BT-Drucksache 15/961

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung -15/420, 15/522, 15/955- Entwurf eines Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz)

Vom 7. Mai 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/961
15. Wahlperiode 07. 05. 2003

Änderungsantrag
der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch und Petra Pau

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 15/420, 15/522, 15/955 –

Entwurf eines Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung
und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern
und Ausländern (Zuwanderungsgesetz)

Der Bundestag wolle beschließen:
I. Artikel 1 – Aufenthaltsgesetz – wird wie folgt geändert:
1. § 23 wird wie folgt geändert:

In Absatz 1 werden die Sätze 2 und 3 gestrichen.
2. § 25 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 3 wird wie folgt gefasst:
„(3) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn

die Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60
Abs. 2 bis 7 nicht nur kurzzeitig vorliegen. Die Voraussetzungen des
Satzes 1 liegen insbesondere vor, wenn der Ausländer seit einem halben
Jahr über eine Bescheinigung nach § 60 Abs. 1 Satz 4 verfügt.“

b) Absatz 5 wird folgender Satz 2 angefügt:
„Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 5 Abs. 1 und 2 erteilt
werden, wenn das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine
außergewöhnliche Härte bedeuten würde.“

3. In § 27 werden
a) in Absatz 2 die Angabe „Absatz 3“ gestrichen und
b) Absatz 3 gestrichen.

4. § 32 wird wie folgt gefasst:
㤠32

Kindernachzug
Dem minderjährigen ledigen Kind eines Ausländers ist eine Aufenthalts-

erlaubnis zu erteilen, wenn der Ausländer einen Aufenthaltstitel nach diesem
Gesetz, eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylverfahrensgesetz oder
eine Bescheinigung nach § 60 Abs. 11 Satz 4 besitzt.“

5. In § 34 Abs. 1 werden die Wörter „eine Aufenthaltserlaubnis oder Nieder-
lassungserlaubnis“ durch die Wörter „einen Aufenthaltstitel nach diesem

Drucksache 15/961 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Gesetz, eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylverfahrensgesetz oder
eine Bescheinigung nach § 60 Abs. 11 Satz 4“ ersetzt.

6. § 36 wird wie folgt geändert:
In Satz 1 wird der Halbsatz „wenn es zur Vermeidung einer außergewöhnli-
chen Härte erforderlich ist“ durch den Halbsatz „wenn es zur Sicherstellung
eines Umgangsrechts mit den für die Entwicklung des Kindes bedeutsamen
Bezugspersonen im Sinne des § 1685 des Bürgerlichen Gesetzbuches oder
zur Vermeidung einer Härte erforderlich ist“ ersetzt.

7. Die folgenden §§ 43a bis 43c sowie 45a werden eingefügt:
㤠43a

Ziel der Förderung der Integration
Ziel der Förderung der Integration von absehbar aufDauer imBundesgebiet

lebenden Ausländern und Spätaussiedlern ist ihre gleichberechtigte Teilhabe
undTeilnahme amgesellschaftlichenLeben derBundesrepublikDeutschland.
Die Integration von Zuwanderern in Wirtschaft und Arbeitsmarkt, Bildung
und Kultur, Politik und Gesellschaft wird gefördert. Die Bereitstellung ziel-
gruppengerechter Integrationsangebote und die interkulturelle Öffnung aller
Bereiche des öffentlichen Lebens ist eine gesamtstaatliche Aufgabe des Bun-
des, der Länder und der Gemeinden. Die Förderung der Integration stellt eine
Verpflichtung für alle gesellschaftlichen Institutionen und Gruppen dar.

§ 43b
Grundangebot zur Integration:

Integrationskurs und Integrationsbegleitung
(1) Integrationsbemühungen von Ausländern und Spätaussiedlern werden

durch ein Grundangebot zur Integration (Integrationskurs und Integrationsbe-
gleitung) unterstützt. Der Integrationskurs umfasst Angebote, die Ausländer
und Spätaussiedler mit der deutschen Sprache, der Rechtsordnung, dem kul-
turellen Leben und der Geschichte in Deutschland vertraut machen. Die In-
tegrationsbegleitung umfasst Beratung und Begleitung in Fragen der Erst-
orientierung, der Sprach- und Integrationskurse, der Kinderbetreuung, der
Wohnraumbeschaffung, der Schul- undBildungsplanung, derErwerbsarbeits-
planung etc. in Deutschland. Ausländer und Spätaussiedler sollen dadurchmit
den Lebensverhältnissen im Bundesgebiet so weit vertraut werden, dass sie
möglichst in allen Angelegenheiten des täglichen Lebens selbständig handeln
können.
(2) Der Integrationskurs umfasst einen Basis- und einen Aufbausprachkurs

von jeweils dreihundert Unterrichtsstunden sowie einen Orientierungskurs
zur Vermittlung von Kenntnissen der Rechtsordnung, der Kultur und der Ge-
schichte in Deutschland von bis zu dreißig Unterrichtsstunden. Die erfolgrei-
cheTeilnahmewird durch eine vomSprachkursträger auszustellendeBeschei-
nigung nachgewiesen. Die Teilnahme am Basissprachkurs ist in der Regel
Voraussetzung für die Teilnahme am Aufbausprachkurs. Soweit erforderlich,
soll der Integrationskurs durch Kinderbetreuungsangebote ergänzt werden.
Für teilnahmeberechtigte und -verpflichtete Ausländer (§§ 44, 45) und Spät-
aussiedler werden Basis-, Aufbausprachkurs und Orientierungskurs vom
Bundesamt fürMigration, Integration undFlüchtlinge durchgeführt.DasBun-
desamt für Migration, Integration und Flüchtlinge kann sich hierzu privater
oder öffentlicher Träger bedienen.
(3) Die Integrationsbegleitung umfasst die Beratung und Begleitung der

Zuwanderinnen und Zuwanderer in Fragen ihrer Lebensplanung in Deutsch-
land, die Erstellung und Vereinbarung eines individuellen Integrationsför-
derplans auf der Grundlage einer Kompetenzanalyse des Zuwanderers, die
regelmäßige Kommunikation mit dem Zuwanderer über die vereinbarten

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/961

Schritte zur Zielerreichung sowie die Vermittlung an weitere Fach- und
Regeldienste (z. B. Arbeits- und Sozialämter, Erziehungsberatung etc.). Die
Integrationsbegleitung erfolgt durch qualifizierte Fachkräfte in Integrations-
servicestellen. Der Bund trägt die Kosten des Grundangebotes zur Integration
(Integrationskurse und Integrationsbegleitung) und die Kosten für das Bun-
desamt für Migration, Integration und Flüchtlinge.
(4) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nähere Einzelheiten der Integra-

tionsbegleitung und des Integrationskurses, insbesondere die Grundstruktur,
die Lerninhalte und die Durchführung der Kurse, die Vorgaben bezüglich der
Auswahl undZulassungderKursträger sowie dieRahmenbedingungen für die
Teilnahme durch eine Rechtsverordnungmit Zustimmung des Bundesrates zu
regeln.

