teil-
weise mit dem pauschalen Hinweis, dass dieser Gefan-
gene sich in einem bestimmten „compound“ aufhalte.

Gelegenheit zu diesem rein visuellen Kontakt ergab sich
auf zwei Arten: Zum einen die Wachunterstützung, die
von 14 deutschen Soldaten in dem Gefangenenlager ge-
leistet wurde; zum anderen bei Besichtigungsrundgängen,
die unregelmäßig von einigen US-Soldaten für Angehö-
rige anderer Kontingente angeboten wurden.

Nach Überzeugung der Koalition von CDU/CSU und
SPD hat ein deutscher Soldat den von Murat Kurnaz zi-
tierten Satz „Du hast dir wohl die falsche Seite ausge-
sucht. Runtergucken!“ oder einen ähnlichen sinngemäßen
Satz zu Murat Kurnaz gesagt. Es ist wahrscheinlich, dass
der Zeuge Nr. 5 diesen Satz ausgesprochen hat.

Dieser Satz ist während einer kurzen Begegnung von
Murat Kurnaz mit einer Gruppe deutscher Soldaten wäh-
rend der Wachunterstützung in dem US-Gefangenenlager
in der Nacht vom 5. auf den 6. Januar 2002 gefallen.
Diese Begegnung wurde von mehreren Zeugen bestätigt.
Der Zeuge Nr. 18 hat die Begegnung und den Satz aus
eigenem Erleben bestätigt. Die Zeugen Nr. 8, 20, 22 und
32 haben ausgesagt, dass dieser Satz in späteren Gesprä-
chen unter den Soldaten des Kontingents erwähnt wurde.

Dabei hat laut Aussage des Zeugen Nr. 20 ein weiterer
Zeuge (Nr. 8) den Satz „Du hast dir wohl die falsche Seite
ausgesucht. Runtergucken!“ dem Zeugen Nr. 5 zugeord-
net. Auch Murat Kurnaz hat den Zeugen Nr. 5 aus einer
Auswahl von Lichtbildvorlagen als denjenigen erkannt,
der den Satz gesagt haben soll. Das Wiedererkennen ist
ernst zu nehmen, da Murat Kurnaz den Zeugen Nr. 5 aus
48 Personenlichtbildern heraus identifiziert hat. Dies lässt
mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit darauf schließen,
dass der Zeuge Nr. 5 den Satz „Du hast dir wohl die fal-
sche Seite ausgesucht. Runtergucken!“ zu Murat Kurnaz
gesagt hat. Ein Dienstvergehen oder ein anderes Fehlver-
halten war damit nicht verbunden.

Ein über diesen Wortwechsel hinausgehender körperli-
cher oder irgendwie anders gearteter Kontakt deutscher
Soldaten zu Murat Kurnaz konnte nicht bestätigt werden.

2. Vermeintliche Misshandlung von Murat
Kurnaz durch Soldaten der Bundeswehr
(Nr. 2 des Untersuchungsauftrages)

Nach Überzeugung der Koalitionsfraktionen muss es of-
fenbleiben, ob Murat Kurnaz durch deutsche Soldaten

a) Für den von Murat Kurnaz behaupteten Hergang
spricht:

Murat Kurnaz hat die Vorgänge in Kandahar mit Bezug
zu den deutschen Soldaten durchaus glaubhaft geschil-
dert. Er konnte sich an die Begegnung mit den KSK-Sol-
daten am Zaun zu seinem „compound“ innerhalb des Ge-
fangenenlagers einigermaßen detailreich erinnern. Murat
Kurnaz‘ Darstellung dieser Begegnung wurde im Wesent-
lichen durch die Aussagen der unter 1. genannten Zeugen
bestätigt. Besonderes Gewicht ist dabei dem Wiederer-
kennen des Zeugen Nr. 5 aus einer Auswahl von Lichtbil-
dern durch Murat Kurnaz beizumessen. Murat Kurnaz hat
damit denjenigen Soldaten identifizieren können, der
nach der eigenen Aussage an der Wachunterstützung in
dem US-Gefangenenlager teilgenommen hat und der mit
einiger Wahrscheinlichkeit den Satz „Du hast dir wohl die
falsche Seite ausgesucht. Runtergucken!“ gesagt hat.

Ein weiteres Detail, das bei der Einstellungsverfügung
der Staatsanwaltschaft Tübingen vom 29. Mai 2007 eine
wichtige Rolle gespielt hatte, war der mögliche LKW im
Gefangenenlager. Nach Murat Kurnaz‘ Aussage wurde er
von US-amerikanischen Soldaten aus seinem „compound“
geholt und hinter einen LKW geführt, wo dann die zweite
Begegnung mit den deutschen Soldaten und die Miss-
handlung durch diese stattgefunden haben soll. Nach
Aussagen der in den Sitzungen Nr. 4 bis Nr. 17 vernom-
menen Zeugen hat sich kein LKW in dem Gefangenenla-
ger befunden. Einige Zeugen sagten sogar aus, dass der
Ausbau des Gefangenenlagers ein Befahren mit größeren
Fahrzeugen gar nicht zugelassen habe.

Die Lichtbildaufnahmen von dem Gefangenenlager als
auch die Aussage des Mitgefangenen Ruhal Ahmed ha-
ben die letztere Darstellung widerlegt. Auf den Fotogra-
fien aus der Zeit von Anfang 2002 ist deutlich erkennbar,
dass die inneren Dimensionen des Gefangenenlagers das
Befahren mit einem kleineren LKW erlaubt haben. Auch
ist ein größeres Tor auf einer Seite des Gefangenenlagers
zu erkennen, das – anders als der mit einem besonderen
Zelt verdeckte Eingang für neue Insassen – breit genug
für ein größeres Fahrzeug war. Der Zeuge Ruhal Ahmed
hat zu diesem Punkt sehr differenziert und glaubhaft aus-
gesagt: Versorgungsgüter wie Trinkwasser und Lebens-
mittel seien in längeren Abständen von LKW in das
Gefangenenlager gebracht worden. Ein LKW zur Entsor-
gung der Fäkalien sei alle zwei, drei Tage im Gefange-
nenlager gewesen, nach Erinnerung des Zeugen aller-
dings nicht in der Nacht.

Aufgrund dieser Beweislage sind die Koalitionsfraktio-
nen zu der Überzeugung gelangt, dass sich ein LKW in
dem Gefangenenlager befunden haben kann; wobei kei-
neswegs der Nachweis geführt ist, dass ein LKW auch
tatsächlich in der Nacht vom 5. auf den 6. Januar 2002
vor Ort war.

Murat Kurnaz hat seine Aussagen gegenüber der Staats-
anwaltschaft Tübingen und im Untersuchungsausschuss
ohne besonderen Eifer oder Groll gegen die vermeintli-
misshandelt wurde oder nicht. Für beide Alternativen gibt
es zahlreiche Indizien.

chen Täter gemacht. Im Gegenteil: Er hat den zweiten
Beschuldigten im staatsanwaltlichen Ermittlungsverfah-

Drucksache 16/10650 – 128 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

ren, den Zeugen Nr. 27, nicht mit Sicherheit identifizieren
können. Auch in Bezug auf den Zeugen Nr. 5 sagte Murat
Kurnaz ausdrücklich aus, dass er „nicht hundertprozen-
tig“ sicher sei, da er keinen Unschuldigen verdächtigen
wollte.

Der von Murat Kurnaz geschilderte Vorfall war laut ei-
gener Aussage auch keineswegs von herausgehobener
Bedeutung für ihn. Der Vorfall sei bei den weiteren Vor-
gängen während der Haft in Kandahar und Guantánamo
untergegangen, weswegen Murat Kurnaz die Sache erst
sehr spät und eher beiläufig geschildert habe.

b) Diese Indizien für eine Körperverletzung von Murat
Kurnaz durch zwei deutsche Soldaten sind ernst zu neh-
men. Jedoch gibt es eine ganze Reihe von Umständen, die
gegen den von Murat Kurnaz geschilderten Hergang spre-
chen.

Keiner der weiteren vom BMVg, der Staatsanwaltschaft
Tübingen oder dem Untersuchungsausschuss vernomme-
nen Zeugen hat eine Aussage gemacht, die den von Murat
Kurnaz behaupteten Vorgang hinter dem LKW bestäti-
gen.

Die vernommenen KSK-Soldaten haben viele Aspekte
der gesamten Schilderung von Murat Kurnaz bestätigt
und auch kritisch zu einigen Punkten Stellung genom-
men. So wurde die Wachunterstützung im Gefangenenla-
ger durch die KSK-Soldaten ohne Vorbehalte bestätigt.
Der Aufbau des Gefangenenlagers wurde von Murat
Kurnaz und den übrigen Zeugen im Wesentlichen gleich
beschrieben. Mehrere Zeugen haben den kurzen Wort-
wechsel während der Wachunterstützung mit dem Satz
„Du hast dir wohl die falsche Seite ausgesucht. Runtergu-
cken!“ bestätigt. Einige Zeugen haben sich auch kritisch
zu den allgemeinen Umständen in dem Gefangenenlager
und dem Umgang der US-Soldaten mit den Gefangenen
geäußert (z. B. Zeuge Nr. 28 zum „Hochreißen“ von Ge-
fangenen aus einer liegenden Position).

Auf die von Murat Kurnaz behauptete Misshandlung fehlt
jedoch jeglicher Hinweis in den Aussagen aller anderen
Zeugen. Weder wurde eine Körperverletzung oder eine
darauf hindeutende Situation beobachtet noch gab es Be-
obachtungen eines verdächtigen Verhaltens eines oder
mehrerer KSK-Soldaten. Dazu könnte das Absondern
zweier Soldaten von den anderen oder das Abweichen
vom regulären Streifenweg im Gefangenenlager und die
baldige Rückkehr zählen. Jedoch gibt es keinerlei Hin-
weis auf ein derartiges Vorkommnis.

Ebenso hat kein einziger Zeuge von Gesprächen nach der
Wachunterstützung über ein verdächtiges oder problema-
tisches Vorkommnis berichtet. Laut vieler Zeugenaussa-
gen wurde innerhalb des KSK-Kontingents zum Teil über
den „deutschen/deutschsprachigen Gefangenen“ gespro-
chen. Auch die unbeabsichtigte Schussabgabe beim Ent-
ladevorgang der Waffe durch den Zeugen Nr. 3, die zu
dessen Ablösung aus dem Kontingent geführt hat, war
Thema interner Gespräche. Dies gilt ausweislich der Zeu-
genaussagen aber nicht für einen in jedem Fall nennens-

Das Fehlen jeglicher Beobachtungen gilt für alle vernom-
menen Soldaten, sowohl für die heutigen Kommando-
soldaten als auch die übrigen KSK-Angehörigen und die
Soldaten, die inzwischen in andere Truppenteile versetzt
oder schon aus der Bundeswehr entlassen wurden. Die-
sem Umstand ist in Bezug auf alle Zeugen besonderes
Gewicht beizumessen.
Bei den Kommandosoldaten, die in der Nacht vom 5. auf
den 6. Januar 2002 Wachunterstützung in dem US-Gefan-
genenlager geleistet haben, deshalb, weil sie einen der-
artigen Vorfall geradezu hätten beobachten müssen. Das
Gefangenenlager war nach Aussage aller Zeugen auch
nachts hell erleuchtet und die Gesamtfläche („ca. 50 mal
50 Meter“) hätte eine Beobachtung auch hinter einem
größeren Fahrzeug erlaubt.
Den Zeugenaussagen anderer Soldaten ist deshalb Ge-
wicht beizumessen, da die besondere Verbundenheit der
Kommandosoldaten untereinander eine Schutzbehaup-
tung und damit eine Falschaussage zugunsten eines Ka-
meraden aus einer falsch verstandenen Kameradschafts-
pflicht heraus denkbar macht. Dies schwindet aber mehr
und mehr, je weiter sich der Zeuge beruflich und persön-
lich vom KSK inzwischen entfernt hat. Bei einem schon
ausgeschiedenen Zeitsoldaten – wie zum Beispiel dem
Zeugen Nr. 14 – fehlt diese besondere Verbundenheit.
Auch die ausländischen Zeugen, die damals ebenso inhaf-
tierten Ruhal Ahmed und Asif Iqbal, konnten zu keinem
Umstand aussagen, der auf eine Körperverletzung durch
deutsche Soldaten schließen lassen könnte. Asif Iqbal ist
in Kandahar gar nicht mit Murat Kurnaz zusammenge-
troffen, sie waren in getrennten „compounds“ unterge-
bracht. Ruhal Ahmed jedoch war zusammen mit Murat
Kurnaz in dem gleichen „compound“, befand sich also in
direkter Nähe zu ihm. Aber auch dieser Zeuge konnte auf
die direkte Nachfrage im Untersuchungsausschuss kei-
nerlei Auskunft über Beobachtungen geben, die auf eine
Misshandlung von Murat Kurnaz durch deutsche Solda-
ten hindeuten würden. Der Zeuge hat ebenso von keinem
Gespräch mit Murat Kurnaz berichtet, in dem dieser auf
einen Vorfall mit deutschen Soldaten eingegangen wäre.
Diese Aussage wiegt schwer, da Ruhal Ahmed nach
seiner Aussage in Guantánamo Freundschaft mit Murat
Kurnaz geschlossen hat und höchstwahrscheinlich eine
solche Beobachtung nicht verschweigen würde.
Gleiches gilt für den per Telefon von der Staatsanwalt-
schaft Tübingen befragten Mitgefangenen Shafiq Rasul.
Auch dieser hatte deutsche Soldaten Anfang 2002 in dem
Gefangenenlager gesehen, konnte sich aber an keine Be-
gebenheit erinnern, die auf eine Misshandlung Murat
Kurnaz‘ durch diese Soldaten hingedeutet hätte.
Auch Murat Kurnaz‘ eigene Aussage zu der von ihm be-
haupteten Körperverletzung enthält trotz ihrer generellen
Glaubhaftigkeit einige ungeklärte Aspekte, die Zweifel
aufkommen lassen.
So wirft die Abkürzung „KSK“, die laut Murat Kurnaz‘
Aussage im Untersuchungsausschuss von einem der deut-
schen Soldaten unmittelbar vor der Misshandlung benutzt
wurde, Fragen auf. In der ersten detaillierten Presseveröf-
werten Vorfall wie den einer Körperverletzung eines Ge-
fangenen.

fentlichung von Murat Kurnaz zu seinen Erfahrungen in
Kandahar (Interview im stern vom 5. Oktober 2006) fehlt

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 129 – Drucksache 16/10650

diese Abkürzung in den von Murat Kurnaz wiedergege-
benen Äußerungen des deutschen Soldaten. Hier heißt es:

„(…) Der eine zog mich an den Haaren hoch. ‘Weißt du,
wer wird sind?‘ Der wollte angeben. ‘Wir sind die deut-
sche Kraft.‘(…)“

Erst der interviewende Mitarbeiter des Magazins führt
den Begriff „KSK“ in das Interview mit der Nachfrage
„KSK? Kommando-Spezialkräfte waren damals die einzi-
gen deutschen Soldaten in Kandahar.“ ein. In den folgen-
den Presseveröffentlichungen und Vernehmungen taucht
die Abkürzung „KSK“ ohne Nachfrage und wie vom
deutschen Soldaten stammend in Murat Kurnaz‘ Aussa-
gen auf:

„(…) Dann kam derselbe, der mir bereits gesagt hat: ‚Fal-
sche Seite ausgesucht, auf den Boden gucken!‘, zog mei-
nen Kopf an meinen Haaren hoch und sagte: ‚Weißt du,
wer wir sind? Wir sind die deutsche Kraft, das KSK.‘“
(Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 32)

In seiner Vernehmung durch den Untersuchungsaus-
schuss vom 17. Januar 2007 erklärt Murat Kurnaz diesen
Umstand damit, dass ihm beim ersten Interview die Ab-
kürzung „KSK“ direkt nach Einwurf des aufzeichnenden
Journalisten auch eingefallen war und er sich sicher sei,
dass dies auch so gesagt wurde. Jedoch sind die verschie-
denen Aussagen bzw. Schilderungen von Murat Kurnaz
in diesem Punkt widersprüchlich.

Des Weiteren wirft die Formulierung „deutsche Kraft“
Fragen auf. Dieser Begriff, der von Murat Kurnaz in allen
Presseinterviews und Aussagen einheitlich dem deut-
schen Soldaten zugeschrieben wird, klingt nicht wie eine
Redewendung, die von einem muttersprachlichen Deut-
schen verwendet werden würde. Tatsächlich ist die näher
liegende Herleitung eine direkte und damit idiomatisch
fehlerhafte Übersetzung des englischen Begriffs „German
forces“ („deutsche Truppen“ oder „deutsche Streitkräfte“).
Es ist wenig wahrscheinlich, dass ein deutscher Soldat,
der Deutsch als seine Muttersprache gelernt hat, einen
solchen Begriff benutzen würde. Da alle KSK-Angehöri-
gen, die bei der Wachunterstützung teilgenommen haben,
Deutsch als Muttersprache gelernt haben, spricht dieser
Umstand gegen Murat Kurnaz‘ Darstellung der Gescheh-
nisse.

Der von Murat Kurnaz wiedergegebene Tathergang wi-
derspricht sowohl den bisher bekannten Grundsätzen der
US-Soldaten für einen sicheren Umgang mit den Gefan-
genen in dem Gefangenenlager in Kandahar als auch dem
Bedürfnis der KSK-Soldaten nach Geheimhaltung und
Identitätsschutz.

Es ist angesichts der strengen Vorschriften der US-Streit-
kräfte für den Umgang mit Gefangenen und der ebenso
strengen Disziplinarvorschriften bei Verstößen dagegen
abwegig anzunehmen, dass US-Soldaten ihren Kamera-
den aus anderen Nationen „einen Gefallen“ erweisen und
einen gefangenen, in ihren Augen mutmaßlichen Terro-

Bekanntwerden dieses Vorgehens wäre dies von den US-
amerikanischen Vorgesetzten hart geahndet worden. Alle
dazu vernommenen Zeugen haben einheitlich ausgesagt,
dass ein solches Verhalten seitens der US-Soldaten kaum
denkbar ist.

Gleiches gilt für die direkte Konfrontation eines KSK-
Soldaten mit einem für ihn mutmaßlichen Terroristen, die
ein Wiedererkennen möglich macht. Laut Aussage der
KSK-Angehörigen ist Identitätsschutz einer der den
Dienst dieses Spezialkommandos tragenden Grundsätze.
Es sei unüblich, dass Soldaten des KSK ihrem Gegenüber
das Gesicht zeigen; in der Regel trete man vermummt
oder getarnt auf oder wende sich ab, wenn man ange-
schaut wird. Dementsprechend haben viele der vernom-
menen Kommandosoldaten ausgesagt, sich bei der Be-
gegnung am Zaun des „compounds“ innerhalb des
Gefangenenlagers abgewendet oder ihren Kragen hoch-
geschlagen und die Kopfbedeckung ins Gesicht gezogen
zu haben. Ein direktes Anschauen von Angesicht zu An-
gesicht sei nach Aussage aller dazu vernommenen KSK-
Angehörigen unwahrscheinlich bis unmöglich. Dies steht
im Widerspruch zum Wiedererkennen des Zeugen Nr. 5
durch Murat Kurnaz; dieser Widerspruch konnte in den
Vernehmungen nicht aufgelöst werden.

Eine letzte Erwägung der Beweiswürdigung betrifft eine
entscheidende Frage bei jedem Delikt: Weder Murat Kurnaz
noch ein anderer Zeuge konnten eine nachvollziehbare
Motivation für das behauptete Handeln der deutschen
Soldaten benennen. Nach Murat Kurnaz‘ Schilderung des
Vorfalls wurden ihm keine Fragen im Sinne eines Verhörs
gestellt, und es war auch kein sonstiger weitergehender
Zweck für das Verbringen außerhalb des „compounds“
und die behauptete Misshandlung erkennbar.

Nach allgemeiner Lebenserfahrung bleiben an Motivatio-
nen für ein solches Verhalten eine Art purer Sadismus
oder Einschüchterung des Gefangenen bzw. Demonstra-
tion der eigenen Überlegenheit übrig. Für keinen dieser
Beweggründe gibt es Anhaltspunkte bei allen vernomme-
nen Kommandosoldaten oder im Besonderen bei den
beiden Beschuldigten des staatsanwaltlichen Ermittlungs-
verfahrens. Einen besonderen Grund für eine Einschüch-
terung von Murat Kurnaz gab es für keinen Kommando-
soldaten. Murat Kurnaz stellte für keinen von ihnen eine
Gefahr dar noch mussten sie ein weiteres Zusammentref-
fen befürchten. Von allen Zeugen, die nicht zu den Kom-
mandosoldaten zählen, wurden diese als professionell
handelnde Soldaten beschrieben, deren einziges Ziel die
Erfüllung des Auftrages ist. Zum Teil wurden Beschrei-
bungen wie „eigenbrötlerisch“ oder überspitzt „Diven“
benutzt. Charakterzüge wie sadistische oder ähnliche
Neigungen gehörten keinesfalls dazu.

Die Gegenüberstellung der Erwägungen pro und contra
Murat Kurnaz‘ Schilderung des Vorfalls um die behaup-
tete Misshandlung führt zu keinem eindeutigen Ergebnis.
Der Vorwurf der Misshandlung konnte nicht erhärtet
risten aus einem „compound“ in einen nicht zusätzlich
gesicherten Bereich des Gefangenenlagers führen. Bei

werden. Denkbar sind auch verschiedene Gesche-
hensabläufe, die eine Bestätigung von Murat Kurnaz‘

Drucksache 16/10650 – 130 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Darstellung im Kern, jedoch auch kein Fehlverhalten ei-
nes deutschen Soldaten beinhalten. Diese sind jedoch
rein spekulativ und daher nicht Gegenstand dieses Ab-
schlussberichtes.

3. Kenntnis in der Bundeswehr und dem
Bundesministerium der Verteidigung von
Murat Kurnaz‘ Anwesenheit in Kandahar
(Nr. 3 des Untersuchungsauftrages)

Nach Überzeugung der Koalitionsfraktionen hatten fol-
gende Soldaten Kenntnis von Murat Kurnaz bzw. einem
„deutschen/deutschsprachigen Gefangenen“ im US-Ge-
fangenenlager in Kandahar:

– diejenigen Soldaten, die visuellen oder verbalen Kon-
takt zu Murat Kurnaz in Kandahar hatten;

– der Kontingentführer des 1. Einsatzkontingents in
Kandahar;

– drei Soldaten der Zelle Militärisches Nachrichtenwe-
sen des 1. Einsatzkontingents;

– Soldaten des Verbindungskommandos bei US Central
Command in Tampa, Florida;

– Soldaten des Amts für Nachrichtenwesen der Bundes-
wehr, die die Meldung der Zelle MilNWBw des 1.
Kontingents in Kandahar entgegen genommen haben;

– Soldaten der Abteilung „Spezialoperationen“ des Ein-
satzführungskommandos der Bundeswehr;

– Mitarbeiter des Referats Fü S V 3 im BMVg;

– der damalige Stabsabteilungsleiter Fü S V.

Bei den Soldaten des Einsatzkontingents ergab sich die
Kenntnis durch den visuellen Kontakt im Gefangenen-
lager selber, vermittelt durch US-amerikanische Soldaten
oder durch die Gespräche der Kontingentteilnehmer un-
tereinander. Die Soldaten der Zelle MilNWBw wussten
von Murat Kurnaz aufgrund des Angebots durch US-
amerikanische Soldaten einer Vernehmung dieses Gefan-
genen. Zu der Vernehmung kam es nicht (siehe Erster Teil
des Berichtes, Ziffer V., Nr. 3).

Die Soldaten der Dienststellen Einsatzführungskom-
mando der Bundeswehr, Amt für Nachrichtenwesen der
Bundeswehr und Verbindungskommando beim US Central
Command erfuhren zwangsläufig aus den Meldungen, die
aus dem Einsatzland an diese Dienststellen abgesetzt
wurden, von dem „deutschen/deutschsprachigen“ Gefan-
genen. Im BMVg nahmen als dienstgradhöchste Soldaten
der damalige Referatsleiter Fü S V 3 und der damalige
Stabsabteilungsleiter Fü S V Kenntnis von diesem Gefan-
genen aufgrund der Meldungen des Einsatzführungskom-
mandos der Bundeswehr und dem Verbindungskom-
mando beim US Central Command vom 3. bzw. 6. Januar
2002. Dass der damalige Stabsabteilungsleiter Fü S V
diese Meldung nicht weiter verfolgte und auch nicht wei-
ter gab, liegt an der Meldung vom US Central Command
vom 9. Januar 2002, wonach der zuvor gemeldete „Deut-

nachvollziehbar und logisch, da die Angelegenheit damit
aufgeklärt war und kein weiterer Handlungsbedarf be-
stand.

Gleiches gilt für den damaligen Befehlshaber des Einsatz-
führungskommandos der Bundeswehr. Der Befehlshaber
erfuhr aus der Meldung des Kontingentführers von einem
„deutschen/deutschsprachigen Gefangenen“ in Kanda-
har. Da dieser Umstand im BMVg bekannt gewesen sei,
habe der Zeuge die Angelegenheit nicht weiter verfolgt.

Eine wichtige Rolle bei der Aufklärung durch den Unter-
suchungsausschuss spielte die Frage, warum keiner der
deutschen Soldaten, die schon in Kandahar von dem
„deutschen/deutschsprachigen Gefangenen“ wussten, die
Sache weiter aufklären oder näheren Kontakt zu diesem
Gefangenen suchen wollte. Diese Frage wurde von den
Zeugen übereinstimmend damit beantwortet, dass eine
solche Kontaktaufnahme nicht zum Auftrag des Kom-
mandos Spezialkräfte gehörte und man z. B. für eine Ver-
nehmung dieses Gefangenen gar nicht ausgebildet gewe-
sen sei. Im Übrigen habe es sich bei den Insassen des
Gefangenenlagers um mutmaßliche Terroristen oder Tali-
ban-Kämpfer gehandelt, um deren Hintergrund und wei-
tere Überprüfung sich die US-amerikanischen und andere
Nachrichtendienste kümmerten. Zudem seien Vertreter
des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK)
vor Ort gewesen und hätten Kontakt zu den Gefangenen
aufgenommen.

Diese Haltung ist auch aus heutiger Sicht nachvollziehbar
und gibt keinerlei Anlass zum Vorwurf. Die KSK-Solda-
ten waren in Kandahar, um mit den Spezialkräften ver-
bündeter Nationen Operationen gegen einen bewaffneten
Gegner durchzuführen. Dies war ein Auftrag, bei dem je-
derzeit der Gegner oder die deutschen Soldaten selber ge-
tötet werden konnten. Der Auftrag war also im Bewusst-
sein der Soldaten an erster Stelle und nahm die meiste
Konzentration ein. Schon die Wachunterstützung in dem
Gefangenenlager geschah auf Nachfrage der US-amerika-
nischen Streitkräfte und rein in deren Interesse. Es war
von den deutschen Soldaten mit diesem Auftrag nicht zu
erwarten, dass sie sich um mutmaßliche Terroristen küm-
mern, die ja ohnehin von den US-Behörden überprüft und
vom Roten Kreuz betreut wurden.

Soweit es den Kontingentführer und die Angehörigen der
Zelle MilNWBw betrifft, haben diese jeweils einschlä-
gige Meldungen an die vorgesetzten Dienststellen abge-
setzt und keine weiteren Befehle zu dem „deutschen/
deutschsprachigen Gefangenen“ erhalten. Sie konnten da-
von ausgehen, dass es keinen Handlungsbedarf gibt oder
andere Dienststellen sich darum kümmern.

Ein Fehlverhalten liegt hier nicht vor.

III. Bewertung der Feststellungen zu
den Nummern 4 und 5 des Unter-
suchungsauftrages

Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD stellen fest, dass
das Kommando Spezialkräfte seinen Auftrag im Rahmen
sche“ irrtümlich in die Meldung hineingelangt war, wofür
man sich entschuldige. Das Verhalten des Zeugen ist

der Operation Enduring Freedom im Untersuchungszeit-
raum mit Erfolg und völkerrechtskonform erfüllt hat.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 131 – Drucksache 16/10650

Das 1. Einsatzkontingent in Kandahar, das vom KSK ge-
stellt wurde, hat in jeder Hinsicht militärisches Neuland
beschritten. Erstmals überhaupt kam das KSK in einen
dauerhaften Einsatz, ohne hinreichend auf diese Situation
eingestellt zu sein. Die Vorbereitungen mussten aufgrund
des hohen Zeitdrucks teilweise überstürzt und improvi-
siert erfolgen. Der Zielort des Einsatzes war zum Zeit-
punkt der Verlegung des Kontingents an den Ort der Zwi-
schenstationierung nicht bekannt und die Gesamtlage von
hoher Unsicherheit gekennzeichnet. Klare Vorgaben, An-
weisungen oder schriftliche Regelwerke waren nicht vor-
handen. Der Kontingentführer und seine Männer waren
auf sich allein gestellt und mussten von Beginn an impro-
visieren. Was den Lufttransport von Versorgungsgütern
und Ausrüstungsgegenständen betraf, war das deutsche
Kontingent zu 100 Prozent von den US-Streitkräften ab-
hängig, da deutsche Transportflugzeuge Kandahar nicht
anflogen.

Es wurde rasch deutlich, dass das KSK für die ihm
übertragenen Aufgaben teilweise nicht geeignet bzw.
überqualifiziert war. Im Untersuchungsausschuss als pro-
blematisch stellten sich Hinweise auf übermäßigen Alko-
holgenuss einzelner Vorgesetzter heraus wie auch Aussa-
gen einiger KSK-Soldaten, die eine „Zweiteilung“ des
Kontingents erahnen lassen. Neben dem Großteil der Sol-
daten, die Loyalität und großes Vertrauen in die Kontin-
gentführung hatten, existierte ein kleinerer Teil, der ver-
mehrt Kritik an grundlegenden Entscheidungen äußerte
und dem eine tiefere Unzufriedenheit mit der Führung an-
zumerken war. Ein Teil dieser Probleme stellte sich als
personenbezogen heraus und kann nicht dem System an-
gelastet werden. Teilweise hat ein falsch verstandener
Corpsgeist diese Probleme befördert, da sie offenbar
nicht ohne Vorbehalte von den militärischen Vorgesetzten
angegangen wurden.

Weitere Problembereiche waren die Umstände in dem
US-Gefangenenlager in Kandahar und ein rechtlicher
Prüfungsprozess innerhalb der Bundesregierung zur Ge-
fangennahme/Festnahme von Personen durch die KSK-
Soldaten im Einsatz.

Hinsichtlich der Umstände im US-Gefangenenlager gibt
es eine große Diskrepanz in den Aussagen von Murat
Kurnaz zu den Misshandlungen der Gefangenen durch
US-Soldaten und den Aussagen der Mehrzahl der als
Zeugen vernommenen Soldaten. Unterschwellig bis aus-
drücklich formulierte Vorwürfe der Opposition an die
vernommenen Soldaten stellten sich aber als haltlos und
unbegründet heraus.

Es gab unbestreitbar einen langwierigen Abstimmungs-
prozess innerhalb der Bundesregierung zur Frage, ob und
unter welchen Voraussetzungen deutsche Soldaten wäh-
rend einer Operation Personen festnehmen oder gefangen
nehmen können. Dieser lange und schwierige Prozess
war zum einen der nach wie vor ungeklärten Völker-
rechtslage bei dem Einsatz der internationalen Gemein-
schaft gegen den Terror geschuldet. Zum anderen war tra-
gender Gedanke der Führung des BMVg die Rechts- und

schen Prüfungen belastet werden, um verschiedene Op-
tionen für jeden einzelnen etwaigen Gefangenen durchzu-
gehen. Hier musste eine einfache, einheitliche Lösung
gefunden werden, die in der Übergabe eventuell zu über-
prüfender und zu inhaftierender Personen an die US-
Streitkräfte, die den gesamten Einsatz OEF führten, be-
stand.

Im Einzelnen kommen die Fraktionen von CDU/CSU und
SPD zu folgenden Bewertungen:

1. Art der Einsätze der KSK-Soldaten
Im Untersuchungszeitraum haben die drei Einsatzkontin-
gente des KSK sämtliche Einsätze erfolgreich und ohne
Verluste durchgeführt. Dabei handelte es sich um „direct
action“-Operationen und „special reconnaissance“-Ope-
rationen bzw. Erkundung und Raumaufklärung. Die Ope-
rationen liefen nach Aussage aller dazu vernommenen
Zeugen militärisch reibungslos und beispielhaft ab.

Drei generelle Schlussfolgerungen sind aus den Aussagen
der Zeugen zu ziehen.

Das KSK eignet sich nicht für einen ständigen Einsatz
mit Aufträgen, die auch von anderen Truppenteilen über-
nommen werden könnten. Die durchgeführten Opera-
tionen erforderten laut Aussage der KSK-Angehörigen
– vom Kommandosoldaten bis zum Kontingentführer und
zum Kommandeur des KSK – größtenteils nicht den Ein-
satz von Spezialkräften. Das KSK war überqualifiziert, da
eher nachrangige Aufgaben vom deutschen Kontingent
zu übernehmen waren. Hinzu kam, dass die US-Spezial-
kräfte gemäß amerikanischer Einsatzphilosophie die
KSK-typischen Aufgaben weitgehend selbst durchführten
und den Partnern nur unterstützende Aufgaben zuwiesen.

Gleichzeitig entsprach der dauerhafte Einsatz in Afgha-
nistan nicht der Konzeption des KSK. Nach dem Grund-
satz „rush in – rush out“ sieht die Konzeption des KSK
vor, die Truppe für kurzfristige Operationen (Festnahme,
Evakuierung usw.) in einen Einsatzraum zu verlegen, die
Operation rasch zu beenden und das Einsatzgebiet unver-
züglich wieder zu verlassen. Im Rahmen von OEF jedoch
wurde ein aus rund 100 Soldaten bestehendes Kontingent
dauerhaft im Einsatzland Afghanistan belassen, um ein-
zelne Operationen im Einsatzgebiet durchzuführen. Das
KSK ist nicht auf einen solch langen Verbleib im Einsatz-
gebiet ausgelegt.

Es hat sich weiterhin gezeigt, dass Spezialkräfte wenig
geeignet sind, um im Verbund mit anderen Bündnispart-
nern militärische Operationen durchzuführen. Schon nach
kurzer Zeit im Einsatz war der Kontingentführer bemüht,
die nationalen Entscheidungsabläufe bis zur Teilnahme
des KSK an einer Operation abzukürzen. Stand zu An-
fang jede Operation des KSK unter dem Vorbehalt der
Einwilligung des Verteidigungsministers, sollten später
nach zuvor festgelegten Kriterien zu bestimmende Ein-
sätze auch durch den Befehlshaber des Einsatzführungs-
kommandos bewilligt werden. Einsätze von Spezialkräf-
ten betreffen aber wegen ihrer Gefährlichkeit und Brisanz
Handlungssicherheit der Soldaten im Einsatz. Diese
konnten nicht mit langwierigen und komplizierten juristi-

den Kernbereich militärischen Handelns. Nationale Vor-
behalte wird es bei diesen Einsätzen immer geben. Jede

Drucksache 16/10650 – 132 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Nation – mag sie den Einsatz der sonstigen Truppen auch
unter ein multinationales Kommando gestellt haben –
wird sich die Genehmigung einer Spezialkräfte-Operation
vorbehalten. Da eine solche Operation so gut wie nie
durch eine multinationale Führung entschieden werden
kann, ist ein relativ langer Zeitvorlauf bis zur Genehmi-
gung durch jede Nation vorprogrammiert. Dies wider-
spricht der Natur der Einsätze von Spezialkräften.

Die Erfahrungen des deutschen Kontingents im Untersu-
chungszeitraum haben dies deutlich gezeigt. Als zu lang
empfundene Entscheidungswege über das Einsatzfüh-
rungskommando in das Bundesverteidigungsministerium
hinein; die Zuteilung nachrangiger Aufgaben durch die
US-Streitkräfte, die sich die wichtigen Operationen selber
vorbehalten haben; und die logistische Abhängigkeit des
deutschen Kontingents in jeder Hinsicht von den US-
Streitkräften legen diese Schlussfolgerung nahe.

Auch die Eigenart und Konzeption dieser Einsätze er-
leichtert nicht die Zusammenarbeit unter einem multi-
nationalen Dach. Während reguläre Kontingente in den
heutigen Auslandseinsätzen dauerhaft im Einsatzland sta-
tioniert sind und oft eine Aufteilung der Region nach den
größeren Kontingenten der beteiligten Nationen stattfin-
det, sind Einsätze von Spezialkräften auf punktuelle Ope-
rationen mit kurzer Dauer, aber hoher Gefährdung ausge-
legt. Der Aufbau von funktionierenden multinationalen
Strukturen und eine eingespielte Aufgabenteilung nach
den verschiedenen Fähigkeiten sind hier naturgemäß
nicht so gut möglich.

Beide Entwicklungen hatten ihre Begründung und Recht-
fertigung in der politischen Grundentscheidung, dem
Bündnispartner USA im Kampf gegen die asymmetrische
terroristische Bedrohung beizustehen. Nach den Anschlä-
gen des 11. September 2001 war es für jeden Bündnis-
partner der USA selbstverständlich, militärische Unter-
stützung zu leisten, um dem Selbstverteidigungsrecht der
USA und des Bündnisses Geltung zu verschaffen. Die
Einsatzplanung der USA sah den Beitrag anderer Natio-
nen zur Mission OEF in der Bereitstellung von Spezial-
kräften. Für die Bundesrepublik Deutschland war dies das
Einsatzkontingent des KSK. Dem politischen Willen zur
Unterstützung folgend, waren die teilweise Unterforde-
rung des KSK und die nicht immer optimale Einsatzart
hinzunehmen. Anders hätte Deutschland seine gegenüber
den USA eingegangenen Verpflichtungen nicht erfüllen
können. Die Bundesrepublik Deutschland hat sich aber in
Bündnissen und in der Koalition gegen den Terror ver-
pflichtet, den Partnern in Lagen der Bedrohung beizuste-
hen bzw. um bei einer etwaigen eigenen Gefährdung Bei-
stand zu erhalten. Dies ist die Natur dieser Bündnisse.

Die Koalitionsfraktionen erkennen auch die Entscheidung
der damaligen Bundesregierung an, mit der Teilnahme an
der Mission OEF „auf der sicheren Seite“ zu sein. Es
wurde der Truppenteil entsandt, der die optimale Auftrags-
erfüllung und den bestmöglichen Eigenschutz erwarten
ließ. Da keine eigenen Erfahrungen der deutschen Streit-
kräfte mit einem solchen Einsatz existierten, wusste nie-

Kommandos Spezialkräfte war daher die richtige Maß-
nahme.

Weitere Schlussfolgerungen in Bezug auf streitkräfte-in-
terne, operative Abläufe sind inzwischen überholt. Mit
Blick auf das KSK und die Melde- und Informationswege
innerhalb des BMVg sind die Lehren aus dem 1. Einsatz-
kontingent bereits weitgehend und unabhängig vom Er-
gebnis des Untersuchungsausschusses umgesetzt. Das KSK
wird inzwischen von einem spezifischen Stabselement für
spezielle Operationen beim Einsatzführungskommando
geführt. Beim für die laufenden Auslandseinsätze zustän-
digen Referat im BMVg (Fü S V 3) ist ein Stabsoffizier
mit KSK-Erfahrung implementiert worden. Aufgrund des
sogenannten Berliner Erlasses vom 21. Januar 2005 ist
der Generalinspekteur der Bundeswehr zuständig für die
Planung und Durchführung der Auslandseinsätze. Mit der
geplanten und politisch entschiedenen Aufstellung eines
Einsatzführungsstabes im BMVg wird auch die Füh-
rungsfähigkeit des Generalinspekteurs und damit im Wei-
teren auch der politischen Leitung weiter optimiert. Zu-
dem wurde die Politische Bildung in der Bundeswehr
durch eine Novelle der Zentralen Dienstvorschrift 12/1
den veränderten Rahmenbedingungen angepasst und der
politischen Leitung ein Durchgriff bis auf untere militäri-
sche Verantwortungsebenen eingeräumt.

Das KSK hat bei zahlreichen späteren Einsätzen mit ei-
nem optimal auf seine Belange zugeschnittenen Aufga-
benprofil seine hohe, auch international anerkannte Leis-
tungsfähigkeit wiederholt unter Beweis stellen können.
Ein über die bisherigen Adaptionen hinausgehender Re-
formbedarf konnte aus dem Ergebnis des Untersuchungs-
ausschusses nicht abgeleitet werden.

2. Einsatzregeln des KSK
Das deutsche Kontingent hat den Einsatz im Untersu-
chungszeitraum dem Völkerrecht, dem deutschem Ver-
fassungs- und Wehrrecht und den bundeswehrinternen
Erlassen und Befehlen für den Auslandseinsatz gemäß
durchgeführt.

a) Kritisch sehen die Koalitionsfraktionen dabei die nicht
zu ignorierenden Hinweise auf einen hohen Alkoholkon-
sum von Vorgesetzten des 1. Kontingents. Es ist unzwei-
felhaft, dass Alkohol im deutschen Kontingent getrunken
wurde. Dabei galt grundsätzlich die bekannte Faustregel
von „zwei Bier pro Mann und Tag“. Darüber hinaus gab
es allerdings Aussagen von vier Zeugen, die einen teil-
weise übermäßigen Genuss von Bier, Wein und stärkeren
Spirituosen bemerkt haben. Beunruhigend dabei ist, dass
Vorgesetzte im Kontingent laut diesen Aussagen ebenso
übermäßig viel getrunken haben. Diesen Hinweisen ste-
hen die übereinstimmenden Aussagen des damaligen Be-
fehlshabers Einsatzführungskommando der Bundeswehr
und des ehemaligen Kommandeurs KSK gegenüber, die
beide diesen Sachverhalt überprüft haben. Beide Vorge-
setzte kamen zu dem Ergebnis, dass kein Handlungsbe-
darf in Bezug auf disziplinare Ermittlungen oder die Ab-
lösung aus dem Einsatz bestand. Diese Einschätzung der
mand in der politischen und militärischen Führung, was
das deutsche Kontingent erwartet. Die Entsendung des

zuständigen Vorgesetzten müssen die Mitglieder des Un-
tersuchungsausschusses zur Kenntnis nehmen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 133 – Drucksache 16/10650

Die Koalitionsfraktionen bewerten diesen Sachverhalt als
Fehlverhalten Einzelner, der personenbezogen war und
den Auftrag des Kontingents zu keinem Zeitpunkt gefähr-
det hat. Da die Angelegenheit von den zuständigen Vor-
gesetzten überprüft wurde, handelt es sich nicht um eine
Fehlentwicklung, die im System angelegt ist oder durch
das System begünstigt wurde. Die streitkräfte-internen
Überprüfungsmechanismen haben funktioniert. Allerdings
ist angesichts der Aussagen zum erhöhten Alkoholkon-
sum das Ausbleiben von Konsequenzen zu hinterfragen.
Weiterhin stellt sich die Frage, warum die Vorgesetzten,
bei denen schon im 1. Kontingent der Verdacht auf einen
überhöhten Alkoholgenuss aufkam, mit dem 3. Kontin-
gent erneut in den Einsatz entsandt wurden. In der Bewer-
tung eines Gremiums, das die Sachverhalte der Jahre
2001 und 2002 aus heutiger Sicht betrachtet, ist diese
Entscheidung zu kritisieren.

b) Ein Gegenstand besonderer Untersuchung im Aus-
schuss war die Frage nach den „Rules of Engagement“
für diesen Einsatz. In der Mehrzahl der internationalen
Missionen sind „Rules of Engagement“ Bestandteil des
Operationsplans. Grundlage für dieses Regelwerk ist das
Völkerrecht in für die jeweilige Mission besonders ausge-
prägter Form.

Für OEF wurden keine „Rules of Engagement“ verein-
bart. Daraus kann keinesfalls – wie seitens der Opposition
getan – der Schluss gezogen werden, dass damit diese
Mission in einer Art „rechtsfreiem Raum“ stattfand. Kein
besonders zugeschnittenes Regelwerk bedeutet eben
nicht, dass es keine rechtlichen Grundlagen gibt, vielmehr
gilt die Gesamtheit aller völkerrechtlichen Bestimmungen
für die Mission OEF. Dieser Umstand wurde den Solda-
ten des KSK, wie jedem anderen Teilnehmer an einem
Auslandseinsatz auch, unmissverständlich vermittelt. Je-
der Kontingentangehörige trug die Taschenkarte „Huma-
nitäres Völkerrecht in bewaffneten Konflikten“ am Mann,
die auf sieben Seiten die Grundregeln dieses Rechtsge-
biets darlegt. Beim KSK fanden und finden regelmäßig
Unterrichtungen durch Juristen für die Teilnehmer an
Auslandseinsätzen über die völkerrechtlichen Grundlagen
der Missionen statt. Wie der damalige Kommandeur des
KSK und der Unterabteilungsleiter R II im BMVg als
Zeugen bestätigt haben, galt das auch für die Teilnehmer
an der Mission OEF.

Der damalige Befehlshaber des Einsatzführungskomman-
dos der Bundeswehr war gegenüber dem Einsatz ohne
„Rules of Engagement“ zunächst skeptisch, ließ sich aber
laut seiner Aussage im Untersuchungsausschuss überzeu-
gen.

c) Die Opposition versuchte wiederholt, das Thema „Ge-
fangennahme/Festhalten von Personen durch deutsche
Soldaten“ zu instrumentalisieren: die rot-grüne Bundes-
regierung habe hier einen Beitrag zur in der internatio-
nalen Kritik stehenden Inhaftierung von Personen im US-
Gefängnis in Guantánamo Bay, Kuba, geleistet.

Ein solcher Beitrag wurde im gesamten Untersuchungs-

rung Genommener an die US-amerikanischen Kräfte
übergeben und dann nach Guantánamo gebracht wurde.
Im Untersuchungszeitraum trat einmal die Situation auf,
dass zwei Personen von deutschen KSK-Angehörigen
während einer Operation festgehalten wurden. Nach
Überprüfung durch die US-Behörden konnten beide Per-
sonen wieder ihrer Wege gehen.

Leitlinie der Bundesregierung und speziell des BMVg in
dieser Hinsicht war es, den Soldaten im Einsatz eine klare
Handlungsanweisung an die Hand zu geben. Weder sind
Soldaten juristisch geschult noch gehören Einschätzun-
gen möglicher Rechtslagen zu ihrem Auftrag bei der Mis-
sion OEF. Gerade im Umgang mit mutmaßlichen extrem
gefährlichen Terroristen oder Taliban-Kämpfern sind
zeitaufwändige, nach persönlichem Hintergrund differen-
zierte Handlungsalternativen völlig fehl am Platze. Die
Einrichtung eines eigenen Gefangenenwesens mit dauer-
hafter Unterbringung, Verpflegung und medizinischer
Versorgung von Gefangenen durch das deutsche Kontin-
gent verbot sich von selbst, da dies nicht im vom Bundes-
tag beschlossenen Mandat enthalten noch die Logistik da-
für vorhanden war.

Weiterhin verweisen die Koalitionsfraktionen hier auf die
Aussage des damaligen Verteidigungsministers Scharping:
Die Bundesrepublik Deutschland wirke an einem völker-
rechtswidrigen Vorgehen nicht mit. Es habe innerhalb der
Bundesregierung keinen Zweifel gegeben, dass bezüglich
Festgehaltener oder Festgenommener bestimmte Rechts-
normen einzuhalten sind. Dies war die feste Haltung der
damaligen Bundesregierung.

Was die Fraktionen von CDU/CSU und SPD in ihrer Be-
wertung wesentlich bestärkt, ist die Befassung des Vertei-
digungsausschusses mit dem Thema „Gefangennahme
von Personen im Rahmen von OEF“ noch im Jahr 2002.
In der Sitzung vom 13. November 2002 informierte der
damalige Parlamentarische Staatssekretär im BMVg,
Walter Kolbow, den gesamten Verteidigungsausschuss
über die Praxis der deutschen Soldaten bei der OEF, keine
eigenen Gefangenen zu machen, sondern die US-ameri-
kanischen Streitkräfte dabei zu unterstützen. Das Gefan-
gennehmen sei nicht die Aufgabe der deutschen KSK-
Soldaten. Im Falle einer Notsituation, die einen Zugriff
erfordere, werde dies nach den Vorschriften des Völker-
rechts gelöst (MAT 16 – 6, Protokoll des Verteidigungs-
ausschusses vom 13. November 2002, S. 3). Dieser Um-
stand blieb unwidersprochen. Jedes Mitglied des
Verteidigungsausschusses hätte die Möglichkeit gehabt,
dazu mit den Mitteln der Abgeordneten und der Fraktio-
nen weitere Informationen seitens der Bundesregierung
einzuholen und eine Änderung der Rechtsansicht und
Handhabung einzufordern. Jede Fraktion, die nun das da-
malige Handeln der Bundesregierung rügt, muss sich an
ihrem früheren Verhalten messen lassen.

3. Umstände in dem US-Gefangenenlager
Murat Kurnaz hat in seiner Aussage vor dem Untersu-
chungsausschuss von ständigen Schlägen und Misshand-
zeitraum nicht geleistet. Es gibt keinen einzigen konkre-
ten Fall, in dem ein von deutschen Soldaten in Verwah-

lungen durch US-amerikanische Soldaten berichtet.
Gleichzeitig seien ständig Schreie als Ergebnis dieser

Drucksache 16/10650 – 134 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Misshandlungen zu hören gewesen. Die Mitgefangenen
Ruhal Ahmed und Asif Iqbal haben vergleichbare Aus-
sagen gemacht. Konsequenterweise haben die Mitglieder
des Untersuchungsausschusses die deutschen Soldaten
dazu befragt, ob sie solche Misshandlungen oder Spuren
davon gesehen haben und wenn ja, wie sie reagiert haben.
Derartige Menschenrechtsverletzungen hätten von jedem
deutschen Soldaten gemeldet werden müssen.

Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD sind überzeugt,
dass derartige Misshandlungen, Misshandlungsspuren
oder Schreie als Folge davon nicht zu sehen oder zu hö-
ren waren. Alle vernommenen deutschen Zeugen, die das
Gefangenenlager besichtigt oder darin Wachunterstüt-
zung geleistet haben, haben einheitlich ausgesagt, dass
keine Schläge oder vergleichbare Misshandlungen der
Gefangenen wahrzunehmen waren, dass keine Spuren
solcher Misshandlungen zu sehen und keine Schreie in
dem Gefangenenlager zu hören waren. Diese Aussagen
stammen nicht nur von den Zeugen, die insgesamt keine
negative Wertung zu dem Gefangenenlager abgegeben
haben – also der Mehrzahl der vernommenen Soldaten –,
sondern dies gilt auch für die Zeugen, die sich kritisch in
Bezug auf das Gefangenenlager äußerten. So lehnt der
katholische Militärpfarrer in seiner schriftlichen Stellung-
nahme gegenüber dem Untersuchungsausschuss das Ge-
fangenenlager als solches als Widerspruch gegen die

allgemeine Menschlichkeit ab, hat aber keine konkreten
Misshandlungen und Körperverletzungen bemerkt
(MAT 16 – 52, S. 2).

Aufschluss zu diesem Widerspruch der Zeugenaussagen
mag die Aussage des ebenfalls in Kandahar inhaftierten
Zeugen Ruhal Ahmed bringen. Der Zeuge berichtete vor
dem Untersuchungsausschuss, dass viele der Misshand-
lungen darin bestanden haben, Gefangene beim Laufen
mit Fußfesseln zu schubsen oder so schnell laufen zu las-
sen, dass die Fesseln in die Fußgelenke einschnitten.
Gleiches habe für die Handfesseln gegolten, an denen die
Gefangenen regelmäßig durch die US-Soldaten hoch-
oder fortgerissen worden seien. Alle Gefangenen hätten
davon schmerzhafte Einschnitte an Hand- und Fußgelen-
ken gehabt. Die „eigentliche Folter“ fing laut der Aussage
von Ruhal Ahmed mit der Verbringung nach Guantánamo
an.

Derartige Verletzungen sind durchaus erheblich und wer-
den von Gefangenen durchaus zu Recht als dauerhafte
Misshandlung empfunden. Sie sind jedoch aus einigen
Metern Entfernung, die von den deutschen Soldaten bei
der Besichtigung und bei der Wachunterstützung in dem
Gefangenenlager naturgemäß eingehalten wurde, nicht zu
erkennen, wenn man nicht besonders darauf aufmerksam
gemacht wird.

Geheimhaltung ist hier in Ausgleich mit dem Informa-
tionsanspruch des Deutschen Bundestages über die be-
waffneten Einsätze der Streitkräfte zu bringen. Dieser
Anspruch erwächst aus dem besonderen Verhältnis des
Parlaments zur Bundeswehr in der Bundesrepublik

durch die Bundesregierung in den letzten Jahren er-
heblich zugenommen hat. Eine inhaltlich adäquate
Unterrichtung hat im Wesentlichen stattgefunden.
Adressat sind die Obleute der Fraktionen im Auswärti-
gen Ausschuss sowie im Verteidigungsausschuss. Die
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 135 – Drucksache 16/10650

B. Schlussfolgerungen

Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD sehen in einigen
Punkten Überprüfungs- oder Verbesserungsbedarf, was
das Verhältnis der „Parlamentsarmee“ Bundeswehr zum
Deutschen Bundestag betrifft. Auch insofern war der Un-
tersuchungsausschuss lehrreich und nutzbringend.

Im Einzelnen:

1. Es ist zu überprüfen, wie weit das Geheimhaltungsbe-
dürfnis in Bezug auf das KSK tatsächlich geht. Unbe-
stritten ist, dass es zwei Kernbereiche gibt, für die ein
absolutes Geheimhaltungsbedürfnis gilt. Das sind der
Identitätsschutz der KSK-Angehörigen und laufende
militärische Operationen des KSK. Der Identitäts-
schutz ist zwingende Voraussetzung, um die KSK-An-
gehörigen und deren Verwandte vor Gefährdung und
Erpressbarkeit zu bewahren.

Leider hat auch der Untersuchungsausschuss selber
gezeigt, wo eine auch nur punktuelle Aufweichung
des Identitätsschutzes hinführen kann. Durch die Bei-
ziehung von Akten des Bundesverteidigungsministe-
riums im Untersuchungsausschuss erhielt ein begrenz-
ter Personenkreis außerhalb der dafür zuständigen
Dienststellen der Bundeswehr Zugriff auf persönliche
Daten von einigen Dutzend KSK-Soldaten. Aufgrund
von Verstößen gegen die Geheimhaltungsvorschriften
wurden diese Daten an einige „investigative“ Journa-
listen weitergegeben. Folge war die Kontaktaufnahme
einiger Journalisten zu mehreren KSK-Soldaten, um
Einzelheiten über die Einsätze des KSK in Afghanis-
tan zu erfahren. Die betroffenen Soldaten sahen dies
zu Recht als Gefährdung ihrer Person und ihrer Ange-
hörigen an. Die Koalitionsfraktionen rechnen den
Identitätsschutz deshalb dem Kernbereich der Ge-
heimhaltung zu.

Auch laufende militärische Operationen des KSK dür-
fen von der Geheimhaltung nicht ausgenommen wer-
den. Andernfalls würde der Erfolg der Operation ge-
fährdet und das Leben der teilnehmenden Soldaten
aufs Spiel gesetzt.

Darüber hinaus ist jedoch zu überprüfen, wie weit die
Geheimhaltung gehen muss und wie weit der Bundes-
tag über die Einsätze des KSK zu informieren ist. Die

Bundestages. Der Erfordernis der Zustimmung des
Bundestages vor einem bewaffneten Einsatz entspricht
das Rückholrecht des Parlaments. Der Bundestag
muss in der Lage sein, einen bewaffneten Einsatz der
Streitkräfte abzubrechen, auch wenn das von der Bun-
desregierung nicht gewollt oder der Zweck der Mis-
sion noch nicht erreicht ist. Zwingend erforderlich für
das Rückholrecht ist eine umfassende Information des
Bundestages über die wesentlichen Eckdaten des be-
waffneten Einsatzes. Ansonsten wäre keine belastbare
Grundlage für die Entscheidung über Andauern oder
Abbruch des Einsatzes vorhanden. Dies entspricht
dem Charakter der Bundeswehr als „Parlamentsar-
mee“. § 6 Abs. 1 Parlamentsbeteiligungsgesetz folgt
diesem Prinzip und normiert eine Pflicht der Bundes-
regierung, den Bundestag über den Verlauf des Einsat-
zes und die Entwicklung im Einsatzland zu unterrich-
ten. Das KSK ist von dieser Pflicht nicht
ausgenommen. Das Bundesverfassungsgericht hat im
Falle besonderer Geheimhaltungsbedürftigkeit einen
Einsatz ohne Beteiligung des Bundestages für zulässig
erachtet. Demgemäß muss die Unterrichtungspflicht
der Bundesregierung auch Ausnahmen aus Gründen
der Geheimhaltung kennen. Dies wird von den Koali-
tionsfraktionen nicht angezweifelt. Jedoch muss hier
der Ausgleich zwischen Geheimhaltungsbedürfnis der
Spezialkräfte und dem Anspruch auf Unterrichtung
des Bundestages gefunden werden.

Dieser Ausgleich kann etwa die Information über das
Ob des aktuellen Einsatzes von KSK und weitere Ein-
zelheiten über abgeschlossene Operationen enthalten.
Taktische Einzelheiten oder Operationsdetails würden
laufende oder künftige Einsätze gefährden, jedoch gibt
es keinen Grund, dem Parlament Informationen über
die Existenz von KSK-Einsätzen und den Erfolg sowie
grundlegender Eckdaten vorzuenthalten.

2. Eng mit diesen Erwägungen verknüpft ist die Über-
prüfung, wie der Informationsanspruch des Parla-
ments inhaltlich und in seiner Regelmäßigkeit verbes-
sert werden kann. Die Fraktionen von CDU/CSU und
SPD erkennen an, dass die Information des Bundesta-
ges über die Einsätze des Kommandos Spezialkräfte
Deutschland. Wie das Bundesverfassungsgericht in
seiner Grundsatzentscheidung vom 12. Juli 1994
(Az: 2 BvE 3/92 u. a.) feststellte, bedarf jeder bewaff-
nete Einsatz der Bundeswehr der – grundsätzlich vor-
herigen – konstitutiven Zustimmung des Deutschen

Bundesregierung muss jedoch zur Kenntnis nehmen,
dass § 6 Abs. 1 Parlamentsbeteiligungsgesetz eine Un-
terrichtung des gesamten Bundestages vorsieht. Eine
Begrenzung auf einen Teil der Abgeordneten – seien
es Obleute oder auch alle Mitglieder von Auswärtigem

die der Deutsche Bundestag in Bezug auf die Streit-
kräfte bei den Angehörigen des Kommandos Spezial-
kräfte einnimmt. Bei den Vernehmungen der Zeugen
aus den Reihen des KSK war einer Vielzahl von Sol-
daten eine wenig verdeckte Ablehnung und ein Unver-
ständnis über die Einmischung des Parlaments in die
Angelegenheiten des KSK anzumerken. Zwei Zeugen
haben ihre Ablehnung in vorbereiteten kurzen Stel-
lungnahmen deutlich zum Ausdruck gebracht. Diese
Haltung entspringt offensichtlich nicht nur der – aus
Sicht der Betroffenen verständlichen – Empörung an-
gesichts zahlreicher Untersuchungen, die aufgrund der
Behauptung eines Einzelnen stattfinden. Loyalität
wird gegenüber der Bundeswehr und dem Bundesver-
teidigungsministerium empfunden. Dieses Vertrauen
und diese Loyalität der Exekutive gegenüber sind rich-
tig und notwendig.

Jedoch muss jedem Soldaten der „Parlamentsarmee“
Bundeswehr vermittelt werden, dass sich die Legiti-
mation der Streitkräfte in der Bundesrepublik
Deutschland vom gesamten Volk ableitet, deren ge-
wählte Vertreter die Abgeordneten des Deutschen
Bundestages sind, die auch den Bundeskanzler wählen

Konkreter Ausdruck dieser Grundverantwortung ist
der Verteidigungsausschuss, der sich ständig mit The-
men der Streitkräfte befasst, die über die reinen Ge-
setzentwürfe mit Bezug zur Bundeswehr hinausgehen.
Und der Verfassungsgeber hat dem Verteidigungsaus-
schuss durch Artikel 45a Abs. 2 GG das Recht zur
Konstituierung als Parlamentarischer Untersuchungs-
ausschuss eingeräumt. Dass dies ein nicht regelmäßi-
ger, aber doch regulärer Vorgang innerhalb der parla-
mentarischen Kontrolle ist, muss von allen Soldaten
der Bundeswehr verstanden und im Grundsatz akzep-
tiert werden.

Da dies offensichtlich nicht der Fall ist, müssen Me-
chanismen gefunden werden, um das Vertrauen der
KSK-Angehörigen in das Parlament und in das Sys-
tem der Beziehungen zwischen Streitkräften und Par-
lament zu stärken.

Sich diesen Schlussfolgerungen in geeigneter Weise an-
zunehmen, wird Aufgabe der Bundesregierung sein, vor
allem aber des Verteidigungsausschusses im Rahmen sei-
ner künftigen Beratungen.
Drucksache 16/10650 – 136 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Ausschuss und Verteidigungsausschuss – ist dem
Wortlaut nicht zu entnehmen. Der besonderen Stellung
des KSK ist Rechnung zu tragen. Daher ist hier ein
institutionalisiertes Verfahren zu finden, das beide
Interessen berücksichtigt.

3. Die Koalitionsfraktionen schließen weiterhin aus den
Ergebnissen des Untersuchungsausschusses, dass Spe-
zialkräfte für den Einsatz im multinationalen Verband
wenig geeignet sind. Einzelheiten wurden unter
Ziffer III. 1. ausgeführt. Bundesregierung und Deut-
scher Bundestag werden dies bei künftigen Einsätzen
des KSK zu beachten haben.

4. Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD sehen letzt-
lich einen bestimmten Nachholbedarf bei der Vermitt-
lung des Begriffs „Parlamentsarmee“ und der Rolle,

und die Bundesregierung kontrollieren. Der Begriff
„Parlamentsarmee“ ist keine bloße Floskel und er-
schöpft sich nicht in der halbjährigen Zustimmung des
Bundestages zu den laufenden Auslandseinsätzen. Das
Parlament hat eine Grundverantwortung für die deut-
schen Streitkräfte, die in zahlreichen Einzelbestim-
mungen zum Ausdruck kommt. Der Bundestag be-
stimmt über den Haushaltsplan die zahlenmäßige
Stärke und Grundzüge der Organisation der Streitkräfte
(Artikel 87a Abs. 1 GG). Er ist zusammen mit dem
Bundesrat für die Feststellung des Verteidigungsfalls zu-
ständig (Artikel 115a Abs. 1 GG) und muss gemäß der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Ur-
teil vom 12.07.1994) einem bewaffneten Einsatz der
Streitkräfte im Rahmen eines Systems gegenseitiger
kollektiver Sicherheit konstitutiv zustimmen.

die gegenwärtige Bundesregierung tragenden Fraktionen
ihn beantragt haben, erschließen sich auch nach Abschluss
seiner Arbeit nicht, da ein aktiver Aufklärungswille nicht
erkennbar war.

Die Fraktion der FDP hat der Einsetzung des Untersu-
chungsausschusses zugestimmt, um

– die von Herrn Murat Kurnaz gegen Bundeswehrsolda-

rige des KSK zu erkennen gegeben hätten. Einen dieser
Soldaten hat er am 28. Dezember 2006 aus einer ihm von
der Staatsanwaltschaft Tübingen vorgelegten Lichtbild-
mappe, bestehend aus 48 Fotos, identifiziert. 34 der auf
den 48 Fotos abgebildeten Personen waren von vornhe-
rein außerhalb jeglichen Verdachts, 14 kamen als mögli-
che Tatverdächtige infrage. Diese Tatsache, ergänzt durch
das Gesamtbild der Aussage von Herrn Kurnaz vor dem
Untersuchungsausschuss, stärkt den Eindruck seiner
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 137 – Drucksache 16/10650

Vierter Teil

Sondervoten

A. Minderheitenbericht der Fraktion der FDP

I. Einführung

Die Fraktion der FDP macht von ihrem Recht gemäß § 66
Abs. 2 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages
(GO-BT) und § 33 Abs. 2 des Gesetzes zur Regelung des
Rechts der Untersuchungsausschüsse des Deutschen Bun-
destages (Untersuchungsausschussgesetz – PUAG) Ge-
brauch, einen abweichenden Bericht vorzulegen.

Der Verteidigungsausschuss beschloss auf Antrag der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD am 25. Oktober 2006
einstimmig, sich als 1. Untersuchungsausschuss einzuset-
zen, was mit der ersten Sitzung des Untersuchungsaus-
schusses am 8. November 2006 gemäß Artikel 45a Ab-
satz 2 GG vollzogen wurde.

Gegenstände der Untersuchung sollten sein:

– Klärung der Kontakte von Bundeswehrangehörigen
mit Murat Kurnaz während dessen Inhaftierung durch
US-Streitkräfte in Kandahar/Afghanistan;

– Aufklärung einer möglichen Kenntnis von Personen
innerhalb der Bundeswehr und/oder im Bundesminis-
terium der Verteidigung über solche Kontakte;

– Klärung der Frage, ob Murat Kurnaz in dieser Zeit von
Bundeswehrsoldaten misshandelt wurde, und wenn ja,
wie und durch wen;

– Anzahl und Art der Einsätze des Kommandos Spezial-
kräfte (KSK) von November 2001 bis November 2002
in Kandahar, deren Einsatzregeln sowie die Einflüsse
von Dienststellen der Bundeswehr und des Bundes-
ministeriums der Verteidigung auf diese Einsätze;

– Klärung der Frage, welche Personen in der Bundes-
wehr und im Bundesministerium der Verteidigung von
diesen Einsätzen welche Kenntnisse hatten.

Weder die Fraktion der FDP noch die anderen Fraktionen
der Opposition im Deutschen Bundestag hatten diesen Un-
tersuchungsausschuss beantragt. Die Gründe, warum die

haltung einer aus der Bundesrepublik Deutschland
stammenden Person zu untersuchen,

– die offensichtlich bestehende Problematik bei der Frage
der Gefangennahme von Personen durch Soldatinnen/
Soldaten der Bundeswehr in Afghanistan zu beleuch-
ten,

– die politische Vorbereitung und Verantwortung für den
übernommenen Auftrag des KSK zu untersuchen und

– die grundsätzliche Frage einer wirksamen parlamenta-
rischen Kontrolle auch in Bezug auf das KSK der
Bundeswehr zu überprüfen.

