BT-Drucksache 15/844

Mögliche Zweckentfremdung von Geldern aus Schuldenerlass in Bolivien

Vom 9. April 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/844
15. Wahlperiode 09. 04. 2003

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Markus Löning, Ulrich Heinrich, Harald Leibrecht, Daniel Bahr
(Münster), Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Helga Daub, Jörg van Essen,
Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Hans-Michael Goldmann, Joachim
Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Klaus Haupt, Birgit Homburger,
Dr. Werner Hoyer, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Sibylle
Laurischk, Dirk Niebel, Günther Friedrich Nolting, Hans-Joachim Otto (Frankfurt),
Eberhard Otto (Godern), Detlef Parr, Gisela Piltz, Dr. Hermann Otto Solms,
Dr. Rainer Stinner, Jürgen Türk, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Wolfgang Gerhardt
und der Fraktion der FDP

Mögliche Zweckentfremdung von Geldern aus Schuldenerlass in Bolivien

Bolivien ist Schwerpunktpartnerland der deutschen Entwicklungszusammen-
arbeit und wird im Aktionsprogramm 2015 der Bundesregierung als positives
Beispielland bezeichnet. Die Bundesrepublik Deutschland ist der drittgrößte
bilaterale Geber. Seit 1950 hat Bolivien im Rahmen der deutschen Entwick-
lungszusammenarbeit Zusagen in Höhe von rd. 1,1 Mrd. Euro erhalten.
Boliviens wirtschaftliche Entwicklung ist seit den Unruhen Mitte Februar be-
einträchtigt. Außenpolitisch stellt Präsident Gonzalo Sánchez de Lozada eine
Verbesserung der Lage in seinem Land in Aussicht, innenpolitisch hingegen
kann er seine Reformen nicht durchsetzen. Dabei mussten die Forderungen des
Internationalen Währungsfonds (IWF) bezüglich der Haushaltskonsolidierung
bereits korrigiert werden. Neue Initiativen wie beispielsweise im Einkommen-
steuerbereich wurden im Gefolge der Unruhen wieder zurückgezogen.
Die Bundesregierung hat Bolivien im Zuge der HIPC-II-Entschuldungsinitia-
tive (HIPC II: Enhanced Heavily Indebted Poor Countries) im Jahr 2001 bilate-
rale Schulden in Höhe von 379 Mio. Euro erlassen. Anfang des Jahres 2003 hat
die bolivianische Regierung bei mehreren Gebern gleichzeitig um finanzielle
Unterstützung gebeten. Insgesamt soll eine Finanzierungslücke von 34 Mio.
US-Dollar geschlossen werden. Dies wird als Vorbedingung für einen weiteren
Kredit des IWF in Höhe von 117 Mio. US-Dollar gesehen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie schätzt die Bundesregierung die derzeitige Situation in Bolivien hin-

sichtlich der Zielstellung der HIPC-II-Initiative ein?
2. Ist das Ziel, die Abhängigkeit von bilateralen und multilateralen Gebern zu

senken, erreicht worden, und wenn nein, ist dieses Ziel kurzfristig noch er-
reichbar?

Drucksache 15/844 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

3. Wie hat sich nach Erkenntnissen der Bundesregierung die Neuverschul-
dung Boliviens in der Zeit von 1970 bis heute, insbesondere nach dem Er-
reichen des „completion point“ im Juni 2001, entwickelt?

4. Wie schätzt die Bundesregierung die momentane Haushaltslage in Bolivien
ein?

5. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Verwendung der im
Zuge der Entschuldung frei gewordenen Mittel in Bolivien?

6. In welcher Höhe sind Mittel möglicherweise zweckentfremdet dem boli-
vianischen Haushalt zugeführt worden?

7. Wie beurteilt die Bundesregierung diese Mittelverwendung, und wie hat
die Bundesregierung vor, darauf zu reagieren?

8. Stehen der Bundesregierung Sanktionierungsmöglichkeiten, wie zum Bei-
spiel die Möglichkeit der Rückforderung von Mitteln wegen Zweckent-
fremdung, zur Verfügung?

9. Wenn ja, welche?
10. Wenn nein, warum nicht?
11. Hat die Bundesregierung mögliche Sanktionsmechanismen bereits in Gang

gesetzt?
12. Wie wird die Bundesregierung auf das Unterstützungsgesuch der boliviani-

schen Regierung vom 18. Februar 2003 reagieren?
13. Sind Bolivien zusätzliche Mittel oder andere Hilfen direkt oder indirekt,

z. B. über Dritte, zur Verfügung gestellt worden?
14. Bleibt die Bundesregierung bei der Einschätzung, dass Bolivien im Rah-

men des Aktionsprogramms 2015 ein positives Beispielland ist?
15. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung in anderen Ländern vorbeu-

gend ergreifen, um solchen Problemen entgegenzuwirken?
16. Hat die Bundesregierung vor, ihr Engagement im Rahmen der HIPC-II neu

zu bewerten?

Berlin, den 8. April 2003
Markus Löning
Ulrich Heinrich
Harald Leibrecht
Daniel Bahr (Münster)
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Otto Fricke
Horst Friedrich (Bayreuth)
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)
Dr. Christel Happach-Kasan
Klaus Haupt
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer

Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Eberhard Otto (Godern)
Detlef Parr
Gisela Piltz
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Rainer Stinner
Jürgen Türk
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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