§ 43c
Weitere Integrationsangebote,

bundesweites Integrationsprogramm
Integrationskurs und Integrationsbegleitung können durch weitere Inte-

grationsangebote ergänzt werden. Das Bundesministerium des Inneren oder
die von ihm bestimmte Stelle entwickelt ein bundesweites Integrationspro-
gramm, in dem insbesondere die bestehenden Integrationsangebote von
Bund, Ländern, Kommunen und privaten Trägern für Ausländer und Spät-
aussiedler festgestellt und Empfehlungen zur Weiterentwicklung der In-
tegrationsangebote und zur interkulturellen Öffnung anderer Fach- und Re-
geldienste vorgelegt werden. Bei der Entwicklung des bundesweiten
Integrationsprogramms sowie der Erstellung von Informationsmaterialien
über bestehende Integrationsangebote werden die Länder, die Kommunen
und die Ausländerbeauftragten von Bund, Ländern und Kommunen sowie
der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen, das Bundesmi-
nisterium für Wirtschaft und Arbeit und das Bundesministerium für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend beteiligt. Darüber hinaus sollen Religions-
gemeinschaften, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, die Träger der
freien Wohlfahrtspflege, Migrantenselbstorganisationen sowie sonstige in
der Integrationsarbeit engagierte gesellschaftliche Interessenverbände betei-
ligt werden.

§ 45a
Integrationsrat

Bei der Durchführung der Basis- und Aufbausprachkurse sowie der Orien-
tierungskurse und der Gewährleistung der Integrationsbegleitung im Rahmen
des „Grundangebotes zur Integration“ (§ 43b), der Entwicklung des bundes-
weiten Integrationsprogrammes (§ 43c Satz 2) und der Erstellung von Infor-
mationsmaterialien über bestehende Integrationsangebote (§ 43c Satz 3) wird
das Bundesamt für Migration, Integration und Flüchtlinge auf Bundesebene
durch einen Integrationsrat beraten. Dem Integrationsrat gehören Vertreterin-
nen und Vertreter der Länder und Kommunen sowie wichtiger in der Integra-
tionsförderung erfahrener gesellschaftlicher Gruppen, insbesondere der
Wohlfahrtsverbände, an. Die Mitglieder des Integrationsrates werden vom
Bundesministeriumdes Inneren für die Dauer von vier Jahren ernannt. Der In-
tegrationsrat erstattet jährlich einGutachten zur aktuellen Entwicklung der In-
tegrationsförderung mit Empfehlungen für ihre zukünftige Gestaltung insbe-
sondere im Hinblick auf die in Absatz 1 genannten Aufgaben. Länder und
Kommunen können vergleichbare Integrationsräte bilden.“

Drucksache 15/961 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

8. § 60 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 5 wird wie folgt gefasst:

„(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus
der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und
Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl. 1952 II S. 686) in der
Auslegung durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes
für Menschenrechte ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.“

b) Absatz 7 wird wie folgt gefasst:
„(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat ist

abzusehen, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete
Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.“

c) Die Absätze 8 und 9 werden gestrichen.
9. § 61 wird gestrichen.
10. § 62 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 2 werden
aa) Satz 1 Nr. 1 gestrichen
bb) Satz 1 Nr. 5 gestrichen
cc) Satz 3 gestrichen.

b) Absatz 3 wird wie folgt gefasst:
„(3) Die Sicherungshaft kann bis zu drei Monaten angeordnet werden.

Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft an-
zurechnen.“

11. § 80 wird wie folgt geändert:
a) In den Absätzen 1 und 4 wird jeweils die Angabe „16.“ durch die An-

gabe „18.“ ersetzt.
b) Absatz 2 Satz 1 wird wie folgt gefasst:

„Die mangelnde Handlungsfähigkeit eines Minderjährigen steht seiner
Zurückweisung und Zurückschiebung dann nicht entgegen, wenn dies
mit dem vorrangig zu berücksichtigenden Wohl des Kindes vereinbart
werden kann.“

c) An Absatz 2 wird folgender Satz 3 angefügt:
„Minderjährige werden nicht in Abschiebungshaft (§ 62) genommen.“

12. An § 87 Abs. 2 wird folgender Satz 2 angefügt:
„Satz 1 Nr. 1 und 2 gelten nicht für Krankenhäuser, Schulen, Gerichte,
Sozial- und Jugendbehörden, Arbeitsämter sowie Einrichtungen der Wohl-
fahrtspflege.“

13. § 96 Abs. 1 wird wie folgt geändert:
Am Ende der Nummer 1 wird das Wort „oder“ durch das Wort „und“
ersetzt.

14. An § 98 Abs. 1 wird folgender Satz 2 angefügt:
„Die Rechtsverordnung muss in den Fällen des Satzes 1 Nr. 11 Ausnahme-
bestimmungen nach § 87 Abs. 2 Satz 2 enthalten.“

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/961

II. Artikel 3 – Änderung des Asylverfahrensgesetzes – wird wie folgt geändert:
1. Nummer 3 wird wie folgt gefasst:

§ 3 wird wie folgt gefasst:
„Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechts-
stellung der Flüchtlinge, wenn das Bundesamt oder ein Gericht unanfecht-
bar festgestellt hat, dass er die Voraussetzungen des Artikels 1 des Abkom-
mens erfüllt. Dies gilt nicht, wenn aus schwerwiegenden Gründen die
Annahme gerechtfertigt ist, dass er ein Verbrechen gegen den Frieden, ein
Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne
der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden
sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, oder vor
seiner Aufnahme als Flüchtling ein schweres nichtpolitisches Verbrechen
außerhalb des Gebietes der Bundesrepublik Deutschland begangen hat oder
sich hat Handlungen zu Schulden kommen lassen, die den Zielen und
Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen.“

2. Nummer 4 wird wie folgt gefasst:
§ 5 Abs. 1 Satz 1 wird wie folgt gefasst:
„Über Asylanträge einschließlich der Feststellungen, ob die Voraussetzun-
gen des Artikels 1 des Abkommens über die Rechtstellung der Flüchtlinge
oder die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes vorlie-
gen, entscheidet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.“

3. Nach Nummer 8 wird folgende Nummer 8a eingefügt:
8a. § 12 wird wie folgt geändert:

In den Absätzen 1 und 3 wird jeweils die Angabe „16.“ durch die An-
gabe „18.“ ersetzt.