Der Untersuchungsausschuss hat seine ihm gestellten
Aufgaben aus den verschiedensten Gründen, die später
noch eingehender beleuchtet werden, nach Meinung der
Fraktion der FDP nur unzureichend erfüllt. Hingegen ist
die durchweg sachorientierte und von dem Bemühen zur
Aufklärung getragene Verfahrensleitung des Vorsitzenden
des Untersuchungsausschusses ausdrücklich zu würdi-
gen.

II. Untersuchungsergebnisse
Als Ergebnisse, bezogen auf die von der Fraktion der
FDP für klärungsbedürftig erachteten Fragen, bleiben
festzuhalten:

1. Beschuldigungen durch Murat Kurnaz
Herr Kurnaz schilderte in seiner Vernehmung am 17. Ja-
nuar 2007 (vgl. Stenografisches Protokoll Nr. 4, S. 31 ff.)
glaubwürdig den Ablauf seiner Begegnung mit zwei Sol-
daten, die die deutsche Flagge auf ihren Uniformen tru-
gen, und die spätere Misshandlung durch eben diese zwei
Soldaten. Er führte aus, dass sich dieser Vorfall in den
ersten zwei Wochen seiner Gefangenschaft in Kandahar
ereignet hat und dass sich die zwei Soldaten als Angehö-
ten erhobenen schweren Vorwürfe der Misshandlung
aufzuklären,

– die mögliche Kenntnis der militärischen wie der poli-
tischen Führung der Bundeswehr über die Gefangen-

Glaubwürdigkeit.

Die Vernehmungen der Soldaten/ehemaligen Soldaten
des KSK, die zu der besagten Zeit in Kandahar und auch
in dem Gefangenenlager waren, in dem Herr Kurnaz fest-

Drucksache 16/10650 – 138 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

gehalten wurde, gaben ein sehr unterschiedliches Bild.
Die Bandbreite ging von strikter Aussageverweigerung
bis hin zu umfänglichen Schilderungen der persönlichen
Erlebnisse und Wahrnehmungen. Dabei war auffällig,
dass diese zum Teil sehr gegensätzlich waren, sowohl in
der Schilderung sehr konkreter einzelner Fälle als auch
im Grundsätzlichen.

Bei der Vernehmung von zwei Mitgefangenen von Herrn
Kurnaz traten ebenfalls Widersprüche zutage (vgl. Wort-
protokoll Nr. 22, Teil II, S. 30 ff.).

So kann es nicht überraschen, dass die von Herrn Kurnaz
sowohl in der Wochenzeitschrift stern als auch später in
der Fernseh-Talkshow beckmann gegen zwei Soldaten
des KSK erhobenen Anschuldigungen durch den Unter-
suchungsausschuss weder zweifelsfrei bestätigt noch um-
fassend entkräftet werden konnten.

2. Kenntnis der militärischen und politischen
Führung über die Gefangenschaft von
Murat Kurnaz in Kandahar

Wie die Vernehmungen der Soldaten des KSK ergaben
auch die Anhörungen der Zeugen aus der militärischen
Führung der unterschiedlichsten Ebenen sowie aus dem
zivilen Leitungsbereich des Bundesministeriums der Ver-
teidigung (BMVg) kein einheitliches Bild. Bisweilen war
es verwunderlich zu vernehmen, dass brisante Meldungen
aus Afghanistan zwar das Einsatzführungskommando der
Bundeswehr erreichten, nicht jedoch das BMVg. Darin
ging es z. B. um die akute Gefährdung von Soldaten
durch eine falsche Handhabung einer Handfeuerwaffe, in
deren Folge sich zweimal Schüsse lösten, die zur Ablö-
sung eines Soldaten führten. Darüber hinaus erreichten
offensichtlich auch Meldungen über den zumindest
leichtfertigen Umgang mit Alkohol durch militärisches
Führungspersonal des KSK in Kandahar zwar die Abtei-
lung Spezialkräfte im Einsatzführungskommando der
Bundeswehr, nicht jedoch den Befehlshaber des Kom-
mandos und somit auch nicht das BMVg.

Diese Ergebnisse der Vernehmungen sind deshalb von be-
sonderer Bedeutung, weil bis zum Ende der Arbeit des
Untersuchungsausschusses nicht eindeutig aufgeklärt
werden konnte, zu welchem Zeitpunkt die militärische
Führung der Bundeswehr, die politische Leitung des
BMVg und/oder die Bundesregierung Kenntnis über die
Gefangenschaft von Herrn Kurnaz in Kandahar erlangte.
Hier widersprachen sich die Aussagen, beginnend bei der
Befehlsgebung für die Wachgestellung für das US-Gefan-
genenlager durch das KSK bis hin zu der Frage, ob dieser
untypische Einsatz in Kenntnis bzw. mit dem Einver-
ständnis des Einsatzführungskommandos der Bundes-
wehr und/oder des BMVg durchgeführt wurde.

Ähnlich verhielt es sich bei der Frage, wann wer erstmals
Kenntnis darüber erlangte, dass sich eine aus der Bundes-
republik Deutschland stammende Person im US-Gefan-
genenlager in Kandahar befindet. Während der Befehls-

sein schien (vgl. Stenografisches Protokoll Nr. 10, Teil II,
S. 10), offensichtlich durch das KSK, will das BMVg – in
Person des Stabsabteilungsleiters V des Führungsstabs
der Streitkräfte (StAL Fü S V) – davon erst am 7. Januar
2002 erfahren haben (vgl. Stenografisches Protokoll Nr.
10, Teil II, S. 7), und zwar nicht auf dem Dienstweg vom
Einsatzführungskommando, sondern vom Verbindungs-
kommando der Bundeswehr beim CENTCOM in Tampa,
Florida. Dies ist umso erstaunlicher, als eben dieses Ver-
bindungskommando bereits auch am 3. Januar 2002 eine
erste Meldung über Detainees in Kandahar, also über das
dortige US-Gefangenenlager, an den StAL Fü S V gemel-
det hat. Einhellig bestätigten aber sowohl der Befehlsha-
ber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr als
auch der STAL Fü S V, dass von ihnen eine Meldung über
diesen Sachverhalt an die militärische und/oder politische
Führung des BMVg, aus welchen Gründen auch immer,
mit großer Wahrscheinlichkeit unterblieben ist (vgl. Ste-
nografisches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 9). Diese Aussa-
gen wurden durch den damaligen Generalinspekteur der
Bundeswehr, soweit ihm erinnerlich war (vgl. Stenografi-
sches Protokoll Nr. 18, Teil II, S. 7), und durch den dama-
ligen Bundesminister der Verteidigung Rudolf Scharping
(vgl. Stenografisches Protokoll Nr. 15, Teil II, S. 8) bestä-
tigt.

Eine Überprüfung der archivierten Meldedokumente
konnte in weiten Teilen nicht durchgeführt werden, da
diese, nach Angaben der Bundesregierung, im Dezember
2003 durch eine starke Beschädigung von zwei Archivda-
tenträgern des Amtes (später: Zentrums) für Nachrichten-
wesen der Bundeswehr (ANBw/ZNBw) vernichtet wor-
den seien. Bemerkenswert bei diesem Vorfall ist vor
allem, dass sich die Bundesregierung erst auf Nachfrage
des Untersuchungsausschusses Mitte Juni 2007 gezwun-
gen sah (vgl. Kurzprotokoll v. 4. Juli 2007, Nr. 16, S. 6),
hierüber zu informieren. Dabei hat das BMVg bereits
spätestens im Oktober 2006 darüber Kenntnis erlangt,
wie einem Bericht des ZNBw vom 1. Dezember 2006 zu
entnehmen ist (vgl. VA v. 19. September 2007, 59/43 ff.).
Ein derartiges Verschleppungsverfahren seitens der Bun-
desregierung gegenüber dem Parlament ist, nicht nur in
Bezug auf die Arbeit des Untersuchungsausschusses, völ-
lig inakzeptabel.

Abschließend bleibt zu diesem Untersuchungsfeld festzu-
halten, dass die Unterbrechung des Meldeflusses unmit-
telbar unterhalb der Ebene der militärischen Bundeswehr-
führung einerseits und der politischen Leitungsebene des
BMVg andererseits nicht ohne Überraschung zur Kennt-
nis genommen werden muss. Gegenbeweise konnten auch
wegen der durch das ANBw/ZNBw vernichteten Daten
nicht geführt werden. Gerade aber in Anbetracht der be-
sonderen Brisanz des KSK-Einsatzes und der täglichen
Videokonferenzen zwischen dem Einsatzführungskom-
mando der Bundeswehr und dem KSK-Kontingentführer
in Kandahar sowie dessen umfangreiche Meldungen, die
in umgesetzter Form an das BMVg weitergegeben wurden
haber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr
hierüber schon am 3. Januar 2002 informiert gewesen zu

(vgl. Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil II, S. 8), bleiben
erhebliche Zweifel an dieser Darstellung bestehen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 139 – Drucksache 16/10650

3. Umgang der Bundesregierung mit
Gefangennahmen in Kandahar

Die Bundesregierung hat frühzeitig öffentlich kritisiert,
dass die USA im Umgang mit islamistischen Terroristen
Wege eingeschlagen habe, die einem zuvor bestehenden
Konsens widersprachen. So hat Außenminister Fischer
am 22. Januar 2002 in einer Pressemitteilung darauf hin-
gewiesen, dass die inhaftierten Beschuldigten in
Guantánamo, unabhängig von einer späteren Statusdefini-
tion, wie Kriegsgefangene zu behandeln seien. Im krassen
Widerspruch hierzu stand jedoch ihr Handeln. Während
auf der einen Seite der Öffentlichkeit medienwirksam die
werteorientierte Friedensmacht Deutschland darzustellen
versucht wurde, war man auf der anderen Seite in die In-
formationsstränge der US-Administration fest eingebun-
den und teilweise sogar operativ an der Durchsetzung die-
ses amerikanischen Sonderweges beteiligt (vgl. MAT
16 – 14, Anlage 16 – entspricht Ordner 15). Dieser ent-
sprach jedoch in keiner Weise den rechtsstaatlichen Stan-
dards der Bundesrepublik Deutschland.

Am 10. Januar 2002 hatte das BMVg Kenntnis vom Be-
ginn der Verlegung von in Kandahar inhaftierten Perso-
nen. Die Funktion des Gefangenenlagers Kandahar als
Durchgangsstation nach Guantánamo war bereits zu Be-
ginn der Operation bekannt (vgl. MAT 16 – 14, Anlage 16 –
entspricht Ordner 15). Das eingesetzte deutsche KSK
wirkte im Rahmen seines Auftrages an Operationen der
OEF-Kräfte mit, bei denen Gefangene gemacht wurden,
die anschließend über Kandahar nach Guantánamo ge-
langten (vgl. Stenografisches Protokoll Nr. 11, Teil II,
S. 10 und MAT 16 – 14, Anlage 16 – entspricht Ordner 15).
Diese Tatsache ist ein deutliches Zeichen der Inkonse-
quenz der damaligen Bundesregierung.

Die Verantwortung für Art und Umfang der operativen
Hilfe war innerhalb der Bundesregierung umstritten. So
vertrat das BMJ die Auffassung, dass auch Unterstüt-
zungsleistungen für die USA unterhalb der Maßnahme
der direkten Übergabe selbst ergriffener Verdächtiger eine
deutsche Mitverantwortung im Falle von Verstößen gegen
die Menschenrechte ergeben könnte (vgl. MAT 16 – 14,
Anlage 07, Ord. Nr. 4.3.4, R II 3 vom 6. Juni 2002). AA
und BMVg teilten diese Bewertung nicht. Der darüber
bestehende Dissens zwischen den Ressorts wurde trotz
Kenntnis des Bundeskanzleramtes zu keiner Zeit durch
die Herbeiführung einer Positionierung durch die Bun-
desregierung beseitigt (vgl. MAT 16 – 14, Anlage 07,Ord.
Nr. 4.3.4, R II 3 vom 6. Juni 2002).

Bedeutsam scheint überdies, dass seitens der Bundesregie-
rung Fragen aus dem parlamentarischen Bereich und des
Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages bis nach
der Bundestagswahl 2002 zurückgehalten wurden, obwohl
Fristen der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages
lange abgelaufen waren. Das wird deutlich im Umgang
mit einem Schreiben aus dem Büro des Wehrbeauftragten
des Deutschen Bundestages, der infolge der Berichterstat-
tung des SPIEGEL um Stellungnahme bat, inwieweit die
Rechtssicherheit für deutsche Soldaten sichergestellt sei,

Anlage 07, Ord. Nr. 4.3.4, Wehrbeauftragter, 28. Juni
2002). Zwischen dem Ministerbüro des BMVg und dem
Parlaments- und Kabinettsreferat des BMVg bestand Ei-
nigkeit darüber, dass eine Antwort auf diese Frage den
Dissens zwischen BMJ auf der einen und AA/BMVg auf
der anderen Seite offenbaren würde. So wurde innerhalb
des BMVg die Staatssekretärsebene darüber informiert,
dass zwischen der Rechtsabteilung, dem Parlaments- und
Kabinettsreferat und dem Ministerbüro Einigkeit darüber
bestehe, dass die Beantwortung wenn irgend möglich wei-
ter hinausgezögert werden solle (vgl. MAT 16 – 14, Anlage
07, Ord. Nr. 4.3.4, BMVg, 22. August 2002). Diese Verein-
barung wurde nochmals mit einer E-Mail vom 27. August
2002 von R II 2 an den Leiter der Rechtsabteilung bestä-
tigt. Darin wird ein Telefonat zwischen dem Parlaments-
und Kabinettsreferat und dem Ministerbüro wiedergege-
ben, in dem vereinbart wurde, wegen des Sichtbarwerdens
des Dissenses von der Beantwortung der Anfrage noch in
dieser Legislaturperiode abzusehen (vgl. MAT 16 – 14,
Anlage 07, Ord. Nr. 4.3.4, BMVg, 27. August 2002).

Mit Schreiben vom 10. Oktober 2002 an den Parlamenta-
rischen Staatssekretär beim BMVg drückte der Wehrbe-
auftragte des Deutschen Bundestages sein Bedauern darü-
ber aus, dass er auf das Schreiben vom Juni 2002 bislang
weder Antwort noch Eingangsbestätigung erhalten habe
(vgl. MAT 16 – 14, Anlage 07, Ord. Nr. 4.3.4, Wehrbeauf-
tragter, 10. Oktober 2002). Im Antwortschreiben vom
13. November 2002 ging das BMVg weder auf den Dis-
sens innerhalb der Bundesregierung ein noch erwähnte es
rechtliche Unklarheiten (vgl. MAT 16 – 14, Anlage 07,
Ord. Nr. 4.3.4, PStS, 13. November 2002).

4. Rechtliche Rahmenbedingungen des
Einsatzes – Gefangennahme und
Gefangenenweitergabe

Während der Arbeit des Untersuchungsausschusses wur-
den unterschiedliche Auffassungen über den Auftrag und
die Handlungsmöglichkeiten des KSK bei der Operation
Enduring Freedom (OEF) sichtbar. So führte der im Un-
tersuchungszeitraum für Völker- und Verfassungsrecht
zuständige Unterabteilungsleiter der Rechtsabteilung des
BMVg aus, dass laut Mandat des Deutschen Bundestages
die Zielsetzung von OEF u. a. die Gefangennahme von
Terroristen sowie deren Überstellung zu einem Gericht
sei (vgl. Stenografisches Protokoll Nr. 19, Teil II, S. 45).
Das von der Bundesregierung dem Deutschen Bundestag
zur Entscheidung vorgelegte Mandat sah jedoch weiterge-
hende Teilaufträge vor (vgl. Bundestagsdrucksache 14/7296
vom 7. November 2001, S. 3). Es bleibt auch nach Ab-
schluss des Untersuchungsausschusses unklar, inwiefern
sich die damalige Bundesregierung diese Meinung zu ei-
gen gemacht hat. Die derzeitige Bundesregierung hat
selbst auf konkrete Nachfrage nicht klargestellt, ob sie
sich eine davon abweichende Rechtsmeinung gebildet hat
(vgl. Schreiben BMVg v. 30. Januar 2008 – Gz R I/R I 5
01-02-03/01). Davon ist jedoch nicht auszugehen, da der
die möglicherweise an völkerrechtswidrigen Maßnahmen
anderer Nationen mitgewirkt hätten (vgl. MAT 16 – 14,

Dienstposten des zuständigen Unterabteilungsleiters seit
2002 nicht umbesetzt wurde.

Drucksache 16/10650 – 140 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Das KSK hat im Einsatz bezüglich des Umgangs mit
Nichtkombattanten in einer von der Bundesregierung zu
verantwortenden rechtlichen Grauzone handeln müssen
(vgl. Stenografisches Protokoll Nr. 11, Teil II, S. 10).
Schon vor der Verlegung des Kontingents machte das
KSK darauf aufmerksam, dass Weisungen, die lediglich
auf die Regeln des humanitären Völkerrechts verweisen,
als Handlungsgrundlage für den konkreten Einsatz in
Afghanistan nicht ausreichend seien. Besonders für die
Befugnisse gegenüber Drittpersonen und Zielpersonen,
die keinen Kombattantenstatus besitzen, wurden eindeu-
tige Regelungen gefordert, um Soldaten nicht der Gefahr
einer strafrechtlichen Verantwortung auszusetzen (vgl.
Stenografische Protokolle Nr. 11, Teil II, S. 10 und Nr. 10,
Teil II, S. 9). Zunächst erachtete das Einsatzführungskom-
mando derartige Regelungen gegenüber dem BMVg –
Fü S V 2 für erforderlich, ließ später jedoch von dieser
Forderung ab. Der Mangel an klaren rechtlichen Regeln
wurde hingegen immer wieder zwischen dem deutschen
Einsatzkontingent in Kandahar und dem Einsatzführungs-
kommando erörtert (vgl. MAT 16 – 22, Anlage 1 – ent-
spricht Ordner 26 A). Das BMVg sah keine Veranlas-
sung, den für die eingesetzten Soldaten unbefriedigenden
Zustand zu beenden.

Die Bundesverteidigungsminister Scharping und Dr. Struck
haben es versäumt, innerhalb der Bundesregierungen auf
eine gemeinsame Positionierung hinzuwirken. Dieser un-
haltbare Zustand besteht unverändert, da auch die heutige
Bundesregierung keinen Lösungsversuch unternommen
hat. Dieser Zustand ist nicht länger hinnehmbar.

Die Rechtmäßigkeit der Gefangennahme von Personen in
Afghanistan durch Angehörige der Bundeswehr, oder das
Festhalten von Personen mit dem Ziel der Gefangen-
nahme, ist auch über sechs Jahre nach dem Beginn des
Einsatzes der Bundeswehr im Rahmen von OEF und
ISAF in Afghanistan nicht umfassend geklärt. Die Befra-
gung von Zeugen im Untersuchungsausschuss wurde
zwar umfassend zur Aufklärung genutzt, das Ergebnis
war jedoch eher dürftig. Besonders nachdenklich müssen
dabei sich zum Teil erheblich widersprechende Aussagen
stimmen.

So stellte der ehemalige Bundesminister der Verteidigung
Rudolf Scharping fest:

„Innerhalb der Bundesregierung bestand überhaupt kein
Zweifel daran, uns dafür einzusetzen, dass alle Festge-
nommenen im Zusammenhang mit dem Antiterrorkampf
– egal wo sie festgenommen werden, egal von wem sie
festgenommen werden, egal an wen sie überstellt werden –
nach dem Status für Kriegsgefangene der Haager Land-
kriegsordnung zu behandeln sein würden. Völlig klar,
überhaupt keine Frage.“ (vgl. Stenografisches Protokoll
Nr. 15, Teil II, S. 12)

Dieser Auffassung seines ehemaligen Ministers wider-
sprach in aller Klarheit der damalige StAL Fü S V, indem
er vor dem Untersuchungsausschuss feststellte:

„Es handelt sich hier nicht um Kriegsgefangene, sondern

det wurde; die Gewahrsamsnation sind letztendlich die
Vereinigten Staaten, weil sie letztendlich die Führungs-
macht in diesem Combined Joint Special Operations Task
Force Headquarter dargestellt haben.“ (vgl. Stenografi-
sches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 9)

Es ist schon erstaunlich, dass im verantwortlichen Stabs-
bereich des BMVg eine so bedeutsame Sachdarstellung
und Bewertung im völligen Widerspruch zur politischen
Leitung des Ministeriums steht. Ganz offensichtlich war
der Minister nicht, schlecht oder falsch unterrichtet wor-
den. Darüber hinaus ist es durchaus bedenklich, wenn ein
an einsatzverantwortlicher Stelle im BMVg arbeitender
Brigadegeneral sich ausschließlich auf eine militärische
Sichtweise beschränkt und eine politische Bewertung un-
terlässt. Andernfalls hätte er zu einem anderen Ergebnis
kommen müssen, in dem Wissen, dass die sogenannten
Festgehaltenen nach Übergabe an die US-Streitkräfte
oder der US-Central Intelligence Agency (CIA) mit
höchster Wahrscheinlichkeit nach Guantánamo verbracht
werden. Als geradezu entlarvend ist folgende Formulie-
rung von ihm zu bewerten:

„Unsere Auslegung war die, dass wir keinen Gewahrsam
begründen und damit letztendlich auch keine nationale
Verantwortung dafür tragen, was im Rahmen der, sagen
wir mal: weiteren Gewahrsamnahme mit den entspre-
chenden Kameraden dort erfolgt.“ (vgl. Stenografisches
Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 9)

Spätestens jetzt wird klar, dass sich das BMVg sehr wohl
der Brisanz bewusst war, fälschlicherweise aber dachte,
dass man die Hände in Unschuld waschen könne, wenn
man nur „festhält“ und nicht „gefangen nimmt“.

Bereits mit einer Pressemeldung vom 22. Januar 2002 zu
den Inhaftierten in Guantánamo machte der damalige Mi-
nister des Auswärtigen Joseph Fischer diese Problematik
sehr deutlich:

„Die Bundesregierung hat mit der amerikanischen Seite
das Gespräch über den rechtlichen Status und die Be-
handlung der in Guantánamo Inhaftierten aufgenom-
men.“ (vgl. Stenografisches Protokoll Nr. 13, Teil II,
S. 25)

Spätestens nach dieser Pressemeldung hätten sowohl
beim Bundesminister der Verteidigung als auch bei sei-
nem StAL Fü S V die Alarmglocken klingeln müssen.

Ganz offensichtlich und für Interessierte leicht erkennbar
bestanden in der Bundesregierung Zweifel bezüglich des
Status der in Guantánamo festgesetzten Personen, zumal
die USA in aller Öffentlichkeit in Bezug auf Kandahar
und Guantánamo von „Detainees“ und nicht von „Priso-
ners of War“ sprachen und ausdrücklich die Behandlung
der dort festgesetzten Personen nach den Grundsätzen des
Kriegsvölkerrechts ablehnten.

Es war also augenscheinlich so, entgegen der von Herrn
Scharping in der Anhörung geäußerten Annahme, dass
bezüglich der Gefangennahme bei der Bundeswehr eher
Verwirrung herrschte. So bekannte der damalige für Völ-
zunächst mal um Festgehaltene, für die dann der amerika-
nische oder englische NATO-Begriff ‚Detainee‘ verwen-

kerrechtsfragen verantwortliche Referatsleiter (R II 3) des
BMVg:

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 141 – Drucksache 16/10650

„Als rechtlich besonders problematisch stellten sich sehr
schnell die Fragen heraus, die sich hinsichtlich der Befug-
nis zur Gefangennahme von Terroristen ergaben. (…) Ich
als für die völkerrechtlichen Fragen verantwortlicher Re-
feratsleiter hatte sehr große Zweifel, dass, wenn wir Ge-
fangene an die Amerikaner übergeben hätten, die Ameri-
kaner dort Menschenrechtsstandards zugrunde gelegt
hätten, die mit unseren völkerrechtlichen Verpflichtungen
als Bundesrepublik Deutschland deckungsgleich gewesen
wären.“ (vgl. Stenografisches Protokoll Nr. 19, Teil II,
S. 7)

Diese Auffassung, Ergebnis einer Ressortabstimmung,
schilderte der Referatsleiter auch dem STAL Fü S V, und
fügte hinzu, dass er aus begründeten Zweifeln an der
menschenrechtskonformen Behandlung dem Bundes-
minister der Verteidigung vorschlagen werde, es Solda-
tinnen und Soldaten der Bundeswehr nicht zu gestatten,
eventuelle Gefangene an die US-Streitkräfte oder der CIA
zu übergeben. Der StAL Fü S V habe darauf mit Entset-
zen reagiert (vgl. Stenografisches Protokoll Nr. 19, Teil II,
S. 8).

Erstaunlich ist, dass von dem Disput, trotz der Brisanz
dieses Vorgangs, weder der zuständige beamtete Staatsse-
kretär (vgl. Stenografisches Protokoll Nr. 13, Teil II,
S. 26) noch Bundesminister Scharping (vgl. Stenografi-
sches Protokoll Nr. 15, Teil II, S. 12 ff.) oder dessen Nach-
folger Dr. Struck (vgl. Stenografisches Protokoll Nr. 13,
Teil II, S. 47) Kenntnis erlangt haben wollen. Zumindest
der Leiter des Büros von Bundesminister Scharping
wusste im Kern, aufgrund der fehlenden Rules of Enga-
gement, um die Brisanz der Völkerrechtsproblematik in
der Frage der Gefangennahme und Gefangenenüberstel-
lung an die USA (vgl. Stenografisches Protokoll Nr. 14,
Teil II, S. 29). Schließlich hatte er mit dem Referatsleiter
für Völkerrecht diese Problematik besprochen und dessen
Vorlage dazu zugeleitet bekommen (vgl. Stenografisches
Protokoll Nr. 19, Teil II, S. 12). Die Büroleiterin von
Bundesminister Dr. Struck konnte sich, obwohl der Vor-
gang erst fünf Jahre zurückliegt, erstaunlicherweise an
nahezu nichts mehr erinnern (vgl. Stenografisches Proto-
koll Nr. 13, Teil II, S. 7 ff.):

„Über eventuelle Vorgänge dort ist mir nichts bekannt.
Ich weiß nichts über Kandahar, und ich weiß auch nichts
über Guantánamo.“ (vgl. Stenografisches Protokoll
Nr. 13, Teil II, S. 7)

5. Parlamentarische Kontrolle des
Kommandos Spezialkräfte

Offenkundig wurde im Verlauf des Untersuchungsaus-
schusses, dass eine Kontrolle des Einsatzes des KSK im
Rahmen der Operation Enduring Freedom durch das Par-
lament nicht einmal in einem eng begrenzten Rahmen
stattgefunden hat. Der Grund hierfür liegt in der Sensibili-
tät und in dem Geheimhaltungsgebot der Einsätze des
KSK. Trotz Anerkennung dieser besonderen Umstände ist
eine Kontrolle notwendig, wie zum einen am oben be-

Auslastung der Spezialtruppe in Afghanistan zu erkennen
ist. Hierzu äußerte sich Bundesminister Dr. Struck in sei-
ner Anhörung vor dem Untersuchungsausschuss wie folgt:

„Die hockten da herum, fühlten sich eigentlich absolut
unterbeschäftigt und frustriert. Wir haben also gesagt:
Kommt zurück! (…) Mein Eindruck war schon, dass sich
das Kommando Spezialkräfte, (…) das dafür ausgebildet
war, deutsche Geiseln zu befreien –, (…) absolut unter-
fordert gefühlt hat. Die haben mir auch gesagt: Das kön-
nen Fallschirmjäger genauso.“ (vgl. Stenografisches Pro-
tokoll Nr. 13, Teil II, S. 48)
Der damals verantwortliche Minister hat zweifelsfrei den
richtigen Entschluss getroffen. Allerdings scheint es
ebenso zweifelsfrei zu sein, dass diese offensichtliche
Unter- und Falschbeschäftigung des KSK bei einer mög-
lich gewesenen Kontrolle durch das Parlament bereits
früher bekannt und abgestellt worden wäre.

III. Folgerungen/Forderungen
Aus den beschriebenen Ergebnissen des Verteidigungs-
ausschusses als 1. Untersuchungsausschuss gemäß Arti-
kel 45a Abs. 2 GG leiten sich einige wichtige Folgerun-
gen ab.

Für die Fraktion der FDP steht außer Zweifel, dass die
Auswahl des bei Auslandsmissionen der Bundeswehr ein-
gesetzten Führungspersonals sorgsamer zu geschehen hat,
als dies offensichtlich 2001 bei dem KSK-Kontingent für
die Operation Enduring Freedom der Fall war.

Ein Einsatz des KSK sollte auf dessen originäre Aufga-
ben beschränkt bleiben, um Missmut und Frustration bei
den hoch spezialisierten Soldaten durch eine offensichtli-
che Unterforderung zu vermeiden.

Von großer Bedeutung für den Erfolg von Operationen
sind in gleicher Wertigkeit eine klare Führungsstruktur
und die Entscheidungsspielräume der militärischen Füh-
rer. Es darf nicht jedes Detail befohlen werden. Den Füh-
rern der jeweiligen Ebenen müssen Freiräume zur Ausge-
staltung der ihnen erteilten Befehle belassen werden. Die
Kontrolle der Ausführung dieser Befehle hat durch
Dienstaufsicht der Vorgesetzten vor Ort zu geschehen.

Die Auftragstaktik darf nicht eingeschränkt werden, auch
wenn die technischen Möglichkeiten und der Wunsch,
unmittelbar eingreifen zu können, bisweilen dazu verlei-
ten mögen. Dieses Führungsprinzip ist neben der Inneren
Führung die Stärke der Bundeswehr.

Die Bundesregierung muss umgehend klarstellen, welche
Handlungsmöglichkeiten Bundeswehrsoldaten im Aus-
landseinsatz haben. Die getroffene Regelung zur Proble-
matik der Gefangennahme war und ist nicht praktikabel.
Die Unterscheidung zwischen Festsetzung und Gefangen-
nahme ist nicht einsichtig und vermittelbar. Trotz Aner-
kenntnis der anfänglichen Schwierigkeiten bei der Erar-
beitung einer praktikablen Rechtsgrundlage kann nicht
hingenommen werden, dass auch nach sechs Einsatzjahren
der Bundeswehr in Afghanistan für die Soldatinnen und
schriebenen bisweilen leichtfertigen Umgang mit Alkohol
und zum anderen auch im Umgang mit der mangelnden

Soldaten noch keine eindeutige Regelung hierzu vorliegt.
Die Bundesregierung ist gefordert, hierzu klare Weisun-

Drucksache 16/10650 – 142 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

gen zu erteilen. Sie ist ebenso gefordert sicherzustellen,
dass von Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr soge-
nannte festgehaltene Personen nicht an Staaten und/oder
staatliche Organisationen übergeben werden, die nach-
weislich oder vermutlich gegen das Kriegsvölkerrecht
oder gegen die Menschenrechte allgemein verstoßen.

Die parlamentarische Kontrollmöglichkeit des KSK ist
endlich und im vollen Umfang zu realisieren. Da diese
Kontrolle aufgrund der häufigen Geheimhaltungswürdig-
keit und der großen Sensibilität der Einsätze, wie die Pra-
xis über Jahre gezeigt hat, nicht vom Verteidigungsaus-
schuss wahrgenommen werden kann, ist eine andere
Lösung zu finden. Es bietet sich hierzu die Einrichtung
eines Ausschusses für besondere Auslandseinsätze an,

wie ihn die FDP-Fraktion seit 2002 wiederholt gefordert
hat (Bundestagsdrucksachen 15/36, 15/1985 und 16/3342).
Dieser Lösungsansatz fand im wissenschaftlichen Be-
reich vielfache Unterstützung, u. a. von Seiten wissen-
schaftlicher Mitarbeiter der Universitäten Erfurt (vgl.
ZRP 3/2007, Themen der Zeit, Seite 84) und Frankfurt/
Main (vgl. NVwZ 2003, Seite 1474 ff) sowie der Stiftung
Wissenschaft und Politik (vgl. SWP-Aktuell 10, Februar
2007, Seite 4). Darüber hinaus kam sogar der General-
sekretär der CDU, Herr Ronald Pofalla, bereits 2004 nicht
umhin festzustellen:

„Der FDP-Entwurf sieht richtigerweise einen ‚Ausschuss
für besondere Auslandseinsätze‘ vor.“ (ZRP 2004, Heft 7,
Seite 223)

kräfte der Bundeswehr beziehen muss und diese
Kampfverbände schließlich aufzulösen seien.

Nach unseren Erkenntnissen lassen sich die untersuchten
Verfehlungen des Afghanistan-Einsatzes im Jahre 2002

Verteidigungsministerium und das Einsatzführungskom-
mando störte die vor Ort Agierenden dabei. Der Kontin-
gentführer erklärte, er könne sein Kontingent in das US-
amerikanisch geführte Militär-Unternehmen nur effektiv
einbringen, wenn er vor Ort schnelle Entscheidungen
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 143 – Drucksache 16/10650

B. Minderheitenbericht der Fraktion DIE LINKE.

Die deutsche Öffentlichkeit und der Deutsche Bundestag
wurden im Oktober 2006 durch Berichte überrascht, wo-
nach der als Guantánamo-Häftling bekannt gewordene
Murat Kurnaz aus Bremen von Soldaten des Kommandos
Spezialkräfte (KSK) nach seiner Festnahme und Inhaftie-
rung in Pakistan bzw. Afghanistan misshandelt worden
sein sollte. Dies habe sich im Laufe eines Wacheinsatzes
dieser Soldaten im Gefangenenlager Kandahar Anfang
des Jahres 2002 ereignet. Der Verteidigungsausschuss
entschloss sich daraufhin, sich als Untersuchungsaus-
schuss gemäß Artikel 45a Grundgesetz einzusetzen, um
den Vorfall näher zu beleuchten. Es sollten auch die
rechtlichen Grundlagen und die politischen Voraussetzun-
gen für den Einsatz der Spezialkräfte in diesem Zeitraum
hinterfragt werden. Ferner sollte geprüft werden, welche
Stellen bzw. Personen über diese Vorgänge informiert wa-
ren. Der Auftrag indes wurde durch die Regierungsmehr-
heit räumlich (Kandahar), zeitlich (Januar bis November
2002) und in der Sache (keine Aufklärung der militäri-
schen Einsätze im Rahmen der Operation Enduring Free-
dom) begrenzt – obwohl die damals bekannt gewordenen
Tatsachen eine umfangreichere Untersuchung gerade die-
ser Einsätze des KSK gerechtfertigt hätte. Immerhin ge-
langte der Ausschuss zu wichtigen Einsichten in die Lage
und Verfasstheit des ersten KSK-Kontingents in Afgha-
nistan und konnte sich einen Eindruck verschaffen, wie
die damalige Bundesregierung ihren Beitrag zum Kampf
gegen den Terrorismus gestaltete. Dieser Erkenntnisge-
winn verdankt sich nicht zuletzt der ganz überwiegend
kollegialen und offenen Umgangsweise innerhalb des
Ausschusses selbst, woran der amtierende Vorsitzende,
Dr. Karl Lamers (Heidelberg), einen wichtigen Anteil
hatte.

Der Untersuchungsausschuss hat nach unserer Ansicht
die politischen Forderungen der Fraktion DIE LINKE.
bestätigt,

– dass sich die Bundesrepublik Deutschland nicht an
militärischen Auslandseinsätzen beteiligen sollte,

– dass, solange deutsche Soldaten im Ausland eingesetzt
sind, zumindest die umfassende parlamentarische
Kontrolle dieser Einsätze sicherzustellen ist,

– dass diese Kontrolle sich besonders auf die Spezial-

massiv und auf den unterschiedlichsten Feldern gegen die
Regeln des Völkerrechts.

Die von Gerhard Schröder im September 2001 dem US-
Präsidenten George W. Bush zugesicherte „uneinge-
schränkte Solidarität“ wurde für die deutsche Regierung
zum Programm, gegenüber dem alle politischen, morali-
schen und rechtlichen Bedenken hintan stehen mussten.

Die rechtlichen Vorgaben für den Afghanistan-Einsatz
des KSK berücksichtigten zwingendes Völkerrecht nicht
– etwa die Frage einer Übergabe von Gefangenen an die
USA. Vor dem Untersuchungsausschuss bemühten die
Verantwortlichen sich, das offensichtliche Problem he-
runterzuspielen: Rudolf Scharping, bis Juli 2002 Verteidi-
gungsminister, beharrte darauf, die Frage nach den
Rechtsgrundlagen für Gefangennahmen sei im Zusam-
menhang mit dem Afghanistan-Einsatz rein theoretischer
Natur gewesen – obwohl das KSK sich in Kandahar zu-
sammen mit Spezialkräften anderer Nationen an soge-
nannten Direct Action-Missionen beteiligte. Bei solchen
Missionen, die die Identifizierung und Markierung be-
stimmter Operationsziele, aber auch aktive Bekämpfung
militärischer Gegner beinhalten, war schon nach ihrer
Zweckbestimmung ständig damit zu rechnen, dass unter
Beteiligung von deutschen Soldaten potentielle Verdäch-
tige aufgegriffen werden würden. Eine rechtsstaatliche
Handlungsvorgabe für diesen Fall erhielten die KSK-Sol-
daten aber nicht.

Der Schauplatz des sog. „War on Terror“ sollte aber auch
dazu genutzt werden, das erst 2001 einsatzfähig aufge-
stellte KSK in einem multinationalen Verbund einzuset-
zen und so internationale Anerkennung zu erhalten. Das
KSK sollte sich in Afghanistan unbedingt bewähren – so
war es von der politischen Ebene, von der Führung des
KSK und auch von den Kontingentangehörigen gewollt.
Dafür wurde in Kauf genommen, das KSK in einen Ein-
satz zu schicken, für den es nicht adäquat vorbereitet und
ausgerüstet war, und in dem letztlich die spezifischen Fä-
higkeiten des KSK gar nicht abgerufen wurden.

Deutschland wollte als zuverlässiger NATO-Partner auf
internationaler Ebene an Gewicht gewinnen. Die anfäng-
lich enge Anbindung der Befehlsstruktur des KSK an das
auf einen Grund zurückführen: Die Bundesregierung
hatte ihr gesamtes verteidigungspolitisches Handeln der
Bündnissolidarität mit den USA unterworfen. Die Regie-
rung der USA verstieß und verstößt jedoch in dem von ihr
so bezeichneten, seit 2001 geführten „War on Terror“

selbst treffen könne – ohne Rückfrage in Berlin, Bonn und
Potsdam. Tatsächlich bedeutete das: sich der US-amerika-
nischen Befehlskette zu unterwerfen. In der Folge wurde
das in Afghanistan eingesetzte KSK-Kontingent „entbüro-
kratisiert“ und von Deutschland aus an einer relativ langen

Drucksache 16/10650 – 144 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Leine geführt. Das BMVg verlor damit einen großen Teil
seiner Kontrolle über das KSK.

Das KSK agierte in einer Kontrolllücke: Die politische
Führung des KSK wurde nur eingeschränkt und nachträg-
lich unterrichtet, der Bundestag wurde von der Regierung
bestenfalls rudimentär über Aktivitäten des KSK infor-
miert. Trotz des Skandals, den die Schilderungen von
Herrn Kurnaz auslösten, ist die Kontrolle des KSK immer
noch nicht entscheidend verbessert worden. Sämtliche
Auslandseinsätze der Bundeswehr bedürfen – wie von uns
seit langem gefordert – nun endlich einer effektiven parla-
mentarischen Kontrolle.

Das Kommando Spezialkräfte wurde zum damaligen
Zeitpunkt geführt von Brigadegeneral Reinhard Günzel.
Dieser schrieb in dem von ihm 2007 mit herausgegebenen
Buch „Geheime Krieger“ auf Seite 48: „Das Selbstver-
ständnis der deutschen Kommandotruppen hat sich seit
dem Zweiten Weltkrieg nicht geändert“. Günzel sieht das
KSK in dieser Veröffentlichung in der Tradition der be-
rüchtigten Division der Wehrmacht „Brandenburger“, die
sich vor allem im Rahmen der Partisanenbekämpfung im
Osten schlimmer Verbrechen schuldig gemacht hat.

KSK-Soldaten sollen vor und während ihres Einsatzes in
Afghanistan Geländefahrzeuge mit einer nachgemachten
Afrika-Palme, dem Symbol des Afrika-Korps der deut-
schen Wehrmacht, geschmückt haben: Ein KSK-Soldat
wurde in der Zeitschrift stern mit den Worten zitiert, einige
Kontingentangehörige seien „Ewiggestrige“ und fänden
es daher „besonders schick“, mit dieser Wehrmachtsinsi-
gnie herumzufahren (stern vom 2. November 2006). Es ist
nicht von der Hand zu weisen, dass in derartigen Vorstel-
lungswelten auch ein Motiv für eine von Murat Kurnaz ge-
schilderte Misshandlung gesehen werden kann.

I. Die Ergebnisse der Beweiserhebung des
Untersuchungsausschusses in kurzer
Zusammenfassung

1. Misshandlung von Murat Kurnaz
durch Angehörige des KSK

Nach der Beweisaufnahme im Untersuchungsausschuss
spricht alles dafür, dass Herr Kurnaz tatsächlich von Sol-
daten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) misshandelt
worden ist, während er im Gefangenenlager der US-Ar-
mee in Kandahar festgehalten wurde.

Wir haben Herrn Kurnaz gleich zu Beginn der Beweis-
aufnahme dieses Untersuchungsausschusses im Januar
2007 als Zeugen gehört und konnten uns so von seiner
Glaubwürdigkeit selbst ein Bild machen.

Außerdem haben wir im Laufe der Monate eine Vielzahl
von KSK-Angehörigen als Zeugen vernommen. Wir ha-
ben ihre Schilderungen im Ermittlungsverfahren der
Staatsanwaltschaft Tübingen wegen des von Herrn Kurnaz
erhobenen Körperverletzungsvorwurfs ebenso wie ihre
Stellungnahmen gegenüber dem BMVg lesen können und
all dies mit dem weiteren uns zur Verfügung stehenden Be-

die beiden im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft
Tübingen Beschuldigten, in ihrem Aussageverhalten höchst
unzuverlässig waren. Viele ihrer Angaben waren ganz of-
fensichtlich von dem Bemühen getragen, sich selbst und
ihre Kameraden auf Kosten von Herrn Kurnaz zu entlas-
ten.

Schon von Anfang an gab es ein besonders starkes Indiz
dafür, dass die von Herrn Kurnaz vorgebrachten Vorwürfe
nicht schlicht aus der Luft gegriffen sein konnten: Herr
Kurnaz erkannte bei einer Wahllichtbildvorlage am 28. De-
zember 2006 aus 48 Fotos, von denen 34 keine bei der
Wachverstärkung eingesetzten Soldaten zeigten, den
KSK-Angehörigen, der nach seinen Angaben seinen
Kopf auf den Boden geschlagen hatte. Dieser Soldat hatte
– was Herr Kurnaz aber nicht wissen konnte – bei seiner
Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft Tübingen am
13. Dezember 2006 auf Vorhalte so nervös reagiert, dass
dies in einem gesonderten Vermerk festgehalten wurde
(MAT 16 – 8, Bl. 137). Diesem Soldaten wurde von KSK-
Angehörigen auch die während des Wachdienstes im Ge-
fangenenlager an Herrn Kurnaz gerichtete Äußerung „Du
hast Dir wohl die falsche Seite ausgesucht“ zugeschrie-
ben (MAT 16 – 8, Bl. 112, 154 f.). Der von Herrn Kurnaz
identifizierte KSK-Soldat hatte in einer dienstlichen Er-
klärung an das BMVg vom 10. Oktober 2006 seine Betei-
ligung am Wacheinsatz und sein Zusammentreffen mit
Herrn Kurnaz verschwiegen (MAT 16 – 14, Anlage 03).
Hierdurch erreichte er, dass er gegenüber der Staatsan-
waltschaft Tübingen zunächst nicht als Zeuge benannt
wurde. Vernommen wurde er erst, nachdem andere KSK-
Angehörige ihn gegenüber der Staatsanwaltschaft als
weiteren Teilnehmer des Wacheinsatzes benannt hatten.

Dennoch stand formal betrachtet zunächst „Aussage ge-
gen Aussage“. Im Januar 2008 konnten schließlich noch
zwei ehemalige Mitgefangene von Herrn Kurnaz durch
den Untersuchungsausschuss als Zeugen befragt werden.
Auch diese Zeugen hatten zwar keine Misshandlung von
Herrn Kurnaz durch deutsche Soldaten beobachtet, sie
widersprachen aber im Hinblick auf wesentliche Anknüp-
fungspunkte den Schilderungen der KSK-Angehörigen
und stützten damit die Aussage von Herrn Kurnaz.

2. Einsatz des KSK in Kandahar

Die KSK-Soldaten sind außerhalb ihres vom Bundestag
definierten Mandats tätig geworden: Sie nahmen nicht
nur an ihrem klaren Auftrag vorbei – und möglicherweise
sogar ohne Genehmigung der zuständigen Stellen des
BMVg – Wachaufgaben im Gefangenenlager der US-Ar-
mee in der sog. Forward Operation Base (FOB) Airfield
Kandahar wahr. Sie beteiligten sich bei dieser Gelegen-
heit auch an der Aufnahme neuer Gefangener in dieses
Lager. Ein Großteil der Personen, die von den USA in ih-
rem sogenannten „War on Terror“ rechtsgrundlos in die-
ses und andere Gefangenenlager eingeliefert und dort
über Jahre ohne Gewährung von Rechtsschutz gefangen
gehalten wurden, gelangte nicht aufgrund eines gegen sie
bestehenden Verdachts der Beteiligung an terroristischen
weismaterial verglichen. Dabei trat deutlich zutage, dass
fast alle dem KSK zuzurechnenden Zeugen, unter ihnen

Straftaten dorthin. Zahllose Gefangene wurden schlicht
– so wie Herr Kurnaz – von Verbündeten der US-Truppen

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 145 – Drucksache 16/10650

ohne konkreten Tatvorwurf festgenommen und festgehal-
ten, um sie an die USA zu verkaufen.

Unabhängig von dieser Unterstützung des schon generell
rechtswidrigen Vorgehens der USA verstieß auch das Ver-
halten der Angehörigen des Kommandos Spezialkräfte in
diesem Einsatz gegen grundlegende Vorgaben des huma-
nitären Völkerrechts: Während ihres Wachdienstes und
durch ihre Teilnahme an der Prozedur zur Aufnahme
neuer Gefangener erlebten die Kontingentsoldaten, dass
die Behandlung der Festgehaltenen im Gefangenenlager
Kandahar gegen das Folterverbot der Genfer Konvention
über die Behandlung von Kriegsgefangenen und deren
Zusatzprotokolle verstieß. Sie schritten hiergegen nicht
ein, sondern beteiligten sich selbst an der völkerrechts-
widrigen Behandlung der sog. detainees. Sie erstatteten
ihren Vorgesetzten nicht Meldung. Die Vorgesetzten
selbst kannten die Situation im Gefangenenlager aller-
dings aus eigenen Lagerbesuchen und -besichtigungen.

Die naheliegende Vermutung, deutsche Soldaten könnten
US-amerikanische Truppen auch dabei unterstützt haben,
Gefangene auf den Weg nach Guantánamo zu bringen,
ließ sich mit den Mitteln des Untersuchungsausschusses
nicht erhärten.

Die rechtlichen und inhaltlichen Vorgaben des BMVg
zum Einsatz des KSK im Rahmen der „Operation Endu-
ring Freedom“ berücksichtigten die Regeln des Völker-
rechts völlig unzureichend: Die sich angesichts der dem
KSK mitgegebenen Aufgabenstellung aufdrängende
Frage, ob es deutschen Soldaten gestattet sei, Personen
festzunehmen und diese an die US-Armee zu übergeben,
blieb ohne geeignete Antwort. Eine hierauf bezogene An-
frage des Wehrbeauftragten wurde nicht adäquat beant-
wortet. Eine Anfrage der seinerzeitigen Obfrau der PDS-
Fraktion im Verteidigungsausschuss blieb soweit ersicht-
lich sogar gänzlich unbeantwortet. Das KSK agierte auf-
grund teils fehlender, teils rechtswidriger Vorgaben in ei-
ner rechtlichen Grauzone.

II. Behinderung der Aufklärungsbemühun-
gen des Untersuchungsausschusses

Die Arbeit des Untersuchungsausschusses wurde erheb-
lich dadurch behindert, dass es vielfach an der vom Unter-
suchungsausschuss geforderten Unterstützung der Bun-
desregierung, ihrer Vertreter und Mitarbeiter fehlte.

Die Untersuchung war geprägt vom Auftreten von – vor-
rangig dem BMVg angehörigen oder ihm unterstellten –
Zeugen, die vorgaben, sich kaum noch an ihr dienstliches
Tätigwerden in Zusammenhang mit der „Operation Endu-
ring Freedom“ in den Jahren 2001/2002 erinnern zu kön-
nen oder mit aufklärungsbedürftigen Vorgängen per se
nicht befasst gewesen zu sein. Tatsächlich ist aber eine
Einbindung dieser Personen in die Entscheidungspro-
zesse sowohl aus offenkundigen Organisationsstrukturen
und Ressorteinteilungen als auch aus dem Ausschuss zu-
gänglichen Akten klar zu erkennen.

Bei den im Ausschuss vernommenen KSK-Soldaten

den war. Der weitaus größte Teil von ihnen bemühte sich
nach Kräften, eher allgemeine und unverfängliche Anga-
ben zu machen und sämtliche rechtlich oder tatsächlich
zweifelhaften Aspekte herunterzuspielen oder zu ver-
schweigen. Schon die Detailliertheit der Aussagen, die
diese Zeugen in dienstlichen Anhörungen gegenüber Ver-
tretern des BMVg gemacht hatten, unterschied sich gravie-
rend von dem, was diese Soldaten sich im Untersuchungs-
ausschuss selbst noch an Auskünften abringen ließen.

Hinzu kam ein Datenschwund erheblichen Ausmaßes, der
nach Darlegungen des Staatssekretärs im BMVg,
Dr. Wichert, im Zusammenhang mit Archivierungsbemü-
hungen beim Zentrum für Nachrichtenwesen der Bundes-
wehr (ZNBw) aufgetreten sein soll. Die Stellungnahmen
von Staatssekretär Dr. Wichert hierzu waren mit Wider-
sprüchen behaftet und teilweise nicht nachvollziehbar.
Unsere Bemühungen, Licht in diese Vorgänge zu bringen,
kollidierten mit einer allenfalls – euphemistisch – als zö-
gerlich zu bezeichnenden Informationsstrategie des
BMVg. Der Verdacht, dass hier gezielt Beweismittel zu-
rückgehalten oder vernichtet wurden, um sie dem Untersu-
chungsausschuss vorzuenthalten, ist daher aus unserer
Sicht in keiner Weise ausgeräumt.

Weitere Beweismittel – z. B. Protokolle zu Videokonfe-
renzen – wurden in einer so losen und lückenhaften Zu-
sammenstellung überlassen, dass ihre Unvollständigkeit
offensichtlich ist.

In mehreren Fällen verweigerten die Bundesregierung,
das Bundeskanzleramt und die zuständigen Ministerien
offen die Herausgabe von Akten. Das wurde entweder mit
der Behauptung begründet, die beizuziehenden Beweis-
mittel wiesen keinen Bezug zum Untersuchungsauftrag
auf, oder damit, die verlangten Unterlagen unterfielen
dem „Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung“ und
seien daher nicht an den Untersuchungsausschuss heraus-
zugeben. Eine Berufung auf den „Kernbereich exekutiver
Eigenverantwortung“ ist allerdings nach der Verfassungs-
rechtsprechung bei abgeschlossenen Vorgängen – und um
solche handelte es sich in allen Fällen – nur ausnahms-
weise zulässig (vgl. die Nachweise bei Achterberg/Schulte
in: v. Mangoldt/Klein, Kommentar zum Grundgesetz,
5. Aufl. 2005, Artikel 44 GG Rn. 66 f.).

Auch gegenüber der Staatsanwaltschaft Tübingen, die die
Ermittlungen wegen der Tatvorwürfe gegen die Soldaten
des KSK führte, wurde im BMVg gleich zu Beginn des
Verfahrens die Absicht signalisiert, beschlagnahmefä-
hige Beweismittel zurückhalten zu wollen:

„Herr Birkenheier“ [der Leiter der Arbeitsgruppe im
BMVg zur Überprüfung der von Herrn Kurnaz vorge-
brachten Vorwürfe] „verwies darauf, dass es aus Sicht der
Bundeswehr problematisch sei, wenn die als Wachleute in
Kandahar eingesetzten Soldaten als Beschuldigte geführt
würden. Dies hätte disziplinarrechtliche Konsequenzen
und wäre ehrkränkend. Insoweit müsste dann überlegt
werden, welche Unterlagen uns“ [der Staatsanwalt-
schaft Tübingen] „zur Verfügung gestellt werden
konnte man sich des starken Eindrucks nicht erwehren,
dass ihr Aussageverhalten aufeinander abgestimmt wor-

könnten. Ich habe Herrn Birkenheier darauf verwiesen,
dass die Frage, wer von uns als Beschuldigter geführt

Drucksache 16/10650 – 146 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

wird, gemäß der Strafprozessordnung von uns zu ent-
scheiden ist.“ (MAT 16 – 78, Bl. 34)*

Der Wortlaut dieses Vermerks ist eindeutig. Die vom
BMVg – angesichts der absehbaren Veröffentlichung die-
ser Notiz im vorliegenden Minderheitsvotum – nachge-
schobene Argumentation, der Staatsanwaltschaft Tübin-
gen habe nur verdeutlicht werden sollen, dass bezüglich
der dienstlichen Anhörungen der Soldaten aufgrund einer
fehlenden Belehrung über ihre Selbstbelastungsfreiheit
ein strafprozessuales Verwertungsverbot hinsichtlich aller
gegenüber dem BMVg gemachten Angaben bestehe, trägt
und überzeugt nicht. Auch aus einem solchen – nur ge-
genüber dem einzelnen, sich selbst belastenden Soldaten
zu berücksichtigenden – Verwertungsverbot folgt kein
Recht des BMVg, eine Herausgabe der dort, sei es im Zu-
sammenhang mit dienstlichen Anhörungen oder sonst,
entstandenen Unterlagen insgesamt zu verweigern.

Die Behinderung der Arbeit des Untersuchungsausschus-
ses bekam nach Abschluss der Beweisaufnahme eine zu-
sätzliche Qualität. Das BMVg teilte mit Schreiben vom
29. Februar 2008 dem Sekretariat des Untersuchungsaus-
schusses mit, bezüglich zahlreicher Passagen des Zweiten
Teils dieses Abschlussberichts – also den aus Sicht der
Ausschussmehrheit zusammengefassten Ergebnissen der
Beweisaufnahme – könne keine Herabstufung als „VS-
GEHEIM“ eingestufter Unterlagen erfolgen. Das BMVg
bezog sich hier nicht nur auf Teile des Sachverhaltsent-
wurfs, die Informationen aus Unterlagen des BMVg
wiedergaben, sondern auch auf Auszüge aus den Sit-
zungsprotokollen des Untersuchungsausschusses. Die
Anmerkungen des BMVg hierzu waren schon angesichts
ihrer Knappheit nicht ernstlich als „Begründungen“ zu be-
trachten. Es wurden aber auch überhaupt keine Aspekte
angeführt, die für eine Einstufung als „VS“ nach der Ge-
heimschutzordnung des Deutschen Bundestages zu be-
rücksichtigen gewesen wären. Schon aus diesem Grund
fehlte dem Verlangen des BMVg die Relevanz.

Alle Fraktionen im Untersuchungsausschuss waren sich
darüber einig, dass eine Einstufung der monierten Passa-
gen rechtlich nicht geboten war. Dennoch unterwarfen
sich die Regierungsfraktionen, die auch im Untersu-
chungsausschuss entsprechend der Mehrheitsverhältnisse
im Plenum die Mehrheit der Abgeordneten stellen, den
Kürzungs- und Verfremdungswünschen des BMVg. Der
Feststellungsteil zum Ausschussbericht liegt demnach
nun in einer gekürzten und (selbst-)zensierten Fassung
vor. Er konnte daher von den Ausschussmitgliedern der
Fraktion DIE LINKE. nicht mitgetragen werden.

All das verdeutlicht, dass seitens der Bundesregierung,
die ja in partieller Kontinuität zur Vorgängerregierung
steht, kein Interesse an einer umfassenden Aufklärung der
Geschehnisse bestand – weder was die Vorwürfe von
Herrn Kurnaz gegen zwei Angehörige des KSK im Spezi-
ellen betraf noch was den Einsatz und die Einsatzvorga-
ben des KSK im Afghanistan des Jahres 2002 unter den
Vorzeichen der „Operation Enduring Freedom“ anging.

III. Misshandlung von Murat Kurnaz
durch Angehörige des KSK

Der Untersuchungsausschuss hat Herrn Kurnaz in seiner
Sitzung vom 17. Januar 2007 ausführlich befragt. Nach
diesem Termin bestand für uns kein Zweifel mehr an der
Glaubwürdigkeit von Herrn Kurnaz. Auch die mit den
Körperverletzungsvorwürfen gegen die beiden beschul-
digten KSK-Soldaten befasste Staatsanwaltschaft Tübin-
gen wies ausdrücklich darauf hin, dass sie Herrn Kurnaz
für glaubwürdig halte. Sie bescheinigte ihm, dass nichts
an seinem Aussageverhalten für eine Tendenz zur einsei-
tigen oder unbegründeten Belastung der beiden beschul-
digten Soldaten gesprochen habe.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Untersu-
chungsausschuss stand aber bis weit in das Jahr 2007 hi-
nein Aussage gegen Aussage(-n): die in vielen Aspekten
übereinstimmenden Angaben der KSK-Soldaten gegen
die von Herrn Kurnaz.

Zugunsten von Herrn Kurnaz stritt von Anfang an die
Tatsache, dass sich nach und nach immer mehr Details
seiner Schilderung als zutreffend herausstellten – wäh-
rend die Darstellungen der KSK-Soldaten, aber auch des
BMVg, zunehmend zweifelhafter wurden.

Seitens des BMVg war zunächst sogar bestritten worden,
dass das KSK überhaupt in Kandahar stationiert war; dass
KSK-Soldaten zum vermuteten Tatzeitpunkt in Kandahar
stationiert waren; dass es jemals einen Wachdienst der
KSK-Soldaten gegeben habe, anlässlich dessen es zu ei-
nem Zusammentreffen von KSK-Soldaten mit Herrn
Kurnaz kam; und schließlich, dass Herr Kurnaz aus einer
kleinen Gruppe von Soldaten heraus während eines
Wachdienstes im Gefangenenlager mit den Worten „Du
hast Dir wohl die falsche Seite ausgesucht“ angesprochen
worden war.

All diese Punkte wurden im staatsanwaltschaftlichen Er-
mittlungsverfahren und aufgrund des Tätigwerdens des
Untersuchungsausschusses aufgeklärt. Sie werden heute
von keinem Angehörigen des BMVg mehr geleugnet. Be-
stritten wird nur noch, dass es zu einer Misshandlung von
Herrn Kurnaz durch KSK-Soldaten kam, im Schutze ei-
nes Lastwagens im von der US-amerikanischen Armee
eingerichteten Gefangenenlager der FOB (Forward Ope-
ration Base) Airfield Kandahar.

Durch die Vernehmung ehemaliger Mitgefangener von
Herrn Kurnaz ist auch in diesen Komplex Bewegung ge-
kommen.

Zwei der ehemaligen Mitgefangenen, die Zeugen Ruhal
Ahmed und Asif Iqbal, konnten am 23. Januar 2008 im
Untersuchungsausschuss angehört werden. Der Zeuge
Shafiq Rasul wurde von der Staatsanwaltschaft Tübingen
ergänzend telefonisch befragt.

Der Zeuge Ruhal Ahmed bestätigte die Angaben von
Herrn Kurnaz zum regelmäßigen Vorhandensein von
Lastwagen im Gefangenenlager und auch zur Existenz ei-
nes LKW, auf dessen Ladefläche bereits Anfang Januar

2002 die Fäkalien in Fässern aus dem Gefangenenbereich
herausgefahren worden seien: * Red. Anm.: Vgl. hierzu Erster Teil, B, Ziff. VIII., Nr. 2

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 147 – Drucksache 16/10650

„Wir haben Eimer zur Darmentleerung und zum Urinie-
ren benutzt. Am Anfang sind die amerikanischen Solda-
ten noch selbst in den Käfig gekommen und haben die Ei-
mer abgeholt. (…) ich glaube, nachdem ich zwei Wochen
dort war, haben sie begonnen (…), Gefangenen extra
Mahlzeiten anzubieten, wenn wir diese Eimer voller Fä-
kalien nehmen und sie zu einem Lastwagen bringen, auf
dem (…) Fässer waren. Große Fässer, wie Ölfässer. (…)

Diese Lastwagen waren ziemlich groß, und sie fuhren
durch die Tore zum Haupteingang. Der Haupteingang
wurde ständig überwacht. Die Tore waren immer ge-
schlossen. Wenn die Lastwagen kamen, wurden sie geöff-
net. Die Lastwagen wurden für Verschiedenes genutzt.
(…) Sie hatten Fässer geladen, große Fässer, in denen sie
die Fäkalien abtransportierten. Sie… Wir kippten die Fä-
kalien in Fässer und die wurden dann aus dem Lager ge-
fahren zu einem bestimmten Ort und dort verbrannt. (…)
Ich würde sagen, es gab keine (…) richtig großen Fahr-
zeuge – aber größer als ein Kleintransporter, wie ein
Transporter, größer als ein Transporter. Ein mittelgroßer
Lastwagen, der wahrscheinlich leicht 30 Tonnen aufladen
kann. (…) Viel größer als ein Pick-Up. (…)

In den ersten zwei Wochen mussten wir in die entgegen-
gesetzte Richtung gucken, wenn die Amerikaner kamen
und die Fäkalien entsorgten, zur Rückwand des Käfigs
gehen und uns hinknien, die Hände an unseren Köpfen
(…). Wir konnten nicht mehr sehen. (…)

(Frage: Haben Sie in den ersten zwei Wochen Lkws gese-
hen, oder haben Sie erst später Lkws gesehen?)

‘Nein, ich habe vorher Lkws gesehen.‘ (…)

Die Fahrzeuge kamen rein, wenn wir die Fäkalien hinge-
bracht haben. Oder sie kamen rein, wenn sie zum Beispiel
Essen oder Wasser gebracht haben. Und nachdem der
Lkw, die Fässer, die großen Fässer, mit Fäkalien beladen
worden war, fuhr er vom Gelände runter. Ich nehme an,
sie haben sie weggebracht und verbrannt, weil sie das in
solchen Situationen so machen. Sie verbrennen die Fäka-
lien.“ (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 8/9, 10, 14, 16;
Übersetzung teilweise überarbeitet auf Basis des eng-
lischsprachigen Ursprungsprotokolls)

Der Zeuge Asif Iqbal, ein weiterer ehemaliger Mitgefan-
gener von Herrn Kurnaz, der vor dem Untersuchungsaus-
schuss aussagte, erklärte zwar, keine Erinnerung an LKW
zu haben, mit denen die Fäkalien der Gefangenen abge-
holt worden seien. In seinen Vernehmungen durch den
Untersuchungsausschuss und die Staatsanwaltschaft Tü-
bingen konnte aber nicht hinreichend genau herausgear-
beitet werden, ob er im relevanten Zeitraum überhaupt in
einem der „Käfige“ untergebracht war, von dem aus er
den Standort des LKW hätte überblicken können. Er
selbst gehörte nicht zu den Gefangenen, die die Fäkali-
eneimer für die US-Armee trugen. Er wusste auch nicht,
wie die Fäkalien im Gefangenenlager Kandahar im poten-
tiellen Tatzeitraum entsorgt wurden, weil – wie auch der
Zeuge Ruhal Ahmed bestätigte – die Gefangenen ge-
zwungen wurden, während der Abholung der Fäkalienei-

ten Händen, in die andere Richtung zu schauen. Dass er
selbst während seiner zweiwöchigen Gefangenschaft im
Lager Kandahar keine LKW gesehen hat, mit denen Fä-
kalien abgeholt wurden, belegt daher nicht, dass es sie zu
jener Zeit dort nicht gab.

Die oben zitierten, die Aussage von Herrn Kurnaz stüt-
zenden Angaben des Zeugen Ruhal Ahmed finden ihre
Bestätigung in Schilderungen von Angehörigen der US-
Armee. Diese wurden in dem in der Zeitschrift SPIEGEL
vom 3. September 2007 veröffentlichten Bericht der Jour-
nalisten John Goetz und Holger Stark (MAT 16 – 66,
S. 68 f.) wiedergegeben: Major Matthew W. Donald und
Oberstleutnant Keith Warman berichteten, die Exkre-
mente der Gefangenen seien auch Anfang Januar 2002
schon in Ölfässern gesammelt, mit Lastwagen im Gefan-
genenlager abgeholt und zur Verbrennung aus dem Lager
herausgebracht worden. Der Lastwagen sei durch das
Haupttor des Gefangenenlagers hineingelangt. Major
Matthew W. Donald war ein Angehöriger der ab Anfang
Januar 2002 in der FOB Airfield Kandahar stationierten
108. Militärkompanie, Oberstleutnant Keith Warman be-
fehligte das 519. Bataillon der Military Police.

Das Aussageverhalten der KSK-Soldaten kann vor dem
Hintergrund dieser Tatsachen nur als äußerst auffällig be-
zeichnet werden: Nur ein einziger im Untersuchungsaus-
schuss gehörter KSK-Angehöriger – der Zeuge Nr. 21, der
von Januar bis März 2002 als Munitionsunteroffizier der
Unterstützungskräfte des deutschen Kontingents im Lager
Kandahar eingesetzt war – sagte aus, im ganzen Lager,
also auch im Gefangenenbereich, hätten sich Fahrzeuge,
auch Lastwagen, bewegt (Stenografisches Protokoll Nr. 5,
Teil II, S. 46/47). Alle anderen im Untersuchungsaus-
schuss vernommenen KSK-Soldaten behaupteten hinge-
gen, sie hätten niemals einen Lastwagen im Gefangenen-
lager gesehen. Der größte Teil dieser Soldaten erklärte
darüber hinaus sogar, Lastwagen habe es im Gefangenen-
lager gar nicht geben können. Die hierfür abgegebenen
Begründungen wechselten zwischen einigen mehr oder
weniger unterschiedlichen Variationen: Zutritt zum Ge-
fangenenlager habe es nur durch ein Zelt gegeben; das Ge-
fangenenlager habe gar kein Eingangstor gehabt; es habe
keine Zufahrtmöglichkeit zum Gefangenenlager für Fahr-
zeuge existiert, das Gefangenenlager sei nur dem „Perso-
nenverkehr“ zugänglich gewesen; das Gefangenenlager
habe zwar über ein Eingangstor verfügt, durch dieses hät-
ten aber Lastwagen nicht fahren können, weil das Tor mit
einer Sandsackstellung zugebaut gewesen sei; das Gefan-
genenlager habe zwar über ein Eingangstor verfügt, dieses
habe aber nicht geöffnet werden können, weil es zu insta-
bil gewesen sei; unabhängig davon, ob es eine Zufahrt-
möglichkeit zum Gefangenenlager gegeben habe, sei das
Gefangenenlager durch Kraftfahrzeuge und erst recht
Lastwagen schon aus Platzgründen nicht zu befahren ge-
wesen, weil sämtliche Wege und das Lager insgesamt viel
zu eng gewesen seien.

