BT-Drucksache 15/83

Gemeinschaftskonzept für die nukleare Sicherheit der EU

Vom 13. November 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 15/83
15. Wahlperiode 13. 11. 2002

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Birgit Homburger, Dr. Christian Eberl, Rainer Brüderle, Jörg
van Essen, Rainer Funke, Hans-Michael Goldmann, Klaus Haupt, Dr. Werner
Hoyer, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto
(Frankfurt), Eberhard Otto (Godern), Cornelia Pieper, Marita Sehn, Carl-Ludwig
Thiele, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion der FDP

Gemeinschaftskonzept für die nukleare Sicherheit in der EU

Am 6. November 2002 hat die Europäische Kommission eine Mitteilung und
zwei Entwürfe für Richtlinienvorschläge über die nukleare Sicherheit und Ent-
sorgung radioaktiven Abfalls sowie einen Entwurf für einen Beschluss über ein
Abkommen zwischen Euratom und der Russischen Föderation über den Handel
mit Kernmaterialien verabschiedet. Die Vorschläge beinhalten den Entwurf
eines umfassenden Gemeinschaftskonzepts für die nukleare Sicherheit und die
Versorgungssicherheit der Europäischen Union mit dem Ziel, erstmalig ge-
meinsame Normen und Kontrollmechanismen zu schaffen, die gewährleisten
sollen, dass auf dem gesamten Gebiet der EU die gleichen rechtsverbindlichen
Sicherheitskriterien angewendet werden.
Das geplante Abkommen zwischen Euratom und der Russischen Föderation
betrifft den Handel mit Kernmaterialien und soll der Verbesserung der Versor-
gungssicherheit dienen, insbesondere vor dem Hintergrund der Erweiterung der
EU und damit der wachsenden Anzahl von Kernkraftwerken. Die Richtlinien-
vorschläge betreffen Pflichten und Grundsätze im Bereich der Sicherheit kern-
technischer Anlagen sowie Prinzipien für die Entsorgung radioaktiver Abfälle.
Der Richtlinienentwurf über radioaktive Abfälle soll dabei nach Angaben der
Kommission dazu beitragen, die Frage der Entsorgung radioaktiver Abfälle
binnen angemessener Frist klar und transparent zu beantworten.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wurde die Bundesregierung vor Verabschiedung dieser Vorschläge an deren

Entstehungsprozess beteiligt, und wenn ja, in welcher Weise?
2. Hält die Bundesregierung die vorgeschlagenen Regelungen für mit der

Kompetenzverteilung zwischen EU und Mitgliedstaaten für vereinbar und
wie begründet sie ihre Auffassung?

3. Erachtet die Bundesregierung europaeinheitliche Regelungen in diesem Be-
reich für sinnvoll und wie begründet sie ihre Haltung?

Drucksache 15/83 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

4. Welchen wesentlichen Inhalt hat der Entwurf des Richtlinienvorschlags
über die nukleare Sicherheit kerntechnischer Anlagen und wie bewertet die
Bundesregierung diesen Vorschlag?

5. Trifft es zu, dass der Richtlinienentwurf im Vergleich zu deutschen Stan-
dards wesentlich geringere Anforderungen formuliert, und wenn ja, wie be-
wertet die Bundesregierung diesen Sachverhalt?

6. Wie bewertet die Bundesregierung die Vorgaben des Richtlinienentwurfs
im Vergleich zu den geltenden Sicherheitsstandards in anderen Mitglied-
staaten der EU?

7. Wie bewertet die Bundesregierung die Vorgaben des Richtlinienentwurfs
im Vergleich zu den geltenden Sicherheitsstandards in zukünftigen Mit-
gliedstaaten der EU?

8. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass europaweit der höchstmög-
liche Sicherheitsstandard eingeführt werden sollte, und wenn ja, in welcher
konkreten Form will sie – insbesondere auch im Hinblick auf die Osterwei-
terung der EU – darauf hinwirken?

9. Wenn nein, warum nicht?
10. Wie bewertet die Bundesregierung den Einfluss, den sie auf die Ausgestal-

tung des künftigen europäischen Sicherheitsstandard nehmen kann vor dem
Hintergrund, dass der so genannte Ausstieg aus der friedlichen Nutzung
der Kernenergie in Deutschland derzeit zu einem Verlust an sicherheits-
technischer Kompetenz in Deutschland führt?

11. Welchen wesentlichen Inhalt haben die geplanten Regelungen über die
Entsorgung der radioaktiven Abfälle, und wie bewertet die Bundesregie-
rung diese?

12. Trifft es zu, dass die Wahl der Lagerstätten für radioaktive Abfälle bis spä-
testens 2008 getroffen (hochradioaktive Abfälle) und das Endlager bis spä-
testens 2018 (hochradioaktive Abfälle) bzw. 2013 (schwach radioaktive
Abfälle) betriebsfähig gemacht werden soll?

13. Wie bewertet die Bundesregierung die Möglichkeiten für eine intensive
und gründliche Prüfung der in Betracht kommenden Lagerstätten ange-
sichts des vorgesehenen Zeitrahmens?

14. Wie bewertet die Bundesregierung die geplanten Regelungen über die Ent-
sorgung des radioaktiven Abfalls – getrennte Lagerung von schwach und
hoch radioaktiven Abfällen – vor dem Hintergrund, dass nach dem Willen
der Bundesregierung in Deutschland ein einziges Endlager für alle Arten
radioaktiven Abfalls gefunden werden und erst ca. 2030 in Betrieb gehen
soll?

15. Ist es nach Einschätzung der Bundesregierung denkbar, dass es in Europa
Endlagerstätten geben wird, die von mehreren Mitgliedstaaten gemeinsam
genutzt werden könnten, und wenn ja, was bedeutet dies für mögliche
Transportwege des radioaktiven Abfalls?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/83

16. Welchen wesentlichen Inhalt hat der Beschlussentwurf, der die Kommis-
sion ermächtigen soll, ein Abkommen zwischen Euratom und der Russi-
schen Föderation über den Handel mit Kernmaterialien auszuhandeln, und
wie bewertet die Bundesregierung diesen Entwurf?

17. In welcher Form und mit welcher inhaltlichen Zielsetzung will sich die
Bundesregierung an den weiteren Beratungen beteiligen?

Berlin, den 12. November 2002
Birgit Homburger
Dr. Christian Eberl
Rainer Brüderle
Jörg van Essen
Rainer Funke
Hans-Michael Goldmann
Klaus Haupt
Dr. Werner Hoyer
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Eberhard Otto (Godern)
Cornelia Pieper
Marita Sehn
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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