4. Nummer 13 wird wie folgt geändert:
§ 20 Abs. 2 wird gestrichen. Absatz 3 wird Absatz 2.

5. Die Nummern 14 und 15 werden gestrichen. Die Nummern 16 und 17 wer-
den Nummern 14 und 15.

6. Nummer 18 (alt) wird gestrichen. Die Nummern 19 bis 49 werden Num-
mern 16 bis 46.

7. Nummer 26 (alt) wird wie folgt gefasst:
a) In § 40 Abs. 1 Satz 1 werden die Wörter „in deren Bezirk sich der Aus-

länder aufzuhalten hat“ durch die Wörter „in deren Bezirk der Ausländer
Wohnung zu nehmen hat“ ersetzt.

b) – wie bisherige Nummer 26 (alt) –
8. Nach Nummer 33 wird die folgende Nummer 33a (alte Zählweise) einge-

fügt:
33a. In § 54 werden die Wörter „in deren Bezirk sich der Ausländer aufzu-

halten hat“ durch die Wörter „in deren Bezirk der Ausländer Wohnung
zu nehmen hat“ ersetzt.

9. Nummer 35 (alt) wird wie folgt gefasst:
a) In § 55 Abs. 1 wird Satz 2 gestrichen. Satz 3 wird Satz 2.
b) – wie die jetzige Nummer 35 (alt) –

10. Nummer 36 (alt) wird wie folgt gefasst:
Die §§ 56 bis 59 werden aufgehoben.

Drucksache 15/961 – 6 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

11. Nach Nummer 36 (alt) wird die folgende Nummer 36a (alte Zählweise) ein-
gefügt:
§ 60 wird wie folgt geändert:
a) In Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 werden die Wörter „Aufenthalt und“ gestrichen.
b) Absatz 3 wird wie folgt gefasst:

„(3) Zuständig für Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ist die
Ausländerbehörde, in deren Bezirk der Ausländer Wohnung zu nehmen
verpflichtet ist.“

12. Nummer 38 (alt) wird wie folgt gefasst:
a) § 63 Abs. 3 wird wie folgt geändert:

aa) Satz 2 wird wie folgt gefasst:
„Im Übrigen ist die Ausländerbehörde zuständig, in deren Bezirk
der Ausländer Wohnung zu nehmen verpflichtet ist.“

bb) In Satz 3 werden die Wörter „und Änderungen der räumlichen Be-
schränkungen“ gestrichen.

b) – wie die bisherige Nummer 38 (alt) –
13. In Nummer 42 (alt) wird der folgende Buchstabe e angehängt:

e) Absatz 7 wird wie folgt geändert:
aa) Satz 1 wird gestrichen.
bb) Im bisherigen Satz 2 wird das Wort „auch“ gestrichen.

14. Nummer 43 (alt) Buchstabe a wird wie folgt gefasst:
a) Absatz 3 wird wie folgt gefasst:

„(3) Während der Prüfung des Bundesamtes, ob ein weiteres Asylver-
fahren durchzuführen ist, gilt eine Abschiebung als ausgesetzt. § 60
Abs. 11 Satz 4 des Aufenthaltsgesetzes ist entsprechend anzuwenden.
Die §§ 60 bis 67 gelten entsprechend.“

15. Nach Nummer 45 (alt) werden die folgenden Nummern 45a und 45b (alter
Zählweise) eingefügt:
45a. § 85 Nr. 2 wird gestrichen.
45b. § 86 wird aufgehoben.

III. Artikel 8 – Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes – wird wie folgt
geändert:

1. Nummer 1 Buchstabe a wird wie folgt gefasst:
a) In Absatz 1 werden

aa) die Nummern 3 und 4 gestrichen;
bb) die Nummer 5 zu Nummer 3;
cc) die Nummer 6 zu Nummer 4 und in ihr die Angabe „Nummern 1 bis 5“

durch die Angabe „Nummern 1 bis 3“ ersetzt.
2. Nummer 3 wird wie folgt gefasst:

§ 2 Abs. 1 wird wie folgt gefasst:
„(1) Abweichend von den §§ 3 bis 7 ist das Bundessozialhilfegesetz auf

diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die über eine
Dauer von insgesamt 36 Monaten Leistungen nach § 3 erhalten haben.“

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 7 – Drucksache 15/961

3. Nach Nummer 3 werden die folgenden Nummern 3a und 3b eingefügt:
3a. § 3 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 wird
aa) in Satz 1 das Wort „Sachleistungen“ durch das Wort „Geldleis-

tungen“ ersetzt;
bb) Satz 2 gestrichen, und die Sätze 3 und 4 werden Sätze 2 und 3;
cc) Satz 5 gestrichen.

b) In Absatz 2 werden
aa) Satz 1 gestrichen;
bb) in Satz 2 nach den Wörtern „Der Wert“ die Wörter „der Geldleis-

tungen“ eingefügt;
cc) Satz 3 gestrichen.

c) In Absatz 3 Satz 1 werden die Angabe „Absatz 1 Satz 4“ durch die
Angabe „Absatz 1 Satz 3“ und die Angabe „Absatz 2 Satz 2“ durch
die Angabe „Absatz 2“ ersetzt.

3b. § 4 wird wie folgt geändert:
Absatz 1 wird wie folgt gefasst:
„(1) Zur Behandlung von Erkrankungen, Schmerzzuständen oder

Folgen von Behinderungen sind die erforderliche ärztliche, zahnärzt-
liche und therapeutische Behandlung einschließlich der Versorgung mit
Arznei- und Verbandsmitteln sowie mit Zahnersatz zu gewähren. Das
Gleiche gilt für sonstige zur Genesung, zur Besserung oder zur Linde-
rung von Krankheiten, Krankheitsfolgen oder von Behinderungen erfor-
derlichen Leistungen.“

4. Nach Nummer 5 wird die folgende Nummer 5a eingefügt:
5a. In § 10b Abs. 3 Satz 1 werden die Wörter „asyl- oder ausländerrechtli-

che räumliche Beschränkung“ durch die Wörter „vollziehbare Auflage
zur Aufenthaltsgenehmigung“ ersetzt.