Den KSK-Soldaten wurden Fotos des Gefangenenlagers
vorgelegt, die diesen Angaben widersprachen. Daraufhin
mer auf die dem Durchlass gegenüberliegende Seite ihres
„Käfigs“ zu gehen und, mit hinter dem Kopf verschränk-

erklärten zahlreiche der Befragten, die Fotos gäben einen
Ausbauzustand des Gefangenenlagers wieder, der dem

Drucksache 16/10650 – 148 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

von Januar 2002, dem mutmaßlichen Tatzeitpunkt, nicht
entspräche. Auch diese Behauptungen konnten durch An-
forderung einer Erklärung des BMVg zum Entstehungs-
zeitpunkt der Fotos widerlegt werden (MAT 16 – 76).

In das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Tü-
bingen eingeführt – und auf diesem Weg zum Beweisge-
genstand im Untersuchungsausschuss – wurde auch eine
in der Zeitschrift stern, Ausgabe 41/2006, S. 42, veröf-
fentlichte Aufnahme des Gefangenenlagers in Kandahar.
Auf einer Vergrößerung dieses Bildes ist ein LKW inner-
halb des Gefangenenbereiches zu erkennen. Entgegen ei-
nem Auswertungsvermerk aus dem Tübinger Ermitt-
lungsverfahren sieht man am identischen Ausbauzustand
des Lagers, dass auch diese Aufnahme im gleichen Zeit-
raum entstanden sein muss wie die Fotos des BMVg, also
Anfang Januar 2002 (MAT 16 – 83).

Insbesondere zeigen alle Fotos sehr deutlich, dass die
Hauptverbindungswege im Gefangenenbereich so breit
waren, dass kleinere bis mittelgroße Lastwagen sie un-
problematisch befahren konnten.

Nach der Beweiserhebung des Untersuchungsausschusses
liegt daher auf der Hand, dass die oben wiedergegebenen
Erklärungen aus den Reihen des KSK unfundierte
Schutzbehauptungen waren. Sie sollten dazu dienen, die
Aussage von Herrn Kurnaz in einem wesentlichen Punkt
als unzutreffend erscheinen zu lassen und so den Körper-
verletzungsvorwurf gegen Kontingentangehörige zu ent-
kräften.

Auffällig am Aussageverhalten fast aller KSK-Soldaten
war auch, dass sie sich – obwohl sie vorgaben, sich an
wesentliche Details ihrer Teilnahme an der „Operation
Enduring Freedom“ nicht mehr erinnern zu können, oder
einander stark widersprechende Erklärungen abgaben –
bezüglich einzelner die Angaben von Herrn Kurnaz be-
treffender Aspekte nahezu übereinstimmend festlegten:
Das betraf zum einen die Frage der Befahrbarkeit des Ge-
fangenenlagers für Lastwagen. Weiter wiesen die Kontin-
gentangehörigen auf angebliche „Unstimmigkeiten“ in
der Aussage von Herrn Kurnaz hin. Nicht nachvollzieh-
bar sei z. B., wieso US-Armeeangehörige Herrn Kurnaz
aus seinem „Käfig“ herausgeführt haben sollten. Die Ge-
fangenen seien aus ihren „Käfigen“ nur herausgebracht
worden, um sie nach Guantánamo zu bringen – schon hier
übergingen die KSK-Zeugen die auch im KSK-Kontin-
gent wohlbekannte Tatsache, dass die Gefangenen immer
wieder verhört und dafür selbstverständlich aus den „Kä-
figen“ herausgeholt und zu Verhörzelten im Lager Kanda-
har gebracht wurden. Die von der Staatsanwaltschaft be-
fragten KSK-Soldaten brachten weiter vor, die von Herrn
Kurnaz beschriebene Uniform sei keine von den deut-
schen Soldaten getragene Uniform gewesen – allerdings
identifizierte Herr Kurnaz kurz darauf bei der Staatsan-
waltschaft Tübingen die Uniformen der KSK-Angehöri-
gen auf Fotos eindeutig. Besonders auffällig war auch,

seine Identität als Angehöriger einer deutschen (Elite-)
Einheit offenbaren – das hinderte allerdings (das ist un-
streitig!) mindestens einen der KSK-Soldaten nicht daran,
Herrn Kurnaz im Gefangenenlager aus geringer Entfer-
nung auf Deutsch mit den Worten „Du hast Dir wohl die
falsche Seite ausgesucht“ anzusprechen. Das ignorierten
die KSK-Angehörigen und argumentierten weiter, die
von Herrn Kurnaz den beschuldigten Kontingentsoldaten
zugeschriebene Äußerung „wir sind die/das deutsche
Kraft“ klinge wie eine schlechte Übersetzung von „the
German force“; es habe in Kandahar US-Soldaten mit
sehr guten Deutschkenntnissen gegeben. Dieser Einwand
wurde wiederholt vorgebracht, um darzulegen, es könne
sich bei der Misshandlung von Herrn Kurnaz um eine
spezielle Vernehmungstechnik der US-Streitkräfte bzw.
der CIA gehandelt haben. Warum diese auf Befragungen
in akzentfreier deutscher Sprache spezialisierten Verneh-
mer sich in derart kryptischem Deutsch ausdrücken soll-
ten, wurde allerdings nicht erklärt.

Die Kontingentsoldaten, die sich an ein Zusammentreffen
mit Herrn Kurnaz am Zaun des Gefangenenlagers erin-
nerten, widersprachen in noch einem weiteren Punkt den
Angaben von Herrn Kurnaz: Herr Kurnaz erklärte, er
habe am Zaun des „Käfigs“, in dem er in Kandahar gefan-
gen gehalten wurde, zwei KSK-Soldaten gegenüber ge-
standen. Von diesen beiden habe ihn einer mit der Äuße-
rung „Du hast Dir wohl die falsche Seite ausgesucht“
angesprochen.

Die Soldaten, die überhaupt einräumten, diese Äußerung
könne gefallen sein, gaben zur Größe der Gruppe der KSK-
Soldaten, die Herrn Kurnaz am Zaun gegenüber gestanden
habe, stets Größenordnungen von nicht weniger als drei
Personen an. Andererseits sagten fast alle KSK-Soldaten
übereinstimmend aus, sie seien in Zweier-Gruppen auf
Streife gegangen. Soweit die im Untersuchungsausschuss
gehörten Kontingentsoldaten hiervon abwichen, sprachen
sie niemals von größeren Gruppen deutscher Soldaten. Sie
schilderten allenfalls, sie hätten ihre Streifengänge zum
Teil auch allein absolviert. Der Zeuge Nr. 32 erklärte sogar,
er könne sich nicht vorstellen, dass die KSK-Soldaten in
größeren Gruppen als zu zweit Streife gelaufen seien (MAT
16 – 8, Bl. 199).

Auch dieses widersprüchliche Aussageverhalten weist
auf eine durchschaubare Absprache zwischen den KSK-
Soldaten hin. Sie waren offensichtlich der Meinung,
wenn die von ihnen beschriebene Personengruppe die von
Herrn Kurnaz angegebene Gruppengröße übersteige,
könne eine Identifizierung und Überführung einzelner
KSK-Soldaten nicht gelingen.

Das gesamte Aussageverhalten der KSK-Soldaten ließ
deutlich erkennen, dass es vom Bestreben getragen war,
die Schilderung von Herrn Kurnaz unglaubhaft erschei-
nen zu lassen und so die Kontingentangehörigen weitge-
hend zu entlasten. Stimmte das von Herrn Kurnaz ge-
dass fast alle KSK-Soldaten darauf hinwiesen, kein KSK-
Soldat werde einem Gegner gegenüber sein Gesicht oder

schilderte Geschehen nicht mit der Realität überein, gab
es für eine solche Strategie aber keinen Anlass.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 149 – Drucksache 16/10650

IV. Einsatz des KSK in Kandahar

1. Nicht vom Bundestagsmandat
gedeckter Einsatz des KSK

Seit den dienstlichen Anhörungen der KSK-Angehörigen
beim BMVg vor dem Hintergrund der von Herrn Kurnaz
erhobenen Misshandlungsvorwürfe ist bekannt, dass Sol-
daten des 1. KSK-Kontingents in Kandahar im Januar
2002 nicht nur Wachschichten im Gefangenenlager der
FOB Airfield Kandahar geleistet, sondern sich sogar an
der Aufnahme neuer Gefangener in dieses Gefangenenla-
ger (sog. In-processing) beteiligt haben.

Der Bundestag formulierte als Zielvorgabe für die Betei-
ligung an der „Operation Enduring Freedom“:

„Diese Operation hat zum Ziel, Führungs- und Ausbil-
dungseinrichtungen von Terroristen auszuschalten, Terro-
risten zu bekämpfen, gefangen zu nehmen und vor
Gericht zu stellen sowie Dritte dauerhaft von der Unter-
stützung terroristischer Aktivitäten abzuhalten. Deutsche
bewaffnete Streitkräfte tragen dazu mit ihren Fähigkeiten
bei.“ (Bundestagsdrucksache 14/7296).

Ob die Teilnahme der KSK-Soldaten an Bewachungsauf-
gaben in einem Gefangenenlager von diesem Mandat ge-
deckt war, ist mehr als fraglich. Die Frage ist eindeutig zu
verneinen, sofern zu diesem Zeitpunkt schon erkennbar
war, dass die USA als Gewahrsamsmacht nicht daran
dachten, die Gefangenen einem ordentlichen Gerichtsver-
fahren zu überstellen. Daher stand in besonderem Maße
die aktive Unterstützung von Streitkräfteangehörigen der
USA bei der Aufnahmeprozedur im Gefangenenlager im
Widerspruch zum Bundestagsmandat.

Im Untersuchungsausschuss ließ sich noch nicht einmal
aufklären, ob eine Bewachung von Gefangenen vom Ein-
satzführungskommando jemals angeordnet oder auch nur
genehmigt worden war. Der Kontingentführer behauptete
im Untersuchungsausschuss, er habe eine Genehmigung
zur Übernahme der Wachaufgabe eingeholt, bevor Kon-
tingentsoldaten zum Wachdienst eingesetzt worden seien.
Das sei nach seiner Erinnerung in einer Videokonferenz
mit dem Leiter der Abteilung Spezielle Operationen ge-
schehen (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 7, 13,
25). Dieser Abteilungsleiter erinnerte sich weder an eine
solche Weisung oder Genehmigung noch auch nur an eine
entsprechende Meldung des Kontingentführers (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 14, 18/19, 21; Teil III
S. 8). Aus den dem Ausschuss vorgelegten Protokollen zu
Videokonferenzen ergibt sich keine derartige Weisung
aus dem Einsatzführungskommando der Bundeswehr in
Potsdam. Da aber nach Zeugenaussagen (Stenografisches
Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 24/25) bekannt ist, dass in Vi-
deokonferenzen erteilte Befehle protokolliert wurden,
muss sich im Umkehrschluss zwingend ergeben, dass je-
denfalls per Videokonferenz eine entsprechende Weisung
zur Übernahme von Wachaufgaben im Gefangenenlager
nicht erfolgte.

Zwar sagte der seinerzeitige Befehlshaber des Einsatzfüh-

habe einem Wachdienst zugestimmt. Hierbei ging er aber
von einer Beteiligung am Schutz des gesamten Militärla-
gers, der FOB Airfield Kandahar, gegen Angriffe von au-
ßen aus, nicht von einer Bewachung von Gefangenen:

„Das Thema hat gelautet: Sicherung. Sie sprechen ja von
einer Zeit im Januar 2002, wo gerade dieser Compound,
das Areal dieses Flugplatzes, in amerikanische Hand ge-
kommen ist und wo permanent Angriffe auf das Lager
stattfanden, Beschießungen. (…) In diesem Zusammen-
hang ist das Thema Sicherung des Lagers einschließlich
der Sicherung des Gefangenenlagers Teil dieses Ge-
sprächs gewesen. Ich habe damals zugestimmt: Jawohl,
wenn hier Not am Mann ist, dann muss auch unser Kon-
tingent seinen Beitrag leisten. (…) Es handelt sich ja
nicht um den Gewahrsam dieser sog. Detainees in dem
Lager, sondern es handelt sich um eine allgemeine Siche-
rungsmaßnahme. Der habe ich so zugestimmt.“ (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 2)

Weiter erklärte er:

„Die Einschränkung, die ich gegeben habe, (…) war ein-
deutig: dass durch unsere Soldaten keine Aufgaben des
Gewahrsams wahrgenommen werden dürfen, sondern
dass es sich um eine Sicherungsaufgabe handelt.“ (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 12/13)

Auch der seinerzeitige Stabsabteilungsleiter Fü S V, Ge-
neralmajor Engelhardt, schilderte im Untersuchungsaus-
schuss, ihm sei nur vorgetragen worden, die Angehörigen
des KSK-Kontingents seien an einer Bewachung des Mi-
litärlagers in Kandahar beteiligt gewesen:

„Wir haben dem keine besondere Bedeutung beigemes-
sen, weil für mich für den Begriff ,Guards Duty‘ die Betei-
ligung an einer Bewachung des Lagers in Kandahar die
Erklärung war. Ich habe dem überhaupt keine weitere Be-
deutung beigemessen, weil nirgendwo an mich herange-
tragen worden ist: sie beteiligen sich da an der Bewachung
der Gefangenen. – Dann hätten wir schon eingegriffen
oder ich hätte eingegriffen, weil das nicht Aufgabe der
Spezialkräfte gewesen wäre.“ (Stenografisches Protokoll
Nr. 10, Teil II, S. 18)

Ob diese Darstellungen mehr als bloße Schutzbehauptun-
gen waren, konnte mit den Mitteln des Untersuchungs-
ausschusses nicht aufgeklärt werden.

Wenn aber nicht gegenüber dem Untersuchungsausschuss
das Vorliegen einer Weisung zur Teilnahme an der Auf-
nahme neuer Gefangener gezielt verschwiegen wurde,
fehlte es insoweit an jeglicher Genehmigung von Seiten
der für das KSK Verantwortlichen. Das bedeutet aber,
dass das BMVg die Kontrolle über das KSK schon von
Anfang an verloren hatte.

Glaubt man den Darlegungen des Kontingentführers im
Untersuchungsausschuss, hatte noch nicht einmal er
selbst einen Überblick darüber, womit sich die ihm unter-
stellten Soldaten befassten: Bei seiner Vernehmung im
Untersuchungsausschuss behauptete er nämlich,
rungskommandos, Generalleutnant a. D. Riechmann, bei
seiner Vernehmung im Untersuchungsausschuss, er selbst

„(…) ich habe die Anordnung für die Bewachung des La-
gers nicht gegeben. Ich habe einen Request der Amerika-

Drucksache 16/10650 – 150 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

ner bekommen, ob ich Soldaten abstellen kann zur Bewa-
chung des Lagers. (…) ich habe dann meinem
Kompaniechef den Auftrag gegeben, Männer abzustellen,
die sich dann da melden mussten – bei wem, weiß ich
jetzt auch nicht mehr –, und da haben die ihren Auftrag
bekommen.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III,
S. 20)
Nicht nur insoweit fehlte dem Kontingentführer eine prä-
zisere Vorstellung von den realen Vorgängen: Im Untersu-
chungsausschuss erklärte er auch, er sei davon ausgegan-
gen, die an der Wache teilnehmenden Soldaten seien
– entsprechend des Requests der US-amerikanischen
Streitkräfte an ihn – die ganze Nacht über „auf dem
Wachturm“ eingesetzt gewesen, und nicht im inneren Be-
reich des Lagers (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III,
S. 14, 19).

2. Folterung von Gefangenen
durch KSK-Angehörige

Mindestens einer der zur Wache im Gefangenenlager der
FOB Airfield Kandahar eingesetzten KSK-Soldaten hat
eigenhändig gegen das Folterverbot verstoßen.

Nach der Beweiserhebung im Untersuchungsausschuss
steht für uns fest, dass ein Angehöriger des KSK im La-
ger Kandahar – sei es auch nur zum Schein – Gefangene
mit seinem mit einer Laserzielvorrichtung ausgestatteten
Gewehr bedroht und sie dadurch in Todesangst versetzt
hat.

Der Zeuge Asif Iqbal schilderte vor dem Untersuchungs-
ausschuss:

„Wir wurden jede Nacht geweckt und sie haben uns
durchgezählt. Und da war eine Nacht, in der sie es immer
wieder gemacht haben, alle 10, 15 Minuten haben sie
,Durchzählen’ gerufen, und wir mussten alle nach vorne
kommen und uns aufstellen, und da habe ich den deut-
schen Soldaten gesehen, sein Gewehr war anders als die
amerikanischen Gewehre. Und er hatte eine rote Leuchte
… Laserleuchte und er hat immer wieder mit seinem Ge-
wehr auf unsere Köpfe gezeigt (…).

(…) die amerikanischen Soldaten… Sie haben nur ihre
Gewehre auf uns gerichtet und man merkte, dass sie
Amerikaner waren. (…) Aber dieser Typ, er stand da und
richtete das Gewehr auf uns und er zeigte mit der roten
Leuchte auf jeden Einzelnen. (…)

Alle Tage sind beinah gleich, aber plötzlich, eines Tages,
sind da ein paar deutsche Soldaten und sie leuchten einen
an. Das vergisst man nicht.“ (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II,
S. 28/29 und S. 33)
Herr Kurnaz sagte zu dieser Begebenheit bereits bei sei-
ner Zeugenvernehmung durch den Untersuchungsaus-
schuss am 17. Januar 2007 aus:

„(M.K.) Der mit der helleren Haarfarbe hat eine beson-
dere Waffe gehabt, was mir aufgefallen ist.
(…)

(M.K.) Sie hat Laser obendrauf gehabt, mit dem er
auch auf die Gefangenen gezielt hat, indem er
das den Amerikanern vorgeführt hat. Das fan-
den die amerikanischen Soldaten toll. Sie ha-
ben diese Waffe bewundert. Da kamen die gan-
zen amerikanischen Soldaten und haben sich
das angeguckt.

(Frage) Die deutschen Soldaten haben, als sie draußen
am Zaun stehen – damit wir das richtig verste-
hen –, mit dieser Laserwaffe Punkte auf die
Kleidung gemacht?

(M.K.) Auf die Köpfe von den Gefangenen oder auf
die Körper unterschiedlicher Gefangener. Er
hat das zum Vorführen für die Amerikaner ge-
macht.

(…)

(Frage) (…) Wie haben die anderen, die Mitgefange-
nen, darauf reagiert? (…) Haben die Angst ge-
habt in diesem Moment, haben die das als Be-
drohung angesehen oder als (…) ,dummes,
böses Spiel’?

(M.K.) Jeder Gefangene reagiert anders, der eine
nimmt das ernst und der andere wahrscheinlich
nicht. Aber für mich hat es den Eindruck ge-
macht, dass sie es vor allem als Bedrohung
fanden. Man zielt nicht mit einem Laser, mit
einer scharf geladenen Waffe mit einem Laser
auf Köpfe aus Spaß. Ich gehe davon aus, dass
sie es ernst genommen haben. Das kann ich
nicht beurteilen. Das weiß ich nicht. Da muss
man diejenigen fragen, auf die gezielt wurde.“

(Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 35/36 und
S. 50)

Es liegt auf der Hand, dass die betroffenen Gefangenen
Todesangst empfanden.

Eine solche Behandlung läuft der sowohl von der Bun-
desrepublik Deutschland als auch den USA ratifizierten
Folterverbots-Konvention (Übereinkommen gegen Fol-
ter und andere grausame, unmenschliche oder erniedri-
gende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984;
BGBl. 1990 II, S. 247) zuwider:

„Artikel 1

(1) Im Sinne dieses Übereinkommens bezeichnet der
Ausdruck ,Folter’ jede Handlung, durch die einer
Person vorsätzlich große körperliche oder seelische
Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Bei-
spiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage
oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tat-
sächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten
begangene Tat zu bestrafen oder um sie oder einen
Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen, oder aus
einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskrimi-
nierung beruhenden Grund, wenn diese Schmer-
zen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentli-
(Frage) Hatte die Waffe eine besondere Zieleinrich-
tung?

chen Dienstes oder einer anderen in amtlicher
Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlas-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 151 – Drucksache 16/10650

sung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschwei-
gendem Einverständnis verursacht werden. Der Aus-
druck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich
lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen erge-
ben, dazu gehören oder damit verbunden sind.

(2) (…)

Artikel 2

(1) Jeder Vertragsstaat trifft wirksame gesetzgeberische,
verwaltungsmäßige, gerichtliche oder sonstige Maß-
nahmen, um Folterungen in allen seiner Hoheitsge-
walt unterstehenden Gebieten zu verhindern.

(2) Außergewöhnliche Umstände gleich welcher Art, sei
es Krieg oder Kriegsgefahr, innenpolitische Instabili-
tät oder ein sonstiger öffentlicher Notstand, dürfen
nicht als Rechtfertigung für Folter geltend gemacht
werden.

(3) (…)“

3. Duldung von und Teilnahme an völker-
rechtswidriger Behandlung der Gefan-
genen im Gefangenenlager der
FOB Airfield Kandahar

Während ihres Wachdienstes im Gefangenenlager der FOB
Airfield Kandahar nahmen die KSK-Soldaten wahr, dass
die Behandlung der Gefangenen durch die US-amerikani-
schen Streitkräfte menschenrechtlichen Verbürgungen und
den Vorgaben des humanitären Völkerrechts widersprach.
Dennoch beteiligten sich mindestens sechs – möglicher-
weise aber auch alle oder fast alle – der als Wachen im Ge-
fangenenlager eingesetzten KSK-Soldaten nicht nur an
diesem Wachdienst selbst, sondern sogar an der Aufnahme
neuer Gefangener in das Gefangenenlager.

a) Prozedur zur Aufnahme neuer Gefangener
(„In-processing“)

Die Prozedur zur Aufnahme neuer Gefangener (sog. In-
processing) stellte sich bereits nach den Schilderungen
der deutschen KSK-Angehörigen als – in der euphemisti-
schen Umschreibung der Kontingentsoldaten – „ruppi-
ger“, „robuster“ Vorgang dar. Die KSK-Soldaten nannten
hierzu nur wenige Details.

So sagte der Zeuge Nr. 8 bei seiner dienstlichen Anhö-
rung im BMVg aus:

„Im Lager gab es ein Zelt, in dem mehrere Stationen auf-
gebaut waren (…), sie“ [die Gefangenen] „wurden foto-
grafiert, es wurden Fingerabdrücke genommen, die Ge-
fangenen mussten sich ausziehen und wurden ärztlich
untersucht. Es war unsere Aufgabe, die Gefangenen von
Station zu Station zu führen. (…) Die Gefangenen trugen
Augenbinden, ich glaube eine Art Kapuze, und Fesseln.
Wir haben die Gefangenen am Arm geführt, da sie auch
Fußfesseln trugen. Dieser Einsatz hat etwa 3 – 4 Stunden
gedauert, obwohl es nicht so viele Gefangene waren. (…)
Innerhalb des Zeltes konnten sowohl eine US-Soldatin als

kaner war robust, aber nicht in einer Form, die ich im um-
gekehrten Falle als unangemessen betrachtet hätte. Es gab
weder Tritte noch Schläge durch die Amerikaner sowie
auch keine Akte willkürlicher Gewalt.“ (MAT 16 – 14,
Anlage 03)

Der Zeuge Nr. 18 füllte das Bild des „robusten“ Umgangs
der US-Amerikaner mit Gefangenen mit etwas mehr Le-
ben, als er in seiner dienstlichen Anhörung beim BMVg
schilderte:

„Die Gefangenen kamen vom Flugzeug, wurden in ein
Zelt außerhalb des Lagers gebracht, dort durchsucht und
befragt (Name etc.). Ich habe an der Durchsuchung der
Gefangenen nicht teilgenommen, jedoch habe ich mit den
Amerikanern zusammen anfangs diese Personen mit ab-
geführt. Danach habe ich diese Tätigkeit mit einem deut-
schen Kameraden weiter durchgeführt, da die Amerika-
ner die Gefangenen aus meiner Sicht zu aggressiv
behandelt haben. Als die Gefangenen aus dem Flugzeug
kamen, waren sie gefesselt und hatten einen Sack als
Sichtschutz über dem Kopf. Beim Abführen haben wir
die Gefangenen am Arm gepackt. Im Rahmen der Auf-
nahme wurden sie auch einem Arzt vorgeführt; bei der
Aufnahme wurde arabisch gesprochen. Alles ging sehr
laut zu. (…) Vom ersten Zelt wurden die neuen Gefange-
nen – es waren etwa 10 bis 15 Personen – weiter geführt.
Ich habe erlebt, dass ein Amerikaner einen Gefangenen
mit Sichtschutz gegen eine Wand laufen ließ, daraufhin
habe ich es vorgezogen, die Gefangenen mit einem deut-
schen Kameraden zusammen abzuführen. Bei dem gan-
zen Verfahren gab es weder Tritte noch Schläge. Trotz-
dem hatte man ein ungutes Gefühl, denn man wusste
nicht, ob all diese Personen auch wirklich schuldig waren.
Zu dieser Zeit kam man in Afghanistan sehr schnell in
falschen Verdacht, manchmal reichte es aus, wenn man
zuviel Geld bei sich hatte. Die Amerikaner waren betont
grob zu den Gefangenen. (…) Die Behandlung der Ge-
fangenen durch die Amerikaner war insgesamt nicht so,
wie man sich es unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten
vorstellt. Ich habe das KSK aus einer Vielzahl von Grün-
den verlassen, die Erfahrungen, wie unsere Partner der
US-Streitkräfte mit Gefangenen umgegangen sind, war
ein Grund dafür.“ (MAT 16 – 14, Anlage 03)

Von akustischen Einschüchterungen der Gefangenen
während des „In-processing“ erzählte auch der Zeuge
Nr. 20:

„Misshandlungen durch die Amerikaner habe ich nicht
beobachtet. Es gab ein Abtasten und Abführen, dazu wur-
den die Gefangenen auch angefasst, sie wurden jedoch
sehr laut angesprochen.“ (MAT 16 – 14, Anlage 03)

Und der Zeuge Nr. 14 äußerte sich zu seiner Einstellung
zum Vorgehen der Angehörigen der US-amerikanischen
Armee:

„Wie ich vorhin schon gesagt habe, kam es uns eben da-
rauf an, dass wir als Deutsche sie so behandeln, wie man
eben mit Menschen umgeht. Ich möchte mich hier noch
einmal von der einen oder anderen Methode der Amerika-
auch ein Befrager arabisch sprechen. Seitens der Gefan-
genen gab es keinen Widerstand. Der Umgang der Ameri-

ner distanzieren, (…). Wenn hier tatsächlich eine Men-
schenrechtsverletzung stattgefunden hätte – wobei der

Drucksache 16/10650 – 152 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Übergang ja fließend ist, da sind wir uns wohl einig; aber
wenn hier eine ganz klare Verletzung der Menschenrechte
stattgefunden hätte –, wäre sicherlich jeder von uns dort
eingeschritten. Aber es gibt ja auch einen Unterschied,
wie man an eine solche Sache herangeht.“ (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 9, Teil III, S. 10)

Die Stimmungslage der Gefangenen umriss dieser Zeuge
dann so:

„Man muss sich auch in die Lage der Gefangenen verset-
zen. Ich nehme an, dass die Mehrzahl dieser Menschen
schon sehr große Angst hatte.“ (Stenografisches Protokoll
Nr. 9, Teil III, S. 10)

Eine menschenrechtswidrige Behandlung setzt keine kör-
perlichen Einwirkungen wie „Schläge“ oder „Tritte“, auf
die die KSK-Soldaten abstellten, voraus. Schon die von
den KSK-Angehörigen beschriebenen Details sprechen
unter völkerrechtlichen Gesichtspunkten für sich und las-
sen außerdem Rückschlüsse auf weitere Missstände zu.
Dennoch bezeichneten die im Untersuchungsausschuss
vernommenen KSK-Soldaten die von ihnen selbst wahr-
genommenen Geschehnisse in Zusammenhang mit die-
sem „In-processing“ auch auf Nachfragen als „im vertret-
baren Rahmen“ liegend.

Ganz anders liest sich beispielsweise die Schilderung ei-
nes auch in Kandahar eingesetzten Befragers (Chris
Mackey) der US-Armee, der seine im Rahmen der „Ope-
ration Enduring Freedom“ in unterschiedlichen Gefange-
nenlagern gesammelten Erfahrungen in dem Buch „The
Interrogators“ (Chris Mackey/Greg Miller; erschienen
2005 bei Back Bay Books) niederlegte:

„As always, it happened at night. A cargo plane touched
down in darkness, its lights doused to avoid attack, and
lumbered across the rutted runway toward what had once
been the passenger terminal of the Kandahar airport. Its
rear ramp lowered, revealing a ragged train of enemy
fighters in bare feet and rags, emerging like aliens in the
red-hued light of the cargo hold. Their heads were cov-
ered in burlap sacks, but their breath was still visible in
the frigid air. (…) They were bound together in long
chains. As they were spirited down the ramp, if one were
to stumble, he would pull the others down with him. On
the tarmac, MPs swarmed in from all sides, shining flash-
lights in the prisoners' concealed faces and screaming a
stream of commands and obscenities audible even over
the roar of the plane as it pulled away and made its escape
into the Afghanistan sky. They led the prisoners toward a
barbed-wire enclosure (…). It was accessed through a
long, rickety door made of sheet metal and topped with
concertina wire. The prisoners ambled through under the
gaze of MPs in towers above, who kept their weapons at
the ready. With a mighty „thud“ the prisoners were
hurled, one by one, into a three-sided sandbag „pin
down“. Rubber-gloved MPs armed with surgical scissors
made them lie on their stomachs and began cutting away
the rags. At the first snip of the scissors, the prisoners
howled and wailed and struggled to roll over, fearing

still waiting in the reception area to states of supreme agi-
tation. The pin-down was the entry point to an abattoir-
like tent tunnel through which the prisoners would pass as
they were processed into U.S. custody. (…) Once they
had gone through a quick intelligence screening, the
prisoners were examined by a doctor. He scanned the
prisoners’ torsos, arms, and legs, moving a gloved hand
quickly across their skin, searching for scars and fresh
wounds that might need dressing. He checked their
mouths with a gloved finger, and searched their eyes with
a flashlight, looking for any sign of disease. Then an MP
would shout one of the few phrases he had mastered in
Arabic: „Wa’ all’an lill act el emptihan!“ – „And now for
the ass inspection!“ One MP would put his knee into the
back of one of the prisoners’ knees while the other put his
hand on the prisoner’s neck and pushed it down until the
prisoner was properly positioned. The doctor’s probe al-
ways prompted new shrieks from prisoners convinced
they were about to be raped.“ (a. a. O., S. 3 ff.)

Das „In-processing“ im Gefangenenlager von Kandahar
wird hier als eine planvoll Angst erregende Prozedur aus
gezielten Einschüchterungen und körperlichen Übergrif-
fen geschildert, mit der bei den Gefangenen nicht zuletzt
extreme Ängste provoziert werden sollten. Die Folterde-
finition der Folterverbots-Konvention wurde oben bei
Punkt IV. 2. schon zitiert. Das Hervorrufen von Todes-
angst, aber auch die gezielte, massive Erniedrigung von
Gefangenen, vor deren religiös-kulturellem Hintergrund
z. B. erzwungene Nacktheit besonders tabuisiert ist, und
das planvolle Spiel mit ihrer Angst vor Vergewaltigung,
können Leiden von großer Intensität verursachen, die die-
ser Folterdefinition unterfallen.

Bezeichnenderweise finden sich zahlreiche Details aus
den Schilderungen der KSK-Soldaten in der sicherlich
partiell literarisch beeinflussten Schilderung von Mackey
und Miller wieder.

Der Zeuge Nr. 20, dem Teile von Mackey/Miller's Be-
schreibung eines „In-processing“-Vorganges in der FOB
Airfield Kandahar im Untersuchungsausschuss vorgehal-
ten wurden, erklärte jedoch, einen derartigen Umgang mit
Gefangenen in Kandahar nicht beobachtet zu haben. Die-
ser Zeuge ließ allerdings bei seiner Schilderung eines „In-
processing“, an dem er selbst beteiligt gewesen war, we-
sentliche Aspekte aus, die sich in der obigen Darstellung
von Mackey/Miller finden, und die unabhängig hiervon
z. B. auch von den im Untersuchungsausschuss gehörten
ehemaligen Mitgefangenen von Herrn Kurnaz erwähnt
wurden. Die Untersuchung der Gefangenen etwa gestal-
tete sich nach den Darlegungen des Zeugen Nr. 20 eher
harmlos und schien auf eine rein äußerliche Durchsu-
chung beschränkt:

„Dann hat man angefangen, einen nach dem anderen,
sage ich mal, von dieser ganzen Verbindung loszubinden,
hat diesen einen genommen; der wurde dann auf Gegen-
stände untersucht, die er vielleicht am Körper oder in sei-
there could only be one purpose for being held face-down
and stripped. The screaming stirred the line of prisoners

nen Sachen haben könnte.“ (Stenografisches Protokoll
Nr. 21, Teil III, S. 27)

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 153 – Drucksache 16/10650

Der Zeuge Ruhal Ahmed sagte im Untersuchungsaus-
schuss – ganz offensichtlich erheblich in seinem Scham-
gefühl berührt und außerstande, ins Detail zu gehen – hin-
gegen aus:

„Sie brachten uns in ein Zelt und zogen uns aus. Sie ris-
sen uns mit Gewalt alle Kleider vom Leib, sodass wir
nackt waren. Und sie fotografierten uns, von vorn, von
der Seite. Dann nahmen sie Proben aus unseren Bärten.
Sie nahmen Proben von meinem Bart, von meiner Wange,
Abstriche, Fingerabdrücke. Und Dreck unter den Nägeln,
von unter den Nägeln.“ (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II,
S. 15)

und beendete diese Schilderung nach einer beklommenen
Pause mit den Worten:

„Then we were searched thoroughly. OK?“.

Erst auf gezielte Nachfrage, ob Teil dieser „gründlichen
Durchsuchung“ auch eine Rektaluntersuchung gewesen
sei, antwortete der Zeuge spürbar befangen mit einem
knappen, beschämten „Ja“ (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II,
S. 23).

b) Schlafentzug
Einer der im Untersuchungsausschuss vernommenen KSK-
Soldaten erwähnte Vorgehensweisen der US-amerikani-
schen Armeeangehörigen, die ersichtlich machen, dass die
Gefangenen gezielt und systematisch der Foltertechnik
des Schlafentzugs ausgesetzt wurden. So schilderte der
Zeuge Nr. 8 in seiner Anhörung beim BMVg:

„Die Gefangenen wurden von den Amerikanern regelmä-
ßig geweckt.“ (MAT 16 – 14, Anlage 03).

Im Untersuchungsausschuss hierzu befragt, wollte er al-
lerdings keinen Bezug zu systematischen Störungen des
Schlafs der Gefangenen herstellen.

Deutlicher wurden die ehemaligen Mitgefangenen von
Herrn Kurnaz. Der Zeuge Ruhal Ahmed erzählte über sei-
nen Aufenthalt im Gefangenenlager der FOB Airfield
Kandahar:

„Sie haben uns auch nicht schlafen lassen, weil sie uns
alle zwei bis drei Stunden haben durchzählen lassen. Sie
haben uns nachts geweckt und wir mussten alle zur Vor-
derseite des Käfigs kommen und durchzählen. Zählen,
wie viele Gefangene in diesem… in diesem Zelt sind.
Und das ging die ganze Nacht so weiter, sie haben uns
nicht schlafen lassen. (…)

Das Durchzählen findet dreimal am Tag statt. Es sollte
nur dreimal am Tag stattfinden. Es gab drei Schichten,
aber nachts haben sie das regelmäßig gemacht. Das heißt,
alle zwei, drei, vier Stunden kamen sie und weckten uns
auf und ließen uns durchzählen. (…)“ (Wortprotokoll
Nr. 22, Teil II, S. 15/16)

Der Zeuge Asif Iqbal schilderte, dass die Gefangenen in
der Nacht, in der die deutschen Soldaten am Wacheinsatz
teilnahmen, sogar gezwungen wurden, alle 10, 15 Minu-

len, ob Gefangene aus dem Lager geflohen seien, entgeg-
nete er:

„Nein, das haben sie jede Nacht gemacht. Jede Nacht ha-
ben sie das Gleiche gemacht. Sie haben uns nicht schlafen
lassen.“ (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 28/29 und 30)
Auch aus zahlreichen Presseveröffentlichungen ist be-
kannt, dass die USA im Rahmen ihres „Kampfs gegen
den Terror“ gezielt dadurch auf Gefangene einwirkten
(und vermutlich einwirken), dass sie sie am Schlafen hin-
derten.

Schlafentzug ist eine Foltermethode. Im Internet-Lexikon
wikipedia findet sich hierzu der Eintrag:

„Dauerhafter Schlafmangel führt zu körperlichen Beschwer-
den (beispielsweise erhöhte Infektanfälligkeit, Kopfschmer-
zen) und zu psychischen Problemen (beispielsweise Denk-
störungen, Müdigkeit, Halluzinationen, Reizbarkeit).
Dauerhafter methodischer Schlafentzug wird daher auch
als Methode der Folter unter anderem dazu eingesetzt, um
klares Denken des Opfers zu unterbinden und um den Wil-
len sowie die Widerstandskraft des Opfers zu brechen und
so beispielsweise Aussagen zu erpressen.

Im alten Kaiserreich China diente der Schlafentzug über
Tage und Wochen dazu, Schwerverbrecher hinzurichten.
Durch Schlagen, Schmerzreize und Kitzeln wurden diese
wach gehalten. Nach einigen Tagen bekamen sie Wahn-
vorstellungen und bald darauf starben sie.

In der Sowjetunion war Schlafentzug eine gängige Praxis
bei den Verhören von Verdächtigen, die teilweise wie am
Fließband von verschiedenen Personen abwechselnd be-
fragt wurden (diese Folter wird auch in Solschenizyns Ar-
chipel Gulag geschildert).

Kombiniert mit Einschüchterungen, Drohungen, Entzug
von Nahrung und Wasser sowie qualvollen Körperhaltun-
gen war es ein weit verbreitetes Druckmittel.

Schlafentzug wird auch heutzutage noch oft als Folterme-
thode angewandt, da er keine nachweisbaren körperlichen
Spuren beim Opfer hinterlässt (sog. Weiße Folter).“
(http://de.wikipedia.org/wiki/Schlafentzug)

c) Lebensbedingungen im Gefangenenlager
Die Nachttemperaturen in Kandahar gingen Anfang
Januar 2002 – auch um den mutmaßlichen Zeitpunkt des
Wachdienstes herum – bis auf minus 16° C hinunter.
Aufzeichnungen hierzu finden sich in den an das Einsatz-
führungskommando der Bundeswehr gerichteten Tages-
meldungen des Kontingentführers aus Kandahar. Kontin-
gentangehörige erzählten im Untersuchungsausschuss,
mehrfach seien das Trink- und Waschwasser über Nacht
eingefroren; das sei auch in der Nacht des Wachdienstes
deutscher Soldaten geschehen (Stenografisches Protokoll
Nr. 11, Teil III, S. 60; Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil
III, S. 48; Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 54).
Die Kontingentsoldaten selbst litten im Januar 2002 – an-
gesichts zunächst fehlender Heizgeräte in ihren Zelten –
ten zum Durchzählen anzutreten. Auf die Frage, ob Sinn
des wiederholten Durchzählens gewesen sei, festzustel-

stark unter der Kälte. Nach Angaben eines der dem Kon-
tingent angehörigen Sanitäter (Zeuge Nr. 13) gab es unter

Drucksache 16/10650 – 154 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

den deutschen Soldaten viele Erkältungskrankheiten (Ste-
nografisches Protokoll Nr. 5, Teil III, S. 36). Im Gegen-
satz zu den Gefangenen schliefen sie aber immerhin in
geschlossenen Zelten und verfügten über Schlafsäcke und
eine kälte-isolierende Ausstattung. Die Zeugen Nr. 8, 22,
28 sowie weitere Kontingentangehörige berichteten in ih-
rer dienstlichen Anhörung beim BMVg und auch vor dem
Untersuchungsausschuss, die KSK-Soldaten hätten we-
gen der großen Kälte neben der deutschen Wüstentarn-
uniform dienstlich gelieferte Ausrüstungsteile aus dem
sog. Arktissatz getragen; z. B. Fleecejacken und
Wollmützen (Stenografisches Protokoll Nr. 11, Teil III,
S. 56; Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 70;
MAT 16 – 14, Anlage 03).

Nach Angaben von Herrn Kurnaz trugen die Soldaten
zum Schutz vor der Kälte teilweise Gesichtsmasken und
dicke Handschuhe (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil II,
S. 55).

Der Kontingentführer schilderte den Mitgliedern des Un-
tersuchungsausschusses bei seiner Vernehmung, die Nacht-
temperaturen hätten um minus 10° C herum gelegen –
und fügte mit frappierender Kaltschnäuzigkeit hinzu, mit
einer Wärmejacke sei es „angenehm“ gewesen … (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 26). Auch die KSK-
Soldaten absolvierten ihren nächtlichen Wachdienst im
Januar 2002 mit wärmender Kleidung: Über ihren Unifor-
men trugen sie Wärmejacken, wie der Zeuge Nr. 23 be-
richtete (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 49).

Die Gefangenen in der FOB Airfield Kandahar verfügten
nicht über Wärmejacken. Sie besaßen – bis auf ein oder
zwei Wolldecken – auch sonst keinerlei Schutz gegen die
Kälte und sonstige Witterungseinflüsse. Bekleidet waren
sie lediglich mit dünnen, blauen Baumwolloveralls.

Herr Kurnaz erzählte bei seiner Befragung im Untersu-
chungsausschuss:

„Es war so kalt. (…) Wir haben nur ein Stück Kleidung
gehabt, die aus einem Teil besteht. Wir sind also fast vor
der Kälte verstorben. Es war so kalt, dass wir kaum mehr
auf den Beinen stehen konnten und uns kaum noch bewe-
gen konnten wegen der Kälte und des Essens allein.“ (Ste-
nografisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 55)

Der Kontingentführer des KSK räumte ein, dass ihm be-
kannt war, dass die Gefangenen noch nicht einmal mit
Unterwäsche ausgestattet worden waren, dass sie also un-
ter ihren dünnen Overalls nackt der winterlichen Eises-
kälte in Kandahar ausgesetzt waren (Stenografisches Pro-
tokoll Nr. 4, Teil II, S. 64/65 und MAT 16 – 8, Bl. 316).

Die Gefangenen verbrachten ihre Tage und Nächte unter
Zeltabdeckungen, deren Seitenplanen vollständig hoch
gerollt waren. Sie waren hierdurch allenfalls gegen direkt
von oben kommende Witterungseinflüsse geschützt. Ei-
nen Schutz gegen Wind und Kälte boten die Zeltdächer,
unter denen sie sich aufhalten konnten und mussten,
nicht. Sie schliefen auf dem nackten Boden.

Um die desolaten Bedingungen, unter denen die Gefange-

Auch die KSK-Soldaten hatten gesehen, wie die Gefan-
genen ausgestattet waren, dass die Seitenplanen der Zelte
hochgerollt waren und auch über Nacht hochgerollt blie-
ben (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 46; Ste-
nografisches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 49 und MAT
16 – 14, Anlage 03; MAT 16 – 8, Bl. 125; MAT 16 – 8,
Bl. 149; Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 10;
MAT 16 – 8, Bl. 214; Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil
III, S. 53; Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 10,
26). Sie beschrieben die Kleidung der Gefangenen zutref-
fend dahingehend, dass diesen lediglich ihre blauen Over-
alls zur Verfügung standen. Ergänzend wiesen sie allen-
falls darauf hin, jedem Gefangenen seien ein oder zwei
Decken ausgehändigt worden. Sie erwähnten auch, dass
die Gefangenen – mit diesen Decken – auf dem Boden
schlafen mussten (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III,
S. 46, 48; Stenografisches Protokoll Nr. 9, Teil III, S. 6;
Stenografisches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 60 und
MAT 16 – 14, Anlage 03; Stenografisches Protokoll Nr. 7,
Teil III, S. 10; Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 53).

Dass diese Bedingungen in keiner Weise geeignet waren,
bei Temperaturen von minus 16° C (oder auch nur minus
10° C) vor der Kälte zu schützen, war offenkundig. Kei-
ner der KSK-Angehörigen behauptete, es habe Heizmög-
lichkeiten für die Gefangenen gegeben. Solche existierten
auch nicht.

Den deutschen Soldaten, die das Gefangenenlager be-
sucht hatten – und insbesondere den KSK-Soldaten, die
am Wachdienst teilnahmen –, war also klar, dass die Ge-
fangenen gegen Kälte nicht bzw. nur völlig unzureichend
geschützt waren.

Der Zeuge Nr. 23 (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III,
S. 49) verstieg sich bei seiner Aussage im Untersuchungs-
ausschuss zu der zynischen Replik, dass es den Gefange-
nen zumutbar gewesen sei, derart schutzlos der Kälte aus-
gesetzt zu sein, ergebe sich für ihn daraus,

„… dass es ihr Land ist und dass sie es gewöhnt sind.“

Die Inakzeptabilität dieser lakonischen Argumentation
ergibt sich besonders deutlich mit Blick auf Gefangene
wie Herrn Kurnaz – von dem die KSK-Soldaten alle
wussten, dass er mindestens einen engeren Bezug zu
Deutschland (und dessen klimatischen Bedingungen und
Schutzvorkehrungen hiergegen) als zu Afghanistan hatte.

Die Lebensbedingungen der im Gefangenenlager der
FOB Airfield Kandahar Festgehaltenen verstießen – s. so-
gleich unter d) – gegen die Verbürgungen in Artikel 25
und 27 des Genfer Abkommens über die Behandlung von
Kriegsgefangenen vom 12. August 1949 und dem folgend
des 1. Zusatzprotokolls vom 8. Juni 1977 zu den Genfer
Abkommen über den Schutz der Opfer internationaler be-
waffneter Konflikte.

d) Völkerrechtliche Vorgaben zur
Behandlung von Gefangenen

Nach den Angaben der Zeugen Murat Kurnaz, Ruhal

nen leben mussten, wusste nicht nur der gerade zitierte
Kontingentführer.

Ahmed und Asif Iqbal liegt es nahe, dass Gefangene im
Lager Kandahar von US-Armeeangehörigen getötet wur-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 155 – Drucksache 16/10650

den und dass auch die deutschen Soldaten Schreie von bei
Verhören gefolterten Gefangenen gehört und (mindes-
tens) die Folgen gravierender Misshandlungen gesehen
haben müssten. Eindeutig nachweisen ließ sich das im
Untersuchungsausschuss letztlich nicht.

Belegt ist allerdings nach den vorangegangenen Ausfüh-
rungen, dass nicht nur die von den KSK-Angehörigen er-
lebten Übergriffe gegen die Gefangenen gegen das Fol-
terverbot der Genfer Konvention, des 1. Zusatzprotokolls
zur Genfer Konvention und der Folter-Konvention vom
10. Dezember 1984 verstießen, sondern dass bereits die
Unterbringung der Gefangenen grundlegende Garantien
der Genfer Konvention bzw. ihres Zusatzprotokolls igno-
rierte.

Auf die von der Regierung der USA seit 2001 vertretene
indiskutable Position, im Rahmen des US-amerikani-
schen „War on Terror“ und der „Operation Enduring
Freedom“ gefangen genommene und gefangen gehaltene
mutmaßliche Al Qaida- oder Taliban-Anhänger seien au-
ßerhalb des regulären Rechtssystems stehende „feindliche
Kämpfer“ („unlawful combatants“), zu deren Gunsten die
den Kriegsgefangenen nach der Genfer Konvention und
ihren Folgeübereinkommen garantierten Verbürgungen
nicht greifen sollten, muss argumentativ hier nicht näher
eingegangen werden. Diese Auffassung ist nach gelten-
dem Völkerrecht unvertretbar. Gefangenen Nicht-Kom-
battanten steht jedenfalls nach Artikel 45 Abs. 1 und Arti-
kel 75 des 1. Zusatzprotokolls vom 8. Juni 1977 zu den
Genfer Abkommen über den Schutz der Opfer internatio-
naler bewaffneter Konflikte (BGBl. 1990 II S. 1551) der
gleiche grundlegende Schutz vor Übergriffen zu, wie den
als Kriegsgefangenen einzuordnenden Kombattanten:

Von Personen, die an „Feindseligkeiten“ teilgenommen
haben und gefangen genommen werden, wird zunächst –
und bis zum gerichtlichen Beweis des Gegenteils! – ver-
mutet, dass sie Kriegsgefangene sind (Artikel 45 Abs. 1
des 1. Zusatzprotokolls zu den Genfer Abkommen). Dem
folgend können sie sich auf sämtliche völkerrechtlichen
Garantien zum Schutz der Kriegsgefangenen berufen.

Das Genfer Abkommen über die Behandlung von Kriegs-
gefangenen vom 12. August 1949 benennt zunächst die
allgemeinen Verbürgungen. Nach Artikel 3 des Genfer
Abkommens sind Kriegsgefangene „unter allen Umstän-
den mit Menschlichkeit“ zu behandeln; Angriffe auf Leib
und Leben, grausame Behandlung und Folterung, Geisel-
nahmen, die Beeinträchtigung der persönlichen Würde,
eine erniedrigende und entwürdigende Behandlung sind
ausnahmslos verboten. Außerdem werden in Artikel 21
ff. des Genfer Abkommens noch ausdrücklich einige spe-
zielle Anordnungen getroffen, die die in Artikel 3 nieder-
gelegten allgemeinen Grundsätze mit Leben erfüllen.

Stellt sich heraus, dass festgehaltene Personen keine
Kriegsgefangenen im Sinne der Genfer Konvention über
die Behandlung der Kriegsgefangenen vom 12. August
1949 sind, unterfallen sie völkerrechtlich (u. a.) den Ver-
bürgungen des 1. Zusatzprotokolls vom 8. Juni 1977 zu

Wird ihnen eine Straftat vorgeworfen, müssen sie in an-
gemessener Zeit einem unparteiischen, ordnungsgemäß
besetzten Gericht zugeführt werden. Wurden sie nicht
wegen des Verdachts einer Straftat festgenommen oder
inhaftiert, sind sie so schnell wie möglich freizulassen
(Artikel 75 Abs. 3, 4 des 1. Zusatzprotokolls).

Das 1. Zusatzprotokoll regelt den Schutz und die „Be-
handlung von Personen, die sich in der Gewalt einer am
Konflikt beteiligten Partei befinden“ nicht so detailliert
wie die Genfer Konvention vom 12. August 1949 und
enthält daher auch keine Bestimmungen, die explizit die
gleichen Anordnungen treffen wie die erwähnten Artikel
21 ff. der Genfer Konvention. Es enthält aber mit Artikel
75 eine Generalklausel („Grundlegende Garantien“), die
inhaltlich weitgehend den Garantien des Artikel 3 Genfer
Konvention entspricht und damit in Hinblick auf den
Schutz der Gefangenen auch die dortigen Detailregelun-
gen implizit mit erfasst.

Ebenso wie Artikel 3 der Genfer Konvention bestimmt
Artikel 75 des 1. Zusatzprotokolls: Gefangene müssen
„unter allen Umständen mit Menschlichkeit behandelt“
werden.

Ausdrücklich erwähnt und verboten werden (u. a.):

– Angriffe auf das Leben, die Gesundheit oder das kör-
perliche und geistige Wohlbefinden von Personen, ins-
besondere

– vorsätzliche Tötung, Folter jeder Art, egal ob körper-
lich oder seelisch

– körperliche Züchtigung und Verstümmelung

– Beeinträchtigungen der persönlichen Würde, insbe-
sondere entwürdigende und erniedrigende Behand-
lung, Nötigung zur Prostitution und unzüchtige Hand-
lungen jeder Art.

Die Beweisaufnahme im Untersuchungsausschuss hat
– neben den gerade unter Punkt IV. 2., IV. 3. a) und b) ge-
schilderten und als Folter zu qualifizierenden Übergriffen –
offenbart, dass im Gefangenenlager in Kandahar insbe-
sondere die folgenden Vorgaben der Genfer Konvention
nicht eingehalten wurden:

– Die Unterbringung von Kriegsgefangenen muss ange-
messen und menschenwürdig sein und der der Trup-
pen des Gewahrsamsstaats entsprechen. Die ihnen zu-
gewiesenen Räume müssen z. B. ausreichend beheizt
sein:

Artikel 25 Genfer Konvention

„Die Unterkunftsbedingungen der Kriegsgefangenen
sollen ebenso günstig sein wie diejenigen der im glei-
chen Gebiet untergebrachten Truppen des Gewahr-
samsstaates. Diese Bedingungen haben den Sitten und
Gebräuchen der Gefangenen Rechnung zu tragen und
dürfen ihrer Gesundheit keinesfalls abträglich sein.

(…)
den Genfer Abkommen über den Schutz der Opfer inter-
nationaler bewaffneter Konflikte.

Die vorstehenden Bestimmungen beziehen sich na-
mentlich auf die Schlafräume der Kriegsgefangenen,

Drucksache 16/10650 – 156 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

(…) auch hinsichtlich der Einrichtung und des Bett-
zeuges mit Einschluss der Decken.

Die sowohl für die persönliche wie für die gemein-
schaftliche Benutzung durch die Kriegsgefangenen die-
nenden Räume sollen vollkommen vor Feuchtigkeit ge-
schützt und (…) genügend geheizt (…) sein. (…)“

– Auch ihre Ausstattung mit Bekleidung, Wäsche und
Schuhen muss ausreichend und den klimatischen Ge-
gebenheiten angemessen sein:

Artikel 27 Genfer Konvention

„Kleider, Wäsche und Schuhwerk sind den Kriegsge-
fangenen vom Gewahrsamsstaat in genügender Menge
zu liefern, wobei dem Klima der Gegend, in der sich die
Gefangenen befinden, Rechnung zu tragen ist. (…)“

Unabhängig von der Frage, ob die in Kandahar Gefan-
gengehaltenen Kriegsgefangene waren oder nicht: Allein
mit der völlig unzureichend gegen die klimatischen Be-
dingungen schützenden Unterbringung der Gefangenen
und ihrer mangelhaften Ausstattung mit Kleidung wurde
im Gefangenenlager der FOB Airfield Kandahar schon
gegen grundlegende Vorgaben des humanitären Völker-
rechts verstoßen.

e) Erkenntnis der KSK-Soldaten hinsichtlich
der völkerrechtswidrigen Behandlung
der Gefangenen

Keiner der KSK-Angehörigen hat – ausweislich der dem
Untersuchungsausschuss durch das BMVg zugänglich ge-
machten Informationen – gegenüber seinen direkten Vor-
gesetzten oder gegenüber sonstigen Verantwortlichen aus
den Reihen des BMVg Meldung zu den völkerrechts- und
menschenrechtswidrigen Lagerbedingungen gemacht.

Die KSK-Soldaten waren – wie alle deutschen Soldaten –
in humanitärem Völkerrecht geschult worden. Zahlreiche
von ihnen behaupteten allerdings, sich an ihrem Einsatz in
Kandahar unmittelbar vorausgehende Unterrichtungen im
humanitären Völkerrecht nicht erinnern zu können. Offen
blieb, ob dies daran lag, dass derartige Unterrichtungen
tatsächlich – entgegen der Darstellung aus dem BMVg –
nicht für alle Kontingentangehörigen stattfanden, ob sie
didaktisch derart mangelhaft waren, dass ein großer Teil
der Soldaten keine Erinnerung mehr an eine Teilnahme an
diesen Schulungen hatte, oder ob die fehlende Erinnerung
mit mangelndem Interesse, Engagement oder fehlender
Aufnahmefähigkeit der KSK-Soldaten zusammenhing.
Unabhängig hiervon sind eingehende Kenntnisse des hu-
manitären Völkerrechts bei den deutschen Spezialkräften,
die an Einsätzen teilnahmen, bei denen mit Gefangennah-
men zu rechnen war, vorauszusetzen. Die Schilderungen
der Soldaten, Verstöße gegen humanitäres Völkerrecht
seien ihnen in Zusammenhang mit der Behandlung der
Gefangenen durch Angehörige der US-amerikanischen
Streitkräfte in der FOB Airfield Kandahar nicht aufgefal-
len, erweisen sich als offensichtliche Schutzbehauptun-
gen. Die KSK-Soldaten schilderten präzise die auch für
sie offensichtlichen Anknüpfungspunkte, aus denen sich

gen der Nachtruhe, eine grobe, gezielt Furcht einflößende
Behandlung der Gefangenen u. a. beim „In-processing“.
Von ihnen war eine zutreffende Einschätzung der Völker-
rechtswidrigkeit und Menschenrechtswidrigkeit dieser
Beobachtungen zu verlangen. Wenn sie hiervor die Augen
verschlossen und noch nicht einmal ihren unmittelbaren
Vorgesetzten Meldung machten, ist ihnen und damit letzt-
lich der Führung des BMVg das vorzuwerfen.

f) Kenntnis der Führungsebene

Sämtliche im Untersuchungsausschuss gehörten KSK-
Soldaten behaupteten, ihren Vorgesetzten keine Meldung
über völkerrechtswidrige Zustände im Gefangenenlager
erstattet zu haben. Die Vorgesetzten – neben dem Kontin-
gentführer und dem Kompaniechef z. B. auch der Leiter
der Abteilung Spezialoperationen beim Einsatzführungs-
kommando – besichtigten aber das Gefangenenlager und
kannten die aus Kandahar übermittelten Meldungen des
Kontingentführers. Auch sie mussten also zumindest er-
kannt haben, dass ein Verstoß gegen das humanitäre Völ-
kerrecht jedenfalls in der Unterbringung der Gefangenen
ohne zureichenden Schutz gegen die Witterungsbedin-
gungen, insbesondere die extreme nächtliche Kälte, be-
stand.

4. Ungelöstes Problem von Gefangen-
nahmen durch KSK-Angehörige im
Rahmen der „Operation Enduring
Freedom“

Die Beweisaufnahme des Untersuchungsausschusses hat
keine konkreten Anhaltspunkte dafür erbracht, dass deut-
sche Soldaten bei ihren Einsätzen selbst Personen gefan-
gen genommen haben oder an Einsätzen beteiligt waren,
bei denen durch Angehörige anderer Nationen – über ein
„bloßes“ vorübergehendes Festhalten zur Identitätsüber-
prüfung hinaus – Gefangennahmen erfolgt wären.

Sofern dieses Untersuchungsergebnis der Realität ent-
spricht, können sich sowohl die in Afghanistan eingesetz-
ten Angehörigen des KSK als auch das Einsatzführungs-
kommando der Bundeswehr und das BMVg glücklich
schätzen: Eine Beteiligung an Festnahmen von Personen,
die an US-amerikanische Stellen übergeben worden wä-
ren, wäre völkerrechtswidrig gewesen und hätte im Ein-
zelfall auch strafrechtliche Konsequenzen für die an einer
Festnahme und Übergabe beteiligten Soldaten nach sich
ziehen können.

Das KSK wurde Ende 2001 in Einsätze geschickt, die Ge-
fangennahmen geradezu erwarten ließen, ohne dass im
Vorfeld die rechtlichen Konsequenzen belastbar abgeklärt
und konkrete Handlungsempfehlungen für die Soldaten
formuliert worden waren.

Offensichtlich wollte die Bundesregierung – das BMVg –
vermeiden, in eine den USA widerstreitende Position zu
geraten. In der Rechtsabteilung des BMVg war erkannt
worden, dass eine Überlassung von Gefangenen an US-
amerikanische Streitkräfte angesichts des nicht menschen-
die Völkerrechtswidrigkeit der Behandlung der Gefange-
nen ergab – unzureichender Kälteschutz, gezielte Störun-

rechtskonformen Umgangs der USA mit den im Rahmen
ihres „War on Terror“ festgehaltenen Personen völker-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157 – Drucksache 16/10650

rechtswidrig war. Dennoch wurde darauf verzichtet, diese
Erkenntnis vernehmbar zu kommunizieren.
Bezeichnenderweise existierte bis Frühjahr 2007 keine
schriftliche Handlungsanweisung für den Umgang mit im
Rahmen der „Operation Enduring Freedom“ festgenom-
menen bzw. festzunehmenden Personen.
Zwar waren die für den Einsatz deutscher Soldaten im
Rahmen der „Operation Enduring Freedom“ entworfenen
Rules of Engagement bereits 2001 vom seinerzeitigen Ver-
teidigungsminister Scharping gebilligt worden. Die Rule
of Engagement 183, die sich mit Regelungen zur Fest-
nahme von Verdächtigen befasste, war von Bundesminis-
ter a. D. Scharping aber ausdrücklich unter Leitungsvorbe-
halt gestellt und nicht freigegeben worden. Damit blieb die
Frage der Befugnis zur Festnahme von Terroristen unge-
löst (Stenografisches Protokoll Nr. 19, Teil II, S. 7).
Eine zwischen Februar und Juni 2002 seitens des im
BMVg für das Völkerrecht zuständigen Referatsleiters
(R II 3) mit dem AA, BMJ und BMI abgestimmte Position
wurde vom Leiter der Unterabteilung R II der Abteilung
Recht im BMVg, MinDirig Dr. Schwierkus, in Abstim-
mung mit dem FüS V verworfen. Der von diesem Unter-
abteilungsleiter dann beauftragte Sachbearbeiter aus dem
Verfassungsrechtsreferat (R II 2) der Abteilung Recht des
BMVg erarbeitete in Abstimmung mit MinDirig Dr.
Schwierkus im Juli und August 2002 eine rechtliche Stel-
lungnahme, die grundlegende Prinzipien des Völkerrechts
außer Acht ließ.
Damit isolierte sich das BMVg gegenüber den anderen in
die Beratungen einbezogenen Ministerien. Die neue Posi-
tion des BMVg wich von der des AA, BMJ und BMI gra-
vierend ab (s. hierzu sogleich ausführlich: Punkt IV. 4. a)).
Eine Ressortabstimmung erfolgte nicht – die Führung des
BMVg blieb untätig: Weder der seit 19. Juli 2002 amtie-
rende Verteidigungsminister Dr. Struck noch die Staatsse-
kretäre im BMVg bemühten sich um eine Abstimmung mit
dem Außen-, Justiz- oder Innenministerium. Die Vermu-
tung drängt sich auf, dass diese Passivität in der Klärung
einer an sich drängenden Frage damit zusammenhing, dass
im BMVg klar war, dass die eigene Rechtsposition unver-
tretbar war und dass ohne Aufgabe dieser Position auch
keine Einigung mit den anderen Ministerien gefunden
werden könnte.
Um diesen Dissens zwischen den Ministerien – mittelbar
also: die Tatsache, dass das BMVg eine rechtlich unver-
tretbare Linie verfolgte – zu verdecken, wurden in Abstim-
mung mit dem Parlaments- und Kabinettsreferat Anfragen
der PDS-Bundestagsabgeordneten Heidi Lippmann (die in
der 14. Legislaturperiode auch Obfrau der PDS-Fraktion
im Verteidigungsausschuss war) sowie des Wehrbeauf-
tragten des Deutschen Bundestages vom BMVg gar nicht
bzw. mit gezielter Verzögerung und unzutreffend beant-
wortet (s. hierzu ausführlich: Punkt IV. 4. c)).

a) Unzulässigkeit einer Übergabe
von Gefangenen an die USA

Nach Abstimmung mit dem seinerzeit amtierenden Vertei-

ständige Leiter des Referats R II 3, MinR Dr. Saalfeld, im
Februar 2002 – also erst einige Wochen nach dem erstma-
ligen Einsatz von Soldaten der Bundeswehr im Rahmen
der „Operation Enduring Freedom“ – die Frage einer Zu-
lässigkeit von Gefangennahmen durch deutsche Soldaten
mit Angehörigen des AA, BMJ und BMI zu erörtern. In
Abstimmungsgesprächen, durch Austausch von E-Mails,
Vermerken und Positionspapieren wurde ein gemeinsamer
Standpunkt der vier Ministerien erarbeitet. Im AA und
BMJ war das Ergebnis bis auf Staatssekretärs-Ebene abge-
stimmt; im BMI nur bis zum zuständigen Referatsleiter,
hier fehlte es noch an einer abschließenden Einbindung
des Staatssekretärs.
Das Ergebnis dieser Beratungen fasste der im BMVg für
den Bereich Völkerrecht zuständige Referatsleiter Dr.
Saalfeld in einer „Gutachtlichen Stellungnahme zur Frage
der Rechtsgrundlagen für das Ergreifen und das Festhal-
ten von verdächtigen Personen bei der Bekämpfung des
internationalen Terrorismus im Rahmen von Enduring
Freedom“ (MAT 16 – 14, Anlage 07) vom 3. Juni 2002
zusammen: Eine Übergabe von Gefangenen an die USA
sei unzulässig, so lange zu befürchten sei, dass diesen Ge-
fangenen eine menschenrechtswidrige Behandlung oder
die Todesstrafe drohe oder ihnen nicht in angemessener
Zeit justizieller Rechtsschutz gewährt werde:

„Tatsächlich kann gegenwärtig weder in der internationa-
len wissenschaftlichen Diskussion noch innerhalb der Re-
gierungen der Staatengemeinschaft eine einheitliche Auf-
fassung zur Frage des Status von Al Qaida/Taliban
Mitgliedern nach humanitärem Völkerrecht festgestellt
werden. Dennoch gibt es sowohl nach den gewohnheits-
rechtlich anerkannten allgemeinen Menschenrechtsstan-
dards als auch nach den Regelungen des humanitären
Völkerrechts einen Bestand von Grundgarantien für von
staatlicher Seite in Haft/Gewahrsam genommene Perso-
nen, der zumindest im Kern deckungsgleich sein dürfte.
Diese Grundgarantien sind zwingendes Recht und
müssen deshalb von jeder Gewahrsamsmacht unter
allen Umständen beachtet werden.

Der Sprecher des Weißen Hauses – Ari Fleischer – gab in
einer Pressekonferenz am 7. Februar 2002 eine Entschei-
dung von Präsident Bush bekannt, wonach die USA den
Taliban Kämpfern den Schutz der Genfer Konvention zu-
billigen, ohne ihnen allerdings den Status als Kriegsge-
fangene zu gewähren. Al Qaida Mitgliedern hingegen
wollen die USA nach Auskunft in der Pressekonferenz
keinerlei Rechte nach den Genfer Abkommen zugeste-
hen.

