BT-Drucksache 15/771

Mögliche Interessenüberschneidungen bei der Vergabe öffentlicher Mittel über die Bundesanstalt für Arbeit auf allen Ebenen nachhaltig vermeiden

Vom 2. April 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/771
15. Wahlperiode 02. 04. 2003

Antrag
der Abgeordneten Dirk Niebel, Rainer Brüderle, Gudrun Kopp, Daniel Bahr
(Münster), Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Helga Daub, Jörg van Essen,
Ulrike Flach, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Rainer Funke, Joachim
Günther (Plauen), Dr. Karlheinz Guttmacher, Klaus Haupt, Ulrich Heinrich, Birgit
Homburger, Dr. Werner Hoyer, Dr. Heinrich L. Kolb, Jürgen Koppelin, Sibylle
Laurischk, Harald Leibrecht, Markus Löning, Günther Friedrich Nolting,
Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Eberhard Otto (Godern), Detlef Parr, Cornelia
Pieper, Marita Sehn, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner,
Carl-Ludwig Thiele, Dr. Dieter Thomae, Dr. Wolfgang Gerhardt und der
Fraktion der FDP

Mögliche Interessenüberschneidungen bei der Vergabe öffentlicher Mittel über
die Bundesanstalt für Arbeit auf allen Ebenen nachhaltig vermeiden

Der Bundestag wolle beschließen:
I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Die Organisation der Bundesanstalt für Arbeit und ihres Verwaltungsunterbaus
in Form der drittelparitätischen Selbstverwaltung nach § 380 SGB III ist ge-
scheitert. Wie nicht zuletzt der Anfang 2002 vom Bundesrechnungshof aufge-
deckte Skandal in den Statistiken der Bundesanstalt für Arbeit gezeigt hat, bei
dem in erheblichem Umfang fehlerhaft Vermittlungserfolge zugeordnet wur-
den, fördern die drittelparitätischen Selbstverwaltungsstrukturen aufgrund von
Interessenüberschneidungen eine Tendenz zur Selbstbedienungsmentalität und
zur Verschwendung.
Nach geltendem Recht (§ 16 SGB X) darf der- oder diejenige, der oder die über
Leistungen aus Beitragsmitteln entscheidet, nicht letztlich selbst der oder die
Begünstigte sein. Dies gilt allerdings nach § 16 Abs. 2 SGB X nicht für Wahlen
zu einer ehrenamtlichen Tätigkeit. Zwar fallen Einzelfallentscheidungen über
die Verwendung von Beitragsmitteln nicht in den Selbstverwaltungsgremien
der Arbeitsämter und auch nicht in den Selbstverwaltungsorganen der Mittel-
bzw. Oberinstanzen, der Verwaltungsrat der Bundesanstalt für Arbeit bestimmt
aber die Grundlinien der Politik der Bundesanstalt für Arbeit im Rahmen seines
gesetzlichen Auftrags und überwacht die Erfüllung der Aufgaben. Überdies
stellt er den Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit fest.
Der Bundesregierung sind die Lebensläufe der Selbstverwaltungsmitglieder auf
den drei Verwaltungsebenen der Bundesanstalt für Arbeit im Einzelnen nicht
bekannt. Die etwaige Zugehörigkeit zu einem Gremium bei einem Weiterbil-
dungsträger ist kein gesetzlicher Ausschlusstatbestand und wird auch nicht er-
hoben (Antwort der Bundesregierung auf Frage 6 der Kleinen Anfrage der
Fraktion der FDP zur Struktur von Weiterbildungsträgern und Effizienz von

Drucksache 15/771 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
Maßnahmen in der beitragsfinanzierten Weiterbildung, Bundestagsdrucksache
15/727).
Nach § 390 Abs. 3 SGB III ist ein Mitglied der Selbstverwaltung abzuberufen,
wenn eine Voraussetzung für seine Berufung entfällt, das Mitglied seine Amts-
pflicht grob verletzt bzw. die vorschlagende Stelle es beantragt. Die zum
1. April 2003 zur Verwaltungsratsvorsitzenden der Bundesanstalt für Arbeit be-
stellte stellvertretende DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer gehört der Füh-
rungsebene der Bundesanstalt für Arbeit seit 1978 in wechselnden Positionen
an, so dass u. a. der Vermittlungsskandal bei der Bundesanstalt für Arbeit An-
fang 2002 in ihre Mitverantwortung fällt. Zudem ist sie zumindest ehrenamtlich
in verschiedenen Führungspositionen der Weiterbildungsbranche tätig gewe-
sen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
– die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer als Mitglied der

Selbstverwaltung der Bundesanstalt für Arbeit nach § 390 SGB III Abs. 3
Nr. 1 bzw. Nr. 3 abzuberufen;

– darauf hinzuwirken, dass die Bundesanstalt für Arbeit kurzfristig eine Rege-
lung zum Abstellen von möglichen Interessenüberschneidungen vorbereitet,
die im Verwaltungsrat beschlossen wird und als entsprechende Weisung an
die Verwaltungsausschüsse der Landesarbeitsämter und Arbeitsämter dienen
kann;

– im Vorgriff auf eine grundlegende Reform der Selbstverwaltungsstrukturen
der Bundesanstalt für Arbeit den § 16 Abs. 2 SGB X dahin gehend zu ver-
schärfen, dass in einem Verwaltungsverfahren für eine Behörde auch die-
jenige Person nicht tätig werden darf, die eine ehrenamtliche Tätigkeit in
einem Selbstverwaltungsgremium eines Sozialversicherungsträgers oder
einer sonstigen Institution ausübt, die in einem engen sachlichen Zusam-
menhang zur Tätigkeit in einem Selbstverwaltungsorgan der Bundesanstalt
für Arbeit oder einer ihrer Dienststellen steht.

Berlin, den 2. April 2003
Dirk Niebel
Rainer Brüderle
Gudrun Kopp
Daniel Bahr (Münster)
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Horst Friedrich (Bayreuth)
Rainer Funke
Joachim Günther (Plauen)
Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer

Dr. Heinrich L. Kolb
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Markus Löning
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Eberhard Otto (Godern)
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Marita Sehn
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Dr. Rainer Stinner
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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