5. Nummer 6 wird wie folgt gefasst:
a) In § 11 Abs. 2 werden die Wörter „asyl- oder ausländerrechtlichen räum-

lichen Beschränkung“ durch die Wörter „vollziehbaren Auflage zur Auf-
enthaltsgenehmigung“ ersetzt.

b) – wie bisherige Nummer 6 –.

Berlin, den 7. Mai 2003
Dr. Gesine Lötzsch
Petra Pau

Begründung
Zu Nummer I.1:
§ 23 Abs. 1 Satz 2 würde in Verbindung mit § 68 AufenthG dazu führen, dass
die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an Personen, für die die Abschiebung
eine besondere Härte bedeuten würde, von der Kostenübernahme durch „inter-
nationale Körperschaften“ (so die Begründung) abhängig gemacht würde. Mit-

Drucksache 15/961 – 8 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

telbar wären damit private Träger (einschließlich der Kirchen) für das „Ob“ der
Erteilung eines Aufenthaltstitels verantwortlich. Aufnahme und Schutz der von
Menschenrechtsverletzungen und anderen Gefahren bedrohten Personen liegen
jedoch im originären Aufgabenbereich des Staates.
Daran haben die Befürworter des bisherigen „Kirchenasyls“ auch nie einen
Zweifel gelassen. „Kirchenasyl“ war immer gedacht als ausdrückliche Auffor-
derung an den Staat, seine als falsch erkannte Abschiebungsentscheidung noch
einmal zu überdenken und in Ausübung seiner Souveränität dem Betreffenden
den Verbleib auf seinem Territorium zu ermöglichen.
Der Wegfall des Satzes 3 trägt der Erfahrung aus den letzten Jahren Rechnung,
dass der Bundesminister des Innern regelmäßig nur dann seine Zustimmung
erteilt, wenn alle Bundesländer sich auf eine Regelung einigen. Dies führt zu
lähmenden und dem gewichtigen Problem des Umgangs mit Härtefällen nicht
gerecht werdenden Diskussionsprozessen und einer „Sperrminorität“ einzelner
Länder.
Zu Nummer I.2:
zu a): Der Vorschlag nimmt die Bedenken vieler Sachverständiger gegen die ur-
sprüngliche Fassung auf. Er stellt klar, dass ein Ausländer zwingend eine Auf-
enthaltsbefugnis erhalten muss, sobald Abschiebungshindernisse der in § 60
Abs. 2 bis 7 bezeichneten Art nicht nur kurzzeitig vorliegen und der Ausländer
somit nicht auf eine bloße Bescheinigung über die Aussetzung der Abschie-
bung verwiesen werden darf. Ab einem halben Jahr Besitz einer solchen Be-
scheinigung muss davon ausgegangen werden, dass die Abschiebungshinder-
nisse auch noch länger vorliegen werden. Damit wird auch der Gefahr der
bisherigen „Kettenduldungen“ begegnet.
Der Wegfall des Satzes 2 der ursprünglichen Fassung trägt den ebenfalls von
zahlreichen Sachverständigen mit guten Argumenten vorgetragenen Bedenken
Rechnung, hiermit werde insbesondere den Betroffenen die untragbare Darle-
gungslast aufgebürdet, ihnen sei die Ausreise in einen anderen Staat nicht mög-
lich und zumutbar.
zu b): Der Vorschlag folgt der Anregung von Rechtsanwalt Dr. ReinhardMarx in
seiner Stellungnahme für die Sachverständigenanhörung im Innenausschuss und
fügt § 25 Abs. 5 eine an Absatz 4 Satz 2 angelehnte Regelung an. Damit wird
ausdrücklich eine gesetzliche Härtefallregelung – wie sie seit langem von Kir-
chen, Verbänden und Menschenrechtsorganisationen gefordert wird – geschaf-
fen. DerWegfall des ursprünglichen Satzes 2 begegnet der Gefahr, dass der darin
enthaltene „Missbrauchs“-Vorbehalt entsprechend der bisherigen Praxis der
Ausländerbehörden weit ausgelegt würde und somit zahlreiche Personen auch
nach einer neuen Gesetzesfassung nur eine Aussetzung der Abschiebung erhal-
ten könnten. In diesem Zusammenhang weist beispielsweise amnesty interna-
tional darauf hin, „dass aufgrund der Umstände der Flucht vor schwerwiegenden
Menschenrechtsverletzungen und der Notwendigkeit, Fluchthelfer in Anspruch
zu nehmen, Schutzsuchende in vielen Fällen nur ohne Identitätsdokumente in die
Bundesrepublik gelangen können.“
Zu Nummer I.3:
Die Absicht, die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel von einer Siche-
rung des Lebensunterhalts abhängig zu machen, ist bereits in § 5 AufenthG-E
verwirklicht. § 27 Abs. 3 AufenthG-E geht jedoch noch darüber hinaus und
lässt die Verweigerung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Familienzu-
sammenführung auch dann zu, wenn lediglich ein theoretischer Anspruch auf
öffentliche Leistungen besteht, nicht jedoch eine tatsächliche Inanspruchnahme
vorliegt. Im Übrigen ist das Verhältnis zwischen § 27 Abs. 3 und den Bestim-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 9 – Drucksache 15/961