Unabhängig von der internationalen Diskussion über die
Statusfrage und die damit verbundene Frage, welche
Rechtsgarantien den Internierten letztlich zu gewähren
sind, müssen sowohl den Al Qaida Mitgliedern wie auch
den Taliban Kämpfern in jedem Fall die o. g. menschen-
rechtlichen Mindeststandards gewährt werden. (…)

Darüber hinaus schreibt Artikel 75 Abs. 4 ZP I auch Min-
destgarantien für Gerichtsverfahren vor, die gegen eine
Person mit dem Vorwurf geführt werden, dass diese im
digungsminister Rudolf Scharping, begann der in der Ab-
teilung Recht des BMVg für den Bereich Völkerrecht zu-

Zusammenhang mit einem bewaffneten Konflikt Strafta-
ten begangen hat; (…).

Drucksache 16/10650 – 158 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

U. a. besteht im Hinblick auf die durch ,Military Order’
des US Präsidenten vom 13. November 2001 eingerichte-
ten ,military commissions’ die Sorge, dass es sich um Aus-
nahmegerichte handeln könnte, die justiziellen Mindest-
standards nicht genügen. (…)
Bei der Verpflichtung der Mitglieder der Staatengemein-
schaft zur Beachtung menschenrechtlicher Garantien im
Rahmen der Bekämpfung des internationalen Terrorismus
bedarf das Problem Todesstrafe besonderer Beachtung. (…)
Der britische Verteidigungsminister Geoffry Hoon hat in
einer BBC Radio-Sendung am 11. Dezember 2001 (…)
erklärt, dass britische Soldaten, wenn sie Osama Bin
Laden in AFG gefangen nehmen würden, ihn nur unter
der Bedingung an die USA übergeben würden, dass er in
den USA nicht hingerichtet wird. H. betonte in diesem
Zusammenhang, dass UK als Vertragsstaat der EMRK
Verdächtige nicht an Länder (mit Todesstrafe) ausliefere,
die keine Garantien dafür abgäben, dass sie die Todes-
strafe nicht vollstrecken würden.
Darüber hinaus hat in diesem Sinne die Vollversammlung
der Mitgliedsstaaten des Europarates die Mitgliedstaaten
der EMRK am 24. Januar 2002 aufgefordert, die Auslie-
ferung von Terroristen an Staaten zu verweigern, in denen
ihnen die Todesstrafe droht, das Risiko von Misshand-
lung besteht oder das Risiko von Prozessen besteht, die
die Grundprinzipien der Gerechtigkeit missachten. (…)
Ergebnis:
(…) D. h. eine festgehaltene Person darf nur an einen an-
deren Staat übergeben werden, wenn dort ein menschen-
rechtlicher Mindeststandard eingehalten wird, der die Be-
achtung des Folterverbots und des Rechts auf Leben
einschließlich des Verbots der Todesstrafe sowie die Ga-
rantie der richterlichen Überprüfung einer die Freiheit
entziehenden Maßnahme nach angemessener Zeit beach-
tet. Die Durchführung von Strafverfahren muss den o. g.
Mindeststandards genügen.“
In einer auf den 6. Juni 2002 datierten Vorlage, die er an
den seinerzeitigen Bundesverteidigungsminister Scharping
adressierte, nannte MinR Dr. Saalfeld das Problem noch
deutlicher beim Namen und führte aus:
„10 – (…) Es besteht zwischen AA, BMJ und BMVg
Konsens darüber, (…) dass eine Übergabe ergriffener
Personen an die USA rechtlich problematisch wäre, so-
lange Zweifel daran bestehen, dass dort die Einhaltung
international verbindlicher menschenrechtlicher Stan-
dards – einschließlich der Nichtanwendung der Todes-
strafe – gewährleistet ist. (…) Es wäre deshalb gegenwär-
tig rechtlich bedenklich, Personen mit dem Ziel zu
ergreifen, sie anschließend an die USA zu übergeben.“
(MAT 16 – 14, Anlage 07)
Nach Einschätzung der Mitarbeiter der Ministerien exis-
tierten zu Beginn der „Operation Enduring Freedom“ an-
dere – realistische – Möglichkeiten eines Umgangs mit in
Afghanistan Gefangengenommenen als eine Übergabe an
die USA nicht.

„12 – Deutsche Unterstützungsleistungen für die USA
sollten gegenwärtig nicht die Schwelle des eigenständi-
gen Ergreifens von Personen mit anschließender Über-
gabe an die USA erreichen. (…)

(…)

14 – Zur Haltung des BMJ im Rahmen der Ressortab-
stimmung wird darauf hingewiesen, dass dort zwar – wie
im AA – die generelle vom BMVg vorgeschlagene Linie
mitgetragen wird, dass aber der im BMJ zuständige Ab-
teilungsleiter und StS Dr. Geiger die Auffassung vertreten
haben, dass sich auch bei Unterstützungsleistungen für
die USA unterhalb der Maßnahme der direkten Übergabe
selbst ergriffener Verdächtiger eine deutsche Mitverant-
wortung im Falle von Verstößen gegen die Menschen-
rechte ergeben könnte.“ (MAT 16 – 14, Anlage 07)

Diese gutachtliche Stellungnahme wurde von einem Un-
terabteilungsleiter im BMVg, MinDirig Dr. Schwierkus,
angehalten – in Abstimmung mit dem Leiter der Stabsab-
teilung V beim Führungsstab der Streitkräfte, General
Manfred Engelhardt. Nach den Angaben aller im Unter-
suchungsausschuss hierzu vernommenen Zeugen er-
reichte die Vorlage Verteidigungsminister Scharping nicht
mehr.

MinR Dr. Saalfeld erklärte den Vorgang im Untersu-
chungsausschuss (Stenografisches Protokoll Nr. 19,
Teil II, S. 7 ff., S. 12, S. 21):

„Ich als für die völkerrechtlichen Fragen verantwortlicher
Referatsleiter hatte sehr große Zweifel, dass, wenn wir
Gefangene an die Amerikaner übergeben hätten, die
Amerikaner dort Menschenrechtsstandards zugrunde ge-
legt hätten, die mit unseren völkerrechtlichen Verpflich-
tungen als Bundesrepublik Deutschland deckungsgleich
gewesen wären.

Diese Zweifel sind mir dann auch im Rahmen der
Ressortabstimmung, die wir für diese Fragen vorgenom-
men hatten, vom BMJ und BMI, aber letztlich auch vom
Auswärtigen Amt, das mit uns wegen der Einsatzbezo-
genheit immer etwas näher verbunden war, bestätigt wor-
den, sodass ich wirklich Zweifel hatte, dass man das ver-
antworten konnte.

Dadurch, dass diese Rule 183, Festnahme, nicht freigege-
ben worden war, blieb die Frage der Befugnis zur Fest-
nahme von Terroristen (…) zunächst ungelöst. Da aber
nicht nur am Horn von Afrika ein Marineeinsatz durchge-
führt wurde, sondern eben auch, wie allen bekannt ist,
KSK-Kräfte in Afghanistan waren, stellte sich natürlich
im Zusammenhang mit dem Einsatz der KSK-Kräfte die
Frage der Festnahme viel dringlicher. (…)

Wir haben uns dann über die Festnahmerechte abge-
stimmt im Ressortkreis, (…) im Zusammenhang mit dem
Einsatz (…) deutscher Kräfte in Afghanistan. (…)

Deswegen habe ich ein Gutachten ausgearbeitet, das ich
mit den erwähnten Ressorts abgestimmt habe. Ich habe
dann nach dieser Ressortabstimmung mit dem General
MinR Dr. Saalfeld fuhr daher in seiner Vorlage vom
6. Juni 2002 fort:

Engelhardt – das war der damalige Stabsabteilungsleiter
der Stabsabteilung V des Fü S, die für Einsatz zuständig

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 159 – Drucksache 16/10650

ist, diese Problematik besprochen, habe ihm vom Ergeb-
nis der Ressortabstimmung berichtet und habe ihm ge-
sagt, dass ich dem Minister angesichts des Ergebnisses
der Ressortabstimmung vorschlagen werde, deutschen
Kräften nicht zu gestatten, eventuelle Gefangene an die
Amerikaner zu übergeben, aus den dargestellten Zweifeln
an der menschenrechtskonformen Behandlung.

Darauf hat mir General Engelhardt gesagt, das, was ich da
vorhätte, sei seiner Ansicht nach das Brisanteste, was ihm
in seiner bisherigen dienstlichen Laufbahn begegnet sei,
und ob ich wisse, dass mein Unterabteilungsleiter anderer
Ansicht, was die rechtlichen Fragen angeht, sei als ich.*
Daraufhin habe ich ihm gesagt, dass ich das wisse, ich
aber selber davon überzeugt sei, dass man nicht anders
handeln könne, und auf der anderen Seite mich auch des-
halb eigentlich in einer ganz guten Position mit meiner
Rechtsansicht fühlte, weil ja der Sachverstand der ande-
ren beteiligten Ressorts mich bestätigte in meiner Auffas-
sung. Es war ja – ich sage es einmal etwas salopp – nicht
die Rechtsauffassung irgendeines wild gewordenen Refe-
ratsleiters, sondern es war immerhin die Rechtsansicht
der Experten von vier Bundesressorts, und da fühlte ich
mich eigentlich in einer ganz komfortablen Position.

Ich bin dann am Tage nach der Besprechung mit General
Engelhardt, bei der übrigens – das muss ich noch dazu sa-
gen –, wenn ich mich richtig erinnere, drei seiner Offi-
ziere, seine Referatsleiter und der damalige Rechtsberater
von Herrn Engelhardt mit anwesend waren, zu Herrn
Schwierkus gegangen, meinem damaligen Unterabtei-
lungsleiter, habe ihm das Ergebnis des Gespräches vorge-
tragen, und ich hatte den Eindruck, dass Engelhardt und
Schwierkus miteinander auch schon nach der Bespre-
chung telefoniert hatten, wo dann eben auch die Proble-
matik meiner Rechtsauffassung dargestellt wurde.

Herr Schwierkus blieb bei seiner Ansicht, dass er das,
was ich vorhatte, dem Minister zu berichten, für zu res-
triktiv hielt und dass er anderer Rechtsansicht sei, dass er
das als völkerrechtlich nicht geboten ansehe. Daraufhin
habe ich versucht, ihn zu überzeugen. (…) Für mich ist
das nicht nur ein fachlich-juristisches Anliegen gewesen,
sondern für mich war das auch ein moralisches Anliegen,
und zwar einmal, was die Einhaltung der Menschenrechte
als Rechtsstaat generell angeht (…), aber insbesondere
auch der Zusammenhang, dass man anderenfalls Soldaten
in eine unklare Rechtssituation schicken würde, mit der
Hypothek belastet, eben anschließend wegen irgendwel-
cher Handlungen strafrechtlich belangt zu werden. (…)

Ich habe ihm gesagt, stellen Sie sich einmal vor, KSK-
Kräfte machen in Afghanistan Gefangene, übergeben sie
an die Amerikaner, die Amerikaner bringen sie nach
Guantánamo, foltern sie dort, und dann kommen sie nach
Jahren dort aus Guantánamo wieder heraus und erzählen
der deutschen Presse, dass sie von deutschen Kräften an
die Amerikaner übergeben worden sind. (…)

Daraufhin hat Herr Schwierkus mir entgegnet, das sei
ihm egal; ihm sei egal, was in Afghanistan mit irgendei-
nem Esels- oder Kameltreiber passiere. (…)*

Ich habe dann dennoch, obwohl wir eben unterschiedli-
cher fachlicher Auffassung waren, diese Ministervorlage
vom 6. Juni geschrieben (…), habe sie auf den Dienstweg
gegeben. (…) Dann erfuhr ich nach einigen Tagen – das
sprach sich herum –, dass Herr Schwierkus diese Vorlage
nicht an die Leitung weitergegeben hatte.

(…) Er hat die Weisung gegeben, dass ich in Einsatzfra-
gen nicht mehr beraten soll. Das heißt, er hat zum Bei-
spiel das Referat R II 2 – das ist das Verfassungsrechtsre-
ferat, das aber auch mit Einsatzfragen wegen der
verfassungsrechtlichen Implikationen zu tun hatte – be-
auftragt, ein Gegengutachten zu dem Gutachten zu
schreiben, das Sie vielleicht von mir aus den Akten ken-
nen, um dort eine andere Rechtsauffassung zum Aus-
druck zu bringen.

(…) meine Vorlage war unter den Ressorts abgestimmt in
der beschriebenen Weise, und die Gegenvorlage, die durch
Herrn Dr(…)** erstellt worden war, die eben der Ressort-
auffassung der anderen Ressorts diametral entgegenstand
– Die billigten das nicht. Der Herr Dr(…)** hat – das
wusste ich aus Erzählungen – den Versuch unternommen,
seine Vorlage dann auf Weisung von Herrn Schwierkus mit
den Ressorts abzustimmen; aber dann hätten die genau das
Gegenteil von dem behaupten müssen, was sie ein paar
Tage vorher noch zu meiner Vorlage gesagt haben. Deswe-
gen war das, was Herr Dr(…)** aufgeschrieben hat, nicht
Meinung der Ressorts, sondern nur die Meinung von
Herrn Dr(…)** und Herrn Schwierkus.“

MinDirig Dr. Schwierkus räumte auf Nachfrage im Un-
tersuchungsausschuss ein, keine eigene Fachkompetenz
im Bereich des Völkerrechts zu besitzen (Stenografisches
Protokoll Nr. 19, Teil II, S. 43). Die von ihm gegen die
Rechtsauffassung von MinR Dr. Saalfeld vorgebrachten
Erklärungsansätze überzeugten weder logisch noch juris-
tisch. Die Vernehmungen von MinDirig Dr. Schwierkus
und MinR Dr. Saalfeld durch den Untersuchungsaus-
schuss bestätigten, was sich bereits aus den dem Untersu-
chungsausschuss vom BMVg, BMJ und AA vorgelegten
Akten erschließen ließ:

Die Bundesregierung erkannte die rechtliche Problematik
einer Involvierung in Festnahmen und einer Übergabe
von Gefangenen an die USA überdeutlich, wollte sich
aber nicht durch rechtliche Vorgaben darin behindern las-
sen, auf internationaler Ebene endlich militärisch wieder
eine Rolle zu spielen.

Der von MinDirig Dr. Schwierkus mit der weiteren Bear-
beitung der Rechtsfrage beauftragte Sachbearbeiter des
Referats Verfassungsrecht (R II 2) der Abteilung Recht des
BMVg verstieg sich – vermutlich ganz im Sinne seines
Mentors, des Unterabteilungsleiters Dr. Schwierkus – in
einem als „2. Entwurf“ bezeichneten Vermerk vom 15. Juli
2002 (MAT 16 – 14, Anlage 07) zu dem „Argument“:

„Ließe die Bundesrepublik Deutschland andererseits die
Zusammenarbeit mit den USA und anderen Koalitions-
streitkräften bei der Ergreifung der Terroristen an der Pro-
* Red. Anm.: Vgl. Erster Teil, B, Ziff. VIII., Nr. 2 ** Name mit Rücksicht auf den Betroffenen nicht ausgeschrieben

Drucksache 16/10650 – 160 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

blematik einer möglichen Todesstrafe in Einzelfällen
scheitern, würde sie nicht nur auf eine effektive Bekämp-
fung der fortdauernden Bedrohung durch den internationa-
len Terrorismus, sondern auch – obwohl deutsche Kräfte
dies können – auf einen effektiven Beitrag zur Verhinde-
rung weiterer Anschläge wie am 11. September 2001 ver-
zichten und damit die fortdauernde Bedrohung hinneh-
men.“

Anzunehmen ist allerdings auch, dass diese Formulierung
den Standpunkt ihres Verfassers sowie – mutmaßlich –
den von MinDirig Dr. Schwierkus etwas zu drastisch um-
riss. Jedenfalls hat diese Passage den Weg in das auf den
7. August 2002 datierte Gutachten (MAT 16 – 14, Anlage 07)
des Sachbearbeiters im Referats R II 2 des BMVg in sei-
ner – soweit uns bekannten – Endfassung nicht gefunden.

Auch die weiteren Rechtsauffassungen des mit der
Neufassung des Gutachtens betrauten Sachbearbeiters des
Referats R II 2 dürften aber auf der Linie der von Herrn
Dr. Schwierkus deutlich gemachten Erwartungen gelegen
haben:

„2. Rechtliche Wertung

Die Rechtsauffassung von AA und BMJ wird nicht ge-
teilt.

(…)

g) (…) Eigenen Gewahrsam an ergriffenen mutmaßli-
chen Terroristen für die Bundesrepublik Deutschland
begründen sie nicht, obwohl sie hierzu berechtigt wä-
ren. Gewahrsam begründen allein die USA, die diese
Personen übernehmen und als einzige Nation bisher
in Kandahar und Guantánamo Einrichtungen ge-
schaffen haben, die diese Personen aufnehmen kön-
nen. (…) Unklar ist auch, nach welchen Verfahrens-
regeln später Strafverfahren durchgeführt werden,
welche Beweismittel zugelassen werden, welcher
Beweiswert ihnen zukommt, ob sie zu einer Verurtei-
lung ausreichen und ob das Urteil ein Freispruch, die
Verurteilung zu einer Haftstrafe oder zum Tode sein
wird. Wenn AA/BMJ befürchten, jedem in US-Haft
befindlichen Gefangenen drohe die Todesstrafe, und
daraus folgern, deutsche Soldaten dürften ergriffene
Personen nicht an US-Stellen ,ausliefern’, so ist dies
nicht nachvollziehbar, weil eine zuverlässige Beurtei-
lung dieser schwierigen Fragen – zumal zum Zeit-
punkt des Zugriffs – geradezu hellseherische Fähig-
keiten verlangte.

h) Selbst wenn einem ergriffenen Terroristen in einem
Strafverfahren die Todesstrafe drohte, wäre das Mit-
wirken deutscher Soldaten an seiner Ergreifung und
die weitere Behandlung durch die USA nicht als Ver-
stoß gegen geltendes Völkerrecht oder deutsches
Recht zu werten. (…)

j) (…) Zusammenfassend kann die schwierige, beim
Zugriff ohnehin kaum mögliche Prognose, welche
Strafe welcher ergriffenen Person in den USA irgend-
wann einmal droht, selbst von Spitzenjuristen nicht

hieße Unmögliches verlangen. (…) Deshalb kann
die Entscheidung nur lauten, den Einsatz wie bis-
her fortzusetzen.“

(MAT 16 – 14, Anlage 07 – Rechtsgutachten i. d. F. vom
7. August 2002)

Den Effekt dieser im BMVg einseitig geänderten Rechts-
position schilderte Dr. Schwierkus als Zeuge im Untersu-
chungsausschuss:

„Eine Leitungsvorlage in dem Sinne ist nicht gemacht
worden. Die ist auch nicht mehr von uns verlangt worden.

(…); wir haben den Ressortkonsens noch nicht, der lässt
sich auch nicht herstellen. (…) Die Arbeitsebene ist prak-
tisch nicht mehr in der Lage, ihn herzustellen, weil Staats-
sekretäre aufseiten der anderen Häuser schon agierten.
(…) Da kann ja das eigene Haus nicht mehr die Meinung
untergraben, sondern das kann nur die Leitung ändern,
wenn sie der Meinung ist, es muss so geschehen.“ (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 19, Teil II, S. 29/30)

Und ergänzte an anderer Stelle seiner Vernehmung:

„Soweit ich mich erinnern kann, war die Leitung des
Hauses an der Lösung dieser Probleme nicht mehr inte-
ressiert. Wir haben unser Gutachten, aus dem sich der
Dissens ergab, ja nach oben gegeben. (…)

Herr Scharping hatte damals den Auftrag gegeben, diese
Frage im Ressortkreis zu klären. Er hatte als Minister den
Auftrag gegeben; es ist auch danach nicht mehr gefragt
worden, nachdem wir im Bereich Staatssekretär
Biederbick gesagt haben: Okay, das können wir in dieser
Form nicht goutieren; das halte ich nicht für sachgerecht.
(…) Aber ich kann ja auch nicht sagen: Ich wünsche eine
Klärung von Fragen, denen bestimmt nicht Minister
Struck ausweichen wollte, aber die er für nicht klärungs-
würdig hielt.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 19, Teil II,
S. 43)

Die „Leitung des Hauses“ – Verteidigungsminister a. D.
Dr. Struck – behauptete in der Vernehmung durch den
Untersuchungsausschuss:

„Ich kenne auch keinen Streit zwischen Ressorts über die
rechtliche Frage. Den kenne ich so nicht; das ist mir nicht
vorgelegt worden. Weder hat mich mein Kollege Otto
Schily angesprochen noch Frau Zypries oder wer auch
immer, zu der Frage, ob man in irgendeiner Weise gegen
Völkerrecht verstößt. Ich bin davon ausgegangen – auch
nach den Vorträgen aus dem Hause –, dass diese rechtli-
che Frage geklärt ist.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 13,
Teil II, S. 47)

Eine eindeutige Anweisung an die KSK-Angehörigen er-
ging nicht. Erst am 26. April 2007 – offenbar veranlasst
durch die Beweiserhebungstätigkeit des Untersuchungs-
ausschusses und entsprechende Anträge im Verteidi-
gungsausschuss – wurde im BMVg ein schriftlicher Be-
fehl zur Frage von Gefangennahmen formuliert.

Der seinerzeitige Staatssekretär Biederbick erklärte im

getroffen werden. Sie – wie von AA/BMJ gefordert –
den im Einsatz befindlichen Soldaten aufzubürden,

Ausschuss (Stenografisches Protokoll Nr. 13, Teil II,
S. 13, 32), das Problem habe sich für ihn als rein akade-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 161 – Drucksache 16/10650

misches ohne jede praktische Relevanz dargestellt. Dabei
ging er allerdings von falschen Voraussetzungen aus: Er
behauptete, die KSK-Soldaten hätten in Afghanistan nur
Aufklärungsaufträge (Special Reconnaissance) ausge-
führt. Die ihnen verliehene Befugnis auch an Kampfein-
sätzen (direct action) teilzunehmen, sei nur zur Selbstver-
teidigung benötigt worden. Daher sei nicht zu erwarten
gewesen, dass deutsche Soldaten im Rahmen der „Opera-
tion Enduring Freedom“ jemals selbst Gefangene nehmen
würden. Dabei überging der Staatssekretär schon die Tat-
sache, dass Bundeswehrangehörige auch am Horn von
Afrika eingesetzt waren, nicht nur in Kandahar. Unzutref-
fend ist allerdings auch die Einschätzung zur Einsatztätig-
keit des KSK-Kontingents: Die KSK-Soldaten waren ak-
tiv in Missionen eingebunden, in denen ihre Fähigkeit
„Direct Action“ (offensive zielgerichtete Einsätze, um
Personen festzunehmen, Einrichtungen in Besitz zu neh-
men oder zu zerstören) auch abgerufen wurde. Die Aus-
führungen des Staatssekretärs a. D. belegen also, dass er
entweder schlecht informiert war, oder sich darum be-
mühte, vor dem Untersuchungsausschuss wesentliche As-
pekte zu verschweigen.

Demgegenüber hatte Herr MinR Dr. Saalfeld dem Aus-
schuss aber nicht nur – wie oben schon zitiert – von der
Wahrscheinlichkeit berichtet, dass KSK-Soldaten in die
Lage kommen könnten, Gefangene zu nehmen. Er schil-
derte auch:

„Ich hatte gute Verbindungen zum Ministerbüro damals,
2002, weil ich 1999 ein halbes Jahr lang (…) den Bürolei-
ter von Scharping vertreten hatte (…). Deswegen kannte
ich die Leute in der Leitung. Ich habe damals diese The-
matik und solche Dinge mit Herrn Thießen besprochen,
und ich hatte Herrn Thießen auch diese Vorlage, die Herr
Schwierkus nicht weitergeleitet hatte, übersandt, und ich
habe ihm auch diese Problematik erläutert (…).“
„(…) Was Herr Thießen dann mit der Vorlage gemacht
hat oder ob das im Ministerbüro diskutiert worden ist, das
kann ich nicht sagen.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 19,
Teil II, S. 12, S. 15)

Bei seiner Vernehmung im Untersuchungsausschuss gab
Bundesminister a. D. Scharping an, von einer derartigen
Vorlage oder auch nur von zwischen den Ressorts und der
Abteilung Recht des BMVg (bzw. deren Referaten) präzi-
sierten Vorstellungen keinerlei Kenntnis zu haben.

Sein ehemaliger Büroleiter Thießen schilderte sein Tätig-
keitsspektrum als ausschließlich verwaltend auf die Büro-
organisation bezogen. Die zusammenfassend an ihn ge-
richtete Frage „wenn ich es richtig verstanden habe,
haben Sie zwar im Ministerium während dieser schwieri-
gen Phase sehr viel beobachtet, es ging sehr viel an Ihnen
vorbei, aber Sie haben inhaltlich keine Informationen be-
kommen“ bejahte er schlicht (Stenografisches Protokoll
Nr. 14, Teil II, S. 30).*

Andererseits erklärte er aber auf die Frage nach fehlenden
Rules of Engagement:
„Nein, zu dem damaligen Zeitpunkt, nein. Aber natürlich
haben wir in den späteren Monaten über die Fragen unter-

einander diskutiert: Was bedeutet das? Was ist die Grund-
lage? Aber das sind Dinge, die in den ersten Monaten in
meinem Zusammenhang keine Rolle gespielt haben. (…)
Das sind Dinge, die wir danach durchaus besprochen ha-
ben. Ich sage, dass das vielleicht ein Dreivierteljahr lang
danach eine Rolle gespielt hat. Aber zu diesem Zeitpunkt
dort, Monate nach diesen – während also der erste Einsatz
dort stattfand – hat dieses schlechterdings keine Rolle ge-
spielt, jedenfalls nicht im Verantwortungsbereich des Bü-
roleiters.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 14, Teil II, S. 29)

Das lässt sich als kryptische Umgehung einer präzisen
Antwort und einer Stellungnahme zum „eigentlichen“
Problem lesen: „Ein Dreivierteljahr“ nach dem Beginn
der deutschen Beteiligung an der „Operation Enduring
Freedom“ war Rudolf Scharping als Verteidigungsminis-
ter bereits abberufen und Jörn Thießen als Büroleiter er-
setzt worden – durch Birgitt Heidinger als Büroleiterin
von Verteidigungsminister Dr. Struck.

Beide Minister haben geleugnet, während ihrer jeweiligen
Amtszeit darüber informiert worden zu sein, dass die
Rechtsfrage „Zulässigkeit von Festnahmen“ ungeklärt ge-
blieben war. Wenn diese Aussagen stimmen, heißt dies
nur, dass sie auch keinerlei Anlass sahen, sich dieser Frage
überhaupt zuzuwenden. Daraus jedoch ist der Schluss zu
ziehen: Beide Minister sind mit der völkerrechtlich rele-
vanten Gefangenenproblematik fahrlässig, ja verantwor-
tungslos umgegangen.

b) Festhalten/Festnehmen
Der unaufgelöste Konflikt zwischen dem dringenden
Wunsch der deutschen Regierung, auf internationaler
Ebene militärische Bedeutung zu erlangen, und den damit
verbundenen völkerrechtlichen Problemen veranlasste die
mit der Beteiligung des KSK an der „Operation Enduring
Freedom“ befassten Akteure zu – verbalen – Gratwande-
rungen.

Unter anderem den im Zweiten Teil (Feststellungsteil)
dieses Abschlussberichts wiedergegebenen Zeugenaussa-
gen ist zu entnehmen, dass offizielle Linie des BMVg die
war, dem KSK aufzugeben, aufgegriffene Personen an die
US-Armee zu übergeben, dabei aber keine „eigenen“ Ge-
fangenen zu machen.

Im Bemühen, dem Bündnispartner weitestmöglich entge-
genzukommen, gleichzeitig aber den Schein der (Völker-)
Rechtsförmigkeit des eigenen Handelns zu wahren, ver-
legte man sich auf den Versuch einer Differenzierung
zwischen (einerseits) dem „Festhalten“ von Personen, an-
dererseits ihrer „Festnahme“, gleichbedeutend mit ihrer
„Gefangennahme“ durch „Begründung eigenen Gewahr-
sams“.

Die mangelnde Praktikabilität dieses (gegenüber dem Un-
tersuchungsausschuss behaupteten) „Lösungsansatzes“
spiegelte sich überdeutlich in den Aussagen der vor dem
Untersuchungsausschuss gehörten Zeugen. Bei den Kon-
tingentsoldaten – denjenigen also, denen sich als erste die
Frage gestellt hätte, wie sie mit einer von ihnen aufgegrif-

fenen Person verfahren sollten – ließ sich im Untersu-
chungsausschuss kein Konsens und noch nicht einmal* Red. Anm.: Vgl. Erster Teil, B, Ziff. VIII., Nr. 2

Drucksache 16/10650 – 162 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

eine Mehrheitsmeinung zur Frage des Umgangs mit Ge-
fangenen ausmachen. Offensichtlich hatte sich ihnen der
Abgrenzungsbedarf nicht allzu deutlich erschlossen. Aber
selbst ranghohe Vertreter des BMVg waren mit der
Grenzziehung nicht vertraut, wie sich aus der Aussage
des ehemaligen Generalinspekteurs Kujat im Untersu-
chungsausschuss ergab:

„Ich hätte es vorgezogen, wenn wir vor Beginn des Ein-
satzes die Frage der Gefangenen geregelt gehabt hätten,
und zwar in einer zentralen Dienstvorschrift. (…) Das ist
nicht geschehen. (…)

Aber es wurde dann entschieden, dass diese, wenn es zu
Gefangennahmen kommen sollte, sofort an die Amerika-
ner übergeben werden; möglicherweise auch deshalb,
weil eine solche Regelung nicht vorhanden war. (…)

Es ist nach meiner Erinnerung richtig, dass über die Frage
der Behandlung von Gefangenen nur in diesem Zusam-
menhang gesprochen wurde und nicht im Detail darüber,
wie sich die einzelnen Soldaten zu verhalten hätten.“ (Ste-
nografisches Protokoll Nr. 18, Teil II, S. 8)

Sobald die im Untersuchungsausschuss gehörten Zeugen
aufgefordert wurden, die Kriterien der propagierten Dif-
ferenzierung zwischen Festhalten und Festnehmen anzu-
geben, gerieten sie sämtlich ins Schwimmen. Auch das
lässt sich andeutungsweise bereits den Feststellungen im
Zweiten Teil dieses Abschlussberichts entnehmen, wo
u. a. die Einschätzung des ehemaligen Kommandeurs des
KSK, Brigadegeneral a. D. Günzel (Stenografisches Pro-
tokoll Nr. 11, Teil II, S. 10), wiedergegeben wird: Der er-
betene Rechtsrat zur Frage der Festnahmen

– „nicht festnehmen, sondern festhalten, bis sie durch
amerikanische Soldaten festgenommen werden“ – sei ein

„rechtlicher Ausweg“

gewesen. Und auf unsere konkrete Nachfrage, ob der
Zeuge einen Unterschied zwischen „Festhalten“ und
„Festnehmen“ ausmachen könne, entgegnete dieser:

„De facto besteht kein Unterschied. Ich mit meinem ein-
fachen juristischen Verständnis sehe keinen.“ (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 17)

Auch der im Untersuchungsausschuss vernommene Un-
terabteilungsleiter der Abteilung Recht im BMVg,
Dr. Schwierkus, konnte keinen Rechtsrat zur Lösung die-
ses Differenzierungsproblems anbieten: Er verwies auf
eine

„rein gefühlsmäßige“

Abgrenzung zwischen Festhalten und Festnehmen und er-
klärte, eine „Legaldefinition“ der beiden Begriffe „sehe“
er nicht (Stenografisches Protokoll Nr. 19, Teil II, S. 33).

Und sogar der seinerzeitige Verteidigungsminister Schar-
ping behauptete bei seiner Vernehmung im Untersu-
chungsausschuss, eine den KSK-Soldaten nahegelegte
Unterscheidung zwischen „Festnehmen“ und „Festhal-
ten“ sei ihm nicht bekannt, und befand, ein solcher Diffe-

In all dem offenbart sich überdeutlich, dass die offizielle
Linie – Festhalten ja, Festnehmen nein – allenfalls ein
definitorischer Ansatz war, der letztlich keine unter-
schiedlichen Handlungsmuster bei den KSK-Angehöri-
gen auslöste und hierzu auch nicht geeignet war.

Selbst wenn die Bundeswehr sich bemühte, nominal
rechtmäßig zu agieren, wäre ein nach den Vorgaben des
BMVg bewirktes „Festhalten“ faktisch eine Festnahme,
und die Übergabe einer gefangen genommenen Person an
die US-Armee weiterhin völkerrechtswidrig gewesen.

Das hat offenbar auch das BMVg erkannt: In dem am
26. April 2007 ergangenen Befehl zur „Behandlung von
Personen, die bei Auslandseinsätzen von deutschen Solda-
tinnen oder Soldaten in Gewahrsam genommen (festge-
halten oder festgenommen) werden“, wird die künstliche
Differenzierung zwischen „Festhalten“ und „Festnehmen“
aufgegeben.

c) Nicht-Information der MdB Heidi Lippmann
und herausgezögerte Fehlinformation
des Wehrbeauftragten

In das – gerade zu IV. 4. a) und b) offengelegte – im Juni
2006 in der Rechtsabteilung des BMVg ausgelöste recht-
liche und faktische Vakuum hinein traf am 30. Juni 2002
beim BMVg eine Anfrage des Wehrbeauftragten des
Bundestages vom 27. Juni 2002 ein (MAT 16 – 32; MAT
16 – 14, Anlage 07). Vor dem Hintergrund verschiedener
Presseveröffentlichungen wollte der Wehrbeauftragte
wissen, ob Gefangennahmen beim Afghanistaneinsatz
der Bundeswehr rechtlich abgesichert seien:

„Während der vergangenen Wochen wurde in verschiede-
nen Presseveröffentlichungen wiederholt die Frage nach
den rechtlichen Grundlagen für die im Afghanistaneinsatz
eingesetzten Soldaten des Kommandos Spezialkräfte
(KSK) aufgeworfen. Insbesondere wurden die Maßnah-
men zur Gefangennahme der Taliban- und Alkaida-Kämp-
fer bis hin zur Überführung in das Gefangenenlager nach
Guantánamo Bay hinsichtlich der rechtlichen Vorausset-
zungen und möglichen Folgen für die daran beteiligten
deutschen Soldaten kritisch hinterfragt.“

Die Reaktion beim BMVg war: Auf die Anfrage des Wehr-
beauftragten zunächst gar nicht zu reagieren und sie nach
wiederholtem Drängen seitens des Wehrbeauftragten erst
im November 2002 (formal) zu beantworten, dabei aber
die wesentlichen rechtlichen Probleme in Zusammenhang
mit Gefangennahmen, die gerade Hauptgegenstand der
Anfrage waren, komplett zu übergehen.

In den Unterlagen, die dem Untersuchungsausschuss vom
BMVg zur Verfügung gestellt wurden, findet sich ein ers-
ter Vermerk vom 22. August 2002 (MAT 16 – 14, Anlage
07), aus dem deutlich hervorgeht, dass die Beantwortung
der Anfrage des Wehrbeauftragten zielgerichtet verzögert
wurde, um nicht offen legen zu müssen, dass die Rechts-
ansicht des BMVg zur Frage der Zulässigkeit von Gefan-
renzierungsansatz komme ihm „etwas arg fein ziseliert“
vor (Stenografisches Protokoll Nr. 15, Teil II, S. 23).

gennahmen höchst zweifelhaft war und deutlich von der
Position des BMJ, AA und BMI abwich.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 163 – Drucksache 16/10650

Dem Vermerk ist zu entnehmen:

„Gegenstand des Vorgangs ist die Anforderung einer Stel-
lungnahme zu den Rechtsgrundlagen für den Einsatz der
KSK-Kräfte in Afghanistan. Es handelt sich in der Sache
bereits um eine Erinnerung, da der eigentliche Bezugs-
vorgang auf den 30. Juni 2002 datiert ist.

Bearbeitungshinweis: Nach Weisung UAL R II“ [hierbei
handelte es sich um MinDirig Dr. Schwierkus] „sollte zu-
nächst die Teilnahme BM an der Sitzung des Vtg-Aus-
schusses und möglicher Äußerungen zu diesem Thema
abgewartet werden. Eine Nachfrage bei Frau LRD’in
Kö(…)*, ParlKab, hat ergeben, dass BM sich hierzu im
Ausschuss nicht geäußert hat und der Inhalt eines Ge-
sprächs BM mit den Obleuten Vtg-Ausschuss (darunter
auch MdB Lippmann, PDS) im Anschluss hieran nicht
bekannt ist.

Vor diesem Hintergrund ist erneut zu entscheiden, wie die
Anfrage des WB zu behandeln ist.

(…) In Gesprächen Unterzeichner und UAL R II mit
LRD’in Kö(…)* von ParlKab v. 21. August 2002 wurde
verdeutlicht, dass die Offenbarung eines Dissenses inner-
halb der BReg (AA/BMJ versus BMVg) vermieden wer-
den sollte. Wenn irgend möglich, sollte die Beantwortung
weiter hinausgezögert werden.“

Im Anschluss entwickelte sich eine rege E-Mail-Korres-
pondenz zwischen Angehörigen der Abteilung Recht des
BMVg sowie des Parlaments- und Kabinettsreferats (Parl
Kab). Dabei ging es darum, die Beantwortung der An-
frage des Wehrbeauftragten sowie einer Anfrage der
PDS-Abgeordneten Heidi Lippmann bis zum Ablauf der
Legislaturperiode hinauszuschieben, zugleich die Posi-
tion des Bundesverteidigungsministers Dr. Struck zu er-
gründen und das weitere Vorgehen mit dem Ministerbüro
abzustimmen.

Ein weiterer Kommunikationsstrang bildete sich zwi-
schen Mitarbeitern des BMVg: Es wurde eine Stellung-
nahme für den Wehrbeauftragten formuliert, die – s. o. –
möglichst wenig von den sich in Zusammenhang mit Ge-
fangennahmen stellenden Problemen erkennen lassen
sollte.

In einer E-Mail vom 27. August 2002 übermittelte ein
Mitarbeiter des Referats R II 2 in der Rechtsabteilung des
BMVg etwa eine Stellungnahme aus dem Parlaments-
und Kabinettsreferat an den Leiter des Referats R II 2 in
der Rechtsabteilung des BMVg:

„Anruf von LRD’in Kö(…)* (K.), ParlKab v. 27. August
2002

Frau K. teilt mit:

– Der noch offene Auftrag Parl Kab – Beantwortung ei-
ner Anfrage der MdB Lippmann, PDS – wurde auf der
Grundlage des vorgelegten Rechtsgutachtens R II 2
mit Leiterin Ministerbüro erörtert. Hierbei zeichnete
sich die Tendenz ab, wegen des im Gutachten sichtbar

werdenden Dissens der Rechtsauffassungen AA/BMJ
einerseits und BMVg andererseits keine Beantwortung
der Anfrage noch in dieser Legislaturperiode ins Auge
zu fassen.

– Allerdings hat sich die Leiterin Ministerbüro vorbe-
halten, hierüber nochmals nach Lektüre des Rechtsgut-
achtens abschließend zu entscheiden.“ (MAT 16 – 14,
Anlage 07)

Bezeichnend vor dem Hintergrund dieser offensichtlichen
Einbindung des Ministerbüros – nämlich der Büroleiterin,
Frau Heidinger**, – ist, dass auch diese Zeugin bei ihrer
Vernehmung im Untersuchungsausschuss am 13. Juni
2007 behauptete, inhaltlich so gut wie keine anderen
Kenntnisse als das in Obleute-Sitzungen Vorgetragene
bzw. „keine Erinnerung“ zu haben. Auf Vorhalte und dezi-
dierte Fragen zum soeben aufgezeigten Themenkomplex
antwortete die Büroleiterin stets mit der gleichen Ten-
denz:

„Ich weiß nichts über in Gewahrsam genommene Gefan-
gene. Daraus resultiert auch, dass ich darüber hinaus kei-
nerlei Vorlagen kenne.“

„Ich kann mich an kein Schreiben des Wehrbeauftragten
an den Minister erinnern. Sie hatten eben auch gesagt, das
sei ein Schreiben des Wehrbeauftragten an das Haus. Ich
erinnere mich nicht an einen solchen Vorgang.“

„Ich kann eigentlich definitiv ausschließen, dass es auf
Ministerebene einen Schriftwechsel gegeben hat; denn
der wäre mir ja zur Kenntnis gekommen.“ (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 13, Teil II, S. 7, 8, 9)

Am 15. Oktober 2002 versandte eine zwischenzeitlich zu-
ständig gewordene Sachbearbeiterin im Referat R II 2 der
Abteilung Recht des BMVg eine E-Mail an die Leitung
des Verteidigungsministeriums. Dieser lässt sich entneh-
men, dass neben dem Parlaments- und Kabinettsreferat
und dem Ministerbüro auch der Staatssekretär Dr. Stützle
in den Vorgang involviert war:

„Thema: Behandlung von mutmaßlichen Terroristen, die
in AFG (…) ergriffen werden

(…)

Sehr geehrter Herr Ni(…)***,

in der Anlage übersende ich das Gutachten meines Vor-
gängers zu den o. g. Rechtsfragen, das in gleicher bzw.
gleich gelagerter Sache bereits ParlKab, dem Büro Dr.
Stützle und dem Büro Minister vorgelegen hat. Ange-
sichts des Dissenses gegenüber den Rechtsauffassungen
von BMJ und AA sind von BMVg bisher Anfragen nach
außen (Wehrbeauftragter und MdB Lippmann) nicht be-
antwortet worden. Zuletzt (27.08.02) hatte sich die Leite-
rin Ministerbüro gegenüber ParlKab vorbehalten, nach
Lektüre dieses Gutachtens abschließend zu entscheiden,
ob die Anfrage von MdB Lippmann (PDS) beantwortet
werden solle. Nach Rücksprache mit Frau Kö(…) ist
* Name mit Rücksicht auf die Betroffene nicht ausgeschrieben
** Red. Anm.: Vgl. Erster Teil, B, Ziff. VIII., Nr. 2
*** Name mit Rücksicht auf den Betroffenen nicht ausgeschrieben

Drucksache 16/10650 – 164 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

diese Entscheidung auch für die Behandlung der WB-An-
frage weiter relevant. (…)“ (MAT 16 – 14, Anlage 07)

Die neue Sachbearbeiterin war in den folgenden Wochen
damit befasst, das – oben (Punkt IV.4.a am Ende) aus-
zugsweise zitierte – „Rechtsgutachten“ ihres Vorgängers
im Referat R II 2 der Rechtsabteilung des BMVg so zu
kürzen und zu verwässern, dass dem Wehrbeauftragten
die entscheidenden rechtlichen Probleme verborgen blie-
ben.

Das BMVg legte in MAT 16 – 14, Anlage 07, mehrere
von dieser Sachbearbeiterin formulierte Vermerke und
Antwortentwürfe an den Wehrbeauftragten vor, die sich
hauptsächlich dadurch auszeichnen, dass sie kontinuier-
lich kürzer und oberflächlicher wurden. Ein Entwurf vom
17. Oktober 2002 wurde vom Unterabteilungsleiter R II,
Herrn Dr. Schwierkus, mit der Anmerkung „Eine m. E.
hervorragende Leistung“ abgezeichnet.

Ein auf den 30. Oktober 2002 datierter Entwurf eines
Schreibens an den Wehrbeauftragten enthält zahlreiche
Streichungen, die soweit ersichtlich von der Leitung des
Planungsstabs beim BMVg herrühren. Der Text wird ein-
geleitet mit einer (angesichts der oben wiedergegebenen
abweichenden Position des BMJ: sogar unzutreffenden)
Vorbemerkung:

„Innerhalb der Bundesregierung herrscht Uneinigkeit da-
rüber, ob das Vorgehen der USA gegenüber den Taliban
und Alkaida-Angehörigen völkerrechtlich zulässig ist. Kon-
sens besteht jedoch darüber, dass die Beteiligung deut-
scher Soldaten dann nicht zu strafrechtlichen Konsequen-
zen führen kann, wenn lediglich operative Maßnahmen
unterstützt werden, die es den Partnern ermöglichen, in
eigener Verantwortung verdächtige Personen zu ergrei-
fen. Dem Wehrbeauftragten sollten daher nicht die Mei-
nungsverschiedenheiten, sondern lediglich der Minimal-
konsens mitgeteilt werden. Ich schlage daher folgenden
Briefentwurf vor: (…)“ (MAT 16 – 14, Anlage 07)

Die Sachbearbeiterin zeigte sich in einer E-Mail vom
30. Oktober 2002 mit den von der Leitung des Planungs-
stabs vorgenommenen Kürzungen „aus rechtlicher Sicht
einverstanden“ und schlug weitere Streichungen vor. Das
erläuterte sie so:

„Dadurch kommt nicht die Fehlinterpretation auf, es
könne doch völkerrechtlich oder verfassungsrechtlich un-
zulässige Beiträge geben.“

„Völkerrechtlich oder verfassungsrechtlich unzulässige
Beiträge“ standen allerdings, wie das oben IV. 4. a) aus-
zugsweise zitierte Gutachten des originär zuständigen
Sachbearbeiters, des Referatsleiters R II 3 der Abteilung
Recht des BMVg, aufzeigte, im Falle von Gefangennah-
men durchaus zu erwarten.

Aufgrund der in der E-Mail vom 30. Oktober 2002 ange-
kündigten, von der Sachbearbeiterin im Referat R II 2 des
BMVg noch selbst vorgenommenen weiteren Streichun-
gen wurde dem Wehrbeauftragten endlich am 13. Novem-
ber 2002 das folgende, im Hinblick auf seine im Juni

„Sehr geehrter Herr Dr. Penner, lieber Wilfried,

für Ihre Frage, in welchem Umfang der Einsatz der deut-
schen KSK-Einheit und ihre Befehlsgebung rechtlich
abgesichert sind, ergeben sich die maßgeblichen verfas-
sungs- und völkerrechtlichen Grundlagen aus Bundes-
tagsbeschluss vom 19. September 2001.

(…)

Die Bundeswehr beachtet bei der Umsetzung ihres Auf-
trags selbstverständlich die Verpflichtungen zur Einhal-
tung der menschenrechtlichen Mindeststandards sowie
die Wertentscheidungen des Grundgesetzes. Dementspre-
chend können Beiträge deutscher Soldaten zur Gefangen-
nahme von Taliban- und Alkaida-Kämpfern keine straf-
rechtliche Verantwortung der eingesetzten Soldaten nach
sich ziehen. Eine strafrechtliche Verantwortung trifft den
Soldaten nur, wenn seine Handlung eine schwere Verlet-
zung humanitären Völkerrechts oder eine Straftat nach
deutschem Recht darstellt. Bei Handeln auf Befehl ist zu-
dem erforderlich, dass der Untergebene erkannt hat oder
nach ihm bekannten Umständen erkennen konnte, dass es
sich bei der befohlenen Handlung um eine Straftat han-
delt.

Mit freundlichen Grüßen

Dein Walter Kolbow“

(MAT 16 – 14, Anlage 07)

V. Politische Schlussfolgerungen
DIE LINKE. fühlt sich in ihrer grundlegenden Ablehnung
gegenüber Auslandseinsätzen, insbesondere unter Beteili-
gung des KSK, durch den diesen Untersuchungsaus-
schuss begründenden Vorfall bestätigt. Wie bereits einlei-
tend ausgeführt, agierte das KSK nicht nur jenseits der
parlamentarischen Kontrollstrukturen, was seitens der
Bundesregierung unter Missachtung des Parlamentsbetei-
ligungsgesetzes auch prinzipiell so gewollt war. Das KSK
operierte sogar – zumindest partiell – jenseits der exekuti-
ven Kontroll- und Befehlsstrukturen, was offensichtlich
ebenfalls gewollt war, um eine umfassende und effiziente
Operationsfähigkeit im „Krieg gegen den Terror“ zu er-
zielen. Auf diese Weise sollte eine bis heute immer noch
nicht zum öffentlichen Diskurs gestellte deutsche Staats-
räson in Gestalt der zuverlässigen Bündnissolidarität, ja
sogar der „uneingeschränkten Solidarität“ demonstriert
werden.

Ungeachtet der generellen Ablehnung von Auslandsein-
sätzen, fordert die Bundestagsfraktion DIE LINKE. die
uneingeschränkte Umsetzung des Parlamentsbeteili-
gungsgesetzes, um endlich die volle parlamentarische
Kontrolle der deutschen Streitkräfte – einschließlich des
KSK/SEK – zu gewährleisten. Hierzu hat die Bundes-
tagsfraktion DIE LINKE. einen Antrag (Bundestags-
drucksache 16/6646) über die „Stärkung der parlamenta-
rischen Beteiligung bei der Entscheidung über den
Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Ausland (Parlaments-
beteiligungsgesetz)“ eingebracht. Eine Parlamentsarmee
2002 formulierte Fragestellung nichtssagende und völlig
realitätsferne Antwortschreiben übersandt:

ohne nennenswerte parlamentarische Kontrollfunktionen
ist und bleibt eine Schimäre.

sich die Konfliktlage in Afghanistan etwas entspannt; (c)
indem Bundeskanzler Schröder die Abstimmung über
OEF mit der Vertrauensfrage verband, stellte er gleichzei-
tig den Fortbestand der rotgrünen Koalition zur Disposi-
tion. Was aus der Sicht des Kanzlers legitim war, wurde

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auch der Versuch einer
parlamentarischen Selbstüberprüfung.

II. Verfahren
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 165 – Drucksache 16/10650

C. Sondervotum der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

I. Politische Einleitung

Während die Aufklärung der Vorwürfe von Murat Kurnaz
gegen Bundeswehrsoldaten der Anstoß und erste Zweck
des Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsaus-
schuss war, war er nicht darauf beschränkt. Die Frage
Nr. 4 des Untersuchungsauftrages lautete:

„Welche Einsätze haben KSK-Kräfte von ca. November
2001 bis ca. November 2002 in Kandahar durchgeführt,
nach welchen Einsatzregeln haben sie dabei gehandelt
und welchen Einfluss hatten Dienststellen in der Bundes-
wehr und das Bundesministerium der Verteidigung auf
diese Einsätze?“

Damit ergab sich zugleich die Möglichkeit, fünf Jahre
nach dem Einsatz den Teil der deutschen Beteiligung an
der Operation Enduring Freedom (OEF) einer parlamen-
tarischen Überprüfung zu unterziehen, der als geheimhal-
tungsbedürftiger Spezialeinsatz in Afghanistan einer par-
lamentarischen Kontrolle weitgehend entzogen war.

Der Bundestagsbeschluss zur Beteiligung der Bundesre-
publik an der US-geführten Operation Enduring Freedom
am 16. November 2001 war die bisher wohl umstrittenste
Entscheidung zu einem Auslandseinsatz der Bundeswehr.
In der Tat beinhaltete sie eine bis dahin undenkbare Ent-
grenzung deutscher Sicherheitspolitik – hinsichtlich des
Einsatzraumes, des Auftrages und der möglichen Intensi-
tät des Einsatzes. Die ungewöhnlich vielen Erklärungen
zur Abstimmung am 16. November, insbesondere aus den
Reihen der rotgrünen Koalition, machten deutlich, wie
groß die Befürchtung war, in einen unabsehbaren Kriegs-
einsatz zu geraten.

Ohne die Gewissensentscheidung der Befürworter in
Zweifel zu ziehen, spricht viel für die These, dass die Bun-
desregierung nur dank dreier begünstigender Faktoren
eine eigene – knappe – Mehrheit für ihren Antrag er-
reichte: (a) Durch eine Protokollnotiz und einen Entschlie-
ßungsantrag der Koalitionsfraktionen war der ursprüng-
lich entgrenzte Auftrag eingehegt worden (klare Bindung
an Völker- und Menschenrecht, Betonung der nichtmilitä-
rischen Terrorismusbekämpfung, indirekter Ausschluss
des Irak als Einsatzgebiet); (b) durch den überraschend
schnellen Zusammenbruch des Taliban-Regimes hatte

Ungewissheiten behaftet: Nach den bisherigen Beteili-
gungen an UN-mandatierten und NATO-geführten Frie-
densmissionen ging es jetzt erstmalig um die Unterstüt-
zung eines Verbündeten, der nach den Attacken des
11. September 2001 das Recht auf Selbstverteidigung in
Anspruch nahm. Anstelle einer multinationalen Mission
ging es jetzt um die Unterstützung einer US-geführten
Operation mit multinationaler Beteiligung gegen einen
schwer identifizierbaren Gegner. Bisher waren KSK-Ein-
heiten mehrfach bei der Fahndung und Festnahme mut-
maßlicher Kriegsverbrecher auf dem Balkan im Rahmen
der dortigen multinationalen Friedensmissionen einge-
setzt worden. Jetzt ging es erstmalig um einen Dauer-
Kontingenteinsatz, um einen Einsatz bewaffneter Streit-
kräfte in einem kriegerischen Umfeld, 6 000 km von
Deutschland entfernt und anfangs ohne eigene logistische
Kette.

Erstmalig führte das noch im Aufbau befindliche Einsatz-
führungskommando der Bundeswehr in Potsdam die Ope-
ration.

Trotz aller Bemühungen zur Einhegung des militärischen
Auftrages entsandten Bundesregierung und Bundestag
die bis zu 100 Spezialsoldaten in einen operativen „Ne-
bel“: Nur rudimentär bekannt war das Einsatzgebiet,
kaum bekannt waren die Voraussetzungen, Leistungsfä-
higkeiten und Grenzen von Spezialeinsätzen. Allerdings
verband sich mit der Entsendung von Spezialkräften die
Erwartung, dass damit der Auftrag besonders präzise und
unter möglichster Vermeidung von Opfern durchgeführt
werden könnte.

Die Geheimhaltung war zunächst so total, dass sogar die
Obleute des Verteidigungsausschusses nicht über den
Spezialeinsatz unterrichtet wurden. Das änderte sich erst
mit der Amtsübernahme von Verteidigungsminister Dr.
Peter Struck. Von da an wurden die Obleute über Zahl
und Art der Einsätze und besondere Vorkommnisse unter-
richtet.

Insofern bot der Untersuchungsausschuss die Möglich-
keit, über das exekutive Handeln hinaus auch das Bun-
destagsmandat nachträglich auf seine Klarheit, Umsetz-
barkeit und Verantwortbarkeit hin zu überprüfen. Der
Untersuchungsausschuss ist somit für die Fraktion von
von nicht wenigen Abgeordneten als Erpressung aufge-
fasst.

Die deutsche Beteiligung an OEF war für die Politik wie
für die Bundeswehr Neuland und mit besonders vielen

Die Ermittlungen des Untersuchungsausschusses wurden
durch das erkennbar gemeinsame Interesse aller Fraktionen
des Verteidigungsausschusses erleichtert, die Beschuldi-
gungen ohne Rücksicht auf Personen und frühere Regie-
rungsbeteiligungen so vollständig wie möglich aufzuklä-

Drucksache 16/10650 – 166 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

ren. Den Primat eines kooperativen Aufklärungsinteresses
praktizierte der Vorsitzende des Untersuchungsausschus-
ses, der stellvertretende Verteidigungsausschussvorsit-
zende Dr. Karl A. Lamers. Für seine souveräne Verhand-
lungsführung, die den fragenden Abgeordneten im
Zweifelsfall eher mehr als weniger Raum ließ, ist ihm aus-
drücklich zu danken.

Umso bedauerlicher ist es, dass der Aufklärungskonsens
des Ausschusses in der Schlussphase von Seiten der Ko-
alitionsmehrheit verlassen wurde.

1. Verspätete oder unvollständige
Vorlage von Unterlagen

Die Zusammenarbeit der Bundesregierung mit dem Un-
tersuchungsausschuss ließ teilweise zu wünschen übrig.
Bis zum Schluss blieb der Eindruck, dass dem Ausschuss
wesentliche Dokumente vorenthalten werden sollten. In
der Vorlagepraxis gab es jedoch wahrnehmbare Unter-
schiede zwischen dem Bundesministerium der Verteidi-
gung (BMVg) und dem Bundeskanzleramt. Während das
BMVg zunächst mehrere Dutzend Aktenordner sehr un-
terschiedlicher Relevanz für den Untersuchungsauftrag
vorlegte, beschränkte sich das Kanzleramt auf die Über-
gabe eines dünnen Hefters mit nur zwei Dokumenten.
Beide Stellen versicherten die Vollständigkeit der über-
lassenen Unterlagen nach § 18 Abs. 2 Satz 3 PUAG.

Im Verlauf der Untersuchungen stellte sich bei mehreren
Gelegenheiten heraus, dass die dem Ausschuss überlasse-
nen Unterlagen keineswegs vollständig waren, sondern
einschlägige Dokumente von zentraler Bedeutung nicht
vorgelegt worden waren und zum Teil bis zum Abschluss
der Untersuchungen nicht vorgelegt wurden.

Auf die Aufforderung zur Nachlieferung reagierten die
angesprochenen Stellen unterschiedlich: Während sich
das BMVg zumindest bemühte, einschlägige Dokumente
aus seinem Zuständigkeitsbereich ausfindig zu machen,
war im Bundeskanzleramt eine Verweigerungshaltung
vorherrschend. Auch die Herausgabe von Unterlagen, die
in Beweisbeschlüssen des Ausschusses genau benannt
wurden, wurde vom Kanzleramt mit dem Hinweis ver-
weigert, diese gehörten nicht zum Untersuchungsgegen-
stand. Es ist jedoch Aufgabe des Parlaments, nicht der
Regierung, zu definieren, welche Akten für seine Unter-
suchung relevant sind.

Beispiel: Dem 1. Untersuchungsausschuss (BND-Unter-
suchungsausschuss) liegt ein Dokument aus beigezoge-
nen Akten des Bremer Innensenators vor (Ordner des
Senators für Inneres und Sport Bremen, MAT A 158/1,
Ordner 6). In einem Anschreiben der Verbindungsbeam-
tin BKA beim BND vom 9. Januar 2002 heißt es dort un-
ter dem Betreff: „Von den Amerikanern festgenommener
möglicherweise Deutscher Al Qaida Kämpfer“: „Diese
Mitteilung stammt von einer BND-Quelle aus Kandahar“.
Angehängt ist eine detaillierte Personenbeschreibung (in
englischer Sprache) und ein Foto von Murat Kurnaz. Auf
dieses Schreiben angesprochen, bestätigte der Zeuge

Hause geschickt haben.“ Der Zeuge bestätigte ferner,
dass es sich bei der erwähnten BND-Quelle aus Kandahar
um den BND-Mitarbeiter in Kandahar handelt, der vom
Untersuchungsausschuss auch als Zeuge vernommen
wurde.

Diese einschlägigen Unterlagen sind dem Untersuchungs-
ausschuss von der Bundesregierung jedoch niemals zur
Verfügung gestellt worden. Das Bundeskanzleramt lehnte
einen entsprechenden Beweisbeschluss (Nr. 16 – 29) mit
dem lapidaren Hinweis ab, diese würden nicht dem Un-
tersuchungsauftrag unterfallen (Schreiben v. 15. Juni 2007;
MAT 16 – 39).
Mit derselben Begründung verweigerte das Kanzleramt
übrigens auch die Vorlage dieser Unterlagen an den
1. Untersuchungsausschuss. Unter anderem hiergegen
richtet sich eine Klage der Oppositionsparteien im 1. Un-
tersuchungsausschuss, die derzeit noch vor dem Bundes-
verfassungsgericht anhängig ist.

Seitens des BMVg wurden wiederholt – zumeist auf Auf-
forderung durch den Untersuchungsausschuss – Akten
und Unterlagen nachgeliefert. So wurden dem Ausschuss
zunächst nur die Wochenberichte („Wetterberichte“) der
Zelle Militärisches Nachrichtenwesen in Kandahar zur
Verfügung gestellt. Nachdem Zeugen im Ausschuss je-
doch auch von Tagesmeldungen sprachen, forderte der
Ausschuss diese per Beweisbeschluss (Nr. 16 – 35) erneut
und explizit an. In einem weiteren Beweisbeschluss
(Nr. 16 – 38) forderte der Ausschuss die ihm auch zu-
nächst nicht übermittelten Protokolle von Videokonferen-
zen zwischen dem Führer des deutschen Kontingents in
Kandahar und dem Einsatzführungskommando in Pots-
dam an. Dabei stellte sich die erste Teillieferung schnell
als unvollständig heraus. Es bedurfte einer erneuten
Nachfrage des Ausschusses, die zu einer Nachlieferung
führte. In dem entsprechenden Schreiben von Staatssekre-
tär Dr. Wichert vom 4. September 2007 an den Untersu-
chungsausschuss heißt es, dass auf Bitten des Ausschus-
ses nochmals nach Protokollen von Videokonferenzen
gesucht worden sei und nunmehr 33 weitere Protokolle
aufgefunden worden seien. Aber auch danach bestanden
weiterhin erhebliche Lücken; für längere Zeiträume feh-
len jegliche Protokolle in den vorgelegten Unterlagen.

Die verspätete und unvollständige Vorlage führte dazu,
dass Staatssekretär Dr. Wichert angewiesen hat, „den Vor-
gang disziplinarrechtlich zu untersuchen“ (Schreiben vom
4. September 2007).

2. Verweigerung der Vorlage von Akten und
Unterlagen, insbesondere durch das
Bundeskanzleramt

Gemäß § 18 PUAG sind Ministerien zur Vorlage von Ak-
ten verpflichtet. Sie sind allerdings nicht verpflichtet, Ak-
ten zu übersenden, die zum Kernbereich exekutiver
Eigenverantwortung gehören (BVerfGE 67, 100, Flick-
Entscheidung).

Bei diesem Kernbereich handelt es sich z. B. um ressort-

Nr. 16 (Stenografisches Protokoll Nr. 11), diese Meldung
zu kennen. Es handele sich um „die Datei, die wir nach

übergreifende- und interne Abstimmungsprozesse, Vorbe-
reitungen zur Kabinettssitzung und vorbereitende Beam-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 167 – Drucksache 16/10650

ten- und Ministergespräche. Allerdings reicht eine
pauschale Berufung auf den Bereich exekutiver Eigenver-
antwortung nicht aus – insbesondere, wenn es sich um ab-
geschlossene Vorgänge handelt.

Unter Hinweis auf den „Kernbereich exekutiver Eigen-
verantwortung“ verweigerten auch das Auswärtige Amt
(Schreiben vom 4. September und 12. November 2007)
sowie das Bundesministerium der Justiz (Schreiben vom
17. Oktober und 8. November 2007) die Herausgabe be-
stimmter Unterlagen. Zu den Schriftstücken, deren Über-
lassung an den Untersuchungsausschuss vom Auswärti-
gen Amt abgelehnt wurde, zählte eine Vorlage an den
damaligen Bundesminister der Verteidigung Rudolf
Scharping aus dem eigenen Hause vom 7. Februar 2002
zum Komplex „Rechtsgrundlagen für den Einsatz deut-
scher Kräfte im Rahmen von Enduring Freedom, hier:
Festnahme-/Beschlagnahmerechte“. Interessant ist in die-
sem Zusammenhang allerdings, dass dieses Dokument
dem Ausschuss bereits vom Bundesministerium der Vertei-
digung vorgelegt worden war (MAT 16 – 14, Anlage 07).

Die Weigerung des Bundeskanzleramtes, dem Untersu-
chungsausschuss angeforderte Akten zur Verfügung zu
stellen, führte schließlich auch zum sogenannten „Vorsit-
zendenverfahren“, wobei zumindest dem Vorsitzenden
(und seinem Stellvertreter) Einsicht in die zurückgehalte-
nen Akten gewährt wurde. Im Ergebnis berichtete der stell-
vertretende Vorsitzende dem Untersuchungsausschuss,
das gesichtete Material sei der Zuständigkeit des sog.
BND-Untersuchungsausschusses zuzuweisen.

3. Aktenvernichtung beim Zentrum für
Nachrichtenwesen der Bundeswehr
(ZNBw)

In den Zeitraum des Untersuchungsausschusses fiel auch
das Bekanntwerden des massiven Verlusts von einschlä-
gigen Daten im Zusammenhang mit Auslandseinsätzen
im Zentrum für Nachrichtenwesen der Bundeswehr
(ZNBw), der die Medien Ende Juni/Anfang Juli 2007
stark beschäftigte. Erste Hinweise auf den Verlust rele-
vanter Daten und Unterlagen im Zusammenhang mit dem
Einsatz in Afghanistan ergaben sich aus den Aussagen ei-
nes Mitarbeiters des ZNBw vor dem Untersuchungsaus-
schuss. Daraufhin forderte der Ausschuss auf Antrag der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit Beweisbe-
schluss 16 – 35 vom 24. Mai 2007 das Verteidigungs-
ministerium auf, sämtliche Meldungen und Berichte im Un-
tersuchungszeitraum aus Kandahar vorzulegen. Auf diese
Aufforderung teilte Staatssekretär Dr. Wichert dem Un-
tersuchungsausschuss mit Schreiben vom 12. Juni 2007
mit, dass diese Dokumente im Rahmen eines größeren
Datenverlusts im Bereich des Amtes für Nachrichtenwe-
sen der Bundeswehr (ANBw) Ende 2004 verloren gegan-
gen seien und auch nicht wieder rekonstruiert werden
könnten. Es ist hier nicht der Ort, diesen Vorgang detail-
liert zu bewerten; es sollte aber dennoch vermerkt wer-
den, dass er ohne den Untersuchungsausschuss und ohne

kannt geworden wäre. Denn dem Verteidigungsausschuss
berichtete das BMVg erstmalig im Juli 2007 nach den
entsprechenden Presseberichten über diesen Vorgang aus
dem Jahre 2004.

4. Beweisanträge des 1. Untersuchungs-
ausschusses

Der 1. Untersuchungsausschuss („BND-Ausschuss“) hatte
sich mit mehreren Beweisbeschlüssen an den Verteidi-
gungsausschuss als Untersuchungsausschuss gewandt und
um Überlassung von Protokollen und Unterlagen gebeten.
Dabei ging es insbesondere um Unterlagen des Bundes-
kanzleramts (Bundesnachrichtendienst) und die Proto-
kolle der Vernehmung eines BND-Mitarbeiters in Kanda-
har. Aus Sicht der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
waren diese Beweisbeschlüsse zulässig und sachdienlich.
Es ging dem 1. Untersuchungsausschuss darum, Unterla-
gen zu erhalten, die seinen Untersuchungsauftrag betref-
fen, vom Bundeskanzleramt dem Ausschuss jedoch nicht
vorgelegt wurden. Dass ein Untersuchungsausschuss des
Bundestages einen anderen Untersuchungsausschuss – un-
ter Beachtung der Geheimschutzvorschriften – um die
Überlassung seiner Protokolle bitten kann, soweit diese
unter seinen Untersuchungsauftrag fallen, ergibt sich
schon aus der Verpflichtung zur vertrauensvollen Zusam-
menarbeit zwischen zwei Untergliederungen desselben
Organs Bundestag. Die Überlassung von Protokollen eines
Untersuchungsausschusses an einen anderen Untersu-
chungsausschuss ist im Übrigen in § 31 PUAG geregelt.