mungen etwa in § 28 Abs. 1 oder § 29 Abs. 2 und 4 unklar, wenn in Letzteren
ausdrücklich ein Abweichen von der Voraussetzung des gesicherten Lebensun-
terhaltes (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG-E) ermöglicht wird. Die Änderung in
Absatz 2 ist redaktioneller Natur.
Zu den Nummern I.4 und I.5:
Das Recht eines Kindes, mit seinen Eltern beziehungsweise einem Elternteil
zusammenzuleben, ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für die positive
Entwicklung seiner Persönlichkeit. In den Worten eines Richters beim Europäi-
schen Gerichtshof für Menschenrechte: „Wenige Menschenrechte sind so wich-
tig wie das Recht eines Vaters, seinen Sohn bei sich zu haben, ihn zu führen,
seine Erziehung und Ausbildung zu überwachen und ihm dabei zu helfen, einen
Beruf zu wählen und zu ergreifen. Genauso sind wenige Rechte so wichtig wie
das Recht eines heranwachsenden Sohnes, bei seinem Vater zu leben und nut-
zen sowohl aus der Atmosphäre der Zuneigung als auch aus dem Rat und der
Hilfe des Vaters zu ziehen.“ [Richter Valticos im Separatvotum zur Entschei-
dung des EGMR vom 28. November 1996 – Ahmut – InfAuslR 1997, 143].
Diesem Gedanken hat der 13. Deutsche Bundestag mit der Verabschiedung des
Kindschaftsrechtsreformgesetzes im September 1997 Rechnung getragen. Dem
sind die aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen dahin gehend anzupassen, dass
die Wahrnehmung dieses fundamentalen Rechts nicht auf Inhaber bestimmter
Aufenthaltstitel beschränkt bleibt.
Zu Nummer I.6:
§ 1685 BGB gewährt Großeltern, Geschwistern, Stief- und Pflegeeltern ein
Umgangsrecht mit einem Kind. Diesen Rechtsanspruch dürfen aufenthalts-
rechtliche Bestimmungen nicht „aushebeln“.
Die im Entwurf enthaltene Formulierung „außergewöhnliche Härte“ geht zu
weit. Die Bestimmung des § 36 AufenthG-E betrifft Umstände, in denen das
Wohl des Kindes betroffen ist. Dieses Kindeswohl muss so starkes Gewicht ha-
ben, dass es nicht nur im Fall einer außergewöhnlichen Härte zur Geltung
kommt.
Zu Nummer I.7:
Es wird ein Vorschlag des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in
Deutschland übernommen.
Zu Nummer I.8:
zu a): Hier wird der Vorschlag der SPD-Bundestagsfraktion („Die neue Politik
der Zuwanderung, Steuerung, Integration, innerer Friede“, S. 56) aufgenom-
men und festgestellt, dass die Interpretation der Europäischen Menschenrechts-
konvention (EMRK) durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
(EGMR) bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Abschiebung verbindlich
sein soll. Nach der gefestigten Rechtsprechung des EGMR gilt ein Abschie-
bungsverbot bei Gefahr der Folter gemäß Artikel 3 EMRK auch dann, wenn die
Folter durch nichtstaatliche Organisationen oder Einzelpersonen droht. Eine an-
dere Auffassung vertritt das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) (vgl. Urteil
des BVerwG vom 15. April 1997, InfAuslR 1997, S. 341 <343>): Nur eine vom
Staat ausgehende oder von ihm zu verantwortende Misshandlung könne eine
unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Artikels 3 EMRK
sein. Diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts könnte sich im
Zuge der nun gesetzlich verankerten Anerkennung nichtstaatlicher Verfolgung
ändern. Jedoch sollte die Interpretation der EMRK, insbesondere wenn es um
die Frage der Abschiebung von Personen geht, in Europa eine einheitliche sein.

Drucksache 15/961 – 10 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

zu b): Die Vorschrift ist – auch entsprechend den Erklärungen der Bundesregie-
rung im Verfahren T. I. gegen Vereinigtes Königreich vor dem Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte (siehe InfAuslR 2000, S. 321) – als zwingende
Regelung auszugestalten. Außerdem wird die Vorschrift des früheren § 53
Abs. 6 Satz 2 AuslG nicht wieder aufgenommen, da sonst weiterhin die Mög-
lichkeit bestünde, dass die Rechtsprechung einen Abschiebungsschutz von
Flüchtlingen, denen allgemeine Gefahren drohen, verweigert und hierbei argu-
mentiert, es müsse zunächst eine generelle Regelung durch die Landesbehör-
den in Form eines „Abschiebungsstopps“ gemäß §§ 60 Abs. 11 bzw. 23 Abs. 1
AufenthG erfolgen. Um eine solche den Sinngehalt des Abschiebungsschut-
zes entleerende Anwendung der „Sperrwirkung“ zu vermeiden, ist § 60
Abs. 7 Satz 2 AufenthG-E zu streichen.
zu c): In § 60 Abs. 8 AufenthG-E ist der durch das Terrorismusbekämpfungsge-
setz erweiterte Katalog der Gründe aus § 51 Abs. 3 AuslG, die zum Ausschluss
einer Person vom völkerrechtlichen Flüchtlingsschutz führen, übernommen
worden. Absatz 9 erlaubt die auf die Gründe des Absatzes 8 gestützte Abschie-
bung während des Asylverfahrens. Diese Gesetzesänderung würde zu einer
Verschlechterung des Flüchtlingsschutzes führen, durch die schutzbedürftige
Personen von einem sicheren Bleiberecht ausgeschlossen werden. Der Regie-
rungsentwurf stellt nicht klar, welche Informationen zu der Annahme, dass der
Flüchtling eine Straftat begangen hat, führen können. Es ist durchaus denkbar,
dass gerade im Rahmen der Terrorismusbekämpfung die Informationen des
Herkunftsstaates benutzt werden, um einen Verdacht gegen den Flüchtling zu
begründen. Außerdem besteht die Gefahr, dass das Vorliegen der Ausschluss-
gründe nicht in einem Asylverfahren überprüft wird, sondern eine Abschiebung
schon vor der Entscheidung durch das Bundesamt aufgrund einer Entscheidung
der zuständigen Ausländerbehörde durchgeführt wird. Daher sind beide Vor-
schriften zu streichen.
Zu Nummer I.9:
Die in § 61 Abs. 1 AufenthG-E vorgesehene räumliche Beschränkung des Auf-
enthalts eines jeden vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ist unverhältnis-
mäßig und stellt den Betroffenen unter einen Generalverdacht, er wolle „unter-
tauchen“. Die Begründung, die Vorschrift sei erforderlich, „weil sich zahlreiche
Ausländer durch Untertauchen ihrer Ausreisepflicht entziehen“, ist viel zu
unbestimmt. Entsprechende statistische Angaben werden nicht vorgelegt. Die
räumliche Beschränkung des Aufenthalts erschwert es den Betroffenen in
einem unzumutbaren Maße, ihre Angelegenheiten zu ordnen, sich mit Be-
ratungsstellen und Anwälten in Verbindung zu setzen und auf diese Weise ent-
weder die freiwillige Ausreise zu organisieren oder aufenthaltsrechtliche
Schritte zur Erlangung eines Aufenthaltstitels zu unternehmen.
Die in § 61 Abs. 2 AufenthG-E vorgesehene Errichtung von Ausreisezentren
muss auf Grund der Erfahrungen mit solchen Einrichtungen abgelehnt werden.
Durch die Unterbringung in einer Ausreiseeinrichtung wird die räumliche Be-
schränkung der betroffenen Menschen noch einmal verschärft. Sie müssen ihre
gewohnte Umgebung verlassen und verlieren dadurch ihr soziales Umfeld und
den Kontakt zu ihren Betreuerinnen und Betreuern. Mit dem Aufenthalt in
einem Ausreisezentrum dürfte gleichzeitig der Verlust der Arbeitsstätte und der
Arbeitsgenehmigung verbunden sein. Den Kindern wird es kaum noch möglich
sein, ihrer Schulpflicht zu genügen. Gleichzeitig wird auf die Flüchtlinge ein
psychosozialer Druck ausgeübt, um sie zur freiwilligen Ausreise zu veranlas-
sen.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 11 – Drucksache 15/961