Bedauerlicherweise wurde die Behandlung dieser Beweis-
anträge vom Ausschuss zunächst verzögert und eine vor-
behaltslose Überlassung letztlich von der Koalitions-
mehrheit abgelehnt.

Mit Schreiben vom 14. September 2007 hatte der Vorsit-
zende zunächst den Bundestags-Ausschuss für Wahlprü-
fung, Immunität und Geschäftsordnung um Prüfung des
Beweisbeschlusses des 1. Untersuchungsausschusses ge-
beten. Das – unbefriedigende – Ergebnis dieser Prüfung
wurde dem Ausschuss erst mit Schreiben vom 14. Januar
2008, also genau 4 Monate später, übermittelt. Darin heißt
es, der Geschäftsordnungsausschuss wolle keine formelle
Auslegungsentscheidung treffen, sondern nur eine infor-
melle Empfehlung abgeben.

Hier ist der Eindruck entstanden, dass sowohl die Mehr-
heit im Untersuchungsausschuss als auch im Geschäfts-
ordnungsausschuss auf Zeit gespielt hat und sich um eine
klare Entscheidung drücken wollte.

In der Sache fiel der Beschluss der Mehrheit überaus
halbherzig aus: Während die Herausgabe von Unterlagen,
die dem Ausschuss zur Verfügung gestellt wurden, an den
1. Untersuchungsausschuss insgesamt abgelehnt wurde,
wurde der Überlassung der Vernehmungsprotokolle des
Ausschusses nur „nach Beteiligung der aussagegenehmi-
genden Stelle (Verteidigungsministerium bzw. Bundes-
kanzleramt)“ zugestimmt. Damit überlässt man jedoch
die von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN initiierte Nach-
frage dem Parlament und der Öffentlichkeit wohl nie be-

die Entscheidung über die Herausgabe der Protokolle
letztlich der Bundesregierung.

Drucksache 16/10650 – 168 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

5. Erstellung des Abschlussberichts/
Geheimhaltung

Vertreter aller Fraktionen im Untersuchungsausschuss be-
tonten immer wieder, dass es ihr Interesse sei, einen mög-
lichst offenen, also nicht der Geheimhaltung unterliegen-
den Abschlussbericht zu erstellen. Da ein Großteil der
dem Ausschuss zur Verfügung gestellten Dokumente von
den herausgebenden Stellen als „geheim“ eingestuft
wurde und auch viele Vernehmungen, insbesondere die
der Angehörigen des KSK-Kontingents, vor dem Aus-
schuss ganz oder teilweise als „geheim“ eingestuft wur-
den, hat das Ausschusssekretariat sich bereits im Sommer
2007 ein Verfahren überlegt, um die „Geheim“-Einstu-
fung der Sachaussagen für den Abschlussbericht aufheben
zu können. Zu diesem Zweck – und um zugleich die Iden-
tität der KSK-Soldaten zu schützen – hat das Sekretariat
eine Liste erstellt, in der die Zeugen mit Nummern (Zah-
len) verschlüsselt wurden. Vor diesem Hintergrund bat das
Sekretariat das Verteidigungsministerium und die Staats-
anwaltschaft Tübingen sodann um Mitteilung, ob die Ein-
stufung der überlassenen Unterlagen, soweit sie Angaben
zur Sache enthalten, aufgehoben werden könne, während
die Einstufung der Angaben zur Person aufrechterhalten
bleibe. Sowohl das Verteidigungsministerium wie auch
die Staatsanwaltschaft haben diesem Verfahren ausdrück-
lich schriftlich zugestimmt. Da das BMVg und die Staats-
anwaltschaft Tübingen jeweils die Einstufung der in ihren
Zuständigkeitsbereich fallenden Unterlagen, soweit Aus-
sagen zur Sache betroffen sind, für die Erstellung des Ab-
schlussberichts aufgehoben haben, hätte es insoweit kei-
nes Beschlusses des Untersuchungsausschusses bedurft.
Der Untersuchungsausschuss selbst hätte jedoch über die
Herabstufung der stenografischen Vernehmungsprotokolle
des Ausschusses zu befinden gehabt.

Bedauerlicherweise ist die Koalitionsmehrheit dem nicht
gefolgt. Vielmehr hat man ein aufwändiges Verfahren be-
schlossen (Beschluss 16 zum Verfahren), wonach die Ent-
würfe aller Teile des Abschlussberichts, also auch die Be-
wertungen der Fraktionen, den „herausgebenden Stellen“,
also auch dem Verteidigungsministerium, vorab zur Prü-
fung vorzulegen sind, ob darin enthaltene Zitate aus Un-
terlagen verwendet werden dürfen oder weiterhin der
Geheimhaltung unterliegen sollen. Da für diese Entschei-
dung auch keine Kriterien vorgegeben wurden, hat man
sich unnötigerweise der Gefahr ausgesetzt, dass die Bun-
desregierung, durch das Verteidigungsministerium oder das
Bundeskanzleramt, erheblichen Einfluss auf den Ab-
schlussbericht des parlamentarischen Untersuchungsverfah-
rens nimmt. Die Mehrheit im Ausschuss war nicht einmal
bereit, die Aufhebung der Einstufung der Sachaussagen
in den Vernehmungsprotokollen des Ausschusses ohne
Beteiligung der Bundesregierung zu beschließen. Diesen
ungerechtfertigten (Selbst)-Beschränkungen konnten wir
nicht zustimmen.

6. Amputationen im Abschlussbericht

Mit Schreiben vom 5. Mai 2008 legte das Bundesministe-

vor. Diese betrafen u. a. zentrale Aussagen im Abschluss-
bericht. Danach sollten insbesondere jegliche kritischen
Hinweise auf die Vorgehensweise der US-Amerikaner im
Zusammenhang mit dem Gefangenenlager gestrichen
werden, und das Angebot der US-Amerikaner an die
Deutschen, Murat Kurnaz zu befragen sowie die Über-
gabe eines Datenträgers an die Deutschen vor Ort ver-
schleiert werden. Betroffen von den Streichwünschen des
Ministeriums sind ferner Aussagen über die Unterbe-
schäftigung und Unterforderung des KSK in diesem Ein-
satz, Aussagen und Bewertungen von Zeugen über den
Alkoholmissbrauch in der Führung des deutschen Kontin-
gents vor Ort sowie Hinweise auf Alkohol als Tausch-
ware. Ferner sollten alle Angaben über konkrete Einsätze,
zugewiesene Einsatzräume und Einsatzzeiträume für alle
drei deutschen Kontingente gestrichen werden. Schließ-
lich darf selbst der Name des damaligen Befehlshabers
des US Central Command nicht erwähnt werden.

Die CDU/CSU-Fraktion wollte den Wünschen des Minis-
teriums in allen Punkten durch „Eins-zu-eins-Umset-
zung“ nachkommen, auch wenn dies zu erheblichen Ein-
griffen in den Kernbereich des Abschlussberichts führt.
Die SPD-Fraktion zog aus der – richtigen – Einschätzung,
dass dies zu einer Amputation des Kerns des Berichts
führen würde, den – falschen – Schluss, der Feststellungs-
teil des Berichts müsse als „geheim“ eingestuft werden:
Dann könne man schreiben, was man wolle, aber keiner
dürfe es lesen.

Über den Umgang mit den Eingriffen der Bundesregie-
rung bestand über Wochen keine Einigkeit innerhalb der
Koalition, was zu einer erheblichen Verzögerung bei der
Erstellung des Abschlussberichts geführt hat. Schließlich
setzte sich die CDU-Fraktion durch. Der Abschlussbe-
richt wurde im Sinne des BMVg „geglättet“; vom Minis-
terium monierte Passagen wurden entweder ersatzlos ge-
strichen oder durch BMVg-Formulierungen ersetzt,
jeweils ohne dass dies kenntlich gemacht wurde. Diesem
Verfahren konnten wir nicht zustimmen. Bei dem Fest-
stellungsteil des Abschlussberichts handelt es sich nun-
mehr um einen gemeinsamen Bericht der Koalitionsfrak-
tionen und des BMVg.

Zudem setzte die Koalition – auf „Anregung“ des BMVg –
durch, dass wichtige Zeugen vor dem Untersuchungsaus-
schuss im Abschlussbericht (Feststellungsteil) nur nach
ihrer (damaligen) Funktion bezeichnet, aber nicht na-
mentlich benannt werden. Das betrifft beispielsweise
auch den damaligen Befehlshaber des Einsatzführungs-
kommandos der Bundeswehr und den damaligen Kom-
mandeur des KSK. Ein sachlicher Grund hierfür ist nicht
erkennbar.

III. Zeugenverhalten
Die meisten Zeugen gehörten einer der drei nachfolgenden
Grobkategorien an: Kommandosoldaten und andere Kon-
tingentangehörige in Kandahar, militärische Führungsebe-
nen oberhalb des Kontingents, politisch Verantwortliche.
Hinsichtlich des Erinnerungsvermögens und der Auskunfts-
rium der Verteidigung eine umfangreiche 8-seitige Auf-
listung mit Änderungswünschen in immerhin 37 Punkten

freudigkeit einzelner Zeugen gab es erhebliche Schwan-
kungen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169 – Drucksache 16/10650

Die Aussagefähigkeit und -bereitschaft der Zeugen wurde
durch mehrere Faktoren beeinflusst: Die absolute Ge-
heimhaltung der Operationen und der äußerst kleine Kreis
der Eingeweihten oberhalb des Kontingents; den Grund-
satz „nur wissen, was nötig“; die besondere Bedeutung
des inneren Zusammenhaltes und Abschottung nach au-
ßen bei Spezialtruppen. Nach übereinstimmender Ein-
schätzung aller befragten Kontingentangehörigen hatten
sowohl der Bewachungsauftrag wie auch die Tatsache,
dass im US-Gefangenenlager eine deutschsprachige Per-
son festgehalten wurde, in Anbetracht des militärischen
Auftrages und der Einsatzrealität nur einen geringen Auf-
merksamkeitswert.

Auf der anderen Seite hatte auch für Murat Kurnaz die
Begegnung mit Bundeswehrsoldaten in Kandahar im Ver-
gleich zu seinem jahrelangen Martyrium in Guantánamo
einen geringeren Erinnerungswert. Erstmalig berichtete
er davon in seinem Interview mit dem stern-Reporter Uli
Rauss.

Für die Kommandosoldaten war die Befragung durch den
Untersuchungsausschuss schon die dritte Aussage in die-
ser Sache – nach der internen Untersuchung des Ministe-
riums und der Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft
Tübingen. Zumindest diejenigen Soldaten, die weiterhin
beim KSK in Calw stationiert sind, hatten zwischenzeit-
lich ausgiebige Möglichkeiten zu Gesprächen über den
Untersuchungsgegenstand und des Austauschs unterei-
nander auch im Rahmen des täglichen Dienstbetriebs, ohne
dass dies besonderer Anstrengungen bedurfte. Im Übri-
gen zählt Verhalten in Befragungssituationen zu den Be-
reichen, in denen sie im Rahmen ihrer militärischen Son-
derausbildung ein besonderes Training durchlaufen
haben. All dies dürfte im Einzelfall dazu beigetragen ha-
ben, dass bei einer ganzen Reihe von Zeugen aus dem Be-
reich des KSK der Eindruck einer zumindest teilweise
abgestimmten Aussage entstand. So durfte es kaum ver-
wundern, dass kein Einziger dieser Zeugen einen irgend-
wie gearteten körperlichen Kontakt oder gar Übergriff
seitens einzelner Kameraden auf Murat Kurnaz beobach-
tet haben will. Die Staatsanwaltschaft Tübingen geht un-
seres Erachtens zu recht davon aus, dass derartige Aussa-
gen „kritisch zu würdigen“ seien. Auch zeichneten sich
einzelne Aussagen durch erhebliche Erinnerungslücken
hinsichtlich entscheidender Fragen aus, beispielsweise
nach dem Urheber des Ausspruchs „Du bist wohl auf die
falsche Seite geraten“. Auch hier geht die Staatsanwalt-
schaft – zutreffend – davon aus, diese Darstellung er-
scheine „wenig glaubwürdig“.

Auffallend war insbesondere das Verhalten des Komman-
dosoldaten vor dem Untersuchungsausschuss, der im
staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren als Haupt-
beschuldigter genannt wurde. Während beide beschuldig-
ten Soldaten bei ihrer Aussage vor dem Untersuchungs-
ausschuss anwaltlich vertreten waren und sich weitgehend
auf ihr Auskunftsverweigerungsrecht beriefen, gab der
Hauptbeschuldigte zu Beginn seiner persönlichen Verneh-
mung vor dem Ausschuss eine Erklärung ab, in der er das

Zugleich gab es unter den (ehemaligen) Angehörigen des
KSK einige, die sich durch kritische Beobachtungsgabe
auszeichneten und sich auch nicht scheuten, dem Unter-
suchungsausschuss von ihren Wahrnehmungen und Ein-
schätzungen zu berichten. Kritisch bewertet wurden u. a.
der als unangemessen angesehene Alkoholkonsum inner-
halb des deutschen Kontingents, insbesondere auf Füh-
rungsebene, die Behandlung der Gefangenen durch US-
amerikanische Militärangehörige, die „Unterbeschäfti-
gung“ des deutschen Kontingents und die Tatsache, dass
dem KSK nur niedrigwertige Aufgaben zugewiesen wur-
den, sowie letztlich die Tatsache, dass diejenigen mit ei-
ner kritischen Herangehensweise von den Kameraden
und Vorgesetzten an den Rand gedrängt wurden.

Auf der Ebene der militärischen Führung fiel auf, dass
zwar umfangreich und engmaschig nach oben berichtet
wurde, aber nicht deutlich wurde, wo und auf welcher
Hierarchieebene Berichte wahrgenommen wurden, und
gegebenenfalls ob und welche Reaktionen diese ausgelöst
haben.

Noch auffälliger war dies jedoch bei den politisch Verant-
wortlichen. Ihr Aussageverhalten war zum Teil durch
weitschweifende und allgemeine Bemerkungen einerseits
und Erinnerungslücken hinsichtlich konkreter Sachver-
halte andererseits gekennzeichnet. Dies gilt insbesondere
auch für den im fraglichen Zeitraum Anfang 2002 verant-
wortlichen Bundesminister Rudolf Scharping sowie seine
beiden beamteten Staatssekretäre Biederbick und
Dr. Stützle.

Beispiel: Zu der Meldung des BMVg, Washington an StS
Dr. Stützle vom 4. Januar 2002, wonach sich im US-Ge-
wahrsam in Kandahar ein Deutscher befände, erklärte
Staatssekretär Dr. Stützle dem Untersuchungsausschuss,
es sei ihm bis zum heutigen Tage nicht klar, ob dieses
Fernschreiben von ihm gelesen worden sei (Stenografi-
sches Protokoll, Nr. 13, Teil III, S. 10).

Der 2003 von Verteidigungsminister Dr. Struck aus der
Bundeswehr entlassene ehemalige KSK-Kommandeur
General a. D. Reinhard Günzel gab hilfreiche Einblicke in
die Aufgabenstellung, Funktionsweise, Mentalitäten und
Führungsanforderungen eines Spezialverbandes.

Den Zeugen aus dem militärischen Bereich wurde zur
Vorbereitung auf ihre Aussage vor dem Untersuchungs-
ausschuss ein Gespräch im Bundesministerium der Vertei-
digung angeboten. Dieses Angebot wurde insbesondere
von einer Reihe von Kommandosoldaten angenommen,
die teilweise gemeinsam von ihrem Stationierungsort
Calw nach Bonn zum Ministerium angereist sind und sich
während der Reise über den Sachverhalt unterhalten ha-
ben. Bedauerlicherweise sah das Verteidigungsministe-
rium nicht die Notwendigkeit, den Untersuchungsaus-
schuss von diesen vorbereitenden Gesprächen in Kenntnis
zu setzen. Erst nachdem dies im Rahmen von Aussagen
bekannt wurde und auf entsprechende Nachfragen aus
Verfahren insgesamt kritisierte und den Untersuchungs-
ausschuss angriff.

dem Ausschuss, wurde der Sachverhalt seitens des Minis-
teriums eingeräumt.

Drucksache 16/10650 – 170 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

IV. Das KSK-Kontingent in Kandahar
1. Lebens- und Einsatzbedingungen
Das Kontingent verlegte in den ersten Januar-Tagen 2002
nach Kandahar Airfield und richtete sich notdürftig auf
einem kleinen ihm von den US-Streitkräften zugewiese-
nen Areal in der Nähe des Flugfeldes ein. Nach Aussagen
eines Kontingentangehörigen sei Kandahar Airfield im
Dezember ein großes Minenfeld gewesen, wo es täglich
Tote und Verwundete gegeben habe. Im Januar wurde das
Camp immer mal wieder aus der Umgebung beschossen.

Die Lebensbedingungen für die beteiligten Soldaten waren
Anfang 2002 äußerst schwierig. Die Unterbringung er-
folgte zumeist in kleinen einfachen Zelten. Schwierige hy-
gienische Bedingungen und extreme Temperaturschwan-
kungen (heiße staubige Tage, frostige Nächte) führten zu
einem rasanten Anstieg der Krankmeldungen.

Mangels eigener Lufttransportkapazität war man hin-
sichtlich der Zuführung von Gerätschaften, Verpflegung,
etc. auf Absprachen mit und den good will der US-Streit-
kräfte angewiesen, deren eigene Versorgung Vorrang
hatte. Immer wieder machte es Schwierigkeiten, in
Ramstein Versorgungspaletten auf die US-Transporter zu
bekommen. Dies führte zu einer Rationierung sogar von
Trinkwasser (1 bis 1 ½ Liter pro Person pro Tag) und zu
Engpässen bei der Essensversorgung, die sich auf ameri-
kanische Fertigmahlzeiten beschränkte.

Die fast vollständige Abhängigkeit des Kontingents von
den US-Amerikanern (Versorgung, Transport, Luftunter-
stützung, Funkfrequenzen) brachte das Kontingent zudem
in die Rolle eines „Bittstellers“. Es fühlte sich daher nach
eigener Einschätzung nicht in der Lage, die Bitte um
„Wachunterstützung“ abzulehnen.

Während z. B. das dänische Kontingent von Anfang an
dank eigenen Lufttransports ausreichend versorgt wurde,
nahm die deutsche Luftwaffe erst am 18. Februar 2002
die Versorgung der Bundeswehrsoldaten auf.

2. Unterstellung und Kontrolle
Das deutsche Kontingent war der US-geführten „Combi-
ned Joint Special Operation Task Force-South“
(CJSOTF-S) zugeordnet, zu der neben US-Spezialkräften
(anfangs Delta Force) auch Spezialkräfte aus Australien,
Dänemark, Großbritannien, Kanada, Norwegen und der
Türkei – allerdings mit geringerer Kopfstärke – gehörten.
Die Auftragsvergabe erfolgte nach dem Prinzip der Frei-
willigkeit.

Während bei allen anderen Kontingenten der jeweilige
Kommandeur eigenständig über die Annahme von Auf-
trägen entschied, geschah dies beim deutschen Kontingent
in engster Anbindung an das Einsatzführungskommando:
Dort wurde über die Annahme eines Auftrages und über
den Operationsplan entschieden, dort wurden die „Go-/
No-go-Kriterien“ (z. B. Aufklärungsbild, ausreichende sa-
nitätsdienstliche Versorgung, Risikolage) geprüft. Die na-
tionale Führungsverantwortung bezog sich vor allem auf

(operational control) lag beim CJSOTF-Hauptquartier.
Die Planung und Durchführung erfolgte durch das Kon-
tingent. Bei laufenden Einsätzen war das Einsatzfüh-
rungskommando (Befehlshaber) über Videokonferenz in
Echtzeit „dabei“.

Zu dieser engen nationalen Kontrolle war die militärische
Führung der Bundeswehr von der politischen Führung
verpflichtet worden. In der Protokollnotiz über die Erklä-
rung des Bundesaußenministers im Auswärtigen Aus-
schuss am 14. November 2001 heißt es: „Zu Ziffer 8 des
Antrags versichert die Bundesregierung, dass der Einsatz
deutscher bewaffneter Streitkräfte (…) unter deutschem
Kommando stattfinden wird. Die letztendliche Entschei-
dung über den konkreten Einsatz der deutschen bewaffne-
ten Streitkräfte liegt ausschließlich bei der Bundesregie-
rung.“ (Bundestagsdrucksache 14/7447, S. 4).

Nach Aussage des stellvertretenden Kontingentführers im
Ausschuss soll Deutschland bei der Auftragsübernahme
eine „sehr positive Gelassenheit“ entwickelt und auch
mal Nein gesagt haben (Stenografisches Protokoll Nr. 14,
Teil III, S. 35).

3. Aufträge und Einsätze

Am 10. Januar 2002 meldete der Kontingentführer die
Einsatzbereitschaft der deutschen Spezialkräfte, wobei
weniger als die Hälfte des 100-Mann-Kontingents die ei-
gentlichen Einsatzkräfte waren. Ihr Auftrag umfasste
Special Reconnaissance (Spezialaufklärung) von verdäch-
tigen Objekten und Räumen über längere Zeiträume sowie
Direct Action (Zugriffs- bzw. Angriffsoperationen gegen
verdächtige Objekte und Personen) von kürzerer Dauer.
Solche Einsätze gehen immer mit zeitintensiven und mi-
nutiösen Vor- und Nachbereitungsphasen einher. Das Ein-
satzgebiet des 1. Kontingents lag in mehr als 400 km Ent-
fernung in Ost-Afghanistan. Die Einsätze erfolgten immer
mit US-Hubschraubern sowie einem Special Operation
Terminal Air Controller, über den Luftnahunterstützung
möglich war. Ein Teil der Einsätze erfolgte zusammen mit
US-Spezialkräften.

Von den insgesamt elf geplanten Einsätzen des 1. Kontin-
gents wurden fünf durchgeführt: Viermal war es die untere
Stufe von Direct Action (Durchsuchungen von mutmaßli-
chen Verstecken, Waffenlagern: „Sensitive Sites Exploita-
tions“), einmal Spezialaufklärung (Beobachtung der Ab-
flusswege bei der Operation „Anaconda“). Bei keinem
dieser fünf Einsätze kam es zu Widerstand, zu Schuss-
wechseln, Luftbodeneinsätzen, Gefangennahmen oder
Beiträgen zu Inhaftierungen. Das kann auch der Überra-
schung, Schnelligkeit und Präzision der Einsätze geschul-
det sein. In der Zeit des 1. Kontingents soll es im Rahmen
der CJSOTF insgesamt überhaupt nur einen Kampfeinsatz
gegeben haben.

Das 2. Kontingent bekam einen festen Einsatzraum im
afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet zugewiesen.
Seine insgesamt fünf Spezialaufklärungseinsätze wurden
alle ohne Vorkommnisse abgeschlossen. Das 3. Kontin-
die Überprüfung mandats- und fürsorgerechtlicher Zuläs-
sigkeit. Die taktisch-operative Führungsverantwortung

gent verlegte seine Forward Operation Base nach Bagram
nördlich Kabul und erhielt auf eigene Initiative einen ei-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171 – Drucksache 16/10650

genen Verantwortungsbereich. Mit je zwei Einsätzen zur
Spezialaufklärung und zur Erkundung und Raumaufklä-
rung verlagerte sich der Auftrag weg von OEF hin zu
Vorfeldabsicherung für das ISAF-Kontingent in Kabul.

Während im CJSOTF zur Zeit des 1. Kontingents eine
hohe Auftragsdichte geherrscht haben soll, wurde die
„Auftragslage“ von vielen deutschen Soldaten vor Ort
bald als unbefriedigend bewertet – sowohl hinsichtlich
der Zahl als auch der Art der konkreten Einsätze. Es ent-
stand der Eindruck, die deutschen Einsatzkräfte würden
von Seiten der „Lead Nation“ USA regelmäßig nur mit
niedrigwertigen Aufgaben und zweitrangigen Zielen be-
dacht.

Im Unterschied zu allen anderen Spezialkräften – auch
den vergleichbaren US-Kräften – standen nur die deut-
schen Spezialkräfte über längere Zeit in Afghanistan.
Charakteristikum von Spezialkräften ist „schnell rein –
schnell raus“. Nach dem 1. Kontingent war der KSK-Ein-
satz in Afghanistan atypisch. Die dann vorherrschenden
Spezialaufklärungseinsätze hätten nach Einschätzung mi-
litärischer Führer auch von spezialisierten Kräften geleis-
tet werden können.

Letztlich führte dies zu folgender Einschätzung durch den
damaligen KSK-Kommandeur, Brigadegeneral Reinhard
Günzel:

„Darüber hinaus wird es zunehmend schwieriger, den
Soldaten sinnhaft zu vermitteln, weshalb sie über Monate
hinweg unter noch durchweg nicht einfachen Bedingun-
gen im Einsatzland bereitgehalten werden sollen, ohne
absehbar in einem adäquaten Auftrag wirklich gefordert
zu werden.“ (Schreiben Kommandeur Kommando Spe-
zialkräfte an Einsatzführungskommando der Bundeswehr
vom 02.10.2002)

Vor dem Untersuchungsausschuss ergänzte General a. D.
Günzel seine Aussage wie folgt:

„Es war natürlich eher ein politischer Zweck, der uns
über diese lange Zeit in Afghanistan gehalten hat, als ein
militärischer Zweck.“ (Stenografisches Protokoll, Nr. 11,
Teil III, S. 6)

Der damalige Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald
Kujat, erläuterte dem Untersuchungsausschuss, es sei da-
rum gegangen, „politische Solidarität gegenüber den Ame-
rikanern zum Ausdruck zu bringen, ohne dass wir dort in
Einsätze verwickelt werden, die wir nicht wollen.“ (Steno-
grafisches Protokoll, Nr. 18, Teil II, S. 8).

4. Spannungen innerhalb des Kontingents

Den Kern des Kontingents bildeten die Spezialkräfte aus
der Fernspähkompanie und der 3. Kommandokompanie.
Eine traditionelle Kluft bestand zwischen den hoch spezia-
lisierten Einsatzkräften, die besonders schwierig zu füh-
ren sein sollen, und den Unterstützungskräften. Hinzu

Zeugen berichteten von erheblichen Spannungen inner-
halb des Kontingents. Aus der Sicht des ZNBw stellte
sich die Situation wie folgt dar:

„Die Arbeit beim KSK kann man nur als ‚ungeplantes
Chaos‘ bezeichnen. Dies lag zum großen Teil an den Offi-
zieren dort, die nicht mit uns zusammenarbeiten wollten.
(…) Die Rolle des Stellvertretenden Kontingentsführers
habe ich nie richtig durchblickt. Es gab sowieso sehr viel
Geklüngel im Stab …“ (…) „Das KSK konnte mit unse-
rer Zelle nicht so recht etwas anfangen.“ (Zeuge Nr. 2,
BMVg-Anhörung, MAT 16 – 14, Anlage 03)

„Das Kontingent hatte Probleme, unsere Zelle zu akzep-
tieren, da wir zumindest in der Anfangszeit nichts produ-
ziert haben. (…)“ (Zeuge Nr. 16, BMVg-Anhörung,
MAT 16 – 14, Anlage 03)

Aber auch die Zusammenarbeit zwischen den verschiede-
nen deutschen Nachrichtendiensten vor Ort verlief nicht
reibungslos.

„Zwischen dem ZNBw und dem BND gab es häufig Ab-
stimmungsprobleme.“ (Zeuge Nr. 11, BMVg-Anhörung,
MAT 16 – 14, Anlage 03)

Einige Soldaten fanden deutliche Worte zur Beschreibung
der Situation innerhalb des Kontingents. So heißt es bei-
spielsweise im Einsatztagebuch unter dem 13. Januar
2002:

„Stimmung im Lager sehr gespannt.“ (Zeuge Nr. 16, MAT
16 – 14, Anlage 09)

„Die Situation in Kandahar war insgesamt sehr unerfreu-
lich. Es gab zwei Gruppen: eine Gruppe um den Kompa-
niechef (Name) und eine Gruppe, die sich von diesem
ferngehalten hat.“

[Anmerkung: Der Rest des Absatzes in der schriftlichen
Aussage ist von der Bundesregierung geschwärzt und
wurde dem Untersuchungsausschuss vorenthalten.]

„Noch nie in meinen bis dahin 11 Dienstjahren habe ich
solche Zustände bei der Bundeswehr gesehen, wie in die-
ser Truppe.“ (…) „Differenzen gab es auf allen Ebenen;
die Führung hat auf allen Ebenen versagt.“ (Zeuge Nr. 18,
BMVg-Anhörung, MAT 16 – 14, Anlage 03)

5. Alkoholkonsum
Die Frage des Alkoholkonsums spielte im 1. Kontingent
in Kandahar eine erhebliche Rolle. Viele, wenn auch
nicht alle Soldaten, berichteten, dass in erheblichem
Maße Alkohol getrunken wurde; einige nannten dies „ex-
zessiv“. Ein Teil der Soldaten sah den hohen Alkoholkon-
sum, insbesondere bei bestimmten militärischen Führern,
überaus kritisch.
* (…)

* Das an dieser Stelle vorgesehene Zitat der Aussage eines Angehöri-

kam eine Kluft zu den beigeordneten Nachrichtendienst-
lern.

gen des Kontingents über Alkoholkonsum in der Führung des deut-
schen Kontingents wurde vom BMVg nicht freigegeben.

Drucksache 16/10650 – 172 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Andere betonten demgegenüber, dass wohl nach Einsät-
zen gefeiert worden, die Einsatzbereitschaft aber nie be-
einträchtigt gewesen sei.

Bemerkenswert ist, dass der übermäßige Alkoholkonsum
zumindest Einzelner als Ausdruck eines schon in der Hei-
mat vorhandenen und bekannten Alkoholproblems gese-
hen werden muss. Nachdem dann auch aus Kandahar ent-
sprechende Hinweise bei der militärischen Führung in
Deutschland eingingen, ist es nicht nachvollziehbar, dass
eine in diesem Zusammenhang immer wieder erwähnte
Führungsperson des 1. Kontingents erneut in einem spä-
teren Kontingent eingesetzt wurde.

Sobald dies technisch möglich war, wurde Alkohol in er-
heblichem Umfang aus Deutschland eingeflogen. Bereits
auf dem ersten Versorgungsflug soll sich eine Palette Bier
befunden haben (Zeuge Nr. 20). Ein weiterer Kommando-
feldwebel (Zeuge Nr. 28) erläuterte, er habe im Zuge sei-
ner Verlegung nach Kandahar zwei Paletten Bier mitge-
nommen, um diese zur Sicherung des Grundbedarfs der
deutschen Spezialkräfte eintauschen zu können. Der
Alkoholhandel war schwungvoll und Bier eine Tausch-
währung im Umgang mit Spezialkräften anderer Koali-
tionspartner: Bier gegen Informationen oder Ausrüs-
tungsgegenstände.

Zum Gesamtbild des Alkoholkonsums passt folgende
Anekdote: Ein Zeuge berichtete dem Untersuchungsaus-
schuss von einem Vorfall, bei dem ein US-amerikanischer
Soldat von einer Bierflasche am Nasenbein getroffen
wurde, die aus dem Lagerbereich der US-Navy-Seals ge-
worfen wurde. Dies sei die schwerwiegendste Verletzung
gewesen, die er während seines Einsatzes im 1. Kontin-
gent ärztlich zu betreuen gehabt habe.

6. Verhalten von US-Kräften im Einsatz

Einzelne Zeugen äußerten sich ausgesprochen kritisch
zum Einsatzverhalten der US-Streitkräfte. Ein Komman-
dosoldat stellte sich angesichts des Verhaltens von US-
Soldaten gegenüber der ortsansässigen Bevölkerung die
Frage, ob man das Volk gewinnen oder das Land besetzen
wolle. Das habe sich z. B. beim Auftreten gegenüber
Frauen oder bei der Durchsuchung von Kisten gezeigt, in
denen eine afghanische Familie ihre ganze Habe aufbe-
wahre. Man habe sich manchmal „wie die Axt im Walde“
aufgeführt (Zeuge Nr. 14, Stenografisches Protokoll Nr. 9,
Teil III, S. 17/18 ).

General a. D. Günzel bemerkte zu den OEF-Operationen
„Mountain Sweep“ und „Anaconda“:

„Sie haben sich nach Kräften bemüht, auch das Vertrauen
der noch letzten gutwilligen Afghanen zu verscherzen,
weil sie die Hütten aufgebrochen haben, das Vieh und die
letzten Ziegen weggetrieben haben. Bei diesen Operatio-
nen bleibt oft – vielleicht gar nicht böswillig, aber so, wie
eine amerikanische Walze durchs Land geht – eine ganze
Menge Flurschaden zurück. (…) Es waren nicht unbe-
dingt Verstöße gegen das Kriegsvölkerrecht; aber es war

V. Das Gefangenenlager
1. Gefangenenbewachung – Mandat
Auf Bitte der US-Amerikaner waren KSK-Soldaten An-
fang Januar 2002 zumindest an einem Tag und einer
Nacht als Wachverstärkung des US-Gefangenenlagers
eingesetzt worden. Dabei mussten sie in dem Gefange-
nenlager, meist in Zweiergruppen, bewaffnet Streife ge-
hen bzw. bei der Eskortierung neu eingetroffener Gefan-
gener in den Aufnahmebereich des Gefangenenlagers
mitwirken.

Es ist fraglich, ob dieser konkrete Auftrag von dem Man-
dat gedeckt war, das vom Deutschen Bundestag für den
Einsatz der Sondereinsatzkräfte erteilt wurde. Dieses sieht
vor (vgl. Antrag der Bundesregierung, Bundestagsdruck-
sache 14/7296 vom 7. November 2001), dass sich die
Bundeswehr an der Operation ENDURING FREEDOM
mit dem Ziel beteiligt, „Führungs- und Ausbildungsein-
richtungen von Terroristen auszuschalten, Terroristen zu
bekämpfen, gefangen zu nehmen und vor Gericht zu stel-
len sowie Dritte dauerhaft von der Unterstützung terroris-
tischer Aktivitäten abzuhalten.“ Der Beschluss des Bun-
destages hätte sicherlich eine eigene Gefangennahme
durch deutsche Streitkräfte erlaubt; ob dies jedoch auch
für die Bewachung von Personen gilt, die durch andere
Staaten festgehalten wurden, ist fraglich – zumal die deut-
sche Seite in dieser Konstellation keinen Einfluss auf die
Behandlung und das weitere Schicksal der festgehaltenen
Personen hatte.

Das war den militärisch verantwortlichen Einsatzführern
vor Ort und im Einsatzführungskommando in Potsdam
wohl auch bewusst. Auf eine entsprechende Frage ant-
wortete der damalige Kontingentführer im Ausschuss:

„Die Bewachungsaufgabe, Frau Abgeordnete, steht natür-
lich in keinster Weise im Zusammenhang mit dem Man-
dat.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 6)

Und der Zeuge Nr. 9, der den Einsatz seitens des Einsatz-
führungskommandos engmaschig betreute, antwortete
auf die Frage, ob er anlässlich eines Besuchs in Kandahar
auch im Gefangenenlager war:

„Nein. Wir waren nicht in diesem Gefangenenlager, weil
das nicht Teil unseres Auftrags war. Wir hatten mit die-
sem Gefangenenlager nichts zu tun.“ (…) Auf Nachfrage:
„Sie sagen, es hat nicht zum Auftrag der Bundeswehr ge-
hört, sich um dieses Gefangenenlager zu kümmern?“
„Nein“ (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 14)

2. Gefangenenbewachung – Auftragsvergabe
Bei dieser Sachlage verwundert es dann auch nicht, wenn
sich die militärischen Führer vor Ort in Kandahar und im
Einsatzführungskommando in Potsdam in ihren Aussagen
darüber, wer den „Bewachungsauftrag“ erteilt hat, heftig
widersprechen.

Das mag zunächst auch mit begrifflichen Unklarheiten
sowohl hinsichtlich des „Lagers“ als auch in Bezug auf
zumindest eine sehr unkluge Vorgehensweise.“ (Steno-
grafisches Protokoll Nr. 11., Teil III, S. 18)

die Aufgabe der „Bewachung“ zu tun haben. Denn unter
Lager kann man auch das Militärlager, also den größeren

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 173 – Drucksache 16/10650

Gesamtkomplex, verstehen und nicht das eigentliche Ge-
fangenenlager, das ein Teil des Gesamtkomplexes war.
Und ein Wachauftrag kann sich sowohl auf die Bewa-
chung des militärischen Komplexes gegen Angriffe von
außen als auch auf die Bewachung der Gefangenen inner-
halb des Gefangenenlagers beziehen.

Zu der Frage, wer in der militärischen Führung den Auf-
trag zur Bewachung des Gefangenenlagers gab oder ihn
gebilligt hat, machten die Verantwortlichen in Kandahar
und beim Einsatzführungskommando in Potsdam sich wi-
dersprechende Angaben. Zur Verdeutlichung hier die un-
terschiedlichen Aussagen des Leiters der Abteilung „Spe-
zielle Operationen“ im Einsatzführungskommando und
des Kontingentführers in Kandahar: Auf die Frage, wann
das Einsatzführungskommando die Anfrage auf Unter-
stützung für die Bewachung des Lagers bekommen habe,
antwortete der Leiter der Abteilung „Spezielle Operatio-
nen“:

„Wir haben keine Anfrage erhalten. Es hat eine solche An-
frage auch nicht gegeben, weil das im Endeffekt kein inte-
graler Bestandteil des Auftrags des Kontingents gewesen
ist. (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 14)

Auf die Frage, ob dem Einsatzführungskommando durch
den Kontingentführer vor Ort nicht Mitteilung darüber
gemacht worden sei, dass deutsche KSK-Angehörige Be-
wachungsaufgaben explizit hinsichtlich des Gefangenen-
lagers übernommen hätten, antwortete der Zeuge: „Nein.“

Im Gegensatz dazu stehen die Angaben des Kontingent-
führers:

„Ich habe die Anordnung für die Bewachung nicht gege-
ben. Ich habe einen Request der Amerikaner bekommen,
ob ich Soldaten abstellen kann zur Bewachung des La-
gers. Ich habe diesen Request zur Genehmigung weiter-
gegeben ans Einsatzführungskommando.“ (Stenografi-
sches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 20)

Auf die weitere Frage, bei wem er die Genehmigung des
Einsatzführungskommandos für die Übernahme dieser
Wachaufgabe eingeholt habe und mit wem er gesprochen
habe, antwortete der Kontingentführer:

„Ich meine, mit dem Leiter der Abteilung ‚Spezielle Ope-
rationen‘.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III,
S. 25).

Auch die Aussagen von Generalleutnant a. D. Friedrich
Riechmann, damals Chef des Einsatzführungskomman-
dos, vor dem Ausschuss konnten keine weitere Klarheit
in dieser Frage bringen. Selbstverständlich hat General
a. D. Riechmann die politische Verantwortung für den
„Wachauftrag“ übernommen, aber was genau er angeord-
net oder gebilligt hat, blieb unklar.

Auffallend ist in jedem Fall, dass es bei den meisten Be-
teiligten kein Bewusstsein für die Problematik der Bewa-
chungsaufgabe gab. Wo es ein solches Problembewusst-
sein gab, überwog doch das Gefühl, man dürfe die
Amerikaner nicht im Stich lassen und müsse sie von Ka-

durch die Anforderung einer soldatischen Basisfertigkeit
unterfordert fühlen konnten. Umso mehr hätten die mili-
tärischen Führer der verschiedenen Ebenen die Problema-
tik erkennen müssen.

3. Das Gefangenenlager zwischen Neugier
und Ausblenden

Fast durchgängig und unabhängig vom Dienstgrad ver-
mittelten die Soldaten vor dem Ausschuss den Eindruck,
sie hätten vom Gefangenenlager nichts wissen, nichts se-
hen und nichts hören wollen.

Dennoch muss das Lager für etliche Soldaten vor Ort eine
gewisse Faszination gehabt haben, die dazu führte, dass ei-
nige – nicht alle – das Angebot der US-Amerikaner wahr-
genommen haben, im Rahmen von „Führungen“ Einblick
in das Lager zu erhalten.

Auch der damalige Kommandeur des Kommandos Spe-
zialkräfte, Brigadegeneral Reinhard Günzel, hat im Rahmen
eines Truppenbesuchs in Kandahar das Gefangenenlager
besichtigt. Anders der damalige Chef des Einsatzfüh-
rungskommandos, General a. D. Riechmann, der eine ihm
angebotene Besichtigung des Lagers ablehnte.

So wenig die deutschen Soldaten vor Ort in Kandahar mit
dem Gefangenenlager zu tun haben wollten, so ist doch
interessant, dass der Kontingentführer in seinen täglichen
Meldungen die jeweilige Zahl der Gefangenen genau be-
zifferte.

4. Übergriffe durch US-amerikanische
Kräfte?

Murat Kurnaz hat in seinem Buch „Fünf Jahre meines Le-
bens“ aus der Zeit seiner Gefangenschaft in Kandahar
über anhaltenden Schlafentzug, Schläge bei Befragungen
und systematische Folter, u. a. durch Elektroschocks und
das stundenlange Aufhängen an Ketten berichtet. Insbe-
sondere letztere Foltermethode hat Herr Kurnaz auch als
Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss eindringlich ge-
schildert:

„(…) Es waren zwischen vier und fünf Tage, die ich an
Ketten hängen musste. Aber es ist nicht so, dass man
24 Stunden hängt. Da würde man sterben. Ich wurde min-
destens dreimal am Tag runtergenommen. Zum Beispiel
dann, bevor der Befrager gekommen ist, haben sie mich
runtergenommen. (…) Aber auch bevor der Arzt gekom-
men ist, wurde ich runtergenommen. (…)“ Und weiter:

„Ich bin öfter in Ohnmacht gewesen während des Fol-
terns. Also, es ist schwer zu beurteilen, ob man geschla-
gen ist, in Ohnmacht gewesen ist, wenn man so müde ist
und wegen der ganzen Folter, Hunger und der Kälte.“
(Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 51 f.)

Die vom Untersuchungsausschuss befragten KSK-Solda-
ten gaben übereinstimmend an, von diesen Folterprakti-
ken nichts gewusst und nichts gehört zu haben. Jeder Ein-
zelne verneinte, während seiner Zeit in Kandahar
merad zu Kamerad unterstützen. Das ist auf der Ebene
der Kommandosoldaten nachvollziehbar, die sich eher

Derartiges beobachtet oder auch nur Schreie gequälter
Gefangener gehört zu haben. Dies muss auf den ersten

Drucksache 16/10650 – 174 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Blick überraschen. Die Richtigkeit dieser Aussagen un-
terstellt, könnte eine mögliche Erklärung darin zu suchen
sein, dass das Lager – insbesondere auch während der
Nachtzeit – von einem hohen Geräuschpegel umgeben
war, u. a. durch den ständigen Einsatz von Generatoren
zur Stromerzeugung sowie startende und landende Flug-
zeuge.

Die Behandlung der Gefangenen durch US-amerikani-
sche Kräfte stand nicht im Mittelpunkt der Untersuchun-
gen. Soweit KSK-Soldaten dazu befragt wurden, ob die
US-Amerikaner mit den Gefangenen, soweit dies be-
obachtet werden konnte, menschlich und nach den Re-
geln des Völkerrechts umgegangen sind, fielen die Ant-
worten unterschiedlich aus. Beispielhaft für eine kritische
Bewertung steht die Aussage des Zeugen Nr. 18:

„Die Behandlung der Gefangenen durch die Amerikaner
war insgesamt nicht so wie man sich es unter rechtsstaat-
lichen Gesichtspunkten vorstellt.“ (BMVg-Anhörung,
MAT 14 – 16, Anlage 03)

Eine ganze Reihe von Soldaten, die im Rahmen des
Wachauftrages an der Eskortierung neu eingetroffener
Gefangener in das Lager beteiligt waren, waren mit den
Methoden der US-amerikanischen Kräfte nicht einver-
standen.

Kurnaz selber schildert seine Ankunft in Kandahar so:

„Ich erwachte, als mich jemand ins Gesicht schlug. (…)
Man zog mich hoch, und ich versuchte zu gehen. Der Sol-
dat rammte seine Faust in meinen Rücken, ich lief, bis
mich jemand aufhielt und mir den Sack vom Kopf nahm.
Ich war in einem Zelt.“ (Buch „Fünf Jahre meines Le-
bens“, Murat Kurnaz, S. 37)

Ein Soldat hat das Vorgehen der US-Amerikaner in die-
sem Zusammenhang als „robust“ bezeichnet; ein anderer
schildert, wie die US-Amerikaner einen an Händen und
Füßen gefesselten Gefangenen, dem ein Sack über den
Kopf gezogen war, bewusst gegen eine Mauer laufen lie-
ßen. Einigkeit herrschte bei den Zeugen, dass deutsche
Soldaten sich anders verhalten hätten.

Bemerkenswert ist jedoch die Aussage eines der briti-
schen Mitgefangenen von Kurnaz, dass es gerade ein
deutscher Soldat war, der während der Wachnacht mit der
Laserzieleinrichtung seines Gewehres jeden einzelnen
Gefangenen anvisiert hat.

Zeuge Asif Iqbal:

„Wir wurden jede Nacht geweckt und sie haben uns
durchgezählt. Und da war eine Nacht, in der sie es immer
wieder gemacht haben, alle 10, 15 Minuten haben sie
,Durchzählen‘ gerufen, und wir mussten alle nach vorne
kommen und uns aufstellen, und da habe ich den deut-
schen Soldaten gesehen, sein Gewehr war anders als die
amerikanischen Gewehre. Und er hatte eine … Laser-
leuchte und er hat immer wieder mit seinem Gewehr auf

VI. Misshandlungen?
Aus verschiedenen Gründen ist es dem Untersuchungs-
ausschuss nicht gelungen, abschließend zu klären, ob die
von Murat Kurnaz erhobenen Vorwürfe gegen Angehö-
rige des KSK insgesamt zutreffend sind. Letztlich stan-
den Aussagen gegen Aussagen. Vieles spricht jedoch da-
für, dass sich der Vorfall so abgespielt hat, wie Murat
Kurnaz ihn aus der Erinnerung geschildert hat.

Dafür spricht zunächst der glaubwürdige Eindruck, den
Murat Kurnaz bei seiner Vernehmung vor dem Ausschuss
gemacht hat. Bemerkenswert ist zudem, dass Herr Kurnaz
bei der Lichtbildervorlage durch die Staatsanwaltschaft
Ende 2006 den Hauptverdächtigen erkannt hat, der da-
raufhin in dem bis dato gegen „Unbekannt“ geführten
staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren als „Beschul-
digter“ eingetragen wurde.

Die beiden von der Staatsanwaltschaft Beschuldigten, die
vor dem Untersuchungsausschuss als Zeugen vernommen
wurden, wurden bei ihrer Befragung anwaltlich begleitet
und verweigerten weitgehend die Antwort auf Fragen, die
sie selbst belasten könnten – beides ist ihr gutes Recht.
Erwähnenswert ist jedoch, dass gerade der Hauptbeschul-
digte zu Beginn seiner Vernehmung in aggressivem Ton
Vorwürfe gegen den Untersuchungsausschuss vortrug.

Im Ergebnis ist festzustellen, dass an der verbalen An-
sprache von Kurnaz durch Kommandosoldaten (in dem
Sinne: „Du bist wohl auf die falsche Seite geraten“) keine
Zweifel mehr bestehen können. Zwar bekannte sich kei-
ner der befragten Soldaten dazu, diesen oder einen ähnli-
chen Ausspruch gegenüber Murat Kurnaz getätigt zu ha-
ben; einige Soldaten gaben aber an, ihn gehört zu haben
oder später davon gehört zu haben, dass er gefallen sei.
Die Aussagen der Beschuldigten und unmittelbaren Zeu-
gen, sie könnten sich aber nicht erinnern, welcher Soldat
für den Spruch verantwortlich war, erscheinen jedoch we-
nig glaubwürdig.

Die Staatsanwaltschaft Tübingen teilte hinsichtlich ihrer
eigenen Ermittlungen folgende Beobachtungen mit:

„Ein Beschuldigter war bei seiner Zeugenvernehmung au-
ßergewöhnlich unsicher. Als er gefragt wurde, ob er die
Bemerkung mit ,der falschen Seite’ gemacht habe, re-
agierte er, wie vom ermittelnden Kriminalbeamten festge-
halten, auffallend nervös und wurde rot. Schließlich bestä-
tigte noch ein Zeuge, dass man im Nachhinein innerhalb
der Kompanie darüber gesprochen habe, wer für den Aus-
spruch verantwortlich sein könnte und dass dabei der
Name gerade dieses Beschuldigten genannt worden sei.“

Im Ergebnis heißt es weiter:

„Die Staatsanwaltschaft Tübingen schließt daraus, dass
der von Kurnaz wiedererkannte Beschuldigte tatsächlich
den Spruch am Zaun gemacht hat.“ (MAT 16 – 41, Pres-
semitteilung vom 29. Mai 2007)

An den diesbezüglichen Aussagen der befragten Kom-
mandosoldaten bestehen insgesamt erhebliche Zweifel.
Sie sind – um es mit den Worten der Staatsanwaltschaft
unsere Köpfe gezeigt. (…)“ (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II,
S. 28 f.)

Tübingen zu sagen – „kritisch zu würdigen“. Dabei fiel
auf, dass sich einige Aussagen durch wenig Detailreich-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 175 – Drucksache 16/10650

tum und erhebliche Erinnerungslücken bei gleichzeitig
identischer Wortwahl auszeichneten. Einige Soldaten ver-
mittelten dem Ausschuss zudem den Eindruck, dass sie
Zweifel am Sinn und Zweck der Untersuchung haben
bzw. sich durch diese eher belästigt oder bedrängt sehen.

Auch der von der Staatsanwaltschaft als zentral angese-
hene Punkt – konnte zur Tatzeit im inneren Bereich des
Lagers ein Lastwagen stehen? – erscheint nunmehr ge-
klärt.

Dass die als Zeugen vernommenen Soldaten fast durch-
gängig angaben, einen LKW im Gefangenenlager nicht
wahrgenommen zu haben, darf – auch vor dem Hinter-
grund des allgemeinen Aussageverhaltens – nicht verwun-
dern. Auffällig ist jedoch, dass der einzige Soldat, der das
Vorhandensein eines LKW bestätigte, – ein Offizier –
nicht zum engeren Kreis der Kommandosoldaten zählte.

Die Wahrnehmung vieler Soldaten über den inneren Be-
reich des Gefangenenlagers beschränkt sich zudem auf ei-
nen einzigen kurzen Zeitraum (ein Tag oder eine Nacht)
des Wachdienstes. Daher kann es kaum verwundern, soll-
ten sie in diesem beschränkten Zeitraum dort tatsächlich
keinen LKW gesehen haben.

Dass jedoch Lastwagen das Gefangenenlager auch im
fraglichen Zeitraum tatsächlich befahren konnten und
auch befahren haben, ergibt sich nicht nur aus den im
„Stern“ und im „Spiegel“ (Heft 36/2007, MAT 16 – 66,
S. 68/69) veröffentlichten Fotos, sondern wird eindrück-
lich auch durch die Aussage des Zeugen Ruhal Ahmed
bestätigt, der vom 31. Dezember 2001 bis zum 14. Fe-
bruar 2002 im Gefangenenlager festgehalten wurde. Der
Zeuge schilderte dem Ausschuss, dass er selber einer der
Gefangenen war, die Eimer mit Fäkalien zu dem Lastwa-
gen brachten:

„Diese Lastwagen waren ziemlich groß, und sie fuhren
durch das Haupttor. (…) Sie hatten Fässer geladen, große
Fässer, in denen sie die Fäkalien abtransportierten. (…)
Wir kippten die Fäkalien in Fässer und die wurden dann
aus dem Lager gefahren zu einem bestimmten Ort und
dort verbrannt.“ (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 10)

Dies entspricht den Angaben, die ehemalige US-Soldaten
gegenüber dem „Spiegel“ gemacht haben („Die Fäkalien
wurden mit einem Lastwagen abgeholt. Die Fahrer ka-
men durch das Haupttor auf das Gefangenengelände bis
zum Abholpunkt.“). Bedauerlicherweise konnten diese
Soldaten vom Ausschuss nicht gehört werden, da die US-
Seite jegliche Mitwirkung an der Aufklärung des Sach-
verhalts verweigerte.

Ob das Gefangenenlager möglicherweise erst zu einem
späteren Zeitpunkt, also noch nicht in der ersten Hälfte
des Monats Januar, mit Lastkraftwagen befahren wurde,
bleibt Spekulation. Zumindest müssen die Aussagen der-
jenigen Soldaten, die sich dahingehend einließen, Last-
wagen hätten aufgrund der örtlichen Gegebenheiten gar

VII. Meldungen
1. Ein Deutscher im US-Gewahrsam

in Kandahar
Die ersten Meldungen über einen Deutschen oder
Deutschsprachigen im US-Gewahrsam in Kandahar ka-
men aus den USA. Eine entsprechende Meldung schickte
der BND-Verbindungsbeamte beim US Central Command
in Tampa, Florida bereits am 28. Dezember 2001 nach
Deutschland. Am 29. Dezember 2001 meldete das Deut-
sche Verbindungskommando beim US Central Command
im Rahmen täglicher Meldungen an das Bundesministe-
rium der Verteidigung (Fachreferat Fü S V 2), dass es Hin-
weise auf einen von US-Kräften gefangenen Deutschen
gäbe. Am 4. Januar 2002 erfolgte eine Bestätigung dieser
Meldung.

Auch das Kommando Spezialkräfte in Kandahar wusste
zu diesem Zeitpunkt Bescheid. Am 3. Januar 2002 meldet
der Kommandeur des deutschen Kontingents Spezial-
kräfte aus Kandahar:

„Im Kriegsgefangenenlager auf dem AIRFIELD
KANDAHAR befinden sich ca. 250 POW, darunter auch
ein Deutscher, der offensichtlich Al Qaida Anhänger ist.“

Und zur Bewertung heißt es sodann:

„Die Tatsache, dass sich unter den POW u. a. auch ein
Deutscher befindet, zeigt deutlich, dass es sich bei den
Kämpfern der Al Qaida nicht nur um Kämpfer aus islami-
schen Ländern, sondern auch aus westlichen Nationen
handelt.“

Noch deutlicher wird der Kommandeur in seiner der Mel-
dung vom folgenden Tage beigefügten „Bewertung der
Bedrohungslage“ (Stand 4. Januar 2002), in der es unter
Punkt 4. Gefangene AQ-Kämpfer und TB-Führer heißt:

„Zurzeit befinden sich ca. 250 Gefangene (mutmaßliche
AQ-Terroristen und TB-Führer) in Gewahrsam der US-
Streitkräfte. Für sie wurde ein Gefangenensammellager
eingerichtet, das als Übergangseinrichtung bis zur Verle-
gung der Festgenommenen nach GUANTÁNAMO BAY
dient. (Bericht folgt)

Bei den Gefangenen handelt es sich um fanatisierte,
kampferprobte und rücksichtslose Kämpfer, die mit
Masse eine terroristische Ausbildung erhalten haben. Ver-
suche, sich aus primitivsten Mitteln Waffen herzustellen,
wurden mehrfach enttarnt und vereitelt.

Die Gefangenen bilden trotz strenger Bewachungs- und
Sicherheitsvorkehrungen ein hohes Risikopotential.“

Interessant an diesen Ausführungen ist auch die Bezeich-
nung der Gefangenen als Kriegsgefangene (Prisoners of
War-POW) und des Lagers als Kriegsgefangenenlager.
Diese Terminologie wurde später geändert. Außerdem ist
bemerkenswert, dass bereits zu diesem frühen Zeitpunkt
bekannt war, dass die Festgenommenen nach Guantánamo
verbracht werden sollten.

Was mit diesen Meldungen aus Kandahar geschah und in
welchem Zeitraum sie in der militärischen Hierarchie
nicht in das Gefangenenlager fahren können, als wider-
legt gelten.

nach oben weitergegeben wurden, ließ sich nicht klären.
Nach Angaben des Kontingentführers gab es keine „An-

Drucksache 16/10650 – 176 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

weisungen als Reaktion auf diese Meldung.“ (BMVg-An-
hörung, MAT 16 – 14, Anlage 03)
Bekannt ist aber, dass die Spitze des BMVg bereits am
4. Januar 2002 unterrichtet wurde. In einem Fernschrei-
ben des BMVg aus Washington an Staatssekretär Dr.
Stützle heißt es u. a.:

„Im US-Gewahrsam (…) befinden sich derzeit 221 Tali-
ban, darunter in Kandahar ein Deutscher.“

(Der Name ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt.)

Auch hier blieb unklar, was mit diesen Meldungen in der
Spitze des BMVg geschah. Die damaligen Staatssekretäre
Dr. Stützle und Biederbick gaben beide vor dem Aus-
schuss an, keine Kenntnis oder keine Erinnerung mehr an
diese Meldung zu haben.

2. Erste Informationen zur Person Murat
Kurnaz durch die Geheimdienste

Die ersten Informationen zur Person Murat Kurnaz ka-
men über die Geheimdienste in Deutschland an. So über-
mittelte die Verbindungsbeamtin des BKA beim BND
unter dem 9. Januar 2002 erste Erkenntnisse der US-
Amerikaner über Kurnaz (mit aktuellem Foto) und dem
Hinweis, die Mitteilung stamme von einer BND-Quelle
in Kandahar.

Das Foto und die Personenbeschreibung des Murat
Kurnaz wurden am 7. Januar 2002 von der Zelle Militäri-
sches Nachrichtenwesen beim KSK (Zelle MilNW) nach
Deutschland übermittelt, und zwar vermutlich sowohl an
das Zentrum für Nachrichtenwesen der Bundeswehr
(ZNBw) wie auch an den Bundesnachrichtendienst
(BND).

3. Die undurchsichtige Rolle der
Nachrichtendienste

Die Rolle deutscher Nachrichtendienste (ZNBw, BND,
MAD) bei der Informationsübermittlung im Zusammen-
hang mit der Inhaftierung von Murat Kurnaz in Kandahar
konnte nicht vollständig aufgeklärt werden. Allerdings
gab es Hinweise darauf, dass Angehörige deutscher
Nachrichtendienste in Kandahar bereits Anfang Januar
2002 konkrete Informationen zur Person Murat Kurnaz
erhalten und an ihre jeweiligen Zentralen weitergeleitet
haben. Zwei der in diesem Zusammenhang vom Untersu-
chungsausschuss angehörten Zeugen wurden nach ihrer
ersten Vernehmung vom Ausschuss zu einer weiteren Be-
fragung geladen. Grund hierfür war in einem Fall (Zeuge
Nr. 11), dass erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt sei-
ner ersten Aussage bestanden und ihm die Gelegenheit
zur Korrektur seiner Angaben gegeben werden sollte. Im
zweiten Fall (Zeuge Nr. 16) war eine ergänzende Verneh-
mung notwendig, um den Zeugen zu seiner Kenntnis im
Zusammenhang mit Unterlagen zu befragen, die das Bun-
deskanzleramt dem Untersuchungsausschuss erst nach
dessen erster Befragung im Mai 2007 zur Verfügung ge-
stellt hatte.

gebnissen profitierten, ließ sich nicht abschließend klä-
ren. Aber es gab Hinweise, beispielsweise in einer
Meldung der Zelle Militärisches Nachrichtenwesen aus
Kandahar an das ZNBw vom 9. Januar 2002 (Tgb.-Nr. 51/
07; MAT 16 – 59 u. 16 – 60), in der es u. a. heißt:

„Als Anlage die Vernehmungsprotokolle einiger Gefan-
gener. Wird wahrscheinlich nur für den MAD interessant
sein. Die Geschichte zu Murrat könnt Ihr Euch aus Mün-
chen liefern lassen.“

Weitergehende Hinweise enthält der „Erfahrungsbericht
über den Einsatz als Zelle MilNW beim 1. Kontingent
KSK im Rahmen der Operation Enduring Freedom“ vom
20. März 2002:

„Verwirrend war die Behandlung des Problems Murat
Kurnatz, des türkischen Staatsbürgers, gesucht mit deut-
schem Haftbefehl, inhaftiert im Detainee-Lager Kanda-
har. Während anfangs offenbar großes Interesse an Befin-
den und Aufenthalt bestand, wurde auf das Angebot zu
einem direkten Gespräch lediglich ein Fragebogen über-
sandt.

Es entstand offensichtlich eine Kompetenzdiskussion im
Hause, die zielgerichtetes Reagieren nicht zuließ.
* (…)

Während hier auf weitere Informationen und Anweisun-
gen von zuhause gewartet wurde, wurde das ‚Problem‘
auf eigene Weise gelöst.“ (MAT 16 – 54)

VIII. Rechtsgrundlagen

1. Fehlende rechtliche Klarheit

Auslandseinsätze der Bundeswehr sind zwingend an das
Völkerrecht und die Menschenrechte gebunden. Das ist
auch das Selbstverständnis der Soldatinnen und Soldaten
der Bundeswehr. Im Verlauf der Untersuchungen wurde
jedoch zunehmend deutlicher, dass es auf allen Ebenen,
einschließlich der politisch Verantwortlichen, erhebliche
Schwierigkeiten bei der Bestimmung der menschen- und
völkerrechtlichen Grenzen und Bindungen des OEF-Ein-
satzes in Afghanistan gab. Dies führte zu erheblichen Un-
sicherheiten, wie und entlang welcher rechtlichen Vorga-
ben erlaubtes von unerlaubtem Handeln abzugrenzen ist.
Dabei geht es um so entscheidende Fragen wie die, was
mit festgenommenen Personen zu geschehen hat, und ob
und unter welchen Bedingungen eine Übergabe dieser
Personen an andere Institutionen zulässig ist. Diese Fra-
gen stellen sich im Übrigen auch beim ISAF-Einsatz.

Mit Schreiben vom 13. Januar 2002 wandte sich der Chef
des Stabes des Einsatzführungskommandos an das BMVg
und wies auf Folgendes hin:

* Ein Teil dieses Zitates wurde vom Bundeskanzleramt nicht freigege-

Wie weit die einzelnen deutschen Dienste in Vernehmun-
gen involviert waren oder zumindest von Befragungser-

ben, da die vollständige Wiedergabe nach Auffassung des Kanzler-
amtes Verstimmungen auf alliierter Seite auslösen könnte.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 177 – Drucksache 16/10650

„Bei der Durchführung von Operationen in AFG werden/
können die Spezialeinsatzkräfte auf Personen/-gruppen
treffen, die sehr unterschiedlichen Status haben können
(TALIBAN; Al Qaida, Zivilbevölkerung) und mit oder
ohne Waffen angetroffen werden.

Es wird um Prüfung und Weisung gebeten

was mit festgehaltenen, festgenommenen oder gefangen
genommenen Personen zu geschehen hat,

ob und unter welchen Bedingungen eine Übergabe an
andere Institutionen/Kräfte (z. B. Interim Authority
(IA), US Streitkräfte, andere Koalitionsstreitkräfte) zu-
lässig ist.

Da diese Problematik potenziell Bedeutung hat für alle im
Rahmen der Operation ENDURING FREEDOM einge-
setzten deutschen Kontingente wird um grundsätzliche
Prüfung gebeten.“ (MAT 16 – 14, Anlage 20)

Diese Nachfrage des Einsatzführungskommandos war
durchaus berechtigt, ist es doch – nach eigener Darstel-
lung – Aufgabe des Einsatzführungskommandos sicher-
zustellen,

„dass der Einsatz deutscher Kräfte den Rahmen ihrer Man-
date und die Rechtsnormen der Bundesrepublik Deutsch-
land nicht verletzt.“ (www.einsatz.bundeswehr.de)

Am 22. Januar 2002 hatte der damalige Außenminister
Joschka Fischer in einer Presseerklärung des Auswärtigen
Amtes zur Frage der in Guantánamo Inhaftierten Stellung
genommen:

„Im Kampf gegen den Terrorismus verteidigen wir auch
unsere Grundwerte. Sie gelten ohne Ansehen der Person,
schützen Leben und Würde des Menschen. Dies ist es,
was wir terroristischen Herausforderungen entgegenstel-
len müssen.

Mit Blick auf die Inhaftierten in Guantánamo sind wir
deshalb der Auffassung, dass sie, unabhängig von einer
späteren Statusdefinition, wie Kriegsgefangene zu behan-
deln sind. Das heißt in Übereinstimmung mit dem huma-
nitären Völkerrecht, so wie es die Genfer Konvention
festschreibt:

– menschliche Behandlung

– Achtung der Person und Ehre

– Schutz vor Gewalttätigkeit und Einschüchterung

– Anspruch auf ärztliche Behandlung

– bei Gerichtsverhandlungen rechtsstaatliche Garantien.

(…) Die Bundesregierung hat mit der amerikanischen
Seite das Gespräch über den rechtlichen Status und die
Behandlung der in Guantánamo Inhaftierten aufgenom-
men.“

Eine Bestimmung des zulässigen Vorgehens im Einzelfall
setzt vor dem Einsatz Klarheit über die geltenden rechtli-

Abstimmungen zwischen den beteiligten Ministerien
(BMVg, AA, BMJ). So wird in einer Vorlage der Rechts-
abteilung des BMVg an Bundesminister Scharping vom
7. Februar 2002 darauf hingewiesen,

„dass auch im BMJ und AA überlegt wird, wie die sich
aus der Aufgabenstellung insbesondere von KSK-Kräften
(…) möglicherweise ergebenden Folgefragen, insbeson-
dere bzgl. des Verfahrens bzgl. festgenommener Personen
(…) rechtlich und praktisch gelöst werden können.“

Am 22. Februar 2002 gab der Minister die Zustimmung
zur

„Einberufung des Ressortarbeitskreises“ [BMJ, AA, BMVg,
BMI] „(…) um eine grundsätzliche Vorklärung der skiz-
zierten Rechtsfragen und anzuwendenden Verfahren her-
beizuführen“.

Die Versuche der Abstimmung zwischen den beteiligten
Häusern führten jedoch nicht zur Auflösung des Dissen-
ses innerhalb der Bundesregierung. In der Konsequenz
wurde die Verantwortung bei den Soldaten abgeladen.

Sogar innerhalb des Bundesministeriums der Verteidigung
gab es konträre Auffassungen, die in sich widersprechen-
den Rechtsgutachten Niederschlag fanden und im Rahmen
der Vernehmung der damaligen Mitarbeiter der Rechtsab-
teilung des BMVg nochmals deutlich zutage traten.