Zu Nummer I.10:
Die PDS schließt sich der von zahlreichen Sachverständigen, namentlich von
Kirchen und Menschenrechtsorganisationen, vertretenen Auffassung an, dass
nach den zahlreichen Skandalfällen, die sich in den letzten Jahren im Zusam-
menhang mit der Abschiebungshaft ergeben haben, diese Haftform abgeschafft
werden sollte. Hierfür ist eine parlamentarische Mehrheit jedoch nicht erkenn-
bar. Daher sollte zumindest die Abschiebungshaft auf das absolute Mindestmaß
reduziert werden.
zu a): Abschiebungshaft soll der Sicherung einer Abschiebung dienen. Das
heißt, nur dann, wenn jemand sich erkennbar der Abschiebung entziehen will,
darf Abschiebungshaft verhängt werden. § 62 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG-E unter-
stellt aber pauschal allen wegen einer unerlaubten Einreise ausreisepflichtigen
Ausländern, sie würden sich der Abschiebung entziehen wollen. Dies ist mit
dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, nach dem Haft nur im absolut notwen-
digen Fall verhängt werden darf, nicht vereinbar. Die Formulierung in Satz 3,
„ausnahmsweise“ könne auf Haft verzichtet werden, löst das Problem nicht.
Auch hiernach wird im Regelfall unterstellt, der Ausländer wolle sich der Ab-
schiebung entziehen.
§ 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AufenthG-E stellt einen Auffangtatbestand dar, der
greifen soll, wenn die übrigen Voraussetzungen nicht vorliegen. Ein so schwer-
wiegender Grundrechtseingriff wie der Freiheitsentzug bedarf einer hinrei-
chend bestimmten gesetzlichen Grundlage. Daran fehlt es bei dieser Vorschrift.
Die bisherige Praxis bestätigt dies: Die weite Formulierung hat zur Folge, dass
diese Vorschrift zu einem der vorrangig zitierten Haftgründe geworden ist und
der Verdacht des Untertauchens oft nur auf eine sehr pauschale und unspezi-
fische Begründung gestützt wird. Die Haftgründe des § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
bis 4 AufenthG-E reichen aus, um zu verhindern, dass sich jemand der Ab-
schiebung entzieht.
zu b): Die bisherige Dauer der Sicherungshaft (bis zu 18 Monaten) stellt im eu-
ropäischen Vergleich einen Spitzenwert dar. Eine so lange Inhaftierung alleine
zur Durchsetzung einer verwaltungsrechtlichen Pflicht führt bei dem Betroffe-
nen in vielen Fällen zu schwerwiegenden psychischen und physischen Folgen
und ist unverhältnismäßig. Daher ist die Höchstdauer der Haft entsprechend
den Empfehlungen von Sachverständigen auf drei Monate zu begrenzen. Da-
durch wird auch die Ausländerbehörde gehalten, die notwendigen Maßnahmen
zur Sicherstellung der Ausreise zügig durchzuführen.
Zu Nummer I.11:
Nach Artikel 1 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes (BGBl. 1992
II S. 121) ist ein Kind jeder Mensch, der das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet
hat. NachArtikel 3 Abs. 1 des Übereinkommens ist dasWohl des Kindes ein vor-
rangig zu berücksichtigender Gesichtspunkt bei allen Maßnahmen, die ein Kind
betreffen. Dies gilt auch für ausländische Kinder und Jugendliche. Das deutsche
Aufenthaltsrecht ist diesen internationalen Vorgaben endlich anzupassen. Die
schwerwiegenden psychischen Folgen, die Haft besonders auf Kinder und
Jugendliche haben kann, sind offensichtlich und bedürfen keiner Erläuterung.
Umso unverständlicher ist es, dass trotzdem Minderjährige auch in Ab-
schiebungshaft genommen werden. Deshalb ist eine Vorschrift vorzusehen, dass
Minderjährige generell nicht in Abschiebungshaft genommen werden dürfen.
Zu Nummer I.12:
Hierdurch wird die Möglichkeit geschaffen, dass Menschen ohne Aufenthalts-
status ihre grundlegenden Rechte in Anspruch nehmen können, ohne dass sie
eine Meldung an die Ausländerbehörde oder die Polizei befürchten müssen.