In dem Gutachtenentwurf vom 3. Juni 2002 kommt der
damalige Leiter des Referates R II 3 im Bundesministe-
rium der Verteidigung zu dem Schluss, es spräche vieles
dafür, dass ehemalige Taliban-Kämpfer und Al-Qaida-
Mitglieder, die an den bewaffneten Auseinandersetzun-
gen in Afghanistan teilgenommen haben, als Kombattan-
ten anzusehen und bei Festnahme als Kriegsgefangene zu
behandeln seien. Daraus wurden dann konkrete Folgerun-
gen hinsichtlich der Dauer und Bedingungen des Festhal-
tens gezogen. Insbesondere wurde erläutert, dass deut-
sche Kräfte Personen nicht an einen Staat (USA)
übergeben dürfen, wenn ihnen dort möglicherweise die
Todesstrafe droht.

Dieses Gutachten wurde in einem mehrere Monate dau-
ernden Prozess mit dem Auswärtigen Amt (AA) und
Bundesministerium der Justiz (BMJ) bis zur Staatssekre-
tärs-Ebene abgestimmt. Dabei betonte das Auswärtige
Amt insbesondere, dass die Bundeswehr auch bei Aus-
landseinsätzen an die Grundrechte gebunden sei. Das
Bundesministerium der Justiz ergänzte u. a., dass eine
von der Bundeswehr in Afghanistan festgehaltene Person
nur dann an die USA übergeben werden dürfe, wenn die
USA zusichern, dass die Todesstrafe nicht ausgesprochen
oder zumindest nicht vollstreckt werden wird.

Nach der Abstimmung mit den anderen Ressorts wurde das
Gutachten vom zuständigen Unterabteilungsleiter im Bun-
desministerium der Verteidigung angehalten. Vielmehr er-
ging nunmehr an das Referat R II 2 im Verteidigungs-
ministerium der Auftrag, in einer weiteren gutachterlichen
chen Grundsätze voraus. Dies war in der gesamten ersten
Hälfte des Jahres 2002 Gegenstand von Beratungen und

Stellungnahme „die im Gutachten des Referatsleiters R II 3
enthaltenen Rechtsfehler zu korrigieren“.

Drucksache 16/10650 – 178 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Das Gutachten des Referates R II 2 distanziert sich von
der mit dem AA und BMJ abgestimmten Vorlage und
stellt klar:

„Nach Auffassung von AA und BMJ ist die deutsche Be-
teiligung an der Ergreifung mutmaßlicher Terroristen in
Afghanistan und am Horn von Afrika rechtlich problema-
tisch. (…) Die Rechtsauffassung von AA und BMJ wird
nicht geteilt.“

Entgegen der Auffassung des Auswärtigen Amtes und
des Bundesministeriums der Justiz sei ein internationaler
bewaffneter Konflikt nicht gegeben. Daher sei der Status
von in Afghanistan ergriffenen Taliban und Al-Qaida
auch nicht der von Kriegsgefangenen. Selbst wenn einem
ergriffenen Terroristen in einem Strafverfahren die Todes-
strafe drohte, wäre das Mitwirken deutscher Soldaten an
seiner Ergreifung und die weitere Behandlung durch die
USA nicht als Verstoß gegen geltendes Völkerrecht oder
deutsches Recht zu werten.

Dieses „Gegengutachten“ konnte nicht nur wegen des klar
herausgearbeiteten Dissenses in der Sache nicht mit den
anderen Ressorts (AA/BMJ) abgestimmt werden, sondern
schon deswegen nicht, da diese bis zur Staatssekretärs-
ebene das erste Gutachten abgesegnet hatten. Die Sache
wurde daher vom Verteidigungsministerium nicht weiter-
verfolgt. Nach Aussagen von Staatssekretär Biederbick
gab es dafür keine Notwendigkeit, es handele sich viel-
mehr um ein „akademisches Problem.“

Neben anderen fragwürdigen Aussagen sind insbesondere
die Ausführungen in dem zweiten Gutachten zur Frage
der Todesstrafe schlicht überholt und unzutreffend. Denn
Deutschland ist wie die anderen Mitgliedsstaaten des Eu-
roparates an die Europäischen Menschenrechtskonven-
tion (EMRK) und insbesondere an das 6. Zusatzprotokoll
zur EMRK gebunden, wonach die Todesstrafe verboten
ist. Dabei ist entscheidend nicht darauf abzustellen, ob die
USA durch völkerrechtliche Normen an der Verhängung
und Vollstreckung der Todesstrafe gehindert sind. An-
knüpfungspunkt ist vielmehr das deutsche Handeln, das
sich an den hierfür verpflichtenden Bindungen orientieren
muss, selbst wenn es sich im Ausland (Afghanistan) ma-
nifestiert oder seine Auswirkungen in einem anderen
Staat (USA) eintreten.

Letztlich läuft die rechtliche Kontroverse innerhalb des
BMVg auf die Erklärung hinaus, die Aktionen zur Ergrei-
fung seien „notwendig“, könnten rechtlich nicht zweifels-
frei eingeordnet werden und stellten sich als Maßnahme
„sui generis“ dar (Gutachten R II 2).

Die Bezeichnung „bewaffneter Kampf gegen Straftäter“
(Unterabteilungsleiter Rechtsabteilung BMVg) vernebelt
dabei die rechtlichen Grundlagen des Einsatzes. Gelten
die Garantien des Grundgesetzes und der Europäischen
Menschenrechtskonvention (EMRK) oder die Regelun-
gen des humanitären Völkerrechts? Findet der Einsatz im
Rahmen eines bewaffneten Konfliktes statt? Praktisch be-
reitet die Abgrenzung sicher große Schwierigkeiten; sie

Wertet man die Operation als Strafverfolgung, so gelten
die Garantien des Grundgesetzes und der Europäischen
Menschenrechtskonvention (Unschuldsvermutung, Rich-
tervorbehalt, etc.). Im Falle eines bewaffneten Konfliktes
gelten vorrangig die Schutzvorschriften des humanitären
Völkerrechts (insbesondere der gemeinsame Artikel 3 der
vier Genfer Abkommen von 1949). Eine Folge der Klassi-
fizierung als bewaffneter Konflikt wäre jedoch auch, dass
deutsche Soldaten legitime Ziele von Kampfhandlungen
darstellen würden; eine Konsequenz, die im BMVg aus
nachvollziehbaren Gründen nicht gewünscht war.

2. Keine „Rules of Engagement“ (ROEs)

Alle Zeugen haben dem Untersuchungsausschuss bestä-
tigt, dass es im zu untersuchenden Zeitraum für den Ein-
satz des KSK in Afghanistan keine Rules of Engagement
gab.

Hinsichtlich der Einsatzgrundsätze wurde immer wieder
auf die grundlegende Weisung Nr. 1 (zur Führung von Ein-
sätzen der Bundeswehr im Rahmen von Operationen zur
Bekämpfung des internationalen Terrorismus) und Wei-
sung Nr. 101 (zur Verlegung und zum Einsatz von Spezial-
kräften im Rahmen der Operation Enduring Freedom) Be-
zug genommen. Entgegen anderslautenden Behauptungen
einiger Zeugen vor dem Untersuchungsausschuss wird in
diesen Weisungen die Frage der Gefangennahme oder die
Behandlung möglicher Gefangener nicht angesprochen.

Die grundlegende Weisung Nr. 1 vom 16. November
2001 enthält als Anlage F einen Hinweis auf „Rechtliche
Rahmenbedingungen“. Darin heißt es u. a.:

„Die Regeln des in internationalen bewaffneten Konflik-
ten geltenden humanitären Völkerrechts sind zu beach-
ten.“

Da muss es doch schon überraschen, dass der zuständige
Unterabteilungsleiter der BMVg-Rechtsabteilung als Er-
gebnis eines längeren Überlegungs- und Diskussionspro-
zesses zu dem Schluss kommt, bei dem Konflikt in
Afghanistan 2002 handele es sich nicht um einen interna-
tionalen bewaffneten Konflikt.

3. Interpretation des Auftrages
des Bundestages

Der Deutsche Bundestag hatte im November 2001 be-
schlossen, dass sich die Bundeswehr an der Operation
Enduring Freedom u. a. mit dem Ziel beteiligt, Terroris-
ten zu bekämpfen, gefangen zu nehmen und vor Gericht
zu stellen. Nach der Aussage des zuständigen Unterabtei-
lungsleiters gehörte es zu den Aufgaben der Rechtsabtei-
lung des BMVg,

„dass wir uns Gedanken machen, wie Bundestagsbe-
schlüsse zu interpretieren sind.“ (…) (Stenografisches
Protokoll Nr. 19, S. 25)

Und weiter:
ist dennoch notwendig, um zu einer klaren rechtlichen
Fundierung des Einsatzes zu kommen.

„Wir haben hier gesehen, dass der Bundestagsbeschluss
(…) nicht bedeutet, dass wir alle Aufgaben selbst erfül-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 179 – Drucksache 16/10650

len, direkt an vorderster Front kämpfen, gefangen neh-
men und vor Gericht stellen. Wenn es so gewesen wäre,
dann hätte man sich ja auch einmal Gedanken machen
müssen: Was machen denn die deutschen Streitkräfte mit
den ergriffenen Personen?

Ich meine, auch das Parlament muss doch überlegen, was
es beschließt. Das geht doch durch viele Ausschüsse. Wir
haben also die Sache nie so verstanden, dass wir diese
Dinge machen müssen, um dem Bundestagsmandat zu
genügen, sondern wir haben gesagt, die deutschen Streit-
kräfte leisten einen Beitrag, und der darf eben nicht darin
bestehen, (…) eigene Gefangene zu machen.“ (Stenogra-
fisches Protokoll Nr. 19, S. 34)

4. „Keine eigenen Gefangenen“
Es gab offensichtlich auf der Ebene der militärischen
Führung und der politisch Verantwortlichen eine Überein-
kunft, dass Deutschland in Afghanistan keine eigenen
Gefangenen machen und sich bei der Frage der Gefan-
gennahme am besten heraushalten solle. Ein schriftliches
Dokument, in dem diese Position niedergelegt wird, ist
dem Untersuchungsausschuss allerdings weder vorgelegt
worden noch bekannt geworden. Während in der Sache
offensichtlich großes Einvernehmen herrschte, blieb un-
klar, wann und von wem diese Linie entwickelt wurde.
Unklar blieb auch, ob diese Linie aus der praktischen Er-
wägung entstand, dass man gar nicht die Kapazitäten
hatte, um eigenes Gewahrsam zu begründen, oder aus
rechtlichen Erwägungen.

Der Unterabteilungsleiter der BMVg-Rechtsabteilung sagte
dem Ausschuss dazu:

„ Die militärische Seite hat mir, sofern das überhaupt ver-
lautbart wurde, aber dann doch zwischen den Zeilen ge-
sagt: ,Hör mal, wir machen keine Gefangenen‘ – von
Anfang an.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 19, Teil II,
S. 28)

Der Kontingentführer bestätigte dies vor dem Ausschuss
mit folgenden Worten:

„Mir wurde (…) die Auflage gemacht: Ihr könnt Perso-
nen festsetzen, sie sind aber unmittelbar an die Amerika-
ner zu übergeben. Wir Deutsche machen keine Gefange-
nen. (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 6).

5. Beteiligung an Menschenrechts-
verletzungen ist unzulässig!

Auch jegliche Form von Unterstützung, die zu einer men-
schenrechtswidrigen Behandlung führt, ist den deutschen
Streitkräften verboten. Diese Konsequenz scheut jedoch
auch der mit dem BMJ und AA abgestimmte, später fal-
lengelassene Gutachtenentwurf. Einzig das BMJ hat in ei-
ner Anmerkung diese Problematik aufgegriffen: Wenn
die Behandlung von Festgenommenen menschenrechts-
widrig ist, sind auch Unterstützungsleistungen und Bei-
hilfehandlungen, die zur Festnahme führen, unzulässig.
Das gilt nicht nur für die direkte Übergabe von festgehal-

oder erleichtert. Bereits die informell praktizierte Arbeits-
teilung (Bundeswehr hält Personen so lang fest, bis sie
von den USA übernommen werden können) überschreitet
die Grenzen des rechtlich Zulässigen.

6. Verschleierung gegenüber dem Parlament
Die Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Bundesre-
gierung sollten dem Deutschen Bundestag und der Öf-
fentlichkeit vorenthalten werden. So heißt es in einem
Vermerk der Rechtsabteilung des Bundesministeriums
der Verteidigung (R II 2 – Az. 02-25-25) vom 22. August
2002 im Zusammenhang mit einem Auftrag, einen Ant-
wortentwurf an den Vorsitzenden des Verteidigungsaus-
schusses zu formulieren, der ein völkerrechtliches Gut-
achten zum Einsatz des „Kommandos Spezialkräfte“
enthält,

„dass die Offenbarung eines Dissenses innerhalb der
BReg (AA/BMJ versus BMVg) vermieden werden sollte.
Wenn irgend möglich, sollte die Beantwortung weiter hin-
ausgezögert werden.“

Einzelnen Abgeordneten, die sich mit Fragen an das Bun-
desministerium der Verteidigung gewandt hatten, erging
es nicht anders. Auch hier ist ein Vermerk der Rechtsab-
teilung aufschlussreich:

„Der noch offene Auftrag Parl Kab – Beantwortung einer
Anfrage der MdB Lippmann, PDS – wurde auf der
Grundlage des vorgelegten Rechtsgutachtens R II 2 mit
Leiterin Ministerbüro erörtert. Hierbei zeichnete sich die
Tendenz ab, wegen des im Gutachten sichtbar werdenden
Dissens der Rechtsauffassungen AA/BMJ einerseits und
BMVg andererseits keine Beantwortung der Anfrage
noch in dieser Legislaturperiode ins Auge zu fassen.“
(BMVg, R II 2, 27. August 2002, Hervorhebungen im Ori-
ginal).

In ähnlicher Weise wurde auch mit Anfragen des Wehrbe-
auftragten des Deutschen Bundestages verfahren. Dieser
hatte sich mit Datum vom 27. Juni 2002 und erneuten Er-
innerungsschreiben von Ende Juli und Mitte Oktober an
das Ministerium gewandt.

Eine Antwort durch den Parlamentarischen Staatssekretär
Walter Kolbow erfolgte erst am 13. November 2002. Zu-
vor hatte der Leiter des Planungsstabes den Briefentwurf
„entschärft“ mit dem Hinweis:

„Dem Wehrbeauftragten sollten daher nicht die Mei-
nungsverschiedenheiten“ [innerhalb der Bundesregie-
rung], „sondern lediglich der Minimalkonsens mitgeteilt
werden.“

In seinem Jahresbericht 2002 hat der Wehrbeauftragte mit
folgenden Worten auf die Problematik hingewiesen:

„Soldaten müssen sicher sein können, dass der jeweilige
Einsatz rechtlich einwandfrei abgesichert ist. (…) Dies
gilt auch für eine mögliche Beteiligung deutscher Solda-
ten bei Festnahmen von Personen, die von den US-Ameri-
kanern nach Guantánamo auf Kuba oder anderswohin ver-
tenen Personen an US-Kräfte, sondern auch für jedes an-
dere Verhalten, das diesen eine Festnahme ermöglicht

bracht, festgehalten, befragt und möglicherweise auch zur
Verantwortung gezogen werden. Dazu wird von hochran-

Drucksache 16/10650 – 180 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

gigen Sachverständigen die Meinung vertreten, dass diese
Art des Vorgehens gegen grundsätzliche Regeln des inter-
nationalen Rechts verstoße. Auch dieses Rechtsproblem
darf nicht auf dem Rücken der Soldaten ausgetragen wer-
den. (…)“ (Bundestagsdrucksache 15/500 vom 11. März
2003)

7. Verhalten bei Gefangennahmen

Vor dem Untersuchungsausschuss ist deutlich geworden,
dass es keine schriftliche Handreichung für die deutschen
Soldaten in Afghanistan gab, wie sie sich im Falle einer
Gefangennahme oder Festnahme von bekämpften Perso-
nen verhalten sollen. Auch nach Aussagen des zuständigen
Unterabteilungsleiters der Rechtsabteilung des BMVg hat
es lediglich eine mündliche Einweisung des KSK direkt
vor Ort in Calw gegeben.

Über diese Einweisung berichtete der Kompaniechef:

„Vor dem Einsatz gab es lediglich eine Einweisung durch
den Rechtsberater (…), dabei wurde die Frage der Gefan-
gennahme nicht weiter vertieft.“ (Zeuge Nr. 36, BMVg-
Anhörung, MAT 16 – 14, Anlage 03)

Der damalige Generalinspekteur Kujat vertrat vor dem
Untersuchungsausschuss folgende Auffassung:

„(…) Ich hätte es vorgezogen, wenn wir vor Beginn des
Einsatzes die Frage der Gefangenen geregelt gehabt hät-
ten, und zwar in einer zentralen Dienstvorschrift. (…) Das
ist nicht geschehen. Ich denke, es wäre sinnvoll gewesen,
hier Handlungssicherheit für unsere Soldaten zu schaf-
fen.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 18, Teil II, S. 8)

8. Humanitäres Völkerrecht – praktische
Umsetzung

Die vom Untersuchungsausschuss vernommenen militäri-
schen Führer und politisch Verantwortlichen gaben unisono
an, dass das humanitäre Völkerrecht selbstverständlich bei
allen Einsätzen der Bundeswehr Geltung beanspruche.
Auffallend war jedoch, wie formelhaft und bemerkens-
wert unkonkret diese Hinweise waren. Auch auf Nachfra-
gen war keiner der Befragten in der Lage, konkrete
Verhaltensnormen zu benennen oder praktische hand-
lungsleitende Schlussfolgerungen für konkrete Einsatzsi-
tuationen abzuleiten.

IX. Bewertungen und Schlussfolgerungen

1. Einsatzrealität

Die Spezialsoldaten kamen zu einer Zeit (Anfang Januar
2002) nach Afghanistan, als die Kampfhandlungen abge-
flaut waren und sich Al Qaida und Taliban schon weitge-
hend zurückgezogen hatten. Das Vertrauen auf die Mitver-
sorgung der deutschen Soldaten durch die US-Streitkräfte
wurde nur minimal eingelöst. Der wochenlange Verzicht
auf einen nationalen Lufttransport führte zu unnötig belas-
tenden Lebensbedingungen in Kandahar und wirft die

Die Anforderungen der Einsätze waren erheblich, die Ri-
siken hoch. Die Einsätze bewegten sich alle im Rahmen
von Special Reconnaissance (Spezialaufklärung) und Di-
rect Action (hier als Sensitive-Sites-Exploitations, Durch-
suchung von Verstecken, Waffenlagern etc.). Bei den KSK-
Einsätzen im Untersuchungszeitraum kam es nicht zu
Schusswechseln, Luftbodeneinsätzen, Gefangennahmen
oder Beiträgen zur Inhaftierung. Von den eingesetzten
Soldaten kam niemand zu Schaden. Durch die deutschen
Soldaten wurde niemand direkt verwundet oder getötet.
Insofern blieb die Einsatzrealität weit hinter den Möglich-
keiten des Mandats, aber auch hinter vielen Befürchtun-
gen zurück. Gerüchte von opferreichen Kampfeinsätzen
des KSK in Afghanistan im Jahr 2002 entbehren nach den
Ermittlungen des Untersuchungsausschusses jeder Grund-
lage. Bei der Operation „Anaconda“ waren die KSK-Sol-
daten allerdings im Umfeld einer Operation eingesetzt,
die mit der Verwüstung eines ganzen Landstrichs durch
ein Bombardement der US-Luftwaffe endete.

2. Führung und Interoperabilitätshindernisse
Im internationalen Vergleich einmalig und angesichts der
deutschen Auftragstaktik ungewöhnlich war die enge Füh-
rung und Kontrolle des deutschen Einsatzkontingents
durch den Befehlshaber des Einsatzführungskommandos.
Mit Sorgfalt wurde die Mandatstreue und Verantwortbar-
keit der einzelnen Einsätze überprüft und ggf. die „rote
Karte“ gezogen. Die Kooperation mit den US-Streitkräften
war faktisch erheblich beeinträchtigt durch unterschiedli-
che Auffassungen über die Rechtsform der militärischen
Bekämpfung mutmaßlicher Al-Qaida-Terroristen und ih-
rer Unterstützer sowie die Rechtsstellung gefangener geg-
nerischer Kämpfer. Die Vermeidung eigener Gefangen-
nahmen bedeutete im Klartext, dass die Spezialsoldaten
nur einen Teil des Auftrages des Bundestages überhaupt
durchführen konnten. Das hätte erst recht für den Fall einer
militärischen Bekämpfung von Terroristen gegolten, der
sich bei den tatsächlichen Einsätzen des KSK nicht ergab:
Bei einem militärischen „Zerschlagen“ und „Vernichten“
von mutmaßlichen Terroristen hätten die deutschen Solda-
ten kaum mitmachen dürfen.

Insofern konnte von einer „uneingeschränkten Solidari-
tät“, wie sie der damalige Bundeskanzler Schröder ver-
kündet hatte, ganz und gar keine Rede sein. De facto war
die deutsche Solidarität ausgesprochen eingeschränkt –
sowohl hinsichtlich des Umfanges wie auch der Einsatz-
formen. Trotz quantitativ erheblicher Beteiligung an OEF
war die Distanz zum realen „Global War against Terro-
rism“ doch gravierend.

Die Biervorräte des deutschen Kontingents erleichterten
als beliebte Tauschware offenbar die alltägliche Zusam-
menarbeit mit anderen Koalitionskräften. Sie änderten
nichts an den gravierenden Kooperationshindernissen.

3. Sinn des Auftrags und politische
Zweckentfremdung

Die einhellig von den Soldaten geäußerten Zweifel am
Sinn des Dauer-Kontingenteinsatzes waren berechtigt.
Frage auf, ob dies ein Verstoß gegen die Fürsorgepflicht
der politisch-militärischen Führung war.

Gegen Ende des ersten Kontingents sank der Bedarf er-
kennbar. Die Übernahme eines eigenen Verantwortungs-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 181 – Drucksache 16/10650

raumes durch das 3. Kontingent ab August 2002 und die
Auftragsverlagerung hin zum Vorfeldschutz für das ISAF-
Kontingent in Kabul waren dieser Entwicklung geschul-
det. Ein Dauer-Kontingenteinsatz steht auch im Wider-
spruch zum Anforderungsprofil von Spezialkräften, die
ganz auf genauestens vorbereitete schnelle Operationen
ausgelegt sind. Angesichts der relativ geringen Zahl von
Kommandosoldaten im KSK insgesamt (ca. 150) war da-
mit die Durchhaltefähigkeit der Spezialkräfte extrem be-
lastet. Der KSK-Einsatz war spätestens vom 2. Kontingent
an nicht mehr mit militärischer Notwendigkeit, sondern
nur noch politisch begründbar – als bündnispolitisches Sig-
nal gegenüber den USA. Der häufig von KSK-Angehöri-
gen geäußerte Verdacht, als „Spielball der Politik“ (erst-
malig SPIEGEL 41/2002, S. 32) zu dienen, war also nicht
unbegründet. Damit verstieß die politische Führung gegen
das Prinzip eines ehrlichen Mandats und die berechtigte
Erwartung der Soldaten, dass ihr Einsatz – nach der Recht-
mäßigkeit – zuallererst militärisch notwendig und verant-
wortbar sein muss und nicht primär ein Mittel zu anderen
politischen Zwecken sein darf. Mit dieser bündnispoliti-
schen Instrumentalisierung des KSK-Einsatzes hat die
damalige Bundesregierung das ihr von den Soldaten ent-
gegengebrachte Vertrauen beschädigt und auch das Parla-
ment nicht wahrheitsgemäß informiert. Möglich wurde
das durch die mangelhafte Kontrolle der Spezialeinsätze
durch das Parlament, wo wegen der Geheimhaltung auch
im Bundestag die politische Begründung dominierte und
eine Überprüfung der militärischen Wirksamkeit und
Zweckmäßigkeit vernachlässigt wurde.

4. Warnfunktion gegen Straflosigkeit
Die Tatsache, dass die von Murat Kurnaz erhobenen Vor-
würfe – bedingt durch die lange Haft von Kurnaz in
Guantánamo im zeitlichen Abstand von mehreren Jahren –
von verschiedenen Instanzen (BMVg, Staatsanwaltschaft,
Untersuchungsausschuss) untersucht wurden, sendet wich-
tige Signale an die Soldaten im Auslandseinsatz: Auch
wenn sich ihr Tun fernab der Heimat und hinter einer Ne-
belwand aus Geheimhaltung abspielt, müssen sie damit
rechnen, sich für etwaiges Fehlverhalten erklären und ver-
antworten zu müssen. Insoweit kann man den Ausschuss
sowohl als Beitrag im Kampf gegen die ja gerade in be-
waffneten Konflikten verbreitete Straflosigkeit sehen wie
auch als „Warnung“, sich auch in Situationen, in denen
Fehlverhalten vermeintlich sanktionslos bleibt, regelkon-
form zu verhalten.

Zugleich darf dies nicht auf die Bestätigung der Alltags-
erfahrung „Den Letzten beißen die Hunde“ hinauslaufen.
Wo Spezialsoldaten höchste Leistungen und Risikobereit-
schaft in Extremeinsätzen abverlangt werden, müssen sie
umso mehr auf die Rechtstreue der militärischen und po-
litischen Führung vertrauen können. An der entsprechen-
den Führungsverantwortung hat es im Untersuchungszeit-
raum erkennbar gemangelt.

5. Menschenrechtliche Bindungen
Jegliche deutsche Unterstützungsleistungen (unterhalb

rechte eine Mitverantwortung. Dies gilt auch für die Mit-
wirkung bei der Aufnahme und Bewachung von
Gefangenen im US-Gefangenenlager in Kandahar. Deut-
sche staatliche Gewalt darf keine Beihilfe zur Folter oder
unrechtmäßiger Inhaftierung leisten. Festgehaltene Perso-
nen dürfen nicht an andere Staaten oder Institutionen
übergeben werden, wenn die Gefahr besteht, dass sie der
Folter unterworfen oder zum Tode verurteilt werden
könnten. Diese Pflicht besteht nicht nur in einem „Unter-
lassen“, sondern verdichtet sich zu einer Verpflichtung,
durch aktives Tun Menschenrechtsverletzungen zu ver-
hindern.

6. Geheimhaltung ganzer Einsätze des KSK

Ein weiteres Ergebnis der Dauerstationierung des KSK
war, dass über den OEF-Einsatz in Afghanistan insgesamt
ein „Schleier der Geheimhaltung“ gelegt wurde. Nicht
einmal die Tatsache des Einsatzes des KSK wurde gegen-
über der Öffentlichkeit bestätigt. Dies begünstigte einer-
seits Gerüchte und Spekulationen: So im Juli 2005 vom
angeblichen Tod von bis zu 12 KSK-Soldaten in Afgha-
nistan (www.german-foreign-policy.com) oder von der
angeblichen Vorbereitung des KSK auf die „Eliminie-
rung“ von Drogenbossen (Uli Rauss im stern 28/2005,
S. 38). Im FREITAG (22. Juli 2005) erschien daraufhin
der Artikel „Kommando Spezialkiller“ von Jürgen Rose,
Oberstleutnant der Bundeswehr. Hierzu forderte der Ob-
mann der Bündnisgrünen im Verteidigungsausschuss am
18. Juli 2005 schriftlich Aufklärung von Verteidigungs-
minister Dr. Struck. Die totale Geheimhaltung machte
eine öffentliche Klarstellung unmöglich.

Die vollständige Geheimhaltung führte zugleich zu einer
Entmündigung des Parlaments insgesamt. Denn in der
Praxis der Bundesregierung wurden alle Operationen, an
denen das KSK beteiligt war, als geheimhaltungsbedürf-
tig eingestuft, selbst wenn dies von der Natur des Einsat-
zes her nicht gerechtfertigt war. Wo nur die Obleute des
Verteidigungsausschusses seit Minister Struck über die
KSK-Einsätze unter „geheim“ unterrichtet werden, sind
die Abgeordneten insgesamt nicht in der Lage, die Ver-
antwortbarkeit des Einsatzes seriös zu bewerten.

Der ausschließliche Einsatz von Spezialkräften stellt eine
Ausnahme dar. Die Einsatzpraxis der letzten Jahre in Af-
ghanistan zeigt, dass im Rahmen der ISAF-Mission ver-
mutlich häufiger Spezialkräfte und herkömmliche Soldaten
gemeinsam operieren bzw. Spezialkräfte Aufklärungsmis-
sionen durchführen. Der Bundestag hat von diesen Einsät-
zen in der Regel keinerlei Kenntnis, sondern ist auf Pres-
seberichte oder das Wohlwollen der Bundesregierung
angewiesen. Während bis zur Verabschiedung des Parla-
mentsbeteiligungsgesetzes (ParlBG) die Bundesregierung
in der Regel angegeben hatte, welche „Kräfte“ sie konkret
einzusetzen gedenkt, wird der Bundestag inzwischen nur
noch über die „Fähigkeiten“ unterrichtet. So erfuhren die
Abgeordneten erst aus der Presse, dass im Rahmen der
Kongo-Mission auch Spezialkräfte zum Einsatz kamen
oder dass von Seiten der Bundesregierung im Rahmen des
der direkten Übergabe selbst ergriffener Verdächtiger) be-
gründen im Falle von Verstößen gegen die Menschen-

Libanon-Einsatzes als „nationale Beistellung“ ein „Spio-
nageschiff“ eingesetzt wurde.

Drucksache 16/10650 – 182 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Als Reaktion auf die Einsetzung des Untersuchungsaus-
schusses bot die Bundesregierung den Fraktionsvorsitzen-
den Ende 2006 erprobungsweise ein spezielles Unterrich-
tungsverfahren für geheimhaltungsbedürftige Einsätze an.
Demnach bietet die Bundesregierung an, einen ausgewähl-

nur eine begrenzte Unterrichtungspflicht der Bundesre-
gierung gegenüber dem Deutschen Bundestag. Und selbst
die in § 6 ParlBG genannte und in der Begründung weiter
ausdifferenzierten Pflichten werden von der Bundesregie-
rung nicht eingehalten. Das von der Bundesregierung
ten Kreis von Abgeordneten (Vorsitzende, Stellvertretende
Vorsitzende und Obleute des Auswärtigen Ausschusses
bzw. Verteidigungsausschusses) vertraulich zu unterrich-
ten. Das Unterrichtungs-Ermessen liegt dabei allein in den
Händen der Bundesregierung. Eine Unterrichtung soll
aber erst dann erfolgen „sobald und soweit dies ohne Ge-
fährdung des Einsatzes, der Soldaten oder ihrer Angehöri-
gen möglich ist“. Sobald diese Bedingungen erfüllt sind,
ist eine Geheimunterrichtung jedoch überflüssig.

Bei dieser Sachlage ist eine Ausnahme von den Informa-
tionspflichten des § 6 ParlBG nicht angebracht. Es kann
nicht richtig sein, wesentliche Teile des deutschen militä-
rischen Afghanistan-Einsatzes der politischen Diskussion
und parlamentarischen Kontrolle mit dem formelhaften
Hinweis auf die Notwendigkeit der Geheimhaltung vorzu-
enthalten, wenn die im Zusammenhang mit dem KSK auf-
gestellten besonders strikten Geheimhaltungsvorschriften
von der Natur des konkreten Einsatzes nicht gerechtfertigt
sind.

X. Forderungen
Angesichts der Herausforderungen durch irreguläre Kräfte
und asymmetrische Konfliktkonstellationen auch bei Sta-
bilisierungseinsätzen, angesichts der Erwartungen in der
Öffentlichkeit zumindest demokratischer Staaten, dass ei-
gene Verluste und zivile Opfer so weit wie eben möglich
vermieden werden, gibt es international und zumindest
bei vielen Verbündeten einen wachsenden Bedarf an Spe-
zialkräften. Die sie und ihre Einsätze umgebende Ge-
heimhaltung ist zugleich eine latente Versuchung für die
Politik, darüber parlamentarische Kontrollen und die Bli-
cke einer kritischen Öffentlichkeit zu umgehen. Die
internationale Geschichte von Spezialkräften und -einsät-
zen zeigt überdies nachdrücklich, wie dicht hier die Grau-
zonen sind und wie vielfältig die Übergänge zu schmutzi-
gen Geheimkriegen jenseits von Völker- und
Menschenrechten. Insofern kommt den folgenden Forde-
rungen eine ganz besondere Bedeutung zu. Sie sind eine
zwingende Konsequenz der Inneren Führung und ihrer
Weiterentwicklung.

1. Verbesserte parlamentarische Kontrolle
Geheimschutzinteressen sind allenfalls durch zeitweili-
gen Ausschluss der Öffentlichkeit, nicht jedoch durch
Ausschluss des Parlaments auf Dauer zu wahren. Derzeit
gibt es hinsichtlich geheimhaltungsbedürftiger Einsätze

vorgeschlagene Unterrichtungsverfahren über geheimhal-
tungsbedürftige Einsätze hat sich nicht bewährt. Für die
geheimhaltungsbedürftigen Sachverhalte muss ein recht-
lich verbrieftes Verfahren gefunden werden, das dem
Schutzinteresse von Soldaten und laufenden Operationen
sowie den Kontroll- und Mitwirkungsrechten des Bun-
destages gerecht wird. Die Geheimhaltung ist dabei auf
ein Minimum zu beschränken. Darüber hinaus muss die
Bundesregierung künftig bei der Mandatserteilung die für
den Einsatz vorgesehenen Kräfte, einschließlich der Spe-
zialkräfte, im Mandat bzw. gegenüber dem Bundestag ex-
plizit benennen (vgl. Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN, Bundestagsdrucksache 16/6770 „Prüfkri-
terien für Auslandseinsätze der Bundeswehr entwickeln –
Unterrichtung und Evaluation verbessern“).

2. Klare rechtliche Regelungen

Die Entsendung von Soldaten in bewaffnete Auseinan-
dersetzungen verlangt vorab weitestgehende Klarheit
über die Rechtgrundlagen, die für den einzelnen Soldaten
klar erkennbar sein müssen. Die Vorgaben des Grundge-
setzes und der Europäischen Menschenrechtskonvention
(EMRK) müssen schon im Vorfeld des Einsatzes benannt
und in den Rules of Engagement umgesetzt werden (vgl.
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Bun-
destagsdrucksache 16/8402 „Für klare menschen- und
völkerrechtliche Bindungen bei Auslandseinsätzen der
Bundeswehr“).

3. Menschenrechte in der militärischen
Ausbildung

Neben den Erfordernissen des humanitären Völkerrechts
sollten auch die Anforderungen des Grund- und Men-
schenrechtsschutzes in die militärische Ausbildung einge-
führt werden. Denn die Menschenrechte gelten während
bewaffneter Konflikte grundsätzlich fort. Sie gelten damit
gleichzeitig und nicht alternativ zum humanitären Völ-
kerrecht. Die Bundesregierung hat 2005 gegenüber dem
UN-Menschenrechtsausschuss zugesichert, dass bei der
Ausbildung deutscher Sicherheitskräfte im internationa-
len Einsatz eine „Belehrung“ über die im Internationalen
Pakt über bürgerliche und politische Rechte verankerten
Menschenrechte vorgesehen ist. Es geht darum, allen Sol-
daten ein Verständnis dafür zu vermitteln, dass die Men-
schenrechte immer und überall Richtschnur und Maßstab
ihres Handelns sein müssen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183 – Drucksache 16/10650

Fünfter Teil

Übersichten und Verzeichnisse
I. Abkürzungsverzeichnis

A
AA Auswärtiges Amt
a. a. O. am angegebenen Ort
Abg. Abgeordnete/r
AbgG Abgeordnetengesetz
Abs. Absatz
Abt. Abteilung
abzgl. abzüglich
a. D. außer Dienst
A-Drs. Ausschussdrucksache
AFG Afghanistan
AL Abteilungsleiter
AMK Amt für Militärkunde
ANBw Amt für Nachrichtenwesen der Bundeswehr
Anl. Anlage
Anm. Anmerkung
AQ-Kämpfer Al Qaida-Kämpfer
AQ-Terroristen Al Qaida-Terroristen
ARD Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland
Art. Artikel
AWACS Airborne Warning and Control System
Az. Aktenzeichen

B
BauDir Baudirektor
BB Beweisbeschluss
BBC British Broadcasting Corporation
Bd. Band
Befh Befehlshaber
Betr. Betreff
BfV Bundesamt für Verfassungsschutz
BGB Bürgerliches Gesetzbuch
BGBl. Bundesgesetzblatt
BGH Bundesgerichtshof
BK Bundeskanzleramt
BKA Bundeskriminalamt
Bl. Blatt
BM Bundesminister
BMI Bundesministerium des Innern
BMJ Bundesministerium der Justiz

BMVg Bundesministerium der Verteidigung
BND Bundesnachrichtendienst

Drucksache 16/10650 – 184 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

BReg Bundesregierung
BSI Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik
bspw. beispielsweise
BU Beratungsunterlage
BV Besonderes Vorkommnis
BVerfG Bundesverfassungsgericht
BVerfGE Entscheidungssammlung des Bundesverfassungsgerichts
Bw Bundeswehr
bzgl. bezüglich
bzw. beziehungsweise

C
ca. circa
CD Compact Disc
CD-ROM Compact Disc – Read Only Memory
Cdr. Commander
CDU Christlich-Demokratische Union
CENTCOM Central Command
CFLCC Coalition Forces Land Component Command
CIA Central Intelligence Agency
CJSOTF Combined Joint Special Operation Task Force
CJTF Combined Joint Task Force
CONOP Concept of Operations
CSU Christlich-Soziale Union

D
d. A. der Akte(n)
DBT Deutscher Bundestag
DEU Deutsch
Dez. Dezember
d. h. das heißt
d. Verf. der Verfasser
Dipl.-Jur. Diplomjurist
Dr. Doktor
Drs. Drucksache
DSO Division Spezielle Operationen
DtHKtgt Deutsches Heereskontingent
DtHKtg.Spezkr. EF Deutsches Heereskontingent Spezialkräfte Enduring Freedom

E
EF Enduring Freedom
EG Europäische Gemeinschaft
EinsFüKdo Einsatzführungskommando
EinsFüKdoBw Einsatzführungskommando der Bundeswehr

einschl. einschließlich
EMRK Europäische Menschenrechtskonvention

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 185 – Drucksache 16/10650

EKA Evangelisches Kirchenamt für die Bundeswehr
EP Europäisches Parlament
ETB Einsatztagebuch
etc. et cetera
EU Europäische Union

F
f. folgend
FDP Freie Demokratische Partei
ff. folgende
f. d. R. d. A. für die Richtigkeit der Angaben
Febr. Februar
Fm/EloAufkl Fernmelde- und Elektronische Aufklärung
FNKr Feldnachrichtenkräfte
FOB Forward Operation Base
FOSK Führung Operationen von Spezialkräften
Frankf. a. M. Frankfurt am Main
Fü S Führungsstab der Streitkräfte

G
GA Genfer Abkommen
GASP Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
GBA Generalbundesanwalt
gem. gemäß
GG Grundgesetz
Ggf./ggf. gegebenenfalls
GO-BT Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages
GSO-BT Geheimschutzordnung des Deutschen Bundestages
GVG Gerichtsverfassungsgesetz
Gz. Geschäftszeichen

H
h. c. honoris causa
Hrsg. Herausgeber
HQ Headquarter

I
IA Interim Authority
ICRC International Committee of the Red Cross
i. G. im Generalstab
i. H. v. in Höhe von
IKRK Internationales Komitee vom Roten Kreuz
inkl. inklusive
insbes. insbesondere
IPA Interparlamentarische Arbeitsgemeinschaft
ISAF International Security Assistance Force

IStGH Internationaler Strafgerichtshof
i. V. m. in Verbindung mit

Drucksache 16/10650 – 186 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

J
Jan. Januar

K
KdoStratAufkl Kommando für Strategische Aufklärung
KdoTrp Kommandotrupp
Kfz Kraftfahrzeug
km Kilometer
KMNB Kabul Multinational Brigade
KOK Kriminaloberkommissar
KS Konsulatssekretär
KS z. A. Konsulatssekretär zur Anstellung
KSK Kommando Spezialkräfte
KTB Kriegstagebuch

L
lfd. Nr. laufende Nummer
lit. Buchstabe
Lkw/LKW Lastkraftwagen
LR Legationsrat
LRD’in Leitende Regierungsdirektorin
lt. laut

M
M. K. Murat Kurnaz
MAT Materialie(n)
MAD Militärischer Abschirmdienst
MD/MinDir Ministerialdirektor
MdB Mitglied des Deutschen Bundestages
MdEP Mitglied des Europäischen Parlaments
MDg / MinDirig Ministerialdirigent
MilDek Militärdekan
MilGenDek Militärgeneraldekan
MilGenVik Militärgeneralvikar
MilNW Militärisches Nachrichtenwesen
MilNWBw Militärisches Nachrichtenwesen der Bundeswehr
MinR / MR Ministerialrat
MRn Ministerialrätin
Mio. Million(en)
MoU Memorandum of Understanding
MREs Meals ready to eat

N
NATO North Atlantic Treaty Organisation
NfD Nur für den Dienstgebrauch
NJW Neue Juristische Wochenzeitung

n. m. B. nach meiner Bewertung
Nov. November

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 187 – Drucksache 16/10650

Nr. Nummer
NRF NATO Response Force
NSC National Security Council
NVwZ Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht

O
o. ä. oder ähnliches
o. g. oben genannt
OARn Oberamtsrätin
OEF Operation Enduring Freedom
OHQ Operational Headquarter
OPCON Operational Control
OpIK Operationen gegen irreguläre Kräfte
OrgPlan Organisationsplan
ORR Oberregierungsrat
ORRn Oberregierungsrätin
OPZ Operationszentrale
o. V. i. A. oder Vertreter im Amt
Ord. Ordner
OTL Oberstleutnant
OLt Oberleutnant

P
PA Parlamentarischer Ausschuss/Parlamentsausschuss
ParlBG Parlamentsbeteiligungsgesetz
ParlKab Parlament- und Kabinettreferat
PDS Partei des Demokratischen Sozialismus
PIZ Presse- und Informationszentrum
PKG Parlamentarisches Kontrollgremium
POC Point of Contact
POW Prisoners of War
Prof. Professor
Prot. Protokoll
PStS Parlamentarischer Staatssekretär
PUAG Parlamentarisches Untersuchungsausschussgesetz

R
R Referat
RA Rechtsanwalt
RD/RegDir Regierungsdirektor
RDn Regierungsdirektorin
rd. rund
Red. Redaktion/redaktionell
Res. Resolution
RoE Rules of Engagement

RR Regierungsrat
RRn Regierungsrätin

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 188 – Drucksache 16/10650

S
S. Seite
s. siehe
s. o. siehe oben
SAS Special Air Service
SEAL Sea Air and Land (Forces)
SGA Satellitengestützte Abbildende Aufklärung
SF Special Forces
SKB Streitkräftebasis
SOF Special Operation Forces
sog. sogenannte/n/r/s
SPD Sozialdemokratische Partei Deutschlands
Spezkr Spezialkräfte
SpezOps Spezielle Operationen
StA Staatsanwaltschaft
StAL Stabsabteilungsleiter
StGB Strafgesetzbuch
StPO Strafprozessordnung
StS Staatssekretär
Stellv. Stellvertretende/r
Sten. Prot. Stenografisches Protokoll
SWP Stiftung Wissenschaft und Politik

T
taz die tageszeitung
TB-Führer Taliban-Führer
Tgb.-Nr. Tagebuchnummer
TJ Tablighi Jamaat
Tsd. Tausend

U
u. und
u. a. unter anderem
u. ä. und Ähnliches
UA Untersuchungsausschuss
UAL Unterabteilungsleiter
UK United Kingdom
UN United Nations
UNO United Nations Organization
US United States
USA United States of America
USCENTCOM United States Central Command

USEUCOM United States European Command
usw. und so weiter

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 189 – Drucksache 16/10650

V
v. von, vom
v. a. vor allem
VA / VtgA Verteidigungsausschuss
VB Verbindungsbeamter
VBn Verbindungsbeamtin
Vfg. Verfügung
vgl. vergleiche
VLR Vortragender Legationsrat
VLR I Vortragender Legationsrat 1. Klasse
VN Vereinte Nationen
VNSR Vereinte Nationen Sicherheitsrat
Vors. Vorsitzende/r
VS-NfD VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH
VS-Vertr. VS-VERTRAULICH
VTC Video-Teleconference
VwGO Verwaltungsgerichtsordnung

W
WB Wehrbeauftragter
WBeauftrG Wehrbeauftragtengesetz
WP Wahlperiode

Z
z. A. zur Anstellung
zzt. zurzeit
z. B. zum Beispiel
ZDv Zentrale Dienstvorschrift
Ziff. Ziffer
ZIP Dateiformat zur komprimierten Archivierung von Dateien
z. N. zum Nachteil
ZNBw Zentrum für Nachrichtenwesen der Bundeswehr
ZP Zusatzprotokoll
ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik
zzgl. zuzüglich

sonstige Abkürzungen
§ (§§) Paragraph(en)

Drucksache 16/10650 – 190 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

II. Übersicht der Beratungsunterlagen

beschlos-
sen/

behandelt

Verfahrens-/
Beweis-

beschluss

Beratungs-
unterlage

16/
Art, Datum und Inhalt

verteilt
am

am BB 16 -

1 Antrag der Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und der
SPD im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 23.11.2006:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Beiziehung folgender Unterla-
gen des BMVg und der nachgeordneten Dienststellen:
- Organigramme des BMVg aus dem Zeitraum vom

1. Nov. 2001 bis zum 30. Nov. 2002;
- alle Befehle aus dem BMVg und den nachgeordneten

Dienststellen, die den Einsatz der „Deutschen Heereskon-
tingente Spezialkräfte Enduring Freedom“ betreffen, aus
dem Zeitraum 1. Nov. 2001 bis zum 30. Nov. 2002;

- alle Dienstpläne der „Deutschen Heereskontingente Spe-
zialkräfte Enduring Freedom“ vom 1. Nov. 2001 bis zum
30. Nov. 2002 im Einsatzgebiet;

- alle Tagesbefehle, die den Einsatz der „Deutschen Hee-
reskontingente Spezialkräfte Enduring Freedom“ vom
1. Nov. 2001 bis zum 30. Nov. 2002 betreffen;

- alle Vernehmungs- und Anhörungsprotokolle von Solda-
ten der „Deutschen Heereskontingente Spezialkräfte En-
during Freedom“ zum Vorgang „Murat Kurnaz“;

- alle dienstl. Erklärungen von Soldaten der „Deutschen
Heereskontingente Spezialkräfte Enduring Freedom“ zum
Vorgang „Murat Kurnaz“;

- alle Befehle zu militärischen Operationen der „Deutschen
Heereskontingente Spezialkräfte Enduring Freedom“
während des Einsatzes in Afghanistan im Zeitraum vom
1. Nov. 2001 bis zum 30. Nov. 2002;

- Liste der im Kommando Spezialkräfte in Führungsver-
antwortung stehenden Soldaten vom Kommandeur bis zur
Ebene der Zugführer im Zeitraum vom 1. Nov. 2001 bis
zum 30. Nov. 2002;

- Liste der in den „Deutschen Heereskontingenten Spezial-
kräfte Enduring Freedom“ in Führungsverantwortung ste-
henden Soldaten vom Kontingentführer bis zur Ebene der
Teileinheitsführer im Zeitraum vom 1. Nov. 2001 bis zum
30. Nov. 2002;

- alle weiteren Unterlagen (einschl. von Protokollen,
Sprechzetteln, Vermerken und Aktennotizen) des BMVg
und der nachgeordneten Dienststellen zu Kontakten von
Soldaten der Bundeswehr zu Murat Kurnaz und zu den
durchgeführten militärischen Operationen der „Deutschen
Heereskontingente Spezialkräfte Enduring Freedom“
während des Einsatzes in Afghanistan im Zeitraum vom
1. Nov. 2001 bis zum 30. Nov. 2002.

23.11.2006 29.11.2006 1

2 Antrag der Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und der
SPD im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 23.11.2006:
Es soll Beweis erhoben werden zur Frage, ob Murat Kurnaz
durch Angehörige der Bundeswehr in seiner körperlichen

23.11.2006 29.11.2006 2

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 191 – Drucksache 16/10650

beschlos-
sen/

behandelt

Verfahrens-/
Beweis-

beschluss

Beratungs-
unterlage

16/
Art, Datum und Inhalt

verteilt
am

am BB 16 -

Integrität beeinträchtigt wurde und wenn ja, durch wen,
durch Beiziehung der Akten der Staatsanwaltschaft Tübin-
gen im Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen Ver-
dachts der Körperverletzung im Amt aufgrund der Äuße-
rungen von Murat Kurnaz über seine behauptete Misshand-
lung durch Soldaten der Bundeswehr Anfang 2002 in Kan-
dahar (Afghanistan).

3 Antrag der Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und der
SPD im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 23.11.2006:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Beiziehung der Ausschusspro-
tokolle des Verteidigungsausschusses des DBT mit Bezug
zum Einsatz von deutschen Soldaten im Rahmen der Opera-
tion Enduring Freedom im Zeitraum vom 1. Nov. 2001 bis
30. Nov. 2002.

24.11.2006 29.11.2006 3

4 Beschlussvorschlag:
Einsetzung eines interfraktionellen Gremiums

24.11.2006 29.11.2006 Beschluss 1
zum

Verfahren
5 Beschlussvorschlag:

Nichtöffentlichkeit der Sitzungen (gemäß § 14 Abs. 4 Un-
tersuchungsausschussgesetz i. V. m. Art. 45a Abs. 3 GG)

24.11.2006 29.11.2006 Beschluss 2
zum

Verfahren
6 Beschlussvorschlag:

Protokollierung der Ausschusssitzungen (zu § 11 Untersu-
chungsausschussgesetz)

24.11.2006 29.11.2006 Beschluss 3
zum

Verfahren
7 Beschlussvorschlag:

Verteilung von Beratungsunterlagen, Beweisbeschlüssen
und Ausschussmaterialien

24.11.2006 29.11.2006 Beschluss 4
zum

Verfahren
8 Beschlussvorschlag:

Behandlung der Ausschussprotokolle
24.11.2006 29.11.2006 Beschluss 5

zum
Verfahren

9 Beschlussvorschlag:
Verzicht auf Verlesung von Schriftstücken (zu § 31 Unter-
suchungsausschussgesetz)

24.11.2006 29.11.2006 Beschluss 6
zum

Verfahren
10 Beschlussvorschlag:

Verpflichtung zur Geheimhaltung
24.11.2006 29.11.2006 Beschluss 7

zum
Verfahren

11 Beschlussvorschlag:
Verteilung von Verschlusssachen (zu § 16 Abs. 1 Untersu-
chungsausschussgesetz)

24.11.2006 29.11.2006 Beschluss 8
zum

Verfahren
12 Beschlussvorschlag:

Fragerecht bei der Beweiserhebung
24.11.2006 29.11.2006 Beschluss 9

zum
Verfahren

13 Beschlussvorschlag:
Behandlung von Beweisanträgen

24.11.2006 29.11.2006 Beschluss 10
zum

Verfahren
14 Beschlussvorschlag:

Zutritt von Fraktionsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern (zu
§ 12 Abs. 2 Untersuchungsausschussgesetz)

24.11.2006 29.11.2006 Beschluss 11
zum

Verfahren

Drucksache 16/10650 – 192 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

beschlos-
sen/

behandelt

Verfahrens-/
Beweis-

beschluss

Beratungs-
unterlage

16/
Art, Datum und Inhalt

verteilt
am

am BB 16 -

15 Beschlussvorschlag:
Mitteilungen aus nichtöffentlichen Sitzungen

24.11.2006 29.11.2006 Beschluss 12
zum

Verfahren
16 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA

gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 24.11.2006:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Beiziehung von Aufzeichnun-
gen aller Art über mögliche Informationen, die der Wehrbe-
auftragte für den Zeitraum 1. Nov. 2001 bis 30. Nov. 2002
hinsichtlich Murat Kurnaz erhalten haben könnte.

24.11.2006 29.11.2006 4

17 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA
gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 24.11.2006:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Beiziehung von Aufzeichnun-
gen aller Art über Gespräche im Kabinett für den Zeitraum
1. Nov. 2001 bis 30. Nov. 2002, die sich auf Murat Kurnaz
beziehen.

24.11.2006 29.11.2006 -

18 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA
gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 24.11.2006:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Beiziehung von Aufzeichnun-
gen aller Art über Gespräche im Kabinett für den Zeitraum
1. Nov. 2001 bis 30. Nov. 2002, die sich auf die KSK bezie-
hen.

24.11.2006 29.11.2006 -

19 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA
gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 24.11.2006:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Beiziehung von Aufzeichnun-
gen aller Art über Informationen, die der Wehrbeauftragte
für den Zeitraum 1. Nov. 2001 bis 30. Nov. 2002 hinsicht-
lich der KSK erhielt.

24.11.2006 29.11.2006 5

20 Antrag der Mitglieder der Fraktion der FDP im 1. UA gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 24.11.2006:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Beiziehung aller Akten, die den
Untersuchungsgegenstand betreffen oder zu dessen Erhel-
lung beitragen können, insbesondere
- Org.-Pläne Bundeskanzleramt, BMVg, AA, BMI,

EinFüKdo, Amt für Nachrichtenwesen bzw. ZNBw,
BND, Amt für Militärkunde, deutsches Verbindungs-
kommando US CENTCOM, Namen der BND-Verbin-
dungsbeamten bei US CENTCOM aus dem Zeitraum
1. Nov. 2001 bis zum 30. Nov. 2002;

- Liste der Angehörigen des „Deutschen Heereskontingents
Spezialkräfte Enduring Freedom“, die im Einsatzgebiet
vom 1. Nov. 2001 bis zum 30. Nov. 2002 zum Einsatz
gekommen sind, sowie die Liste der in diesem Zeitraum
im Kommando Spezialkräfte in Führungsverantwortung
stehenden Soldaten vom Kommandeur bis zur Ebene der
Zugführer sowie alle Dienstpläne dieses Kontingents und

24.11.2006 29.11.2006 6

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 193 – Drucksache 16/10650

beschlos-
sen/

behandelt

Verfahrens-/
Beweis-

beschluss

Beratungs-
unterlage

16/
Art, Datum und Inhalt

verteilt
am

am BB 16 -

diesen Zeitraum betreffend;
- alle dienstlichen Erklärungen, Vernehmungs- und Anhö-

rungsprotokolle zum Vorgang „Murat Kurnaz“;
- alle Befehle aus dem BMVg und den nachgeordneten

Dienststellen, die den Einsatz der „Deutschen Heereskon-
tingente Spezialkräfte Enduring Freedom“ betreffen, aus
dem Zeitraum 1. Nov. 2001 bis zum 30. Nov. 2002;

- tägliche Meldung und tägliche Weisung vom
1. Nov. 2001 bis zum 30. Nov. 2002, die den Einsatz der
„Deutschen Heereskontingente Spezialkräfte Enduring
Freedom“ betreffen;

- alle Befehle zu militärischen Operationen der „Deutschen
Heereskontingente Spezialkräfte Enduring Freedom“
während des Einsatzes in Afghanistan im Zeitraum vom
1. Nov. 2001 bis zum 30. Nov. 2002;

- alle weiteren Unterlagen (einschl. von Protokollen,
Sprechzetteln, Vermerken und Aktennotizen) des BMVg
und der nachgeordneten Dienststellen zu Kontakten von
Soldaten der Bundeswehr zu Murat Kurnaz und zu den
durchgeführten Operationen der „Deutschen Heereskon-
tingente Spezialkräfte Enduring Freedom“ die den Zeit-
punkt des Einsatzes in Afghanistan im Zeitraum
1. Nov. 2001 bis zum 30. Nov. 2002;

- MoU, RoE, CONOP, technische Verständigung mit
US-Partnern, insbesondere über Umgang mit „festzuhal-
tenden“ Personen aus dem Zeitraum 1. Nov. 2001 bis zum
30. Nov. 2002;

- alle weiteren Unterlagen, die Beschwerden von Soldaten
des Kommandos Spezialkräfte wegen der Behandlung von
Gefangenen durch Amerikaner und deren eigene unklare
rechtliche Lage an das Einsatzführungskommando sowie
andere Dienststellen aus dem Zeitraum 1. Nov. 2001 bis
zum 30. Nov. 2002 zum Gegenstand haben;

- BND-Bericht an Bundeskriminalamt vom 03.07.2002
sowie BND-Bericht vom 28.06.2002 an Bundeskanzler-
amt;

- Befragungsprotokolle schriftlich und Videos der Kurnaz-
Befragung durch BND und BfV am 23./24.09.2002;

- erster Bericht über die Befragung von BND und BfV an
Bundeskanzleramt/Referat 605 vom 02.10.2002;

- Bericht zur Befragung BND an Bundeskanzleramt/Referat
605 vom 08.10.2002.

21 Antrag der Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom
24.11.2006:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 4 und Nr. 5 des
Untersuchungsauftrages durch Beiziehung folgender Unter-
lagen:
- alle Abkommen, Vereinbarungen oder sonstige Dokumen-

te, die vor dem Hintergrund der deutschen Beteiligung an
der Operation Enduring Freedom zwischen Regierungs-

24.11.2006 29.11.2006 7

Drucksache 16/10650 – 194 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

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sen/

behandelt

Verfahrens-/
Beweis-

beschluss

Beratungs-
unterlage

16/
Art, Datum und Inhalt

verteilt
am

am BB 16 -

stellen der USA und Deutschlands geschlossen wurden
und vor allem Auskunft geben über Zugang zu und Aus-
tausch von Informationen, Zuständigkeiten, Befehls- und
Kommandostruktur, Rules of Engagement, Vereinbarun-
gen zum Umgang mit Gefangenen sowie den Einfluss auf
Auftrag, Aufgaben und Einsatz deutscher Soldaten im
Rahmen der Operation Enduring Freedom in Afghanistan;

- die nationalen Einsatzregeln, nach denen die Soldaten des
„Deutschen Heereskontingents Spezialkräfte Enduring
Freedom“, die Soldaten des Zentrums für Nachrichtenwe-
sen der Bundeswehr und andere im OEF-Einsatz verwen-
dete Soldaten oder Beamte während des US-geführten
Einsatzes in Afghanistan im Zeitraum vom 1. Nov. 2001
bis zum 30. Nov. 2002 gehandelt haben.

22 Antrag der Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom
24.11.2006:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 und Nr. 2 des
Untersuchungsauftrages durch die Beiziehung der Inter-
views und Stellungnahmen von Murat Kurnaz bzw. dessen
Anwalt, Bernhard Docke, zur Inhaftierung durch US-Streit-
kräfte und vermeintlichen Misshandlung durch Soldaten der
Bundeswehr, einschl. des Video-/Wortprotokollauszugs aus
der Sendung „beckmann“ vom 16.10.2006 und des Proto-
kolls der Aussage und Befragung vor dem CIA-Unter-
suchungsausschuss des Europäischen Parlaments am
22.11.2006.

24.11.2006 29.11.2006 8

23 Antrag der Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom
24.11.2006:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Beiziehung folgender Unterla-
gen des BMVg und der nachgeordneten Dienststellen:
- einer Übersicht über die Personalauswahl, Ausbildung,

Einsatzvorbereitung und Einsatzbegleitung der zum Ein-
satz gekommenen Soldaten;

- eines Berichts, einschl. Skizzen, Fotos oder Videoauf-
nahmen, der Auskunft gibt über die Infrastruktur und die
Organisation sowie die Unterbringung, Aufgaben und Be-
fugnisse deutscher Soldaten im Lager in Kandahar;

- eines Organigramms, einer Aufstellung sowie einer
Dienstpostenbeschreibung aller Bundeswehrsoldaten und
Bundesbediensteten, die im Untersuchungszeitraum im
Rahmen der Operation Enduring Freedom in Afghanistan
eingesetzt waren;

- eine Aufstellung aller Bundeswehrsoldaten und Bundes-
bediensteten, inkl. Organigramm und Dienstpostenbe-
schreibung, die im Untersuchungszeitraum in multinatio-
nalen militärischen Verbindungsstellen außerhalb Afgha-
nistans am OEF-Einsatz mitgewirkt haben;

24.11.2006 29.11.2006 9

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 195 – Drucksache 16/10650

beschlos-
sen/

behandelt

Verfahrens-/
Beweis-

beschluss

Beratungs-
unterlage

16/
Art, Datum und Inhalt

verteilt
am

am BB 16 -

- alle Vernehmungs- und Anhörungsprotokolle von Solda-
ten und Bundesbediensteten, die im Zusammenhang mit
dem Vorgang „Murat Kurnaz - Kandahar“ befragt wur-
den;

- aller Einsatz-/Kriegstagebuchberichte, die im Untersu-
chungszeitraum zum OEF-Einsatz in Afghanistan erstellt
wurden;

- aller Evaluationsberichte, die den OEF-Einsatz im Unter-
suchungszeitraum in Afghanistan betreffen.

24 Antrag der Mitglieder der Fraktion der FDP im 1. UA gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 04.12.2006:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages, indem im gestuften Verfahren
1. das BMVg diejenigen Soldaten benennen möge, die im

Rahmen der Kurnaz-Untersuchung des BMVg zur Stel-
lungnahme aufgefordert wurden und von denen bislang
keine Rückmeldung vorliegt

2. diese Soldaten als Zeugen vernommen werden.

07.12.2006 13.12.2006 14

25 Antrag der Mitglieder der Fraktion der FDP im 1. UA gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 04.12.2006:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages, indem im gestuften Verfahren
1. das BMVg diejenigen Soldaten benennen möge, die mit

Murat Kurnaz während seiner Gefangenschaft in Afgha-
nistan in irgendeiner Weise in Kontakt (z. B. Blickkon-
takt, Wortkontakt, körperlicher Kontakt) gekommen sind
oder die ihn im Gefangenenlager in Kandahar gesehen
haben.

2. diese Soldaten als Zeugen vernommen werden.

07.12.2006 13.12.2006 15

26 Antrag der Mitglieder der Fraktion der FDP im 1. UA gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 04.12.2006:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Vernehmung von Bernhard
Docke als Zeugen.

07.12.2006 13.12.2006 11

27 Antrag der Mitglieder der Fraktion der FDP im 1. UA gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 04.12.2006:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Vernehmung von Murat Kurnaz
als Zeugen.

07.12.2006 13.12.2006 10

28 Antrag der Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und der
SPD im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 06.12.2006:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Vernehmung des Kontingent-
führers 1. Kontingent als Zeugen.

07.12.2006 13.12.2006 12

29 Antrag der Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und der
SPD im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 06.12.2006:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Vernehmung des ehemaligen
Leiters der Abteilung Spezielle Operationen als Zeugen.

07.12.2006 13.12.2006 13

Drucksache 16/10650 – 196 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

beschlos-
sen/

behandelt

Verfahrens-/
Beweis-

beschluss

Beratungs-
unterlage

16/
Art, Datum und Inhalt

verteilt
am

am BB 16 -

30 Antrag der Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und der
SPD im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 06.12.2006:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 3 des Un-
tersuchungsauftrages durch Vernehmung von Murat Kurnaz
als Zeugen.

07.12.2006 13.12.2006 10

31 Antrag der Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und der
SPD im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG des DBT vom
12.01.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 3 des Un-
tersuchungsauftrages durch Vernehmung von
- Hauptfeldwebel (…)
- Hauptfeldwebel (…)
- Hauptfeldwebel (…)
- Hauptfeldwebel (…)
- Hauptfeldwebel (…)
- Hauptfeldwebel (…)
als Zeugen.

19.01.2007 31.01.2007 16

32 Antrag der Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und der
SPD im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 12.01.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 3 des Un-
tersuchungsauftrages durch Vernehmung von
- Oberstleutnant (…)
- Oberstleutnant (…)
- Hauptfeldwebel (…)
- Oberstabsfeldwebel (…)
als Zeugen.

19.01.2007 31.01.2007 17

33 Antrag der Mitglieder der Fraktion der FDP im 1. UA gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 15.01.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 3 des Un-
tersuchungsauftrages durch Vernehmung von
- Rudolf Scharping (Bundesminister a. D.)
- Walter Kolbow (Parl. Staatssekretär a. D.)
- Jörn Thießen (Büroleiter des Bundesministers Rudolf

Scharping)
als Zeugen.

19.01.2007 31.01.2007 18

34 Antrag der Mitglieder der Fraktion der FDP im 1. UA gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 18.01.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 3 des Un-
tersuchungsauftrages, indem im gestuften Verfahren
1. das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK)

höflichst gebeten wird, eine Liste derjenigen Mitarbeiter
zur Verfügung zu stellen, die im Untersuchungszeitraum
im Gefangenenlager Kandahar tätig gewesen sind.

2. Die Mitglieder des IKRK als Zeugen zu benennen, die
während der Gefangenschaft von Murat Kurnaz Kontakt
zu ihm hatten.

19.01.2007 31.01.2007 19

35 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA
gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 23.01.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 4 des Un-
tersuchungsauftrages durch Beiziehung der Videomitschnit-

24.01.2007 31.01.2007 -

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 197 – Drucksache 16/10650

beschlos-
sen/

behandelt

Verfahrens-/
Beweis-

beschluss

Beratungs-
unterlage

16/
Art, Datum und Inhalt

verteilt
am

am BB 16 -

te sämtlicher Videokonferenzen zwischen dem KSK-Ein-
satzführer Oberst (...) in Afghanistan und dem Einsatzfüh-
rungskommando im Zeitraum 26. Dez. 2001 bis 18. Jan.
2002 aus dem BMVg.

36 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA
gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 23.01.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Vernehmung des damaligen
Befehlshaber des Einsatzführungskommandos, Generalleut-
nant a. D. (…), als Zeugen.

24.01.2007 31.01.2007 20

37 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA
gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 24.01.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Beiziehung des Sprechzettels
gem. § 29 Abs. 1 PUAG, den der Zeuge Oberst (…) bei
seiner Vernehmung am 17. Jan. 2007 bei sich trug.

25.01.2007 31.01.2007 -

38 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA
gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 24.01.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 4 des Un-
tersuchungsauftrages durch Vernehmung des Militärpfarrers
und seines unmittelbaren Nachfolgers, die das erste Kontin-
gent des KSK ab Dez. 2001 nach Afghanistan begleiteten.

25.01.2007 31.01.2007 -

39 Antrag der Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und der
SPD im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 20.02.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu Nr. 4 des Untersu-
chungsauftrages durch Beiziehung folgender Unterlagen des
BMVg
- alle schriftlichen Regelwerke für den Einsatz deutscher

Soldaten, insbesondere zu den Führungs- und Einsatz-
grundsätzen, bezogen auf den Zeitraum Nov. 2001 bis
Nov. 2002 und auf den Einsatz in Kandahar/Afghanistan
(u. a. die durch den Zeugen Oberst a. D. (…) in der Sit-
zung zur Beweisaufnahme vom 31.01.2007 benannten
„Weisungen 100 und 101“).

20.02.2007 28.02.2007 -

40 Antrag der Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und der
SPD im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 20.02.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu Nr. 1 bis 3 des Untersu-
chungsauftrages durch Vernehmung von
- Stabsfeldwebel (…)
- Hauptfeldwebel (…)
- Zeuge (…)
- Hauptfeldwebel (…)
- Hauptmann (…)
- Oberstleutnant a. D. (…)
als Zeugen.

20.02.2007 28.02.2007 21

41 Antrag der Mitglieder der Fraktion der FDP im 1. UA gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 26.02.2007:
Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Leitungsvorla-
gen

27.02.2007 28.02.2007 -

Drucksache 16/10650 – 198 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

beschlos-
sen/

behandelt

Verfahrens-/
Beweis-

beschluss

Beratungs-
unterlage

16/
Art, Datum und Inhalt

verteilt
am

am BB 16 -

1. Ministervorlage vom 7. Nov. 2001 zur Unterstützung US
EUCOM mit Lufttransportmitteln/Luftumschlagpersonal,

2. Ministervorlage vom 21. Dez. 2001 zur Billigung der
Weisung Nr. 100 für die Vorbereitung des DEU Einsatz-
kontingentes Spezialkräfte im Rahmen der Operation
ENDURING FREEDOM,

3. Ministervorlage vom 10. Jan. 2002 zur grundsätzlichen
Billigung der Teilnahme von DEU Spezialkräften an
Einsätzen im Rahmen der Operation ENDURING
FREEDOM in Afghanistan

unverzüglich dem Verteidigungsausschuss als 1. UA gem.
§ Art. 45a Abs. 2 GG zugänglich zu machen.

42 Antrag der Mitglieder der Fraktion der FDP im 1. UA gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 01.03.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Beiziehung folgender Leitungs-
vorlagen:
1. BMVg-Ministervorlage vom 7. Nov. 2001 zur Unterstüt-

zung USEUCOM mit Luftransportmitteln/Luftumschlag-
personal,

2. BMVg-Ministervorlage vom 21. Dez. 2001 zur Billigung
der Weisung Nr. 100 für die Vorbereitung des DEU
Einsatzkontingents Spezialkräfte im Rahmen der Opera-
tion ENDURING FREEDOM,

3. BMVg-Ministervorlage vom 10. Jan. 2002 zur grundsätz-
lichen Billigung der Teilnahme von DEU Spezialkräften
an Einsätzen im Rahmen der Operation ENDURING
FREEDOM in Afghanistan.

01.03.2007 07.03.2007 22

43 Antrag der Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und der
SPD im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 01.03.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Vernehmung von
- Generalleutnant (…), damaliger Kommandeur der Divisi-

on Spezialkräfte,
- Generalmajor (…), damaliger Abteilungsleiter Fü S V,

BMVg,
- Oberst i. G. (…), damaliger Referatsleiter Fü S V 3,

BMVg
als Zeugen.

01.03.2007 07.03.2007 23

44 Antrag der Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom
01.03.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Vernehmung von
Brigadegeneral a. D. (…), ehemaliger Kommandeur des
KSK, als Zeugen.

05.03.2007 21.03.2007 24

45 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA
gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 02.03.2007:

05.03.2007 21.03.2007 -

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 199 – Drucksache 16/10650

beschlos-
sen/

behandelt

Verfahrens-/
Beweis-

beschluss

Beratungs-
unterlage

16/
Art, Datum und Inhalt

verteilt
am

am BB 16 -

Es soll Beweis erhoben werden zu Nr.1 bis 4 des Untersu-
chungsauftrages durch Vernehmung des Militärpfarrers und
seines unmittelbaren Nachfolgers, die das erste Kontingent
des KSK ab Dez. 2001 nach Afghanistan begleiteten.

46 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA
gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 02.03.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 4 des Un-
tersuchungsauftrages durch Vernehmung von Hauptfeldwe-
bel (…) als Zeugen.

05.03.2007 21.03.2007 25

47 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA
gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 05.03.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 3 des Un-
tersuchungsauftrages, indem im gestuften Verfahren:
1. das BMVg die Namen und dort bekannte ladungsfähige

Anschriften der Medienvertreter benennen möge, die in
Abstimmung mit dem BMVg im Zeitraum 1. Nov. 2001
bis 30. Nov. 2002 im Umfeld des Lagers Kandahar re-
cherchiert und/oder von dort berichtet haben, ergänzend;

2. das Sekretariat des Untersuchungsausschusses bei sämtli-
chen überregional verbreiteten/deutschen Medien (Print-
medien, TV-und Radiostationen, Internetzeitungen) an-
fragt, ob für sie tätige Mitarbeiter/Medienvertreter im
Zeitraum 1. Nov. 2001 bis 30. Nov. 2002 im Umfeld des
Lagers Kandahar recherchiert und/oder dort berichtet ha-
ben;

3. das Sekretariat des Untersuchungsausschusses die ent-
sprechenden Medien bittet, die Namen und ladungsfähi-
gen Anschriften der zu 1. erfassten Mitarbeiter/Medien-
vertreter mitzuteilen und im Anschluss hieran;

4. die jeweils benannten Personen als Zeugen vernommen
werden.

05.03.2007 21.03.2007 -

48 Antrag der Mitglieder der Fraktion der FDP im 1. UA gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 07.03.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 4 und 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Vernehmung von
- Dr. Willfried Penner (Wehrbeauftragter a. D.),
- Dr. Peter Struck (Bundesminister der Verteidigung a. D.),
- Dr. Walther Stützle (Staatssekretär a. D.),
- Klaus-Günther Biederbick (Staatssekretär a. D.) und
- Birgitt Heidinger (Leiterin Ministerbüro Dr. Struck)
als Zeugen.

08.03.2007 21.03.2007 26

49 Antrag der Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom
14.03.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages, indem das BMVg benennen möge, in
welchem Ordner die in dem Dokument Anlage 4 zu
EinsFüKdoBw - SpezOps - Az. 32-71-00 vom 24.06.2002
mit dem Titel „Grundsatzdokumente für den Einsatz SpezKr
im Rahmen der Operation ENDURING FREEDOM“ aufge-
listeten schriftlichen Weisungen/Grundsatzbefehle dem

15.03.2007 21.03.2007 27

Drucksache 16/10650 – 200 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

beschlos-
sen/

behandelt

Verfahrens-/
Beweis-

beschluss

Beratungs-
unterlage

16/
Art, Datum und Inhalt

verteilt
am

am BB 16 -

Untersuchungsausschuss vorgelegt wurden sowie die dem
Ausschuss nicht bereits zur Verfügung gestellten Dokumen-
te vorzulegen.

50 Antrag der Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom
15.03.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Beiziehung folgender Unterla-
gen des BMVg:
- alle schriftlichen Äußerungen des OTL (damals: Haupt-

mann) (…) gegenüber Vorgesetzten, insbesondere OTL
(…) und Oberst (…) mit Bezug auf den Untersuchungs-
zeitraum und den KSK-Einsatz in Afghanistan, von denen
der Zeuge (…) in der Sitzung des Untersuchungsaus-
schusses am 07.03.2007 berichtet hat.

15.03.2007 21.03.2007 -

51 Antrag der Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom
04.04.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 3 des Un-
tersuchungsauftrages, indem im gestuften Verfahren die
Bundesregierung gebeten wird, sämtliche Mitarbeiter des
BND, die im Untersuchungszeitraum in Kandahar tätig
waren, zu benennen und diese Mitarbeiter als Zeugen zu
vernehmen.

12.04.2007 25.04.2007 28

52 Antrag der Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom
04.04.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 3 des Un-
tersuchungsauftrages durch Beiziehung sämtlicher Unterla-
gen, einschl. Befragungsprotokollen, dienstlichen Erklärun-
gen, Vermerken, Aktennotizen bzw. Bildmaterial und Da-
tenträgern (CD, CD-ROM, Diskette oder ähnlich), die dem
Bundeskanzleramt, den Bundesministerien und nachgeord-
neten Behörden für den Zeitraum vom 1. Jan. 2001 bis
28. Febr. 2002 durch BND-Quellen, BND-Mitarbeiter oder
Mitarbeiter des Unterstützungselements Militärisches Nach-
richtenwesen Spezialkräfte in Kandahar mit Bezug auf einen
deutschen oder deutsch sprechenden Gefangenen oder die
Person Murat Kurnaz übermittelt wurden, einschl. derjeni-
gen Materialien, die von US-amerikanischer Seite direkt
oder indirekt an Hauptmann (…) übergeben wurden.

12.04.2007 25.04.2007 29

53 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA
gemäß Art. 45a Abs. 2 GG vom 19.04.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 4 des Un-
tersuchungsauftrages durch Vernehmung von Oberfeldarzt
(…), zu laden über das BMVg, als Zeugen.

20.04.2007 25.04.2007 30

54 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA
gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 19.04.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Punkten 4 und 5 des
Untersuchungsauftrages durch Vernehmung des Oberstleut-

20.04.2007 25.04.2007 31

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 201 – Drucksache 16/10650

beschlos-
sen/

behandelt

Verfahrens-/
Beweis-

beschluss

Beratungs-
unterlage

16/
Art, Datum und Inhalt

verteilt
am

am BB 16 -

nants (…) und des Fregattenkapitäns (…), zu laden über das
BMVg, als Zeugen.

55 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA
gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 19.04.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Vernehmung von Oberst (…),
stellv. Kontingentführer des 1. Kontingents, zu laden über
das BMVg, als Zeuge.

20.04.2007 25.04.2007 32

56 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA
gem. Art 45a Abs. 2 GG vom 19.04.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Beiziehung der Aufzeichnungs-
bänder (oder sonstigen Datenträger), auf denen die Video-
konferenzen (VTC) zwischen EinsFüKdo und Kontingent-
führer des Kommandos Spezialkräfte in Kandahar vom
1. Jan. 2002 bis 28. Febr. 2002 aufgezeichnet wurden.

20.04.2007 25.04.2007 -

57 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA
gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 19.04.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 3 des Un-
tersuchungsauftrages durch Vernehmung
1. des Kontingentführers bzw. der Kontingentführer des

dänischen Kontingents der in Kandahar in Zusammen-
hang mit der Operation Enduring Freedom zwischen dem
1. Nov. 2001 und 30. Nov. 2002 eingesetzten Spezial-
kräfte;

2. des Kontingentführers bzw. der Kontingentführer des
neuseeländischen Kontingents der in Kandahar in Zu-
sammenhang mit der Operation Enduring Freedom zwi-
schen dem 1. Nov. 2001 und 30. Nov. 2002 eingesetzten
Spezialkräfte als Zeugen.

20.04.2007 25.04.2007 -

58 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA
gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 19.04.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Beiziehung der digitalisierten
Fassung der Einsatztagebücher des Kommandos Spezial-
kräfte (KSK) zur Beteiligung an der „Operation Enduring
Freedom“ für den Zeitraum 1. Nov. 2001 bis 30. Nov. 2002.

20.04.2007 25.04.2007 33

59 Antrag der Mitglieder der Fraktion der FDP im 1. UA gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 26.04.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages:
Die Bundesregierung wird gebeten, schriftlich darzulegen,
ob im Zusammenhang mit der wiederholten ungewollten
Abgabe von Schüssen in Kandahar im Jan. 2002, in dessen
Folge ein KSK-Soldat vorzeitig das Einsatzkontingent ver-
lassen musste, ein Besonderes Vorkommnis (BV) gemeldet
wurde.
Sollte ein BV gemeldet worden sein, wird ferner darum
gebeten, dieses dem Untersuchungsausschuss zur Verfü-
gung zu stellen, unter gleichzeitiger Mitteilung, welche

27.04.2007 09.05.2007 34

Drucksache 16/10650 – 202 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

beschlos-
sen/

behandelt

Verfahrens-/
Beweis-

beschluss

Beratungs-
unterlage

16/
Art, Datum und Inhalt

verteilt
am

am BB 16 -

Dienststellen sowie Referate/Stabsabteilungen im BMVg
davon Kenntnis erhalten haben.

60 Antrag der Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom
10.05.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Beiziehung sämtlicher Tagesbe-
richte oder Tagesmeldungen der Verbindungsstelle ANBw
zum KSK in Kandahar für den Zeitraum vom 1.1.2002 bis
28.2.2002 sowie - für den gesamten Zeitraum des Untersu-
chungsauftrages - sämtlicher Meldungen aus Kandahar an
das ANBw oder den BND mit Bezug auf den Wachauftrag
oder die Inhaftierung von Europäern oder Deutschen im US-
Gefangenenlager sowie sämtlicher Erfahrungsberichte an
das ANBw oder den BND.

11.05.2007 23.05.2007 35

61 Antrag der Mitglieder der Fraktion der FDP im 1. UA gem.
Art. 45a Abs. 2 GG vom 10.05.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages: Die Bundesregierung wird gebeten,
möglicherweise von Satelliten der USA in der Zeit vom
1. bis 10. Januar 2002 aufgenommene Fotos vom Gefange-
nenlager auf dem Flughafen Kandahar, die beim BND oder
ZNBw archiviert sind, dem Untersuchungsausschuss zur
Verfügung zu stellen.

15.05.2007 23.05.2007 36

62 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA
gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 06.06.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Beiziehung des kompletten
Schriftwechsels (einschließlich E-Mails) zwischen BMVg,
BMJ und AA zur Frage der Rechtsgrundlagen für das Er-
greifen und Festhalten von Personen im Rahmen der Opera-
tion Enduring Freedom sowie der hierzu in den beteiligten
Ministerien verfassten Vermerke.

07.06.2007 13.06.2007 37

63 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA
gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 06.06.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Beiziehung der Ergebnisproto-
kolle von Videokonferenzen, die parallel zur Durchführung
der Videokonferenzen zwischen Einsatzführungskommando
und dem Kontingentführer des Kommandos Spezialkräfte in
Kandahar im Zeitraum Dezember 2001 bis November 2002
angefertigt wurden.

07.06.2007 13.06.2007 38

64 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA
gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 14.06.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 4 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Vernehmung des
- damaligen Leiters der Abteilung Recht, BMVg,
- damaligen Unterabteilungsleiters der Rechtsabteilung,

BMVg,

14.06.2007 20.06.2007 39

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 203 – Drucksache 16/10650

beschlos-
sen/

behandelt

Verfahrens-/
Beweis-

beschluss

Beratungs-
unterlage

16/
Art, Datum und Inhalt

verteilt
am

am BB 16 -

- damaligen Leiters des Referates R II 3, BMVg,
als Zeugen.

65 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA
gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 13.06.2007
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Vernehmung von General a. D.
Harald Kujat, ehemaliger Generalinspekteur der Bundes-
wehr, als Zeuge.

14.06.2007 20.06.2007 40

66 Beschlussvorschlag vom 26.06.2007:
Erstellung des Abschlussberichts

02.07.2007 04.07.2007 -

67 Beschlussvorschlag vom 26.06.2007:
Formeller Abschluss von Vernehmungen (§ 26 PUAG)

02.07.2007 04.07.2007 -

68 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA
gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 27.07.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Beiziehung
- sämtlicher über den G2-Offizier der ZMilNW des Deut-
schen Einsatzkontingents an das Einsatzführungskommando
auf dem truppendienstlichen Weg übermittelter Tagesbe-
richte oder Tagesmeldungen aus Kandahar für den Zeitraum
vom 01.01.2002 bis 28.02.2002 sowie - für den gesamten
Zeitraum des Untersuchungsauftrages
- sämtlicher auf dem vorgenannten Weg dem Einsatzfüh-
rungskommando aus Kandahar übermittelter Meldungen mit
Bezug auf den Wachauftrag oder die Inhaftierung von Eu-
ropäern oder Deutschen im US-Gefangenenlager und sämt-
licher Erfahrungsberichte, die auf dem oben aufgezeigten
Weg dem Einsatzführungskommando übermittelt wurden.

29.06.2007 04.07.2007 41

69 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA
gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 27.06.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Beiziehung des „Berichts zu den
Vorwürfen im Rahmen des Einsatzes der Feldnachrichten-
kräfte (FNKr) in Einsatzgebieten der Bundeswehr“ vom
13. Januar 2006.

29.06.2007 04.07.2007 -

70 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA
gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 09.08.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Vernehmung der laut Presse-
meldungen (vgl. Süddeutsche Zeitung vom 07.08.2007) von
Rechtsanwalt Docke im Ermittlungsverfahren der StA Tü-
bingen - 11 Js 26900/06 - neu benannten drei Zeugen aus
Großbritannien und den USA.

10.08.2007 19.09.2007 42

71 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA
gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 09.08.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages

10.08.2007 19.09.2007 43

Drucksache 16/10650 – 204 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

beschlos-
sen/

behandelt

Verfahrens-/
Beweis-

beschluss

Beratungs-
unterlage

16/
Art, Datum und Inhalt

verteilt
am

am BB 16 -

1. durch Beiziehung der Handakte der Staatsanwaltschaft
Tübingen im Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der
Körperverletzung zum Nachteil von Murat Kurnaz (Az.:
11 Js 26900/06)

2. durch Beiziehung der zur Ermittlungsakte der Staatsan-
waltschaft Tübingen im o. g. Verfahren seit der letzten
Akteneinsicht neu hinzugekommenen Aktenbestandteile.

72 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA
gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 09.08.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages
durch Beiziehung von Beweismitteln aus dem Bereich des
BMVg zum Entstehungszeitpunkt der in der Ermittlungsak-
te der StA Tübingen - 11 Js 26900/06 Blatt 65, 66, 67, 68,
69 - (offen) abgebildeten Lichtbilder: Das BMVg möge zu
jedem einzelnen Foto Blatt 65 bis Blatt 69 d. A. darlegen,
wann und durch wen dieses aufgenommen wurde und diese
Angaben durch Überlassung unveränderter Kopien der Ori-
ginaldateien, soweit dies nicht möglich ist, durch Zeugener-
klärungen, und die Vorlage einer schriftlichen Dokumenta-
tion zur Entstehung der Lichtbilder, belegen.

10.08.2007 19.09.2007 44

73 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA
gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 03.09.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Vernehmung von
1. Major Matthew W. Donald
2. Lance Corporal Athar Zulfiqar
3. Oberstleutnant Keith Warman
als Zeugen.

04.09.2007 19.09.2007 45

74 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA
gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 11.09.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Beiziehung des Disziplinarbu-
ches des am 21.03.2007 im Untersuchungsausschuss als
Zeugen vernommenen Hauptfeldwebels (…) beim Kom-
mando Spezialkräfte (KSK).

11.09.2007 19.09.2007 -

75 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA
gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 03.09.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Vernehmung von
- Hauptfeldwebel (…)
- Hauptfeldwebel (…)
als Zeugen.

11.09.2007 19.09.2007 46

76 Schreiben des Vorsitzenden des 1. Untersuchungsausschus-
ses vom 11.10.2007 mit Zusendung des Beweisbeschlusses
16 - 338:
Es wird Beweis erhoben zum Untersuchungsauftrag (BT-
Drs. 16/990, 16/1179 sowie 16/3028, 16/3191 sowie
16/5751, 16/6007) - hier v. a. zu Komplex III - durch Bei-
ziehung folgender Unterlagen:

18.09.2007 19.09.2007 -

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 205 – Drucksache 16/10650

beschlos-
sen/

behandelt

Verfahrens-/
Beweis-

beschluss

Beratungs-
unterlage

16/
Art, Datum und Inhalt

verteilt
am

am BB 16 -

Alle beigezogenen Unterlagen des Verteidigungsausschus-
ses als Untersuchungsausschuss, die die Tätigkeit von Herrn
(…) in Kandahar betreffen oder Herrn (…) namentlich oder
der Funktion nach erwähnen (beispielsweise von Herrn (…)
angefertigte Berichte, Unterlagen über die dienstlichen
Befragungen der in Kandahar stationierten Bundeswehr-
und Nachrichtendienstangehörige etc.) sowie das Stenogra-
fische Protokoll der Vernehmung von Herrn (…) vor dem
Verteidigungsausschuss als Untersuchungsausschuss.
Der Verteidigungsausschuss als Untersuchungsausschuss
wird gebeten, die Unterlagen vor dem 20.09.2007 an den
1. Untersuchungsausschuss zu übersenden.

77 Antrag der Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom
02.10.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Vernehmung des S2-Stabsoffi-
ziers KSK im 1. Kontingent (…).

05.10.2007 24.10.2007 47

78 Schreiben des Vorsitzenden des 1. Untersuchungsausschus-
ses vom 11.10.2007 mit Zusendung des Beweisbeschlusses
16 - 344:
Es wird Beweis erhoben zum Untersuchungsauftrag (BT-
Drs. 16/990, 16/1179 sowie 16/3028, 16/3191 sowie
16/5751, 16/6007) - hier v. a. zu Komplex III - durch Bei-
ziehung folgender Unterlagen:
Sämtliche Stenografische Protokolle des Verteidigungsaus-
schusses als 1. Untersuchungsausschuss über die Verneh-
mung von Zeugen, die die Tätigkeiten von Herrn (…) in
Kandahar betreffen oder Herrn (…) namentlich oder der
Funktion nach erwähnen.

18.10.2007 24.10.2007 -

79 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA
gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 17.10.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages:
Der BND möge die Identität des in MAT 16 - 60 (Tgb.-Nr.
PA 12/1. UA-16-51/07 geh.) - dort: Zelle MilNW, Meldung
an POC vom 01.01.2002 - benannten „Hauptmann (…) vom
BND“ offenlegen und eine ladungsfähige Anschrift dieses -
potentiellen - Zeugen mitteilen.

18.10.2007 24.10.2007 -

80 Beschlussvorschlag vom 05.12.2007:
Erstellung des Abschlussberichts

07.12.2007 12.12.2007 -

81 Beschlussvorschlag vom 05.12.2007:
Beendigung der Beweisaufnahme

07.12.2007 12.12.2007 -

82 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA
gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 04.12.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Beschaffung von im Zeitraum
03. bis 16.01.2002 aufgenommenen Satellitenbildern, die
das US-Gefangenenlager auf der FOB Airfield Kandahar
(mit-)abbilden, bei den auf Seite 3 des Schriftsatzes von

05.12.2007 12.12.2007 -

Drucksache 16/10650 – 206 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

beschlos-
sen/

behandelt

Verfahrens-/
Beweis-

beschluss

Beratungs-
unterlage

16/
Art, Datum und Inhalt

verteilt
am

am BB 16 -

RA Docke vom 19.06.2007 (MAT 16-56) erwähnten Stel-
len.

83 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA
gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 04.12.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-
tersuchungsauftrages durch Beiziehung des am 03.09.2007
unter dem Titel „Die Nacht von Kandahar“ in der Zeitschrift
„Der Spiegel“ erschienenen Artikels der Autoren John
Goetz und Holger Stark.

05.12.2007 12.12.2007 -

84 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA
gem. Art. 45a Abs. 2 GG des DBT vom 04.12.2007:
Es soll Beweis erhoben werden zu Nr. 1 bis 5 des Untersu-
chungsauftrages:
1. Der Untersuchungsausschuss beauftragt eine geeignete

Vernehmungsperson, z. B. einen US-amerikanischen
Anwalt - hier bietet sich insbesondere Professor Baher
Azmy (Associate Professor of Law, Seton Hall Law
School), der US-amerikanische Verteidiger von Murat
Kurnaz, an -, Kontakt zu den Zeugen Matthew W. Do-
nald, Keith Warman, Athar Zulfiqar herzustellen und
festzustellen, inwieweit diese Zeugen bereit sind, ihm
gegenüber Angaben zum Verfahrensgegenstand zu ma-
chen.

2. Der Untersuchungsausschuss beauftragt die ausgewählte
Vernehmungsperson, die zu 1. genannten Zeugen im Fal-
le ihrer Aussagebereitschaft an ihren Wohn- oder Auf-
enthaltsorten aufzusuchen und sie - nach fachgerechter
Belehrung und Aufklärung darüber, dass ihre Angaben in
ein Verfahren vor einem Untersuchungsausschuss des
DBT eingeführt werden sollen - in Hinblick auf die ihnen
im „Spiegel“-Artikel vom 03.09.2007 (unter dem Titel
„Die Nacht von Kandahar“) zugeschriebenen Aussagen
anzuhören.

3. Der Untersuchungsausschuss vernimmt die ausgewählte
Vernehmungsperson als Zeugen/Zeugin vom Hörensagen
über die Angaben der zu 1. genannten Zeugen.“

05.12.2007 12.12.2007 -

85 Beschlussvorschlag vom 15.01.2008:
Formeller Abschluss von Vernehmungen (§ 26 PUAG)
1. Die Beweisaufnahme durch Anhörung von Zeugen ist

beendet.
2. Die Vernehmungen der Zeugen, die das Stenografische

Protokoll über ihre Vernehmung durch den Untersu-
chungsausschuss erhalten und dazu Stellung genommen
bzw. auf eine Stellungnahme verzichtet haben, sind abge-
schlossen.

3. Für den Abschluss der Vernehmung derjenigen Zeugen,
denen das Protokoll noch nicht gestellt werden konnte
oder deren Frist zur Stellungnahme noch nicht abgelau-
fen ist, wird der stellvertretende Vorsitzende ermächtigt,
den entsprechenden Beschluss des Ausschusses nach Zif-
fer 2 im Umlaufverfahren herbeizuführen.

16.01.2008 23.01.2008 Beschluss 14
zum

Verfahren

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 207 – Drucksache 16/10650

beschlos-
sen/

behandelt

Verfahrens-/
Beweis-

beschluss

Beratungs-
unterlage

16/
Art, Datum und Inhalt

verteilt
am

am BB 16 -

86 Beschlussvorschlag vom 15.01.2008:
Erstellung des Abschlussberichts
1. Das Sekretariat wird - vorbehaltlich des Abschlusses der

Beweisaufnahme - beauftragt, bis Mittwoch, 30. Janu-
ar 2008, den Vorentwurf eines Abschlussberichts (Ein-
setzung des Untersuchungsausschusses, Ablauf des Un-
tersuchungsverfahrens, Feststellungsteil, Anlagen) zu
erstellen und diesen den Sprechern zuzuleiten.

2. Die Erstellung und Zuleitung der Bewertungen durch die
Sprecher an das Sekretariat erfolgen bis Montag,
3. März 2008. Zu den Berichtsteilen gehören auch die aus
den beigezogenen Unterlagen ggf. noch einzuarbeitenden
Dokumente sowie offenkundige Sachverhalte.

3. Die Beratung des Vorentwurfs und der Bewertungen
erfolgt durch die Sprecher am Mittwoch, 12. März 2008,
unter Würdigung der Frage des rechtlichen Gehörs. Bei
Bedarf könnten weitere Gespräche der Sprecher verein-
bart werden.

4. Die endgültigen Voten der Sprecher sind dem Sekretariat
bis Donnerstag, 10. April 2008, zuzuleiten.

5. Die Beratungssitzung, in der der Bericht (Verfahrens-
und Feststellungsteil, Bewertungsteile sowie ggf. abwei-
chende Berichte) festgestellt werden soll, wird bestimmt
auf Mittwoch, dem 23. April 2008.

16.01.2008 - -

86 - neu - Beschlussvorschlag vom 23.01.2008:
Erstellung des Abschlussberichts
1. Das Sekretariat wird - vorbehaltlich des Abschlusses der

Beweisaufnahme - beauftragt, bis Mittwoch, 30. Janu-
ar 2008, den Vorentwurf eines Abschlussberichts (Ein-
setzung des Untersuchungsausschusses, Ablauf des Un-
tersuchungsverfahrens, Feststellungsteil, Anlagen) zu
erstellen und diesen den Sprechern zuzuleiten.

2. Die Erstellung und Zuleitung der Bewertungen durch die
Sprecher an das Sekretariat erfolgen bis Montag,
17. März 2008. Zu den Berichtsteilen gehören auch die
aus den beigezogenen Unterlagen ggf. noch einzuarbei-
tenden Dokumente sowie offenkundige Sachverhalte.

3. Die Beratung des Vorentwurfs und der Bewertungen
erfolgt durch die Sprecher am Mittwoch, 9. April 2008,
unter Würdigung der Frage des rechtlichen Gehörs. Bei
Bedarf könnten weitere Gespräche der Sprecher verein-
bart werden.

4. Die endgültigen Voten der Sprecher sind dem Sekretariat
bis Mittwoch, 23. April 2008, zuzuleiten.

5. Die Beratungssitzung, in der der Bericht (Verfahrens-
und Feststellungsteil, Bewertungsteile sowie ggf. abwei-
chende Berichte) festgestellt werden soll, wird bestimmt
auf Mittwoch, dem 7. Mai 2008.

23.01.2008 23.01.2008 Beschluss 15
zum

Verfahren

87 Beschlussvorschlag vom 15.01.2008:
Abfassung von Berichtsteilen / Aufhebung von Einstufun-
gen

16.01.2008 23.01.2008 Beschluss 16
zum

Verfahren

Drucksache 16/10650 – 208 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

beschlos-
sen/

behandelt

Verfahrens-/
Beweis-

beschluss

Beratungs-
unterlage

16/
Art, Datum und Inhalt

verteilt
am

am BB 16 -

Für den Abschlussbericht können Inhalte aus eingestuften
Unterlagen verwendet werden. Die eingestuften Unterlagen
(Quellen) bleiben als solche weiterhin eingestuft. Die Be-
richtsteile sind bis zum Feststellungsbeschluss des Aus-
schusses über den Abschlussbericht als VS-Zwischen-
material GEHEIM zu behandeln.
Der Abschlussbericht wird ohne geschwärzte Fassungen
eingestufter Unterlagen erstellt. Zur Wahrung des Identitäts-
schutzes sind die Identitäten von zu schützenden Zeugen
entsprechend der vom Sekretariat erstellten oder noch zu
ergänzenden Verschlüsselungsliste zu anonymisieren; das
Sekretariat wird ermächtigt, im Rahmen einer redaktionellen
Überarbeitung des Abschlussberichts vor Drucklegung dies
sicherzustellen.
Um eine Aufhebung der Einstufung von verwendeten Inhal-
ten zu ermöglichen, sind alle entsprechenden Berichtsstellen
mit detaillierten Quellenangaben zu versehen (z. B. Be-
zeichnung des Dokuments, MAT-Nummer, Ordner-
Nummer, Seitenangabe bzw. Protokollnummer, Protokoll-
teil, Zeugenverschlüsselungsnummer, Seitenangabe).
Die Aufhebung der Einstufung der im Abschlussbericht
verwendeten Inhalte erfolgt durch die herausgebenden stel-
len. Bei der Aufhebung von Inhalten aus Vernehmungspro-
tokollen durch den Ausschuss, sind die aussagegenehmi-
genden Stellen zu beteiligen. Enthält ein Vernehmungspro-
tokoll einen Vorhalt aus einer eingestuften Unterlage, so ist
bei der Aufhebung der Einstufung auch die Stelle zu beteili-
gen, die die Einstufung des verwendeten Vorhalts vorge-
nommen hat. Zur Prüfung der Aufhebung der Einstufung
werden die entsprechenden Berichtsteile den herausgeben-
den oder zu beteiligenden Stellen übersandt.

88 Beschlussvorschlag der Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN vom 21.01.2008:
Auf Bitte des 1. Untersuchungsausschusses (dortige Be-
weisbeschlüsse 16-338 und 16-344) beschließt der Verteidi-
gungsausschuss als Untersuchungsausschuss, dem 1. Unter-
suchungsausschuss die Stenografischen Protokolle der Ver-
nehmung von Herrn (…) vor dem Verteidigungsausschuss
als Untersuchungsausschuss sowie die Stenografischen
Protokolle über die Vernehmung von Zeugen, die die Tätig-
keiten von Herrn (…) in Kandahar betreffen oder Herrn (…)
namentlich oder der Funktion nach erwähnen, unter Beach-
tung der Geheimschutzvorschriften zu überlassen. Dies ge-
schieht in Hinblick auf das innerorganschaftliche Koopera-
tionsverhältnis und die Nähe der jeweiligen Untersuchungs-
aufträge sowie in Anlehnung an § 31 Abs. 1 PUAG, der die
Überlassung von Protokollen über Untersuchungshandlun-
gen von anderen Untersuchungsausschüssen an einen Unter-
suchungsausschuss regelt. Für die Behandlung der Ver-
schlusssachen gilt gemäß § 15 Abs. 3 PUAG die Geheim-
schutzordnung des Bundestages.

23.01.2008 23.01.2008 -

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 209 – Drucksache 16/10650

beschlos-
sen/

behandelt

Verfahrens-/
Beweis-

beschluss

Beratungs-
unterlage

16/
Art, Datum und Inhalt

verteilt
am

am BB 16 -

89 Schreiben des Vorsitzenden des Ausschusses für Wahlprü-
fung, Immunität und Geschäftsordnung vom 14. Janu-
ar 2008: Ergebnis einer Prüfung der Zulässigkeit von zwei
Beweisbeschlüssen des 1. UA 16. WP

23.01.2008 23.01.2008 -

89a Beschlussvorschlag vom 23.01.2008:
Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss
beschließt, der mit Schreiben vom 14. Januar 2008 (Bera-
tungsunterlage 16/89) übermittelten informellen Empfeh-
lung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung mit den Maßgaben zu folgen, dass:
- die Vernehmungsprotokolle des Untersuchungsausschus-

ses nach Beteiligung der aussagegenehmigenden Stelle
(Verteidigungsministerium bzw. Bundeskanzleramt) dem
1. Untersuchungsausschuss der 16. Wahlperiode zur Ver-
fügung gestellt werden können,

- im Einzelnen die Vernehmungsprotokolle des Zeugen
(…). sowie die Vernehmungsprotokolle der zwei weiteren
Angehörigen der Zelle Nachrichtenwesen im 1. Kontin-
gent nach Herstellung des Einvernehmens mit dem Bun-
deskanzleramt bzw. dem Bundesministerium der Vertei-
digung dem 1. Untersuchungsausschuss der 16. Wahlperi-
ode zur Verfügung gestellt werden,

- Unterlagen, die nicht originär im Untersuchungsausschuss
entstanden sind, durch den 1. Untersuchungsausschuss der
16. Wahlperiode direkt bei der Stelle angefordert werden
sollten, die diese Unterlagen erstellt haben.

23.01.2008 23.01.2008 -

90 Beschlussvorschlag der Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN vom 22.01.2008:
Erstellung des Abschlussberichts / Herabstufung der Einstu-
fung:
„In Hinblick darauf, dass das BMVg und die Staatsanwalt-
schaft Tübingen die GEHEIM-Einstufung der Protokolle der
Vernehmungen bzw. Auszüge aus den Ermittlungsakten,
soweit es die Aussagen zur Sache betrifft, aufgehoben ha-
ben, beschließt der Verteidigungsausschuss für den Ab-
schlussbericht die bei den Zeugenvernehmungen angewand-
ten Abkürzungen der jeweiligen Namen noch mal zu ver-
schlüsseln. Vor dem Hintergrund des hierdurch gewahrten
Identitätsschutzes beschließt der Ausschuss als die für die
Einstufung bzw. die Aufhebung der Einstufung zuständige
Stelle die als GEHEIM eingestuften Teile der Verneh-
mungsprotokolle durch den Ausschuss für Zwecke des Ab-
schlussberichtes aufzuheben, soweit sie Angaben zur Sache
enthalten, während die Einstufung der Angaben zur Person
aufrechterhalten bleibt.“

23.01.2008 23.01.2008 -

91 Beschlussvorschlag vom 18.06.2008:
Endgültige Einstufung von als vorläufig GEHEIM einge-
stuften Dokumenten

19.06.2008 25.06.2008 -

Drucksache 16/10650 – 210 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

beschlos-
sen/

behandelt

Verfahrens-/
Beweis-

beschluss

Beratungs-
unterlage

16/
Art, Datum und Inhalt

verteilt
am

am BB 16 -

Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss
beschließt, die in der anliegenden Übersicht vom 11. Ju-
ni 2008 aufgeführten und bisher als vorläufig GEHEIM
eingestuften Dokumente endgültig als GEHEIM einzustu-
fen.

92 Beschlussvorschlag vom 18.06.2008:
Formeller Abschluss von Vernehmungen (§ 26 PUAG)
Die Vernehmungen der Zeugen vom 12. Dezember 2007
und 23. Januar 2008, die das Stenografische Protokoll über
ihre Vernehmung durch den Untersuchungsausschuss erhal-
ten und dazu Stellung genommen bzw. auf eine Stellung-
nahme verzichtet haben, sind abgeschlossen.

19.06.2008 25.06.2008 -

93 Beschlussvorschlag vom 18.06.2008:
Wörtliche Zitate aus Protokollen nichtöffentlicher Sitzungen
(„fair trial“)
Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss
beschließt, den namentlich oder der Funktion nach benann-
ten Zeugen bei wörtlichen Zitaten aus Protokollen nichtöf-
fentlicher Sitzungen vor einer Veröffentlichung des Ab-
schlussberichtes (Feststellungs- und Bewertungsteil, Son-
dervoten) Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu geben.

19.06.2008 - -

93 - neu - Beschlussvorschlag vom 24.06.2008:
Wörtliche Zitate aus Protokollen nichtöffentlicher Sitzungen
(„fair trial“)
Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss
beschließt, den namentlich oder der Funktion nach benann-
ten Zeugen bei wörtlichen Zitaten aus Protokollen nichtöf-
fentlicher Sitzungen vor einer Veröffentlichung des Ab-
schlussberichtes Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu
geben.

25.06.2008 25.06.2008 -

94 Beschlussvorschlag vom 18.06.2008:
Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß § 32 PUAG
Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss
beschließt, dass den folgenden Personen vor einer Veröf-
fentlichung des Abschlussberichts nach § 32 PUAG Gele-
genheit zu einer Stellungnahme zu entsprechenden Textstel-
len im Sondervotum der Fraktion DIE LINKE. zu geben ist:
1. Birgitt Heidinger (ehemalige Büroleiterin BM

Dr. Struck)
2. Jörn Thießen (ehemaliger Büroleiter BM Scharping),
3. Generalleutnant Manfred Engelhardt (ehemaliger Leiter

der Stabsabteilung Fü S V)
4. UAL MinDirig Dr. Fredy Schwierkus

19.06.2008 - -

94 - neu - Beschlussvorschlag vom 24.06.2008:
Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß § 32 PUAG
Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss
beschließt, dass den folgenden Personen vor einer Veröf-
fentlichung des Abschlussberichts nach § 32 PUAG Gele-
genheit zu einer Stellungnahme zu entsprechenden Textstel-
len im Sondervotum der Fraktion DIE LINKE. zu geben ist:

25.06.2008 25.06.2008 -

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211 – Drucksache 16/10650

beschlos-
sen/

behandelt

Verfahrens-/
Beweis-

beschluss

Beratungs-
unterlage

16/
Art, Datum und Inhalt

verteilt
am

am BB 16 -

1. Birgitt Heidinger (ehemalige Büroleiterin BM
Dr. Struck),

2. Jörn Thießen (ehemaliger Büroleiter BM Scharping),
3. Generalleutnant Manfred Engelhardt (ehemaliger Leiter

der Stabsabteilung Fü S V), BMVg,
4. UAL MinDirig Dr. Fredy Schwierkus, BMVg,
5. MinDirig Ulrich Birkenheier, BMVg.

95 Beschlussvorschlag vom 18.06.2008:
Zitate aus einer Anklageschrift oder anderen amtlichen
Schriftstücken eines Strafverfahrens (§ 353d Nr. 3 StGB)
Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss
beschließt, im Abschlussbericht aus amtlichen Schriftstü-
cken eines Strafverfahrens im Sinne des § 353d Nr. 3 StGB
nicht wörtlich zu zitieren.

19.06.2008 25.06.2008 -

96 Schreiben von Abg. Paul Schäfer (DIE LINKE.) vom
23. Juni 2008 zu den Beratungsunterlagen 16/93 u. 16/95

24.06.2008 25.06.2008 -

97 Beschlussvorschlag vom 10.09.2008:
Verfahrensteil (Teil I), Feststellungsteil (Teil II) sowie An-
lagenteil (Teil V) des Abschlussberichtes
Der Bericht der Berichterstatter Abg. Bernd Siebert
(CDU/CSU) und Abg. Rainer Arnold (SPD) - Einsetzung
des Untersuchungsausschusses und Verlauf des Untersu-
chungsverfahrens (Teil I), Feststellungen zum Sachverhalt
(Teil II) sowie Übersichten und Verzeichnisse (Teil V) -
wird als Bericht des Verteidigungsausschusses als 1. Unter-
suchungsausschuss der 16. Wahlperiode festgestellt.

10.09.2008 18.09.2008 -

98 Beschlussvorschlag vom 10.09.2008:
Bewertungsteil (Teil III) des Abschlussberichtes
Der Bericht der Berichterstatter Abg. Bernd Siebert
(CDU/CSU) und Abg. Rainer Arnold (SPD) - Bewertungen
(Teil III) - wird als Bericht des Verteidigungsausschusses
als 1. Untersuchungsausschuss der 16. Wahlperiode festge-
stellt.

10.09.2008 18.09.2008 -

99 Beschlussvorschlag vom 10.09.2008:
Sondervoten (Teil IV) des Abschlussberichtes
Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss
beschließt, dass die nachfolgenden Sondervoten nach § 33
Absatz 2 PUAG als Teil IV in den Bericht aufzunehmen
sind:
- der Berichtsentwurf der Berichterstatterin Abg. Elke Hoff

(FDP) vom 14. April 2008 als Sondervotum der Fraktion
der FDP;

- der Berichtsentwurf des Berichterstatters Abg. Paul Schä-
fer (DIE LINKE.) vom 4. September 2008 als Sondervo-
tum der Fraktion DIE LINKE. sowie

- der Berichtsentwurf des Berichterstatters Abg. Winfried
Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) vom 4. Sep-
tember 2008 als Sondervotum der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN.

10.09.2008 18.09.2008 -

Drucksache 16/10650 – 212 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

beschlos-
sen/

behandelt

Verfahrens-/
Beweis-

beschluss

Beratungs-
unterlage

16/
Art, Datum und Inhalt

verteilt
am

am BB 16 -

100 Beschlussvorschlag vom 10.09.2008:
Beschlussempfehlung des Verteidigungsausschusses als
1. Untersuchungsausschuss
Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss
beschließt, die vorgenannten Berichte (Teil I bis Teil V)
werden nach § 34 Absatz 4 Satz 2 in Verbindung mit § 33
PUAG dem Deutschen Bundestag als Abschlussbericht mit
der Beschlussempfehlung vorgelegt, ihn zur Kenntnis zu
nehmen.

10.09.2008 18.09.2008 -

101 Beschlussvorschlag vom 10.09.2008:
Aufhebung von Einstufungen / Redaktionelle Abfassung des
Abschlussberichtes
1. Die Einstufung der verwendeten Inhalte und Zitate aus

Protokollen nichtöffentlicher Sitzungen wird für den Ab-
schlussbericht aufgehoben; die aussagegenehmigenden
Stellen wurden entsprechend beteiligt. Die Aufhebung
der Einstufung für die im Abschlussbericht verwendeten
Inhalte und Zitate aus beigezogenen Unterlagen ist be-
reits durch die herausgebenden Stellen erfolgt.

2. Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsaus-
schuss beauftragt und ermächtigt das Ausschusssekretari-
at, den festgestellten und zur Veröffentlichung als Bun-
destagsdrucksache bestimmten Bericht in Abstimmung
mit den jeweiligen benannten Mitarbeitern der Fraktionen
redaktionell so zu erarbeiten, dass dieser als abschließen-
der Gesamtbericht des Untersuchungsausschusses in ein-
heitlicher Form dem Plenum des Deutschen Bundestages
vorgelegt werden kann.

10.09.2008 18.09.2008 Beschluss 19
zum

Verfahren

102 Beschlussvorschlag vom 10.09.2008:
Behandlung der Protokolle und Materialien nach Kenntnis-
nahme des Abschlussberichtes durch den Deutschen Bun-
destag
I. Protokolle

Der Untersuchungsausschuss empfiehlt gemäß Ziffer II.
Nr. 2 der Richtlinien gemäß § 73 Abs. 3 GO-BT:
1. VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH (VS-

NfD), VS-VERTRAULICH (VS-Vertr.), VERTRAU-
LICH und höher eingestufte Protokolle werden nach
der Geheimschutzordnung des Deutschen Bundesta-
ges behandelt.

2. Protokolle über nichtöffentliche Vernehmungen und
Anhörungen, die nicht wie unter Ziffer 1 eingestuft
sind, werden mit dem Vermerk „Nur zur dienstlichen
Verwendung“ versehen.

3. Protokolle über Beratungssitzungen werden mit dem
Vermerk „Nur zur dienstlichen Verwendung“ verse-
hen.

II. Materialien
1. Im Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsaus-

schuss entstandene sowie für diesen erstellte Materia-
lien sind wie die unter Ziffer I. Nr. 2. erwähnten Pro-

10.09.2008 - -

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 213 – Drucksache 16/10650

beschlos-
sen/

behandelt

Verfahrens-/
Beweis-

beschluss

Beratungs-
unterlage

16/
Art, Datum und Inhalt

verteilt
am

am BB 16 -

tokolle zu behandeln.
2. Dies gilt nicht für Materialien mit der Kennzeichnung

VS-NfD, VS-VERTRAULICH, VERTRAULICH
und höher, die nach der Geheimschutzordnung des
Deutschen Bundestages zu behandeln sind.

III. Geschäftsakten
1. Die Geschäftsakten des Verteidigungsausschusses als

1. Untersuchungsausschuss werden ebenfalls mit dem
Vermerk „Nur zur dienstlichen Verwendung“ verse-
hen.

2. Die Dokumente, die Daten von zu schützenden Zeu-
gen enthalten, werden als VS-Zwischenmaterial der
Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur
Vernichtung zugeleitet.

IV. Beweismaterialien
1. Die zu Beweiszwecken beigezogenen Materialien

Dritter und die VS-NUR FÜR DEN DIENST-
GEBRAUCH, VS-VERTRAULICH, VERTRAU-
LICH und höher eingestuften Beweismaterialien wer-
den nach Kenntnisnahme des Abschlussberichts durch
das Plenum des Deutschen Bundestages an die he-
rausgebenden Stellen zurückgegeben.

2. Im Übrigen werden Kopien ebenso wie die vom Ver-
teidigungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss
gefertigten Kopien vernichtet, es sei denn, die heraus-
gebenden Stellen widersprechen. Die Vernichtung ist
in einem Protokoll festzuhalten.

102 - neu - Beschlussvorschlag vom 16.09.2008:
Behandlung der Protokolle und Materialien nach Kenntnis-
nahme des Abschlussberichtes durch den Deutschen Bun-
destag
I. Protokolle

Der Untersuchungsausschuss empfiehlt gemäß Ziffer II.
Nr. 2 der Richtlinien gemäß § 73 Abs. 3 GO-BT:
1. VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH (VS-

NfD), VS-VERTRAULICH (VS-Vertr.), VERTRAU-
LICH und höher eingestufte Protokolle werden nach
der Geheimschutzordnung des Deutschen Bundesta-
ges behandelt.

2. Protokolle über nichtöffentliche Vernehmungen und
Anhörungen, die nicht wie unter Ziffer 1 eingestuft
sind, werden mit dem Vermerk „Nur zur dienstlichen
Verwendung“ versehen.

3. Protokolle über Beratungssitzungen werden mit dem
Vermerk „Nur zur dienstlichen Verwendung“ verse-
hen.

II. Materialien
1. Im Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsaus-

schuss entstandene sowie für diesen erstellte Materia-
lien sind wie die unter Ziffer I. Nr. 2. erwähnten Pro-
tokolle zu behandeln.

17.09.2008 18.09.2008 Beschluss 17
zum

Verfahren

Drucksache 16/10650 – 214 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

beschlos-
sen/

behandelt

Verfahrens-/
Beweis-

beschluss

Beratungs-
unterlage

16/
Art, Datum und Inhalt

verteilt
am

am BB 16 -

2. Dies gilt nicht für Materialien mit der Kennzeichnung
VS-NfD, VS-VERTRAULICH, VERTRAULICH
und höher, die nach der Geheimschutzordnung des
Deutschen Bundestages zu behandeln sind.

III. Geschäftsakten
1. Die Geschäftsakten des Verteidigungsausschusses als

1. Untersuchungsausschuss werden ebenfalls mit dem
Vermerk „Nur zur dienstlichen Verwendung“ verse-
hen.

2. Die Dokumente, die Daten von zu schützenden Zeu-
gen enthalten, werden als VS-Zwischenmaterial der
Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur
Vernichtung zugeleitet.

IV. Beweismaterialien
1. Die zu Beweiszwecken beigezogenen Materialien

Dritter und die VS-NUR FÜR DEN DIENST-
GEBRAUCH, VS-VERTRAULICH, VERTRAU-
LICH und höher eingestuften Beweismaterialien wer-
den nach Kenntnisnahme des Abschlussberichts durch
das Plenum des Deutschen Bundestages an die he-
rausgebenden Stellen zurückgegeben.
Ausgenommen hiervon sind Kopien bzw. Ausferti-
gungen von Beweismaterialien, die als Dokumente
dem Abschlussbericht oder Teilen des Abschlussbe-
richts beigefügt sind.

2. Im Übrigen werden Kopien ebenso wie die vom Ver-
teidigungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss
gefertigten Kopien vernichtet, es sei denn, die heraus-
gebenden Stellen widersprechen. Die Vernichtung ist
in einem Protokoll festzuhalten.

103 Beschlussvorschlag vom 10.09.2008:
Rückgabe von Beweismaterialien und Mehrausfertigungen
von Protokollen
1. Die an die Mitglieder des Verteidigungsausschusses als

1. Untersuchungsausschuss, die benannten Mitarbeiter
der Fraktionen und die Beauftragten der Bundesregierung
im Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsaus-
schuss sowie an die Staatsanwaltschaft Tübingen verteil-
ten Kopien der offenen und VS-NUR FÜR DEN
DIENSTGEBRAUCH (VS-NfD) eingestuften Beweis-
materialien sowie die davon gezogenen weiteren Kopien
sind nach Kenntnisnahme des Abschlussberichts durch
das Plenum des Deutschen Bundestages dem Ausschuss-
sekretariat zum Zwecke der Vernichtung zuzuleiten.

2. Die Durchführung der Vernichtung ist vom Sekretariat in
einem Protokoll festzuhalten.

3. Die von der Geheimregistratur für die Mitglieder des
Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsaus-
schuss, die benannten Mitarbeiter der Fraktionen und die
Beauftragten der Bundesregierung sowie an die Staats-
anwaltschaft Tübingen verteilten Kopien der VS-VER-

10.09.2008 - -

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 215 – Drucksache 16/10650

beschlos-
sen/

behandelt

Verfahrens-/
Beweis-

beschluss

Beratungs-
unterlage

16/
Art, Datum und Inhalt

verteilt
am

am BB 16 -

TRAULICH (VS-Vertr.) oder höher eingestuften Be-
weismaterialien sowie die Mehrausfertigungen der VS-
Vertr. oder höher eingestuften Protokolle des Verteidi-
gungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss sowie
die Mehrausfertigungen der VS-eingestuften Berichtsteile
sind nach Kenntnisnahme des Abschlussberichts durch
das Plenum des Deutschen Bundestages der Geheimre-
gistratur zum Zwecke der Vernichtung zuzuleiten.

103 - neu - Beschlussvorschlag vom 16.09.2008:
Rückgabe von Beweismaterialien und Mehrausfertigungen
von Protokollen
1. Nach Kenntnisnahme des Abschlussberichtes durch das

Plenum des Deutschen Bundestages geben die Mitglieder
des Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsaus-
schuss, die benannten Mitarbeiter der Fraktionen und die
Beauftragten der Bundesregierung gegenüber dem Sekre-
tariat eine Erklärung ab, dass verteilte Kopien der offe-
nen - einschließlich „Nur zur dienstlichen Verwendung“ -
und VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH (VS-
NfD) eingestuften Beweismaterialien sowie die davon
gezogenen weiteren Kopien - soweit dies nicht bereits er-
folgt ist - vernichtet werden.

2. Die von der Geheimregistratur für die Mitglieder des
Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsaus-
schuss, die benannten Mitarbeiter der Fraktionen und die
Beauftragten der Bundesregierung sowie an die Staats-
anwaltschaft Tübingen verteilten Kopien der VS-VER-
TRAULICH (VS-Vertr.) oder höher eingestuften Be-
weismaterialien sowie die Mehrausfertigungen der VS-
Vertr. oder höher eingestuften Protokolle des Verteidi-
gungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss sowie
die Mehrausfertigungen der VS-eingestuften Berichtsteile
sind nach Kenntnisnahme des Abschlussberichts durch
das Plenum des Deutschen Bundestages der Geheimre-
gistratur zum Zwecke der Vernichtung zuzuleiten.

17.09.2008 18.09.2008 Beschluss 18
zum

Verfahren

Drucksache 16/10650 – 216 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

III. Übersicht der Beweisbeschlüsse mit Bearbeitungsstand

BB
16-

zu
BU
16/

Inhalt
be-

schlossen
Schreiben/

Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforde-
rung

Eingang/
Erstellt

MAT-Nr.

1 1 Beiziehung von Unterlagen
des Bundesministeriums der
Verteidigung u. nachgeordne-
ter Dienststellen:
- Organigramme des Bun-

desministeriums der Ver-
teidigung aus dem Zeit-
raum vom 1. November
2001 bis zum 30. Novem-
ber 2002;

- alle Befehle aus dem Bun-
desministerium der Vertei-
digung und den nachgeord-
neten Dienststellen, die den
Einsatz der „Deutschen
Heereskontingente Spezi-
alkräfte Enduring Free-
dom“ betreffen, aus dem
Zeitraum vom 1. Novem-
ber 2001 bis zum 30. No-
vember 2002;

- alle Dienstpläne der „Deut-
schen Heereskontingente
Spezialkräfte Enduring
Freedom“ vom 1. Novem-
ber 2001 bis zum 30. No-
vember 2002 im Einsatz-
gebiet;

- alle Tagesbefehle, die den
Einsatz der „Deutschen
Heereskontingente Spezi-
alkräfte Enduring Free-
dom“ vom 1. November
2001 bis zum 30. Novem-
ber 2002 betreffen;

- alle Vernehmungs- und
Anhörungsprotokolle von
Soldaten der „Deutschen
Heereskontingente Spezi-
alkräfte Enduring Free-
dom“ zum Vorgang „Murat
Kurnaz“;

- alle dienstlichen Erklärun-
gen von Soldaten der
„Deutschen Heereskontin-
gente Spezialkräfte Endu-
ring Freedom“ zum Vor-
gang „Murat Kurnaz“;

- alle Befehle zu militäri-
schen Operationen der

29.11.2006 Schreiben
an BMVg

01.12.2006

11.01.2007/
16 - 14

(GEHEIM)

12.02.2007/
16 - 22

(GEHEIM)

23.03.2007/
16 - 29

06.09.2007/
16 - 60

(GEHEIM)

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 217 – Drucksache 16/10650

BB
16-

zu
BU
16/

Inhalt
be-

schlossen
Schreiben/

Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforde-
rung

Eingang/
Erstellt

MAT-Nr.

„Deutschen Heereskontin-
gente Spezialkräfte Endu-
ring Freedom“ während des
Einsatzes in Afghanistan
im Zeitraum vom 1. No-
vember 2001 bis zum
30. November 2002;

- Liste der im Kommando
Spezialkräfte in Führungs-
verantwortung stehenden
Soldaten vom Komman-
deur bis zur Ebene der
Zugführer im Zeitraum
vom 1. November 2001 bis
zum 30. November 2002;

- Liste der in den „Deut-
schen Heereskontingenten
Spezialkräfte Enduring
Freedom“ in Führungsver-
antwortung stehenden Sol-
daten vom Kontingentfüh-
rer bis zur Ebene der Teil-
einheitsführer im Zeitraum
vom 1. November 2001 bis
zum 30. November 2002;

- alle weiteren Unterlagen
(einschließlich von Proto-
kollen, Sprechzetteln, Ver-
merken und Aktennotizen)
des Bundesministeriums
der Verteidigung und der
nachgeordneten Dienststel-
len zu Kontakten von Sol-
daten der Bundeswehr zu
Murat Kurnaz und zu den
durchgeführten militäri-
schen Operationen der
„Deutschen Heereskontin-
gente Spezialkräfte Endu-
ring Freedom“ während des
Einsatzes in Afghanistan
im Zeitraum vom 1. No-
vember 2001 bis zum
30. November 2002.

2 2 Beiziehung der Akten der
Staatsanwaltschaft Tübingen
im Ermittlungsverfahren
gegen Unbekannt wegen
Verdachts der Körperverlet-
zung im Amt aufgrund der
Äußerungen von Murat Kur-

29.11.2006 Schreiben
an Staats-
anwalt-
schaft

Tübingen
01.12.2006

04.01.2007/
16 - 8

(GEHEIM)

05.01.2007/
16 - 9

Drucksache 16/10650 – 218 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

BB
16-

zu
BU
16/

Inhalt
be-

schlossen
Schreiben/

Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforde-
rung

Eingang/
Erstellt

MAT-Nr.

naz über seine behauptete
Misshandlung durch Soldaten
der Bundeswehr Anfang
2002 in Kandahar (Afghanis-
tan).

27.03.2007/
16 - 24

28.03.2007/
16 - 25

(GEHEIM)

18.05.2007/
16 - 35

(GEHEIM)

18.05.2007/
16 - 36

31.05.2007/
16 - 41

04.06.2007/
16 - 42

(GEHEIM)

12.07.2007/
16 - 56

13.08.2007/
16 - 57

17.09.2007/
16 - 65

(GEHEIM)

18.09.2007/
16 - 67

26.09.2007/
16 - 69

09.10.2007/
16 - 72

(GEHEIM)

01.02.2008/
16 - 84

11.03.2008/
16 - 85

3 3 Beiziehung der Ausschuss-
protokolle des Verteidi-
gungsausschusses des Deut-
schen Bundestages mit Bezug
zum Einsatz von deutschen

29.11.2006 Schreiben
an Vorsit-

zende
Verteidi-
gungsaus-

04.01.2007/
16 - 6

(teilweise
VS-NfD)

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 219 – Drucksache 16/10650

BB
16-

zu
BU
16/

Inhalt
be-

schlossen
Schreiben/

Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforde-
rung

Eingang/
Erstellt

MAT-Nr.

Soldaten im Rahmen der
Operation Enduring Freedom
im Zeitraum vom 1. Novem-
ber 2001 bis 30. Novem-
ber 2002.

schuss
13.12.2006

4 16 Beiziehung von Aufzeich-
nungen aller Art im Büro des
Wehrbeauftragten über mög-
liche Informationen, die der
Wehrbeauftragte für den
Zeitraum 1. November 2001
bis 30. November 2002 hin-
sichtlich Murat Kurnaz erhal-
ten haben könnte.

29.11.2006 Schreiben
an Wehr-
beauftrag-

ten
01.12.2006

12.01.2007/
16 - 15

(GEHEIM)

5 19 Beiziehung von Aufzeich-
nungen aller Art im Büro des
Wehrbeauftragten über In-
formationen, die der Wehrbe-
auftragte für den Zeitraum
1. November 2001 bis
30. November 2002 hinsicht-
lich der KSK in Kandahar
erhielt.

29.11.2006 Schreiben
an Wehr-
beauftrag-

ten
01.12.2006

12.01.2007/
16 - 15

(GEHEIM)

6 20 Beiziehung aller Akten, die
den Untersuchungsgegen-
stand betreffen, insbesondere
- Organisationspläne Bun-

deskanzleramt, BMVg,
AA, BMI, EinsFüKdo,
Amt für Nachrichtenwesen
bzw. ZNBw, BND, Amt
für Militärkunde, deutsches
Verbindungskommando
USCENTCOM, Namen der
BND-Verbindungsbeamten
bei USCENTCOM aus
dem Zeitraum 1. November
2001 bis zum 30. No-
vember 2002;

- Liste der Angehörigen des
„Deutschen Heereskontin-
gents Spezialkräfte Endu-
ring Freedom“, die im
Einsatzgebiet vom 1. No-
vember 2001 bis zum
30. November 2002 zum
Einsatz gekommen sind,
sowie die Liste der in die-
sem Zeitraum im Kom-
mando Spezialkräfte in
Führungsverantwortung

29.11.2006 Schreiben
an Bun-
deskanz-
leramt

05.12.2006

Schreiben
an BMI

05.12.2006

Schreiben
an AA

05.12.2006

Schreiben
an BMVg

01.12.2006

11.12.2006/
16 - 2

11.01.2007/
16 - 14

(GEHEIM)

16.01.2007/
16 - 17
(Anlage

VS-NfD)

16.01.2007/
16 - 18

30.01.2007/
16 - 20

(GEHEIM)

12.02.2007/
16 - 22

(GEHEIM)

06.09.2007/
16 - 60

(GEHEIM)

Drucksache 16/10650 – 220 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

BB
16-

zu
BU
16/

Inhalt
be-

schlossen
Schreiben/

Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforde-
rung

Eingang/
Erstellt

MAT-Nr.

stehenden Soldaten vom
Kommandeur bis zur Ebe-
ne der Zugführer sowie alle
Dienstpläne dieses Kontin-
gents und diesen Zeitraum
betreffend;

- alle Dienstlichen Erklärun-
gen, Vernehmungs- und
Anhörungsprotokolle zum
Vorgang „Murat Kurnaz“
in Afghanistan;

- alle Befehle aus dem Bun-
desministerium der Vertei-
digung und den nachgeord-
neten Dienststellen, die den
Einsatz der „Deutschen
Heereskontingente Spezi-
alkräfte Enduring Free-
dom“ betreffen, aus dem
Zeitraum 1. November
2001 bis zum 30. Novem-
ber 2002;

- tägliche Meldung und täg-
liche Weisung vom 1. No-
vember 2001 bis zum
30. November 2002, die
den Einsatz der „Deutschen
Heereskontingente Spezi-
alkräfte Enduring Free-
dom“ betreffen;

- alle Befehle zu militäri-
schen Operationen der
„Deutschen Heereskontin-
gente Spezialkräfte Endu-
ring Freedom“ während des
Einsatzes in Afghanistan
im Zeitraum vom 1. No-
vember 2001 bis zum
30. November 2002;

- alle weiteren Unterlagen
(einschließlich von Proto-
kollen, Sprechzetteln, Ver-
merken und Aktennotizen)
des Bundesministeriums
der Verteidigung und der
nachgeordneten Dienststel-
len zu Kontakten von Sol-
daten der Bundeswehr zu
Murat Kurnaz und zu den
durchgeführten Operatio-
nen der „Deutschen Hee-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 221 – Drucksache 16/10650

BB
16-

zu
BU
16/

Inhalt
be-

schlossen
Schreiben/

Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforde-
rung

Eingang/
Erstellt

MAT-Nr.

reskontingente Spezialkräf-
te Enduring Freedom“, die
den Zeitpunkt des Einsat-
zes in Afghanistan im Zeit-
raum vom 1. November
2001 bis zum 30. Novem-
ber 2002 betreffen;

- MoU, RoE, CONOP, tech-
nische Verständigung mit
US-Partnern, insbesondere
über Umgang mit „festzu-
haltenden“ Personen aus
dem Zeitraum 1. Novem-
ber 2001 bis zum 30. No-
vember 2002 bezogen auf
die Operation Enduring
Freedom in Afghanistan;

- alle weiteren Unterlagen,
die Beschwerden von Sol-
daten des Kommandos
Spezialkräfte wegen der
Behandlung von Gefange-
nen durch Amerikaner und
deren eigene unklare recht-
liche Lage an das Einsatz-
führungskommando sowie
andere Dienststellen aus
dem Zeitraum 1. Novem-
ber 2001 bis zum 30. No-
vember 2002 zum Gegen-
stand haben bezogen auf
die Operation Enduring
Freedom in Afghanistan;

- BND-Bericht an das Bun-
deskriminalamt vom
03.07.2002 sowie BND-
Bericht vom 28.06.2002 an
das Bundeskanzleramt, so-
weit diese den Aufenthalt
von Murat Kurnaz im be-
sagten Zeitraum in Afgha-
nistan betreffen;

- Befragungsprotokolle
schriftlich und Videos der
Kurnaz-Befragung durch
BND und BfV am
23./24.09.2002, soweit die-
se den Aufenthalt von Mu-
rat Kurnaz im besagten
Zeitraum in Afghanistan
betreffen;

Drucksache 16/10650 – 222 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

BB
16-

zu
BU
16/

Inhalt
be-

schlossen
Schreiben/

Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforde-
rung

Eingang/
Erstellt

MAT-Nr.

- erster Bericht über die
Befragung von BND und
BfV an Bundeskanzleramt/
Referat 605 vom
02.10.2002, soweit dieser
den Aufenthalt von Murat
Kurnaz im besagten Zeit-
raum in Afghanistan be-
trifft;

- Bericht zur Befragung
BND an das Bundeskanz-
leramt/ Referat 605 vom
08.10.2002, soweit dieser
den Aufenthalt von Murat
Kurnaz im besagten Zeit-
raum in Afghanistan be-
trifft.

7 21 Beiziehung folgender Unter-
lagen der Bundesregierung
und nachgeordneter Dienst-
stellen:
- alle Abkommen, Vereinba-

rungen oder sonstigen Do-
kumente die vor dem Hin-
tergrund der deutschen Be-
teiligung an der Operation
Enduring Freedom zwi-
schen Regierungsstellen
der USA und Deutschlands
geschlossen wurden und
vor allem Auskunft geben
über Zugang zu und Aus-
tausch von Informationen,
Zuständigkeiten, Befehls-
und Kommandostruktur,
Rules of Engagement, Ver-
einbarungen zum Umgang
mit Gefangenen sowie den
Einfluss auf Auftrag, Auf-
gaben und Einsatz deut-
scher KSK-Soldaten im
Rahmen der Operation En-
during Freedom in Afgha-
nistan im Zeitraum vom
1. November 2001 bis zum
30. November 2002;

- die nationalen Einsatzre-
geln, nach denen die Solda-
ten des „Deutschen Hee-
reskontingents Spezialkräf-
te Enduring Freedom“, die

29.11.2006 Schreiben
an BMVg

01.12.2006

11.01.2007/
16 - 14

(GEHEIM)

12.02.2007/
16 - 22

(GEHEIM)

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 223 – Drucksache 16/10650

BB
16-

zu
BU
16/

Inhalt
be-

schlossen
Schreiben/

Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforde-
rung

Eingang/
Erstellt

MAT-Nr.

Soldaten des Zentrums für
Nachrichtenwesen der
Bundeswehr und andere im
OEF-Einsatz verwendete
Soldaten oder Beamte wäh-
rend des US-geführten Ein-
satzes in Afghanistan im
Zeitraum vom 1. Novem-
ber 2001 bis zum 30. No-
vember 2002 gehandelt ha-
ben.