Drucksache 15/961 – 12 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Zu Nummer I.13:
Auf diese Weise wird sichergestellt, dass humanitär motivierte Hilfe nicht be-
straft wird.
Zu Nummer I.14:
Folge aus der Einführung des § 87 Abs. 2 Satz 2.
Zu Nummer II.1:
Hiermit wird ein Vorschlag des UNHCR aufgegriffen. Auf dessen Stellung-
nahme an den Innenausschuss wird verwiesen.
Zu Nummer II.2:
Die Formulierung des § 5 Abs. 1 Satz 1 greift einen Vorschlag des UNHCR auf.
Die Streichung der ursprünglichen Änderungsbefehle in den Buchstaben b und
c trägt den berechtigten Bedenken gegen die Abschaffung der Weisungsunab-
hängigkeit der Einzelentscheiderinnen und Einzelentscheider beim Bundesamt
und gegen die Herabsetzung der Qualifikationsanforderungen Rechnung.
Zu Nummer II.3:
Auf die Begründung der Änderung von Artikel 1 § 80 wird verwiesen.
Zu Nummer II.4:
Die Regelung, dass eine Verletzung der Pflicht, sich unverzüglich bei der
Außenstelle des Bundesamtes zu melden, dazu führt, dass der Asylantrag als
Folgeantrag nach § 71 AsylVfG behandelt wird, würde dazu führen, dass Vor-
fluchtgründe im Asylverfahren vollkommen unberücksichtigt blieben. Dies
käme einer unzulässigen Einführung eines neuen Ausschlussgrundes aus dem
Schutz der Genfer Flüchtlingskonvention gleich und wäre mit dem Refoule-
mentverbot des Artikels 33 GFK nicht vereinbar.
Zu Nummer II.5:
Wie Begründung der Änderung von Artikel 3 Nr. 13.
Zu Nummer II.6:
Der ursprünglich vorgesehene Ausschluss „selbst geschaffener“ Nachflucht-
gründe wäre mit völkerrechtlichen Grundsätzen nicht vereinbar, da hierdurch
eine Schutzlücke entstünde. Zwar würde das Bundesamt das Vorliegen von Ab-
schiebungshindernissen gemäß § 24 Abs. 2 AsylVfG bei konkreten Gefahren
prüfen müssen, jedoch würde die schutzsuchende Person keinen dauerhaften
Aufenthaltstitel, sondern allenfalls eine Bescheinigung über die Aussetzung der
Abschiebung (§ 60 Abs. 11 Satz 4 AufenthG) erhalten, die keinen ausreichend
gesicherten Schutz für Flüchtlinge darstellt. Die Unsicherheit besteht darin,
dass die Person ausreisepflichtig bleibt und daher kein legales Aufenthaltsrecht
in der Bundesrepublik Deutschland hat. Mit der bloßen Bescheinigung über die
Aussetzung der Abschiebung fehlen der Person die Rechte, die einen legalen
Aufenthaltsstatus bedeuten, wie das Recht auf Familiennachzug, der Zugang
zum Arbeitsmarkt und die umfassenden Sozialleistungen.
Die Genfer Flüchtlingskonvention unterscheidet bei der Definition eines
Flüchtlings in Artikels 1A Abs. 2 nicht danach, wo die Umstände entstanden
sind, die eine begründete Verfolgungsfurcht auslösen. Ein Ausschluss der
Flüchtlingsanerkennung wegen drohender Verfolgung auf Grund politischer
Aktivitäten, die im Zufluchtsland unternommen worden sind, würde im deut-
schen Recht den Flüchtlingsbegriff konventionswidrig einengen. Somit würde

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13 – Drucksache 15/961

die ursprünglich vorgeschlagene Gesetzesänderung der Genfer Flüchtlingskon-
vention und damit verbindlichem internationalem Recht widersprechen.
Zu Nummer II.7:
Die räumliche Beschränkung des Aufenthalts von Asylsuchenden im laufenden
Verfahren (in der politischen Diskussion manchmal etwas missverständlich als
„Residenzpflicht“ bezeichnet) stellt eine starke Beschneidung der persönlichen
Bewegungsmöglichkeiten und damit einen gravierenden Eingriff in die persön-
liche Freiheit dar. Jeder Besuch bei Familienangehörigen, Verwandten oder
Freunden, jede Teilnahme an einer Veranstaltung, an einer Demonstration oder
einem Fest, jeder Besuch einer Diskothek, jeder Schulausflug und jede Klas-
senfahrt – alles, was den einzelnen Menschen außerhalb des Bezirks der Aus-
länderbehörde bringt – muss vorher von der Behörde genehmigt werden. In
einigen Bundesländern ist die Bewegungsfreiheit zwar auf die Regierungs-
bezirke ausgedehnt worden, dies ändert jedoch nichts am grundsätzlichen
Problem. Die Genehmigungspraxis erscheint häufig sehr uneinheitlich und eher
willkürlich: was hier genehmigt wird, wird dort versagt. Nur allzu oft werden
Genehmigungen verweigert, weil ein Besuch bei der Mutter pro Monat aus-
reiche oder die Teilnahme an einer Demonstration dem Asylsuchenden nicht
zustehe. Die hierdurch entstehende Isolation der einzelnen Menschen ist erheb-
lich, besonders wenn sie in kleinen Orten weitab von Freunden, Bekannten und
Verwandten untergebracht sind.
Die räumliche Beschränkung bläht außerdem unnötig die Kriminalitätsstatistik
auf, denn nach geltendem Recht ist der Verstoß gegen sie im Wiederholungsfall
eine Straftat.
Die räumliche Beschränkung des Aufenthalts ist zur Lastenverteilung unter den
Kommunen nicht notwendig. Auch nach ihrem Fortfall bleiben die Bestimmun-
gen bestehen, nach denen dem Asylsuchenden ein Wohnort zugewiesen wird.
Eine übermäßige Belastung einzelner Kommunen im Sozialhilfebereich oder
durch Verwaltungsaufwand ist daher bei einem Wegfall der räumlichen Be-
schränkung nicht zu erwarten.
Durch die Aufhebung der generellen räumlichen Aufenthaltsbeschränkung auf
den Bezirk einer Ausländerbehörde wird diejenige Ausländerbehörde für die
ausländerrechtliche Behandlung eines Ausländers zuständig, in deren Bezirk
der Ausländer Wohnung zu nehmen hat. Die Bestimmungen über die Mittei-
lungspflicht des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge
an die Ausländerbehörde und umgekehrt sind entsprechend zu fassen.
Zu Nummer II.8:
Auf die Begründung zu Nummer II.7 wird verwiesen.
Zu Nummer II.9:
Dem Asylsuchenden soll die freie Wahl des Aufenthaltes offen stehen. Ihm soll
lediglich der Wohnort zugewiesen werden. Daher ist § 55 Abs. 1 Satz 2 zu
streichen.
Zu Nummer II.10:
Die §§ 56 bis 59 regelten bisher die räumliche Beschränkung des Aufenthalts
für die Dauer des Asylverfahrens, die Bedingungen für das ausnahmsweise
Verlassen des Aufenthaltsbereichs und die Durchsetzung der räumlichen Be-
schränkung. Da die räumliche Beschränkung fortfallen soll, sind diese Vor-
schriften zu streichen.