8 22 Beiziehung der Interviews
und Stellungnahmen von
Murat Kurnaz bzw. dessen
Anwalt Bernhard Docke, zur
Inhaftierung durch US-
Streitkräfte und vermeintli-
chen Misshandlung durch
Soldaten der Bundeswehr,
einschl. des Video/Wort-
protokollauszugs aus der
Sendung „Beckmann“ vom
16.10.2006 und des Proto-
kolls der Aussage u. Befra-
gung vor dem CIA-
Untersuchungsausschuss des
Europäischen Parlaments am
22.11.2006.

29.11.2006 14.12.2006/
16 - 3

19.12.2006/
16 - 4

27.12.2006/
16 - 5

09.01.2007/
16 - 13

22.01.2007/
16 - 19

9 23 Beiziehung folgender Unter-
lagen des Bundesministeri-
ums der Verteidigung und der
nachgeordneten Dienststel-
len:
- einer Übersicht über die

Personalauswahl, Ausbil-
dung, Einsatzvorbereitung
und Einsatzbegleitung der
in Kandahar zwischen No-
vember 2001 und Novem-
ber 2002 zum Einsatz ge-
kommenen Soldaten;

- eines Berichts, einschließ-
lich Skizzen, Fotos oder
Videoaufnahmen, der Aus-
kunft gibt über die Infra-
struktur und die Organisa-
tion sowie die Unterbrin-
gung, Aufgaben und Be-
fugnisse deutscher Solda-
ten im Lager in Kandahar
im Untersuchungszeitraum;

29.11.2006 Schreiben
an BMVg

01.12.2006

11.01.2007/
16 - 14

(GEHEIM)

12.01.2007/
16 - 16
(Anlage

VS-NfD)

12.02.2007/
16 - 22

(GEHEIM)

Drucksache 16/10650 – 224 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

BB
16-

zu
BU
16/

Inhalt
be-

schlossen
Schreiben/

Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforde-
rung

Eingang/
Erstellt

MAT-Nr.

- eines Organigramms, einer
Aufstellung sowie einer
Dienstpostenbeschreibung
aller Bundeswehrsoldaten
und Bundesbediensteten,
die im Untersuchungszeit-
raum im Rahmen der Ope-
ration Enduring Freedom in
Afghanistan eingesetzt wa-
ren;

- eine Aufstellung aller Bun-
deswehrsoldaten und Bun-
desbediensteten, inkl. Or-
ganigramm und Dienstpos-
tenbeschreibung, die im
Untersuchungszeitraum in
multinationalen militäri-
schen Verbindungsstellen
außerhalb Afghanistans am
OEF-Einsatz mitgewirkt
haben;

- aller Vernehmungs- und
Anhörungsprotokolle von
Soldaten und Bundesbe-
diensteten, die im Zusam-
menhang mit dem Vorgang
„Murat Kurnaz - Kanda-
har“ befragt wurden;

- aller Einsatz-/Kriegstage-
buchberichte, die im Unter-
suchungszeitraum zum
OEF-Einsatz in Afghanis-
tan erstellt wurden;

- aller Evaluationsberichte,
die den OEF-Einsatz im
Untersuchungszeitraum in
Afghanistan betreffen.

10 27,
30

Vernehmung von Murat
Kurnaz als Zeugen.

13.12.2006 15.12.2006 17.01.2006

11 26 Vernehmung von Rechtsan-
walt Bernhard Docke als
Zeugen.

13.12.2006 15.12.2006 17.01.2007

12 28 Vernehmung des Kontingent-
führers 1. Kontingent als
Zeugen.

13.12.2006 15.12.2006 17.01.2007

13 29 Vernehmung des ehemaligen
Leiters der Abteilung Spe-
zielle Operationen als Zeu-
gen.

13.12.2006 19.01.2007 31.01.2007

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 225 – Drucksache 16/10650

BB
16-

zu
BU
16/

Inhalt
be-

schlossen
Schreiben/

Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforde-
rung

Eingang/
Erstellt

MAT-Nr.

14 24 Benennung im gestuften
Verfahren durch das BMVg
derjenigen Soldaten, die im
Rahmen der Kurnaz-Unter-
suchung des Bundesministe-
riums der Verteidigung zur
Stellungnahme aufgefordert
wurden und von denen bis-
lang keine Rückmeldung
vorliegt; Vernehmung dieser
Soldaten als Zeugen.

13.12.2006 19.01.2007
und

26.01.2007

31.01.2007

28.03.2007

Schreiben
an BMVg

28.12.2006

05.01.2007/
16 - 11

(GEHEIM)

15 25 Benennung im gestuften
Verfahren durch das BMVg
derjenigen Soldaten, die mit
Murat Kurnaz während seiner
Gefangenschaft in Afghanis-
tan in irgendeiner Weise in
Kontakt (z. B. Blickkontakt,
Wortkontakt, körperlicher
Kontakt) gekommen sind
oder die ihn im Gefangenen-
lager in Kandahar gesehen
haben; Vernehmung dieser
Soldaten als Zeugen.

13.12.2006 19.12.2007 Schreiben
an BMVg

28.12.2006

05.01.2007/
16 - 10

(GEHEIM)

16 31 Vernehmung von
- Hauptfeldwebel (…)
- Hauptfeldwebel (…)
- Hauptfeldwebel (…)
- Hauptfeldwebel (…)
- Hauptfeldwebel (…)
- Hauptfeldwebel (…)
als Zeugen.

31.01.2007 02.02.2007
und

01.03.2007
07.03.2007
28.02.2007
07.03.2007
28.02.2007
28.02.2007
28.02.2007

17 32 Vernehmung von
- Oberstleutnant (…)
- Oberstleutnant (…)
- Hauptfeldwebel (…)
- Oberstabsfeldwebel (…)
als Zeugen.

31.01.2007 02.02.2007 07.03.2007

18 33 Vernehmung von
- Rudolf Scharping (Bun-

desminister a. D.)
- Walter Kolbow (Parl.

Staatssekretär a. D.)
- Jörn Thießen, damaliger

Büroleiter von Bundesmi-
nister Scharping,

als Zeugen.

31.01.2007 23.04.2007,
11.05.2007,
22.05.2007

und
31.05.2007

20.06.2007
18.06.2007
18.06.2007

19 34 Das Internationale Komitee
vom Roten Kreuz (IKRK)
wird gebeten, im gestuften
Verfahren

31.01.2007 Schreiben
an ICRC

08.02.2007

12.04.2007/
16 - 28

Drucksache 16/10650 – 226 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

BB
16-

zu
BU
16/

Inhalt
be-

schlossen
Schreiben/

Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforde-
rung

Eingang/
Erstellt

MAT-Nr.

- eine Liste derjenigen Mit-
arbeiter zur Verfügung zu
stellen, die im Untersu-
chungszeitraum im Gefan-
genenlager Kandahar tätig
gewesen sind;

- die Mitglieder des IKRK
als Zeugen zu benennen,
die während der Gefangen-
schaft von Murat Kurnaz
Kontakt zu ihm hatten.

20 36 Vernehmung des damaligen
Befehlshabers des Einsatz-
führungskommandos als
Zeugen.

31.01.2007 02.03.2007 21.03.2007

21 40 Vernehmung von
- Stabsfeldwebel (…)
- Hauptfeldwebel (…)
- Zeuge (…)
- Hauptfeldwebel (…)
- Hauptmann (…)
- Oberstleutnant a. D. (…)
als Zeugen.

28.02.2007 02.03.2007
02.03.2007
09.03.2007
09.03.2007
09.03.2007
09.03.2007/
30.10.2007
30.03.2007
09.01.2008

21.03.2007
21.03.2007
28.03.2007
28.03.2007
28.03.2007
28.03.2007/
14.11.2007
09.05.2007
23.01.2008

22 42 Beiziehung folgender Lei-
tungsvorlagen:
1. BMVg-Ministervorlage

vom 7. Nov. 2001 zur Un-
terstützung US EUCOM
mit Lufttransportmitteln/
Luftumschlagpersonal

2. BMVg-Ministervorlage
vom 21. Nov. 2001 zur
Billigung der Weisung Nr.
100 für die Vorbereitung
des DEU Einsatzkontin-
gentes Spezialkräfte im
Rahmen der Operation
ENDURING FREEDOM

3. BMVg-Ministervorlage
vom 10. Jan. 2002 zur
grundsätzlichen Billigung
der Teilnahme von DEU
Spezialkräften an Einsät-
zen im Rahmen der Opera-
tion ENDURING FREE-
DOM in Afghanistan.

07.03.2007 Schreiben
an BMVg

15.03.2007

03.04.2007/
16 - 27

23 43 Vernehmung des
- damaligen Kommandeurs

der Division Spezialkräfte,

07.03.2007 30.03.2007,
11.05.2007

und
31.05.2007

18.06.2007

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 227 – Drucksache 16/10650

BB
16-

zu
BU
16/

Inhalt
be-

schlossen
Schreiben/

Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforde-
rung

Eingang/
Erstellt

MAT-Nr.

- damaligen Abteilungslei-
ters Fü S V, BMVg,

- damaligen Referatsleiters
Fü S V 3, BMVg

als Zeugen.

30.03.2007

30.03.2007

25.04.2007

25.04.2007

24 44 Vernehmung des ehemaligen
Kommandeurs des KSK
als Zeugen.

21.03.2007 30.03.2007 09.05.2007

25 46 Vernehmung von
Hauptfeldwebel (…)
als Zeugen.

21.03.2007 30.03.2007/
23.04.2007

09.05.2007

26 48 Vernehmung von
- Dr. Peter Struck
- Dr. Walther Stützle
- Klaus-Günther Biederbick
- Birgitt Heidinger, ehemali-

ge Leiterin Ministerbüro
Dr. Struck

- Dr. Willfried Penner
als Zeugen.

21.03.2007
21.05.2007
15.05.2007
15.05.2007
21.05.2007

13.06.2007
13.06.2007
13.06.2007
13.06.2007

Schreiben
an

Dr. Penner
09.05.2007

und
06.06.2007

30.04.2007/
16 - 32

16.05.2007/
16 - 34

07.06.2007/
16 - 43

27 49 Das BMVg möge benennen,
in welchem Ordner die in
dem Dokument Anlage 4 zu
EinsFüKdoBw –SpezOps–
Az. 32-71-00 vom
24.06.2002 mit dem Titel
„Grundsatzdokumente für
den Einsatz SpezKr im Rah-
men der Operation ENDU-
RING FREEDOM“ aufgelis-
teten schriftlichen Weisun-
gen/Grundsatzbefehle dem
Untersuchungsausschuss vor-
gelegt wurden. Das Ministe-
rium wird gebeten, die dem
Ausschuss nicht bereits zur
Verfügung gestellten Doku-
mente vorzulegen.

21.03.2007 Schreiben
an BMVg

30.03.2007

18.04.2007/
16 - 30

20.04.2007/
16 - 31

(GEHEIM)

28 51 Benennung sämtlicher Mitar-
beiter des BND durch die
Bundesregierung, die im Un-
tersuchungszeitraum in Kan-
dahar tätig waren.

25.04.2007 Schreiben
an Bun-
deskanz-
leramt

27.04.2007

25.05.2007/
16 - 39

(VS-NfD)

29 52 Beiziehung sämtlicher Unter-
lagen, einschl. Befragungs-
protokollen, dienstlichen Er-
klärungen, Vermerken, Ak-
tennotizen bzw. Bildmaterial
und Datenträgern (CD, CD-
ROM, Diskette o. ä.), die
dem Bundeskanzleramt, den

25.04.2007 Schreiben
an Bun-

deskanzle-
ramt

27.04.2007
12.06.2007
21.06.2007
31.10.2007

15.06.2007/
16 - 47

05.07.2007/
16 - 55

12.11.2007/
16 - 79

Drucksache 16/10650 – 228 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

BB
16-

zu
BU
16/

Inhalt
be-

schlossen
Schreiben/

Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforde-
rung

Eingang/
Erstellt

MAT-Nr.

Bundesministerien und nach-
geordneten Behörden für den
Zeitraum vom 01.01.2002 -
28.02.2002 durch BND-
Quellen, BND-Mitarbeiter
oder Mitarbeiter des Unter-
stützungselements Militäri-
sches Nachrichtenwesen Spe-
zialkräfte in Kandahar mit
Bezug auf einen deutschen
oder deutsch sprechenden
Gefangenen oder die Person
Murat Kurnaz übermittelt
wurden, einschließlich derje-
nigen Materialien, die von
US-amerikanischer Seite
direkt oder indirekt an
Hauptmann (…) übergeben
wurden.

15.11.2007/
16 - 81

30 53 Vernehmung von
Herrn Oberfeldarzt Dr. (…)
als Zeugen.

25.04.2007 31.05.2007,
26.06.2007

und
17.08.2007

04.07.2007
(abgesagt)

19.09.2007

31 54 Vernehmung von
- Oberstleutnant (…)
- Fregattenkapitän (…)
als Zeugen.

25.04.2007 31.05.2007 20.06.2007

32 55 Vernehmung des
stellv. Kontingentführers des
1. Kontingent
als Zeugen.

25.04.2007 31.05.2007 18.06.2007

33 58 Beiziehung der digitalisierten
Fassung der Einsatztagebü-
cher des Kommandos Spezi-
alkräfte (KSK) zur Beteili-
gung an der Operation Endu-
ring Freedom für den Zeit-
raum 01.11.2001 bis
30.11.2002 durch das BMVg.

25.04.2007 Schreiben
an BMVg

27.04.2007
und

11.05.2007

14.05.2007/
16 - 37

19.06.2007/
16 - 48

34 59 Anforderung schriftlicher
Darlegungen durch die Bun-
desregierung, ob im Zusam-
menhang mit der wiederhol-
ten ungewollten Abgabe von
Schüssen in Kandahar im
Januar 2002, in dessen Folge
ein KSK-Soldat vorzeitig das
Einsatzkontingent verlassen
musste, ein Besonderes Vor-
kommnis (BV) gemeldet
wurde sowie bei Meldung

09.05.2007 Schreiben
an BMVg

16.05.2007

23.05.2007/
16 - 38

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 229 – Drucksache 16/10650

BB
16-

zu
BU
16/

Inhalt
be-

schlossen
Schreiben/

Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforde-
rung

Eingang/
Erstellt

MAT-Nr.

eines BV die Bitte, dieses
dem UA zur Verfügung zu
stellen unter gleichzeitiger
Mitteilung, welche Dienst-
stellen sowie Referate/Stabs-
abteilungen im BMVg davon
Kenntnis erhalten haben.

35 60 Beiziehung sämtlicher Tages-
berichte und Tagesmeldun-
gen der Verbindungsstelle
ANBw zum KSK in Kanda-
har für den Zeitraum vom
01.01.2002 bis 28.02.2002
sowie - für den gesamten
Zeitraum des Untersuchungs-
auftrages - sämtlicher Mel-
dungen aus Kandahar an das
ANBw oder den BND mit
Bezug auf den Wachauftrag
oder die Inhaftierung von
Europäern oder Deutschen im
US-Gefangenenlager sowie
sämtlicher Erfahrungsberich-
te an das ANBw oder den
BND.

23.05.2007 Schreiben
an BMVg

31.05.2007
13.06.2007

und
06.07.2007

Schreiben
an Bun-
deskanz-
leramt

31.05.2007
und

12.06.2007

14.06.2007/
16 - 44

02.07.2007/
16 - 54

(VS-NfD)

06.09.2007/
16 - 60

(GEHEIM)

36 61 Bereitstellung von möglicher-
weise von Satelliten der USA
in der Zeit vom 1. bis
10. Januar 2002 aufgenom-
menen Fotos durch die Bun-
desregierung vom Gefange-
nenlager auf dem Flughafen
Kandahar, die beim BND
oder ZNBw archiviert sind.

23.05.2007 Schreiben
an BMVg

31.05.2007
und

13.06.2007

Schreiben
an Bun-
deskanz-
leramt

31.05.2007
und

12.06.2007

14.06.2007/
16 - 45

14.06.2007/
16 - 46

(VS-NfD)

37 62 Beiziehung des kompletten
Schriftwechsels (einschl. E-
Mails) zwischen BMVg,
BMJ und AA zur Frage der
Rechtsgrundlagen für das Er-
greifen und Festhalten von
Personen im Rahmen der
Operation Enduring Freedom
sowie der hierzu in den betei-
ligten Ministerien verfassten
Vermerke.

13.06.2007 Schreiben
an BMVg

15.06.2007

Schreiben
an BMJ

15.06.2007

Schreiben
an AA

15.06.2007

06.09.2007/
16 - 61

(VS-NfD)

06.09.2007/
16 - 62

(VS-NfD)

17.10.2007/
16 - 73

(VS-NfD)

Drucksache 16/10650 – 230 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

BB
16-

zu
BU
16/

Inhalt
be-

schlossen
Schreiben/

Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforde-
rung

Eingang/
Erstellt

MAT-Nr.

13.11.2007/
16 - 77

14.11.2007/
16 - 80

38 63 Beiziehung der Ergebnispro-
tokolle von Videokonferen-
zen, die parallel zur Durch-
führung der Videokonferen-
zen zwischen Einsatzfüh-
rungskommando und dem
Kontingentführer des Kom-
mandos Spezialkräfte in
Kandahar im Zeitraum De-
zember 2001 bis November
2002 angefertigt wurden.

13.06.2007 Schreiben
an BMVg

15.06.2007

26.06.2007/
16 - 51

(GEHEIM)

03.07.2007/
Anschrei-

ben
zu 16 - 51

06.09.2007/
16 - 59

(GEHEIM)
39 64 Vernehmung von

- MinDir a. D. (…), damali-
ger Leiter der Abteilung
Recht, BMVg,

- MinDirig Dr. (…), damali-
ger Unterabteilungsleiter
der Rechtsabteilung,
BMVg;

- MinR Dr. (…), damaliger
Leiter des Referates R II 3,
BMVg

als Zeugen.

20.06.2007 21.06.2007

20.09.2007
17.08.2007

10.10.2007
17.08.2007

10.10.2007

04.07.2007
(abgesagt)

24.10.2007
19.09.2007
(abgesagt)

07.11.2007
19.09.2007
(abgesagt)

07.11.2007

40 65 Vernehmung des ehemaligen
Generalinspekteurs der Bun-
deswehr, General a. D. Ha-
rald Kujat
als Zeugen

20.06.2007 21.06.2007

20.09.2007

04.07.2007
(abgesagt)

24.10.2007

41 68 Beiziehung
- sämtlicher über den G2-

Offizier der ZMilNW des
Deutschen Einsatzkontin-
gents an das Einsatzfüh-
rungskommando auf dem
truppendienstlichen Weg
übermittelter Tagesberichte
oder Tagesmeldungen aus
Kandahar für den Zeitraum
von 01.01.2002 bis
28.02.2002

sowie für den gesamten Zeit-
raum des Untersuchungsauf-
trages
- sämtlicher auf dem vorge-

nannten Weg dem Einsatz-

04.07.2007 Schreiben
an BMVg

05.07.2007

17.09.2007/
16 - 64

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231 – Drucksache 16/10650

BB
16-

zu
BU
16/

Inhalt
be-

schlossen
Schreiben/

Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforde-
rung

Eingang/
Erstellt

MAT-Nr.

führungskommando aus
Kandahar übermittelter
Meldungen mit Bezug auf
den Wachauftrag oder die
Inhaftierung von Europäern
oder Deutschen im US-
Gefangenenlager und

- sämtlicher Erfahrungsbe-
richte, die auf dem oben
aufgezeigten Weg dem
Einsatzführungskommando
übermittelt wurden.

42 70 Vernehmung der lt. Presse-
meldungen (vgl. Süddeutsche
Zeitung vom 07.08.2007) von
Rechtsanwalt Docke im Er-
mittlungsverfahren der
Staatsanwaltschaft Tübingen
neu benannten drei Zeugen
aus Großbritannien und Bah-
rain
- Ruhal Ahmed, England
- Asif Iqbal, England
- Abdullah Al-Noaimi, Bah-

rain.

19.09.2007
08.10.2007/

09.11.2007/

30.11.2007
u.

14.12.2007
(R. Ah-
med u. A.
Iqbal)

23.01.2008

43 71 1. Beiziehung der Handakte
der Staatsanwaltschaft Tü-
bingen im Ermittlungsver-
fahren wegen Verdachts
der Körperverletzung zum
Nachteil von Murat Kur-
naz

2. Beiziehung der zur Ermitt-
lungsakte der Staatsan-
waltschaft Tübingen im
o. g. Verfahren seit der
letzten Akteneinsicht neu
hinzugekommenen Akten-
bestandteile.

19.09.2007 Schreiben
an Staats-
anwalt-
schaft

Tübingen
26.09.2007

08.10.2007/
16 - 71

23.10.2007/
16 - 74

(GEHEIM)

13.11.2007/
16 - 78

01.02.2008/
16 - 84

11.03.2008/
16 - 85

44 72 Beiziehung von Beweismit-
teln aus dem Bereich des
Bundesministeriums der Ver-
teidigung zum Entstehungs-
zeitpunkt der in der Ermitt-
lungsakte der Staatsanwalt-
schaft Tübingen - 11 Js
26900/06 Blatt 65, 66, 67, 68,
69 - abgebildeten Lichtbilder:
Das Bundesministerium der
Verteidigung möge zu jedem

19.09.2007 Schreiben
an BMVg

26.09.2007

08.11.2007/
16 - 76

Drucksache 16/10650 – 232 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

BB
16-

zu
BU
16/

Inhalt
be-

schlossen
Schreiben/

Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforde-
rung

Eingang/
Erstellt

MAT-Nr.

einzelnen Foto Blatt 65 bis
Blatt 69 d. A. darlegen, wann
und durch wen dieses aufge-
nommen wurde und diese
Angaben durch Überlassung
unveränderter Kopien der
Originaldateien, soweit dies
nicht möglich ist durch Zeu-
generklärungen und die Vor-
lage einer schriftlichen Do-
kumentation zur Entstehung
der Lichtbilder, belegen.

45 73 Vernehmung von
- Major Matthew W. Donald,

USA,
- Lance Corporal Athar

Zulfiqar, USA,
- Oberstleutnant Keith

Warman, USA
als Zeugen.

19.09.2007 Schreiben
an ameri-
kanische
Botschaft

11.10.2007
und

22.11.2007

11.12.2007/
16 - 82

46 75 Vernehmung von
- Hauptfeldwebel (…)
- Hauptfeldwebel (…)
als Zeugen.

19.09.2007 29.10.2007 12.12.2007

47 77 Vernehmung eines
Stabsoffiziers KSK im
1. Kontingent (Oberstleutnant
…)
als Zeugen.

24.10.2007 29.10.2007 14.11.2007

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233 – Drucksache 16/10650

IV. Verzeichnis der zur Beweiserhebung beigezogenen Materialien

MAT-Nr.
16 -

Absender/Inhalt
Eingang/
erstellt

am

verteilt
am/bzw.
zum Ab-
ruf bereit

Umfang
(Seiten/
Ordner)

1
(GEHEIM)

Bundesministerium der Verteidigung; Sprechzettel,
Staatssekretär Dr. Peter Wichert zur Sitzung des Un-
tersuchungsausschusses am 29. November 2006

01.12.06 01.12.06 4 Seiten

2 zu BB
16-6

Auswärtiges Amt; Organisationsplan, gültig vom
15.10.2001 bis 1.12.2002

11.12.06 28.12.06 1 Plan

3 zu BB
16-8

Verwaltung Deutscher Bundestag; Pressedokumenta-
tion mit Interviews u. Stellungnahmen von Murat
Kurnaz u. dessen Rechtsanwalt Bernhard Docke

14.12.06 28.12.06 94 Seiten

4 zu BB
16-8

Verwaltung Deutscher Bundestag; Mitschrift des
Interviews mit Murat Kurnaz in der ARD-Sendung
„beckmann“ am 16.10.2006

19.12.06 28.12.06 33 Seiten

5 zu BB
16-8

Verwaltung Deutscher Bundestag; Mitschrift einer
Reportage mit Rechtsanwalt Bernhard Docke im Ra-
dio Bremen am 4.10.2006

27.12.06 28.12.06 3 Seiten

6
(teilweise
VS-NfD)

zu BB
16-3

Verwaltung Deutscher Bundestag; Zusammenstellung
von Auszügen aus Kurzprotokollen des Verteidi-
gungsausschusses mit Bezug zum Einsatz von deut-
schen Soldaten im Rahmen der Operation Enduring
Freedom (Afghanistan)

04.01.07 08.01.07 532 Seiten

7 Die Welt, Presseartikel v. 03.01.2007; Mitteilung über
bevorstehende Entscheidung der Staatsanwaltschaft
Tübingen über eine Fortsetzung der Ermittlungen
gegen Bundeswehrsoldaten im Fall Murat Kurnaz

03.01.07 05.01.07 1 Seite

8
(GEHEIM)

zu BB
16-2

Staatsanwaltschaft Tübingen; Unterlagen zur „Zeu-
genvernehmung im Ermittlungsverfahren wegen Ver-
dachts der Körperverletzung im Amt“

04.01.07 08.01.07 1 Akten-
ordner/

230 Seiten
9 zu BB

16-2
Staatsanwaltschaft Tübingen; Ermittlungsakte zum
Verfahren Murat Kurnaz

05.01.07 08.01.07 1 Akte/
91 Seiten

10
(GEHEIM)

zu BB
16-15

Bundesministerium der Verteidigung; Verschlusssa-
che der Leitung

05.01.07 08.01.07 1 Seite

11
(GEHEIM)

zu BB
16-14

Bundesministerium der Verteidigung; Verschlusssa-
che der Leitung

05.01.07 08.01.07 1 Seite

12 Gemeinsame Presseerklärung der Staatsanwaltschaft
Tübingen und des Regierungspräsidiums Karlsruhe v.
08.01.2007: Aufnahme von Ermittlungen gegen zwei
KSK-Soldaten im Fall Murat Kurnaz

08.01.07 08.01.07 2 Seiten

13 zu BB
16-8

Verwaltung Deutscher Bundestag; Bandabschrift der
Anhörung von Murat Kurnaz und Bernhard Docke vor
dem CIA-Untersuchungsausschuss des Europäischen
Parlaments am 22.11.2006

09.01.07 11.01.07 40 Seiten

14
(GEHEIM)
(Anschrei-
ben offen)

zu BB
16-1
16-6
16-7
16-9

Bundesministerium der Verteidigung; Zusendung von
Akten: Organigramme, Personal, Anhörungen und
Dienstliche Erklärungen zum Fall Murat Kurnaz,
Befehle, Militärische Operationen/CONOP, ETB/
KTB, Meldungen/Unterrichtungen, Abkommen/Ver-
einbarungen

11.01.07 12.01.07 26 Akten-
ordner/

12 919 Seiten

Drucksache 16/10650 – 234 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

MAT-Nr.
16 -

Absender/Inhalt
Eingang/
erstellt

am

verteilt
am/bzw.
zum Ab-
ruf bereit

Umfang
(Seiten/
Ordner)

15
(GEHEIM)

zu BB
16-4
16-5

Wehrbeauftragter; Eingabeakte eines KSK-Soldaten 12.01.07 15.01.07 1 Akte
32 Seiten

16
(Anlage

VS-NfD)

zu BB
16-9

Bundesministerium der Verteidigung; Bericht über die
Infrastruktur und die Organisation sowie die Unter-
bringung, Aufgaben und Befugnisse deutscher Solda-
ten im Lager Kandahar einschl. Bildmaterial

12.01.07 12.01.07
und

15.01.07

16 Seiten

17
(Anlage

VS-NfD)

zu BB
16-6

Bundeskanzleramt; Organisationspläne aus dem Zeit-
raum 1. Nov. 2001 bis 30. Nov. 2002

16.01.07 24.01.07 3 Seiten

18 (An-
schreiben)

18 a - c

zu BB
16-6

Bundesministerium des Innern; Organisationspläne
aus dem Zeitraum 1. Nov. 2001 bis zum
30. Nov. 2002

16.01.07 24.01.07 1 Seite

jew. 1 Seite
(DIN A3)

19 zu BB
16-8

Stern-Artikel; „Exklusiv: Murat Kurnaz aus Bremen
über seine Zeit als Gefangener in dem US-Lager“ mit
Fotos, vom 05.10.2006

22.01.07 24.01.07 11 Seiten

20
(GEHEIM)

zu BB
16-6

Bundeskanzleramt; Mitteilung über BND-Verbin-
dungsbeamte bei US CENTCOM, Dienstliche Erklä-
rungen sowie Vernehmungs-/Anhörungsprotokolle

30.01.07 30.01.07 1 Hefter
16 Seiten

21 Europäisches Parlament; Bericht über die behauptete
Nutzung europäischer Staaten durch die CIA für die
Beförderung und das rechtswidrige Verhalten von
Gefangenen

30.01.07 14.02.07 84 Seiten

22
(GEHEIM)

zu BB
16-1
16-6
16-7
16-9

Bundesministerium der Verteidigung; Akten vor allem
aus den Bereichen des Einsatzführungskommandos
der Bundeswehr sowie des Kommandos FOSK: Er-
gänzung der ersten Teillieferung vom 11.01.07

08.02.07 15.02.07 16 Akten-
ordner

7 268 Seiten

23 Europäisches Parlament; Entschließung des Europäi-
schen Parlaments zu der behaupteten Nutzung euro-
päischer Staaten durch die CIA für die Beförderung
und das rechtswidrige Festhalten von Gefangenen

14.02.07 26.02.07 23 Seiten

24 zu BB
16-2

Staatsanwaltschaft Tübingen; Ermittlungsverfahren
wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung z.
N. von Murat Kurnaz

27.03.07 27.03.07 43 Seiten

25
(GEHEIM)

zu BB
16-2

Staatsanwaltschaft Tübingen; Ermittlungsverfahren
wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung

28.03.07 28.03.07/
04.04.07

137 Seiten

26
(GEHEIM)

Bundesministerium der Verteidigung; Schreiben UAL
R I zu Aussagen der Zeugen Oberst (…) und Oberst
a. D. (…)

29.03.07 04.04.07 3 Seiten

27 zu BB
16-22

Bundesministerium der Verteidigung; Schreiben
Staatssekretär Dr. Peter Wichert zur erbetenen Über-
sendung von drei Leitungsvorlagen

03.04.07 04.04.07 3 Seiten

28 zu BB
16-19

Committee of the Red Cross (ICRC); Schreiben Pierre
Krähenbühl, Direktor für operationelle Einsätze

12.04.07 12.04.07 5 Seiten

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 235 – Drucksache 16/10650

MAT-Nr.
16 -

Absender/Inhalt
Eingang/
erstellt

am

verteilt
am/bzw.
zum Ab-
ruf bereit

Umfang
(Seiten/
Ordner)

28 a Broschüre „Maßnahmen des Internationalen Komitees
vom Roten Kreuz (IKRK) bei Verstößen gegen das
humanitäre Völkerrecht oder andere Grundrechte, die
Menschen in Gewaltsituationen schützen“; deutsche
Übersetzung und englischer Originaltext

04.05.07 04.05.07 15 Seiten

29 zu BB
16-1

Bundesministerium der Verteidigung; Organisations-
plan vom Juli 2002

23.03.07 19.04.07 1 Seite
(DIN A 3)

30 zu BB
16-27

Bundesministerium der Verteidigung; Schreiben
Staatssekretär Dr. Peter Wichert mit Anlage (Über-
sicht der Fundstellen der einzelnen Dokumente)

18.04.07 19.04.07 4 Seiten

31
(GEHEIM)

zu BB
16-27

Bundesministerium der Verteidigung; Dokumenten-
nachlieferung von Fü S V 6

20.04.07 20.04.07 3 Seiten

32 zu BB
16-26

Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages;
Schriftverkehr zwischen dem Wehrbeauftragten und
dem Bundesministerium der Verteidigung aus dem
Jahr 2002/2003 zu rechtlichen Einsatzfragen des KSK

30.04.07 04.05.07 49 Seiten

33 Auszug Stern-Artikel v. 07.07.2005: „Diesmal wird es
Tote geben“ Bericht über die Elite-Soldaten vom
Kommando Spezialkräfte (KSK) in Afghanistan

14.05.07 14.05.07 13 Seiten

34 zu BB
16-26

Wehrbeauftragter a. D. Dr. Willfried Penner: Beant-
wortung von Fragen zum Untersuchungsauftrag

16.05.07 18.05.07 5 Seiten

35
(GEHEIM)

zu BB
16-2

Staatsanwaltschaft Tübingen: Vorgang zum Ermitt-
lungsverfahren wegen Verdachts der Körperverlet-
zung im Amt

18.05.07 21.05.07 22 Seiten

36 zu BB
16-2

Staatsanwaltschaft Tübingen: Ermittlungsverfahren
wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung z.
N. von Murat Kurnaz; Ermittlungsakten

18.05.07 21.05.07 15 Seiten

37 zu BB
16-33

Bundesministerium der Verteidigung, Staatssekretär
Dr. Peter Wichert: Schreiben zur Anforderung von
Materialien

22.05.07 23.05.07 1 Seite

38 zu BB
16-34

Bundesministerium der Verteidigung, Staatssekretär
Dr. Peter Wichert: Schreiben zur erbetenen Prüfung,
ob im Zusammenhang mit der wiederholten ungewoll-
ten Schussabgabe in Kandahar ein Besonderes Vor-
kommnis gemeldet wurde.

23.05.07 24.05.07 1 Seite

39
(VS-NfD)

zu BB
16-28

Bundeskanzleramt, Leiter der Gruppe 62, Nachrich-
tendienstliche Angelegenheiten: Schreiben zur erbete-
nen Benennung sämtlicher BND-Mitarbeiter, die im
Untersuchungszeitraum in Kandahar tätig waren.

25.05.07 29.05.07 1 Seite

40 Bundesministerium der Verteidigung, Staatssekretär
Dr. Peter Wichert: Mitteilung zur Anfrage gem. Bera-
tungsunterlage 16/56

25.05.07 29.05.07 3 Seiten

41 zu BB
16-2

Staatsanwaltschaft Tübingen: Pressemitteilung v.
29.05.2007 zur Einstellung des Ermittlungsverfahren
gegen zwei Soldaten der KSK Calw wegen Körperver-
letzung im Amt z. N. von Murat Kurnaz

31.05.07 01.06.07 6 Seiten

42
(GEHEIM)

zu BB
16-2

Staatsanwaltschaft Tübingen: Einstellungsverfügung
des Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der gefähr-
lichen Körperverletzung z. N. von Murat Kurnaz

04.06.07 05.06.07 10 Seiten

Drucksache 16/10650 – 236 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

MAT-Nr.
16 -

Absender/Inhalt
Eingang/
erstellt

am

verteilt
am/bzw.
zum Ab-
ruf bereit

Umfang
(Seiten/
Ordner)

43 zu BB
16-26

Wehrbeauftragter a. D. Dr. Willfried Penner: Beant-
wortung der zusätzlich übermittelten Fragen

07.06.07 08.06.07 2 Seiten

44 zu BB
16-35

Bundesministerium der Verteidigung, Staatssekretär
Dr. Peter Wichert: Schreiben zur Anforderung von
Dokumenten aus dem Bereich des ANBw

14.06.07 14.06.07 2 Seiten

45 zu BB
16-36

Bundesministerium der Verteidigung, Staatssekretär
Dr. Peter Wichert: Mitteilung zur Anfrage nach archi-
vierten Satellitenbildern bei der Bundeswehr

14.06.07 14.06.07 1 Seite

46
(VS-NfD)

zu BB
16-36

Bundeskanzleramt, Leiter der Gruppe 62, Nachrich-
tendienstliche Angelegenheiten: Mitteilung zur Anfra-
ge nach archivierten Satellitenbildern beim BND

14.06.07 14.06.07 1 Seite

47 zu BB
16-29

Bundeskanzleramt, Leiter der Gruppe 62, Nachrich-
tendienstliche Angelegenheiten: Mitteilung zur An-
forderung von Unterlagen

15.06.07 19.06.07 1 Seite

48 zu BB
16-33

Bundesministerium der Verteidigung, Staatssekretär
Dr. Peter Wichert: Mitteilung, dass mit Aktenüber-
mittlung v. 08.02.07 bereits alle verfügbaren und rele-
vanten Dokumente vorgelegt wurden.

19.06.07 22.06.07 1 Seite

49 Verwaltung Deutscher Bundestag; Zusammenstellung
von Pressemitteilungen, Zeitraum Januar bis Mai 2002

25.06.07 26.06.07 19 Seiten

50 Evangelisches Kirchenamt für die Bundeswehr, Ver-
treter beim Einsatzführungskommando, Militärdekan:
Beantwortung von Fragen gem. Beratungsunterlage
16/45

25.06.07 26.06.07 5 Seiten

51
(GEHEIM)
(Anschrei-
ben offen)

zu BB
16-38

Bundesministerium der Verteidigung: Mitteilung, dass
alle den Beweisbeschluss betreffenden Protokolle und
Gesprächsnotizen bereits am 08.02.07 übersandt wur-
den; erneute Lieferung dieser Dokumente über Ge-
heimschutzstelle Deutscher Bundestag

26.06.07

03.07.07

27.06.07

03.07.07

76 Seiten

1 Seite

52 Katholisches Militärbischofsamt, Militärdekan: Be-
antwortung von Fragen gem. Beratungsunterlage
16/45

28.06.07 02.07.07 4 Seiten

53
(VS-NfD)

Sekretariat Verteidigungsausschuss, ADrs. 16 (12) 30:
„Bericht zu den Vorwürfen im Rahmen des Einsatzes
der Feldnachrichtenkräfte (FNKr) in Einsatzgebieten
der Bundeswehr“, Sachstandsbericht des Bundesmi-
nisteriums der Verteidigung vom 13.01.2006

27.06.07 02.07.07 11 Seiten

54
(VS-NfD)

zu BB
16-35

Bundeskanzleramt, Leiter der Gruppe 62, Nachrich-
tendienstliche Angelegenheiten: Mitteilung zur Über-
sendung von zwei Dokumenten des BND

02.07.07 03.07.07 15 Seiten

2 Seiten
55 zu BB

16-29
Bundeskanzleramt, Leiter der Abteilung Koordinie-
rung der Nachrichtendienste des Bundes: Nähere Dar-
legung, aus welchen Gründen dem Bundeskanzleramt
sowie den nachgeordneten Behörden keine einschlägi-
gen Unterlagen zum Beweisbeschluss vorliegen.

05.07.07 06.07.07 2 Seiten

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 237 – Drucksache 16/10650

MAT-Nr.
16 -

Absender/Inhalt
Eingang/
erstellt

am

verteilt
am/bzw.
zum Ab-
ruf bereit

Umfang
(Seiten/
Ordner)

56 zu BB
16-2

Generalstaatsanwalt Stuttgart: Ermittlungsverfahren
wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung
im Amt zum Nachteil Murat Kurnaz; Beschwerdebe-
gründung Prozessbevollmächtigter des Anzeigener-
statters; Aktenvermerk Staatsanwaltschaft Tübingen
und E-Mail-Schriftwechsel mit der Firma Ecolog

12.07.07 23.07.07 9 Seiten

57 zu BB
16-2

Staatsanwaltschaft Tübingen: Ermittlungsverfahren
wegen Verdachts der gemeinschaftlichen Körperver-
letzung zum Nachteil von Murat Kurnaz; Mitteilung,
dass das Ermittlungsverfahren im Hinblick auf den
Schriftsatz der Anwaltskanzlei Dr. Hannover u. Part-
ner wieder aufgenommen wurde.

13.08.07 13.08.07 4 Seiten

58 Wehrdisziplinaranwaltschaft für den Bereich der Divi-
sion Spezielle Operationen, Regensburg: Sachstand
zum wehrdisziplinarrechtlichen Vorverfahren im Zu-
sammenhang mit dem Fall Murat Kurnaz

13.08.07 20.08.07 2 Seiten

59
(GEHEIM)
(Anschrei-
ben offen)

zu BB
16-38

Bundesministerium der Verteidigung, StS Dr. Peter
Wichert: Übermittlung von Unterlagen gem. dem Be-
weisbeschluss, die nach nochmaliger Überprüfung
aufgefunden wurden.

06.09.07 10.09.07 230 Seiten

2 Seiten

60
(GEHEIM)
(Anschrei-
ben offen)

zu BB
16-1
16-6

16-35

Bundesministerium der Verteidigung, StS Dr. Peter
Wichert: Mitteilung, dass nach nochmaliger Überprü-
fung weitere Unterlagen entsprechend den Beweisbe-
schlüssen aufgefunden wurden.

06.09.07 10.09.07 142 Seiten

2 Seiten

61
(VS-NfD)
(Anschrei-
ben offen)

zu BB
16-37

Bundesministerium der Verteidigung, StS Dr. Peter
Wichert: Mitteilung zur Anforderung des kompletten
Schriftverkehrs mit dem BMJ und Auswärtigen Amt;
Zusendung von weiteren Unterlagen

06.09.07 10.09.07 57 Seiten

1 Seite

62
(VS-NfD)
(Anschrei-
ben offen)

zu BB
16-37

Auswärtiges Amt, Leiter Parlaments- und Kabinettre-
ferat: Zusendung der gemäß dem Beweisbeschluss
angeforderten Unterlagen mit Ausnahme der dem
Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung zu-
geordneten Vorgänge

06.09.07 10.09.07 128 Seiten

2 Seiten

63
(VS-NfD)

Bundesministerium der Verteidigung, UAL RI: Glie-
derung der „Division Spezielle Operationen“ (DSO)
im Untersuchungszeitraum

07.09.07 11.09.07 21 Seiten

64 zu BB
16-41

Bundesministerium der Verteidigung, StS Dr. Peter
Wichert: Mitteilung, dass keine Meldungen oder Be-
richte entsprechend dem Beweisbeschluss vorliegen.

17.09.07 18.09.07 1 Seite

65
(GEHEIM)

zu BB
16-2

Staatsanwaltschaft Tübingen; Ermittlungsverfahren
wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung z.
N. von Murat Kurnaz; Ermittlungsakte

17.09.07 18.09.07 34 Seiten

66 Sekretariat Verteidigungsausschuss als 1. Untersu-
chungsausschuss: Zusammenstellung von Pressemit-
teilungen zu ehemaligen Mithäftlingen von Murat
Kurnaz

20.09.07 24.09.07 70 Seiten

67 zu BB
16-2

Staatsanwaltschaft Tübingen; Ermittlungsverfahren
wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung z.
N. von Murat Kurnaz; offene Ermittlungsakte

18.09.07 24.09.07 64 Seiten

Drucksache 16/10650 – 238 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

MAT-Nr.
16 -

Absender/Inhalt
Eingang/
erstellt

am

verteilt
am/bzw.
zum Ab-
ruf bereit

Umfang
(Seiten/
Ordner)

68
(VS-NfD)

Bundesministerium der Verteidigung, StS Dr. Peter
Wichert: Datenverlust im IT-System JASMIN, Be-
antwortung der Fragen von Abg. Schäfer

25.09.07 26.09.07 13 Seiten

69 zu BB
16-2

Staatsanwaltschaft Tübingen; Ermittlungsverfahren
wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung z.
N. von Murat Kurnaz; Ermittlungsakten Bl. 210-230

26.09.07 26.09.07 22 Seiten

70 Sekretariat Verteidigungsausschuss als 1. Untersu-
chungsausschuss: Schreiben an den Vorsitzenden des
Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Ge-
schäftsordnung zum BB 16-338 des 1. Untersu-
chungsausschusses (mit 3 Anlagen)

27.09.07 28.09.07 32 Seiten

70 a Bundeskanzleramt, Leiter der Gruppe 13: Stellung-
nahme zur Anforderung von Unterlagen durch den 1.
Untersuchungsausschuss betreffend den Zeugen (…)

11.10.07 11.10.07 2 Seiten

71 zu BB
16-43

Staatsanwaltschaft Tübingen: Ermittlungsverfahren
wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung
zum Nachteil von Murat Kurnaz; Ermittlungsakten Bl.
236-296

08.10.07 11.10.07 64 Seiten

72
(GEHEIM)

zu BB
16-2

Staatsanwaltschaft Tübingen: Ermittlungsverfahren
wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung:
Ermittlungsakte Bl. 415 a, 415 b sowie Bl. 431-436

09.10.07 11.10.07 10 Seiten

73
(VS-NfD)

zu BB
16-37

Bundesministerium der Justiz, Parl. Staatssekretär
Alfred Hartenbach, MdB: Zusendung des gemäß Be-
weisbeschluss angeforderten Schriftwechsels zwi-
schen BMVg, BMJ und AA

17.10.07 18.10.07 14 Seiten

74
(GEHEIM)

zu BB
16-43

Staatsanwaltschaft Tübingen über Bundesministerium
der Justiz: Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der
gefährlichen Körperverletzung; Übermittlung der
angeforderten Handakte

23.10.07 29.11.07/
02.11.07

36 Seiten

75 Bundesministerium der Verteidigung, StS Dr. Peter
Wichert: Mitteilung zur Anfrage gemäß Beratungsun-
terlage 16/74; mit Bezugsschreiben u. Beratungsunter-
lage

25.10.07 26.10.07 3 Seiten

76 zu BB
16-44

Bundesministerium der Verteidigung, StS Dr.
Wichert: Informationen zum Entstehungszeitpunkt der
im Beweisbeschluss genannten Lichtbilder und Über-
mittlung eines Datenträgers mit fünf Bilddateien

08.11.07 08.11.07 1 Seite (An-
schreiben)

und
5 Bilder

77 zu BB
16-37

Bundesministerium der Justiz, Parl. Staatssekretär
Alfred Hartenbach, MdB: Mitteilung zu einer erneut
angeforderten Unterlage; keine Vorlage aufgrund der
Zuordnung zum Kernbereich der exekutiven Eigen-
verantwortung; mit Bezugsschreiben

13.11.07 15.11.07 2 Seiten

78 zu BB
16-43

Staatsanwaltschaft Tübingen, Leitender Oberstaats-
anwalt: Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der
gefährlichen Körperverletzung: Erneute Zusendung
der offenen Handakte nach Überprüfung

13.11.07 15.11.07/

16.11.07

2 Seiten (An-
schreiben)
178 Seiten
(Handakte)

79 zu BB
16-29

Bundeskanzleramt, Leiter Abteilung Koordinierung
der Nachrichtendienste des Bundes: Mitteilung zur
Akteneinsichtnahme nach dem Vorsitzendenverfahren

14.11.07 15.11.07 2 Seiten

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 239 – Drucksache 16/10650

MAT-Nr.
16 -

Absender/Inhalt
Eingang/
erstellt

am

verteilt
am/bzw.
zum Ab-
ruf bereit

Umfang
(Seiten/
Ordner)

80 zu BB
16-37

Auswärtiges Amt, Leiter des Parlaments- und Kabi-
nettsreferats: Mitteilung zu erneut angeforderten Un-
terlagen; keine Vorlage aufgrund der Zuordnung zum
Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung
mit Bezugsschreiben

14.11.07 15.11.07 3 Seiten

81 zu BB
16-29

Bundeskanzleramt, Leiter Projektgruppe Untersu-
chungsausschuss: Schreiben zum Vorsitzendenverfah-
ren

15.11.07 15.11.07 1 Seite

82 zu BB
16-45

Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika: Mit-
teilung, dass im Hinblick auf die Zeugenvernehmun-
gen der drei amerikanischen Soldaten keine Unterstüt-
zung gewährt wird.

11.12.07 18.12.07 6 Seiten

83 Regierungspräsidium Karlsruhe, Landespolizeidirekti-
on: Ermittlungsverfahren der StA Tübingen wegen
Verdachts der gemeinschaftlichen Körperverletzung;
Übermittlung der dem Ermittlungsverfahren zu Grun-
de liegenden Lichtbilder der offen geführten Ermitt-
lungsakte

28.12.07 09.01.08 10 Seiten

84 zu BB
16-2

16-43

Staatsanwaltschaft Tübingen; Ermittlungsverfahren
wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung:
Vernehmungsprotokolle der Zeugen R. Ahmed und
A. Iqbal

01.02.08 06.02.08 22 Seiten

85 zu BB
16-2

16-43

Staatsanwaltschaft Tübingen; Ermittlungsverfahren
wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung:
Einstellungsverfügung vom 10.03.08

11.03.08 11.03.08 6 Seiten

Drucksache 16/10650 – 240 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

V. Verzeichnis der Sitzungen

Nr. Datum
Art der
Sitzung

Gegenstand
Dauer
(in Mi-
nuten)

Protokoll-
umfang
(Seiten)

1 08.11.2006 nichtöffentlich Konstituierung des Verteidigungsausschusses als
1. Untersuchungsausschuss gem. § 45a Abs. 2 GG
Beratung über den Untersuchungsauftrag

35 18

2 29.11.2006 nichtöffentlich Beratung und Beschlussfassung von Verfahrensbe-
schlüssen - Beratungsunterlagen 16/4 bis 16/15 -

sowie von Beweisanträgen - Beratungsunterlagen
16/1 bis 16/3 und 16/16 bis 16/23 -

Bericht der Bundesregierung zum Stand der Ermitt-
lungen bezüglich der Vorwürfe von Murat Kurnaz
gegenüber Soldaten der Bundeswehr

70 22

3 13.12.2006 nichtöffentlich Beratung und Beschlussfassung von Beweisanträgen
- Beratungsunterlagen 16/24 bis 16/30 -

38 10

4 17.01.2007 nichtöffentlich/
GEHEIM

Beratungssitzung

Zeugenvernehmungen gemäß den Beweisbeschlüssen
16 - 10 bis 16 - 12

494 9

106

5 31.01.2007 nichtöffentlich/
GEHEIM

Beratung und Beschlussfassung von Beweisanträgen
- Beratungsunterlagen 16/31 bis 16/38 -

Zeugenvernehmungen gemäß den Beweisbeschlüssen
16 - 13 und 16 - 14

479 14

109

6 28.02.2007 nichtöffentlich/
GEHEIM

Beratung und Beschlussfassung der Beweisanträge -
Beratungsunterlagen 16/39 bis 16/41 -

Zeugenvernehmungen gemäß den Beweisbeschlüssen
16 - 15 und 16 - 16

441 24

125

7 07.03.2007 nichtöffentlich/
GEHEIM

Beratung und Beschlussfassung von Beweisanträgen
- Beratungsunterlagen 16/42 und 16/43 -

Zeugenvernehmungen gemäß den Beweisbeschlüssen
16 - 15, 16 - 16 und 16 -17

451 9

113

8 21.03.2007 nichtöffentlich/
GEHEIM

Beratung und Beschlussfassung von Beweisanträgen
- Beratungsunterlagen 16/44 bis 16/50 -

Zeugenvernehmungen gemäß den Beweisbeschlüssen
16 - 15, 16 - 20 und 16 - 21

375 11

86

9 28.03.2007 nichtöffentlich/
GEHEIM

Beratungssitzung

Zeugenvernehmungen gemäß den Beweisbeschlüssen
16 - 14, 16 - 15 und 16 - 21

281 9

77

10 25.04.2007 nichtöffentlich/
GEHEIM

Beratung und Beschlussfassung von Beweisanträgen
- Beratungsunterlagen 16/51 bis 16/58 -

Zeugenvernehmungen gemäß dem Beweisbeschluss
16 - 23

175 12

45

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 241 – Drucksache 16/10650

Nr. Datum
Art der
Sitzung

Gegenstand
Dauer
(in Mi-
nuten)

Protokoll-
umfang
(Seiten)

11 09.05.2007 nichtöffentlich/
GEHEIM

Beratung und Beschlussfassung eines Beweisantrages
- Beratungsunterlage 16/59 -

Zeugenvernehmungen gemäß den Beweisbeschlüssen
16 - 15, 16 - 21, 16 - 24 und 16 - 25

320 11

75

12 23.05.2007 nichtöffentlich Beratung und Beschlussfassung von Beweisanträgen
- Beratungsunterlagen 16/60 und 16/61 -

16 9

13 13.06.2007 nichtöffentlich/
GEHEIM

Beratung und Beschlussfassung von Beweisanträgen
- Beratungsunterlagen 16/62 und 16/63 -

Zeugenvernehmungen gemäß dem Beweisbeschluss
16 - 26

321 12

73

14 18.06.2007 nichtöffentlich/
GEHEIM

Beratungssitzung

Zeugenvernehmungen gemäß den Beweisbeschlüssen
16 - 18, 16 - 23 und 16 - 32

300 6

77

15 20.06.2007 nichtöffentlich/
GEHEIM

Beratung und Beschlussfassung von Beweisanträgen
- Beratungsunterlagen 16/64 und 16/65 -

Zeugenvernehmungen gemäß den Beweisbeschlüssen
16 - 18 und 16 - 31

216 12

52

16 04.07.2007 nichtöffentlich Beratung und Beschlussfassung von Verfahrensbe-
schlüssen - Beratungsunterlagen 16/66 und 16/67 -
sowie von Beweisanträgen - Beratungsunterlagen
16/68 und 16/69 -

15 10

17 19.09.2007 nichtöffentlich/
GEHEIM

Beratung und Beschlussfassung von Beweisanträgen
- Beratungsunterlagen 16/70 bis 16/76 -

Zeugenvernehmung gemäß dem Beweisbeschluss
16 - 30

75 11

19

18 24.10.2007 nichtöffentlich/
GEHEIM

Beratung und Beschlussfassung von Beweisanträgen
- Beratungsunterlagen 16/77 bis 16/79 -

Zeugenvernehmung gemäß den Beweisbeschlüssen
16 - 39 und 16 - 40

115 14

22

19 07.11.2007 nichtöffentlich/
GEHEIM

Beratungssitzung

Zeugenvernehmungen gemäß dem Beweisbeschluss
16 - 39

205 10

55

20 14.11.2007 nichtöffentlich/
GEHEIM

Beratungssitzung

Zeugenvernehmungen gemäß den Beweisbeschlüssen
16 - 21 und 16 - 47

137 16

39

21 12.12.2007 nichtöffentlich/
GEHEIM

Beratung von Verfahrensbeschlüssen - Beratungsun-
terlagen 16/80 und 16/81 - sowie von Beweisanträgen
- Beratungsunterlagen 16/82 bis 16/84 -

Zeugenvernehmungen gemäß dem Beweisbeschluss
16 - 46

135 12

61

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 242 – Drucksache 16/10650

Nr. Datum
Art der
Sitzung

Gegenstand
Dauer
(in Mi-
nuten)

Protokoll-
umfang
(Seiten)

22 23.01.2008 nichtöffentlich/
GEHEIM

Beratung und Beschlussfassung von Verfahrensbe-
schlüssen - Beratungsunterlagen 16/85 bis 16/90 -

Zeugenvernehmungen gemäß den Beweisbeschlüssen
16 - 21 und 16 - 42

202 10

74

23 25.06.2008 nichtöffentlich Beratung und Beschlussfassung zu den Beratungsun-
terlagen 16/91 bis 16/96

25 13

24 18.09.2008 nichtöffentlich Beratung und Beschlussfassung zu den Beratungsun-
terlagen 16/97 bis 16/103

35 11

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 243 – Drucksache 16/10650

VI. Dokumentenübersicht

Ausgewählte Dokumente zum Bericht des Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss
gemäß Artikel 45a Abs. 2 Grundgesetz

Nr. Inhalt

1 Sicherheitsrat der Vereinten Nationen
Resolution 1368 (2001) - 4370. Tagung am 12. September 2001 -

2 Sicherheitsrat der Vereinten Nationen
Resolution 1373 (2001) - 4385. Tagung am 28. September 2001 -

3 Antrag der Bundesregierung
Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte bei der Unterstützung der gemeinsamen Reaktion auf terro-
ristische Angriffe gegen die USA auf Grundlage des Artikels 51 der Satzung der Vereinten Nationen
und des Artikels 5 des Nordatlantikvertrags sowie der Resolution 1368 (2001) und 1373 (2001) des
Sicherheitsrats der Vereinten Nationen - Bundestagsdrucksache 14/7296 -

4 Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung -
Bundestagsdrucksache 14/7296 -
Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte bei der Unterstützung der gemeinsamen Reaktion auf terro-
ristische Angriffe gegen die USA auf Grundlage des Artikels 51 der Satzung der Vereinten Nationen
und des Artikels 5 des Nordatlantikvertrags sowie der Resolution 1368 (2001) und 1373 (2001) des
Sicherheitsrats der Vereinten Nationen
- Bundestagsdrucksache 14/7447 -

5 Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU
zu der Beratung des Antrags der Bundesregierung - Drucksachen 14/7296, 14/7447 -
Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte bei der Unterstützung der gemeinsamen Reaktion auf terro-
ristische Angriffe gegen die USA auf Grundlage des Artikels 51 der Satzung der Vereinten Nationen
und des Artikels 5 des Nordatlantikvertrags sowie der Resolutionen 1368 (2001) und 1373 (2001) des
Sicherheitsrats der Vereinten Nationen
- Bundestagsdrucksache 14/7512 -

6 Deutscher Bundestag, Stenographischer Bericht
202. Sitzung, Berlin, Freitag, den 16. November 2001 - Plenarprotokoll 14/202 -Tagesordnungspunkt 3.
Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung:
Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte bei der Unterstützung der gemeinsamen Reaktion auf terro-
ristische Angriffe gegen die USA auf Grundlage des Art. 51 der Satzung der Vereinten Nationen und
des Art. 5 des Nordatlantikvertrags sowie der Resolutionen 1368 (2001) und 1373 (2001) des Sicher-
heitsrats der Vereinten Nationen - Bundestagsdrucksachen 14/7296, 14/7447 -

7 Pressemitteilung des Auswärtigen Amtes vom 22. Januar 2002
Erklärung von Bundesaußenminister Fischer zur Frage der in Guantánamo Inhaftierten

8 Europäisches Parlament
Protokoll der Sitzung vom 14. September 2006
Tagesordnungspunkt 3. Aussprache mit Rechtsanwalt Bernhard Docke, Anwalt von
Herrn Murat Kurnaz (Anwaltskanzlei Dr. Hannover und Partner, Bremen)
in Brüssel - TDIP_PV(2006)0914 -

Die Dokumente können auf der beigefügten
CD-ROM eingesehen werden

Drucksache 16/10650 – 244 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Nr. Inhalt

9 Deutscher Bundestag, 16. Wahlperiode
Sekretariat des Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss gem. Art. 45a Abs. 2 GG
Bandabschrift der Anhörung von Murat Kurnaz und Bernhard Docke vor dem CIA- Untersuchungsaus-
schuss des Europäischen Parlaments am 22.11.2006
Vorsitz: Carlos Coelho, MdEP

10 Antrag
Einsetzung eines Untersuchungsausschusses
- Bundestagsdrucksache 16/990 -

11 Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung (1. Ausschuss)
zu dem Antrag - Bundestagsdrucksache 16/990 -
Einsetzung eines Untersuchungsausschusses
- Bundestagsdrucksache 16/1179 -

12 Schreiben der Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages an den Präsiden-
ten des Deutschen Bundestages vom 2. November 2006
Unterrichtung über die Einsetzung des Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss gemäß
Artikel 45a Abs. 2 GG

13 Antrag
Ergänzung des Untersuchungsauftrages des 1. Untersuchungsausschusses
- Bundestagsdrucksache 16/3028 -

14 Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung (1. Ausschuss)
zu dem Antrag - Bundestagsdrucksache 16/3028 -
Ergänzung des Untersuchungsauftrages des 1. Untersuchungsausschusses
- Bundestagsdrucksache 16/3191 -

15 Antrag
Ergänzung des Untersuchungsauftrages des 1. Untersuchungsausschusses
- Bundestagsdrucksache 16/5751 -

16 Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung (1. Ausschuss)
zu dem Antrag - Bundestagsdrucksache 16/5751 -
Ergänzung des Untersuchungsauftrages des 1. Untersuchungsausschusses
- Bundestagsdrucksache 16/6007 -

17 Schreiben des Vorsitzenden des 1. Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages an den stell-
vertretenden Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss vom 14. Sep-
tember 2007

18 Schreiben des stellvertretenden Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsaus-
schuss an den Vorsitzenden des 1. Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages vom 19.
September 2007

19 Schreiben des stellvertretenden Vorsitzenden an den Vorsitzenden des Ausschusses für Wahlprüfung,
Immunität und Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages vom 27. September 2007

20 Schreiben des Vorsitzenden des 1. Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages an den stell-
vertretenden Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss vom 11. Okto-
ber 2007

21 Schreiben des Vorsitzenden des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung des
Deutschen Bundestages an den Präsidenten des Deutschen Bundestages, Stellvertretenden Vorsitzenden
des Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss sowie den Vorsitzenden des 1. Untersu-
chungsausschusses der 16. Wahlperiode vom 14. Januar 2008

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 245 – Drucksache 16/10650

Nr. Inhalt

22 Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages: “Beiziehung von Akten
eines Untersuchungsausschusses nach Art. 45a GG durch einen Untersuchungsausschuss nach Art. 44
GG“

23 Gemeinsame Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Tübingen und des Regierungspräsidiums Karlsru-
he vom 8. Januar 2007:
Staatsanwaltschaft Tübingen hat die Ermittlungen gegen zwei KSK-Soldaten im Fall Murat Kurnaz
aufgenommen

24 Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Tübingen vom 29. Mai 2007:
Die Staatsanwaltschaft Tübingen hat heute das Ermittlungsverfahren gegen zwei Soldaten der KSK
Calw wegen Körperverletzung im Amt zum Nachteil von Murat Kurnaz eingestellt

25 Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Tübingen vom 12. März 2008:
Die Staatsanwaltschaft Tübingen hat das Ermittlungsverfahren gegen Soldaten der KSK Calw wegen
Körperverletzung im Amt am 10. März 2008 erneut gemäß § 170 Absatz 2 StPO eingestellt

26 Antwort der Bundesregierung
auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Winfried Nachtwei, Alexander Bonde, Volker Beck (Köln),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 16/6174 -
Grundgesetz und Völkerrecht bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr; Behandlung von Personen, die in
Gewahrsam genommen werden
- Bundestagsdrucksache 16/6282 -

27 Schreiben des International Committee of the Red Cross (ICRC), Direktor für operationelle Einsätze,
Pierre Krähenbühl, an den stellvertretenden Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses als 1. Untersu-
chungsausschuss vom 30. März 2007 auf sein Schreiben vom 8. Februar 2007 in der Angelegenheit
Murat Kurnaz

28 Anlage zum Schreiben des ICRC vom 30. März 2007
Berichte und Dokumente
Maßnahmen des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) bei Verstößen gegen das humani-
täre Völkerrecht oder andere Grundrechte, die Menschen in Gewaltsituationen schützen (Übersetzung
der englischsprachigen Broschüre vom 4. Mai 2007)

29 Europäisches Parlament
Bericht über die behauptete Nutzung europäischer Staaten durch die CIA für die Beförderung und das
rechtswidrige Festhalten von Gefangenen (2006/2200(INI) - Nichtständiger Ausschuss zur behaupteten
Nutzung europäischer Staaten durch die CIA für die Beförderung und das rechtswidrige Festhalten von
Gefangenen,
Berichterstatter: Giovanni Claudio Fava

30 Entschließung des Europäischen Parlaments
zu der behaupteten Nutzung europäischer Staaten durch die CIA für die Beförderung und das rechts-
widrige Festhalten von Gefangenen vom 14. Februar 2007

31 Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bilanzierender Gesamtbericht zum Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte bei der Unterstützung der
gemeinsamen Reaktion auf terroristische Angriffe gegen die USA auf der Grundlage des Artikels 51
der Satzung der Vereinten Nationen und des Artikels 5 des Nordatlantikvertrags sowie der Resolutionen
1368 (2001) und 1373 (2001) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen
- Bundestagsdrucksache 14/8990 -

32 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung
(1. Ausschuss)
a) zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- Bundestagsdrucksache 15/2742 -
Entwurf eines Gesetzes über die parlamentarische Beteiligung bei der Entscheidung über den Einsatz
bewaffneter Streitkräfte im Ausland (Parlamentsbeteiligungsgesetz)

Drucksache 16/10650 – 246 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Nr. Inhalt

b) zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Jörg van Essen, Rainer Funke, Günther Friedrich Nolting,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
- Bundestagsdrucksache 15/1985 -
Entwurf deines Gesetzes zur Mitwirkung des Deutschen Bundestages bei Auslandseinsätzen der
Bundeswehr (Auslandseinsätzemitwirkungsgesetz)
- Bundestagsdrucksache 15/4264 -

33 Antwort der Bundesregierung
auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Norman Paech, Monika Knoche, Katrin Kunert, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Bundestagsdrucksache 16/2899 -
Einsatz der Bundeswehr im Rahmen der „Operation ENDURING FREEDOM“
- Bundestagsdrucksache 16/3272 -

34 Antwort der Bundesregierung
auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Winfried Nachtwei, Alexander Bonde,
Jürgen Trittin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- Bundestagsdrucksache 16/3243 -
Verbindliche Unterrichtungspflichten im Rahmen der Operation Enduring Freedom und Evaluation und
Kontrolle von Auslandseinsätzen
- Bundestagsdrucksache 16/3740 -

35 Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages: “Rechte der Minderheit zur
Änderung des Untersuchungsauftrags in einem Untersuchungsverfahren und Konkurrenz zweier Unter-
suchungsausschüsse zu sich überschneidenden Lebenssachverhalten“

36 Antwort der Bundesregierung
auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Angelika Beer, Winfried Nachtwei, Christian Sterzing und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 13/6639 -
Kommando Spezialkräfte
- Bundestagsdrucksache 13/6924 -

37 Antrag
der Abgeordneten Paul Schäfer(Köln), Inge Höger, Monika Knoche, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion DIE LINKE.
Stärkung der parlamentarischen Beteiligung bei der Entscheidung über den Einsatz bewaffneter Streit-
kräfte im Ausland (Parlamentsbeteiligungsgesetz)
- Bundestagsdrucksache 16/6646 -

Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Erster Teil Einsetzung des Untersuchungsausschusses und Verlauf des Untersuchungsverfahrens
A. Einsetzung, Auftrag und Konstituierung des Untersuchungsausschusses
B. Verlauf des Untersuchungsverfahrens

Zweiter Teil Feststellungen zum Sachverhalt
A. Welche Kontakte hatten Angehörige der Bundeswehr mit dem türkischen Staatsbürger Murat Kurnaz ...
B. Wurde Murat Kurnaz im Rahmen dieser Kontakte durch Angehörige der Bundeswehr in seiner körperl...
C. Welche Personen innerhalb der Bundeswehr und im Bundesministerium der Verteidigung hatten gege...
D. Welche Einsätze haben KSK-Kräfte von ca. November 2001 bis ca. November 2002 in Kandahar durch...
E. Welche Personen in der Bundeswehr und im Bundesministerium der Verteidigung hatten je welche K...

Dritter Teil Bewertungen
A. Bewertung der Untersuchungsergebnisse
B. Schlussfolgerungen

Vierter Teil Sondervoten
A. Minderheitenbericht der Fraktion der FDP
B. Minderheitenbericht der Fraktion DIE LINKE.
C. Sondervotum der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Fünfter Teil Übersichten und Verzeichnisse

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