Drucksache 15/961 – 14 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Zu Nummer II.11:
Dem Asylsuchenden soll die freie Wahl des Aufenthaltes offen stehen. Ihm soll
lediglich der Wohnort zugewiesen werden. Dem sind § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
und Abs. 3 anzupassen.
Zu Nummer II.12:
Da die Aufenthaltsgestattung nicht auf einen Bezirk beschränkt sein soll, ist die
Zuständigkeitsregelung entsprechend zu fassen. Wenn es keine räumliche Be-
schränkung des Aufenthalts geben soll, ist auch eine Änderung nicht möglich.
Zu Nummer II.13:
Wenn eine räumliche Beschränkung nicht bestehen soll, kann sie auch nicht
fortwirken. Für ausländerrechtliche Maßnahmen nach den Absätzen 5 und 6 ist
somit die Ausländerbehörde zuständig, in deren Bezirk sich der Ausländer auf-
hält.
Zu Nummer II.14:
Folge aus der Aufhebung der §§ 56 bis 59.
Zu Nummer II.15:
Folge aus der Streichung der §§ 56 bis 59 und der Neufassung des § 71a Abs. 3
Satz 2.
Zu Nummer III.1:
Angesichts der zahlreichen gravierenden Probleme, die mit der Einführung des
Asylbewerberleistungsgesetzes entstanden und in zahlreichen Dokumenta-
tionen und Stellungnahmen ausführlich beschrieben worden sind, liegt die
Abschaffung dieses Gesetzes nahe. Hierfür ist eine parlamentarische Mehrheit
jedoch nicht erkennbar.
Die in Nummer 1 Buchstabe a vorgeschlagene Erweiterung des Personenkrei-
ses bedeutet eine eklatante Verschlechterung für die meisten Personen, die bis-
her eine Aufenthaltsbefugnis besaßen. Diese hatten bisher einen Anspruch auf
Leistungen unmittelbar nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Bei Inha-
bern einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen ist jedoch das – zu-
mindest zeitweilige – eindeutige Bleiberecht in der Bundesrepublik Deutsch-
land bereits festgestellt worden. Ein Grund dafür, weshalb sie den negativen
Ausnahmeregelungen des AsylbLG unterliegen sollen, ist nicht erkennbar. Bei
den Inhabern einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG-E wird darüber
hinaus ein Konflikt mit der Richtlinie 2001/55/EG vorprogrammiert. Nach Ar-
tikel 13 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie sehen die Mitgliedstaaten vor, „dass die
Personen, die vorübergehenden Schutz genießen, die notwendige Hilfe in Form
von Sozialleistungen und Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sowie
im Hinblick auf die medizinische Versorgung erhalten, sofern sie nicht über
ausreichende Mittel verfügen.“ Bei der Interpretation dieser Bestimmung ist
auch die Begründung der Kommission (in Dokument KOM (2000) 303 endg.,
S. 18) zu beachten, wo es (zum gleich lautenden Artikel 11 Abs. 2 des Entwurfs
für die Richtlinie) unter anderem heißt:
„Die Mitgliedstaaten müssen den Begünstigten des vorübergehenden Schutzes
(…) die für eine normale Lebensführung unter menschenwürdigen Bedingun-
gen erforderliche Unterstützung und die entsprechenden Unterhaltsmittel für
die Dauer dieses Schutzes gewähren (…). Die Mitgliedstaaten bestimmen die
Form dieser Unterstützung und der Unterhaltsmittel, um sicherzustellen, dass
sie sich in ihr jeweiliges System der sozialen Solidarität einfügen.“

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 15 – Drucksache 15/961

Eine „normale Lebensführung unter menschenwürdigen Bedingungen“ wird
durch die Leistungen nach dem BSHG sichergestellt, nicht durch Leistungen
nach dem AsylbLG! Auch die Einfügung „in das System der sozialen Solidari-
tät“ ist nur durch den Bezug auf das BSHG gewährleistet, da das AsylbLG die
Betroffenen ausdrücklich außerhalb des sozialen Solidarnetzes stellt.
Warum Folgeantragsteller in jedem Fall erneut unter das Asylbewerberleis-
tungsgesetz fallen sollen, ist nicht erkennbar. Insbesondere würde die vorge-
schlagene Vorschrift zu krassen Ungerechtigkeiten in jenen Fällen führen, in
denen das Bundesamt ein neues Asylverfahren auch tatsächlich durchführt.
Dann steht amtlich fest, dass eine neue Sachlage oder neue Beweismittel vorlie-
gen, die zu einer für den Betroffenen günstigeren Entscheidung führen können.
Dafür den Betroffenen gleichsam zu „bestrafen“, indem er nach dem früheren
Leistungsbezug nach dem Asylbewerberleistungsgesetz während des Erstver-
fahrens erneut nur Leistungen nach diesem Gesetz erhält, macht keinen Sinn.
Zu Nummer III.2:
Die Änderung beabsichtigt die Streichung des ursprünglich vorgeschlagenen
letzten Teilsatzes. Die mit diesem Teilsatz verbundenen Bedenken und Fragen
sind schwerwiegend:
Wann hat ein Betroffener die Dauer des Aufenthaltes selbst beeinflusst? Und
vor allem: Wann geschieht dies „rechtsmissbräuchlich“? Die Begründung
(S. 112) zu Nummer 3 nennt als Beispielfälle die Vernichtung des Passes und
die Angabe einer falschen Identität. Die Vernichtung des Passes führt aber nicht
alleine zwingend zur Verlängerung der Aufenthaltsdauer. Entscheidend ist in
diesem Zusammenhang doch eher das Verhalten der zuständigen Ausländerbe-
hörde und vor allem der jeweiligen Auslandsvertretung des Heimatstaates!
Dem Betroffenen kann dies nicht (immer) zur Last gelegt werden. Der Verweis
in der Begründung auf den Entwurf einer EU-Richtlinie zur Festlegung von
Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern kann hier nicht überzeu-
gen. Artikels 22 des Entwurfs ermöglicht die Einschränkung oder den Entzug
von Leistungen nur in eng umgrenzten, abschließend aufgeführten und ganz
gravierenden Fällen des Fehlverhaltens wie Untertauchen, Verschweigen von
Eigenmitteln und Bedrohung für die nationale Sicherheit. Eine „rechtsmiss-
bräuchliche“ Verlängerung der Aufenthaltsdauer ist hier nicht aufgeführt.
Zu Nummer III.3:
Auf die eingehende Begründung auf Ausschussdrucksache 14/674B des Innen-
ausschusses – Stellungnahme des Arbeitskreises Asyl Nordrhein-Westfalen
e. V. zur Sachverständigenanhörung des Innenausschusses – wird verwiesen.
Zu Nummer III.4:
Da die räumliche Beschränkung fortfallen soll, sind die hierauf Bezug nehmen-
den Bestimmungen des Asylbewerberleistungsgesetzes so zu fassen, dass sie
nur in Fällen anwendbar sind, in denen eine vollziehbare Auflage zur Aufent-
haltsgenehmigung besteht.
Zu Nummer III.5:
Da die räumliche Beschränkung fortfallen soll, sind die hierauf Bezug nehmen-
den Bestimmungen des Asylbewerberleistungsgesetzes so zu fassen, dass sie
nur in Fällen anwendbar sind, in denen eine vollziehbare Auflage zur Aufent-
haltsgenehmigung besteht.

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.